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Wissenserwerb - Alexander Renkl PDF

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This document details knowledge acquisition, focusing on cognitive perspectives. It discusses different types of knowledge, such as declarative, procedural, and metacognitive knowledge. The text also explains how knowledge can be acquired through various learning methods and how schemas play a role in knowledge structures.

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3 Wissenserwerb Alexander Renkl 1.1  Wissenserwerb – Was wird da erworben? – 4 1.2  Was sind bedeutende theoretische Perspektiven? – 6 1.2.1  Perspektive des aktiven Tuns – 6 1.2.2  Perspektive der aktiven Informationsverarbeitung – 7 1.2.3  Perspektive der fokussierten Informationsverarbeitung...

3 Wissenserwerb Alexander Renkl 1.1  Wissenserwerb – Was wird da erworben? – 4 1.2  Was sind bedeutende theoretische Perspektiven? – 6 1.2.1  Perspektive des aktiven Tuns – 6 1.2.2  Perspektive der aktiven Informationsverarbeitung – 7 1.2.3  Perspektive der fokussierten Informationsverarbeitung – 11 1.2.4  Wahl der Perspektive: Implikationen zur Gestaltung von Lehr-LernArrangements – 12 1.3  Wie kann Wissen erworben werden? – Wichtige Lernformen – 13 1.3.1  Lernen aus Text – 13 1.3.2  Lernen aus Beispielen und Modellen – 15 1.3.3  Lernen durch Aufgabenbearbeiten – 16 1.3.4  Lernen durch Erkunden – 19 1.3.5  Lernen durch Gruppenarbeit – 20 Literatur – 21 © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 E. Wild und J. Möller (Hrsg.), Pädagogische Psychologie, https://doi.org/10.1007/978-3-662-61403-7_1 1 4 1 A. Renkl Der Erwerb von Wissen („knowledge acquisition“) ist wohl die wichtigste Zieldimension der meisten Bildungsprozesse. Wird im Kontext von Schule, Hochschule und Weiterbildung der Begriff „Lernen“ gebraucht, so bezieht er sich typischerweise auf Wissenserwerb. Insofern wird im Folgenden Lernen synonym mit Wissenserwerb gebraucht. Zu gelungenem Wissenserwerb trägt eine Vielzahl von Faktoren bei. Dieser Beitrag konzentriert sich auf das Was und Wie des Wissenserwerbs aus kognitiver Perspektive. Dabei werden nur die proximal am Wissenserwerb beteiligten Faktoren und Prozesse betrachtet. Für andere wichtige Faktoren, die hier nur am Rande oder gar nicht behandelt werden können, etwa Vorwissen und Intelligenz (7 Kap. 2), Selbststeuerung der Lernenden (7 Kap. 3), Motivation (7 Kap. 7 und 8) oder Unterricht (7 Kap. 4, 5 und 6), wird auf die entsprechenden Kapitel dieses Lehrbuchs verwiesen. Im Folgenden wird zunächst die Frage geklärt, welche Wissensarten in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung sind (7 Abschn. 1.1). In 7 Abschn. 1.2 werden drei grundlegende theoretische Perspektiven rekonstruiert und deren Implikationen für die Analyse und Förderung des Wissenserwerbs diskutiert. Wichtige Lernarten werden in 7 Abschn. 1.3 besprochen. Abschließend wird noch kurz das Verhältnis zwischen Lernprozessen und Instruktion (Unterricht, instruktionales Design von Lernmaterial und Lernumgebungen) erörtert (. Abb. 1.1).. Abb. 1.1 (Foto: Veit Mette, 7 www.veitmette.de) 1.1  Wissenserwerb – Was wird da erworben? In diesem Abschnitt soll näher auf den Begriff des Wissens eingegangen werden. Es werden die wichtigsten Wissensarten vorgestellt (zu umfassenden Systematiken siehe de Jong und Ferguson-Hessler 1996; Alexander et al. 1991). In einer ersten groben Einteilung können zwei Arten von Wissen unterschieden werden. Definition Deklaratives Wissen bezieht sich auf „Wissen, dass“. Dies kann sowohl einzelne Fakten umfassen (z. B. ein Geschichtsdatum, eine Grammatikregel) als auch komplexes Zusammenhangswissen (z. B. Verständnis der Wechselwirkung zwischen volkswirtschaftlichen Faktoren). Vielfach wird auch der Begriff des konzeptuellen Wissens verwendet, wenn deklaratives Wissen gemeint ist, welches tieferes Verständnis konstituiert. Prozedurales Wissen bezeichnet „Wissen, wie“, also etwas, das man in der deutschen Alltagssprache meist als Können bezeichnet. Beispiele für prozedurales Wissen, das in der Schule erworben werden soll, sind das Lösen von Aufgaben aus der Mathematik, der Physik oder der Chemie oder auch das Schreiben einer Erörterung in Deutsch. Es gibt zwar weitgehenden Konsens über die Unterscheidung zwischen 7 deklarativem und prozeduralem Wissen, gleichwohl wird die Grenze zwischen beiden Wissensarten unterschiedlich gezogen. In der prominenten ACT-Theorie von Anderson (aktuell: ACT-R; z. B. Anderson et al. 2004), auf die vielfach bei der Differenzierung dieser Wissensarten referenziert wird, wird prozedurales Wissen in der Form von mentalen Wenn-Dann-Produktionsregeln konzeptualisiert (7 Kap. 2). Der Wenn-Teil definiert eine Bedingung, deren Zutreffen eine im Dann-Teil beschriebene offene oder mentale Aktion aktiviert. Ein menschliches Können (prozedurales Wissen) nachbildendes System von solchen Bedingungs-Aktions-Paaren wird Produktionssystem genannt. Während deklaratives Wissen verbalisiert werden kann, wird in der ACT-Theorie angenommen, dass prozedurales Wissen nicht (direkt) verbalisierbar ist. Danach wäre beispielsweise eine verbale Beschreibung eines Lösungswegs in der Mathematik deklaratives Wissen, die Fertigkeit, es tatsächlich zu machen, wäre der prozedurale Aspekt. Andere Autoren (z. B. de Jong und ­Ferguson-Hessler 1996) bezeichnen auch das verbalisierbare Wissen über einen Lösungsweg als prozedurales Wissen. Ob dieser Unterschied in der genauen Grenzziehung zwischen den Wissensarten immer von substanzieller Relevanz ist (z. B. bei Überlegungen zur Förderung prozeduralen Wissens), mag dahingestellt sein. Bei der Diagnose der Wissensarten spielt es aber natürlich eine große Rolle, ob 5 Wissenserwerb verbalisiertes Vorgehenswissen indikativ für prozedurales Wissen ist oder eben nicht. Deklaratives und prozedurales Wissen kann sich auf fachliches (domänenspezifisches) Wissen beziehen (z. B. Wissen über den Satz des Pythagoras oder Berechnenkönnen von Dreieckswinkeln) oder auf Inhalte oder Vorgehensweisen (Strategien), die von fachübergreifender Relevanz sind. Beispielsweise sollten Schüler im Unterricht idealiter Lernstrategien erwerben (z. B. hilfreiche Visualisierungen erstellen können) oder lernen, angemessen zu argumentieren (z. B. nicht nur die eigene Position darzustellen, sondern auch auf Gegenargumente einzugehen). Solche Vorgehensweisen sind für mehrere Domänen bzw. Schulfächer – wenn auch nicht für alle in gleichem Ausmaß – relevant. Als weitere wichtige Art von Wissen, die es zu erwerben gilt, sei metakognitives Wissen genannt (Hasselhorn und Artelt 2018; Veenman et al. 2006). Definition Beim metakognitiven Wissen geht es um Wissen über Wissen bzw. um eng mit Wissen verbundene Phänomene (z. B. Wissen über Wissenserwerb, Wissen um den Sinn einer Lernstrategie oder das Planen des eigenen Vorgehens). Dabei können deklarative und prozedurale Aspekte unterschieden werden. Eine bekannte Einteilung deklarativen Metawissens stammt von Flavell (1979): Wissen über Personenmerkmale (z. B. „Bei Textaufgaben neige ich dazu, die Aufgabenstellung nur oberflächlich zu lesen“), Aufgaben („Wahrscheinlichkeitsaufgaben schauen oft leicht aus, aber sie haben es dann doch oft in sich“) und Strategien („Sich vor dem Lesen einen Überblick zu verschaffen, erleichtert es oft das Kommende einzuordnen“). Prozedurales metakognitives Wissen umfasst vor allem das Planen des eigenen Vorgehens, das Überwachen des eigenen Verständnisses bzw. der eigenen Problemlösungen und das „remediale“ Regulieren (wenn z. B. etwas noch nicht verstanden wurde oder eine Lösung selbst als ungenügend erkannt wurde). Zudem wird vielfach eine Art von metakognitivem Wissen untersucht, das sich auf die subjektive Auffassung darüber, was Wissen eigentlich ist, bezieht. Man spricht in diesem Zusammenhang von epistemologischen oder epistemischen Überzeugungen (z. B. Greene et al. 2016; 7 Kap. 2). Nach Kuhn (2005) sehen Lernende nur dann einen Sinn, sich mit komplexen Sachverhalten auseinanderzusetzen, zu denen es verschiedene Positionen gibt (z. B. Stammzellenforschung, Klimaerwärmung), wenn sie nicht mehr an „einfaches“ absolutes Wissen bzw. Wahrheiten glauben (Absolutismus) und auch nicht mehr alle Positionen als willkürliche Meinungen ansehen (Multiplismus; oft im Jugendalter anzutreffen). Sie sollten vielmehr die Überzeugung gewonnen haben, dass es zwar verschiedene (im Prinzip legitime) Positionen geben kann, diese aber unterschiedlich gut begründet sein können (Evaluatismus). In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass es beim Wissenserwerb nicht nur darauf ankommt, möglichst viel Wissen zu erwerben. Die Qualität des Wissens ist ebenfalls bedeutsam, wobei insbesondere der Grad der Vernetzung relevant ist. Dies soll an zwei Extrembeispielen verdeutlicht werden: Beispiel Ein Schüler A hat in der Wahrscheinlichkeitsrechnung die wichtigen Formeln auswendig gelernt (z. B. Multiplikationssatz) und kann ihm bekannte Aufgabentypen mithilfe dieser Formeln lösen. Wenn eine Aufgabe einen modifizierten Lösungsweg erfordert (z. B. Aufgabe „ohne Zurücklegen“, die zuvor noch nicht behandelt wurde), scheitert der Schüler. Ein Schüler B kann nicht nur den Multiplikationssatz wiedergeben, sondern hat auch verstanden, warum man multipliziert, wie sich die Lösungswege für bestimmte Typen von Aufgaben mit den zugrunde liegenden mathematischen Sätzen (z. B. Multiplikationssatz) begründen lassen, und welchen Zweck einzelne Lösungsschritte jeweils erreichen (d. h. prozedurales und konzeptuelles Wissen sind eng miteinander verknüpft). Bei modifizierten Aufgabenstellungen ist Schüler B nicht wie Schüler A darauf angewiesen, einen fertigen Lösungsweg bereits zu kennen. Er kann aufgrund seines Verständnisses ihm bekannte Lösungswege so modifizieren, dass selbst veränderte Aufgabenstellungen bewältigt werden können. Ziel des Wissenserwerbs ist also nicht nur der Erwerb einzelner Wissenselemente, sondern vor allem auch eine vernetzte Wissensstruktur. Ein wichtiges Konzept vernetzter Wissensstrukturen ist der Begriff 7 Schema. Definition Schemata beinhalten die Erfahrungen in bestimmten, wiederholt vorkommenden (Problem-)Situationen in abstrahierter Weise (z. B. Dreisatzaufgaben). Sie stellen skelettartige Wissensstrukturen dar, die mit den Spezifika einer aktuellen Problemsituation angereichert werden, wenn die Person einem passenden Problembzw. Situationstyp begegnet. Beispielsweise werden dann die abstrakten Variablen des Dreisatzes mit den konkreten Zahlen und Gegenständen einer Aufgabenstellung ausgefüllt. Die Einordnung eines Sachverhalts in ein Schema erlaubt, eine entsprechende Qualität des Schemas vorausgesetzt, Verständnis und Reproduktion (Erinnern) desselben. 1 6 1 A. Renkl. Tab. 1.1 Wichtige Lernziele, die bestimmten Wissensarten entsprechen, am Beispiel des Bereichs Schreiben im Deutschunterricht Lernziel Wissensart Kenntnis der Kommaregeln Domänenspezifisches deklaratives Wissen Sätze korrekt niederschreiben Domänenspezifisches prozedurales Wissen Wissen über argumentative Strukturen Domänenübergreifendes deklaratives Wissen Argumentieren Domänenübergreifendes prozedurales Wissen Wissen über den Nutzen von Planungsstrategien beim Schreiben Deklaratives metakognitives Wissen Überwachung der Rechtschreibung und der Grammatik in einem Aufsatz Prozedurales metakognitives Wissen Verallgemeinerte Vorstellung über Erörterungen und wie man diese verfasst, die die oben aufgelisteten Wissensarten umfassen kann Schema Schreiben als Mittel der Alltagsbewältigung erkennen und einsetzen können Kompetenz Darüber hinaus können Vorhersagen und Problemlösungen geleistet werden. In Schemata können deklaratives Wissen und prozedurales Wissen integriert sein. Die Expertiseforschung verdeutlicht dabei (Ericsson et al. 2006), dass für effektives Problemlösen eine hierarchische, durch Schemata geordnete Wissensstruktur von Bedeutung ist. Diese ermöglicht nicht nur eine handhabbare Organisation des Wissens, sondern erlaubt es auch, die Verbindungen zwischen episodischen, konkreten Sachverhalten einschließlich problemlöserelevanter Informationen (z. B. Wissen über geeignete Operatoren bei bestimmten Problemen) und abstrakteren Domänenprinzipien zu repräsentieren. Dies ist eine Voraussetzung für kompetentes, prinzipiengesteuertes Problemlösen (Alexander 1997). Um die Anwendungsqualität von Wissen geht es auch beim Begriff der Kompetenz, der insbesondere durch die von PISA (z. B. Deutsches PISA-Konsortium 2001; ­PISA-Konsortium Deutschland 2007) angestoßene Diskussion zur Bildungsqualität in deutschen Schulen und Hochschulen bedeutsame Beachtung erfährt (7 Kap. 15; siehe auch Klieme und Leutner 2006). Dieser stellt eine eher holistische, d. h. mehrere Wissensarten umfassende und auf die Funktionalität von Wissen bezogene Konzeption dar. Beispielsweise wird mathematische Kompetenz im Sinne einer mathematischen Grundfertigkeit verstanden, die sich auf die Fähigkeit bezieht, die Funktion von Mathematik in der Lebenswelt zu verstehen, fundierte mathematikbasierte Urteile abgeben zu können und Mathematik als Werkzeug im Alltags- oder Berufsleben nutzen zu können. Obwohl mit dem Kompetenzbegriff und dessen Betonung der Funktionalität von Wissen ein wichtiger und interessanter Ansatz in die wissenschaftliche Diskussion eingeführt wurde, mangelt es derzeit noch an einer umfassenden theoretischen und allgemein akzeptierten Konzeptualisierung des Kompetenzbegriffs (Renkl 2012). In. Tab. 1.1 findet sich eine Zusammenstellung der wichtigsten Wissensarten. Diese werden am Beispiel des Schreibens exemplifiziert. 1.2  Was sind bedeutende theoretische Perspektiven? Es gibt derzeit unterschiedliche Auffassungen darüber, wie Wissenserwerb abläuft und welche Prozesse besonders lernförderlich sind. Diese lassen sich drei prototypischen Positionen zuordnen: 5 Die Perspektive des aktiven Tuns misst vor allem aktivem Problemlösen und aktivem Diskurs eine besondere Bedeutung beim Erwerb von Wissen zu. 5 Bei der Perspektive der aktiven Informationsverarbeitung wird argumentiert, dass nicht unbedingt sichtbares aktives Tun ausschlaggebend ist, sondern die aktive mentale Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand. Diese beiden Perspektiven wurden von Mayer und Kollegen als grundlegende Orientierungen identifiziert (z. B. Robins und Mayer 1993). 5 Die Perspektive der fokussierten Informationsverarbeitung (Renkl 2011, 2015a) differenziert die Perspektive der aktiven Informationsverarbeitung insofern aus, als sie betont, dass nicht mentale Aktivität an sich zu gelungenem Wissenserwerb führt, sondern mentale Aktivität, die die zentralen Konzepte (z. B. Begriffe) und Prinzipien (z. B. Gesetze, mathematische Sätze) in einem Lernbereich fokussiert. Diese Perspektiven werden im Folgenden diskutiert. Dabei wird die Perspektive der aktiven Informationsverarbeitung am ausführlichsten dargestellt, da sie die derzeit dominante Orientierung ist. 1.2.1  Perspektive des aktiven Tuns Die Perspektive des aktiven Tuns betrachtet sichtbare, offene Lernaktivitäten als notwendige Bedingung gelungenen Wissenserwerbs. Ein klassisches Beispiel für diese Position ist das Modell des operanten Konditionierens von Skinner (1954). Dabei wird betont, dass Schüler Gelegenheit bekommen müssen, Verhalten zu zeigen, das, wenn 7 Wissenserwerb erwünscht, sogleich bekräftigt wird. Dies kann sehr gut über Lernmaschinen – in der Art moderner computerbasierter Drill-and-Pratice-Lernprogramme – erfolgen, in denen der Lernstoff in kleine Einheiten unterteilt und in Aufgaben „gegossen“ wird. Die Aufgaben sollten von den Lernenden zumeist richtig gelöst werden können, sodass korrektes Verhalten bekräftigt werden kann. Die Lernmaschinen erlauben zudem eine individuelle Anpassung des Lerntempos. Diese Perspektive mag veraltet anmuten, da in modernen instruktionalen („unterrichtlichen“) Ansätzen weniger die Einübung einzelner Antworten im Vordergrund steht, als vielmehr vernetzte, Verständnis konstituierende und Transfer erlaubende Wissensstrukturen. Es gibt allerdings auch moderne Versionen dieser Perspektive. Unter Schlagwörtern wie Konstruktivismus (im Sinne Piagets) oder Sozialkonstruktivismus (unter Bezug auf Vygotsky) gibt es eine Vielzahl von Ansätzen, die als Voraussetzung gelungenen Wissenserwerbs offenes Verhalten betonen, wie etwa Manipulieren von Lerngegenständen, gemeinsames Problemlösen oder aktive Teilnahme an fachlichem Diskurs (z. B. Stahl et al. 2014). Nach Barab et al. (2008) z. B. sind Konzepte keine für sich stehenden Entitäten im Kopf von Lernenden, sondern Werkzeuge, die immer mit Aktivitäten verbunden sind. Da Kognition damit an Aktivitäten in konkreten Situationen gebunden ist, spricht man hier auch von der Perspektive der situierten Kognition (Greeno 2006). Die Ablehnung der Annahme, dass Wissen („knowledge“) als etwas zu betrachten ist, das unabhängig von situativen Kontexten in den Köpfen abgespeichert ist, wird von Vertretern des Situiertheitsansatzes nicht zuletzt mit dem vielfach anzutreffenden Phänomen des „trägen Wissens“ begründet (Renkl 1996). Dieser Begriff kennzeichnet Wissen, das Lernende z. B. in Prüfungen wiedergeben können, das sie aber nicht verwenden, wenn es gilt, komplexe Probleme des Berufs- oder Alltagslebens zu lösen; es findet kein Transfer statt. Insofern wurde argumentiert, dass Wissen nicht eine Entität im Kopf ist, die in einem Kontext (z. B. Unterricht) erworben und dann in einem anderen Kontext (z. B. Arbeitsstelle) genutzt werden kann. Es wird vielmehr insofern als kontextgebunden angesehen, als es sich immer aus der Relation oder Interaktion zwischen einer Person und einer Situation konstituiert. Beispielsweise konstituiert sich Wissen beim Kooperieren mit anderen Lernenden, wobei die Art der Interaktion bestimmt, welches Wissen dabei entsteht. Aus dieser Wissensauffassung folgt, dass auch Kognition und Lernen als kontextgebunden bzw. situiert zu konzipieren ist. Wissen ist gleichsam in Aktivitätsmuster „eingebaut“, die zu bestimmten Situationen bzw. Kontexten passen. Um Wissen zu erwerben, müssen Lernende also aktiv an Diskursen und Problemlöseprozessen teilnehmen, um so die entsprechenden Aktivitätsmuster zu erwerben. Eine umfassende Diskussion der Vorzüge und Beschränkungen der situierten Perspektive kann hier aus Platzgründen nicht erfolgen (z. B. Renkl 2001). Es soll hier primär die Annahme, dass das aktive, offene Tun für ­ erfolgreiches Lernen ausschlaggebend ist, kritisch beleuchtet werden. Lernen ist letztendlich ein Prozess, der sich im Kopf (Gehirn) vollzieht. Vor diesem Hintergrund ist es problematisch, Kriterien darüber, ob effektives Lernen stattfindet, primär an offenen Aktivitäten festzumachen. Tut man dies dennoch, so entspricht dies vielfach der naiven Annahme einer 1:1-Korrepondenz zwischen äußerlich sichtbaren Lernaktivitäten und dem, was internal, also im Kopf der Lernenden passiert. Dass dem nicht so ist, zeigen beispielsweise die Befunde von Fischer und Mandl (2005) sowie Renkl (1997b): In kooperativen Lernarrangements, in denen ja auf der sozialen/offenen Ebene auf den ersten Blick für alle Vergleichbares passiert, können die Kooperationspartner dennoch sehr verschiedenartige Erfahrungen machen und unterschiedliches Wissen erwerben (dazu auch Weinberger et al. 2007). Es seien drei weitere Beispiele für empirische Befunde genannt, die eine eher kritische Sicht auf die Position des aktiven Tuns implizieren. Pauli und Lipowsky (2007) untersuchten die verbale Beteiligung der Schüler am Unterricht, welche man als prototypisches aktives Lernverhalten ansehen kann. Sie fanden nicht, dass aktive Schüler mehr lernen. Ein zweites Beispiel stammt von Renkl (1997b). Er fand, dass Lernen durch Lehren – vielfach ein „Paradebeispiel“ für aktives Lernen – die Lernenden in Stress versetzen und sie überfordern kann, wenn sie sich in einem Lernbereich noch in anfänglichen Lernstadien befinden. Diejenigen, die nach einer ersten Selbstlernphase den Stoff anderen erklärten, die dieselbe Selbstlernphase gerade hinter sich gebracht hatten, lernten sogar weniger als die Zuhörenden. Die vermeintlich passiven Zuhörenden erwarben also mehr Wissen. Das dritte Beispiel bezieht sich auf Befunde zu Lösungsbeispielen beim anfänglichen Erwerb kognitiver Fertigkeiten (z. B. Renkl 2014; 7 Abschn. 1.3.2). Es ist lernförderlicher, mehrere Lösungsbeispiele zu bearbeiten, statt bald (z. B. nach einem Beispiel) zum Bearbeiten von Aufgaben überzugehen. Dies gilt sogar dann, wenn das Lernen durch Aufgabenbearbeiten in „ausgefeilter“ Weise unterstützt wird (z. B. Schwonke et al. 2009). Das scheinbar passive Studium von Lösungsbeispielen ist also die bessere Alternative. Zugleich zeigen Untersuchungen, dass die mentalen Lernaktivitäten beim Beispielstudium von ganz entscheidender Bedeutung für den Lernerfolg sind (Renkl 2014; 7 Abschn. 1.3.2). Diese Art der Aktivität wird in der Perspektive der aktiven Informationsverarbeitung betont. 1.2.2  Perspektive der aktiven Informationsverarbeitung Die Perspektive der aktiven Verarbeitung ist mit den im vorstehenden Abschnitt genannten Befunden (z. B. Zuhören kann besser als Erklären sein) vereinbar. Es kommt nicht auf die offen sichtbare Aktivität an, sondern auf die mentale stoffbezogene Aktivität. Diese Position wird von den meisten kognitiv orientierten Lehr-Lern-Forschern 1 8 1 A. Renkl eingenommen (Robins und Mayer 1993; vgl. auch den Begriff der kognitiven Aktivierung; 7 Kap. 2). Auch hierbei liegt meist eine konstruktivistische Grundauffassung vor: Es wird nicht angenommen, dass den Lernenden das Wissen direkt vermittelt werden kann, vielmehr müssen sie aktiv Information interpretieren und daraus Wissen aufbauen. Es ist wichtig anzumerken, dass die Perspektiven der aktiven Informationsverarbeitung und des aktiven Tuns nicht immer zu unterschiedlichen Vorhersagen über effektiven Wissenserwerb kommen. Auch wenn man die aktive Informationsverarbeitung als für effektiven Wissenserwerb ausschlaggebend sieht, kann die Annahme gemacht werden, dass eine offene Aktivität (z. B. „Experimentieren“ mit der Simulation eines ökologischen Systems) sinnvoll ist. Eine Begründung dafür bestünde aber immer in der Annahme, dass man dadurch mentale Verarbeitungsprozesse, etwa des Hypothesenbildens und -testens, aktiviert. Zugleich wird aber die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass offene Aktivität der mentalen lernstoffbezogenen Aktivität abträglich sein kann – wie dies mit den Befunden zu Lösungsbeispielen und zum Lernen durch Zuhörer exemplarisch aufgezeigt wurde. Gedächtnisstrukturen und Wissenserwerb In der Perspektive der aktiven Informationsverarbeitung wird angenommen, dass die lernrelevante Informationsverarbeitung im Arbeitsgedächtnis (auch Arbeitsspeicher genannt) vollzogen wird. Dieser Speicher enthält das, was uns gerade bewusst ist, an was wir gerade denken (7 Exkurs „Was ist das Arbeitsgedächtnis?“). Dass dabei der Umfang an Informationen, die wir gleichzeitig beachten können, begrenzt ist, ist uns allen aus der Alltagserfahrung bekannt (wir können an einem Tisch z. B. nicht zwei komplexen Konversationen zugleich folgen). Die potenziell von außen ins Arbeitsgedächtnis kommenden Daten werden zunächst in einem Ultrakurzzeitgedächtnis im Millisekundenbereich festgehalten (neuronale Muster, die durch akustische oder optische Signale ausgelöst werden). Aus der Vielzahl der einströmenden Reize werden nur sehr wenige bewusst beachtet, indem sie in das Arbeitsgedächtnis aufgenommen und verarbeitet werden. Insofern eine konstruktivistische Grundauffassung eingenommen wird – was inzwischen der typische Fall ist –, ist dabei vor allem zu beachten, dass die ins Arbeitsgedächtnis aufgenommenen Daten erst dadurch zur Information werden, dass sie auf der Basis des Vorwissens des Einzelnen (aus dem Langzeitspeicher) interpretiert werden, ihnen also Bedeutung verliehen wird (Aamodt und Nygård 1995). Sehen sich beispielsweise ein Patient und ein Arzt eine Röntgenaufnahme vom Brustkorb an, so ist die Information, die im Arbeitsgedächtnis entsteht, jeweils deutlich verschieden. Der Patient „bestaunt“ seine Rippen – das trifft zumindest bei mir zu –, während der Arzt nach Anzeichen von Lungenerkrankungen sucht, die dem Laien völlig unbekannt sind (Lesgold et al. 1988). Die Interpretation des Wahrgenommenen bzw. die Information, die entsteht, ist also fundamental vom Vorwissen abhängig. Dies entspricht einer konstruktivistischen Kernannahme, nämlich dem Postulat, dass wir die Dinge nicht „so wie sie sind“ (was das auch immer sein mag) wahrnehmen, sondern dass wir sie immer interpretieren und damit erst mit Bedeutung belegen. Exkurs Was ist das Arbeitsgedächtnis? Wie das Arbeitsgedächtnis zu konzipieren ist, ist seit langer Zeit Gegenstand einer in der Gedächtnisforschung kontrovers geführten Debatte. Die klassische Auffassung, die meist in der Pädagogischen Psychologie zugrunde gelegt wird, nimmt einen „separaten“ Speicher an. Diese Auffassung ist eng mit dem Namen Baddeley verbunden, der dabei mehrere Subkomponenten annimmt, die jeweils der Speicherung von visueller, akustischer und episodischer Information sowie der exekutiven Kontrolle dienen (Baddeley 2007). Diese Auffassung wird immer wieder heftiger Kritik unterworfen und es werden als Alternative prozessorientierte Modelle vorschlagen. Beispielsweise nimmt Cowan (2000) keine temporäre Speicherung an, sondern er konzipiert das Arbeitsgedächtnis – etwas vereinfacht gesprochen – als den aktivierten Teil des Langzeitgedächtnisses, auf dem der Aufmerksamkeitsfokus liegt; dieser Fokus ist wiederum auf wenige Informationseinheiten beschränkt. Für die meisten Problemstellungen, mit denen sich die Pädagogische Psychologie beschäftigt, dürfte die Frage sekundär sein, wie genau die Kapazitätsgrenzen des Arbeitsgedächtnisses zustande kommen (zu prinzipiellen Schwierigkeiten der theoretischen Erklärung von Arbeitsgedächtnisphänomenen s. Cowan 2000). Für spezielle Problemstellungen kann es jedoch wichtig sein, dass die Pädagogische Psychologie den aktuellen Stand der Gedächtnisforschung berücksichtigt. Dies zeigen z. B. Rummer et al. (2008) im Zusammenhang mit der Erklärung des sog. Modalitätseffekts (Bild und gesprochener Text führen zu besserem Wissenserwerb als Bild und geschriebener Text) auf (7 Kap. 5). 9 Wissenserwerb Beispiel Die Ihnen möglicherweise ungewöhnlich erscheinende Annahme, dass Information nicht direkt in unser „Bewusstsein“ dringen kann, sondern die Information von den Wahrnehmenden jeweils erst in Abhängigkeit vom Vorwissen erzeugt wird, soll an einem plakativen Beispiel weiter erläutert werden. Denken Sie an Ihre letzte Vorlesungssitzung zurück. Sicherlich würden Sie zustimmen, dass Sie Informationen aus der Vorlesung ziehen konnten. Bedenken Sie aber, dass für die allermeisten Personen dieser Welt das in der Vorlesung mündlich Präsentierte keinerlei Informationswert gehabt hätte, da sie nicht Deutsch sprechen. Die meisten Personen hätten „akustische Signale“ in einer ihnen fremden Sprache wahrgenommen, die für sie keinerlei Bedeutung gehabt hätten. Sie selbst konnten aus der Vorlesung nur deshalb „Informationen ziehen“, da Sie des Deutschen mächtig sind und zudem weiteres sprachliches und fachbezogenes Vorwissen haben (auch ein deutscher Zweitklässler hätte von der Vorlesung wohl kaum etwas verstanden). Im Übrigen hätten – aus den genannten Gründen – auch die Schriftzeichen dieses Buchs für die allermeisten Personen keinerlei Bedeutung. Im Arbeitsspeicher sind also Informationen, die aus der aktiven Interpretation von einkommenden Daten entstehen. Daneben können wir Informationen aus unserem Langzeitgedächtnis in den Arbeitsspeicher holen: Wir erinnern uns an etwas. Diese beiden Prozesse – Interpretation und Gedächtnisabruf – sind vielfach eng verwoben. Wenn uns im Italienischkurs eine Vergangenheitsregel an eine analoge Regel im Französischen erinnert, dann rufen wir zum einen Gedächtnisinhalte ab, zum anderen hilft dies uns die italienische Regel zu verstehen (sinnvoll zu interpretieren; 7 Exkurs „Cognitive-Load-Theorie“). Die Interpretation von einkommenden Daten hilft aber nicht nur dargebotenen Texten, mündlichen Erklärungen oder Schaubildern Sinn zu verleihen, sie hilft auch, trotz der engen Kapazitätsgrenzen des Arbeitsgedächtnisses mit komplexem Stoff und dessen Verarbeitung z­urechtzukommen. Wenn wir unser Vorwissen nutzen, können wir – etwas vereinfacht gesprochen – aus vielen Informationseinheiten eine einzige machen („Chunking“). Schüler müssen z. B. beim Lesen unbekannter Wörter, diese aus Einzelbuchstaben oder -silben zusammensetzten. Mit der Zeit werden sie als eine Einheit erkannt. Ein weiteres Beispiel ist, dass Nicht-Schachspieler in einer Schachstellung nur eine Ansammlung einzelner Figuren sehen; sie können sich die Stellung auch nur so merken. Schachexperten fassen Figurengruppen zu einzelnen sinnvollen Einheiten zusammen; sie können quasi in größeren Einheiten denken (Chi 1978; Gruber et al. 1994). Das sinnvolle Zusammenfassen von Einzelheiten zu einer umfassenden Informationseinheit („Chunk“), für das im Übrigen insbesondere komplexe Schemata hilfreich sein können (7 Abschn. 1.1), ist deshalb so bedeutsam, da im Arbeitsgedächtnis nur wenige Informationseinheiten gehalten und verarbeitet werden können. Wenn komplexe Informationsverarbeitung gefordert ist, mögen nur zwei, drei oder vier Informationseinheiten zugleich gehalten werden können (z. B. Cowan 2000). Je umfassender nun einzelne Informationseinheiten sind – wie dies etwa bei den Schachexperten und den Schachstellungen der Fall ist –, desto mehr Gesamtinformation kann im Arbeitsgedächtnis gehalten und verarbeitet werden. Aus der Perspektive der aktiven Informationsverarbeitung wird Wissen im Langzeitgedächtnis abgelegt. Eine Annahme ist dabei, dass Wissen im Langzeitspeicher eine überdauernde, wenngleich unter Umständen schwache Spur hinterlässt. Das „Vergessen“ von Information, die schon mal gewusst wurde, ist damit primär ein Problem des ­Nicht-mehr-Auffindens (ähnlich wie bei einem in einer Bibliothek verstellten Buch). Damit auf bestimmtes Wissen wieder zugegriffen werden kann, sollte es möglichst mit zahlreichen anderen Wissenselementen in Verbindung stehen. Damit ergeben sich viele „Zugangswege“ zu diesem Wissen. Lernen bedeutet letztendlich, Informationen mit bereits vorhandenen Wissenselementen zu vernetzen (Elaboration), und seien sie ebenfalls erst kürzlich konstruiert worden. Man könnte auch sagen, Lernen ist Andocken neuer Information an das Vorwissen. Lernen ist insofern ein konstruktiver Prozess, als die Verbindungen zwischen dem Neuen und dem Alten hergestellt (konstruiert) werden müssen. 1 10 1 A. Renkl Exkurs Cognitive-Load-Theorie Die 7 Cognitive-Load-Theorie von Sweller und Kollegen ist die zurzeit wohl bekannteste Theorie zum Wissenserwerb, die die Struktur des Arbeitsgedächtnisses ins Zentrum stellt (Paas et al. 2003; Sweller et al. 2011). Die grundlegende Annahme ist dabei, dass der Wissenserwerb in vielen Lernsituationen dadurch beeinträchtigt wird, dass das Arbeitsgedächtnis unnötig belastet wird (z. B. Lernende haben Probleme, eine Abbildung und deren Details dem entsprechenden Textinhalten zuzuordnen; „Split-Attention“-Effekt). Die unnötige Belastung wird als extrinsisch („extraneous“) bezeichnet. Daneben ist die Belastung des Arbeitsgedächtnisses durch die Stoffkomplexität (z. B. komplexe ökologische Zusammenhänge) zu beachten. Wenn Lernende mehrere Aspekte gleichzeitig beachten müssen, wird von hoher intrinsischer Belastung gesprochen („intrinsic load“). Diese Belastung ist natürlich immer auch vom Vorwissen der Lernenden abhängig: Was für einen Laien komplex ist, mag für Experten, die mithilfe ihrer gut entwickelten Schemata Einzelinformationen zu größeren Prozesse des Wissenserwerbs Im Verlauf eines Lernprozesses wird Information im Langzeitspeicher abgelegt, sie wird zu Wissen (Aamodt und Nygård 1995). Der eigentliche Lernprozess findet aber im Arbeitsgedächtnis statt. Im Folgenden wird eine Taxonomie lernbezogener Funktionen der Informationsverarbeitung im Arbeitsgedächtnis vorgestellt (Renkl 2008b; auch Weinstein und Mayer 1986). Für effektiven Wissenserwerb sollen die Informationsverarbeitungsprozesse im Arbeitsgedächtnis insbesondere die folgenden Funktionen erfüllen: 5 Interpretieren 5 Selegieren 5 Organisieren 5 Elaborieren 5 Stärken 5 Generieren 5 metakognitives Planen, Überwachen und Regulieren. Interpretieren Wie bereits erwähnt, nehmen wir aus konstruktivistischer Sicht Dinge nicht einfach wahr, sondern wir interpretieren einkommende Daten. Erst so entsteht Information. Die Art der Interpretation ist vom Vorwissen und dessen Aktivierung abhängig. Um auf ein bereits genanntes Beispiel zurückzukommen: Ob man auf einem Röntgenbild überhaupt Zeichen einer bestimmten Erkrankung sehen kann, hängt vom medizinischen Fachwissen ab. Die Qualität der Interpretation einer Problemstellung (Problemrepräsentation) ist in vielen Fällen für weitere Lern- und Problemlöseprozesse entscheidend. So können Schüler Textaufgaben als zu verstehende und durch plausible Schlussfolgerungen zu ergänzende kurze Geschichte auffassen oder als „Übung“, bei der es einfach nur gilt, die Zahlen herauszusuchen und eine naheliegende Rechenoperation mit ihnen durchzuführen (Verschaffel et al. 2000). Zu beachten ist dabei, dass relevantes Vorwissen, das helfen würde, einkommende Daten mit Bedeutung zu versehen, nicht immer automatisch aktiviert Einheiten zusammenfassen können, eine geringe Komplexität aufweisen. Insbesondere die Kombination aus hoher intrinsischer und extrinsischer Belastung kann zu einer kognitiven Überforderung („overload“) führen, die den Wissenserwerb beeinträchtigt oder gar unmöglich macht. Die Relevanz der mentalen Aktivitäten der Lernenden kommt insbesondere im Konstrukt der lernbezogenen Belastung („germane load“) zum Ausdruck. Diese Belastungsart beschreibt die Arbeitsgedächtnisbelastung, die aus Wissenskonstruktionsprozessen resultiert. wird. Dies muss vielmehr oft absichtsvoll und insofern strategisch erfolgen oder von außen, etwa von einem Lehrer, angestoßen werden (Krause und Stark 2006). Selegieren Lernende sollten aus den zahlreichen auf unsere Sinnesorgane einströmenden Reizen die wichtigsten selegieren, um sie im Arbeitsgedächtnis weiter zu verarbeiten. Beispielsweise beinhaltet effektiver Wissenserwerb, dass aus einer Pro-und-Contra-Diskussion die zentralen Argumente beachtet werden und nicht etwa die „komische“ Ausdrucksweise eines Diskussionsteilnehmers. Organisieren Lernende sollten sich die Zusammenhänge zwischen einzelnen Informationen bewusst machen und bestimmen, was über- und untergeordnete Punkte oder Hauptpunkte sind (z. B. Identifizieren der zentralen Aussage eines Textabschnittes). Unterstreichen von Hauptaussagen oder das Anfertigen von Schaubildern sind Aktivitäten, die der Funktion der Organisation dienen. Elaborieren Diese Funktion bezieht sich darauf, dass neue Information mit vorhandenem Vorwissen in Verbindung gebracht, in dieses integriert wird. Dabei kann die neue Information sowohl mit bereits vorhandenem fachlichem Wissen als auch mit abgespeicherten Erfahrungen aus der Alltagswelt erfolgen (z. B. ein Schüler bezieht Wissen aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung auf seine Erfahrungen mit Würfelspielen). Folgende typische Lernaktivitäten erfüllen diese Funktion: sich ein eigenes Beispiel überlegen, Analogien ziehen, etwas in eigene Worte fassen oder etwas kritisch vor dem Hintergrund des eigenen Vorwissens bewerten. Stärken Wiederholungen – gleich, ob im Kontext eines „einfachen“ Wiederholens (z. B. nochmaliges Lesen) oder im Kontext anspruchsvollerer Lernaktivitäten, in denen bestimmte Inhalte immer wieder vorkommen – können Gedächtnisinhalte und deren Assoziationen zu anderen 11 Wissenserwerb Gedächtnisinhalten stärken. Man kann dadurch die Verfügbarkeit bestimmten deklarativen Wissens erhöhen. Zu beachten ist dabei, dass die Stärkung von Gedächtnisinhalten am besten durch ein Abruftraining gelingt (Testing-Effekt); dabei sollte der Gedächtnisabruf idealiter mit Mühe verbunden, aber dennoch erfolgreich sein (z. B. Rowland 2014). Ebenso kann die wiederholte Ausführung prozeduralen Wissens bedeutsame Lerneffekte nach sich ziehen. Zum einen kann eine wiederholte Ausführung deren Durchführung überflüssig machen, da das Endergebnis als deklaratives Wissen aus dem Gedächtnis abgerufen werden kann. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Erstklässler immer wieder „4+3“ über verschiedene Strategien des Fingerzählens bestimmen. Sie werden mit der Zeit direkt „7“ als Lösung aus dem Gedächtnis abrufen können (Siegler und Jenkins 1989). Zum anderen können durch die Ausführung von Fertigkeiten spezialisierte Produktionsregeln generiert werden und es können sich damit automatisierte Routinen bilden. Die Ausführung einer Fertigkeit nimmt damit weniger Aufmerksamkeitsressourcen in Anspruch und erfolgt schneller. Generieren Lernende „schaffen“ neue Information bzw. Wissen. Beim entdeckenden oder erforschenden („inquiry“) Lernen (z. B. Loyens und Rikers 2017) steht diese Funktion im Vordergrund. Die Lernenden sollen beim Erkunden und Erforschen eines Gegenstandsbereichs Schlussfolgerungen (Inferenzen) ziehen und damit Wissen generieren. Aber auch bei „rezeptiven“ Lernformen, etwa beim Lesen, erfordert ein wirkliches Textverstehen und Lernen immer auch Inferenzen (Schlüsse) auf der Basis von Textvorlagen und Vorwissen (z. B. Kintsch und Kintsch 1996). Ein für den Wissenserwerb sehr wichtiger generativer Aspekt ist die Konstruktion abstrahierter Wissensstrukturen, z. B. wenn aus mehreren Beispielen zu einem bestimmten Problemtyp ein Schema für eben diesen Typ konstruiert wird. Metakognitives Planen, Überwachen und Regulieren Die vorgenannten kognitiven Funktionen beziehen sich mehr oder weniger direkt auf den Erwerb oder die Stärkung deklarativen oder prozeduralen Wissens. Metakognitionen betreffen hingegen, wie bereits erwähnt, die Steuerung und Überwachung der kognitiven Prozesse. Während die Ausführungen in 7 Abschn. 1.1 darauf fokussiert waren, dass Lernende metakognitives Wissen erwerben sollen (als Lernziel), geht es hier um dessen Einsatz in einer aktuellen Lernsituation. Idealiter planen Lernende ihr Vorgehen beim Lernen oder beim Bearbeiten von Lernaufgaben; sie fragen sich selbst, ob sie den Stoff korrekt verstanden haben (überwachen) und ergreifen ggf. Maßnahmen, um Verständnislücken oder Schwierigkeiten bei einer Problembearbeitung zu überwinden (remediales Regulieren). An der vorstehenden Nennung wichtiger Prozesse des Wissenserwerbs ist zu beachten, dass hier bewusst nicht, wie sonst in diesem Zusammenhang üblich, von Lernstrategien oder Lernaktivitäten (Mandl und Friedrich 2006), sondern eben von Funktionen gesprochen wurde. Dies ist insofern bedeutsam, als bei der üblichen Einteilung von Lernstrategien das Problem der eindeutigen Zuordnung entsteht: Wenn ein Lernender sich ein eigenes Beispiel für etwas überlegt, um zu sehen, ob er einen Sachverhalt auch richtig verstanden hat, dann ist nicht klar, ob man dieses Vorgehen als Elaborationsoder als Metakognitionsstrategie bezeichnen soll. Wenn jemand versucht, den Hauptpunkt einer Darstellung in eigenen Worten zu formulieren, handelt es sich dann um eine Elaborations- oder Organisationsstrategie? Dieses Problem ergibt sich nicht, wenn man von Funktionen spricht. Eine Lernstrategie kann eben verschiedene Funktionen erfüllen. Zusammenfassend betont die Perspektive der aktiven Informationsverarbeitung, dass für effektives Lernen Wissenskonstruktionsprozesse im Arbeitsgedächtnis stattfinden müssen. Eingehende Daten sollten aktiv mithilfe des Vorwissens interpretiert, selegiert, organisiert und elaboriert werden. Wichtige weitere Lernprozesse beziehen sich auf die Stärkung des Wissens, das Generieren neuer Information und die metakognitive Steuerung des Lernens. Derartige Prozesse können – müssen aber nicht – durch offene Lernaktivitäten, wie sie die Perspektive des aktiven Tuns betont, angeregt werden. Eine kritische Frage, die hier gestellt werden kann, ist, ob ein Mehr an lernstoff- bzw. lernmaterialbezogenen Aktivitäten immer besser ist. Dies wird im nächsten Abschnitt diskutiert. 1.2.3  Perspektive der fokussierten Informationsverarbeitung Die Perspektive der fokussierten Informationsverarbeitung widerspricht der Perspektive der aktiven Informationsverarbeitung nicht grundsätzlich, sondern baut auf ihr auf und differenziert sie. Der basale Unterschied besteht darin, dass die in diesem Abschnitt vorgestellte Auffassung postuliert, dass Lernende nicht nur den Lernstoff und die Lernmaterialen aktiv verarbeiten, sondern vor allem auf die zentralen Konzepte und Prinzipien fokussieren sollen (Renkl 2011, 2015a). Warum dies ein relevanter Unterschied ist, soll im Folgenden anhand von vier Beispielen aufgezeigt werden. Bei computerbasierten Lernumgebungen wird Interaktivität – die Möglichkeit, dass Lernende aktiv Eingaben machen oder eine Auswahl treffen können und die Lernumgebung darauf reagiert – vielfach als ein wichtiges Kriterium gesehen, das Lernen fördert (z. B. Renkl und Atkinson 2007). Neben Begründungen, die aus einer Perspektive des aktiven Tuns heraus erfolgen, wird Interaktivität meist als ein Mittel gesehen, die kognitive Aktivität der Lernenden anzuregen (Perspektive der aktiven Informationsverarbeitung). So schreiben Moreno und Mayer (2007, S. 312) „we are interested in whether interactivity is a feature that can be used to promote deep cognitive processing in the learner … Deep learning 1 12 1 A. Renkl depends on cognitive activity“. Es zeigt sich empirisch jedoch, dass Interaktivität, auch wenn sie auf aktive Informationsverarbeitung abzielt, vielfach nicht den Lernerfolg fördert. Einen in dieser Hinsicht interessanten Befund fanden Berthold und Renkl (2009). Sie setzten eine computerbasierte Lernumgebung ein, die u. a. Lösungsbeispiele mit zwei Lösungswegen (Wahrscheinlichkeitsrechnung) darbot. Als interaktives Element wurden einem Teil der Lernenden anspruchsvolle Leitfragen gestellt (sog. „Selbsterklärungs-Prompts“). Diese führen nicht nur zu mehr Aussagen über wahrscheinlichkeitstheoretische Prinzipien, die konzeptuell damit auch besser verstanden wurden, sondern teils auch zu falschen Aussagen, die zu vermindertem prozeduralen Wissenserwerb führten. Die Leitfragen führten also zu vermehrter aktiver Stoffverarbeitung, hatten aber im Endeffekt negative Folgen für das „Wissen, wie“. Als zweites Beispiel sollen fehlpriorisierte Konzepte (z. B. Otieno et al. 2014) dienen. Mandl et al. (1993) fanden beispielsweise, dass Auszubildende einer kaufmännischen Berufsschule fehlpriorisierte Konzepte erwerben können, d. h., sie weisen bestimmten Aspekten des Lernstoffes eine viel höhere Bedeutung als angemessen zu. Im vorliegenden Fall arbeiteten die Lernenden mit einer computerbasierten Simulation einer Jeans-Fabrik, um sich zunächst ökonomische Zusammenhänge zu verdeutlichen und dann das erworbene Wissen anzuwenden, um den Gewinn der Fabrik zu maximieren. Viele Lernende richteten ihr Augenmerk in dieser Lernumgebung vor allem darauf, ja nicht zu viele Bestände anzuhäufen und ihr Lager möglichst leer zu halten; andere Aspekte, etwa was die Konkurrenz am Markt macht oder ob man weitere Werbemaßnahmen treffen sollte, wurden kaum mehr beachtet. Am Ende waren diese Lernenden auch nicht gut darin, den Gewinn zu maximieren. Das suboptimale Lernen lag nicht an der fehlenden aktiven Verarbeitung, sondern an einer suboptimalen Verteilung des Fokus. Ein drittes Beispiel sind verführerische Details, die in Texte oftmals integriert werden, damit die Leser interessiert werden und den Text aktiv verarbeiten (Garner et al. 1989). Sie werden aber deshalb als verführerisch bezeichnet, da die Leser sie zwar als hoch interessant einstufen, sie aber unwichtig sind und nicht in direktem Bezug zu den Hauptideen des Textes stehen. Tatsächlich haben solche verführerischen Details meist negative Effekte auf den Lernerfolg, etwa im Sinne der Identifizierung der Hauptideen eines Textes (z. B. Eitel und Kühl 2019). Auch dies ist ein Fall, in dem Lernstoff einschließlich randständiger Aspekte, aber nicht die zentralen Konzepte und Prinzipien tief verarbeitet werden. Dies ist letztendlich dem Lernen abträglich. Das vierte Beispiel ist ein „Positivbeispiel“, bei dem eine vorausgehende Fokussierung der Aufmerksamkeit der Lernenden produktive Auswirkungen hat. Schmidt et al. (1989) gaben Kleingruppen von Schülern das Problem zur Diskussion, dass eine Blutzelle in reines Wasser e­ ingetaucht anschwillt und dann zerplatzt, während eine Blutzelle in Salzwasser schrumpft. Zunächst sollten die Schüler versuchen, dies zu erklären. Diese Diskussion erhöhte den Lernerfolg aus einem nachfolgenden Lehrtext über Osmose in bedeutsamer Weise. Interessanterweise profitierten gerade auch Lernende mit weniger Vorwissen, die zum Teil vor dem Textlesen falsche Erklärungen gaben, von der Fokussierung durch die vorausgehende Diskussion. Dieses Beispiel zeigt, dass eine zunächst unfokussierte Aktivierung durchaus sinnvoll sein kann, aber nur wenn sie einen sinnvollen Fokus für die Hauptphase des Lernens (hier: Textlesen) induziert (siehe auch Glogger-Frey et al. 2017). Zusammengefasst besagt die Perspektive der fokussierten Verarbeitung, dass man Lernprozesse in ihrer Aktivität nicht allein danach beurteilen kann, ob eine mehr oder weniger aktive Verarbeitung des Lernstoffes und der Lernmaterialien erfolgt. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass die zentralen Konzepte und Prinzipien fokussiert und in korrekter Weise erworben werden. 1.2.4  Wahl der Perspektive: Implikationen zur Gestaltung von Lehr-Lern-Arrangements Welche der drei diskutierten Perspektiven zum Wissenserwerb am angemessensten ist, mag zunächst als akademische Frage anmuten. Die vorstehend berichteten Befunde dürften aber aufgezeigt haben, dass die grundlegende Auffassung Konsequenzen dafür hat, wie man Lehr-Lern-Umgebungen gestaltet: Setzt man auf Problemlösen oder auf Beispiele bei anfänglichem Fertigkeitserwerb (aktives Tun oder aktive Verarbeitung)? Versucht man die Lernenden z. B. durch computerbasierte Simulationen zum Nachdenken über wirtschaftliche Zusammenhänge anzuregen oder muss man ihre Aufmerksamkeit auf die wichtigen Aspekte lenken (aktive Informationsverarbeitung versus fokussierte Verarbeitung)? Vor dem Hintergrund, dass hier die Perspektive der fokussierten Verarbeitung als am erklärungsmächtigsten angesehen wird, ist es problematisch, dass nicht nur in der wissenschaftlichen Diskussion, sondern auch in der breiten „Bildungsöffentlichkeit“ (z. B. Lehrer, Dozenten, Bildungspolitiker) insbesondere Begriffe wie „aktives Lernen“ betont werden und „aktiv“ in Zusammenhang mit Lernen als besonders wichtig erachtet wird (zu dem entsprechenden Dogma s. Renkl 2008b). Aus dieser Einstellung heraus kann man jedoch, wie im vorstehenden Abschnitt aufgezeigt, suboptimale Entscheidungen bei der Gestaltung von ­Lehr-Lern-Arrangements treffen. Als Fazit kann festgehalten werden, dass die grundlegende theoretische Perspektive wichtige Implikationen hat, wie Unterricht bzw. Lehr-Lern-Arrangements gestaltet werden. Es wird dafür plädiert, künftig explizit die Perspektive der fokussierten Verarbeitung einzunehmen. 13 Wissenserwerb 1.3  Wie kann Wissen erworben werden? – Wichtige Lernformen 1.3.1  Lernen aus Text Sei es im traditionellen Schulunterricht (z. B. Schüler lesen im Biologiebuch), sei es in einem projektorientierten Seminar im Studium (z. B. Studierende lesen etwas in einem Buch aus der Bibliothek nach) oder sei es beim autodidaktischen Lernen (z. B. jemand liest einen Artikel aus dem Internet) – man könnte hier sicherlich noch viele weitere Lehr-Lern-Arrangements aufführen –, das Lernen aus Texten spielt immer eine bedeutsame Rolle. Zudem kann man eine Vorlesung als Text ansehen, sodass Grundlegendes zum Lernen aus schriftlichen Texten auch für mündlich Präsentiertes gilt. Insofern kommt dieser Lernart sicherlich eine besondere Bedeutung zu. Die Inhalte eines Textes können von den Lernenden auf unterschiedlichen Ebenen repräsentiert werden. Die drei wichtigsten Ebenen sind (van Dijk und Kintsch 1983) die 5 der Textoberfläche, 5 der Textbasis und 5 des Situationsmodells. Definition Die Textoberfläche bezieht sich auf die sprachlichen Details, d. h. auf das wörtliche „Abbild“. Wenn Lernende einen Text (z. B. volkswirtschaftliche Zusammenhänge) lesen, um einen Gegenstandsbereich zu verstehen, wird in der Regel allerdings keine wörtliche Repräsentation angestrebt. Die Textbasis beinhaltet die gegebenen Textaussagen – unabhängig davon, ob etwas z. B. in einem Passivoder Aktivsatz gesagt wurde, eins von zwei möglichen Synonymen verwendet wurde etc. Das eigentliche (tiefere) Verstehen des Textes, das z. B. Implikationen des Gesagten umfassen kann, wird im Situationsmodell repräsentiert. Im Folgenden werden die drei Ebenen näher beschrieben. Textoberfläche Die Textoberfläche ist meist nicht das Lernziel, wenn es um Verstehen geht. Es ist dann von untergeordneter Bedeutung, mit welchen spezifischen Formulierungen ein Sachverhalt ausgedrückt wird. Auch im Alltag merken wir uns nicht die Textoberfläche, wenn wir z. B. einen Zeitungsartikel lesen, sondern „lediglich“ die (Kern-)Aussagen und ggf. weiterführende Gedanken, die uns dabei in den Sinn kommen (Ausnahme: Ein Lernender versteht den Prüfungstext nicht und hofft mit wörtlicher Wiedergabe einzelner Passagen in der Prüfung durchzukommen). Dennoch gibt es Situationen, in denen ein Erlernen der Textoberfläche das primäre Lernziel ist, etwa wenn man ein klassisches Gedicht, ein griffiges Zitat oder den Text einer Schauspielrolle auswendig lernen will. Gleichwohl ist die Textoberfläche in den meisten Lehr-Lern-Situationen von untergeordneter Bedeutung. Textbasis Die Textbasis beinhaltet die Aussagen, die die Leser in einem ersten Schritt aus einem Text entnehmen sollen. Diese von der konkreten Formulierung unabhängig zu denkenden Aussagen werden Propositionen genannt. Beispielsweise enthalten die beiden Sätze „Deutschland griff Polen an“ und „Polen wurde vom Deutschen Reich angegriffen“ dieselbe Proposition. Verschiedene Propositionen können nun in einem Netzwerk organisiert werden, wenn sie sich überlappen, so etwa bei den Sätzen „Hitler verfolgte eine sog. Endlösung der Judenfrage. Er wollte alle Juden vernichten“. „Er“ und „Hitler“ überlagern sich beispielsweise in den vorstehenden Sätzen. Dabei wird klar, dass Lesen eine aktiv-konstruktive Tätigkeit ist, da die Lernenden den Zusammenhang zwischen „Er“ und „Hitler“ herstellen müssen (auch wenn dies in diesem Beispiel recht einfach ist). Diese Art der lokalen Kohärenzbildung gelingt den Lernenden zumeist weitgehend automatisch. Die globale Kohärenzbildung, also eine sinnvolle Organisation der einzelnen Textaussagen, die es etwa erlaubt den „roten Faden“ einer komplexen Argumentation nachzuvollziehen, gelingt Lernenden hingegen nicht immer. Dies kann am wenig leserfreundlichen Text liegen, an der geringen Motivation der Lernenden oder an ihrem unzureichenden Vorwissen (Schnotz 2010). Die globale Kohärenzbildung beinhaltet typischerweise die Konstruktion von sog. Makropropositionen, die umgangssprachlich den Kern von Textabschnitten repräsentieren. Sie werden aus den Einzelpropositionen „verdichtet“ durch a. Auslassung unwichtiger Propositionen, b. Verallgemeinerung von Einzelpropositionen auf einem höheren Abstraktionsgrad (beispielsweise wird statt einer detaillierten Beschreibung von Gegenständen eines Vertrages zur Beendigung eines Krieges repräsentiert, dass zwei Staaten einen Friedensvertrag abgeschlossen haben) oder c. Konstruktion einer neuen Proposition für eine Kette von Propositionen (das Ausdehnen und Zusammenziehen des Herzmuskels wird als Pumpen repräsentiert). Bei der vorstehenden Darstellung der Prozesse des Verstehens von Texten wird bereits klar, dass ein gutes Textverständnis über die direkt im Text explizierten Propositionen hinausgeht und erfordert, dass Leser ihr Vorwissen nutzen, um aktiv weitergehende Informationselemente zu konstruieren. Dies ist notwendig, da Texte nie vollständig das explizieren, was man, wenn man den Text gut verstanden hat, intern repräsentiert. Warum tun sie das nicht? Texte würden ansonsten so lang, dass sie kaum mehr lesbar wären und für die meisten Leser viele „Trivialitäten“ beinhalten würden, die das Lesen des Textes 1 14 1 A. Renkl nicht nur langweilig, sondern auch ineffizient machen würden (vgl. den lernabträglichen Redundanzeffekt der ­Cognitive-Load-Theorie; Sweller et al. 2011). Situationsmodell Van Dijk und Kintsch (1983) bezeichnen eine substanziell mit Vorwissen angereicherte, reichhaltige Repräsentation eines Textes als Situationsmodell. Kintsch und Kintsch (1996) sprechen sogar erst dann von bedeutungshaltigem Lernen („deep learning“), wenn ein Situationsmodell aufgebaut wird. Dieses entspricht einer ganzheitlichen Repräsentation des Textes, die über den propositionalen Gehalt hinausgeht und z. B. auch Vorstellungsbilder (also „Analoges“) beinhaltet. Beispiel Um den Unterschied zwischen einer „nur“ propositionalen Repräsen0tation und einem Situationsmodel in einer Lernsituation zu verdeutlichen, sei die folgende Textaufgabe angeführt: „Die beste 100-Meter-Zeit von Hans beträgt 13,0 Sekunden. Wie lange braucht er für 1000 Meter?“ Viele Schüler lösen diese Aufgabe schnell und „subjektiv problemlos“: „130 Sekunden“ (Verschaffel et al. 2000). Diese Antwort dürfte vielfach darauf zurückgehen, dass nur der propositionale Gehalt repräsentiert wurde und dann eine passende Rechenoperation gesucht wurde. Würden Schüler jedoch auf ihr Vorwissen zurückgreifen und ein Situationsmodell aufbauen, würde ihnen schnell klar werden, dass man nicht immer Bestzeit läuft und vor allem, dass Hans sein 100-m-Tempo nicht 10-mal hintereinander durchhalten kann. Sie würden dann die Aufgabe nicht so „sinnentleert“ lösen. Ein anderes Beispiel wäre die folgende Schlagzeile: „Usain Bolt mit 9,69 Sekunden Olympiasieger“. Stellen Sie sich eine Person vor, die sich nicht für Sport interessiert; diese mag der Schlagzeile nur die direkt gegebene propositionale Bedeutung entnehmen können, sie hat aber nicht viel verstanden (u. a. bleiben die Disziplin und die Einordnung der Zeit unklar). Eine sportinteressierte Person kann eine situationale Repräsentation des (kurzen) Textes aufbauen, die vergleichsweise reichhaltig sein kann, nämlich wer von den ihr bekannten Sprintern den 100-m-Lauf gewonnen hat, ob dies der Favorit war, dass Jamaika damit eine Goldmedaille errungen hat, dass die Zeit sehr gut war, ja sogar den Weltrekord brach etc. Die situationale Repräsentation beinhaltet aber nicht nur ein „Mehr“ an Information und Verständnis, sondern erlaubt es die Textinformation zu nutzen, um Schlussfolgerungen für neue Kontexte zu ziehen und Probleme zu lösen (etwa in einem problemorientierten L ­ ehr-Lern-Arrangement). Vielfach wird das Ausmaß einer situationalen Repräsentation sogar darüber gemessen, ob die Lernenden gültige von ungültigen Schlussfolgerungen unterscheiden können (z. B. Schaffner und Schiefele 2007). Weiterhin ist zu beachten, dass eine situationale Repräsentation der geringsten Vergessensrate unterliegt, während die Textoberfläche am schnellsten vergessen wird (Schnotz 2010). Was beeinflusst die Qualität des Textlernens? Welche Art der Repräsentation aufgebaut wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab, vor allem von 5 der Qualität des Textes, 5 dem Vorwissen der Lernenden und 5 den mentalen Aktivitäten der Lernenden (hier speziell: Lesestrategien; Kintsch und Kintsch 1996). Relevante Textmerkmale sind z. B. Einführungen zur Aktivierung relevanten Vorwissens (vgl. die Studie zum Osmose-Text; 7 Abschn. 1.2.3), Länge und Einfachheit der Sätze, Hervorhebung zentraler Begriffe oder Aussagen. Zudem ist die semantische Kohärenz bedeutsam, also beispielsweise, ob es eine explizite Argumentüberlappung gibt („Hitler verfolgte eine sog. Endlösung der Judenfragen. Hitler wollte alle Juden vernichten“ statt der vorstehenden Formulierung). Dabei zeigt sich allerdings, dass Lernende mit niedrigem Vorwissen vor allem von kohärenten Texten profitieren, während Lernende mit höherem Vorwissen mehr aus „suboptimalen“ Texten lernen, da sie angeregt werden, aktiv ihr Vorwissen einzubringen, um temporäre Verstehensprobleme zu überwinden. Neuere Befunde weisen darauf hin, dass dies aber nur für Leser mit hohem Vorwissen gilt, die nicht von sich aus schon gute Lernstrategien einsetzen (O’Reilly und McNamara 2007). Sieht man sich aktuelle Schulbücher, Lehrbücher für den universitären Kontext oder Weiterbildungsliteratur an, so fällt auf, dass sehr oft Text mit Bildinformation kombiniert wird. Ob und unter welchen Umständen Bilder in Texten lernförderlich sind und welche Verarbeitungsprozesse hier zu beachten sind, kann an dieser Stelle nicht ausgeführt werden (7 Kap. 5; Mayer 2014). Inhaltliches Vorwissen interagiert nicht nur mit der Textkohärenz, sondern hat auch an sich einen positiven Einfluss auf das Textlernen – wie dies bei jeder anderen Lernart der Fall ist (7 Kap. 2). Je mehr Vorwissen vorhanden ist, umso mehr wird aus Texten gelernt – bis zu dem Punkt, an dem die Leser kaum mehr neue Informationen aus einem Text ziehen können. Das Vorwissen ist auch deshalb von so großer Relevanz, da es „hochwertigen“ Lernstrategieeinsatz ermöglicht, wie etwa ein Netzwerk-Diagramm („concept map“) zeichnen (Organisation), sich selbst den Kern eines Abschnittes erklären oder Fragen zum Text formulieren. Vorwissen ermöglicht stimmige (und nicht fehlerbehaftete) Concept Maps anzufertigen, sich Textteile korrekt und weitgehend vollständig (statt lückenhaft und teilweise falsch) zu erklären und Fragen zu formulieren, die auf den „Kern“ (und nicht auf irrelevante, „verführerische“ Details) zielen. 15 Wissenserwerb Multiple Texte Zu Beginn der Forschung zum Lernen aus Texten wurde meist ein einzelner Text verwendet. In pädagogischen Settings oder auch im Alltagsleben werden zu einem Thema aber vielfach multiple Texte gelesen, etwa beim Schreiben einer Abschlussarbeit oder beim Recherchieren von Informationen im Internet, etwa zu einer Gesundheitsfrage (z. B. Barzilai et al. 2018; Britt und Rouet 2012). Die Texte müssen dann miteinander in Bezug gesetzt und integriert werden. Dabei stehen Lernende vor für sie, wie sich empirisch zeigt, nicht trivialen Aufgaben: Erkennen sie, inwieweit die Texte übereinstimmen, sich ergänzen oder widersprechen? Beziehen sich Lernende z. B. primär auf die ersten Google-Treffer oder betreiben sie „sourcing“, also beurteilen sie, ob der Autor hohe Expertise besitzt (oder ein Laie sich zu Gesundheitsfragen im Internet äußert) und ob von einer hohen Glaubwürdigkeit auszugehen ist (oder ob der Autor ggf. den Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln fördern will). Inwiefern die Information aus multiplen Texten angemessen integriert wird, hängt von einer Reihe von Faktoren ab, wie etwa der Anzahl der zu integrierenden Texte, dem Alter der Schüler (ältere integrieren in der Regel besser), deren inhaltlicher Überlappung oder der den Lernenden gestellten übergeordneten Aufgabe fürs Lesen (z. B. nur Lesen, um sich zu informieren, oder danach einen argumentativen Text schreiben; letzteres ist integrationsförderlicher). Zudem wurden inzwischen zahlreiche Förderansätze entwickelt und untersucht (siehe dazu Barzilai et al. 2018). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass ein wirkliches Verstehen von Texten erfordert, dass die Lernenden aktiv den Text verarbeiten. Dies ermöglicht eine Repräsentation der Textinhalte auf der Ebene eines situationalen Modells. Erst dies erlaubt es, mit dem aus dem Text Gelernten „etwas anzufangen“ (z. B. Schlussfolgerungen ziehen, Probleme lösen). Zudem kann das Erlernte dann längerfristig behalten werden. In vielen Situationen müssen Lernende multiple Texte integrieren, um ausreichend über einen Lerngegenstand informiert zu sein. 1.3.2  Lernen aus Beispielen und Modellen Das 7 Lernen aus Lösungsbeispielen beim anfänglichen Erwerb von kognitiven Fertigkeiten ist, wie bereits erwähnt, eine sehr effektive und effiziente Lernart. Dies wird als Lösungsbeispieleffekt ­(„Worked-Example“-Effekt) bezeichnet (Renkl 2014, 2017; Sweller et al. 2011). Typisch sind Lösungsbeispiele für Bereiche, in denen gelernt werden soll, algorithmische Lösungen zu verstehen und anzuwenden (z. B. Mathematik, Physik). Sie bestehen dann aus einer Problemstellung, Lösungsschritten und der endgültigen Lösung selbst. Inzwischen gibt es aber auch zahlreiche Untersuchungen, die zeigen, dass das Lernen aus Beispielen aus nicht algorithmischen Lernbereichen ebenfalls sehr effektiv ist. Rourke und Sweller (2009) zeigten beispielsweise, dass Wissen über die Stile renommierter Designer (z. B. Stühle, Lampen etc.) gut über Beispiele erworben werden kann. Solch ein Beispiel für einen Designer-Stil enthält natürlich keine Lösungsschritte, wie dies bei mathematischen Beispielen der Fall ist. Manche Beispiele können sehr komplex werden, etwa wenn sie aufzeigen, wie man gut interdisziplinär kooperiert (z. B. Rummel und Spada 2005). Diese komplexen Beispiele werden zum Teil auch als Modelle bezeichnet (Bandura 1986; Collins et al. 1989). Im Folgenden wird für das Lernen aus Beispielen und das 7 Lernen von Modellen auch der Begriff des beispielbasierten Lernens gebraucht. Ein Missverständnis, das sich bisweilen ergibt, ist, dass mit Lernen aus Beispielen das übliche Vorgehen gemeint ist, bei dem nach der Einführung eines Prinzips (z. B. Satz des Pythagoras) ein Beispiel gezeigt wird und dann die Lernenden Aufgaben bearbeiten. Definition Beispielbasiertes Lernen meint, dass mehrere Beispiele bearbeitet werden, um so Verstehen herzustellen, bevor die Lernenden dann „verstehensorientiert“ selbstständig Aufgaben bearbeiten. Dies ist in aller Regel effektiver und effizienter als das eben beschriebene übliche Vorgehen (typische Kontrollbedingung in entsprechenden Studien zum beispielbasierten Lernen). Die Erklärung für die Effektivität des beispielbasierten Lernens ergibt sich daraus, dass Lernende erst dann Aufgaben bearbeiten sollten, wenn sie ein grundlegendes Verständnis der zugrunde liegenden Prinzipien (z. B. physikalisches Gesetz) und deren Anwendung erworben haben. Wenn sie mit Aufgaben konfrontiert werden und dabei z. B. die zugrunde liegende Physik noch nicht verstanden haben, nehmen sie keinen Bezug auf Physik, sondern versuchen, die Aufgaben „irgendwie“ zu lösen (z. B. Ausprobieren möglicher relevanter Formeln). Sie „wurschteln“ sich mit oberflächlichen Strategien zur numerischen Lösung durch. Dieses „Durchwurschteln“ stellt aus der Sicht der Cognitive-Load-Theorie, über die der Lösungsbeispieleffekt meist erklärt wird, extrinsische Belastung dar. Erst wenn die Lernenden sich über Beispiele ein grundlegendes Verständnis erarbeitet haben, sollen sie „verstehensorientiert“ Aufgaben bearbeiten (Renkl 2014). Lernen aus Beispielen kann – wie jede ­Lehr-Lern-Form, wenn sie schlecht implementiert wird – ineffektiv sein. Dies ist z. B. der Fall, wenn Lösungsbeispiele grafische und textuelle Informationen enthalten, die Lernende nur schwer zuordnen können (z. B. Tarmizi und Sweller 1988: ­„Split-Attention“-Effekt). Der Abgleich, der notwendig ist, um die beiden Informationsquellen zu integrieren, nimmt so viel kognitive Kapazität ein, dass der beschriebene Vorteil von Beispielen (wenig extrinsische Belastung) verschwindet. 1 16 1 A. Renkl Exkurs Selbsterklärungen Der Begriff der 7 Selbsterklärungen wurde von Chi et al. (1989) im Kontext des Lernens aus Lösungsbeispielen (Newton’sche Gesetze) eingeführt. Es zeigt sich, dass insbesondere diejenigen Lernenden viel aus Lösungsbeispielen, welche ja nie alle möglichen Begründungen enthalten, lernten, die die Begründungslücken über Schlussfolgerungen füllten. Beispielsweise begründeten erfolgreich Lernende Lösungsschritte unter Bezug auf Newton’sche Gesetze. Renkl (1997a) nannte diese Begründungen prinzipienbasierte Erklärungen. Sie sind deshalb von Bedeutung, weil Lernende damit ein tieferes Verständnis von Lösungsprozeduren erwerben, d. h., sie wissen, wie die Lösungsschritte mit den grundlegenden Prinzipien eines Inhaltsgebiets in Zusammenhang stehen (prinzipienbasiertes Verständnis). Auch bei Beispielen aus nichtalgorithmischen Inhaltsgebieten ist diese Art der Selbsterklärung besonders wichtig. Studierende erlernen insbesondere dann Argumentationsstrukturen aus dialogischen Videobeispielen in eigene Argumentationen zu übernehmen, wenn sie angehalten werden, prinzipienbasierte Erklärungen zu geben (Schworm und Renkl 2007). Das heißt in diesem Fall, dass sie aus einer Beispielargumentation über Stammzellenforschung nicht nur die „offen“ ersichtlichen medizinischen oder ethischen Inhalte fokussieren, sondern sich erklären, welche argumentativen Strukturen jeweils zum Einsatz kommen. Inzwischen wurde das Konzept der Selbsterklärung auf andere Lernarten, etwa dem Lernen aus Texten, angewandt. Damit wurden diesem Konstrukt zusätzliche Aspekte Es ist dann sinnvoll, die beiden Arten der Information über unterschiedliche Modi darzubieten (z. B. Grafik visuell und Text akustisch; Modalitätseffekt; Mousavi et al. 1995), sodass sowohl der visuelle als auch der akustische Verarbeitungskanal genutzt und damit eine Überlastung vermieden werden kann. Eine weitere Möglichkeit zur Abhilfe ist die Wahl eines integrierten Formats, bei dem die Beschriftung in die Grafik integriert wird (nebenbei sei erwähnt, dass auch beim Lernen aus Texten mit Abbildungen der „Split-Attention“-Effekt auftreten kann, wenn Lernenden ­ die Zuordnung schwerfällt). Neben den genannten Aspekten der Beispielgestaltung gibt es eine Anzahl weiterer wichtiger Faktoren (dazu Renkl 2014). Zu beachten ist, dass nicht alle Lernenden die Arbeitsgedächtniskapazität, die beim beispielbasierten Lernen durch die Reduktion der extrinsischen Belastung frei wird, produktiv für lernbezogene Belastung nutzen. Viele Lernende lesen Beispiele nur oberflächlich durch, ohne sich die Logik der Lösung klar zu machen. Um ein Verstehen der Beispiele weitgehend sicherzustellen, ist es sinnvoll, die Lernenden mit sog. Prompts (Leitfragen, Aufforderungen) aufzufordern, sich die Logik der Beispiellösung bewusst zu machen (Atkinson et al. 2003). Man bezeichnet es üblicherweise als Selbsterklärung, wenn Lernende sich die Logik von Beispielen bewusst machen (Chi et al. 1989: ­„Self-Explanation“-Effekt; 7 Exkurs „Selbsterklärungen“). Alternativ kann man Lernende darin trainieren, Beispiele sich selbst gut zu erklären (Renkl et al. 1998). Die Effektivität beispielbasierten Lernens beschränkt sich auf den anfänglichen Erwerb kognitiver Fertigkeiten (Renkl 2014). Man kann z. B. kein versierter Programmierer werden, wenn man nur Programmierbeispiele studiert. Insbesondere, wenn es um die (teilweise) Automatisierung von Fertigkeiten und deren Feinabstimmung geht, sollten Lernende selbst Auf- zugeordnet, etwa das Revidieren des eigenen mentalen Modells (entspricht in etwa dem Situationsmodells, 7 Abschn. 1.3.1; Chi 2000). Aleven und Koedinger (2002) zeigten, dass es auch sinnvoll ist, beim Problemlösen Selbsterklärungen vorzunehmen. Ainsworth und Loizou (2003) fanden, dass Diagramme viele Selbsterklärungen auslösen können, und Roy und Chi (2005) sehen Selbsterklärungen als probates Mittel an, um unterschiedliche Darstellungsformen (z. B. Text und Diagramme) zu integrieren. Diese Ausweitungen unterstreichen einerseits die Nützlichkeit des Konzepts der Selbsterklärung, andererseits verliert es aber seine spezifische Bedeutung. Die Grenzen zwischen Selbsterklärung und anderen in der Literatur beschriebenen Lernstrategien sind inzwischen verschwommen. gaben bearbeiten. Um einen fließenden Übergang zum Aufgabenbearbeiten zu bewerkstelligen, haben Renkl und Atkinson (2003) folgendes Rational entwickelt, das sich inzwischen vielfach bewährt hat: Zunächst werden vollständige Beispiele präsentiert, in die dann allmählich immer mehr Lücken und damit Anforderungen der Aufgabenbearbeitung integriert werden – bis am Ende die Lernenden die Aufgaben komplett selbstständig lösen. Diese Ausblendprozedur ist besonders effektiv, wenn sie an den individuellen Lernfortschritt der einzelnen Lernenden angepasst wird (Kalyuga und Sweller 2004; Salden et al. 2009). Zusammenfassend kann man festhalten, dass beim anfänglichen Erwerb kognitiver Fertigkeiten das Lernen aus Lösungsbeispielen besonders effektiv ist, insbesondere wenn die Lernenden sich die Logik der Beispiele selbst erklären. Die Beispiele können dann allmählich ausgeblendet werden, um so den Übergang zum selbstständigen Aufgabenbearbeiten zu ebnen. 1.3.3  Lernen durch Aufgabenbearbeiten Wie bereits im letzten Absatz erwähnt, gehen Lehrer im Unterricht – suboptimaler Weise – sehr oft so vor, dass sie zunächst ein Prinzip einführen, ggf. ein Beispiel präsentieren und dann Aufgaben bearbeiten lassen (7 Lernen durch Tun). Dieses Vorgehen kann effektiv sein, sofern die Lernenden beim Problemlösen soweit unterstützt werden, dass sie sich nicht mit oberflächlichen und nicht fachbezogenen Strategien zur Lösung „durchwurschteln“ müssen. Werden beispielsweise Lernende beim Bearbeiten von Aufgaben durch Selbsterklärungs-Prompts dazu aufgefordert, die zugrunde liegenden Prinzipien zu beachten, 17 Wissenserwerb führt dies zu besserem Verständnis (Aleven und Koedinger 2002). Umso bedauerlicher ist, dass Lehrer ein solches Vorgehen typischerweise nicht realisieren (Renkl et al. 2004). Im folgenden Abschnitt wird auf ein Positivbeispiel einer sinnvollen Implementierung des Lernens durch unterstütztes Aufgabenbearbeiten eingegangen. Sodann wird das Aufgabenbearbeiten in späteren Stadien des Fertigkeitserwerbs besprochen, in denen weitreichende Unterstützung nicht mehr notwendig ist und es in erster Linie um Stärkung, Automatisierung und ggf. noch um Feinabstimmung geht. Lernen durch unterstütztes Aufgabenbearbeiten Eine technisch zwar aufwendige, aber durchaus bewährte Möglichkeit, Lernen durch Aufgabenbearbeiten zu unterstützen, besteht darin, computerbasierte intelligente tutorielle Systeme einzusetzen (z. B. Ma et al. 2014; Kulik und Fletcher 2016). Das Beispiel der Cognitive Tutors, die das in der Praxis am weitesten verbreitete intelligente tutorielle System darstellen (ca. 3000 Schulen in den USA; Koedinger und Aleven 2016), soll hier näher beleuchtet werden. Cognitive Tutors wurden auf der Grundlage der bereits genannten ACT-Theorie von Anderson (z. B. Anderson et al. 2004) konstruiert. Diese Theorie konzipiert – wie bereits erwähnt – kognitive Fertigkeiten (prozedurales Wissen) als eine Menge von Produktionsregeln (sog. Produktionssystem), die einen Wenn-Teil (Bedingung für eine Aktion) und einen Dann-Teil (Aktion) beinhalten. Diese bilden sozusagen, die Wissenseinheiten, die im Cognitive Tutor betrachtet werden. Auf dieser theoretischen Grundlage wurden Cognitive Tutoren, insbesondere für verschiedene Bereiche der Mathematik, daneben aber z. B. auch für Teilgebiete der Chemie und Biologie, erstellt. Die Intelligenz dieses Systems besteht vor allem aus zwei Mechanismen: 5 „model tracing“ und 5 „knowledge tracing“. Für das Model Tracing wurde auf der Basis der A ­ CT-Theorie ein System von Produktionsregeln erstellt, das korrektes Aufgabenbearbeiten, aber auch typische Fehler beinhaltet. Vor dem Hintergrund dieser „Folie“ können die Aktionen der Lernenden bewertet werden, d. h., das System macht sich ein Bild, welche Produktionsregeln ein Schüler verwendet. Bei falschen, aber typischen Eingaben kann nicht nur ein Fehler angezeigt werden, sondern es können sogleich „maßgeschneiderte“ Hilfen gegeben werden. Knowledge Tracing sorgt dafür, dass Wahrscheinlichkeitsschätzungen vorgenommen werden, ob ein Lernender eine Produktionsregel bereits erlernt hat. Diese Wahrscheinlichkeit wird bei jedem Aufgabenschritt, bei dem eine Regel relevant wäre, aktualisiert. Damit kann den Lernenden ihr aktueller Wissensstand und Lernfortschrift mit sog. „skill bars“ rückgemeldet werden. Noch bedeutsamer ist, dass das System den Lernenden (zusätzliche) Aufgaben vorgeben kann, die den Erwerb von noch nicht beherrschten Regeln fördern – bis das Lernziel erreicht ist („Mastery“-Prinzip).. Abb. 1.2 zeigt einen Ausschnitt aus einer ­Cognitive-Tutor-Lektion, die ins Deutsche übersetzt wurde. Darin sind weitere Elemente zu sehen, mit denen Schüler unterstützt werden. Im Feld „Übersicht über Lösungsweg“ wird bereits eine Subzielstruktur, also ein Wegweiser für die einzelnen zu erreichenden Schritte vorgegeben. Im Feld „Grund“ wird nach dem zugrunde liegenden Prinzip eines Lösungsschrittes gefragt; dies stellt somit einen prinzipienbasierten Selbsterklärungs-Prompt dar. Das in. Abb. 1.2 zu sehende Glossar wird nur auf Anfrage der Lernenden geöffnet. Sie können dort, z. B. wenn sie bestimmte Prinzipien nicht mehr genau erinnern, nachschlagen und ggf. mit Doppelklick ein Prinzip auswählen, das in das Feld „Grund“ eingetragen wird. Zu beachten ist, dass Cognitive Tutors keine „Stand-alone“-Anwendungen sind. Die Arbeit mit dem ­ Cognitive Tutor muss im Unterricht angemessen vorbereitet werden. Ein derartiger Einsatz fördert Problemlösefertigkeiten effektiver als traditioneller Unterricht (Kulik und Fletcher 2016). Üben Mit 7 Üben sind hier Lernaktivitäten gemeint, die einsetzen, wenn der anfängliche Erwerb von Fertigkeiten schon erfolgt ist und es um Stärkung, Automatisierung und ggf. noch um die Feinabstimmung geht. Durch die (teilweise) Automatisierung können Aufgaben ohne größere mentale Anstrengung (Arbeitsgedächtnisbelastung) und schnell erledigt werden. Sie befreien das Arbeitsgedächtnis von Routineaufgaben, sodass mehr mentale Kapazitäten für das Erreichen anspruchsvoller Lernziele zur Verfügung stehen. Man kann z. B. leichter Wahrscheinlichkeitsrechnung erlernen, wenn man nicht immer wieder mit den Regeln des Bruchrechnens kämpft. Letzteres wäre in Bezug auf das eigentliche Lernziel extrinsische Belastung. Eine grundlegende Gesetzmäßigkeit besagt zu Übungseffekten (z. B. Zuwachs der Geschwindigkeit korrekter Ausführung), dass sie zu Beginn sehr stark sind und mit der Zeit immer schwächer werden; die Fertigkeit strebt dabei einer Leistungsobergrenze zu. Dies wird im Potenzgesetz der Übung („power law of practice“) wiedergegeben (Newell und Rosenbloom 1981), das in. Abb. 1.3 schematisch dargestellt wird. Individuelle Lernzuwächse lassen sich meist gut mit dem Potenzgesetz beschreiben, wenngleich sich im konkreten Falle nicht immer eine so „glatte“ Kurve ergibt. Es können sich z. B. vorübergehende Leistungsplateaus bilden, die erst überwunden werden, wenn eine aktuelle Strategie zugunsten eines optimierten Vorgehens aufgegeben wird. Effektive Übung zeichnet sich mindestens durch die folgenden vier Prinzipien aus: 5 Überlernen, 5 verteilte Übung, 5 Übung im Kontext des „Ganzen“, 5 reflektierte Übung. 1 18 A. Renkl 1. Abb. 1.2 Screenshot aus einer deutschen Version einer Cognitive-Tutor-Lektion zur Kreisgeometrie. (Bildrechte: Carnegie Learning, Inc.) nicht unter das gewünschte Niveau fällt (z. B. Driskell et al. 1992). Allerdings gibt es auch Befunde, die den Nutzen von Überlernen nicht belegen können (Rohrer und Taylor 2006; 7 Kap. 4). Zu beachten ist dabei, dass auch aus dem Potenzgesetz der Übung vorhergesagt werden kann, dass ein zu langes Einüben keine substanziellen Effekte mehr hat. Fertigkeitsniveau 35 30 25 20 15 10 5 0 1. Abb. 1.3 2 3 4 Übungseinheiten 5 6 Schematische Darstellung des Potenzgesetzes der Übung Das Üben sollte nicht eingestellt werden, wenn die Lernenden das erwünschte Niveau erreicht haben. Wird nicht mehr geübt, fällt das Fertigkeitsniveau natürlich wieder ab. Soll ein bestimmtes Niveau mittelfristig sichergestellt werden, muss über das „Ziel“ hinaus geübt, also überlernt werden. Nur in diesem Fall kann erwartet werden, dass die Leistung auch nach einiger Zeit Überlernen Verteilte Übung Diese Alternative bezieht sich auf die Frage, ob man eher in größeren Zeitblöcken (massierte Übung, z. B. 2 h Klavier einmal in der Woche) oder kleineren Einheiten (verteilte Übung, z. B. 4-mal eine halbe Stunde Klavier in der Woche) üben soll. Vergleicht man bei konstanter Gesamtübungszeit den Lernerfolg bei wenigen größeren Blöcken mit demjenigen bei mehreren kleineren Einheiten, erweist sich verteilte Übung als effektiver (Rohrer und Taylor 2006). Auch hier gilt natürlich, dass ein zu „kleinteiliges“ Üben wiederum abträglich werden kann. Übung im Kontext des „Ganzen“ Es ist eingeschränkt sinnvoll, einzelne Teilfertigkeiten einzuüben, die für die 19 Wissenserwerb Lernenden keinen Sinn ergeben. Dies kann nicht nur massive motivationale Probleme, sondern auch Verständnisschwierigkeiten bewirken. Insofern ist es wichtig, dass Lernende ein Bild der Gesamtaufgabe bzw. des Gesamtvorgehens haben. Ist dies vorhanden, ist es sinnvoll, einzelne Teilabläufe, wenn diese z. B. besondere Schwierigkeiten bereiten, separat und damit gezielt zu üben (z. B. van Merriënboer und Kester 2005). Pures Einüben, das ein Bewältigen von Routineaufgaben sicherstellt, kann den Nachteil haben, dass die konzeptuellen Grundlagen vergessen werden. Selbst wenn z. B. ein Schüler nach einer Erklärung im Unterricht die Logik der schriftlichen Subtraktion verstanden hat, vergisst er sie wahrscheinlich wieder, wenn es später nur noch um das Einüben geht. Idealiter sollten Schüler zwar Algorithmen korrekt und schnell, d. h. ohne großes Nachdenken, ausführen, sich aber zugleich bei besonderen Fällen, bei denen das Vorgehen modifiziert werden muss, wieder die dahinter liegende Logik bewusst machen können. Insofern ist es sinnvoll, beim Einüben von Vorgehensweisen immer wieder auf die zugrunde liegenden Prinzipien einzugehen. Neben Phasen des reinen Einübens sollten also Elemente reflektierter Übung („deliberate practice“) eingesetzt werden (Ericsson et al. 1993). Diese Art der Übung ist auch dann von besonderer Bedeutung, wenn die Lernenden bewusst auf Verbesserung, auf Feinabstimmung abzielen. Suboptimalitäten im Violinspiel werden meist nicht dadurch, dass man die holprigen Stellen einfach immer wieder spielt („übt“) ausgemerzt, sondern dadurch, dass man gezielt und reflektiert an den Schwachstellen arbeitet. Zusammenfassend kann man festhalten, dass Lernen durch unterstütztes Aufgabenbearbeiten eine effektive Methode sein kann, Verstehen und prozedurales Wissen zu fördern. Lernen durch Aufgabenbearbeiten ist sogar unabdingbar, wenn es um die Ziele der Stärkung und Automatisierung geht. Für die Feinabstimmung sollte die Übung in reflektierter Weise erfolgen. Reflektierte Übung 1.3.4  Lernen durch Erkunden Dieser Abschnitt befasst sich mit Lernformen, in denen das Erkunden von Gegenstandsbereichen in den Mittelpunkt gestellt wird (z. B. entdeckendes Lernen, erforschendes Lernen; Loyens und Rikers 2017). Die Lernenden haben dabei die Aufgabe, sich die zentralen Konzepte und Prinzipien selbst zu generieren (7 Abschn. 1.2.2). Damit soll erreicht werden, dass das „neue“ Wissen gut in der Wissensbasis der Lernenden verankert ist. Zudem können z. B. beim erkundenden Experimentieren den Schülern eigene Fehlvorstellungen und deren Defizite bewusst werden. Darüber hinaus werden vielfach noch weitere Ziele verfolgt, etwa die Erhöhung der Lernmotivation, Förderung von Wissenserwerbsstrategien (Lernen lernen) und Metakognition sowie der Erwerb fachspezifischer wissenschaftlicher Vorgehensweisen, wie etwa sinnvolles Experimentieren in der Physik (Tamir 1996; van Joolingen et al. 2007). Auch epistemologische Überzeugungen (7 Abschn. 1.1) können durch den Nachvollzug des Erkenntnisprozesses in einem Fachgebiet ausdifferenziert werden (Kuhn 2005). Lernen durch Erkunden wird oftmals „rezeptivem“ Lernen gegenübergestellt, bei dem die wichtigsten Informationen den Lernenden präsentiert werden (bemerke: hier wird Information insofern anders verstanden als in 7 Abschn. 1.2.2, als Daten und Information nicht differenziert werden). Die klassische Bezeichnung für diese Lernart ist 7 entdeckendes Lernen (Bruner 1961). Allerdings wurde dieses „Label“ inzwischen für vergleichsweise unterschiedliche Lehr-Lern-Arrangements verwendet (vom Hofe 2001). Zugleich gibt es eine Reihe von ­Lehr-Lern-Konzeptionen, die schwierig vom entdeckenden Lernen abzugrenzen sind, so etwa projektorientiertes Lernen, problembasiertes Lernen oder erforschendes Lernen (siehe Loyens und Rikers 2017). Weitgehender Konsens herrscht zwischen den Vertretern dieser Ansätze jedoch bezüglich der Überzeugung, dass ein direktes Vermitteln („rezeptives Lernen“) bei den Lernenden in sehr vielen Fällen nur zu oberflächlichem Wissen führt und es deshalb besser ist, die Lernenden die zentralen Konzepte und Prinzipien selbst generieren zu lassen (7 Exkurs „Erkundendes Lernen und rezeptives Lernen“). In diesem Kapitel wurde für die genannte Gruppe verwandter Lernarten der Begriff Lernen durch Erkunden gewählt. Es gilt inzwischen als unstrittig, dass unangeleitetes Erkunden kein effektives Lernen bewirkt (Mayer 2004; Alfieri et al. 2011). Auch Vertreter von ­ Lehr-LernKonzeptionen, die dem Erkunden große Bedeutung beimessen, sprechen der Strukturierung des Lernens, also der Unterstützung der Lernenden, maßgebliche Bedeutung zu (z. B. Hmelo-Silver et al. 2007). Welche Probleme beim entdeckenden Lernen auftreten können, wenn dieses nicht unterstützt wird, analysierten de Jong und van Joolingen (1998) für den Fall des Erkundens computerbasierter Simulationen. Bei freier Exploration formulieren Lernende oft keine Hypothesen oder sie können diese, wenn sie welche aufstellen, nicht adäquat überprüfen; zudem bereitet es ihnen Probleme, Evidenzen stringent auf Hypothesen zu beziehen und Experimentserien so aufzustellen, dass systematisch Wissen über den relevanten Inhaltsbereich gewonnen werden kann. Um effektiv zu lernen, muss Unterstützung gegeben werden, sodass sinnvolle Hypothesen aufgestellt werden, diese angemessen überprüft werden etc. Vor dem Hintergrund der Bedeutung der Unterstützung beim entdeckenden bzw. erkundenden Lernen wird inzwischen meist eine Konzeption des „Lernens durch gelenktes Erkunden“ vertreten (vgl. de Jong 2005: „guided discovery principle“). 1 20 1 A. Renkl Exkurs Erkundendes Lernen und rezeptives Lernen Vielfach werden erkundendes Lernen und rezeptives Lernen dichotom gegenübergestellt. Dabei dürfte es sich hierbei eher um ein Kontinuum handeln, bei dem eine Reinform die absolute Ausnahme ist. Beispielsweise kann es beim erforschenden Lernen vorkommen, dass die Lernenden im Internet oder in Hilfesystemen von computerbasierten Simulationen etwas nachlesen und damit „rezeptive“ Phasen des Lernens quasi eingebaut sind. Andererseits sollte die Diskussion des Lernens aus Texten – einer prototypisch rezeptiven Lernart – gezeigt haben (7 Abschn. 1.3.1), dass die alleinige Verarbeitung der direkt vorgegebenen Propositionen nur ganz oberflächlichem Lernen entspricht. Wenn Lernende substanziell etwas aus Texten gelernt haben, so haben sie sich eine situationale Repräsentation erarbeitet und vielfach Wissenselemente generiert. 1.3.5  Lernen durch Gruppenarbeit Lernen durch Gruppenarbeit – auch 7 kooperatives Lernen oder kollaboratives Lernen genannt – bezeichnet die Zusammenarbeit von Lernenden in Kleingruppen, um Lernaufgaben zu bewältigen. Es steht dabei nicht (alleine) die Qualität eines „Produktes“ oder einer Problemlösung im Vordergrund, wie etwa bei einer Gruppenarbeit im Arbeitskontext, sondern das Lernen eines jeden einzelnen Gruppenmitglieds. Gruppenarbeit erfolgt in diesem Kontext also im Dienste des Lernens. Der Einsatz von Gruppenarbeit wird vor allem damit begründet, dass man eine aktivere Verarbeitung des Lernstoffes induzieren will, als dies typischerweise bei rezeptiven Lernformen der Fall ist. Es wird Raum gegeben, dass die Lernenden neue Inhalte mit ihrem Vorwissen und ihrer subjektiven Erfahrungswelt in Verbindung bringen können. Im Schulkontext werden mit Gruppenarbeiten zudem vielfach Ziele verfolgt, die jenseits des Wissenserwerbs liegen, wie etwa die Stärkung des Selbstkonzepts, der Erwerb sozialer Fertigkeiten oder die Integration von Minderheiten (z. B. Aronson et al. 1978). Dieser Abschnitt konzentriert sich auf den Wissenserwerb. Gruppenarbeit per se – etwa in dem Sinne „Schüler halt mal Aufgaben nicht alleine, sondern in der Kleingruppe bearbeiten lassen“ – ist nicht unbedingt effektiv. Es kommt vor allem auf eine lernzielangemessene Aufgabe an, bei der die Gruppe einen echten Mehrwert hat (z. B. Einbringen unterschiedlicher Perspektiven). Wenn Gruppenarbeit angemessen implementiert wird, kann sie aber sehr effektiv sein (Renkl 2008a). Es wurden inzwischen zahlreiche empirisch bewährte Ablaufskripte zur Gruppenarbeit entwickelt, die bei einer angemessenen Implementation helfen (zu einer Skriptsammlung s. Renkl 2015b; zu Skripts für computerunterstütztes Lernen siehe Vogel et al. 2017). Aus kognitiver Perspektive können für erfolgreiches Lernen in Gruppen folgende wichtige Faktoren verantwortlich gemacht werden, die jeweils einer theoretischen Perspektive entsprechen: Soziokognitive Konflikte (Neo-Piaget’sche Perspektive) können durch sich widersprechende Sichtweisen, die Nach Koedinger und Aleven (2007) ist es für effektives Lernen zentral, auf der Dimension Informationsvorgabe versus Informationszurückhaltung (Generierungsanforderung) die richtige Mixtur zu finden („assistance dilemma“) (7 Kap. 2, letzter Abschnitt). Die Vertreter erkundenden Lernens setzen dabei das Optimum eher auf der Seite der Informationszurückhaltung an. während einer Kooperation auftreten können, entstehen (z. B. Doise 1990). Diese können eine Umstrukturierung von Wissensstrukturen initiieren, wenn der kognitive Konflikt produktiv aufgelöst werden kann. Aus Neo-Vygotsky’scher Perspektive (Vygotsky 1978) ist Gruppenarbeit dann erfolgreich, wenn durch die Zusammenarbeit ein Agieren (z. B. Problemlösen oder Argumentieren) auf höherem Niveau gelingt, als dies den Lernenden alleine möglich wäre. Die Lernenden bewegen sich dann in der Zone der nächsthöheren Entwicklung, die dann allmählich zur Zone der aktuellen Entwicklung wird (d. h. die Lernenden können dann auch alleine auf diesem Niveau agieren). Die Perspektive der kognitiven Elaboration und Metakognition (vgl. Perspektive der aktiven Informationsverarbeitung) sieht kooperative Lernformen dann als effektiv an, wenn kognitive und metakognitive Lernaktivitäten ausgelöst werden. Die soziale Situation kann eine aktive Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand anregen, da sie es gewissermaßen erzwingt, die eigene Sichtweise zu explizieren und zu rechtfertigen (Brown und Palincsar 1989). In etlichen kooperativen Arrangements geben sich die Lernenden gegenseitig Erklärungen (Renkl 1997b). Dazu müssen sie ihr Wissen organisieren oder sogar reorganisieren, und es kann notwendig werden, bislang nicht verbundene Wissensteile zu integrieren. Zudem können beim Erklären Verständnislücken sowie Inkonsistenzen im eigenen Wissen auffallen (metakognitive Funktion). Nach der Perspektive des argumentativen Diskurses (Fischer 2002) kann Gruppenarbeit zum Erwerb differenzierten Wissens führen, wenn die Lernpartner nach Evidenz und Gegenevidenz für die im Raum stehenden Behauptungen suchen, diese Behauptungen hinsichtlich der positiven und negativen Evidenz gewichten und die eigenen Sichtweisen entsprechend ausdifferenzieren (Derry 1999). Zudem wird in einigen Ansätzen die Vermittlung von Argumentationsfertigkeiten angestrebt. Die unterschiedlichen Sichtweisen zum kooperativen Lernen widersprechen sich im Übrigen nicht. Alle genannten Prozesse können bei der Gruppenarbeit produktive Lernprozesse auslösen. 21 Wissenserwerb Fazit In diesem Beitrag wurde Wissenserwerb insbesondere in Hinblick darauf diskutiert, welche Prozesse zum Aufbau von Wissensstrukturen führen. Es dürfte deutlich geworden sein, dass diese Prozesse nicht immer und von allen Lernenden in optimaler Weise gezeigt werden. Dazu müssten diese als wichtigste Voraussetzung ausreichendes Vorwissen haben (7 Kap. 2), über geeignete Lernstrategien verfügen, Selbststeuerungskompetenzen aufweisen, um den Lernstrategieeinsatz zu koordinieren (7 Kap. 3), und sie müssten schließlich ausreichend motiviert sein, um die kognitive Anstrengung der aktiven Auseinandersetzung mit dem Lernstoff auf sich zu nehmen (7 Kap. 7). Immer wenn diese (und ggf. weitere) Voraussetzungen nicht in hinreichendem Maße erfüllt sind – was eher die Regel als die Ausnahme ist –, kommt dem Unterricht bzw. dem instruktionalen Design von Lernumgebungen besondere Bedeutung zu (7 Kap. 4). Wenn, um ein bereits genanntes Beispiel nochmals aufzugreifen, Lernende spontan keine Selbsterklärungen zeigen, so sollte das Instruktionsdesign „Prompts“ im Lernmaterial vorsehen, die sie dazu auffordern; oder der Lehrer sollte im Unterricht Selbsterklärungen trainieren. Unterricht und Instruktionsdesign haben also die Aufgabe, die lernrelevanten Prozesse zu trainieren und auszulösen, die von den Lernenden spontan nicht gezeigt werden (können). Das Wissen, das Sie aus diesem Kapitel (hoffentlich) konstruieren konnten, bietet Ihnen eine gute Grundlage, Lehr-Lern-Arrangements und Unterrichtsstile in einem ersten Schritt auf theoretischer Ebene zu beurteilen: Beinhalten sie Elemente, die wichtige kognitive Lernprozesse fördern und die Aufmerksamkeit der Lernenden auf die zentralen Konzepte und Prinzipien lenken? ? Verständnisfragen 1. In der öffentlichen Diskussion zum Lernen kann man im Internet zahlreiche Diskussionsbeiträge finden. Ein typischer Beitrag lautet in etwa wie folgt: „Konstruktivismus bedeutet aktives Lernen. Dies kann z. B. über das Anfertigen von Zeichnungen oder aktives Diskutieren erfolgen. Wenn man etwas durch selbstständiges Erarbeiten lernt, ist es viel tiefer im Gedächtnis verankert als etwas, was einem eine Lehrkraft erklärt hat.“ – Welcher grundlegenden Perspektive des Wissenserwerbs entspricht so ein Statement? 2. Stellen Sie sich vor, ein Schüler der 5. Klasse bearbeitet die folgende Textaufgabe: „Michael hat eine Sammlung von Seilen mit einem Meter Länge. Er hätte gerne ein zwölf Meter langes Seil. Wie viele Seile mit einem Meter Länge muss er aneinanderknoten, um ein 12 Meter langes Seil zu bekommen?“ Die Antwort kommt schnell: „Ist ja einfach: 12“. Wie könnte man diese Antwort aus der Sicht der Textverstehensforschung interpretieren? 3. Stellen Sie sich zwei fortgeschrittene Gitarrenschüler vor. Schüler A hat bereits eine Gesamtübungszeit von 6 h in ein schwieriges Jazz-Stück investiert, Schüler B erst 3 h. Wenn beide 2 zusätzliche Übungsstunden investieren, wer macht dann aller Wahrscheinlichkeit nach die größeren Fortschritte (z. B. in dem Sinne, wie viele Takte nun durchgespielt werden können, bevor wieder ein „Stolperer“ passiert)? Warum? 4. Was spricht dafür, Schüler nach der Einführung eines Prinzips, z. B. eines Satzes in der Mathematik, mehrere Beispiele zur Anwendung dieses Prinzips studieren zu lassen, statt ihnen Aufgaben zum Bearbeiten vorzugeben? 5. Warum ist es nicht sinnvoll, traditionelle Unterrichtsformen, wie etwa eine Vorlesung an der Universität, mit passiv-rezeptivem Lernen gleichzusetzen? Vertiefende Literatur 5 National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine. (2018). How people learn II: Learners, contexts, and cultures. Washington, DC: The National Academies Press. 5 Mayer, R. E., & Alexander, P. A. (Hrsg.). (2017). Handbook of research on learning and instruction (2. Aufl.). New York: Routledge. Literatur Aamodt, A., & Nygård, M. (1995). Different roles and mutual dependencies of data, information, and knowledge – An AI perspective on their integration. Data & Knowledge Engineering, 16, 191–222. Ainsworth, S. E., & Loizou, A. T. (2003). The effects of self-explaining when learning with text or diagrams. Cognitive Science, 27, 669–681. 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