19. Jahrhundert Baukunst - Industrialisierung PDF

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Diese PDF-Datei befasst sich mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert und deren Einfluss auf die Architektur. Sie behandelt wichtige Entwicklungen in der Bauweise und die Rolle von Innovationen, wie z. B. dem Einsatz von Eisen.

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435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Das 19Jhdt Bau(Kunst) - Industrialisierung ……als Stilepoche der Kunstgeschichte ist das 19. Jahrhundert ein „langes“ Jahrhundert. Es reicht vom Ende des Barock bis zum Beginn der abstrakten Kunst, als...

435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Das 19Jhdt Bau(Kunst) - Industrialisierung ……als Stilepoche der Kunstgeschichte ist das 19. Jahrhundert ein „langes“ Jahrhundert. Es reicht vom Ende des Barock bis zum Beginn der abstrakten Kunst, also von etwa 1770 bis zum Ersten Weltkrieg 1914. Im Gegensatz zur Kunst der vorangehenden Epochen mit ihrer relativen Einheitlichkeit über längere Zeit hin, ist die Kunst des 19. Jahrhunderts widersprüchlich, schnelllebig und vielgestaltig wie nie zuvor. Das ist Folge der Aufklärung, der Französischen Revolution, der Entmachtung von Königen- Fürsten- Adel- Klerus und des Anspruchs jedes Einzelnen auf Bürger- und Menschenrechte- auf Freiheit. Dies ist Folge von Einsichten, Erfindungen, Verfahrensweisen in der Wissenschaft, der Technik, der Wirtschaft, der Geistesgeschichte, im Sozialen, wie es sie in solcher Fülle nie gegeben hat. Künstler: Eduard Manet, Edgar Degas; moderne Malerei- Impressionisten Erfindungskraft in Wissenschaft und Kunst Das 19. Jahrhundert entwickelte allein auf technischem Gebiet eine nie dagewesene Dynamik: Die natürlichen (Wasser) und animalischen (Ochs, Pferd..) Antriebskräfte werden ersetzt durch die Dampfmaschine (James Watt). In der Wirtschaft vollzieht sich der Übergang von der einfachen Warenproduktion in der Manufaktur zur Massenproduktion in Fabriken (Folge- Kapitalismus). Die meisten technischen Erfindungen dienten der Beschleunigung  von Reise und Transport (Eisenbahn, Dampfschiff, Straßen- und Untergrundbahn, Automobil, Flugzeug – aber auch Fahrrad),  der Nachrichtenübermittlung (Telegrafie, Telefon) und  der Bildherstellung (Fotografie und Film). Mutig wagte man im Bau Neuerungen, wie  den Bau von Wolkenkratzern, (Höhe durch GussEisen möglich, Liftanlagen..)  den Bau von Brücken (..Firth of Forth) mit enormen Spannbreiten oder  die stützenlose Überwölbung riesiger Hallen (..Glaspalast London 1851) Die Architektur wird Gegenstand allgemeinen bürgerlichen Interesses Architekten Österr.: Friedrich Weinbrenner1766-1826, Otto Wagner 1841-1918 WILHELM BUSCH, „Maler Klecksel“ (1884): ironische Betrachtung „Der Architekt ist hochverehrlich(Obschon die Kosten oft beschwerlich), Weil er uns unsre Erdenkruste, die alte, rauhe und berußte, Mit saubern Baulichkeiten schmückt, mit Türmen und Kasernen spickt.“ NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen 19Jhdt und Eisenarchitektur: …………………Ingenieure galten im 19. Jahrhundert auch als Künstler. Viele Menschen bewunderten ihre massiven oder fragilen und schwindelerregenden Konstruktionen. Im Planen und Bauen vollzog sich die Trennung von Architekt- Baumeister und Ingenieur. In der Zeit der Industrialisierung, als Gusseisen bezahlbar massengefertigt wurde, spielte dies eine strukturelle Rolle. Moderne Stahlerzeugungsverfahren (~1425-1540°) waren noch nicht entwickelt. Gusseisen=spröde__Stahl=elastisch Gusseisen hat einige konstruktive Vorteile und Schwächen. Es ist sehr druckbeständig, nimmt dagegen schlecht Zug- und Biegespannungen auf, und bei der Hitze (~1538°Schmelzpunkt) eines Feuers kann seine Stabilität plötzlich versagen. Zu Beginn der Industriellen Revolution wurde es üblich, Gusseisen im Fabrikbau einzusetzen, teilweise aus der irrigen Vorstellung heraus, solche Konstruktionen seien feuerfest. Gusseisen wurde aber auch als Verkleidungsmaterial (Fassaden) im Büro/ Industriebau eingesetzt- mit den bekannten Problemerscheinungen- Rost (Oberflächenwasser, Salze, TierUrin …) Beispiele: Glaspalast/ London 1851- Joseph Paxton Brücke über den Firth of Forth/ Schottland 1882- Benjamin Baker Eiffelturm/ Paris 1889 Blackpool/ Tower 1894 Gusseisen wurde überwiegend in England produziert! Siehe Industrialisierungsmotive Gründung der Gussstahlfabrik Krupp Essen-1811, durch Friedrich Krupp (1787-1826) „zur Erzeugung von englischem Gussstahl und aller daraus hergestellten Waren“ Arbeitersiedlungen, Meisterhäuser: Krupp`scher Werkswohnungsbau 1861 Nach der Entwicklung des modernen Stahls (sehr gute Zug- und Biegespannungen), der sich weit besser im Einsatz als Baustoff eignete, schwand auch die Bedeutung von Gusseisen (spröde) als Konstruktion und Fassadenverkleidung in dieser Epoche. Viele Innovationen der Gusseisenzeit (Verbindungen- Nieten…) wurden aber in die Ära der Stahlskelettbauten übernommen und halfen bei der Entwicklung des Wolkenkratzers. NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Hochhaus- Wolkenkratzer- Raum/ Flächenverdichtung Seinen ersten wichtigen Impuls erhielt der Bau von Wolkenkratzern erst mit der Erfindung des Fahrstuhls durch Elisha Grave Otis (Blackpooltower) im Jahr 1852. Zwar wäre es technisch gesehen bereits möglich gewesen, hohe Bauwerke zu errichten, die mehr als sechs Stockwerke hatten, doch hätte man für diese wohl kaum Mieter gefunden. Zuerst wurde in Mauermassenbau Höhe entwickelt (Sternwarte Kremsmünster 49m- 1. Hochhaus Europas 1748). Die Erfindung des Stahlskelettbaus war der nächste wichtige Schritt auf dem Weg zur Wolkenkratzer-Architektur. Massive Mauern wurden statisch immer weniger eingesetzt, bis hin zur kompletten Auflösung und nur noch reinen Ausfachung (Kippsicherung Parallelogramm) zwischen den Stahlstützen. Das erste Gebäude, das derart skelettartig gebaut wurde, war das Home Insurance Building in Chicago, erbaut im Jahr 1885. Mit 55 Metern Höhe und zehn Etagen war es das erste Stahlskelett-Hochhaus der Welt; für die Entwicklung des Wolkenkratzerbaus stellte es eine Revolution dar. Architekt war William Le Baron Jenney, der in Paris studiert hatte, er war die prägende Figur der frühen „Chicagoer Schule“ und auch Lehrer einiger der berühmtesten Architekten von Chicago – allen voran Sullivan, Root, Burnham, Holabird und Roche. Es ist eine Kombination aus Eisen-, Stahl- und in gewissen Teilen Mauerwerks- konstruktionen. Bei aller Modernität ist es ein erstes Zeugnis des im Kern evolutionären Ansatzes der Chicagoer Architektur – sowohl in Bezug auf seine synthetischen (tiefgreifender Änderungen im Grundbauplan) Eisen- Konstruktionsprinzipien als auch im Hinblick auf die klassische Fassadengliederung. Es wurde 1931 abgerissen. GESIMSE- ARCHITRAV SCHEINSÄULEN-PILASTER mit KAPITEL u.BASIS EISENSÄULEN im MAUERWERK od FREI Bild: Bauwelt.de, Michaela Eizenberger NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen EISENSÄULE NIETEN MARKISOLETTE FEUERSCHUTZ HARTHOLZBOHLEN TONZIEGELBLÖCKE zur AUSFACHUNG PUTZUMMANTELUNG: RABITZGEWEBE als PUTZTRÄGER Bild: Home Insurence Building VERKLEIDUNG EISEN-STATIK Bild: Skyscrapers- Reichen in die Zukunft, Marko Kocjancic NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Schlesinger and Mayer Store | 1899–1904 | Architekt: Louis H. Sullivan- der Architekt, der die „Chicagoer Schule“ wie kein anderer geprägt hat. Das Schlesinger and Mayer Store Hochhaus ist ein Spätwerke Sullivans. Sullivans bekannteste Bürohochhäuser wie das Wainright Building stehen nicht in Chicago, sondern in Buffalo bzw. St. Louis. Sigfried Giedion Architekturhistoriker u. Publizist schwärmte in „Raum Zeit Architektur“: der Bau sei „in seiner Ausdruckskraft unübertroffen“. Eine besondere Raffinesse war für ihn die ornamentale Linie der Terrakottaplatten unterhalb der Fenster: „zu dünn, um auf dem Photo sichtbar zu sein“, aber bedeutsam für die „horizontale Organisation“ der Form. EISENSÄULEN ANBAU Bild: Bauwelt.de, Simone Appolloni NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Das erste Österreichische Hochhaus (52m) entstand in Wien erst 1931 mit dem „Hochhaus Herrengasse“- der Wolkenkratzer der Junggesellen! Architekten: Theiss/ Jaksch; in Stahlbetonskelettbauweise ausgeführt – die Träger und Säulen sind hier aber zur Erhöhung der Sicherheit (Gefahr durch Feuer und Rost) mit Beton ummantelt. (Sternwarte Kremsmünster 1748 war noch ein reiner Massivbau mit 49m) Als Antithese zu den Volkswohnhäusern des sozialistischen Wien gedacht, zeichnete sich das Hochhaus durch eine geschickte Übernahme einer moderaten „Bauhaus-Ästhetik“ aus. Es kann somit getrost als ein Bauwerk der „Neuen Wiener Sachlichkeit“ bezeichnet werden. Sowohl der klar strukturierte Baukörper, der nur in den letzten Geschossen zurückgestaffelt wird, als auch der Verzicht auf jegliches Dekor und die schlichte, aber farblich abgesetzte Geschäftszone suggerieren eine weltläufige Modernität. Dem entsprachen auch die Wohnungstypen, welche auf die sich verändernde gesellschaftliche Situation Bezug nahmen und für Junggesellen oder „die berufstätige Frau“ konzipiert waren. Das war insofern geradezu revolutionär, als bis dahin Junggesell:innen beiderlei Geschlechts in möblierten Zimmern zur Untermiete wohnen mussten, überwacht und versorgt von (nicht zuletzt wegen des Straftatbestandes der Kuppelei) strengen Vermietern. Bild: hochhausherrengasse.at, Architekturzentrum Wien NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Lake Shore Drive Apartments | 1948–51 Federal Center, Architekt: Mies van der Rohe. Sein sicherlich wichtigstes und auch berühmtestes Bürohochhaus hat Mies van der Rohe nicht in Chicago, sondern mit dem Seagram Building in New York geschaffen. Mit den Gebäuden von Mies (Ausspruch: less is more) zog in Chicago wieder eine, dem Geist der ersten Schule (Arch Sullivan- form follows funktion) vergleichbare Aufbruchstimmung ein. Seine Inspiration bezieht er, bei aller proklamierten Modernität, aus den Motiven und Methodiken des Klassizismus. Sein „weniger“ müsste eigentlich nicht das Synonym für „mehr“ sondern für „dichter“, „kondensierter“, sein. less is more: weniger ist mehr! EISENSÄULEN Bild: Bauwelt.de, Romana Pourova NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen NIETEN VORORT TRAPEZBLECHDECKEN VERSCHMIEDET STÜTZENVERKLEIDUNG BRANDBESTÄNDIG HOHE VORFERTIGUN VORORT MONTAGE Bild: 860880lakeshoredrive.com Quelle: Bauwelt.de 860 Lake Shore Drive Trust“ Hausinhabung Hochhaus-Herrengasse 6-8/ 1010 Wien Empfohlene Literatur: Carl Condit, Chicago School of Architecture, Universität Chicago Press, Chicago u. London, 1964 Dupré, Judith & Smith, Adrian Skyscrapers (2. Auflage), Black Dog & Leventhal Publishers, Inc., New York (USA). Theodore Turak, William Le Baron Jenney: Ein Pionier der modernen Architektur, Ann Arbor, Michigan: UMI Research Press, 1986 NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN

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