Wandel von Geschlechterrollen (PDF)
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Dieser Text beschreibt die Veränderungen der Geschlechterrollen in Deutschland vom 19. bis zum 20. Jahrhundert. Er beleuchtet die Entwicklung von Frauenrechten und der Emanzipation. Der Text unterteilt die Thematik in verschiedene Abschnitte.
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2.6 Wandel von Geschlechterrollen 2.6.1 Die Stellung von Frauen um die Mitte des 19. Jahrhunderts Mann als alleiniges Oberhaupt der Familie in allen sozialen Schichten Mitte des 19. Jahrhunderts o Entscheidungen über Kindererziehung und Zustimmung zu Berufstätigkeit und Verträgen...
2.6 Wandel von Geschlechterrollen 2.6.1 Die Stellung von Frauen um die Mitte des 19. Jahrhunderts Mann als alleiniges Oberhaupt der Familie in allen sozialen Schichten Mitte des 19. Jahrhunderts o Entscheidungen über Kindererziehung und Zustimmung zu Berufstätigkeit und Verträgen der Frau o Verfügung des Mannes über das in die Ehe eingebrachte Vermögen der Frau o besserer Rechtsstand des Mannes bei Scheidung und Ehebruch o Vorstellung im Bürgertum: Frau als „schwaches“ und „emotionales“ Geschlecht, Erfüllung in Mutterschaft und Sorge um die Familie; Rolle des Mannes als „rationales“ und „starkes“ Geschlecht, Ernährer der Familie Notwendigkeit des Beitrags der Ehefrau zum Familieneinkommen in Unterschicht und Mittelstand bürgerliches Familien- und Frauenbild als angestrebtes Ideal auch für Kleinbürger- und Arbeiterfamilien kaum öffentliche und politische Präsenz von Frauen, kein Wahlrecht Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft von Männern getroffen Engagement von Frauen in wohltätigen Einrichtungen und Kirchengemeinden Lautere Rufe nach Gleichberechtigung und Emanzipation im Vormärz o Entstehung von Vereinen für Mädchenbildung und ökumenische Kindergartenbewegung o Propagierung nicht-autoritäre Erziehungsmethoden gegen patriarchalisch-autoritäre Denkmuster o Einsatz von Frauen wie Emma Herwegh und Amelie Struve während der Revolution von 1848/49 für Frauenrechte in Politik, Ehe und Familie o Enttäuschung über fehlendes Wahlrecht in der Paulskirchenverfassung von 1849 2.6.2 Die Frauenbewegung formiert sich Wurzeln der deutschen Frauenbewegung in der Mitte des 19. Jahrhunderts mit Louise Otto- Peters als Leitfigur Verbot von Frauen-Zeitungen durch Behörden Erwähnung der „Frauenfrage“ im Kommunistischen Manifest 1848 Organisation der bürgerlichen Frauenbewegung im Allgemeinen Frauenverein (1865) und im Bund der Frauenvereine (1894) Ziele: bessere Bildungschancen, Recht auf Erwerbsarbeit, Einrichtung von Volksküchen und Hauswirtschaftsunterricht Sozialistische Frauenbewegung unter Clara Zetkin als Teil der Arbeiterbewegung, Forderungen nach gleichen Rechten und Löhnen, Aufklärung, Abschaffung der Kinderarbeit, Schutz am Arbeitsplatz um 1900 etwa eine Million Mitglieder in der Frauenbewegung, politisches Engagement für Frauen bis 1908 verboten Forderung nach Frauenwahlrecht von Minderheit der Bewegung unterstützt, nur SPD befürwortet es; 1914 etwa 175.000 Frauen in der SPD 4 Bürgerliches Gesetzbuch von 1900 verbessert Rechtsstellung nur geringfügig, keine Änderungen am Ehe- und Familienrecht; bis 1958 ________________________________, Bestimmungsrecht ab 1969 ____________________________________________ volle Geschäftsfähigkeit Mann darf Arbeitsverhältnis der Frau ohne ihr Einverständnis kündigen 2.6.3 Fortschritte um 1900: Erwerbs- und Bildungswege starke Zunahme der Erwerbstätigkeit von Frauen um 1900: über sechs Millionen erwerbstätige Frauen, Erwerbsquote über 30 Prozent (ohne Mitarbeit in Familienbetrieben) Zweiteinkommen der Frauen in Arbeiterfamilien essenziell Doppelbelastung durch Fabrikarbeit und Haushalt Rascher Anstieg des Frauenanteils unter Angestellten Entstehung von „Frauenberufen“ (Telefonistin, Stenotypistin, Sekretärin, Hausangestellte) Berufstätigkeit in bürgerlichen Kreisen oft mit Heirat beendet Frauenarbeit schlechter bezahlt, geringer angesehen, meist untergeordnete Tätigkeiten Leitungs- und Vorgesetztenpositionen Männern vorbehalten achtjährige Volksschule als Vorbereitung auf Rolle als Hausfrau und Mutter 1889 Einführung von Realkursen für Mädchen (Helene Lange) 1893 Umwandlung der Realkurse in Gymnasialkurse höhere Bildung für gehobene Schichten; erste Abiturientinnen 1896 1908 Preußische Mädchenschulreform: reguläre Universitätszulassung 1914: 4000 Studentinnen (7 % der Studierenden) 2.6.4 Weltkrieg und Weimarer Republik – eine Zäsur? Erster Weltkrieg stärkt Stellung und Autorität der Frauen in Öffentlichkeit und Familie: Übernahme „typisch männlicher“ Aufgaben und Arbeiten Einführung des aktiven und passiven Frauenwahlrechts in der Novemberrevolution Weimarer Reichsverfassung: „Gleichbehandlung der Geschlechter“ (Art. 119) o Einschränkung durch Zusatz „grundsätzlich“ bei staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten o Bürgerliches Gesetzbuch: Aufrechterhaltung patriarchalischer Strukturen in der Ehe o Zustimmung des Ehemanns für berufliche Tätigkeiten notwendig o Weibliche Beamte bei Heirat meist entlassen (bis 1932 rechtlich legitimiert) Geringfügige Steigerung der Erwerbstätigkeit gegenüber dem Kaiserreich Anstieg der Frauen in Dienstleistungsberufen Verdopplung des Anteils der Studentinnen von 9,5 % (1921) auf 18,9 % (1931) Zulassung von Frauen als Rechtsanwältinnen und Richterinnen (1922) Frauen in akademischen Berufen als kleine Minderheit Berufstätigkeit als finanzieller Notbehelf, meist beendet bei besserer Lage Gesellschaftliches Ideal: nicht arbeitende Ehefrau, Hausarbeit bleibt Frauensache Führungspositionen in Politik und Wirtschaft ausschließlich von Männern besetzt Rückgang weiblicher Abgeordneter im Reichstag von ca. 10 % auf unter 7 % 5 2.6.5 Frauen in der öffentlichen Wahrnehmung – die Entdeckung der „modernen Frau“ „Entdeckung der modernen Frau“ (Ute Frevert): Wandel im Geschlechterverhältnis, stärker in Denkweisen als in realen Gegebenheiten neue Lebensmöglichkeiten für ledige Frauen höherer sozialer Schichten: o Lebensplanung fern von herkömmlichen Moralvorstellungen und Eheauffassungen o Konzentration auf Beruf, Freizeit, selbstbewusstes Auftreten typisches Erscheinungsbild der „modernen Frau“: _________________________________________________ viel Haut zeigen (z.B. sichtbares Knie); __________________________________________________________________________________________________________ Rauchen in der Öffentlichkeit; Kurzhaarfrisur Zugang zu Unterhaltung, Kultur und Freizeitangeboten: Tanzveranstaltungen, moderne Sportarten (Tennis, Golf) Mehrheit der Frauen (v. a. auf dem Land): verhaftet in konservativen Rollenbildern Leitbild: Hausfrau und Mutter, gefördert durch z. B. Einführung des Muttertags Weltwirtschaftskrise: Ökonomische Folgen lassen das konsumorientierte Phänomen der „neuen Frau“ weitgehend verschwinden Fazit: Fieberkurve der Gleichberechtigung von Mann und Frau Volle Emanzipation: Gleichberechtigter Zugang zu Macht, Geld, Freizeit, Selbstverwirklichung, volle finanzielle und physische Autonomie 5 4 DDR Frauenwahlrecht 3 II. Weltkrieg 2 1 BRD 1800 1848 1871 1914 1920er 1933 1940er 1949 heute Arbeit in Betrieben -1 Sozial. / Frauenbewegung -2 -3 -4 -5 Fehlende Emanzipation: Einseitige Mehrbelastung, Abhängigkeit, mögliche Unterdrückung, keine finanzielle und physische Autonomie 6