Theorien der allgemeinen Erziehungswissenschaft in historischer, systematischer Perspektive PDF

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This document presents an overview of the theories of general educational science, covering historical and systematic perspectives. It focuses on key concepts like socialization, education, and methods in educational science, discussing the viewpoints of influential thinkers like Kant and Mollenhauer.

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Theorien der allgemeinen Erziehungswissenschaft in historischer, systematischer Perspektive Dozent: Yannik Zobel Kurs: BEW215 Studentin: Melina Hoffmann 1. Einleitung Erziehungswissenschaft ist ein Bereich der Wissenschaft, die sich mit der Bildung von Menschen zum Ziel hat. Die drei wichtigst...

Theorien der allgemeinen Erziehungswissenschaft in historischer, systematischer Perspektive Dozent: Yannik Zobel Kurs: BEW215 Studentin: Melina Hoffmann 1. Einleitung Erziehungswissenschaft ist ein Bereich der Wissenschaft, die sich mit der Bildung von Menschen zum Ziel hat. Die drei wichtigsten Grundbegriffe der Erziehungswissenschaft sind Sozialisation, Erziehung und Bildung. Neben diesen Grundbegriffen, werde ich in dieser Arbeit auch auf die Methoden in den Erziehungswissenschaften genauer eingehen. 2. Grundbegriff Erziehung Der Erziehungswissenschaftler Wolfgang Brezinka definierte Erziehung folgendermaßen: Eine Erziehung zielt darauf ab, psychische Dispositionen eines zu erziehenden zu verändern, zu verbessern oder zu verhindern. (Brezinka, 1990, S.79). Unter \"psychischen Dispositionen\" versteht Brezinka Fähigkeiten, Einstellungen und Verhalten einer Person, die es im Rahmen einer Erziehung zu verändern gilt. Eine positive Veränderung könnte z.B. die Förderung bereits vorhandener Fähigkeiten erzielt werden. Im Gegensatz dazu könnte ein Erzieher aggressives oder störendes Verhalten eines zu Erziehenden zu verhindern versuchen. Wie wir sehen, ist Erziehung ein aktives Handeln, das bewusst und zielgerichtet von Erziehenden durchgeführt wird. Dabei ist zu beachten, dass die Ziele einer Erziehung je nach kulturellem und sozialem Kontext unterschiedlich sein können, da sich die Werte und Normen in verschiedenen Gesellschaften unterscheiden können. Bereits für Immanuel Kant war klar, dass eine Erziehung zielgerichtet sein muss, denn nur durch diese kann ein Mensch zu einem Menschen werden \"Die Edukation ist ein wichtiges Geheimnis der menschlichen Natur. Sie ist eine Sache der Menschheit, die Naturanlage proportionierlich zu entwickeln und dem Menschen seine Bestimmung zu erreichen\" (vgl. Kant....... S.43). Auf diese Weise sollte jede Generation durch bessere Erziehungsmethoden die vorherige übertreffen und so die Menschheit insgesamt immer weiter verbessern. Kant beschrieb die Erziehung als eine Kunst. Die Erziehungskunst oder die Pädagogik muss nach Kant \"judiziös\" werden, d.h. planvoll und auf begründeten Urteilen beruhend. Also sieht Kant die Erziehung als intentional oder absichtsvoll. Nach Kant durchläuft die Erziehung eines Kindes vier Stufen (vgl. Kant.... S.44): Disziplinierung: Diese Stufe ist notwendig, um die \"Wildheit\" des Kindes zu zähmen. Ordnung und Gehorsam sind die Basis für eine erfolgreiche Erziehung. Kultivierung: Diese Stufe umfasst die Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten, die der Mensch benötigt, um ein wertiges Mitglied in der Gesellschaft sein zu können, z.B. lesen, schreiben oder musizieren. Zivilisierung: Bei der Zivilisierung geht es um die Vermittlung sozialer Kompetenzen und Verhaltensregeln, die notwendig sind, um sich in der Gesellschaft angemessen zu verhalten. Moralisierung: Kant bezeichnet die Moralisierung als die höchste Stufe der Erziehung. Kant betont, dass die moralische Erziehung wesentlicher Bestandteil der Erziehung ist, da sie die Menschen nicht nur zu geschickten und zivilisierten, sondern auch zu guten und tugendhaften Individuen machen. Im Text (referenz) diskutiert Kant die „Naturanlagen" des Menschen sowie deren Entwicklung durch Bildung. Als Naturanlagen bezeichnet Kant angeborene Fähigkeiten oder Potenziale, die im Menschen schlummern und durch eine angemessene Erziehung entwickelt und gefördert werden können, werden. Diese Perspektive unterstreicht die Notwendigkeit, den Menschen durch Bildung und Erziehung zu ihrer Bestimmung zu führen, da er nicht von Natur aus fertig ist. Das setzt voraus, dass der Mensch \"plastisch und formbar\" ist. Ein wichtiges Element bei der Erziehung nach der Idee Kants ist Zwang, der notwendig ist um dem zu Erziehenden zu erlauben später seine Freiheit vernünftig zu nutzen (\..... S.45). Es muss aber darauf geachtet werden, dass ein Kind nicht \"dressiert\" wird, d.h. wenn das Kind nur durch Disziplin ohne Moralisierung wie ein Tier trainiert wird, bestimmte Verhaltensweisen zu zeigen. Eine Erziehung durch Dressur ist wertlos, da die dahinterliegenden Werte und Überzeugungen nicht verinnerlicht werden. Als Beispiel führt Kant ein Kind an, welches lügt. Dieses Kind soll man nicht allein bestrafen, sondern man sollte eher ihm sagen, dass man ihm in der Zukunft nicht mehr glauben wird. Nur durch Einsicht verstehen Kinder, warum man nicht lügen soll, oder allgemein formuliert: Kinder sollen in der Lage sein, die moralische Richtigkeit ihrer Handlungen zu verstehen und aus freien Stücken danach zu handeln (vgl. Kant... S.46). 3. Kritische Erziehungswissenschaft Im Gegensatz zu Immanuel Kant betont Klaus Mollenhauer die Bedeutung der Erziehung und Bildung als gesellschaftliche Prozesse, die durch historische und kulturelle Kontexte beeinflusst werden. Während Kant als Ziel der Erziehung die Formung eines Menschen zu einem geschickten, vernünftigen und moralischen Wesen sieht, sieht Mollenhauer ls Ziel der Erziehung den Menschen zu einem kritischen und mündigen Bürger zu machen, der fähig ist die gesellschaftlichen Strukturen zu hinterfragen und aktiv an der Gesellschaft teilzunehmen (kritische Erziehungswissenschaft). Selbstbestimmung oder Emanzipation ist ein wesentlicher Bestandteil der kritischen Erziehungswissenschaft. Erziehung wird als ein gesellschaftlicher Prozess betrachtet, und nicht nur als Instrument zur Wissensvermittlung und zur Formung von Individuen zu vernünftigen und moralischen Menschen. Für Mollenhauer war klar, dass Erziehung nicht losgelöst von gesellschaftlichen Verhältnissen betrachtet werden kann. Sie ist vielmehr ein Spiegelbild der herrschenden Machtverhältnisse und dient oft dazu, diese zu reproduzieren. Das zweite Argument war die Kritik an der traditionellen Erziehung. Mollenhauer hatte die traditionelle Erziehung als autoritär und dogmatisch kritisiert, da sie die Selbstständigkeit und das kritische Denken der Kinder und Jugendlichen unterdrückt. Mollenhauer wimet sich in seinem Text ausführlich der Theorie von Wolfgang Brezinka (vgl. Referenz). Er sagt, dass die Erziehungswissenschaft konstitutiv ist, d.h. Bildung und Erziehung in der Jugend des Subjekts ihren Zweck erfüllen. Dies steht im Einklang mit dem erkenntnisleitenden Interesse der Erziehungswissenschaft, nämlich dem Interesse an Emanzipation. Wenn eine Person volljährig, geschäftsfähig und strafbar ist, wird sie als mündig bezeichnet. Es ist die Absicht, die Naturwissenschaft als einen Gegensatz zur Erziehungswissenschaft zu betrachten. (Siehe Mollenhauer\... Seite 254). Für Brezinka ist die normative emotionale Steuerung ein wissenschaftlicher Zweck, der im Konzept der Wissenschaft enthalten sein muss. Der Objektbereich der Erziehungswissenschaft ist durch kommunikative Erfahrung definiert. Am Beispiel derErziehungsforschung ist die Kontrolle der Chancengleichheit im Bildungswesen zu erhalten. Mollenhauer fordert eine Erziehung, die bestehende Machtstrukturen infrage stellt und Selbstbestimmung der Lernenden fördert. In der traditionellen Erziehung ist ein bestimmtes Machtverhältnis vorhanden, das sich die Erwachsenen aneignen. Sie übernehmen die Kontrolle eines zukünftigen Menschen. Daher ist diese Art der Erziehung nicht neutral und es besteht die Gefahr, dass soziale Ungleichheiten weitergegeben werden, anstatt sie zu hinterfragen. Nach Mollenhauer kann Erziehung als Chance gesehen werden, um Chancengleichheit in der Gesellschaft zu fördern und die soziale Ungleichheit abzubauen. Ein wesentlicher Faktor ist dabei die Emanzipation der zu erziehenden Individuen, d.h. die Lernenden sollen möglichst selbstbestimmt lernen. Das bedeutet, dass alle Lernenden die Möglichkeit haben sollen, die Fähigkeiten und Talente zu entfalten und sich aktiv an der Gestaltung der Gesellschaft zu beteiligen. Leider kommen dabei oft Chancenungleichheiten zu Tage, denn die sozialen Herkünfte der zu Erziehenden beeinflussen ihre Bildungschancen. Ebenso kann es zu einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Hautfarbe, Religion usw. kommen (vgl. Mollenhauer; Erziehung und Emanzipation, S.255-256)? 4. Grundbegriff Bildung Im Gegensatz zu Erziehung ist Bildung ein umfassender Prozess, der sowohl die individuelle Entwicklung als auch die Wechselwirkung zwischen dem Menschen und seiner Umwelt umfasst. Ein entscheidender Beitrag zur Bildungstheorie kam von Wilhelm von Humboldt, indem er die Entwicklung der individuellen Fähigkeiten und die Entfaltung der Persönlichkeit als zentrale Ziele der Bildung definiert (vgl. Theorie der Bildung des Menschen\", W.v. Humboldt, 1793). Bildung wird dabei als ein Mittel betrachtet, durch das der Mensch seine inneren Werte steigern und seine Fähigkeiten und Talente besser entfalten und somit die Gesellschaft bereichern kann. (Vgl. Humboldt Theorie der Bildung des Menschen, S.282.284). Nach Humboldt bildet sich der Mensch seiner Leben lang in einer dynamischen Wechselwirkung mit der Welt. Der Mensch soll dabei vielfältige Erfahrungen in verschiedenen Bereichen des Lebens sammeln. Diese Wechselwirkung trägt dazu bei, dass der Mensch seine Fähigkeiten weiterentwickelt und sich selbst besser versteht (vgl. Humboldt, Theorie der Bildung des Menschen, S. 287). Wolfgang Klafki beschreibt in seiner Bildungstheorie Bildung als einen Prozess, der sowohl individuelle als auch gesellschaftliche Dimensionen beinhaltet. Bildung muss nach Klafki selbständig erarbeitet und verantwortlich gebildet wird. Dabei betont Klafki, dass Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten Zugang zu Bildung haben müssen. Die folgenden drei Grundfähigkeiten sind dabei wesentlich: - Selbstbestimmung: der Mensch muss in der Lage sein über Lebensbeziehung zu reflektieren. - Mitbestimmung: der Mensch erkennt seine Verantwortung und seine Möglichkeiten aktiv an der Gestaltung der gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse teilzunehmen. - Solidaritätsfähig: der eigene Anspruch auf Selbstbestimmung ist nur gerechtfertigt, wenn er mit dem Einsatz für andere verbunden ist, die aufgrund gesellschaftlicher Verhältnisse benachteiligt sind. (Vgl. Klafki S269). 5. Sozialisation Sozialisation ist ein Prozess, in dem der Mensch Werte, Normen, Verhaltensweisen und soziale Fähigkeiten erwirbt, die ihrer Kultur angemessen sind. Dieser Prozess fängt in der Kindheit an und dauert das ganze Leben an. Die Sozialisation geschieht durch verschiedene Bereiche des sozialen Umfelds wie zum Beispiel Familie, Schule, Medien oder Peer Groups. In der Sozialisation gibt es verschiedene Phasen, die man durch Erleben wird. Einmal die primäre Sozialisation: findet in der frühen Kindheit statt, hauptsächlich in der Familie. Hier lernen Kinder, nicht nur sprechen, sondern auch Werte und Normen. (referenz?) Die sekundäre Sozialisation findet etwas später statt und meistens mit Gleichaltrigen. Hier werden verschiedene Rollen und Verhaltensweisen erlernt. In der tertiären Sozialisation bezieht sich das Alter auf das Erwachen des Alters, wo Individuen weiterhin neue soziale Kontakte wie zum Beispiel Berufsfeld entwickeln. (referenz?) Pierre Bourdieu entwickelt in seinem Werk \"Ökonomisches, soziales und kulturelles Kapital\" (1992) eine Theorie der verschiedenen Formen von Kapital (ökonomisches, kulturelles und soziales Kapital). Er analysiert den Einfluss dieser Formen des Kapitals und deren Wechselwirkungen auf die Gesellschaft. Kapital spielt eine wesentliche Rolle in der Sozialisation, da es die Ressourcen und Möglichkeiten beeinflusst. Einmal findet das kulturelle Kapital oft in Familien statt und es wird deutlich, dass Familien mit höherem kulturellem Kapital bessere Chancen auf Bildung haben. (vgl. Bourdieu Theorie der Sozialisation, S.219). Das soziale Kapital bezieht sich auf die Netzwerke und die Beziehungen, die Personen zueinander haben. Nach Bourdieu erleichtert ein starkes Netzwerk den Zugang zu Ressourcen, Information und Unterstützung (vgl. Bourdieu Theorie der Sozialisation, S.225). Das ökonomische Kapital umfasst finanzielle Ressourcen, die den Zugang zur Bildung und anderen Aktivitäten ermöglichen. (Vgl. Bourdieu S228). 6. Methoden empirischer Erziehungswissenschaft Bei dem Text von Reinhard Koller S177ff. über die Methoden in den Erziehungswissenschaften werden Wissenschaftstheorien beschrieben. Dabei lassen sich 3 Grundpositionen bzw. Wissenschaftskonzeptionen unterscheiden (Koller S178). Die drei Grundpositionen sind empirische Erziehungswissenschaft, hermeneutische (geisteswissenschaftlicher Ansatz) und kritische Erziehungswissenschaft. Empirische Erziehungswissenschaft umfasst einen Teilbereich der Erziehungswissenschaft, der sich wissenschaftlichen Untersuchungen von Erziehungswissenschaft widmet. Hier stehen die systematische Erfassung und Analyse pädagogisch relevanter Tatsachen im Vordergrund. Empirische Methoden werden durch beispielsweise Beobachtungen, Befragungen oder Experimente gewonnen. Popper (Popper 1935/1994, 15) stellt fest, dass empirische Wissenschaft überprüfbar sein muss. Beispiele für nicht überprüfbare empirische Aussagen sind z.B. \"hier wird es morgen regnen oder nicht regnen", oder "Es gibt Gott". Die erste Aussage kann weder als zutreffend bezeichnet werden noch kann sie widerlegt werden, die zweite Aussage ist ebenfalls irrelevant, da es keine empirische Überprüfung für sie gibt (vgl. Koller, S.191). Die hermeneutische Erziehungswissenschaft wurde von Hermann Hohl (1879--1960), Wilhelm Filter (1889--1990) und Erich Weniger (1894--1961) vertreten. Dabei handelt es sich um eine Forschungsmethode in der geisteswissenschaftlichen Pädagogik. Heute wird die Erziehungswissenschaft nicht mehr als Geisteswissenschaft angesehen, sondern als Sozialwissenschaft. Hermeneutik stammt aus dem Griechischen und bedeutet ursprünglich „Kunst des Deutens". Erklären und Verstehen sind zwei wichtige Bestandteile dieser Methode (Vgl. Klafki. Koller S.202) (vgl. Dilthey1900-1982 im Text Koller S204). Zu den Methoden gehören Interviews, Beobachtung, Dokumentenanalyse. Das Ziel, das Verstehen von subjektiven Erfahrungen, Interpretation von Texten und Symbolen, Entwicklung von Handlungsempfehlungen auf der Grundlage eines tiefen Verstehens. Hingegen geht die kritische Erziehungswissenschaft, in welcher Jürgen Habermas ein wichtiger Vertreter ist, über das Erklären und Verstehen hinaus. Das Ziel ist, dass zu Erziehende selbst in der Lage sind, sich ohne Rücksicht auf ihre soziale Herkunft weiterzubilden, siehe Punkt 3. 7. Schlussbemerkung Die übersichtliche Struktur des Seminars erlaubte es einen guten Überblick über die Grundbegriffe Erziehung, Bildung und Sozialisation zu bekommen. Es wurde durch das Seminar auch klarer welche Wissenschaftstheorien es gibt und wie sich diese untereinander unterscheiden. Meine Präferenz liegt bei der kritischen Erziehungswissenschaft, da mir diese am umfassendsten erscheint.

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