CP_DE_11.pdf PDF - Vergleichende Politikwissenschaft - Parteiensysteme: Theorie

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OpulentAntigorite9813

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University of St. Gallen

Prof. Oliver Strijbis

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political science party systems political organization political theory

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This document is a lecture or presentation on comparative political science, focusing on party systems and theory. It covers topics like party organization, types of party systems (e.g., one-party, two-party, multi-party), and the concept of cleavages. The lecture also addresses questions regarding the likelihood of Syrien transitioning to a democracy, providing different scenarios.

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Vergleichende Politikwissenschaft Parteiensysteme: Theorie Prof. Oliver Strijbis 1 Inhalte heute: 1. Parteien und ihre Organisation 2. Parteiensysteme 3. Cleavages Prüfungsfragen: Wie wahrscheinlich ist es, dass Syri...

Vergleichende Politikwissenschaft Parteiensysteme: Theorie Prof. Oliver Strijbis 1 Inhalte heute: 1. Parteien und ihre Organisation 2. Parteiensysteme 3. Cleavages Prüfungsfragen: Wie wahrscheinlich ist es, dass Syrien zu einer Demokratie wird? -> z.B. 3 Szenarien und welches am wahrscheinlichsten ist ◦De nition Demokratie (was braucht es?) ◦Wahrscheinlichkeit im Frame von Demokratisierungs-Theorien ‣ kulturelle Perspektive -> Huntington (Werthaltung in der Bevölkerung ist wichtig -> nach ihm würde es in Syrien nicht zu einer Demokratie kommen) ‣ Wohlstand -> wie reich ist ein Land und wie ist die Ungleichheit -> alle Mechanismen sprechen gegen Demokratisierung, aber heutzutage nicht mehr so relevant ‣ Argument der Ölstaaten ‣ Verhalten der Eliten -> Eliten sollten sich zusammenra en und einen Kompromis eingehen Präsident hat das Kriegsrecht ausgerufen, aber das Parlament kann es revidieren -> präsidentielles System (checks and balances) ◦er bleibt weiterhin, obwohl ihn die Mehrheit nicht unterstützt -> schwieriger den Präsidenten loszuwerden ◦in einem parlamentarischen System ist es einfacher den Präsidenten loszuwerden ◦wenig Parteien 2 Lernziele Die Studierenden verstehen die Funktion von Parteien Die Studierenden können unterschiedliche Idealtypen von starke Abstraktionen zur Parteiorganisationen unterscheiden Kategorisierung Die Studierenden können unterschiedliche Parteiensysteme unterscheiden und verstehen ihre Bedeutung für die VP Die Studierenden verstehen das Cleavage-Konzept und dessen Erklärung für die Entstehung und Konfiguration von Parteiensystemen 3 1. Parteien und ihre Organisation (1) keine Begriffsdefinitionen in der Prüfung!!! Allgemeine Definition von Partei als: «(…) a group of officials or would-be officials who are linked with a sizeable group of citizens into an organization; a chief object of this organization is to ensure that its officials attain power or are maintained in power» (Shively 2001: 234) mit dieser De nition betrachtet Definition für demokratische Kontexte: man auch Parteien in autoritären Organisation mit Kandidierenden… Systemen als Parteien …für öffentliches Amt …durch Teilnahme an Wahlen Abgrenzung von anderen Akteuren: Soziale Bewegungen: Intra- vs. extrainstitutionell Interessengruppen: Keine Wahlteilnahme; Beeinflussen (lobbying) statt regieren 4 1. Parteien und ihre Organisation (2) Die Rolle der Parteien in der repräsentativen Demokratie: VERTRETER/INNEN Parlamentarische / präsidentielle / gemischte Institutionen Repräsentation funktioniert LINKAGE / VER-BINDUNG durch Parteien  Wie wird dieser Zusammenhang hergestellt?  Wie wird die Kontrolle von Vertretern/ „VOLK“ / Vertreterinnen gesichert? WÄHLERSCHAFT 5 1. Parteien und ihre Organisation (3) Moderne Demokratie als Parteiendemokratie: Parteien erhöhen die Chance auf Demokratisierung und deren Konsolidierung Zwei Arten von Parteiendemokratie:  Innerparteiliche Demokratie: Parteien als demokratische Akteure mit verteilter Macht innerhalb der Partei die wichtigste Heuristik ist, dass man nach der Partei wählt und nicht nach der Person  Parteienwettbewerb: Konzentration der politischen Macht in Parteien, die den Wählern gegenüber rechenschaftspflichtig sind 6 1. Parteien und ihre Organisation (4) Das eiserne Gesetz der Parteioligarchie (Michels): = Das Problem der innerparteilichen Demokratie Elitemitglieder verfügen über mehr Fachwissen und Fähigkeiten als gewöhnliche Mitglieder Anführer bilden geschlossene Gruppen, um an der Macht zu bleiben Gewöhnliche Mitglieder sind eher apathisch Unvermeidliche Tendenz der politischen Organisationen zur Oligarchie Kritik, dass die Parteien nicht demokratisch waren, weil eine starke Konzentration bei der Elitepartei ist (mehr Wissen, Informationen) -> Kartell der Eliten, die sich koordinieren und die gewöhnlichen Mitglieder haben nicht mehr so viel Ein uss 7 1. Parteien und ihre Organisation (5) Die Funktionen von Parteien in der repräsentativen Demokratie: Signalisierung, dass die Wahlen frei sind  Legitimieren das System: Eigene Teilnahme; Mobilisierung der Bürger/innen.  Repräsentieren die Wählerinnen: Präsentieren der Wählerschaft Programme; Stellen Kandidatinnen auf; Reagieren auf Präferenzen der Wählerinnen (responsiveness).  Regieren: Rekrutieren Personal; Übernehmen Verantwortung (accountability). 8 1. Parteien und ihre Organisation (6) im demokratischen Wettbewerb müssen sie ihre Forderungen für die ganze Bevölkerung legitimieren. Theorien entwickeln, welche für die grosse Mehrheit etwas Die doppelte Natur der Parteien: gutes bewirken (z.B. Sozialismus, Individualismus) Aggregation von allge- Artikulierung von meinen Interessen: partikularen Interessen:  Formulierung von  Vertretung von Vorschlägen für die Gruppen, Spaltungen: gesamte ein «Lager», ein Gesellschaft. Segment.  Programm, Projekt,  Spezifische Weltanschauung, Politikfelder, eigener Ideologie. Gewinn. 9 1. Parteien und ihre Organisation (7) Aggregation Artikulierung Programmatische (ideologische) Parteien: Themenparteien (issue, niche parties):  Sozialdemokratische Parteien.  Anti-EU Parteien.  Konservative und  Rentnerparteien. Christdemokratische Parteien.  Pro- oder anti-Alkohol Parteien.  Liberale.  Tierparteien.  Kommunisten, Rechtsextreme.  Grüne (Umwelt)?  Sozialliberale (Werte)? Kulturelle Parteien:  Katholische und Protestantische Parteien. etwas dazwischen  Regionalisten.  Ethnische und sprachliche Parteien. 10 1. Parteien und ihre Organisation (8) Parteien und die historische Entwicklung der repräsentativen Demokratie Absolutismus Parlamentarismus Massendemokratie  Liberale und LIBERALISIERUNG INKLUSION nationalistische Bewegungen.  Beschränktes Wahlrecht.  Erweiterung des Wahlrechts.  Entstehung von Wettbewerb.  Einbindung von Arbeiter- und Bauernschichten. Intra-parlamentarischer Ursprung von Parteien:  Liberale  Konservative Ausser-parlamentarischer Ursprung von Parteien (Gewerkschaften und Bewegungen):  Sozialisten  Agrarparteien 11 1. Parteien und ihre Organisation (9) Entwicklung über die Zeit: Institutionen Eliteparteien Kartell- parteien In Nähe von: Volksparteien (catch-all) Massen- parteien Bewegungs- Gesellschaft parteien Ende 19. Jahrhundert 19. Jahrhundert Ab 1950er Jahre Ab 1990er Jahre Ab 1990er Jahre bis 2. Weltkrieg 19701980 12 1. Parteien und ihre Organisation (10) 1. Elitenparteien (Kader oder caucus) Liberale, Radikale und Konservative (Katholiken). Intra-parlamentarischer Ursprung. Eigenschaften:  Klubs von Abgeordneten: keine Mitgliedschaft.  Wahl- und Kampagnenorganisation.  Starker Klientelismus, schwache Ideologie.  Parlamentarische Fraktion: ohne Organisation ausserhalb Institutionen.  Nationale Organisation mit schwacher lokaler Verankerung.  Persönliche Finanzierung. 13 1. Parteien und ihre Organisation (11) 1. Elitenparteien (Kader oder caucus) Beispiel: Liberale Fraktion in der Weimarer Republik (1989) 14 1. Parteien und ihre Organisation (12) 2. Massenparteien Sozialisten, Sozialdemokraten, Bauernparteien, Faschisten. Extra-parlamentarischer Ursprung. Eigenschaften (Michels, 1911):  Schwerwiegende Organisationen: extensive Mitgliedschaft in verschiedenen Schichten.  Wahl- und Kampagnenorganisation, sowie soziale Funktionen (Verbindung mit anderen Organisationen), starke Ideologie.  Hierarchische Organisation (zentralisiert) mit starker Organisation ausserhalb der Institutionen und lokale Verankerung in Branchen. 15 1. Parteien und ihre Organisation (13) 2. Massenparteien (Fortsetzung)  Programme durch Kongresse, Vorsitzende werden gewählt.  Einbindung von sozialen Schichten: Arbeiter, Bauern, usw.  Offizielle Mitgliedschaft durch Mitgliedschaftskarte.  Finanzierung über Mitgliedschaft und Nebenorganisationen (Gewerkschaften). 16 1. Parteien und ihre Organisation (14) 2. Massenparteien (Fortsetzung) Beispiel: Kommunistische Partei Italiens nach 2. WK 17 1. Parteien und ihre Organisation (15) 3. Volksparteien (catch-all parties) Entwicklung aus existierenden Parteien Christdemokraten (Katholiken), Liberale, Konservative, Sozialdemokraten. Entwicklung aus existierenden Parteien. Eigenschaften (Kirchheimer, 1966):  Formelle und strukturierte Organisation, Entscheidungen durch Eliten.  Geringe Funktion von Mitgliedschaft, Professionalisierung (Kampagnenexperten, Befragungen, usw.).  Gewählte Politiker überwiegen in Parteiorganisation.  Ideologische Verwässerung.  Schwächung von Bindung Partei-Nebenorganisationen.  Diversifizierte Wählerschaft (keine classe gardée).  Finanzierung über Mitgliedschaft und Interessengruppen. 18 1. Parteien und ihre Organisation (16) fast nicht mehr ideologisch: man versucht alle 3. Volksparteien (catch-all parties) anzusprechen -> das Ganze im Blick Beispiel: CDU (heute) 19 1. Parteien und ihre Organisation (17) 4. Kartellparteien Parteien wo stärker Allianzen bilden und eine Machtelite sind Etablierte Parteien (Regierungsparteien). Entwicklung aus existierenden Parteien. Eigenschaften (Katz and Mair, 1995):  Verankerung der Partei in Institutionen: inoffizielle Staatsbehörde.  Kollusion zwischen Parteien: Verteidigungsstrategie.  Sehr starke ideologische Anpassung zwischen Parteien.  Mitgliedschaft als geschlossene Gesellschaft mit wenig interner Demokratie.  Professionalisierung (Experten) statt politische Erfahrung.  Finanzierung durch Staatssubventionen. 20 1. Parteien und ihre Organisation (18) 4. Kartellparteien Allianzen von links bis rechts um einen Machterhalt zu haben und zu pro tieren Beispiel: Partei der Brasilianischen Demokratischen Bewegung 21 1. Parteien und ihre Organisation (19) 5. Bewegungsparteien Anti-Kartell Parteien. Extra-parlamentarische Bewegungen. Eigenschaften:  Anti-parlamentarischer / anti-establishment Protest.  Keine formelle Mitgliedschaft, soziale Bewegung und Berufung auf ganze Wählerschaft.  Verkörperung von Volkswillen durch starke Führerschaft (rechte Parteien) / Führungsteams (linke Parteien).  Mediatisierung der politischen Kommunikation.  Finanzierung durch Fundraising. 22 1. Parteien und ihre Organisation (20) 5. Bewegungsparteien Beispiel: 5 Sterne Bewegung in Italien 23 Inhalte heute: 1. Parteien und ihre Organisation 2. Parteiensysteme 3. Cleavages 24 2. Parteiensysteme (1) Parteiensysteme:  Die Konstellation der Parteien und ihre Interaktionen in einer polity (Land, Region, Wahlkreis, etc.)  Zwei Dimensionen:  Fragmentierung: Anzahl Parteien, relative Grösse  Polarisierung: Relative ideologische Distanz, (Stärke und Klarheit der Positionierung, Identifikation der Wählerinnen) 25 2. Parteiensysteme (2) Abbildung: Beispiel Grossbritannien 26 2. Parteiensysteme (3) Typologie:  Dominante Parteiensysteme  Zweiparteiensysteme  Mehrparteiensysteme − Moderat (zentripetal) − Polarisiert (zentrifugal)  Bipolare Parteiensysteme Nicht berücksichtigt: Einparteisysteme (hegemoniale Parteiensysteme) 27 2. Parteiensysteme (4) Tabelle: Typologie von Parteiensystemen Typ Eigenschaften Beispiele  Eine grosse Partei mit mehr als absoluter Mehrheit der Stimmen/Sitze. Indien bis 1975, Japan 1955-93, Dominante-  Keine andere Partei annährend 50%. Mexico bis 2000, Südafrika seit parteien  Keine Alternanz. 1994, Schweden Nachkriegszeit, Systeme  Regierung durch eine Partei. Russland, Ungarn. Österreich Nachkriegszeit,  Zwei grosse Parteien gemeinsam ca. 80% der Stimmen/Sitze. Grossbritannien, Costa Rica, Zwei-parteien  Balanciert (35–45% je), eine erreicht 50% Sitze. Indien, Irland, Malta, Neuseeland Systeme  Alternanz zwischen Parteien. bis 1998, Spanien bis 2015,  Regierung durch eine Partei. Südafrika bis 1989, Turkey, USA.  Viele Parteien, keine annährend 50% der Stimmen/Sitze. Belgien, Kanada, Dänemark,  Parteien mit unterschiedlicher Grösse. Mehr-parteien Finnland, Deutschland bis 1989,  Parteien fechten Wahlen individuell an und bilden Koalitionen nach der Wahl. Systeme Italien vor 1994, Niederlande,  Alternanz durch Koalitionsänderungen. Polen, Schweiz.  Regierung durch Koalitionen.  Zwei grosse Koalitionen gemeinsam ca. 80% der Stimmen/Sitze.  Balancierte Koalitionen (40–50% je). Frankreich in der 5. Republik bis Bipolare  Koalitionen sind stabil über Zeit und fechten Wahlen als Allianzen an. 2017, Deutschland 1990er-2000er, Systeme  Alternanz zwischen Koalitionen. Italien 1994-2013, Portugal.  Regierung durch Koalitionen. 28 2. Parteiensysteme (5) Messung der Fraktionalisierung Fraktionalisierung Index Effective Number of Parties (Rae, 1971) (Laasko und Taagepera, 1979) 1 n E z.B. bei einem Wert F  1  p 2 n von 2.5 hat man 2.5 i 1 i  i p 2 i 1 Parteien im System A und B mit 50% je. A und B mit 50% je. (50% wird als.50 geschrieben) (50% wird als.50 geschrieben) Quadrieren:.25 +.25 =.50 Quadrieren:.25 +.25 =.50 F = 1 –.50 =.50 E = 1 /.50 = 2 29 2. Parteiensysteme (6) Tabelle: Fraktionalisierung im internationalen Vergleich 30 2. Parteiensysteme (7) Abbildung: Polarisierung in den USA über die Zeit Erklärung: Die Abbildung zeigt die Gemeinsamkeit im Abstimmungsverhalten von Republikanern und Demokraten im US Kongress seit dem 2. Weltkrieg Quelle: Andris et al. 2015 31 Inhalte heute: 1. Parteien und ihre Organisation 2. Parteiensysteme 3. Cleavages 32 3. Cleavages (1) Cleavages:  Spaltung (cleavage) = soziale Konfliktlinie, Opposition, Trennung.  Dimensionen (Bartolini und Mair, 1990): 1. sozial (Gruppen, Schichten): Klassen, Religionen, Sprachen … 2. kulturell (Werte, Glauben, Vertrauen): Elemente von Solidarität und Gemeinsamkeit innerhalb der Gruppe, Loyalität- und Zugehö- rigkeitsgefühl, … 3. organisatorisch (Parteien, aber nicht ausschliesslich): durch Demokratisierung werden Parteien zentral für die Durchführung des „Kampfes“. Veränderung von Cleavages:  Entstehung durch Konflikt und Mobilisierung (alignment)  Auflösung durch Pazifizierung und Demobilisierung (dealignment)  Umwandlung durch ideologische Anpassung (realignment) 33 3. Cleavages (2) Tabelle: Cleavages und Parteienfamilien Parteienfamilien “Revolution” Zeit Spaltung Inhalt des Konflikts (zuerst Liberale) Frühes 19. Grad an staatlicher Zentralisierung und Regionalisten / Zentrum–Peripherie Jahrhundert kulturelle Standardisierung ethnische Parteien National (beschränktes Säkularisierung, Demokratisierung, Konservative / Wahlrecht) Staat–Kirche Partizipation in repräsentativen Institutionen religiöse Parteien Spätes 19. Liberalisierung von industriellem Handeln, Stadt–Land Agrarparteien Jahrhundert ländliche Tarifpolitik, Allianzen mit Industrie Industriell (Erweiterung Unternehmer– Grad staatlicher Intervention in Wahlrecht) Sozialisten Arbeiter Marktwirtschaft und Sozialpolitik Frühes 20. Jahrhundert Kommunismus– Internationale Leadership und reformierende International (allgemeines Kommunisten Sozialismus gegen revolutionäre Strategie Wahlrecht) Spätes 20. Materialismus– Neue linke Parteien / Jahrhundert (de- Bürgerrechte, Pazifismus, Feminismus, Umwelt post-materialismus Grüne Post-industriell mobilisierte Wählerschaft) Offene–geschlossene Offenheit von Arbeitsmarkt, Einwanderung, Rechts-Populisten / Gesellschaften wirtschaftliche Integration anti-EU 34 3. Cleavages (3) Durchschnittlicher Wähleranteil in Prozent (%) Source: Caramani (p.c.) 35 3. Cleavages (4) Nationale Revolution 1: Zentrum−Peripherie Wandel  Herausbildung des Staates => administrative Zentralisierung, Steuerhoheit.  Konstruktion der Nation: kulturelle Integration / Standardisierung => Sprache und Religion. Konflikt Verteilung Ressourcen (z.B. Steuern), kulturelle Identitäten, lokale Privilegien. Unterstützende Faktoren: (1) geographische Abtrennung (2) kulturelle Unterscheidungen (3) wirtschaftliche Stärke. Parteienfamilien: peripherer Widerstand Regionalisten und ethnisch-sprachliche Parteien gegen Zentralisierung von Liberalen (und konservativen Parteien). 36 3. Cleavages (5) Nationale Revolution 2: Staat−Kirche Wandel  Der liberale Staat und dessen demokratische Institutionen.  Ende der Privilegien: Aristokratie und Klerus (Land, Besitz).  Säkularisierung: Herausforderung an religiösen Werten. Konflikt Kontrolle der Institutionen (Macht), Definition von Werten, Bildung und Schulpolitik, staatliche Ehe, etc. Parteienfamilien: konservativer Wiederstand Konservative / katholische (teilweise auch protestantische) Parteien für Erhaltung von Werten und Privilegien. Demokratisch und sozial gemässigter Widerstand: Christdemokratie. 37 3. Cleavages (6) Industrielle Revolution 1: Stadt−Land Wandel  Industrialisierung und der Rückgang der Agrarwirtschaft.  Der Aufstieg der städtischen Bourgeoisie. Konflikt Tarif- und Handelspolitik: Protektionismus (abgeschwächte Agrarwirtschaft) gegen Liberalismus (aufsteigende Industrie). Parteienfamilien: ländlicher Widerstand Agrarparteien, insbesondere in den nordischen Ländern, USA, Osteuropa und Schweiz (BGB). − Wandel in Zentrumsparteien (Nordeuropa). − Wandel in national-konservative Parteien (Schweiz). 38 3. Cleavages (7) Industrielle Revolution 2: Unternehmer−Arbeiter Wandel  Die Auswirkung der industriellen Revolution: Wirtschaft und Gesellschaft.  Der Aufstieg der Arbeiterbewegung. Konflikt „Kapital gegen Arbeit“: Ausnutzung und Verteidigung von Arbeit: Löhne, Kinder- und Frauenarbeit, Sozialpolitik (Arbeitsplatz, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Alter), Wirtschaftspolitik (Intervention, Verteilung, progressive Steuern). Parteienfamilie: linke Parteien Sozialismus (Arbeiterparteien, labour, Sozialisten, Sozial-demokraten) in Allianz mit Gewerkschaften. 39 3. Cleavages (8) Internationale Revolution: Nationalismus−Internationalismus Wandel  Sowjetrevolution (1917)  Nationalismus (1. Weltkrieg) Konflikt Nationale Solidarität vs. internationale Solidarität Reformen vs. Revolution Parteienfamilie: revolutionäre Linke Abspaltung von kommunistischen Parteien (Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Griechenland). 40 3. Cleavages (9) Postindustrielle Revolution 1: Sicherheit und Wohlstand Wandel  Aufkommen von neuen Werten nach 2. Weltkrieg. Neue Kohorten werden mit post-materialistischen Werten sozialisiert unter sozio-ökonomischen und internationalen Bedingungen: Frieden, Wohlstand, Wohlfahrtstaat. Konflikt Rechte von Minderheiten (ethnische Minderheiten, Migrantinnen, LGBTQ), Pazifismus, Feminismus (Gleichstellung in Bildung, Arbeit, Familie, Politik), Umweltschutz (1980er) Parteienfamilie: alternative und sozialliberale Linke Sozialliberale Parteien, Grüne (Deutschland, Niederlande, Skandinavien, Schweiz). Wandel von sozialdemokratischen Parteien. 41 3. Cleavages (10) Postindustrielle Revolution 2: Globalisierung Wandel  Wiederstand gegen Globalisierung, Backlash gegen Postmaterialismus und neue Linke, Widerstand gegen kosmopolitische Eliten Konflikt Supranationale Integration (EU), Migration, Menschenrechte, Klimawandel, Wirtschaftliche Globalisierung, Gender Parteienfamilie: Rechtspopulismus Rechtspopulistische, anti-EU Parteien (ganz Westeuropa ausser Irland). Wandel von konservativen und postfaschistischen Parteien. 42 3. Cleavages (11) Cleavages als Erklärung für Parteiensysteme:  Anzahl der Parteien: Liberale + eine Partei pro (saliente) Cleavage  Ideologie der Parteien  Polarisierung des Systems: Je stärker desto weniger überschneidende (≠ «cross-cutting») Cleavages  Stabilität: Eine ausserordentliche Pfadabhängigkeit der (westeuropäischen) Parteiensysteme → Erklärt Varianz in Zeit und Raum: Historische Veränderungen, Unterschiede zwischen polities (v.a. Ländern) → Wir lieben Cleavagetheorie! 43 3. Cleavages (12) Aber was ist mit Wahlsystemen? Auch Wahlsysteme erklären Parteiensysteme, sie sind teilweise aber auch endogen (d.h. werden durch Parteiensystem und indirekt Cleavages erklärt) Cleavages Parteiensysteme Wahlsysteme 44 3. Cleavages (13) Tabelle: Wahlsystem und effective Anzahl Parteien (ENP) … … … … … Source: Colomer 2005 45 3. Cleavages (14) Tabelle: Wahlsystem und effective Anzahl Parteien (ENP) (Fort.) Source: Colomer 2005 Das Wahlsystem hat einen Einfluss, aber nicht so sehr wie erwartet: Länder mit MR haben nur etwa 1 „effektive“ Partei mehr Es sind vor allem Länder mit bereits mehr Parteien, die zu MR wechseln (Endogeneität) 46

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