Rechtliche Grundlagen des Verwaltungshandelns PDF
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HöMS, Hessische Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit
RD Lothar Mühl,Prof. Dr. Christiane Wegricht
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This document is a module on the legal foundations of administrative actions. It covers topics such as the structure and responsibilities of administrative bodies, including a look at the role of municipalities.
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Modul V 2.1 Rechtliche Grundlagen des Verwaltungshandelns Skript 2 1. S e me s t e r Begr. Autor: RD Lothar Mühl Bearbeitet durch.: Prof. Dr. Christiane Weg...
Modul V 2.1 Rechtliche Grundlagen des Verwaltungshandelns Skript 2 1. S e me s t e r Begr. Autor: RD Lothar Mühl Bearbeitet durch.: Prof. Dr. Christiane Wegricht Haus- und Postanschrift: Telekommunikation: Hess. Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit Tel.: 0611 3256-4100 Talstr. 3 Fax: 0611 3256-2609 35394 Gießen e-Mail: [email protected] 1 Inhalt Organisation der öffentlichen Verwaltung (Verwaltungsorganisationsrecht) 1. Träger der Verwaltung 2. Verwaltungsaufbau 3. Zuständigkeiten Vorwort Liebe Studierende, im nun folgenden Organisationsteil werden die Träger der Verwaltung, deren Verwaltungsaufbau und die Frage nach der Zuständigkeit im Mittelpunkt stehen. Dieser Teil bietet Gelegenheit, auch einen Blick auf die kommunale Ebene zu werfen. Für die Literaturhinweise beziehen Sie sich bitte auf das 1. Skript. Modulbuch: Für den geforderten Inhalt aus dem Modulbuch deckt dieses Skript ab: Verwaltungsorganisationsrecht 2 Organisation der öffentlichen Verwaltung Verwaltungsaufgaben werden in Deutschland auf verschiedenen Ebenen durch eine Vielzahl von Stellen bzw. Behörden wahrgenommen. Der Begriff der Organisation der Verwaltung hat dabei verschiedene Bedeutung bzw. Ansätze. Angefangen mit der Frage „Wer nimmt Aufgaben der Verwaltung wahr?“ bis hin zu Fragen der inneren Abläufe einer Behörde oder eines Arbeitsplatzes. Hier soll es nicht um die innere Ordnung und Verwaltungsabläufe gehen, sondern Aus- gangspunkt ist die Frage: Wer verwaltet in Deutschland? 1. Träger der Verwaltung Nach Art. 20 II GG geht alle Staatsgewalt und damit auch die vollziehende Gewalt vom Volke aus. Sie wird nach dem GG durch „besondere Organe“ ausgeübt. Staat als Verwaltungsträger Die Trägerschaft meint nicht die konkrete Ausführung - diese erfolgt durch die Mitarbeiterschaft in den Behörden des Verwaltungsträgers – sondern knüpft an einen „Träger“ eigener Rechte und Pflichten an, d.h. an eine rechtsfähige Organisation, hier eine juristische Person1 des öffentlichen Rechts. Da das Volk sich im Staat organisiert hat und der Staat eine von seinen Mitgliedern losgelöste eigene Rechtspersönlichkeit als juristische Person des öffentlichen Rechts hat, gilt vorrangig der Staat als Träger öffentlicher Verwaltung. Die Bundesrepublik Deutschland ist gem. Art. 20 I GG ein „Bundesstaat“, d.h. „Staat“ ist nicht nur die Bundesrepublik Deutschland, sondern auch die Länder, so dass Träger öffentlicher Verwaltung der Bund und die Länder sind. Der so entstehende Föderalismus, der u.a. die Vielfalt der Regionen und die Verhinderung von Machtkonzentration bezweckt, zeigt sich in der allgemeinen Kompetenzaufteilungsregel des Art. 30 GG, nachdem die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben Sache der Länder ist, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Neben dem Bund und den Ländern als juristische Personen gibt es weitere juristische Personen des öffentlichen Rechts (Körperschaften, Anstalten, Stiftungen), die Träger vom Staat abgeleiteter Staatsgewalt sind. Zu nennen sind hier insbesondere die Gemeinden und Landkreise. Diese sind zwar mit Selbstverwaltungsrechten ausgestattet (Art. 28 II GG), gelten nach überwiegender Auffassung aber nicht als originäre Verwaltungsträger, sondern leiten die Trägerschaft von Hoheitsgewalt vom Staat ab.2 1 Eine juristische Person ist – anders als der Mensch als natürliche Person – eine Körperschaft, die aus natürlichen Personen besteht und rechtlich eigenständig ist. Bei privaten juristischen Personen regeln die zivilrechtlichen Gesetze, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um eine rechtsfähige juristische Person sein zu können (z.B. BGB oder GmbHG). 2 Vgl. Bull/Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3/3 Rn. 119 mit Blick auf die historische Entwicklung. 3 Organe, Organ-/Amtswalter Die Verwaltungsträger sind als juristische Personen zwar Träger von Rechten und Pflichten, als rein rechtliche Gebilde sind sie aber nicht handlungsfähig. Nach außen, z.B. gegenüber dem Bürger, muss der Träger durch Organe handeln. Im Bereich der staatlichen Verwaltung sind dies die verschiedenen Bundes- oder Landesbehörden. Bei den sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts handeln die gesetzlich bestimmten Organe dieser juristischen Personen, z.B: Gemeindevorstand, Kreisausschuss, Präsident der Universität. (Diese können aber auch in ihrer Funktion als „Behörde“ im Sinne des § 1 Abs. 2 HVwVfG fungieren, dies wird später bei den Merkmalen eines Verwaltungsaktes näher erklärt.) Letztlich bedarf es für die Ausübung von Verwaltungstätigkeit noch der konkreten Handlungsfähigkeit, der Fähigkeit, nach außen wirksame Handlungen vorzunehmen. Diese besitzen natürliche geschäftsfähige Personen, die für den Verwaltungsträger und dessen Behörden/Organe handeln, die sog. Amts- (bei Behörden im formell-organisatorischen Sinne) oder Organwalter. Sie sind die „Vertreter“, die im Namen des Organs und des Trägers auftreten und ihn verpflichten. Beispiel: Der Verwaltungsträger Gemeinde wird durch den Gemeindevorstand vertreten (vgl. §§ 66 I 3 Nr. 7, 71 I 1 HGO). Erklärungen der Gemeinde werden in seinem Namen durch den Bürgermeister abgegeben (vgl. § 71 I 2 HGO). Vertiefend hierzu siehe Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungsprozessrecht, 20. Aufl. Rn. 204 – 212. Wichtig für Ihre Klausuren ist zu wissen, dass die Verwaltungsträger mit den eigenen Rechten und Pflichten der Bund, die Länder, Kreise, Städte und Gemeinden als juristische Personen des öffentlichen Rechts sind und diese Behörden (Bund und Länder) und Organe (Kreise, siehe § 8 HKO, Städte und Gemeinden, siehe § 9 HGO) haben, die für sie die Aufgaben erfüllen. 4 Juristische Personen des öffentlichen Rechts Von diesen war bereits mehrfach die Rede. Eine juristische Person ist ein fiktives Rechtsgebilde3 mit eigener Rechtspersönlichkeit. Sie sind also selbst Träger von Rechten und Pflichten und können selbst klagen und verklagt werden. Zu den juristischen Personen des öffentlichen Rechts zählen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Juristische Personen des öffentlichen Rechts Körperschaften Anstalten Stiftungen Körperschaften des öffentlichen Rechts zeichnen sich durch folgende Merkmale aus: - Bildung durch oder aufgrund Gesetzes (z.B. § 1 II HGO: „Die Gemeinden sind Gebietskörperschaften.“) - mitgliedschaftliche Organisationsform - Grundlage ist der Selbstverwaltungsgedanke - staatliche Aufgaben unter Aufsicht des Staates. Die Körperschaft ist danach ein vom Staat geschaffener, mitgliedschaftlich verfasster, vom konkreten Mitgliederbestand aber unabhängiger, rechtsfähiger Träger öffentlicher Verwaltung. Anknüpfend an die Mitglieder unterscheidet man zwei Hauptarten: - Gebietskörperschaften, knüpfen die Mitgliedschaft z.B. an den Wohnsitz in einem abgegrenzten Gebiet. Beispiele: Gemeinden, Landkreise, Bundesländer, Bund - Personalkörperschaften, knüpfen die Mitgliedschaft an persönliche Merkmale, Eigenschaften an. Beispiele: Landesärztekammer Hessen, Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KVH), AOK, Universitäten (teilweise), HöMS, Handwerkskammer (§ 90 HandwO) 3 Siehe Detterbeck Rn. 181 und BVerfGE 106, 28 (42): „bloße Zweckgebilde der Rechtsordnung“. 5 Anstalten des öffentlichen Rechts Die Anstalt ist eine mit Personal- und Sachmitteln ausgestattete Organisation.4 Anders als bei den Körperschaften gibt es keine Mitglieder, sondern Benutzer. Auch ist die Rechtsfähigkeit nicht zwingend mit dem Anstaltsbegriff verbunden. Es gibt rechtsfähige Anstalten, denen die Rechtsfähigkeit durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes verliehen wurde. Beispiele: Hessischer Rundfunk (§ 1 I Hess. RdfunkG), Sparkassen (§ 1 I Hess. SpkG), Studentenwerk Gießen Sie sind selbstständige Verwaltungsträger – als Träger mittelbarer Verwaltung – und unterliegen der Rechtsaufsicht des Staates. Daneben gibt es nichtrechtsfähige Anstalten. Sie sind Teil eines Verwaltungsträ- gers, ihr Handeln wird dem Träger direkt zugeordnet. Beispiele: Kommunale Badeanstalt, Museum, ehemalige HfPV (jetzt unsere HöMS) Stiftungen des öffentlichen Rechts Stiftungen des öffentlichen Rechts sind - auf einen Stiftungsakt zurückgehende - verselbständigte Vermögen - zur Erfüllung eines bestimmten öffentlichen Zwecks. Sie können durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes rechtlich verselbständigt werden und sind dann eigener Träger bestimmter Verwaltungsaufgaben. Beispiel: Stiftung Preußischer Kulturbesitz Möglich sind auch rechtlich nichtselbstständige Stiftungen, die dem Träger zuge- rechnet werden, wobei das Stiftungsvermögen als Sondervermögen gilt, vgl. §§ 120, 115 I Nr. 2 HGO für örtliche Stiftungen.5 Privatpersonen als Verwaltungsträger In einigen Verwaltungsbereichen bedient sich ein Hoheitsträger auch privatrechtlich organisierter Rechtspersonen zur Aufgabenerfüllung, die damit ihrerseits Träger von Verwaltung sind. Zu nennen sind zum einen die von einem Hoheitsträger gegründeten oder beherrschten juristischen Personen des Privatrechts, um damit öffentliche Aufgaben zu erfüllen (sog. Verwaltungsprivatrecht). Beispiele: Städtische Klinik GmbH, Stadtwerke AG 4 Detterbeck, Rn. 188. 5 Zu örtlichen Stiftungen vgl. Schlüter, Andreas/Krüger, Doris, Die Gemeinde als Stifter, DVBl. 2003, 830. 6 Ferner die Figur des sog. Beliehenen: Beliehener ist eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts, der durch oder aufgrund eines Gesetzes hoheitliche Aufgaben übertragen sind und diese im eigenen Namen wahrnimmt. Beispiele: Bezirksschornsteinfeger, TÜV (§ 10 KfSachvG, § 29 StVZO), anerkannte Privatschulen Der Staatliche Verwaltungsträger greift hier auf die vorhandene Kompetenz privater Personen oder Einrichtungen zurück und delegiert in Teilbereichen Staatsgewalt auf diese. Der Beliehene unterliegt in diesem Bereich der staatlichen Aufsicht. Abzugrenzen von der Figur des Beliehenen sind: - sog. Verwaltungshelfer, die selbst nicht Träger von Verwaltung sind, sondern dem Träger nur Hilfestellung leisten, z.B. Schülerlotsen - die Einbindung Privater aufgrund privatrechtlicher Verträge, z.B. Beauftragung einer Baufirma mit Straßenbauarbeiten, Beauftragung eines Abschleppunternehmens damit, Fahrzeuge abzuschleppen.6 2. Verwaltungsaufbau Bisher stand die Frage nach der Rechtsträgerschaft im Vordergrund. Der folgende Abschnitt will nun einen genaueren Überblick über die Kompetenzverteilung zwischen den Verwaltungsträgern und deren Verwaltungsaufbau geben. Die Verwaltungskompetenz liegt in der Bundesrepublik Deutschland, wie oben bereits erklärt, schwerpunktmäßig bei den Ländern (Art. 30, 83 GG). Die Länder führen nicht nur ihre eigenen Gesetze, sondern grundsätzlich auch Gesetze des Bundes aus. Das Grundgesetz sieht also nur Bundesbehörden vor, wenn diese nach der Natur der Sache bundeseinheitlich sichergestellt sein muss. Die Länder bedienen sich bei der Ausführung der anderen Bundesgesetze (siehe zu den Gesetzgebungskompetenzen, die in ausschließliche und konkurrierende Gesetzgebungskompetenzen aufgeteilt sind Art. 70 ff. GG) auf der unteren Verwaltungsebene häufig der Kommunen (Gemeinde, Städte, Landkreise). -> Verwaltungskompetenz - Bund nur soweit vom GG ausdrücklich vorgesehen, Art. 86 ff GG, - Länder führen eigene Gesetze und Gesetze des Bundes aus, - Kommunen nehmen auf unterster Ebene Aufgaben wahr, u.a. ihre Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft als Selbstverwaltungsaufgaben, garantiert durch Art. 28 II GG, daneben aber auch Aufgaben, die ihnen das Land zuweist (Weisungsaufgaben und Auftragsangelegenheiten, siehe Art. 4 HGO und HKO). 6 In den Abschleppfällen muss sich der Verwaltungsträger das Handeln des Abschleppunternehmers bei Haftungsfragen zurechnen lassen. 7 Bundesverwaltung Der Bundesverwaltung obliegt die Ausführung von Bundesgesetzen in dem vom GG abschließend genannten Kompetenzbereich, Art. 87 ff GG, z.B. - Auswärtiger Dienst (Art. 87 I GG) - Verwaltung der Bundeswasserstraßen (Art. 87 I, 89 GG), - Bundeswehr (Art. 87 b GG), - Bundesgrenzschutz und Bundesnachrichtendienst7 (Art.87 I GG), - Bundesfinanzen (Art. 87 I GG) und Zollverwaltung (Art. 108 I GG), - Luftverkehr (Art. 87 d GG). Der Bund verwaltet z.T. durch eigene Behörden (unmittelbare Bundesverwaltung), z.T. durch juristische Personen des öffentlichen Rechts (mittelbare Bundesverwaltung). Soweit der Bund mit eigenen Behörden verwaltet, ist die Bundesverwaltung „kopflastig“, d.h. in vielen Bereichen erfolgt die Verwaltung nur auf einer, i.d.R. der obersten Ebene durch die Bundesministerien. Ergänzt wird dies in einigen Bereichen durch den jeweiligen Fachministerien nachgeordnete Bundesoberbehörden, deren Zuständigkeit sich ebenfalls auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt. Beispiele: Statistisches Bundesamt, Kraftfahrtbundesamt, Umweltbundesamt, Bundesnachrichtendienst Der auf Landesebene typische mehrgliedrige Verwaltungsaufbau findet sich auf Bundesebene nur in den vom GG ausdrücklich genannten Fällen. Nach Art. 87 GG werden in bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau nur der Auswärtige Dienst, die Bundesfinanzverwaltung, die Verwaltung der Bundeswasserstraßen und der Schifffahrt sowie nach Art. 87 b GG die Bundeswehrverwaltung geführt. Art. 87 III GG erlaubt die Einrichtung von Bundesoberbehörden. 7 Zivile und militärische Auslandsaufklärung nach dem BNDG (Gesetz für den Bundesnachrichtendienst). 8 Oberste Bundesbehörden Bundesoberbehörden bundesunmittelbare Körperschaften Bundesmittelbehörden Anstalten des öffentlichen Rechts Untere Bundesbehörden Oberste Bundesbehörden sind die Bundesministerien, Bundesoberbehörden sind direkt an die Bundesministerien angegliedert. Daneben eröffnet Art. 86 GG die Möglichkeit, für bestimmte Zuständigkeitsbereiche bundes- unmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts zu errichten und ihnen Verwaltungsaufgaben zu übertragen. Diese nehmen die Aufgaben in eigenem Namen wahr (Fall sog. mittelbarer Bundesverwaltung, siehe Art. 87 III GG). Beispiele: Deutsche Rentenversicherung Bund (seit 2005 bundesunmittelbare Körperschaft), Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (KBS) 9 (KBS in Bochum) Landesverwaltung Die Länder führen neben ihren eigenen Gesetzen auch die meisten Bundesgesetze aus; dies geschieht grundsätzlich in eigener Angelegenheit (Art. 83 GG); ausnahmsweise kann die Ausführung gemäß Art. 85 GG im Auftrage des Bundes erfolgen. Dabei hat der Bund durch Art. 85 GG weitergehende Befugnisse als bei der Landeseigenverwaltung z.B. Kompetenz zum Erlass allg. Verwaltungsvorschriften durch Bundesregierung, Art. 85 II GG, Weisungskompetenz der zuständigen obersten Bundesbehörden an Landesbehörden, Art. 85 III GG Bundesaufsicht bzgl. Gesetzmäßigkeit und Zweckmäßigkeit Beispiele für Ausführung der Gesetze im Auftrage des Bundes: Kernenergie (siehe Art. 87c), Bundesstraßenverwaltung (siehe Art. 90 II GG) Bei der Kernenergie ist der Bundesgesetzgeber durch Art. 87c GG ermächtigt, anzuordnen, dass die entsprechenden Gesetze im Auftrag des Bundes auszuführen sind. Eine Anordnung der Bundesauftragsverwaltung für den Bereich des Atomrechts (Art. 73 I Nr. 14 GG) ist in § 24 I 1 AtG vorhanden. Im Fall der Bundestraßenverwaltung sieht das GG ausdrücklich die Auftragsverwaltung vor. Führen die Länder die Bundesgesetze nicht als eigene Angelegenheit, sondern im Wege der 10 Auftragsverwaltung aus, stehen dem Bund mehr Kontrollmöglichkeiten zur Verfügung (siehe Art. 85 und Art. 84 GG im Vergleich). In Aufbau und Organisation der Verwaltungen weisen die Länder Unterschiede auf, die z.T. auf historischen oder regionalen Gründen beruhen, vor allem aber von der Größe und Struktur (Flächenstaat oder Stadtstaat) geprägt sind. In den sog. Flächenstaaten ist überwiegend – so auch in Hessen – die Landesverwaltung dreistufig ausgestaltet. Oberste Landesbehörden sind der Ministerpräsident und die Ministerien (daneben auch Landesrechnungshof, z.T. auch Landtagspräsident). Ähnlich wie auf Bundesebene gibt es auch auf Landesebene Landesoberbehörden, die für das Gebiet des gesamten Landes zuständig sind und den obersten Behörden unmittelbar unterstehen (z.B. Statistisches Landesamt, Landeskriminalamt). Typisch für die Landesverwaltung ist die Mittelinstanz vor allem der allgemeinen Ver- waltung, die Regierungspräsidien bzw. Bezirksregierungen. Diese Mittelbehörden tauchen auch unter der Bezeichnung „höhere“ oder „obere“ Verwaltungsbehörde auf. Wenn der dreigliedrige Aufbau im Zuge von Verwaltungsreformen zunehmend in Frage gestellt wird, fällt der Blick vor allem auf diese Mittelinstanz. Oberste Behörden Min A Min B Min C Mittlere Behörde RP Untere Behörden Von der Grundidee her sollen diese Behörden zwischen der Regierung bzw. den Ministerien und den unteren Behörden, insbesondere auch den Kommunen, vermitteln. Sie sollen ferner die Ministerien von Verwaltungsaufgaben freihalten und überörtliche Aufgaben wahrnehmen. Da in der Mittelinstanz die auf Regierungsebene in Ministerien ressortmäßig getrennten Aufgaben zusammenlaufen, kommt ihnen ferner eine Bündelungsfunktion zu. 11 Die Wichtigkeit dieser Funktionen und die Frage, ob die Mittelinstanz dem in der Praxis tatsächlich gerecht wird, wird unterschiedlich beantwortet. Oft werden die Mittelinstanzen als reine Aufsichtsbehörden gegenüber den unteren Behörden wahrgenommen, die nicht mehr zum Bild einer Verwaltung passen, die möglichst orts- bzw. bürgernah agieren soll und in der Hierarchie- und Verwaltungsebenen zu reduzieren sind. Vor diesem Hintergrund und dem engen finanziellen Rahmen steht die Abschaffung der Mittelinstanz bei Entscheidungen zur Verwaltungsreform ganz oben (vgl. Entscheidung zur Abschaffung der Bezirksregierungen in Niedersachsen nach der Landtagswahl 2003). Auf der unteren Stufe der Landesverwaltung gibt es einmal eigene Behörden des Landes, z.B.: Finanzämter, Staatliche Schulämter und Landrat als Behörde der Landesverwaltung. Eigene Landesbehörden finden sich vor allem im Bereich sog. Sonderverwaltungen.8 Im Bereich der allgemeinen Landesverwaltung greifen die Länder i.d.R. auf kommunale Behörden zurück, indem sie die Aufgaben an die Kommunen übertragen und sie damit durch kommunale Behörden (als Form mittelbarer Landesverwaltung) wahrnehmen lassen (siehe dazu auch den nächsten Abschnitt über kommunale Verwaltung). Oberste Landesbehörden Landesoberbehörden Landesmittelbehörden Gemeinden, Städte, Untere Landesbehörden Landkreise Kommunale Verwaltung Den Kommunen (Gemeinden, Städte, Landkreise) steht zunächst das Recht zu, die eigenen örtlichen Angelegenheiten im Rahmen ihrer Selbstverwaltung (Art. 28 II GG, Art. 137 HV) zu regeln und zu verwalten. Diese Selbstverwaltungsgarantie soll den Kommunen Handlungsfreiheit bei der Verwaltungstätigkeit in ihrem eigenen Wirkungskreis, d.h. bei der Wahrnehmung der Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft sichern. 8 Sonderbehörden sind Behörden mit enumerativ zugewiesenen speziellen Aufgaben (z.B. Eichbehörden). Der dreistufige Aufbau kann vom Land auch in Sonderbereichen modifiziert werden, wie es z.B. im Polizeibereich (§ 91 HSOG) und Schulbereich (§§ 95 f. HSchG) erfolgt ist. 12 Selbstverwaltungsaufgaben werden in sog. freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben, z.B. Schwimmbäder, Museen (die Grenze der Freiwilligkeit ergibt sich aus § 1 HGO), und pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben, z.B. Müllbeseitigung, Sozialhilfe, unterschieden. Daneben sind die Kommunen – wie bereits oben dargestellt – in die staatliche Verwaltung eingebunden und erfüllen insoweit staatliche Aufgaben (vgl. § 4 I HGO, Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung und § 4 II, III HGO, Auftragsangelegenheiten). Dies sind originär staatliche Aufgaben, die das Land an die Kommunen durch Gesetz überträgt. Beispiele für Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung (vgl. § 4 I HGO): Aufgaben der Bauaufsicht, §§ 60, 61 HBO; Aufgaben der allg. Gefahrenabwehr, §§ 2, 82 HSOG; Aufgaben Naturschutz, § 1 III 1 HAGBNatSchG. Die Kommunen unterliegen bei ihrer Aufgabenerfüllung der Aufsicht des Staates. Charakter und Umfang der Aufsicht richtet sich dabei nach der Art der Aufgaben. Zu unterscheiden sind: Kommunalaufsicht: beinhaltet die Rechtsaufsicht des Staates über die Kommunen. Sie beschränkt sich auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle und greift im Bereich kommunaler Selbstverwaltungsaufgaben (in Hessen geregelt in den §§ 135 ff HGO). Fachaufsicht: beinhaltet eine Rechts- und Zweckmäßigkeitskontrolle von überge- ordneten Behörden gegenüber nachgeordneten Behörden. Kommunen unterliegen ihr, soweit sie als untere Ebene in die Erledigung staatlicher Aufgaben eingebunden sind. Dabei kann der Umfang der Weisungsmöglichkeiten unterschiedlich sein. Im Bereich der Erfüllung von sog. Weisungsaufgaben durch die Kommunen sollen Weisungen sich auf allgemeine Anordnungen beschränken und in der Regel nicht in den Einzelfall eingreifen (vgl. § 4 I HGO). Verwaltung in Gemeinden bzw. Städten Im Bereich der kommunalen Verwaltungsträger gibt es – anders als im Landesbereich – keinen hierarchischen Aufbau mit obersten und nachgeordneten Behörden. Die Gemeinden und Städte handeln durch ihre in den Kommunalverfassungen (in Hessen die HGO) festgelegten Organe. Zu unterscheiden sind dabei: Beschlussorgane: dies sind Gemeindevertretung bzw. Stadtverordnetenversammlung und Vollzugsorgane: dies sind Gemeindevorstand bzw. Magistrat. Es sind Kollektivorgane, bestehend aus den ehrenamtlichen und gegebenenfalls hauptamtlichen Beigeordneten mit dem von den Bürgern direkt gewähltem Bürgermeister als dem Vorsitzenden. Verwaltungsbehörde, d.h. die nach außen gegenüber dem Bürger handelnde Behörde ist in Hessen der Gemeindevorstand bzw. Magistrat. Sie erledigt nach außen Aufgaben aus dem Bereich kommunaler Selbstverwaltung, aber auch die sog. Weisungsaufgaben. Im Bereich staatlicher Aufgabenerfüllung gibt es neben Vorstand bzw. Magistrat noch den Bürgermeister als örtliche Ordnungsbehörde. Anders als bei den sog. Weisungsaufgaben, die den Gemeinden und Städten übertragen und von deren Verwaltungsorgan erledigt werden, werden bestimmte staatliche Aufgaben im Bereich der Gefahrenabwehr nicht an die kommunale Körperschaft, sondern an den Bürgermeister als Ordnungsbehörde als Auftragsangelegenheit (§ 4 II HGO) übertragen. 13 Das Land bedient sich hier zur Erledigung spezieller staatlicher Aufgaben einer kommunalen Behörde, ohne die Aufgaben den Kommunen zu übertragen (Fall sog. unechte Organleihe). Daneben können dem Bürgermeister bzw. Oberbürgermeister weitere staatliche Auftragsangelegenheiten zugewiesen werden. Damit ergibt sich im Bereich der Gemeinden bzw. Städte folgendes Behördenbild: Behörden der Gemeinden bzw. Städte Gemeindevorstand Bürgermeister als Magistrat Ordnungsbehörde Selbstverwaltung, Aufgaben der allgemeinen Weisungsaufgaben Ordnungsbehörde Der Bürgermeister bzw. Oberbürgermeister hat danach eine doppelte Funktion. Zum einen ist er Vorsitzender des Vorstands bzw. Magistrats. Daneben ist er Leiter der Behörde „Bürgermeister/Oberbürgermeister der Gemeinde/Stadt“. Kreisverwaltung Die Situation in den Landkreisen ist im Hinblick auf die Verwaltungsstruktur mit der in den Gemeinden bzw. Städten vergleichbar, weshalb hier nur kurz die unterschiedlichen Begriffe bzw. Bezeichnungen dargestellt werden sollen. Willensbildungs- bzw. Beschlussorgan im Landkreis ist der Kreistag. Verwaltungsorgan und damit nach außen handelnde Behörde des Landkreises ist der Kreisausschuss mit dem Landrat als von den Einwohnern direkt gewähltem Vorsitzenden. Der Landkreis ist – anders als bei Gemeinden und Städten – aber nicht nur kommunale Gebietskörperschaft, sondern das Gebiet des Landkreises bildet zugleich den Bezirk der unteren Behörde der allgemeinen Landesverwaltung. Neben den Kreisausschuss als kommunale Behörde des Landkreises und als Leiter der Kreisordnungsbehörde tritt im staatlichen Bereich in engen Aufgabenfeldern (z.B. Kommunalaufsicht) der Landrat als Be- hörde der Landesverwaltung (siehe §§ 55 ff HKO, Fall sog. echter Organleihe). 14 Behörden auf Kreisebene Kreisausschuss Landrat Landrat Kommunale Behörde als Kreis- als Behörde der des Kreises ordnungsbehörde Landesverwaltung Landrat ist Vorsitzender Staatliche Behörde Aufgaben Staatliche Aufgaben Selbstverwaltungsaufgaben der allg. Ordnungsbehörde z.B. Kommunalaufsicht, Weisungsaufgaben Dem Landrat kommen somit drei Funktionen zu. Er ist zum einen Vorsitzender des Kreis- ausschusses und insofern Repräsentant einer Kommunalen Behörde, zum anderen ist er Leiter der Landesverwaltung auf Kreisgebietsebene. Ferner ist er Leiter der Kreisordnungsbehörde, die staatliche Aufgaben wahrnimmt, aber kommunale Behörde bleibt. 3. Zuständigkeiten Die bisherigen Darstellungen zeigen, dass es verschiedene Verwaltungsaufgaben und mehrere Verwaltungsträger mit z.T. einer Vielzahl von Behörden bzw. Stellen gibt. Von daher ist es angebracht, die Frage nach der Zuständigkeit anzuschließen. Zuständigkeitsüberlegungen stehen in der Praxis häufig am Anfang von Verwaltungstätigkeit. Aus Sicht des Bürgers mit der Fragestellung: „An wen muss ich mich wenden?“ Aus Sicht der Verwaltung bzw. ihrer Mitarbeiter unter der Frage: „Muss oder kann ich mich einer Sache annehmen?“ Dabei handelt es sich um mehr als eine reine Formsache. Eine Regelung von Zuständigkeiten und deren Beachtung ist sinnvoll und notwendig um - eine sachgerechte Erledigung durch die geeignete Stelle zu ermöglichen, - Reibungsverluste und Doppelarbeit zu vermeiden. Die Beachtung der Zuständigkeiten ist Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für Verwal- tungsentscheidungen. Handelt ein Verwaltungsträger oder eine Behörde außerhalb der vorgegebenen Zuständigkeit, stellt dies einen Fehler dar, der grundsätzlich zur Rechts- widrigkeit der Maßnahme, im Fall des § 3 I Nr. 1 HVwVfG sogar zur Nichtigkeit (§ 44 II Nr. 3 HVwVfG) führt. 15 Bei der Bestimmung der Zuständigkeit für eine Aufgabenerledigung bzw. Maßnahme ist zunächst zwischen der Verbands- und der Organ- bzw. Behördenzuständigkeit zu unter- scheiden. Die Verbandszuständigkeit fragt nach dem zuständigen Verwaltungsträger, ihre Klärung geht der Organ- bzw. Behördenzuständigkeit gedanklich voraus. Sie ist in der Praxis weniger problematisch; sie ergibt sich aus den verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Verwaltungskompetenz (siehe oben). Schwieriger und differenzierter ist die Klärung der Organ- bzw. Behördenzuständig- keit. Hier geht es um die Zuständigkeit der nach außen handelnden Behörde, die vom Verwaltungsträger durch Gesetz oder Rechtsverordnung festgelegt wird. Dabei sind zu unterscheiden: - Sachliche Zuständigkeit Sie knüpft an die zu erledigende Sachaufgabe an. Sachliche Zuständigkeitsregeln finden sich in den jeweiligen Fachgesetzen (z.B.: § 89 I, III HSOG, § 60 HBO, § 3 I BNatSchG i.V.m. §§ 1 f.9 HAGBNatSchG), z.T. auch in extra Zuständigkeitsverordnungen (z.B.: HSOG-DVO, StVkRZustV). - Instanzielle Zuständigkeit Sie knüpft an den mehrstufigen Verwaltungsaufbau eines Trägers an und ordnet eine Aufgabe einer bestimmten Ebene zu (oberste, obere, untere Behörde). Dabei ist i.d.R. die untere Behörde vorrangig zuständig (siehe z.B. § 60 I Nr. 1a HBO). - Örtliche Zuständigkeit Sie regelt den räumlichen Tätigkeitsbereich einer Behörde. Hier findet sich neben speziellen gesetzlichen Regelungen (z.B.: § 100 HSOG) auch eine allgemeine Regelung in § 3 HVwVfG. - Funktionale Zuständigkeit Sie stellt, anders als die bisherigen Zuständigkeitsarten nicht auf die Behör- denzuständigkeit ab, sondern auf einen Funktionsträger. Funktionale Zustän- digkeitsregeln weisen eine Aufgabe einem bestimmten Funktionsträger, z.B. dem Behördenleiter, zu. Die funktionale Zuständigkeit ist nur ausnahmsweise in wenigen ausdrücklich fixierten Fällen relevant und auch nur dann gesondert anzusprechen (z.B.: § 8 I 1 Hessisches Personalvertretungsgesetz – HPVG: „Für die Dienststelle handelt ihr Leiter). Trennung von Aufgaben bzw. Zuständigkeiten und Befugnissen Gesetzliche Aufgaben- und Zuständigkeitszuweisungen sind nicht zu verwechseln oder gleichzusetzen mit sog. Befugnisnormen. Befugnisnormen sind erforderlich als gesetzliche 9 Zitation: „f.“ bedeutet, der nächstfolgende Paragraf oder die nächste Seite wird mitumfasst, „ff.“ bedeutet, mehrere nachfolgende Paragrafen oder Seiten werden mitumfasst, allerdings sollte möglichst genau zitiert werden, so dass in der Regel eine Von-bis-Zitation vorzuziehen ist. 16 Grundlage für Eingriffe in Rechtspositionen von Bürgern (Gesetzesvorbehalt, siehe dazu später). Aufgaben- und Zuständigkeitsregeln berechtigen noch nicht zu Eingriffen, sie stellen lediglich die Zuständigkeit klar. Beispiel: §§ 1, 2 HSOG weisen Aufgaben der Gefahrenabwehr bestimmten Behörden zu. Will eine dieser Behörden. gegenüber einem Bürger tätig werden, muss sie ihre Maßnahme auf eine Befugnisnorm, z.B. § 11 HSOG stützen können. Die §§ 1, 2 HSOG stellen keine Eingriffsgrundlage dar. Amtshilfe Die Amtshilfe eröffnet eine behördliche Tätigkeit auch außerhalb der eigenen Zuständigkeit. Dabei hilft die ersuchte Behörde der eigentlich zuständigen ersuchenden Behörde. Nach Art. 35 GG leisten sich alle Behörden des Bundes und der Länder gegenseitig Rechts- und Amtshilfe. Genauere Regelungen zur Amtshilfe finden sich in den §§ 4 ff VwVfG des Bundes und den entsprechenden Verfahrensgesetzen der Länder (in Hessen dem HVwVfG), auf die hier verwiesen wird. Beispiel Amtshilfe: Feuerwehr leuchtet für Polizei eine Einsatzstelle aus. Zu unterscheiden ist die Amtshilfe von der Rechtshilfe (§§ 156 ff GVG), d.h. der Hilfe von Gerichten und Verwaltungsbehörden gegenüber Gerichten zur Erfüllung von Aufgaben der Rechtsprechung. Keine Amtshilfe i.S. der Verwaltungsverfahrensgesetze liegt dann vor, wenn Behörden innerhalb eines bestehenden Weisungsverhältnisses einander Hilfe leisten oder die Hilfe- leistung in Handlungen besteht, die der ersuchten Behörde als eigene Aufgabe obliegt. 17