Baurecht Lernen PDF
Document Details
Uploaded by MatureChalcedony4612
Tags
Summary
Dieses Dokument enthält Lernmaterialien zu Baurecht, mit Schwerpunkten auf Bebauungsplänen und Flächennutzungsplänen. Es beinhaltet Definitionen, Funktionen, und Arten von Bebauungsplänen.
Full Transcript
1. Bauleitplanung ================= 1.1 Flächennutzungsplan (FNP, § 5 BauGB) ---------------------------------------- - **Funktion**: - Vorbereitender Bauleitplan für das **gesamte Gemeindegebiet** - Zeigt die **grobe Art der Bodennutzung** (z.B. Wohnen, Gewerbe, Grünfläche...
1. Bauleitplanung ================= 1.1 Flächennutzungsplan (FNP, § 5 BauGB) ---------------------------------------- - **Funktion**: - Vorbereitender Bauleitplan für das **gesamte Gemeindegebiet** - Zeigt die **grobe Art der Bodennutzung** (z.B. Wohnen, Gewerbe, Grünflächen) - **Keine direkte Rechtswirkung** für Bürger, bindet aber die Gemeinde zur Aufstellung von Bebauungsplänen - **Inhalt**: - Grundzüge der städtebaulichen Entwicklung - Flächen für Infrastruktur (Straßen, Schulen) und Umweltschutz 2. Bebauungsplan (BPlan, § 9 BauGB) -------------------------------- - **Inhalte**: - **Art der baulichen Nutzung** (z.B. *WR = Reines Wohngebiet*) - **Maß der Nutzung**: GRZ, GFZ, BMZ - **Bauweise** (offen/geschlossen), **Baulinien/Grenzen**, **Gestaltung** - Festsetzungen (zeichnerisch, textlich, Begründung) - Überbaubare und nicht überbaubare Grundstücksfläche (§ 23 BauNVO) - **Zweck**: - Verbindlicher Bauleitplan mit **parzellenscharfen Festsetzungen** - Steuert Art, Maß und Bauweise der Bebauung - **Arten**: - **Selbstständiger BPlan**: kein vorheriger FNP notwendig - **Vorzeitiger BPlan**: wird vor dem FNP aufgestellt, wenn Gründe es erfordern - Parallelverfahren: wird gleichzeitig mit dem FNP aufgestellt zur Beschleunigung - **Vorhabensbezogener BPlan**: Kombiniert Planungs- und Vorhabens Genehmigung - **Qualifizierter BPlan**: Enthält alle für die Zulässigkeit erforderlichen Festsetzungen - **Einfacher BPlan**: enthält nicht die Mindestfestsetzungen des qualifizierten BPlans - **Kein B-Plan?** - **Unbeplanter Innenbereich** *„Im Zusammenhang bebauter Ortsteil"* - **Außenbereich** (§ 35 BauGB): Privilegierte vs. sonstige Vorhaben - **Festsetzungen**: - **Art der Nutzung**: Baugebiete (z.B. WR = Reines Wohngebiet, MI = Mischgebiet) - **Bauweise**: - **Offen**: Einzel-/Doppelhäuser mit Grenzabstand - **Geschlossen**: Blockrandbebauung ohne Abstand - **Sonderbauweise**: Abweichende Festsetzungen im BPlan (z.B. Hofhäuser) - **Überbaubare Flächen** (§ 23 BauNVO): - **Baulinie**: Gebäude müssen auf der Linie errichtet werden - **Baugrenze**: Gebäude dürfen die Linie nicht überschreiten - **Ausnahme** (§ 31 Abs. 1 BauGB): Nur möglich, wenn im B-Plan explizit vorgesehen - **Befreiung** (§ 31 Abs. 2 BauGB) - Ermächtigung der Behörde, restriktiv! - Nur bei *unbilliger Härte* oder städtebaulicher Vertretbarkeit - **Wichtige Kennzahlen** **Kennzahl** **Definition** **Beispiel** ------------------------------- ------------------------------------------------------------------------------------------------------- ---------------------------------------------------------- **GRZ** (Grundflächenzahl) Anteil der überbauten Grundfläche am Grundstück (z.B. GRZ 0,4 = 40 %). Bei 1.000 m² Grundstück: max. 400 m² bebaut. **GFZ** (Geschossflächenzahl) Anteil der Geschossfläche am Grundstück (z.B. GFZ 1,2 = 120 %). Bei 1.000 m² Grundstück: max. 1.200 m² Geschossfläche. **BMZ** (Baumassenzahl) Anteil des Baumassevolumens am Grundstück (z.B. BMZ 3,0 = 3.000 m³ pro 1.000 m²). **Vollgeschosse** Oberirdische Geschosse mit mind. 2,30 m lichter Höhe (§ 20 Abs. 1 BauNVO i.V.m. § 2 Abs. 6 BauO NRW). Steuerung der Höhenentwicklung **Gebäudehöhe** Steuerung der Gebäudehöhe, Bezugspunkte, Höhenbestimmung - **Statische vs. dynamische Verweisung**: - **Statisch**: BPlan verweist auf die BauNVO-Fassung **zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses** - **Dynamisch**: BPlan verweist auf die **aktuelle** BauNVO-Fassung - **Praxis**: OVG NRW bevorzugt **statische Verweisung** 1.3 Planzeichenverordnung (PlanZV) ---------------------------------- - **Überbaubare Grundstücksflächen (§ 23 BauNVO)** - **Baulinie vs. Baugrenze** **Begriff** **Darstellung (PlanZV)** **Rechtliche Wirkung** --------------- -------------------------- ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- **Baulinie** Rot gestrichelte Linie Gebäude **müssen** auf dieser Linie errichtet werden (Ausnahme: geringfügiges Zurücktreten mit städtebaulicher Begründung) **Baugrenze** Blau gestrichelte Linie Gebäude **dürfen** diese Linie nicht überschreiten, können aber dahinter zurückweichen - **Praxistipp** - **Bebauungstiefe**: - Rückwärtige Baugrenze im BPlan → Max. Ausdehnung der Bebauung zum Grundstückshintergrund 1.4 Verfahren der Bauleitplanung -------------------------------- 1. **Aufstellungsbeschluss**: Gemeinderat initiiert Planung. - Einleitungsbeschluss des Gemeinderates - Frühzeitige und förmliche Beteiligung der Bürger und öffentlichen Träger - Öffentliche Auslegung des Entwurfs mit Begründung und Umweltbericht - Prüfung der Bedenken und Anregungen 2. **Feststellungs- bzw. Satzungsbeschluss** - FNP benötigt Feststellungsbeschluss und Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde - BPlan wird durch Gemeinderat als Satzung beschlossen 3. **Genehmigungsverfahren:** Reine Rechtskontrolle 4. **Ausfertigung** 5. **Verkündungsverfahren** Ortsübliche Bekanntmachung und Inkrafttreten 1.5 Baugebiete nach der BauNVO ------------------------------ -- -- -- -- -- -- 2. Bauordnungsrecht (BauO NRW) ============================== 2.1 Genehmigungspflichtige Vorhaben ----------------------------------- - **§ 60 Abs. 1 BauO NRW**: - Errichtung, (Nutzungs-) Änderung von baulichen Anlagen bedürfen einer **Baugenehmigung** - **Ausnahmen (verfahrensfrei, § 62 BauO NRW)**: - Kleine Garagen (\< 30 m²), Gartenhäuser (\< 30 m³), unterirdische Leitungen 2.2 Baugenehmigungsverfahren ---------------------------- - **Ablauf**: 1. **Antragstellung**: Mit Bauvorlagen (Lageplan, Schnitte, Baubeschreibung) 2. **Prüfung auf Vollständigkeit** (§ 71 BauO NRW) 3. **Beteiligung Dritter** - **Nachbarn**: Bei betroffenen Rechten (z.B. Abstandsflächen) - **Gemeinde**: Stellungnahme bei BPlan-Bezug 1. **Entscheidung**: Baugenehmigung oder Ablehnung (§ 74 BauO NRW) - **Geltungsdauer**: Erlöschen nach **3 Jahren** ohne Baubeginn oder **1 Jahr** Bauunterbrechung 2.3 Abstandsflächen (§ 6 BauO NRW) ---------------------------------- - **Berechnung**: - **Wandhöhe (H)**: Gemessen von Gelände bis Dachansatz - **Abstandstiefe**: 0,4×H0,4×*H* (mind. 3 m) - **Ausnahmen:** - **Gewerbe- & Industriegebiete, Antennenanlagen im Außenbereich:** **0,2 H**, min. 3 m - **Kerngebiete:** **0,25 H**, min. 3 m. - **Zu öffentlichen Verkehrs-, Grün- & Wasserflächen:** **0,2 H**, min. 3 m - **Zu angrenzenden Baugebieten:** jeweils größere Abstandsfläche gilt - **Wohngebäude (GK 1 & 2, max. 3 oberirdische Geschosse):** **3 m** genügen - **Ausnahmen**: - **Geringfügige Bauten**: Garagen \< 3 m Höhe, Vorbauten, (max. 1,60 m Vortritt), Carports (\< 30 m²), Stützmauern (\< 2 m Höhe) - **Solaranlagen**: Auf Dächern ohne Überstand - **Baupflicht an der Grenze** laut Bebauungsplan - **Bauen an der Grenze erlaubt** und sichergestellt ist, dass der Nachbar ebenfalls ohne Grenzabstand baut - Eine Abstandsfläche ist **nicht erforderlich vor Außenwänden**, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften 1. 2. - **Planungsrechtliche Sonderregeln**: - **Geschlossene Bauweise** (§ 22 BauNVO): Keine Abstandsflächen an Grenzen - **Überbaubare Grundstücksfläche** - **Baulinie:** Gebäude müssen direkt auf der Linie errichtet werden - **Baugrenze:** Gebäude dürfen diese nicht überschreiten - **Bebauungstiefe:** Begrenzung der Tiefe der Bebauung auf dem Grundstück 2.4 Stellplätze (§ 48 BauO NRW) ------------------------------- **Regelungen nach StellplatzVO NRW** - **KFZ-Stellplätze**: - **Wohngebäude**: 1,5 Stellplätze/Wohnung - **Bürogebäude**: 1 Stellplatz/100 m² Nutzfläche - **Fahrradstellplätze**: - **Wohngebäude**: 1 Stellplatz/Wohnung, Mind. 1,5 m² pro Stellplatz - **Öffentliche Gebäude**: 1 Stellplatz/20 m² Nutzfläche - **Pflicht**: Herstellung von Kfz- und Fahrradstellplätzen bei Neubau/Nutzungsänderung - **Kommunale Regelungen**: - **Stellplatzsatzung**: Vorrang vor Landesvorschriften - **Ablösezahlung** als Alternative zur Stellplatzherstellung 3. Bauplanungsrecht =================== 3.1 Vorhaben im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) ----------------------------------------------------- - **Voraussetzungen**: 1. Gilt nur, wenn **kein Bebauungsplan** vorhanden ist 2. Prüft, ob Vorhaben in das Ortsbild passt und die **Nutzung der Umgebung berücksichtigt** 3. **Einfügung in die Umgebung**: - Art der Nutzung (z.B. Wohnen in Wohngebiet) - Bauweise und überbaubare Fläche 1. **Erschließung gesichert** - Straßen, Wasser/Abwasser müssen vorhanden oder gesichert sein - **Rücksichtnahmegebot**: 1. Abwägung zwischen Bauherreninteressen und Nachbarschutz 2. Vorhaben im Außenbereich (§ 35 BauGB) ------------------------------------- - **Privilegierte Vorhaben**: Landwirtschaft, erneuerbare Energien, öffentliche Infrastruktur - **Sonstige Vorhaben**: Zulässig, wenn öffentliche Belange nicht beeinträchtigt werden 3.3 Erschließung ---------------- - **\"Gesicherte Erschließung\"** - **Definition**: - Gesicherte Erschließung bedeutet, dass die notwendige Infrastruktur **vor Nutzungsbeginn** vorhanden ist - **Nachweis**: - Durch Erschließungsvertrag mit der Gemeinde oder bestehende Infrastruktur - **Relevanz:** - Bauplanungsrecht: Zulässigkeit von Vorhaben (§§ 30, 34, 35 BauGB) - Bauordnungsrecht: Genehmigungsvoraussetzung 4. Verfahrensarten Bauantrag ============================ **Verfahren** **Anwendungsbereich** **Prüfumfang** -------------------- ---------------------------------------------- ------------------------------------------------------------------------- **Vereinfacht** Kleine Vorhaben (z. B. Garagen, Carports). Nur planungsrechtliche Zulässigkeit + Grundanforderungen der BauO **Regelverfahren** Genehmigungspflichtige Vorhaben (z. B. MFH). Vollumfängliche Prüfung (Bauplanungsrecht, Bauordnungsrecht, Fachrecht) 4.2. Ablauf des Verfahrens -------------------------- 1. **Einreichung** des Bauantrags 2. **Prüfung** auf Vollständigkeit 3. Frist zur Behebung von **Mängeln** 4. Ämterbeteiligung, Beteiligung der Gemeinde, **Beteiligung der betroffenen Stellen** 5. **Entscheidung**: Baugenehmigung oder Ablehnungsbescheid 4.3 Inhalt des Bauantrags ------------------------- - Ein Bauantrag muss so klar sein, dass auf ihn ein verständlicher, inhaltlich abgegrenzter, eindeutig bestimmter Verwaltungsakt ergehen kann - **Erforderliche Unterlagen** (§ 70 BauO NRW): - Bauantragsformular (inkl. Vorhabenbeschreibung) - Lageplan (maßstabsgerecht mit Nachbarbebauung, Baulinien, Baugrenzen) - Bauzeichnungen (Grundrisse, Schnitte, Ansichten) - Baubeschreibung (Nutzung, Materialien, technische Details) - Statische Berechnungen (bei Tragwerken) - Nachweise (Brandschutz, Energieeffizienz) - **Inhalt**: - **Feststellender Teil**: Bestätigung der Genehmigungsfähigkeit - **Verfügender Teil**: Baufreigabe - **Wichtig:** Die Erteilung erfolgt unbeschadet privater Rechte Dritter 4.4 Prüfumfang der Baugenehmigung --------------------------------- - Die Baugenehmigung ist zu erteilen, wenn keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen - **§ 64 Abs. 1 BauO NRW**: Vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren - Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen - Örtlichen Bauvorschriften (§ 89 BauO NRW) - Brandschutzvorschriften im bei Sonderbauten (außer Garagen mit einer Nutzfläche bis 1.000 m²) - **§ 65 BauO NRW**: Baugenehmigungsverfahren für große Sonderbauten. Prüfung der Übereinstimmung mit: - Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB - Anforderungen nach Vorschriften dieses Gesetzes - Anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die nicht in anderen Genehmigungsverfahren geprüft 5. Nachbarschutz ================ 5.1 Öffentlich-rechtlicher Schutz --------------------------------- - **Anfechtung der Baugenehmigung**: - Nachbarn können innerhalb von **1 Monat nach Bekanntgabe** klagen (§ 74 Abs. 5 BauO NRW) - Erfolg, wenn **nachbarschützende Normen** verletzt sind (z.B. Abstandsflächen, Brandschutz) - **Qualifiziertes Betroffensein**: - Nur Eigentümer/Nießbraucher benachbarter Grundstücke haben Klagebefugnis 5.2 Privatrechtlicher Schutz ---------------------------- - **BGB/ Nachbarrechtsgesetz NRW**: - Unterlassungsansprüche bei Immissionen (Lärm, Staub) - Einstweilige Verfügung bei drohender Rechtsverletzung 5.3 Nachbarklage ---------------- - **Voraussetzungen** - **Klagebefugnis: Nur Eigentümer/Nießbraucher benachbarter Grundstücke.** - **Fristen:** - **1 Monat nach Bekanntgabe der Baugenehmigung.** - **1 Jahr bei fehlender Bekanntgabe (ab Kenntnis der Genehmigung)** - **Erfolgsaussichten** - **Verstoß gegen nachbarschützende Normen:** - **Abstandsflächen (§ 6 BauO NRW), Lärmschutz (§ 48 BauO NRW), Brandschutz** - **Fristen**: - **1 Monat** nach Bekanntgabe der Baugenehmigung. - **1 Jahr** bei fehlender Bekanntgabe (ab Kenntnis der Genehmigung). 6. Sonderregelungen und Praxisbeispiele ======================================= 6.1 Abweichungen (§ 69 BauO NRW) -------------------------------- - **Möglich**, wenn: 1. Die **Schutzziele** (Belichtung, Brandschutz) gewahrt bleiben 2. Keine **unzumutbaren Nachteile** für Dritte entstehen 3. **Städtebauliche Gründe** die Abweichung rechtfertigen - **Beispiel**: Abweichung von Abstandsflächen bei atypischen Grundstücksformen - **Abweichung von Höhenvorgaben**: Bei besonderen städtebaulichen Konzepten 6.2 Aktuelle Rechtsprechung --------------------------- - **Photovoltaikanlagen**: - Anlagen auf Dächern sind zulässig, wenn sie **nicht dominant** wirken - Solaranlagen zur Energieerzeugung sind im Außenbereich privilegiert, wenn sie der **öffentlichen Versorgung** dienen - **Prostitutionsbetrieb im Mischgebiet**: - Ein Prostitutionsbetrieb ist nicht pauschal unzulässig, sondern muss im geprüft werden - **Feuerwehrhaus im Wohngebiet**: - Ein Feuerwehrhaus kann in einem Wohngebiet zulässig sein, da es der **öffentlichen Sicherheit** dient 6.3 Bestandsschutz ------------------ - **Voraussetzungen**: - Anlage war bei Errichtung **formell und materiell legal** - Die Nutzung wurde **kontinuierlich** ausgeübt. - **Ende des Schutzes**: - Bei Nutzungsänderung, Verfall oder Gefährdung der öffentlichen Sicherheit - Bei **baulichen Veränderungen**, die die Identität der Anlage beeinträchtigen 6.4 Barrierefreies Bauen ------------------------ - **Anforderungen**: - **Wohngebäude ab Gebäudeklasse 3**: Barrierefreie Zugänge und Aufzüge - **Öffentliche Gebäude**: Barrierefreie Toiletten, Stellplätze und Zugänge - **Ausnahmen**: - Bei **unverhältnismäßigem Mehraufwand** (z. B. schwierige Geländeverhältnisse) - **Lösung**: Die Behörde kann Ausnahmen genehmigen, da der Umbau sonst wirtschaftlich nicht tragbar wäre 7. Vertragsrecht (Bau- und Architektenrecht) ============================================ 7.1 Vertragstypen ----------------- - **Werkvertrag (§ 631 BGB)**: Erfolgshaftung (z.B. mangelfreies Bauwerk) - **Architektenvertrag**: - HOAI-Leistungsphasen (Grundleistungen wie Entwurf, Bauüberwachung) - **Haftung**: Für Planungsfehler und mangelnde Baukontrolle - Enthält Abschnitte zu Parteien, Vertragsgegenstand, Vertragsziele, Leistungen und Pflichten des Auftragnehmers, Vollmacht, Zusammenarbeit, Termine, Honorar, Zahlungen, Abnahme, Mängelhaftung, Herausgabe von Unterlagen, Urheberrecht, Kündigung und Streitigkeiten - **Generalplaner:** - Wird oft bei Großbauvorhaben eingesetzt und ist für alle Planungen verantwortlich - Haftet für Subplaner-Fehler und trägt Insolvenzrisiko - **Architekten-ARGE:** - Entsteht durch einen Gesellschaftsvertrag zwischen verschiedenen Architekten - Sie ist eine \"Gesellschaft bürgerlichen Rechts\" (GbR) und hat eine Teilrechtsfähigkeit - Die GbR und ihre Gesellschafter haften als Gesamtschuldner - **Essentialia negotii** 1. **Angebot und Annahme** (§ 145 BGB): Klar und bestimmbar 2. **Leistungsbeschreibung**: Konkrete Angaben zum Vorhaben 3. **Vergütung**: Pauschalpreis oder Stundenhonorar - **Formfreiheit**: Mündliche Verträge sind möglich, aber **schwer beweisbar** - **AGB-Kontrolle**: Unangemessene Klauseln in VOB/B-Verträgen sind unwirksam 7.2 Abnahme ----------- - **Technische Abnahme**: Durch Architekt (§ 4 Abs. 10 VOB/B) - **Rechtsgeschäftliche Abnahme**: Durch Bauherrn (§ 12 VOB/B) 7.3 Mängelansprüche ------------------- - **Definition (VOB/B)**: - Verstoß gegen **anerkannte Regeln der Technik** (z.B. Abdichtungsrichtlinien) = Mangel - **DIN-Normen** sind nur Indiz, **Herstellerangaben** irrelevant, wenn praxisuntauglich - **Beweislast**: Wer gegen DIN verstößt, muss beweisen, dass sie nicht der Technik entspricht - **Vor Abnahme**: Nacherfüllung durch Unternehmer - **Nach Abnahme**: 2-Jahres-Verjährung ab Abnahme 7.4 Zustandekommen eines Vertrages ---------------------------------- - **Angebot + Annahme** (§ 145 BGB): - Zugang erforderlich (z.B. Briefkasteneinwurf = Zugang bei üblicher Entnahme) - **Schweigen ≠ Annahme**, außer im kaufmännischen Verkehr - **Sicherste Methode**: Postzustellungsurkunde (PZU) mit Beweiskraft ( - **E-Mail/Fax**: Zugang bei Speicherung, aber geringe Beweiskraft ohne Lesebestätigung - Bei Abwesenheit der Parteien gilt die Annahme als erfolgt, wenn der Antragende unter regelmäßigen Umständen den Eingang der Antwort erwarten durfte oder eine gesetzte Frist abgelaufen ist - Die Beweislast liegt grundsätzlich bei der Partei, die etwas für sich Positives behauptet 7.5 Architektenvollmacht ------------------------ - Die Vollmacht eines Architekten zur Vertretung des Bauherrn ist nicht uneingeschränkt - **Originäre Vollmacht** (implizit): - Bauherrn gegenüber ausführenden Unternehmen in gewissem Umfang zu vertreten - Umfasst technische Abnahme, Mängelrüge, kleine Zusatzaufträge. - **Achtung**: Keine rechtsgeschäftliche Abnahme/Stundenlohnvereinbarungen! - **Duldungs-/Anscheinsvollmacht**: - Entsteht, wenn Bauherr Architektenhandeln duldet/bei pflichtwidrigem Unterlassen - Handelt der Architekt ohne Vertretungsmacht, haftet er für die entstehenden Folgen, es sei denn, es liegt eine \"Anscheins- oder Duldungsvollmacht\" 8. Prüfungsschemata =================== 1. **Abstandsflächenprüfung** 1. **Grundstücksgrenze identifizieren**: Lage des Grundstücks + angrenzende Nachbarbebauung prüfen 2. **Wandhöhe (H) berechnen**: - **Wandhöhe**: Gemessen von der Geländeoberfläche bis zum Dachansatz - **Dachneigung**: - 70°: Volle Anrechnung der Dachhöhe - 45°--70°: 1/3 der Dachhöhe - \< 45°: Keine Anrechnung 3. **Abstandstiefe ermitteln**: - **Formel**: 0,4×H0,4×*H* (mind. 3 m) 4. **Ausnahmen prüfen**: - **Vorbauten**: Max. 1,60 m Vortritt, max. 1/3 der Wandbreite, mind. 2 m Abstand zur Grenze - **Solaranlagen**: Auf Dächern ohne Überstand zulässig - **Geringfügige Bauten**: Garagen (\< 3 m Höhe), Carports (\< 30 m²) 5. **Planungsrechtliche Sonderregeln**: - **Geschlossene Bauweise** (§ 22 BauNVO): Keine Abstandsflächen an Grenzen. - **Baulinien/Baugrenzen**: Gebäude müssen auf der Linie errichtet werden/nicht überschreiten **8.2 Baugenehmigungsantrag** 1. **Einheitliche Bezeichnung des Vorhabens** 2. **Klare Höhenangaben**: Gleiche Angaben in Lageplan, Schnitten und Ansichten 3. **Betriebsbeschreibung bei Gewerbe**: Öffnungszeiten, Lkw-Anlieferungen, Lärmemissionen 4. **Vollständige Bauvorlagen**: Lageplan, Bauzeichnungen, Statik, Brandschutznachweis 5. **Nachweise**: Energieeffizienz, Schallschutz, Erschließung **8.3 Baugenehmigungsverfahren** 1. **Antragstellung**: - Einreichung des Bauantrags bei der Bauaufsichtsbehörde - **Unterlagen**: Bauantragsformular, Lageplan, Bauzeichnungen, Baubeschreibung 2. **Vollständigkeitsprüfung**: - Prüfung auf Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit der Unterlagen (§ 71 BauO NRW) - **Mängelbehebung**: Frist zur Nachreichung fehlender Unterlagen 3. **Beteiligung Dritter**: - **Nachbarn**: Bei betroffenen Rechten (z. B. Abstandsflächen) - **Behörden**: Stellungnahmen (z. B. Brandschutz, Denkmalschutz) 4. **Entscheidung**: - **Baugenehmigung**: Erteilung, wenn keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen - **Ablehnung**: Begründeter Bescheid mit Rechtsbehelfsbelehrung **8.4 Prüfungsschema für Vorhaben im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB)** 1. **Lage im „zusammenhängend bebauten Ortsteil"**: - Prüfung, ob das Grundstück in einem Gebiet mit geschlossener Bebauung liegt (keine Splittersiedlung). 2. **Einfügung in die Umgebung**: - **Art der Nutzung**: Passt das Vorhaben zur Umgebung (z. B. Wohnen in Wohngebiet)? - **Bauweise**: Harmonisiert das Vorhaben mit der Nachbarbebauung (z. B. gleiche Traufhöhe)? - **Überbaubare Fläche**: Wird die GRZ/GFZ der Umgebung eingehalten? 3. **Erschließung gesichert**: - Sind Straßen, Wasser/Abwasser und Stromanschlüsse vorhanden oder geplant? 4. **Rücksichtnahmegebot**: - Werden Nachbarn durch das Vorhaben unzumutbar beeinträchtigt (z. B. durch Verschattung oder Lärm)? **8.5 Prüfungsschema für Vorhaben im Außenbereich (§ 35 BauGB)** 1. **Privilegierte Vorhaben**: - Landwirtschaft, erneuerbare Energien, öffentliche Infrastruktur. - Prüfung, ob das Vorhaben dem Betrieb dient (z. B. Solaranlage zur Energieerzeugung). 2. **Sonstige Vorhaben**: - Zulässig, wenn öffentliche Belange nicht beeinträchtigt werden (z. B. kein Naturschutzkonflikt). 3. **Erschließung gesichert**: - Öffentlich-rechtliche Sicherung der Zufahrten und Versorgungsleitungen. 4. **Nachbarschutz**: - Prüfung, ob Nachbarn durch das Vorhaben unzumutbar beeinträchtigt werden. 9. Wichtige Paragraphen im Überblick ==================================== **Thema** **Rechtsgrundlage** **Kernaussage** -------------------------- --------------------------------- ------------------------------------------------------------------------------------- **Bauleitpläne** §§ 1--38 BauGB FNP und BPlan regeln die städtebauliche Entwicklung. **Baugenehmigung** §§ 60--79 BauO NRW Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Bauwerken bedürfen einer Genehmigung. **Abstandsflächen** § 6 BauO NRW Freizuhaltende Flächen vor Außenwänden (0,4 × H, mind. 3 m). **Stellplätze** § 48 BauO NRW, StellplatzVO NRW Pflicht zur Herstellung von Kfz- und Fahrradstellplätzen. **Nachbarschutz** § 74 Abs. 5 BauO NRW Nachbarn können innerhalb von 1 Monat gegen Baugenehmigung klagen. **Bestandsschutz** Art. 14 GG Schutz vor Rückbauanordnungen, wenn Anlage bei Errichtung genehmigungsfähig war. **Erschließung** §§ 30, 34, 35 BauGB Vorhaben sind nur zulässig, wenn die Erschließung gesichert ist. **Barrierefreies Bauen** § 49 BauO NRW Wohngebäude ab Gebäudeklasse 3 müssen barrierefrei sein. **Sonderbauten** § 50 BauO NRW Gebäude mit besonderer Nutzung oder Gefahrenpotenzial (z. B. Schulen, Hochhäuser). **Abweichungen** § 69 BauO NRW Abweichungen von Bauvorschriften sind möglich, wenn Schutzziele gewahrt bleiben.