Moralentwicklung im Jugend- und Erwachsenenalter PDF

Summary

Dieses Dokument fasst die Moralentwicklung im Jugend- und Erwachsenenalter zusammen. Es beschreibt Kohlbergs Theorie des moralischen Urteils und untersucht die Zusammenhänge zwischen kognitiver Entwicklung und moralischem Handeln. Es werden verschiedene Stufen und Einflussfaktoren analysiert, wie z.B. Kognition, Geschlecht, soziale Umfeld und elterliche Erziehung.

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4 Vorlesung Moralentwicklung im Jugend- und Erwachsenenalter 1. Kohlbergs Theorie des moralischen Urteils 2. Entwicklung des moralischen Urteils nach Kohlberg 3. Bewertung von Kohlbergs Theorie des moralischen Urteils 4. Ausgewählte Einflüsse auf die moralische Entwicklung 45.) Was ist die Erläuter...

4 Vorlesung Moralentwicklung im Jugend- und Erwachsenenalter 1. Kohlbergs Theorie des moralischen Urteils 2. Entwicklung des moralischen Urteils nach Kohlberg 3. Bewertung von Kohlbergs Theorie des moralischen Urteils 4. Ausgewählte Einflüsse auf die moralische Entwicklung 45.) Was ist die Erläuterung für die Verbindung von kognitiver und moralischer Entwicklung? - durch oberflächliche Betrachtung ist nicht zu entscheiden, ob Handlung moralisch ist oder nicht Moral eines Verhaltens beruht zum Teil auf Kognitionen, die dem Verhalten zugrunde liegen für die Beurteilung eines Verhaltens als moralisch oder unmoralisch sind Überlegungen, die hinter der Handlung stehen, entscheidend Veränderungen im moralischen Denken stellen die Grundlage für die Moralentwicklung dar 46.) Was war die Annahme von Kohlbergs Stufentheorie des moralischen Urteils? - Moralentwicklung durchläuft eine spezifische Abfolge diskontinuierlicher und hierarchischer Stufen - jede Stufe bringt eine qualitativ andersartige, angemessenere Denkweise zum Ausdruck als die jeweils vorangegangene Stufe - Sozialisationseinflüsse können den Entwicklungsprozess beschleunigen oder hemmen, nicht aber die Reihenfolge der Stufen verändern - Personen unterscheiden sich darin, welche höchste Stufe des moralischen Urteils sie erreichen - Rückschritte (Regressionen) sind ausgeschlossen, weil die niedrigere Stufe jeweils vollständig von der höheren Stufe ersetzt wird 47.) Wodurch ist nach Kohlberg die moralische Entwicklung gekennzeichnet? 1. Erweiterung der Perspektive: - weg von einer egozentrischen Sichtweise hin zur Berücksichtigung der Ansprüche anderer Mitglieder der sozialen Gemeinschaft 2. Zunahme der moralischen Selbstbestimmung: - Regeln und Normen werden immer kompetenter hinterfragt 3. Verbesserung der Begründung der Regeln und Normen: - weg von drohenden Strafen bei Normverstößen hin zu abstrakten Begründungen 48.) Was sind Kohlbergs Niveaus des moralischen Urteils? Präkonventionelles Niveau - moralisches Denken ist selbstbezogen - es konzentriert sich darauf, Belohnung zu bekommen und Strafe zu vermeiden Konventionelles Niveau - moralisches Denken ist an sozialen Beziehungen orientiert - es konzentriert sich auf die Übereinstimmung mit sozialen Pflichten und Gesetzen Postkonventionelles Niveau - moralisches Denken ist an Idealen ausgerichtet - es konzentriert sich auf moralische Prinzipien 49.) Was ist die Grundlage der Entwicklung des moralischen Urteils? - altersabhängige Fortschritte der kognitiven Fähigkeiten (insbesondere Perspektivenübernahme) Entwicklung der sozialen Perspektivenübernahme über die Niveaus hinweg: Präkonventionelles Niveau: egozentrische Perspektive Konventionelles Niveau: Berücksichtigung mehrerer Perspektiven Postkonventionelles Niveau: gesamtgesellschaftliche Perspektive 50.) Was sind die Stufen des moralischen Urteils nach Kohlberg? Moralisches Denken verändert sich systematisch mit dem Alter 51.) Wie ist die Entwicklung des moralischen Urteils von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter? - Denken auf präkonventionellem Niveau dominiert vor allem in der Gruppe der 10jährigen - Urteile auf präkonventionellem Niveau kommen ab 20 Jahren nicht mehr vor - konventionelles Niveau spätestens in der Gruppe der 16- bis 18-jährigen - Urteile auf konventionellem Niveau bleiben bis ins mittlere Erwachsenenalter hinein vorherrschend - postkonventionelles Niveau wird im Erwachsenenalter nur bei ca. 1/10 der Urteile erreicht 52.) Wie ist die Bewertung von Kohlbergs Theorie des moralischen Urteils? Belege für Kohlbergs Stufensequenz Überzeugende Belege für Kohlbergs Stufensequenz aus Längsschnittstudien: - Individuen bewegen sich in der Regel in der von Kohlberg postulierten Reihenfolge durch die Stufen hindurch =>relativ systematische altersabhängige Veränderungen im moralischen Denken und Urteilen von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter - Universalität der Stufen 1 bis 4 in verschiedenen Kulturen gut belegt - Denken auf postkonventionellem Niveau (Stufe 5 und 6) selbst im Erwachsenenalter nur bei recht wenigen Menschen 53.) Wie sind die Zusammenhänge zwischen moralischem Denken und moralischem Verhalten? - Zusammenhang mittlerer Höhe zwischen dem Niveau des moralischen Denkens von Menschen und der tatsächlichen Moralität ihres Verhaltens Menschen mit moralischem Denken auf höherer Ebene - neigen häufiger dazu, anderen zu helfen - sind seltener an kriminellen Aktivitäten beteiligt - verhalten sich mit höherer Wahrscheinlichkeit auf moralische Weise =>Kohlbergs Theorie ist hilfreich für das Verständnis, wie kognitive Prozesse zum moralischen Verhalten beitragen 54.) Was ist die Kritik dabei ?: Keine Aussagen zu Anfängen der moralischen Entwicklung möglich - Kohlberg setzte Dilemmata erst ab dem Alter von 10 Jahren ein Keine Charakterisierung der Anfänge der moralischen Entwicklung Spätere Studien: - Vermeiden von Strafe hat im Denken in der mittleren und späteren Kindheit geringere Relevanz als von Kohlberg angenommen - Kinder sehen Strafe eher als Konsequenz von Regelverletzungen (nicht als Motiv für die Einhaltung von Regeln) Moralische Urteile sind zu gewissem Grad kontextabhängig - höhere Stufe des moralischen Denkens bei erfahrungsnahen Dilemmata - moralisches Urteil z.T. abhängig von Lebensbereich, in dem es gefällt wird; z.B. im Wirtschaftsleben: Eigeninteresse relevanter (Stufe 2); im familiären Kontext: Fürsorge und Solidarität relevanter (Stufe 3) Veränderungen des moralischen Denkens sind nicht diskontinuierlich - moralisches Urteilen eines Menschen kann bei unterschiedlichen Gelegenheiten unterschiedlichen Stufen zuzuordnen sein =>Veränderungen des moralischen Denkens verlaufen nicht diskontinuierlich (in Stufen) Stattdessen: - Kinder und Erwachsene erwerben zwar nach und nach die kognitiven Fähigkeiten, mit denen sie höhere Stufen des moralischen Denkens nutzen können, Aber sie verwenden auch niedrigere Stufen wenn diese mit ihren Zielen, Motiven oder Überzeugungen in einer Situation übereinstimmen Kulturelle Unterschiede im moralischen Urteil - Universalität der Stufen 1 bis 4 bestätigt, aber: - Befunde, dass die moralischen Denkmuster von Kindern in nicht-westlichen, nicht- industrialisierten Kulturen meist nicht so weit voranschreiten wie bei westlichen Peers Erklärung: - in ländlichen Gesellschaften basiert moralische Kooperation auf direkten zwischenmenschlichen Beziehungen - Fragen der individuellen Rechte und der zivilen Freiheiten sind weniger relevant - in einigen Gesellschaften: Gehorsam gegenüber Autoritäten, Älteren und religiösen Geboten wird höher bewertet als Prinzipien der Freiheit und der individuellen Rechte => Kritik: Kohlbergs Methodik spiegelt verzerrte Auffassung von Moral wider, die für nicht- westliche Kulturen nicht gültig ist Die Theorie ist nur gültig für Jungen/Männer, nicht für Mädchen/Frauen - Kritik von Carol Gilligan - Kohlberg verwendete eine rein männliche Stichprobe - Gilligan postuliert Unterschiede zwischen weiblichem und männlichem moralischen Denken - männliche vs. weibliche Probanden erreichen auf Kohlberg Moralstufen ähnliche Werte 55.) Was sind Ausgewählte Einflüsse auf die moralische Entwicklung? 1. Kognitiver Entwicklungsstand - schon Piaget betonte den Einfluss der kognitiven Entwicklung auf die Entwicklung des moralischen Urteilsvermögens - Kohlberg sah die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme als bedeutsam an 2. Geschlecht - keine Unterschiede in den erreichten Stufen des moralischen Denkens und Urteilens zwischen Männern und Frauen - Frauen aber etwas fürsorgeorientierter als Männer - Frauen haben stärkere Motivation, sich moralisch zu verhalten 3. Sozioökonomischer Status - Zusammenhang zwischen sozioökonomischem Status und moralischer Urteilsfähigkeit - dieser bleibt auch bei Kontrolle der Einflüsse der Intelligenz signifikant 4. Elterliches Erziehungsverhalten Erklärender (induktiver) Erziehungsstil: - Erläuterungen von Geboten und Verboten, die dem Verständnis des Kindes angemessen sind - deutlich machen der Folgen des Verhaltens Macht ausübender (autoritärer) Erziehungsstil: - Entzug von Privilegien und körperliche Strafen, wenn sich das Kind nicht erwünscht verhält - Autoritärer Erziehungsstil ungünstig für moralische Entwicklung: - moralisches Verhalten zur Vermeidung von Strafe (Kohlbergs Stufe 1) - weniger moralisches Verhalten in Situationen, in denen Eltern nicht kontrollieren 5. Allgemeine Qualität der Eltern-Kind-Beziehung Responsivität: - Erkennen der inneren Zustände des Kindes Höhere elterliche Responsivität geht mit günstigerer moralischer Entwicklung einher: - Kinder responsiver Mütter sind weniger psychisch gestresst und eher bereit, elterliche Gebote einzuhalten 6. Beziehungen zu Gleichaltrigen (Peer-Beziehungen) - Auseinandersetzung mit Argumenten Gleichaltriger regt die moralische Entwicklung an Grund: aufgrund der Symmetrie der Peerbeziehungen gelingt es leichter, sich in die anderen hineinzuversetzen und einen Konsens zu finden

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