Vorlesung Allergie PDF
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Justus Liebig Universität Gießen
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This document provides a lecture on the topic of allergies and covers definitions, causes, and mechanisms. It delves into the pathophysiology of allergic reactions, including sensitization and immediate reactions, and discusses various treatment options. The document also hints at the role of immunology in these conditions.
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Vorlesung Allergie Definition und Ätiologie von Allergien Eine Allergie ist eine abnorme immunologische Reaktion des Körpers auf normalerweise harmlose Substanzen, die bei den meisten Menschen keine Symptome hervorrufen. Genetische Disposition Die erbliche Veranlagung zur Allergie wird als Ato...
Vorlesung Allergie Definition und Ätiologie von Allergien Eine Allergie ist eine abnorme immunologische Reaktion des Körpers auf normalerweise harmlose Substanzen, die bei den meisten Menschen keine Symptome hervorrufen. Genetische Disposition Die erbliche Veranlagung zur Allergie wird als Atopie bezeichnet. Atopie ist evident bei allergischen Formen von Rhinitis, Asthma bronchiale und einigen Hauterkrankungen wie atopischer Urtikaria und Dermatitis. Urtikaria, auch als Nesselsucht bekannt, äußert sich durch Hautrötungen, Quaddelbildung und Juckreiz. Kennzeichen der Atopie sind familiäre Häufung und Immunreaktionen durch IgE-Antikörper. Ungleichgewicht der Immunglobuline Bei Allergien besteht ein Missverhältnis zwischen IgE (problematisch) und IgG (schützend). Die Desensibilisierung zielt darauf ab, dieses Ungleichgewicht zu korrigieren. Ätiologie von Allergenen Allergene sind Antigene, die bei empfangsbereiten Individuen allergische Reaktionen auslösen. Pathogenese – Sensibilisierung 1. Erstkontakt: Bei der ersten Exposition gegenüber einem Allergen reagiert das Immunsystem symptomlos und es kommt zur Sensibilisierung. Dabei werden Antikörper und Gedächtniszellen gebildet. 2. Erneute Exposition: Bei erneutem Kontakt reagiert das Immunsystem stärker, was zu allergischen Symptomen führt. Diese Symptome können variieren, je nach Art und Lokalisation der Immunantwort. o Hautreaktionen: Z.B. Rötung oder Juckreiz. o Angioödeme: Subkutane Schwellungen, die auch Atemwege betreffen können. Immunologische Mechanismen IgE-Antikörper: Bei der Sensibilisierung dominiert die Bildung von IgE, die an Mastzellen und Basophilen gebunden werden. Diese Zellen setzen entzündungsfördernde Zytokine frei. TH1- und TH2-Zellen: o TH1-Helferzellen fördern die Bildung von IgG und unterdrücken die IgE-Synthese durch die Sekretion von Interferon-Gamma. o Bei Allergikern sind TH2-Helferzellen dominant, die durch Interleukin-4 (IL-4) die IgE-Produktion stimulieren und IL-10 sekretiert, um die Wirkung von TH1-Zellen zu hemmen. o TH2-Zellen fördern auch die Eosinophilie durch die Sekretion von IL-5, was zu einer erhöhten Anzahl von Eosinophilen führt, die entzündungsfördernde Substanzen enthalten. Fazit Allergien sind komplexe immunologische Reaktionen, die durch genetische Disposition, ein Ungleichgewicht zwischen IgE und IgG sowie eine Überreaktion des Immunsystems auf harmlose Substanzen charakterisiert sind. Die Sensibilisierung ist ein zentraler Prozess, der zu einer verstärkten Immunreaktion bei wiederholtem Kontakt mit Allergenen führt. Pathogenese – Allergische Sofortreaktion (inkl. Anaphylaxie) Mechanismus der Sofortreaktion Initiierung: Die allergische Sofortreaktion wird durch schnell wirkende Mediatoren aus IgE- sensibilisierten Mastzellen und Basophilen ausgelöst. o Aktivierung der Mastzellen erfolgt, wenn zwei IgE-Moleküle auf der Oberfläche der Mastzelle durch ein Allergen überbrückt werden, was zu einer Komplexbildung führt. o Freisetzung von Mediatoren: Dies führt zur Entleerung von Speichergranula, wobei Mediatoren wie Histamin, PAF, Leukotriene, Prostaglandin D2, Tryptase, Heparin und chemotaktische Faktoren freigesetzt werden, die eosinophile und neutrophile Granulozyten anlocken. Wirkung der Mediatoren Frühreaktion: Histamin, PAF, Leukotriene und Kinine sind die Hauptakteure: o Vasodilatation: Blutdruckabfall und verzögerte Rückführung des Blutes zum Herzen. o Permeabilitätssteigerung: Flüssigkeitsaustritt in das Gewebe, was zu einem Verlust des Blutvolumens im Kreislaufsystem führt. o Konstriktion der glatten Muskulatur: Insbesondere in den Bronchien, was zu Atembeschwerden führt. o Sekretion von Schleim: Verengung des Bronchiallumens und Reizung von Nervenenden. Klinische Symptome Typische Symptome einer allergischen Sofortreaktion können sein: o Blutdruckabfall bis hin zu einem Kreislaufschock. o Urtikaria (Nesselsucht) und Angioödeme (subkutane Schwellungen). o Atemwegsverengung durch Angioödeme, was lebensbedrohlich sein kann. o Hautjucken, Niesen, Augentränen, sowie Bronchialspasmen und -verschleimungen. Dauer der Symptome Die akuten Symptome klingen in der Regel innerhalb einer Stunde ab, da die frühen Mediatoren schnell abgebaut werden, ohne dauerhafte Schäden zu hinterlassen. Sensibilisierung und Wiederreaktion Bei jeder erneuten Exposition aktiviert das Allergen die TH2-Gedächtniszellen, was zu einer Proliferation und verstärkten Sekretion von Zytokinen und IgE führt. Mit jedem Kontakt wird das Immunsystem angeregt, und die Sensibilisierung kann sich verstärken. Therapieoptionen H1-Antihistaminika: Blockieren die Histamin-Rezeptoren und verhindern die Wirkung von Histamin. Bei moderneren Antihistaminika der zweiten Generation sind sedierende Nebenwirkungen reduziert. H2-Antihistaminika: Können in Notfällen intravenös gegeben werden. Mastzellstabilisatoren: Wie Cromoglicinsäure, wirken durch Blockade von Chloridkanälen und werden lokal oder oral angewendet, insbesondere bei Nahrungsmittelallergien. Antihistaminika Histaminrezeptoren: Es gibt vier Typen von Histaminrezeptoren, wobei die H1- und H2- Rezeptoren für Allergien besonders relevant sind. o H1-Rezeptoren: Hauptsächlich in Endothelzellen lokalisiert und spielen eine zentrale Rolle in allergischen Reaktionen. o H2-Rezeptoren: V.a. in der Gefäßmuskulatur zu finden und beeinflussen die Gefäßerweiterung. Einsatz: H1- und H2-Antagonisten können sowohl prophylaktisch als auch im Notfall eingesetzt werden. Pathogenese – Spätreaktionen Definition: Eine allergische Spätreaktion kann nach der Sofortreaktion auftreten, oft ohne erneuten Allergenkontakt, und entwickelt sich mehrere Stunden später. o Chemotaktische Substanzen, die aus der Sofortreaktion freigesetzt werden, ziehen weitere Immunzellen wie Eosinophile, Basophile, Lymphozyten und Monozyten an, was zu einer Entzündung führt. Entzündungsmechanismus: Diese Immunzellen setzen zytotoxische Substanzen frei, die Gewebeschäden verursachen können. Therapie: o Glukokortikoide: Diese Medikamente wirken antientzündlich und sind effektiv gegen Spätreaktionen, jedoch kaum bei Sofortreaktionen, da dort noch keine Entzündung vorliegt. o Aufgrund ihres verzögerten Wirkeintritts (10-30 Minuten) können sie sinnvoll in der Akuttherapie eingesetzt werden, um Prolongationen oder biphasische Reaktionen bei Anaphylaxie vorzubeugen. Nicht-genomische Wirkungen von Glukokortikoiden Bei hohen Dosen (über 200 mg Prednisolon-Äquivalent) haben Glukokortikoide membranstabilisierende Eigenschaften. Sie können auch als Notfallmedikament verwendet werden, da sie bei einem anaphylaktischen Schock sedierend wirken und die Krampfschwelle erhöhen, was den Leidensdruck der Patienten verringert. Zirkadiane Rhythmik: Bei der dauerhaften Anwendung von Glukokortikoiden sollte der zirkadiane Rhythmus beachtet werden, um die natürliche hormonelle Regulation zu unterstützen. Die Gabe sollte demnach morgens (zwischen 6 und 8 Uhr) maximiert werden, wenn der körpereigene Kortisolspiegel am höchsten ist. Fazit Antihistaminika sind entscheidend in der Allergietherapie, insbesondere die H1- und H2- Antagonisten. Spätreaktionen können durch immunologische Prozesse nach einer Sofortreaktion bedingt sein und erfordern oft die Anwendung von Glukokortikoiden, um entzündliche Reaktionen zu kontrollieren. Die Beachtung des zirkadianen Rhythmus ist wichtig für die langfristige Behandlung mit Glukokortikoiden. Diagnostik von Allergien 1. IgE-vermittelte Sofortreaktion: o Pricktest: ▪ Ein einfacher Test, bei dem die Haut mit einer Lanzette leicht in die Cutis eingestochen wird. ▪ Dient zur Überprüfung der Hautreaktivität auf Histamin und andere unspezifische Effekte. o Intracutantest: ▪ Hierbei wird tiefer in die Haut gestochen, was invasiver ist, aber eine höhere Sensitivität bietet. ▪ Bietet genauere Diagnosen, birgt jedoch das Risiko von falsch positiven Ergebnissen und kann systemische Reaktionen oder anaphylaktische Schocks auslösen. o Provokationstest: ▪ Wird eingesetzt, wenn die Ergebnisse der oben genannten Tests nicht eindeutig sind. ▪ Beispiel: Anwendung eines Allergensprays bei Rhinitis oder eines Inhalators bei Asthma bronchiale. Therapie von Allergien 1. Medikamentöse Behandlung: o Verwendung von Antihistaminika und anderen medikamentösen Optionen zur Linderung der Symptome. 2. Vermeidung von Exposition: o Reduzierung des Kontakts mit bekannten Allergenen, um Reaktionen zu verhindern. 3. Desensibilisierung: o Verfahren: Subkutane Verabreichung von Allergenen. ▪ Beginn mit niedrigen Dosen, die keine Reaktion auslösen, gefolgt von schrittweiser Erhöhung der Dosis. ▪ Ziel: Stimulation der IgG-Synthese zur besseren Kontrolle der Allergie. ▪ Wichtig ist, dass die Exposition gegenüber Allergenen während dieser Therapie kontrolliert werden kann, z.B. bei saisonalen Allergien wie Pollenallergie. o Analogiebild: Die Desensibilisierung kann als Trainingsprozess betrachtet werden, bei dem der Körper langsam an höhere Allergen-Dosen gewöhnt wird. Fazit Die Diagnostik und Therapie von Allergien umfasst verschiedene Tests zur Feststellung von IgE- vermittelten Sofortreaktionen sowie medikamentöse Behandlungen und Desensibilisierungsstrategien zur Kontrolle der Symptome und Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen. Anaphylaktischer Schock 1. Definition: o Ein anaphylaktischer Schock ist eine lebensbedrohliche, akute allergische Reaktion, die innerhalb weniger Minuten nach dem Kontakt mit dem Allergen auftritt. 2. Ursache: o Entsteht durch eine hochgradige Sensibilisierung und den Wirkungsmechanismus von Schockmediatoren: ▪ Vasodilatation: Führt zu vermindertem venösen Rückfluss und Blutdruckabfall. ▪ Permeabilitätssteigerung: Kleine Blutgefäße werden durchlässiger, was zu Flüssigkeitsaustritt ins Gewebe und Hypovolämie führt, was den Blutdruckabfall weiter verstärkt. ▪ Bronchospasmus: Kontraktion der glatten Muskulatur, insbesondere in den Bronchien, was zu Hypoxämie (verminderte Sauerstoffversorgung) führt. Therapie des Anaphylaktischen Schocks 1. Adrenalin-Injektion: o Führt zu Vasokonstriktion, bronchodilatatorischen Effekten und verringert die Mediatorfreisetzung von Mastzellen und Basophilen. o Kann intravenös vom Arzt oder intramuskulär (meist in den Oberschenkel) vom Laien verabreicht werden. 2. Antihistaminika: o Intravenöse Gabe von sowohl H1- als auch H2-Antihistaminika zur Reduktion allergischer Reaktionen. 3. Volumenersatz: o Infusion zur Wiederherstellung des Blutvolumens. 4. Sauerstoffgabe: o Zur Sicherstellung der Sauerstoffversorgung des Körpers. 5. Glukokortikoide: o Höhere Dosierungen intravenös, um Entzündungsprozesse zu reduzieren. 6. Intensivmedizinische Überwachung: o Kontinuierliche Überwachung des Patienten zur Sicherstellung der Stabilität und sofortige Intervention bei Komplikationen. Fazit Der anaphylaktische Schock ist eine akute und potenziell tödliche Reaktion, die eine sofortige medizinische Intervention erfordert, einschließlich der Verabreichung von Adrenalin und anderen unterstützenden Therapien.