Psychologische Grundlagen PDF

Summary

This document outlines the fundamentals of social psychology, including its core concepts and application in health and social sciences. It introduces key concepts like interpersonal dynamics and group processes, and discusses ways social psychology can be applied in a social work context. The text is likely part of lecture notes or study material for a psychology course at a German university.

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lOMoARcPSD|36525295 Psychologische Grundlagen Gesundheitswissenschaftliche und Psychologische Grundlagen (Fachhochschule Münster) Scansiona per aprire su Studo...

lOMoARcPSD|36525295 Psychologische Grundlagen Gesundheitswissenschaftliche und Psychologische Grundlagen (Fachhochschule Münster) Scansiona per aprire su Studocu Studocu wird von keiner Universität gesponsert oder unterstützt. Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Psychologische Grundlagen VL 1: Sozialpsychologie ~ Grundlagen der Psychologie (Allgemeine und Biologische Psychologie): Wie funktioniert Wahrnehmung, Gedächtnis, Lernen? Was ist das biologische Korrelat (sinnvolle Beziehung eines psychologischen Sachverhalts zu einem körperlichen oder seelischen Faktum) von Gefühlen? (Allgemeine Prinzipien, die auf möglichst viele Menschen zutreffen) Grundlagendisziplinen der Psychologie: o Persönlichkeitspsychologie: Wie unterscheiden sich Menschen voneinander? o Entwicklungspsychologie: Entwicklung und Veränderung menschlichen Erlebens und Verhaltens über seine gesamte Lebensspanne o Sozialpsychologie: direkter/ indirekter Einfluss anderer auf unser Verhalten/ Erleben Anwendungsfächer der Psychologie: o Klinische Psychologie: Störungen mit Krankheitswert, psychische Störungen (Fundament der Psychotherapie) o Pädagogische Psychologie: Lernen, wie funktioniert Schule, Arbeitsmaterialien o Arbeits- und Organisationspsychologie: Mensch in der Arbeitswelt (wie wird man nicht krank auf der Arbeit), Organisationspsychologie: Fokus auf Führungskräfte Weitere Anwendungsfächer z.B.: Gemeindepsychologie, Umweltpsychologie, Schulpsychologie, Werbepsychologie, Rechtspsychologie etc. Sozialpsychologie o Sigmund Freud, 1921: Wenn man glaubt den Menschen völlig verstanden zu haben merkt man, dass man gar nichts verstanden hat, wenn dieser in einem sozialen Kontext steht und sich plötzlich anders verhält (man kann Menschen nicht außerhalb seiner sozialen Bezüge sehen) -> wir können den Menschen nie ganz verstehen, wenn wir ihn nicht als etwas Soziales verstehen würden o Gordon Allport, 1968 (Definition): „Sozialpsychologie versucht zu verstehen und zu erklären, wie die Gedanken, Gefühle und Handlungen von Individuen durch die wahrgenommene oder vorgestellte Gegenwart Anderer beeinflusst Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 werden.“ (Andere müssen nicht anwesend sein, um den Menschen zu beeinflussen) Unterschiedliche Ebenen: o Intrapersonale Prozesse: innerhalb einer Person (Selbstkonzept, Stimmung, Einstellungen, soziale Wahrnehmung und Informationsverarbeitung) o Interpersonale Prozesse: zwischenmenschliche Prozesse (Zwischenmenschliche Anziehung, sozialer Einfluss, aggressives/ prosoziales Verhalten) -> wie gehen Menschen miteinander um, wie kommunizieren sie miteinander? Wie beeinflussen sich Menschen gegenseitig und wie verstehen sie sich? Wie bauen wir Beziehungen auf und lösen Konflikte? o Intragruppenprozesse: Prozesse innerhalb einer Gruppe (Dynamiken, Gruppendenken, Entscheidungen in Gruppen, Gruppenführung) o Intergruppenprozesse: Prozesse zwischen Gruppen (Konflikte zwischen Gruppen, Versöhnung, Vorurteile, Stereotype) Bedeutung der Sozialpsychologie für die Soziale Arbeit: Sozialpsychologische Kenntnisse sind für (fast) alle Tätigkeitsfelder der Sozialen Arbeit relevant: o Beratung – Zwischenmenschliche Probleme (Partnerschaft, Freundschaft) – Probleme, die durch Diskriminierung entstehen … o Trainings – Förderung prosozialen Verhaltens – Anti-Aggressionstrainings … o Mediation/Moderation – Intergruppenkonflikte (Schlichten von Konflikten) … o Case-Management – Eindrucksbildung – Soziale Einbindung – Motivation zu Verhaltensänderungen… o Teamarbeit – Entscheidungsfindung in Gruppen … Sozial(Psychologie) ist eine (quantitativ-) empirische Wissenschaft o Empirisch: aus der Erfahrung, auf dem Wege der Empirie gewonnen, auf ihr beruhend o Annahmen werden an der Realität geprüft (Falsifikation) o Schwächen der Laienpsychologie (Reicht gesunder Menschenverstand nicht aus?) ▪ Übersehen von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen (höherer Ausbruch von Corona- Infektionen bei Migrant*innen: halten sich nicht an die Regeln; engerer Wohnraum, können sich nicht aus dem Weg gehen) ▪ Vernachlässigung des sozialen Kontexts (Einfluss der Situation) ▪ Unkenntnis des eigenen Einflusses auf die Wahrnehmung Begrifflichkeiten Studie = wissenschaftliche Untersuchung (Korrelationsstudie oder Experiment) Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 o Korrelationsstudie (z.B. Interviews, Umfragen): wird verwendet, um die Stärke der Beziehung zwischen Variablen zu testen (Variablen werden beobachtet, ohne dass die forschende Person sie manipuliert) -> hohe externe Validität o Experimente: wird verwendet, um Ursache- Wirkungs- Beziehungen zwischen Variablen zu testen (unabhängige Variable wird manipuliert und eine abhängige Variable wird beobachtet -> z.B. Hat die Veränderung einer unabhängigen Variable (Dosierung eines Medikaments) einen Einfluss auf die abhängige Variable (Blutdruck) Proband*in = ein*e Teilnehmer*in an einer Studie, eine Versuchsperson Stichprobe = die Gruppe der Proband*innen, die an einer Studie teilnimmt Variable = ein Merkmal, das unterschiedliche Ausprägungen annehmen kann o Personenvariablen: Alter, Geschlecht, IQ, Form der Nasenlöcher o Kontextvariablen: Wochentag, sauberer Untersuchungsraum vs. dreckiger Untersuchungsraum; andere Personen anwesend vs. allein Unabhängige Variable = bewusst von Versuchsleitung manipuliert (Ursache/Faktor von dem angenommen wird, dass er eine Auswirkung auf eine andere Variable hat) Abhängige Variable = was misst die Versuchsleitung (wird gemessen, um Auswirkung der unabhängigen Variable zu bewerten) Validität = Gültigkeit, Zulässigkeit Experimentalgruppe = Gruppe mit veränderter Variable Kontrollgruppe = Gruppe mit unveränderter Variable Korrelation o dient der Beschreibung/Erfassung von Zusammenhängen (Kenntnis von X kann Y vorhersagen) o Zusammenhang kann posi琀椀v (je mehr X, desto mehr Y), nega琀椀v sein (je mehr X, desto weniger Y) oder nicht bestehen o Korrela琀椀on variiert zwischen 0 und +/-1 Positive Korrelation: Beide Variablen ändern sich in die gleiche Richtung (z.B. Mit zunehmender Körpergröße nimmt auch das Gewicht zu) Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Negative Korrelation: Die Variablen verändern sich gegenläufig (z.B. Mit zunehmendem Kaffeekonsum nimmt die Müdigkeit ab) Nullkorrelation: Es besteht kein Zusammenhang zwischen den Variablen (z.B. Der Kaffeekonsum korreliert nicht mit der Körpergröße) Korrelation und Kausalität o Methodischer Irrtum: Korrelation und Kausalität ist nicht gleichzusetzen o Kausalität meint einen ursächlichen Zusammenhang zwischen zwei Variablen (z.B. Variable A: hohe Schadstoffbelastung verursacht Variable B: Umweltverschmutzung). Korrelationen beschreiben Zusammenhänge, aber sagen nichts über Ursachen aus (Es tritt hohe Schadstoffbelastung und Umweltverschmutzung gleichzeitig auf.) ▪ Korrelation lässt zu, dass eine Variable nicht notwendigerweise die Ursache für eine andere (Drittvariablen können beeinflussen) Kernelemente eines Experiments Manipulation: Aktives und systematisches Eingreifen der*der Versuchsleiter*in (man schafft beispielsweise zwei unterschiedliche Bedingungen z.B. Kontrollgruppe) ▪ Mindestens eine Personen- oder Kontextvariable wird systematisch variiert. ▪ Dadurch entstehen „Untersuchungsbedingungen“. ▪ Die Probanden in der zentralsten Untersuchungsbedingung werden „Experimentalgruppe“ genannt, die anderen Gruppen „Kontrollgruppen“. Randomisierung: Zufällige Zuordnung von Probanden zu einer Untersuchungsbedingung (Unterschiede zwischen Menschen sind gleichverteilt in die jeweils unterschiedlichen Bedingungen -> vergleichbare Gruppen) Bedingungskonstanz: Standardisierte Randbedingungen: (Weitestgehende) Konstanz des situativen Kontexts. (nicht zu untersuchende Faktoren gleichhalten, um Vergleichbarkeit zu schaffen) Laborexperiment vs. Feldexperiment Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Laborexperiment: Durchführung in Feldexperiment: natürliche Umgebung (Klassenraum: Fragebogen) neutral eingerichteten Untersuchungsräumen (Labor) Vorteil von Laborexperiment: Kontrolle über untersuchte Situation und weitmöglicher Ausschluss anderer Variablen, Randomisierung etc., „sauberes“ Experiment-> Kausalitäten können generiert werden o Hohe interne Validität (Ergebnis ist auf die Manipulation zurückzuführen, eine Gültigkeit nach innen) Vorteil von Feldexperimenten: Bedeutsamkeit für die reale Welt (außerhalb des Labors) ist hoch, können leicht auf unterschiedliche Situationen übertragen werden (Störfaktoren/Alternativerklärungen können nicht so leicht ausgeschlossen werden), häufig auch in der SA o Hohe externe Validität (ist eher auf die Praxis generalisierbar) Psychologische Grundbedürfnisse Bedürfnispyramide nach Maslow Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Prof. Dr. Klaus Grawe: Um einen Menschen zu verstehen, müssen wir etwas darüber wissen, was ihn*sie im Positiven wie im Negativen bewegt, was seine*ihre Wünsche, Ziele, Pläne, Werte, was seine*ihre Befürchtungen und Abneigungen sind. ▪ Grundbedürfnisse: Bedürfnisse, die bei allen Menschen vorhanden sind und deren Verletzung oder dauerhafte Nichtbefriedigung zur Schädigung der psychischen Gesundheit und des Wohlbefindens führen (Grawe, 2004, S. 185) ▪ (Psychologische) Grundbedürfnisse für das Erleben psychischer Gesundheit: ▪ Orientierung/Kontrolle ▪ Zugehörigkeit/Bindung ▪ Selbstwerterhöhung ▪ Lustgewinn und Unlustvermeidung nach Grawe (2004) Bedürfnis nach Kontrolle/Orientierung: beinhaltet Verlangen nach Vorhersehbarkeit und Orientierung im Leben, sowie nach Selbstbestimmung und erlebter Urheberschaft besteht o Erlernte Hilflosigkeit (Experiment von Maier & Seligmann 1967): Welche Variable wurde manipuliert (unabhängige Variable)? ▪ Kontrollgruppe: Tiere lernen, dass sie einen elektrischen Schock vermeiden können (Hebel drücken) ▪ Experimentalgruppe; Tiere lernen, dass sie keine Kontrolle über die Schocks haben (Verhalten irrelevant) Welche Variable wurde gemessen (abhängige Variable)? ▪ Tiere werden in eine Box mit zwei unterschiedlichen Bereichen gesperrt (Elektroschock vs. kein Elektroschock). Beobachtet wird, ob sie über eine Barriere springen, um die Elektroschocks zu vermeiden. Ergebnis: Kontrolltiere lernen sehr schnell, den Schock vollständig zu vermeiden. Experimentaltiere sind dazu nicht fähig, sie werden zunehmend passiver und ihr Verhalten mündet bald in eine vollständige Hilflosigkeit. Diese passive Reaktion des „Aufgebens“ infolge unkontrollierbarer Schocks, wird als erlernte Hilflosigkeit bezeichnet (egal was ich mache, es bringt nichts-> erlernte Hilflosigkeit entspricht dem natürlichen Instinkt) o Kontrollüberzeugungen (Rotter, 1966): ▪ internale Kontrollüberzeugung: pos. oder neg. Ereignis wird als Konsequenz des eigenen Verhaltens wahrgenommen („Schmied seines eigenen Glücks“ zu sein) ▪ externale Kontrollüberzeugung: pos. oder neg. Ereignis wird vom eigenen Verhalten als unabhängig wahrgenommen, d. h., es unterliegt externen Einflüssen (z. B. anderen Menschen, Schicksal oder Zufall) Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 ▪ ein Gefühl hoher wahrgenommener internaler Kontrolle wirkt sich positiv auf die Bewältigung kritischer Lebensereignisse und die psychische und physische Gesundheit aus (Twenge, Zhang & Im, 2004) o Kontrollüberzeugungen in der Pflege (Feldexperiment von Langer und Rodin, 1967/1977): ▪ Ergebnis: Bewohner*innen die Kontrolle ausüben konnten, waren glücklicher als diejenigen in der Kontrollgruppe (anhand von Fragebögen gemessen); Auswirkung auf Gesundheit der Heimbewohnenden und Reduktion der Sterbewahrscheinlichkeit für die folgenden anderthalb Jahre zur Folge ▪ Experimentalgruppe: Rede von Heimleitung, dass Bewohner*innen mehr Kontrolle übernehmen können ▪ Kontrollgruppe: Rede von Heimleitung, dass Bewohner*innen glücklicher sein sollten, ohne von Kontrolle über ihr Leben zu erwähnen o Selbstwirksamkeitserwartung (Bandura, 1995) ▪ Selbstwirksamkeitserwartung = Überzeugung, bestimmte Handlungen ausführen zu können, die zum Erreichen bestimmter Zielen erforderlich sind ▪ Hohe Selbstwirksamkeitserwartung hat positive Auswirkungen auf die eigene Anstrengung, Ausdauer und das Durchhaltevermögen, aktives Bewältigungsverhalten o Bedürfnis nach Zugehörigkeit/ Bindung: o Menschen sind soziale Wesen: Bedürfnis nach Zugehörigkeit [engl. need to belong ] : fundamentale Motivation, mit anderen Menschen stabile Beziehungen einzugehen und im Rahmen dieser Beziehungen auf eine positive Art und Weise zu interagieren (Baumeister & Leary, 1995) o Allein sein ist nicht gleich sich einsam fühlen: Menschen können sozial isoliert leben und sich nicht einsam fühlen und viele soziale Beziehungen haben und sich einsam fühlen ▪ Allein sein: Person ist physisch alleine und keine anderen Personen sind in der unmittelbaren Nähe ▪ Isoliert sein: objektive Einschätzung, ob Person wenige oder viele Kontakte hat (wenn wenige, sozial isoliert) ▪ Einsamkeit: emotionales und subjektives Empfinden ▪ Ob sich jemand einsam fühlt, hängt von dem wahrgenommenen Beziehungsniveau ab (von außen betrachtet: objektive Sozialbeziehungen), hierbei ist sowohl die Qualität als auch die Quantität der Beziehungen wichtig (Anspruchsniveau: Qualität, Quantität) Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 o Sozial eingebundene Personen leben gesünder und länger: Soziale Isolation und Einsamkeit hängen zusammen mit: physischen Erkrankungen (Schlaganfall, Alzheimer…), psychischen Erkrankungen (Depression…), erhöhter Sterblichkeitswahrscheinlichkeit -> Risiko vergleichbar mit fehlender körperlicher Aktivität, Substanzmissbrauch, Übergewicht ▪ Jüngere Menschen (18-34) fühlen sich am häufigsten einsam o Einflussfaktoren auf Einsamkeit: o Einsamkeit: Eine selbst erfüllende Prophezeiung? o Interventionsansätze ▪ Training sozialer Fähigkeiten: Betroffene können leichter soziale Kontakte aufbauen ▪ Stärkung durch soziale Unterstützung: mit Kontakten soziale Beziehungen erleben Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 ▪ Erweiterung der sozialen Teilhabe: Unterstützung bei Teilnahme an sozialen Aktivitäten ▪ Veränderung sozial- kognitiver Überzeugungen: soziale Verhaltensweisen und Überzeugungen ändern o Social Prescribing: Patient*innen werden an Link Worker überwiesen-> Mensch wird ganzheitlich diagnostiziert und zu verschiedenen Dienstleistungen vermittelt (z.B. auch Sozialberatung) -> Soziale Gesundheit als integraler Bestandteil der Gesundheitsversorgung Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung o Selbstkonzept: kognitive Repräsentation unserer Selbstkenntnis, die aus der Gesamtsumme aller Überzeugungen besteht, die wir über uns selbst haben (Werte, Ziele, Ängste…) -> Wer bin ich? o Selbstwertgefühl: Wert, den wir uns selbst subjektiv zumessen (resultiert aus positiven oder negativen Bewertungen einzelner Inhalte unseres Selbstkonzepts) ▪ Bedürfnis nach einem positiven Selbstwertgefühl ▪ Um das selbst zu schützen, verarbeiten wir Informationen über das Selbstkonzept so, dass ein positives Aufrechterhalten wird ▪ Illusorische Überlegenheit: Tendenz von Menschen, sich in verschiedenen Bereichen als überdurchschnittlich gut zu bewerten o Das Rätsel geringer Selbstachtung: Menschen sind an stabilen und kohärenten (zusammenhängenden) Vorstellungen von ihrer eigenen Person interessiert ▪ Selbstbestätigungsmotiv (SBM): Motivation, feste Überzeugungen über sich selbst zu bestätigen, selbst wenn sie negative Bewertungen von Aspekten des Selbst beinhalten ▪ Wirkung positiver Rückmeldung: Menschen mit positiven Selbstkonzepten -> dient dem Selbstbestätigungsmotiv (SBM) und Selbstaufwertungsmotiv (SAM) Menschen mit negativen Selbstkonzepten -> Konflikt zwischen SBM und SAM: Einerseits SAM befriedigt, andererseits Kohärenzgefühl, da das Fremdbild nicht zum Selbstbild passt, was eine Triebfeder des SBM ist o Menschen bevorzugen Interaktionspartner*innen, die ihr Selbstkonzept bestätigen Bedürfnis nach Lustgewinn und Unlustvermeidung o Delay-of-Gratification-Paradigma „Marshmellow-Test“ (Mischel, 1974) Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 ▪ Studienablauf: Vorschulkindern wird eine Süßigkeit präsentiert. Sie können wählen, sofort eine Süßigkeit zu nehmen, oder zu warten, bis Versuchsleiterin zurückkehrt, um zwei Süßigkeiten zu erhalten ▪ Kognitive Prozesse, die helfen, um sofortige Bedürfnisbefriedigung zu reduzieren: Ablenkung (es zudecken, mit etwas anderem spielen…); kühle vs. Heiße Gedanken ▪ Selbstkontrolle im Alltag erfordert ein ausgewogenes Wechselspiel von „Abkühlungsprozessen“ (um ruhig und besonnen zu bleiben) und „Aufheizprozesse“ (um das Engagement zur Verfolgung der Ziele beizubehalten, anstatt aufzugeben) o Hedonic-Flexibility-Prinzip: Menschen passen ihre Aktivitäten und Entscheidungen an ihrem emotionalen Zustand an ▪ Negative Stimmung: Suche nach kurzfristiger Glückseligkeit ▪ Positive Stimmung: eher bereit, kurzfristiges Glück zu opfern für langfristige Vorteile ▪ Implikationen für SA: Motivationsförderung (Räume für positive Erfahrungen schaffen als Antrieb); Emotionale Unterstützung o Happiness is a Delicate Balance (Ted talk): es gibt Dinge, die einen sofort glücklich machen und es gibt Dinge, die einen in Zukunft glücklich machen (Konflikt dazwischen) o Es gibt Dinge, die uns glücklich machen (z.B. Sport, in die Natur gehen, mit Freunden reden) und die uns nicht glücklich machen (TV schauen, Soziale Medien, Arbeiten, mit Fremden reden) o Die fanden heraus, dass Menschen, die angaben glücklich zu sein, mehr ausbalanciert zu sein (Sie machen weniger schöner Dinge, wenn sie glücklich sind und schöne Dinge, wenn sie nicht glücklich sind) o Menschen, die angaben nicht glücklich zu sein, machten Dinge, die nicht schön sind, wenn sie eh unglücklich waren und Dinge die schön sind, wenn sie glücklich waren (führt z.B. auch zu mehr Stress, da man Arbeit nicht erledigt, wenn man glücklich ist) o Daher Tipps: mehr Aktivitäten machen, die einen wirklich glücklich machen, vor allen Dingen auch bevor Arbeit ansteht oder gerade dann, wenn wir Zeitdruck haben oder wenn wir gerade unglücklich sind… aber wenn wir glücklich sind, sollten wir z.B. mit Fremden reden Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 VL 2: Soziale Wahrnehmung und Soziale Kognition Veränderungsblindheit o Unfähigkeit, selbst große Veränderungen im visuellen Feld zu bemerken, wenn die Aufmerksamkeit zum Zeitpunkt des Wechsels nicht auf den Ort der Veränderung gerichtet ist o Menschen bauen nur unvollständige Repräsentationen ihrer Umwelt im Kurzzeitgedächtnis auf und die Inhalte dieser Repräsentationen sind stark von der selektiven Aufmerksamkeit abhängig (man kann nur an bestimmte, wenige Dinge zum gleichen Zeitpunkt denken/verarbeiten) ▪ Repräsentation: Speicherung von Wissen im menschlichen Gehirn, mentale Darstellungen oder Modelle o Beispiele: ▪ Mann fragt nach Weg-> Person ändert sich-> der Mann, der nach dem Weg gefragt worden ist, bemerkt es nicht ▪ Video mit einem Raum-> Raum verändert sich-> bemerken viele nicht Soziale Wahrnehmung o Ziel: Soziale Wahrnehmung ist darauf ausgerichtet, Personen rasch einzuschätzen, um auf deren Einstellungen, Emotionen und Charakterzüge etc. zu schließen o Kategorisierung: ist der Prozess, bei dem eine Person aufgrund von wahrgenommenen gemeinsamen Merkmalen einer diskreten (eindeutigen) Gruppe zugeordnet wird. (Umgangssprachlich: eine Person in Schubladen stecken); chatgbt: Menschen z.B. als freundlich oder unfreundlich kategorisieren basierend auf ihren Handlungen, Signalen und unseren Vorerfahrungen o Kategorie: Kategorien sind Klassen von Objekten (z. B. Personen, Gegenstände oder Ereignisse) mit gemeinsamen Merkmalen. Sie ermöglichen die Verknüpfung neuer Ereignisse mit gespeichertem Wissen und dessen Abruf (z.B. Pflanzen: Baum, Blume, Busch). o Folge: Menschen innerhalb derselben Gruppe werden als ähnlicher wahrgenommen (Assimilation innerhalb einer Gruppe), während Unterschiede zwischen den Kategorien betont und hervorgehoben werden ▪ Assimilation: Neues Wissen in vorhandenes Wissen einordnen; Angleichung/ Anpassung Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 o Die Schnelligkeit unserer Sozialen Wahrnehmung geht zu Ungunsten der Richtigkeit (=höhere Fehleranfälligkeit) ▪ Kategorien sind nicht genau passend für einen Einzelfall o Können nicht alle Informationen wahrnehmen: manchmal passt keine o Kategorie zu einem Einzelfall o Man urteilt aufgrund von Erfahrungen + wie Menschen tatsächlich wirken ▪ Gefahr der Zuordnung zu einer falschen Kategorie Arten von sozialen Reizen o Allg. Reiz: Umweltkonstellationen, die potenziell auf das Erleben und Verhalten einwirken können, wobei nur jene wirken, die durch die Sinnesorgane aufgenommen werden o Nonverbale (keine Sprache) Signale: Anfang der sozialen Wahrnehmung ▪ Gesichtsausdruck, Tonfall, Gesten, Körperhaltung, Körperbewegungen, Blicke o Umgebungsreize werden verarbeitet, sofern sie etwas über die Person aussagen (z.B. Aussage über Gruppenzugehörigkeit, Status, Kleidung) ▪ Mit wem ist Person zusammen? Wie ist sie gekleidet? o Analyse verbaler (Sprache) Äußerungen (z.B. Akzent, Dialekt) Selektive Wahrnehmung o Der Mensch verarbeitet nur eine Auswahl der großen Menge an sozialen Reizen: ▪ Besonders auffällige Reize (Menschen, die aus der Masse herausstechen) ▪ Besonders wichtige Reize (verknüpft mit eigenen Zielen) -> für uns subjektiv wichtig z.B. wenn wir gerade etwas brauchen (Beispiel: man möchte zu einem bestimmten Laden und bemerkt ihn viel schneller als wenn man ihn gerade nicht braucht) ▪ Reize, die unser Vorwissen bestätigen (schemakonsistente Verarbeitung) Schemakonsistente Verarbeitung: Verstand neigt dazu, neue Informationen so zu verarbeiten, dass sie zu unseren vorhandenen mentalen Schemata passen, um die Welt verständlicher und kohärenter (zusammenhängend) zu gestalten Wahrnehmungsverzerrung: Soziale Wahrnehmung ist nicht objektiv Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 „Fehler“ in der Personenwahrnehmung Halo (Heiligenschein)-Effekt o Der Gesamteindruck, den eine Person auf andere macht, wird durch ein einzelnes positives (oder negatives) Merkmal, wie beispielsweise ihre Attraktivität, dominiert (ein auffälliges Merkmal überstrahlt alle anderen Charakterzüge einer Person ) ▪ Aufgrund einer Eigenschaft (z.B. Attraktivität) schließen wir auf andere, nicht sichtbare Eigenschaften ▪ Wir machen das, weil wir einen ganzheitlichen Blick auf Menschen haben wollen (es muss immer zu dem Bild passen) ▪ Halo-Effekt führt dazu, dass andere Merkmale der Person möglichweise nicht angemessen bewertet werden ▪ Halo-Effekt: Heiligenschein-> positive Eigenschaft leuchtet wie ein Heiligenschein um eine Person herum o Beispiel HALO-Effekt: Abwertung von Menschen in offenen Beziehungen Welche Variable wurde manipuliert (unabhängige Variable)? o Alle Menschen haben den gleichen Text bekommen (Beschreibung einer klassischen Beziehung), nur am Ende war der Text verändert o Kontrollbedingung (Monogamie): … Sara und Dan waren während ihrer gesamten Beziehung monogam. Sie finden, dass ihnen diese Vereinbarung glücklich macht, und planen, monogam zu bleiben. o Experimentalbedingung (offene Beziehung) … Sie waren während der ersten vier Jahre ihrer Beziehung monogam. Vor einem Jahr stimmten Sara und Dan zu, die Beziehung zu öffnen und und auch andere Menschen zu daten. Sie haben beide auch Beziehungen mit anderen Partner*innen. Sie finden, dass ihnen diese Vereinbarung glücklich macht, und planen, nicht-monogam zu bleiben. Welche Variable wurde gemessen (abhängige Variable)? o Zuschreibung von Eigenschaften der Versuchspersonen (z.B. wie sehr lieben/ respektieren sich Sara und Dan?) Ergebnisse: Personen in monogamen Beziehungen werden positivere beziehungsrelevante Eigenschaften zugeschrieben (z.B. lieben einander, fühlen sich miteinander wohl…) sowie auch beziehungsirrelevante positive Eigenschaften (z.B. engagieren sich ehrenamtlich, sind konsequent im Recyceln, habe erfolgreiche Karrieren…) Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Sympathiewahrnehmung in beruflichen Kontexten o Im Berufsleben sind uns bestimmte Personen sympathischer als andere (Sympathien sollten unsere Verhaltensweisen und Entscheidungen nicht stark beeinflussen) -> daher regelmäßig reflektieren, ob Sympathien bei Klient*innen eine Rolle spielen und das gleiche Maß anlegen bei Entscheidungen/Beurteilungen o Einflussfaktoren auf Sympathiewahrnehmungen: Physische Attraktivität; Ähnlichkeit mit der eigenen Person (z.B. kommt aus gleichem Ort, ähnliche Ausbildungen); Vertrautheit Verarbeitung von sozialen Reizen (Soziale Kognition) Schemata: Wissen über die soziale Umwelt o (Soziales) Wissen ist wie ein Netzwerk organisiert. o Soziale Kategorien (z. B. „Feministin“) und das dazugehörige Wissen werden „Schemata“ genannt. ▪ Schema (Duden): Konzept, das jemand [in Gedanken] von einem Sachverhalt hat und nach dem er sich bei der Beurteilung oder Ausführung von etwas richtet ▪ Schemata können korrekte und fehlerhafte Informationen enthalten. ▪ Aufgrund von Erfahrungen oder Medien, gesellschaftlichen Diskursen bilden sich kognitive Repräsentationen (schließt alles ein, was im Gedächtnis gespeichert wird) über bestimmte Person, auf wenn wir das nicht wollen Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Änderungsresistenz von Schemata o Ebene der Informationswahrnehmung: Wir nehmen eher die Informationen wahr, die bestehende Schemata bestätigen. o Ebene des Gedächtnisses: Wir behalten eher die Informationen, die bestehende Schemata bestätigen. o Selbsterfüllende Prophezeiung: Unsere Erwartungen beeinflussen das Verhalten Anderer im Sinne unserer Erwartungen. Soziale Kognitionen o Soziale Kognition= die Art und Weise, in welcher der Mensch über sich selbst und seine*ihre soziale Welt nachdenkt (Aronson, Wilson & Sommer, 2023) o Typen von sozialen Kognitionen: ▪ Kategorisierung ▪ Urteile über (soziale) Situationen / Personen ▪ Attribution von Verhalten und Ereignissen ▪ Einstellungen o Soziale Kognitionen sind ein Produkt subjektiver Konstruktionsprozesse o Motto von sozialen Kognitionen: „Ich mach` mir die Welt, wie sie mir gefällt“ (Welt wird von einer Person automatisch konstruiert) Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Konsistenztheorie o Kernaussage: Menschen streben nach Konsistenz in ihren Kognitionen (z.B. ähnliche Meinungen) und zwischen Kognitionen und Verhalten. (z.B. Umweltschutz wichtig und Müll wird ordnungsgemäß entsorgt) vgl. auch Selbstwertgefühl: Bild über sich selbst im Einklang mit Urteil anderer Menschen ▪ Konsistenz (Einklang) = Widerspruchsfreiheit ▪ Bemerkt ein Mensch einen Widerspruch, entsteht kognitive Dissonanz ▪ Dissonanz = unangenehmes Spannungsgefühl, Konfliktspannung o Menschen bemühen sich um Dissonanzreduktion, indem sie: ▪ Kognitionen verändern (z. B. leugnen, abwerten) ▪ Verhalten verändern ▪ zusätzliche Kognitionen generieren, die den Widerspruch abmildern o Beispiel: Einstellung zum Rauchen 1. Mensch ist zufrieden und glücklich mit gesundem Selbstwertgefühl. 2. Mensch tut etwas, das dem Selbstbild zuwiderläuft (Gesundheitsministerium hat festgestellt, dass Rauchen der Gesundheit schadet) 3. Mensch erlebt kognitive Dissonanz und möchte diesen beseitigen 4. Aber wie? Mensch könnte Verhalten verändern (Zigarettenschachtel wegwerfen) Mensch könnte einer der Kognitionen verändern (Rauchen verursacht kein Krebs) Mensch könnte Kognitionen hinzufügen (Rauchen ist entspannend) 5. Umsetzung einer der drei Möglichkeiten verringert Dissonanz und schon ist der Mensch wieder glücklich und zufrieden. Beispiel für Auswirkungen von sozialen Kognitionen: Selbsterfüllende Prophezeiungen 1. subjektive Erwartung -> 2. bestimmtes Verhalten gegenüber dem*der Anderen -> 3. erwartungskonformes Antwortverhalten des*der Anderen -> 4. Bestätigung der Erwartung o Beispiel: 1. Man hat Erwartungshaltung gegenüber anderer Person (z.B. dieser Wichtigtuer) 2. Verhalten ist konform mit der subjektiven Erwartung gegenüber anderer Person (z.B. Also dem sage ich nicht Hallo. Ich gehe einfach vorbei.) 3. Gegenüber reagiert darauf und reagiert mit ähnlichem Verhalten (z.B. Was ein Trottel, ich sage jetzt auch kein Hallo) Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 4. Verhalten des Gegenübers gilt als Beweis dafür, dass die Erwartung (dieser Wichtigtuer) richtig war (z.B. Ich wusste, dass ich Recht hatte! Wirklich ein Wichtigtuer) o Weiteres Beispiel: o Feldexperiment zu Selbsterfüllende Prophezeiungen von Rosenthal & Jacobson (1968): Coverstory: Grundschule (1.- 6. Klasse): Durchführung von Intelligenztests (IQ), können angeblich die zukünftige Entwicklung vorhersagen („Wachstumsschülerschaft“) o Welche Variable wurde manipuliert (unabhängige Variable)? Experimentalgruppe: 20% der Kinder werden per Zufall ausgewählt. Rückmeldung: „bei diesen Kindern sei mit einem außergewöhnlichem, intellektuellen Wachstum zu rechnen“ (Rückmeldung gab man den Lehrer*innen) Kontrollgruppe: keine weiteren Informationen. o Welche Variable wurde gemessen (abhängige Variable)? Intelligenztest (nach 8 Monaten) o Ergebnis IQ-Zuwachs in der EG war signifikant höher als in der KG. Stärkster Zuwachs wurde bei den Kindern in den ersten beiden Schuljahren beobachtet: 45% der EG zeigten einen Zuwachs von mindestens 20 IQ-Punkten Attributionen=Ursachenzuschreibungen o Ursache für Verhalten in der Situation (external=situativ): Lebensbedingungen, Aufgabenschwierigkeit, Zufall, Glück, Pech o Ursache für Verhalten in der Person (internal=dispositional): Fähigkeit, Anstrengung, Eigenschaft, Disposition ▪ Dispositional: Merkmale, Eigenschaften, Tendenzen einer Person (unabhängig von äußeren Einflüssen) ▪ Disposition: Disposition kann sich auf die natürliche Neigung oder Veranlagung einer Person für bestimmte Handlungen, Gefühle oder Reaktionen beziehen. Zum Beispiel kann jemand eine Disposition für Freundlichkeit oder Geduld haben; o Attributionen sind nur Gedanken, die verändert werden können Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Disposition kann auch verwendet werden, um die Bereitschaft oder die Fähigkeit einer Person zur Bewältigung von Herausforderungen oder Aufgaben zu beschreiben. o Fallbeispiel: Überforderung bei Trennung ▪ In vielen Situationen beobachten Sozialarbeiter*innen ihre Klient*innen und müssen ihr Verhalten beurteilen. Hierfür ist es relevant, worin sie die Ursachen für das Verhalten anderer sehen: Eine Mutter, die gemeinsam mit ihren drei Kindern in einem Haushalt lebt und die sich kürzlich von ihrem aktuellen Partner und dem Vater ihres jüngsten Kindes getrennt hat, hat einen Erziehungsbeistand zugesprochen bekommen. Die Mutter brüllt ihre Kinder des Öfteren an und vernachlässigt sie emotional. Dieses kann von dem Erziehungsbeistand primär internal attribuiert werden, weil er die Mutter bereits vor der Trennung als chronisch affektiv überfordert erlebt hat, oder eher external, weil er das mütterliche Verhalten (Anbrüllen der Kinder) hauptsächlich deren aktueller Belastung durch die Trennung zuschreibt. Je nach Art der Attribuierung würde der Erziehungsbeistand im beschriebenen Beispiel möglicherweise andere Schlüsse ziehen und dem Jugendamt andere Konsequenzen vorschlagen. Fundamentaler Attributionsfehler o Tendenz eigenes Verhalten sozialen Umständen zuzuschreiben und fremdes Verhalten auf Grund von Persönlichkeitsmerkmalen zu erklären (außenstehende Menschen beurteilen viel zu wenig eine Situation, sondern sehen die Gründe internal (möglicherweise haben sich Menschen aufgrund ihrer Situation so verhalten, ohne dass es die Werte, Einstellungen widerspiegelt)) Attribution von Erfolg und Misserfolg „Wie wir denken beeinflusst wie wir fühlen“ Selbstwertdienliche Attributionen Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 o Menschen haben die Tendenz, selbstwertdienliche Attributionen vorzunehmen (Selbstaufwertungsmotiv): ▪ Ursachen für ihre Erfolge bei sich selbst (stabil und kontrollierbar) ▪ Verantwortung für Misserfolge auf externale Faktoren zurückzuführen (variabel und unkontrollierbar) o Ausnahmen: ▪ Menschen mit depressiven Verstimmungen (selbstwert nicht dienliche Attributionen-> Erfolg: external, Misserfolg: internal); kulturelle Unterschiede: individualistische (persönliche Erfolge und Interessen stehen über Gruppeninteressen) vs. kollektivistische Gesellschaften (Bedürfnisse und Erwartungen der Gemeinschaft stehen über individuelle Erfolge und Bedürfnisse) o Durch selbstwertdienliche Attributionen kann positives Selbstwertgefühl aufgebaut bzw. aufrechterhalten werden o Geschlechterunterschiede: Männer tendenziell mehr als Frauen (Persönlichkeitsunterschiede: Frauen eine größere Gewissenhaftigkeit und emotionale Stabilität) Fallbeispiel: Misserfolg in der Nachprüfung Anna ist in der elften Klasse. Dieses Jahr hat sie sich in der Schule besonders schwergetan. Es steht auf der Kippe, ob sie das Schuljahr noch einmal wiederholen muss. Eines der Fächer, in denen sie eine Nachprüfung ablegen muss, ist Mathematik. In dieser Prüfung befindet sie sich nun. Die bisherigen Aufgaben konnte sie nicht komplett lösen. Die nächste Aufgabe muss also richtig gelöst werden, damit sie noch die Chance hat zu bestehen. Annas Anspannung ist sehr groß. Unwillkürlich muss sie an die letzte Matheklausur denken, in welcher Aufgaben zum selben Themengebiet behandelt wurden. In dieser Klausur konnte sie eigentlich keine Aufgabe lösen; ihre Klausur wurde mit der Note 5 bewertet. „Das darf mir jetzt nicht wieder passieren“ – „Ich glaube, ich kann das nicht“. Anna ist hochkonzentriert, dennoch fällt ihr der richtige Lösungsweg nicht ein. „Ich bin einfach zu dumm“, ist Annas enttäuschtes Fazit am Ende der Prüfung. (Selbstwert nicht dienlicher Attributionsstil) Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Beispiele für (un)günstige Ursachenerklärungen nach Misserfolg und deren Folgen: (Re)Attributionstraining o Ziel: Änderungen der Attributionen, sodass sie sich positiv auf beispielsweise die Anstrengung, die zukünftige Motivationslage oder den Erfolg auswirken o Zunächst: Bewusstmachung bisheriger Attributionsstile: Wenn eine Person einen (Miss)Erfolg erlebt, auf welche Ursachen führt sie*er diesen zurück? Sind ihre*seine aktuellen Ursachenerklärungen ungünstig und motivationsabträglich? o Ziel: dass Erfolge internalen Faktoren und Misserfolge externalen Faktoren zugeschrieben werden (dabei Berücksichtigung von kontrollierbaren Aspekten: Anstrengung) u. auch zusätzliche Nachhilfe (Förderung mathematischer Fähigkeiten) -> Realitätsbezug ist dabei wichtig (Re)Attributionstraining (Techniken) Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 o Psychoedukation: Informationen über Ursachenerklärungen und der Möglichkeit zur Veränderung dieser gegeben. (Wikipedia: eine systematische und strukturierte Vermittlung von wissenschaftlich fundiertem Wissen über zumeist psychische Krankheiten) o Realistische Ursachen finden: Beobachtungsinformation 1. Ist der Misserfolg nur bei mir aufgetreten oder auch bei anderen? ▪ Wenn Misserfolge auch bei anderen auftreten, dann liegt die Ursache wahrscheinlich in äußeren Umständen. ▪ Wenn Misserfolge nur bei mir auftreten, dann liegt die Ursache innerhalb meiner Person. 2. Ist der Misserfolg in der Vergangenheit schon öfter aufgetreten? ▪ Wenn der Misserfolg in der Vergangenheit selten aufgetreten ist, dann ist die Ursache wahrscheinlich zeitlich variabel (weniger beständig) ▪ Wenn der Misserfolg in der Vergangenheit schon öfter aufgetreten ist, dann ist es wahrscheinlich, dass die Ursache relativ stabil (beständig) über die Zeit ist. 3. Ist der Misserfolg nur bei bestimmten Aufgaben aufgetreten oder auch bei anderen, nur entfernt verwandten Anforderungssituationen? ▪ Wenn der Misserfolg nur in ganz bestimmten Anforderungssituationen auftritt, dann ist es wahrscheinlich, dass die Ursache spezifisch ist. ▪ Wenn der Misserfolg auch in entfernt verwandten Anforderungssituationen auftritt, dann es ist wahrscheinlich, dass die Ursache global ist. VL 3: Beziehungen innerhalb von und zwischen Gruppen Was ist eine soziale Gruppe? Tajfel (1981): Eine Gruppe entsteht, wenn sich zwei oder mehr Einzelpersonen als Mitglieder einer Gruppe definieren. Aronson, Wilson & Akert (2008): Zwei oder mehr Personen, die miteinander interagieren und deren Bedürfnisse und Ziele gegenseitige Beeinflussung bewirken. (wechselseitiges Verhalten und Beeinflussung bezüglich eigener Bedürfnisse und Ziele) Werth et al., (2020): Ansammlung von zwei oder mehr Personen, die die Kriterien Interaktion, gemeinsame Ziele, Wir-Gefühl sowie zeitliche Stabilität aufweist. Wozu bilden Menschen Gruppen? Materieller Nutzen Gemeinsame Ziele verfolgen Komplexe Projekte umsetzen Sicherheit, Schutz, Macht (z.B. Macht über andere Personen) Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Psychologischer Nutzen Bedürfnis nach Affiliation (Beziehungsaufnahme)/Kontakt befriedigen Selbstdefinition -> Gruppenzugehörigkeit wichtiger Faktor bei Identität Selbstwertgefühl erhöhen -> wertvolle Gruppe: Selbstwertgefühl erhöht sich, nicht wertvolle Gruppe: Selbstwertgefühl leidet darunter (z.B. Fußball) Gruppenmitgliedschaft Ein intensives, emotionales Erlebnis (z.B. Fußball, religiöse Veranstaltungen…) Kann Verhalten extrem verändern (man möchte sich der Gruppe zugehörig fühlen, daher Verhaltensänderung -> man möchte sich den Normen anpassen z.B. Raubüberfälle) Strukturmerkmale einer sozialen Gruppe Normen: Erwartungen, wie sich alle Mitglieder zu verhalten haben Normen wichtig, um als Gesellschaft überhaupt funktionieren zu können Ziele: Es bestehen gemeinsame Ziele Ziele können sehr unterschiedlich sein (Klimaschutz, Lerngruppen etc.) Rollen: Erwartungen, wie sich bestimmte Person zu verhalten hat z.B. Dozent: soll lehren, Studierende: sollen zuhören und keinen Quatsch machen Status: Sozial bewertete Stellung einer Person aus Sicht der anderen Mitglieder gibt aber auch Status einer gemeinsamen Gruppe Kohäsion: Zusammenhalt der Gruppe, „Wir-Gefühl“ Unterschiede zwischen Gruppen Ausmaß der Kohäsion Homogenität (Gleichheit) / Diversität der Mitglieder*innen Freiwilligkeit der Mitgliedschaft Zeitliche Stabilität Zugehörigkeit befristet oder nicht? (z.B. Zeit im Studium mit Mitstudierenden) Abgrenzung nach Außen Grenzen fest oder ob andere auch reingelassen werden Gegebene Struktur – gefundene Struktur … Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Entwicklung in Gruppen: Stufenmodell (Tuckman, 1965) ist konzeptionell -> hat der empirischen Prüfung nicht standgehalten und ist deshalb nicht haltbar beziehungsweise lässt sich nicht unbedingt auf Realität beziehen Forming: Orientierungssuche der Mitglieder Unklarheit bezüglich Zielen, Regeln und Normen Orientierung an leitenden Personen -> man passt sich an Storming: (Konflikthafte) Etablierung von Zielen, Regeln und Normen Anregend und belastend Reduziert Arbeitsfähigkeit der Gruppe manche gehen auch während dieser Phase Norming: Gruppe zeigt Norm-konformes Verhalten -> Handlungen von Einzelpersonen, die mit den etablierten Normen und Erwartungen der Gruppe im Einklang stehen Kohäsion ist groß Performing: Phase hoher Arbeitsfähigkeit Es gelingt: Kommunikation, Kooperation, Problemlösen Durch hohe Leistungsorientierung können auch (erneut) Konflikte entstehen Adjourning: Ablösungsphase Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Konflikte nehmen zu Kohäsion nimmt ab Normen Regeln des Denkens, Fühlens und Handelns, an denen sich ein*e Akteur*in in einer bestimmten Situation orientieren sollte (Turner, 1991) Unterschiedliche soziale Gruppen haben einen eigenen Normenkanon: Gesamte Menschheit (z. B. Reziprozitätsnorm -> Wie du mir, so ich dir: soziale Erwartung, dass Menschen dazu neigen, z.B. freundliche Handlungen mit freundlichen Handlungen zu erwidern und unfreundliche Handlungen mit unfreundlichen zu beantworten.) Kulturelle Gemeinschaft (z. B. Praktiken des Grüßens, Praktiken der Nahrungsaufnahme, Geschlechterrollen) Subgruppen innerhalb einer Kultur; Schulklasse, Arbeitsteam, Selbsthilfegruppe… (z. B. Einsatz von Schimpfwörtern, Kleidung) Funktion von Normen: (friedliches) Zusammenleben in einer Gruppe regulieren Orientierung für Mitglieder einer Gruppe Kontrolle der Gruppe durch Inhaber von Macht (wer profitiert von Normen? Autorität wird von Machtinhabern gestärkt, um Mitglieder in bestimmte Verhaltensweisen zu lenken) Normübertretung Einhaltung von Normen ist oft mit persönlichen Kosten verbunden; dennoch halten sich Personen i. d. R. an Normen Normübertretung löst bei dem*der Akteur*in häufig Anspannung, Scham oder Schuld aus: Hintergrund: Internalisierung (= Verinnerlichen von Normen; Normen, Werte etc. werden zu eigen gemacht: Normen als intrinsischer Teil der eigenen Identität und Orientierung) von Normen in der Sozialisation, Angst vor Sanktion Normübertretung löst bei der*die Beobachter*in Empörung, Verachtung oder Fremdscham aus: Handlungstendenz: Ächtung, Sanktion, Ausschluss aus der Gruppe Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Normenbildung in Gruppen „Erlaubte“ und „verbotene“ Verhaltensweisen: Kommunikation, Pünktlichkeit, Kleidung, Prosoziales Verhalten / Aggression, Einsatz von Handys … Etablierung von Gruppennormen: Von Außen gesetzte Regeln Expliziter Beschluss einiger oder aller Gruppenmitglieder Verstärkende oder sanktionierende Reaktion von Gruppenmitgliedern auf gezeigte Verhaltensweisen Gruppennormen können implizit und explizit sein: Gruppennormen: offenkundig und ausdrücklich kommuniziert (explizit); unausgesprochen und stillschweigend zwischen den Mitgliedern verstanden (implizit) Rollen in Gruppen Rollen (allgemein geteilte Erwartungen) wie sich eine bestimmte Person in einer bestimmten Situation zu verhalten hat (z.B. Köch*innen kochen, Studierende lernen, Lehrer*innen unterrichten, Leiter*innen führen…) Dozent könnte jetzt z.B. nicht mit uns eine Kneipentour machen Rollen sorgen für Ordnung innerhalb von Gruppen: Verhalten der Gruppenmitglieder wird vorhersehbarer gemacht und trägt zur Erreichung von Gruppenzielen bei Rollen können entlasten: Verhaltensspielraum ist definiert, in dem Mitglieder*innen sich weitgehend sicher und ohne Angst vor Sanktionen bewegen können (Kehrseite: Einschränkung) erwartungskonformes Verhalten wird positiv bewertet und belohnt; Abweichungen werden sanktioniert: z.B. Mütter: erziehen ihre Kinder vs. Rabenmütter (wenn diese arbeiten gehen) Rollenkonflikte Person-Rollenkonflikt: Rolle stimmt mit eigenen Werten, Einstellungen nicht überein (-> einstellungskonträres/ gegensätzliches Verhalten) z.B. Rolle der*der Soldat*in, wobei eigentlich Pazifist*in Intra-Rollenkonflikt: sich widersprechende Erwartungen an eine Rolle z.b. 4 Manadate z.B. Sozialarbeiter*in: Erwartungen Klient*innen, Träger, Gesellschaft (drei Instanzen haben völlig andere Vorstellungen) Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Inter-Rollenkonflikt: verschiedene Rollen müssen gleichzeitig wahrgenommen werden unterschiedliche Rollen können in Konflikt stehen: z.B. wenn man Kind versorgt (Mutter/Vater), aber gleichzeitig auch noch arbeiten muss (Berufstätige*r) und um die Eltern kümmern (Sohn/Tochter) Experiment von Asch (1956) -> Konformitätsdruck Welche Variable wurde manipuliert (unabhängige Variable)? Experimentalgruppe: andere Teilnehmer*innen benennen den falschen Strich vs. Kontrollgruppe: andere Teilnehmer*innen benennen den richtigen Strich Welche Variable wurde gemessen (abhängige Variable)? (richtige/falsche) Antwort des*der Proband*in Ergebnis In der Experimentalgruppe: 37 % falsche Antworten In der Kontrollgruppe: 0,7% falsche Antworten Schlussfolgerung Eine Gruppe übt normativen Druck aus (Konformitätsdruck), so dass Menschen entgegen ihren Überzeugungen antworten. Sozialer Einfluss einer Majorität: Konformitätsdruck Übereinstimmung eigenen Verhaltens/ eigener Meinungen mit dem Verhalten/ Meinungen der Bezugsgruppe (= der Mehrheit). Der Druck (auch entgegen der eigenen Meinung), Konformität zu zeigen, kann aus der realen oder vorgestellten Anwesenheit anderer resultieren. Konformität: Übereinstimmung mit der Einstellung, dem Verhalten der andern Mögliche Gründe für den sozialen Einfluss durch eine Majorität Bedürfnis mit der eigenen Meinung richtig zu liegen: Informativer Einfluss entsteht, wenn wir davon ausgehen, dass die Meinungen anderer wertvolle Informationen über die Realität liefern und resultiert meist in Konversion (öffentliche Konformität/ Anpassung und zugleich innerer/ privater Überzeugung: wird schon richtig sein) z.B. beobachten, was andere Leuten machen, um herauszufinden, was angemessen ist (ich lerne wie ich mich zu verhalten habe) Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Bedürfnis von den anderen gemocht und anerkannt zu werden: Normativer Einfluss beruht auf dem Bedürfnis nach Akzeptanz und Bestätigung durch andere (denn Devianz (abweichendes Verhalten) ist unangenehm) und resultiert meist in Compliance (öffentlicher Konformität/ Anpassung ohne innere Überzeugung) Compliance: auch wenn ich weiß, dass es nicht richtig ist in den meisten Situationen sind beide Motive gleich wichtig Menschen passen sich tendenziell Mehrheiten an, wenn … … sie Entscheidungen in unübersichtlichen Krisensituationen treffen müssen (z. B. unter Zeitdruck) … ihnen die Mehrheitsnormen besonders bedeutsam und wichtig erscheinen (z. B. bei hoher Gruppenkohäsion -> man möchte dann die Harmonie nicht zerstören und äußert sich nicht kritisch) … sie von überzeugenden Expert*innen oder Autoritäten beeindruckt sind (man schreibt der Person Expertise zu) … sie persönliche Verantwortung delegieren (übergeben) In diesem Kontext bedeutet "delegieren" so viel wie die individuelle Entscheidungsverantwortung auf andere übertragen, sodass die Beteiligten sich eher der Meinung der Mehrheit anschließen. … in mehrdeutigen Situationen … sie Zugehörigkeit und Solidarität, Sicherheit und Kontrolle brauchen oder selbstunsicher und ängstlich sind. Gruppendenken Prozess der „Polarisierung“ von Gruppen: Die Gruppe vertritt im Vergleich zu den anderen Mitgliedern eine extremere Position. Anfängliches Urteil / Plan einer Gruppe wird intensiviert (d.h. riskantere vs. konservativere Entscheidungen) Mitglieder bestätigen sich gegenseitig Mitglieder „übertreffen“ sich Mitglieder reden über bereits geteilte Informationen, aber nicht bereits geteilte Informationen werden übergangen Andersdenkende erfahren Konformitätsdruck Führt zu: Unkritische Gruppe, unkreative Gruppenleistung, Fehlentscheidungen Beispiel aus der Politik: Invasion in der Schweinebucht (1961): Die Invasion in der Schweinebucht (1961) wird als Paradebeispiel für Gruppendenken betrachtet, da die Mitglieder der Planungskommission trotz Bedenken und mangelnder realistischer Überprüfung Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 davon überzeugt waren, dass die Operation erfolgreich sein würde. Diese Gruppendynamik führte zu einer Polarisierung innerhalb der Entscheidungsgruppe und trug zu fatalen Fehlern wie der ungeeigneten Wahl des Einsatzortes und der Überschätzung der Bevölkerungsunterstützung bei, was letztendlich zum Scheitern der Invasion beitrug. Präsident Kennedys anfängliche Zurückhaltung spiegelte sich in den kritischen Schwächen der Entscheidungsfindung wider. Die Invasion in der Schweinebucht war ein von den Vereinigten Staaten organisierter militärischer Angriff kubanischer Exilanten auf Kuba Maßnahmen gegen Gruppendenken Team mit Menschen unterschiedlicher Interessenslagen besetzen Rolle des „Advocatus diaboli“ zuweisen der Vertreter des Teufels (kommt aus Kirchenrecht): nimmt Gegenposition ein Meinungen Anderer zu Rate ziehen, die nicht Mitglied der Gruppe sind Gruppe in Untergruppen unterteilen, die sich erst zusammensetzen und dann allen ihre Empfehlungen mitteilen Meinungen anonym aufschreiben bzw. geheime Abstimmung Strukturierte Teamtreffen zum Einholen aller Informationen, gute Gesprächsmoderation unterschiedliche Phasen, um auch nicht geteilte Informationen zu zulassen (erstmal werden alle Informationen geteilt, bevor wir Entscheidungen treffen) Späte Festlegung oder Entscheidung Fragen, auch zu Widerspruch ermutigen, eigene Zweifel auch zeigen Deindividuation (Deindividuierung) Intragruppenprozesse (innerhalb einer Gruppe) Individuen tun in Gruppen Dinge, die sie alleine nicht getan hätten (z.B. extreme Dinge) Verlust des Gefühls für Individualität Besonders typisch: Kollektive Aggression Aggressive Gruppennormen überlagern persönliche Werte und gesellschaftliche Normen Verantwortungsdiffusion: Verantwortung für eigenes Handeln wird auf Gruppe übertragen Verstärkung von Deindividuation: Anonymität (z. B. Vermummung), Tragen von Uniformen Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Intergruppales Verhalten Inter: zwischen Gruppen Bedeutung für die Soziale Arbeit: Klient*innen erleben als Mitglieder von sozialen Gruppen Vorurteile, Rassismus und Diskriminierung Klient*innen gehören sozialen Gruppen an, die oft in Rivalität mit anderen Gruppen stehen Sozialarbeiter*innen haben Stereotype, Vorurteile und zeigen Diskriminierungen gegenüber Klient*innen und Kolleg*innen (s. Sympathiewahrnehmung) Wenn im Rahmen von Sozialer Arbeit Gruppen gebildet werden, treten diese in Kontakt / Rivalität mit anderen Gruppen Einstellungen: drei Komponente Kognitive Komponente: Vorstellungen, Überzeugungen, Stereotype (Annahmen über eine Gruppe) Affektive Komponente: Gefühle-> mag ich die Gruppe oder nicht, Vorurteile Verhaltenskomponente: z.B. Diskriminierung wir haben immer Einstellungen gegenüber Sachen (Personen, Farben etc.); wir erlernen auch Einstellungen durch Erfahrungen von bestimmen Personen/Sozialisation Einstellungen als Thema der Sozialpsychologie Einstellungsobjekte: Autos, Lady Gaga, die Farbe Rot, Psycholog*innen Viele Einstellungsobjekte sind Personen oder soziale Gruppen Veränderung und Entstehung durch überwiegend soziale Prozesse: Sozialisation, Psychologie der Persuasion (Überzeugung) -> Die Psychologie der Persuasion untersucht Mechanismen, durch die Menschen beeinflusst werden können Einstellungen gegenüber sozialen Einstellungsobjekten Stereotype (kognitive Komponente): Verallgemeinernde Annahme über eine soziale Gruppe (-> Mitgliedern werden bestimmte Eigenschaften zugeschrieben) Vorurteile (affektive Komponente): Positive oder negative Bewertung einer sozialen Gruppe und ihrer Mitglieder (z.B. ich mag Gruppe a und ihre Mitglieder nicht) Schwerpunkt auf negativer Bewertung Diskriminierungen (Verhaltenskomponente): Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Negatives oder benachteiligendes Verhalten, das gegen eine soziale Gruppe und ihre Mitglieder gerichtet ist (z.B. ich schließe bestimmte Menschen aus) Drei Erklärungen für Vorurteile und Diskriminierung (Theorie des realistischen Gruppenkonflikts, Bloße Kategorisierung, Theorie der sozialen Identität) Theorie des realistischen Gruppenkonflikts: Feldexperiment von Sherif (1954): initiierter Camping- Ausflug in drei Phasen -> es arbeiteten eigentlich Forscher dort 1. Gruppenbildung: zwei Gruppen unabhängig voneinander haben Unternehmungen gemacht- > Gruppen gaben sich Namen: Adler und Klapperschlangen -> gab ihnen Identität) 2. Reibungsphasen: Gruppen kamen in Kontakt-> Wettbewerbe mit einzelnen Preisen für Gewinne: schufen begrenzte Ressourcen, um die sich die Gruppen streiten konnten-> Ingroups bekamen negative Einstellung gegenüber Outgroup-> Vorurteile wurden offensichtlich (wurden hasserfüllt und gewalttätig z.B. verbrannten sie die Flaggen der anderen) 3. Konfliktlösung: Gruppenleiter versuchten die Vorurteile zwischen den Gruppen abzubauen, indem sie den Kontakt und die Kommunikation verstärkten (funktionierte jedoch nicht) -> dann blockierten die Forscher das Ventil zum Wassertank des Lagers-> gab kein Trinkwasser mehr-> Lagerpersonal schlug vor, dass sie alle zusammenarbeiten müssen, um das Problem zu lösen-> Jungen mischten sich und arbeiteten zusammen, um das Wasser wieder zum Laufen zu kriegen-> gab keine Feindseligkeiten mehr Welche Variable wurde manipuliert (unabhängige Variable)? Phase mit gegensätzlichen Zielen vs. Phase mit gemeinsamen Zielen Welche Variable wurde gemessen (abhängige Variable)? Feindseligkeit gegenüber der anderen Gruppe Ergebnisse: Konkurrenz um knappe Ressourcen als Quelle für Konflikte und Vorurteile Gemeinsame übergeordnete Ziele verringern Konflikte und führen zu positiven Einstellungen Bloße Kategorisierung (entwickelt von Henri Tajfel et al. 1971): Bloße Kategorisierung in „Wir“ (Eigengruppe) und „die Anderen“ (Fremdgruppe) ist ausreichend, um Vorurteile und Diskriminierung zu generieren Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 minimale Kategorisierungsmerkmale genügen: Selbst geringfügige Unterschiede oder Merkmale können ausreichen, um soziale Gruppenbildung und Unterscheidung zwischen Menschen auszulösen Paradigma der minimalen Gruppe: Tajfels Forschung zeigt, dass Menschen bereits aufgrund minimaler und willkürlicher Gruppenzugehörigkeiten (z.B., Farbpräferenzen) dazu neigen, In-Group- und Out-Group-Differenzierungen vorzunehmen und Präferenzen für die Mitglieder der eigenen Gruppe zu zeigen ("minimal", weil die Gruppen auf minimalen Unterscheidungen aufbauen.) Das Minimalgruppen-Experiment (Tajfel, Billig, Bundy & Flament, 1971): Zufällige Gruppeneinteilung (Klee vs. Kandinsky) Man hat die Kinder danach aufgeteilt, welches Bild sie schöner finden, welches man ihnen zuvor gezeigt hatte (es waren zwei Bilder) bloße Kategorisierung: wir und ihr erschaffen -> und nur durch das sind wir in der Lage, zu diskriminieren und andere zu benachteiligen Zuteilung von Geldern zu Eigen- und Fremdgruppe (keine Zuteilung für sich selber) Kinder waren bemüht, den Unterschied zwischen den Gruppen herzustellen, obwohl sie dadurch weniger Geld bekamen (statt 3 nur 2) -> Fremdgruppe hätte dann aber 4 bekommen Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Ergebnisse: Begünstigung der Eigengruppe; Maximierung des Unterschieds zur Fremdgruppe Theorie der sozialen Identität: Soziale Identität = Teil des Selbstkonzepts einer Person, der sich aus Wissen über Mitgliedschaft in sozialen Gruppen ableitet (einschließlich des Werts und der emotionalen Bedeutung, die mit dieser Mitgliedschaft verbunden sind) Da Menschen nach einem positiven Selbstwertgefühl streben, ist ihnen auch eine positive soziale Identität wichtig man bekommt ein hohes Selbstwertgefühl, wenn Gruppe auch angesehen wird (deswegen freuen wir uns, wenn Fußballmannschaft gewinnt) Sozialer Vergleich: Allgemein: Vergleich eigener Einstellungen, Fähigkeiten und Emotionen mit denen Anderer, um die eigene Stellung bewerten zu können Positive Distinktheit: Motivation, die Überlegenheit der Eigengruppe im Vergleich zur Fremdgruppe auf als wichtig eingeschätzten Dimensionen zu demonstrieren, um positive soziale Identität und damit ein positives Selbstkonzept zu erlangen (Durch Vorurteil und Diskriminierung wird positive Distinktheit hergestellt.) Dimensionen: bezieht sich auf spezifische Merkmale oder Eigenschaften, die als wichtig erachtet werden (z.B. Leistungen etc.) Veränderungsresistenz von Stereotypen: Stereotypen werden oft automatisch angewendet. Sie können sehr hartnäckig und änderungsresistent sein. Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 nicht passende Informationen werden nicht registriert, nicht erinnert oder abgewertet eine neue Unterkategorie wird geschaffen (Subtyping): abweichende Person als "Ausnahme" betrachten und eine neue Unterkategorie schaffen (Subtyp), um die bestehenden Stereotypen aufrechtzuerhalten.-> "du bist kein typisches Mitglied dieser Gruppe Abbau von Vorurteil: Kontakthypothese (Gordon W. Allport) Der Kontakt zwischen den Mitgliedern verschiedener Gruppen kann unter bestimmten Bedingungen Vorurteile und Feindseligkeit zwischen den Gruppen abbauen (gleichzeitig erleichternde Bedingungen für die Entwicklung von Freundscha昀琀en) Optimale Bedingungen: Gemeinsames Ziel Gleicher Status während der Begegnung/Begegnung auf Augenhöhe kooperative Aufgabenstellungen Unterstützung durch Autoritäten, Gesetze und Normen Kann der Kontakt zwischen Personen unterschiedlicher Gruppen Vorurteile reduzieren? Meta-analytische Evidenz (Pettigrew & Tropp, 2006, 2011) 515 Studien (insgesamt 250 000 Teilnehmer) aus 38 Ländern Zeitraum von 1940-2000 es gibt einen Zusammenhang zwischen Kontakt und reduzierten Vorurteilen Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Wie kann erklärt werden, dass Kontakt zu geringeren Vorurteilen führt? (Pettigrew & Tropp (2008)) Unterscheiden sich Minoritäts- und Majoritätsmitglieder in den Kontakteffekten? (Tropp & Pettigrew (2005)) Mögliche Gründe für die Diskrepanz zwischen Minoritäts- und Majoritätsmitgliedern? Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 VL 4: Entwicklungspsychologie und Klinische Psychologie Entwicklungspsychopathologie Es gibt Schnittpunkte von Entwicklungspsychologie (Normale Entwicklung) und Klinischer Psychologie (Abweichende Entwicklung) -> Zusammenschluss von ihnen ist Entwicklungspsychopathologie (die Schnittstelle von Entwicklungspsychologie und Klinischer Psychologie) Womit beschäftigt sich die Entwicklungspsychopathologie? Sie erforscht biopsychosoziale Mechanismen, die sowohl der abweichenden als auch der normalen Entwicklung zugrunde liegen (Es geht also darum zu verstehen, wie verschiedene Faktoren auf diesen verschiedenen Ebenen dazu beitragen, dass sich Menschen normal oder abweichend entwickeln.) Sie untersucht das dynamische Wechselspiel von biopsychosozialen Risiko- und Schutzbedingungen in der Entwicklung über die Lebensspanne (wie interagieren Risikofaktoren und Schutzbedingungen miteinander über die gesamte Lebenspanne hinweg?) Sie untersucht Sinnzusammenhänge (jede Krankheit oder Symptombelastung haben einen tiefen Sinn und ist vor dem Hintergrund der Lebensgeschichte, Entwicklungsgeschichte einzuordnen) Entwicklungspsychopathologie… macht Sinn vor dem Hintergrund der Entwicklungsgeschichte dient als psychischer Bewältigungsversuch (z. B. Zwangsverhalten, um z.B. Kontrolle zu behalten) kann Ausdruck einer Überforderung sein: Anforderungen übersteigen Bewältigungsmöglichkeiten entsteht vor dem Hintergrund vielfältiger Faktoren (bio-psycho- sozial) es geht darum, den/die Klient:in in seiner/ihrer Entwicklungs-Geschichte und Komplexität zu verstehen, um geeignete Hilfsmaßnahmen zu finden Grundlagen der Entwicklung (Entwicklungspsychologie) Menschsein Entwicklung ist vielfältig und erzeugt Individualität Menschen sind unterschiedlich, aber dennoch ist Mensch gleich Mensch (Vielfalt und Gleichheit zugleich) Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Menschliche Entwicklung ist universell es gibt Dinge, die uns gleichermaßen verbinden (Entwicklungsschritte, Entwicklungsphasen z.B. wir gehen alle mal in eine Schule, lernen gehen oder krabbeln) Alle Menschen durchlaufen bestimmte Entwicklungsphasen (z. B. motorische/ sprachliche/ kognitive Entwicklung) und Veränderungen und haben ähnliche Grundlagen (z. B. Bindung) -> unabhängig von kulturellen Unterschieden. Kulturelle Unterschiede: alle Babys werden anders gewaschen oder versorgt, dennoch sind alle Methoden wirksam für eine gute Entwicklung Lebensphasen / Entwicklungsaufgaben Lebensphasen sind bestimmt durch spezifische Entwicklungsaufgaben Entwicklungsaufgaben= Herausforderungen oder Probleme (emotionaler, sozialer oder kognitiver Art), die sich einem im Entwicklungsverlauf stellen. Sie ergeben sich aufgrund der körperlichen Entwicklung (z.B. Pubertät), des kulturellen Drucks (gesellschaftliche Erwartungen) und aufgrund dadurch ausgelöster Wünsche und Erwartungen (eigene Zielsetzungen und Werte). Sensitive Periode: Zeiträume, die für bestimmte Lernprozesse oder Entwicklungsaufgaben besonders geeignet sind. z.B. Kinder sind besonders empfänglich für bestimmte Erfahrungen oder Reize und weisen eine erhöhte Lernbereitschaft und -fähigkeit auf Gelungene Bewältigung von Entwicklungsaufgaben schafft die Grundlage für günstigere Entwicklungsbedingungen in den folgenden Lebensabschnitten (Sroufe, 1992) wenn die Entwicklungsaufgaben geschafft sind, bauen die aufeinander auf Motorische Entwicklung von Kleinkindern z.B. steht frei, krabbelt auf Händen… es ist normal, dass Kinder unterschiedlich lang brauchen, um sich zu entwickeln (z.B. in der Monatsspanne 11 bis 18 ist es normal, dass Kinder laufen lernen-> wenn Kind mit 11 Monaten läuft normal und wenn Kind mit 18 Monaten läuft auch normal) Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Frühe Gehirnentwicklung Emotionale Kontrolle: Alter 0 bis 3,5 (danach nur noch leicht), am höchsten: 0 bis 2 lernen ihre Emotionen zu regulieren und emotionale Kontrolle zu erreichen Sprache: Alter 0 bis 7 (wird ab 3 Jahren immer weniger, dennoch hoch) Soziale Kompetenz: Alter 1 Jahr ganz leicht, Alter 2-3 Jahre Gehirnsensibilität am höchsten, danach immer weniger, dennoch hoch Soziale Kompetenz können sie erst lernen, wenn sie Kommunikation verstehen (Sprache) Zahlen: Alter 1 minimale Gehirnsensibilität, Alter 2,5 bis 3,5 Gehirnsensibilität am höchsten, danach immer noch hoch Lebensphasen Konzentrieren uns im Modul eher aufs Säuglingsalter und Pubertät Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Beispiele für „gescheiterte“ Entwicklungsaufgaben und ihre Folgen Warum Entwicklungspsychologie? Aufgaben sollen dem Entwicklungsstand entsprechen (z.B. bei Kindern ansonsten Frustration) -> Förderung von Kindern muss entwicklungsbezogen sein In der SA wichtig: Einschränkungen von Menschen verstehen-> und Aufgaben geben, die es kann Warum ist die Entwicklungspsychologie wichtig für die Soziale Arbeit? Entwicklungspsychologie liefert Erkenntnisse: über die Bedingungen gelingender und misslingender Entwicklungsverläufe zu relevanten Risiko- und Schutzfaktoren zur Beeinflussbarkeit von Entwicklungsverläufen Soziale Arbeit begleitet und fördert Menschen in ihrer gesamten Entwicklung § 1 SGB VIII: Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe (1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Wie findet Entwicklung statt? Das bio-ökologische Modell nach Bronfenbrenner (Bio-)ökosystemischer Ansatz Bronfenbrenner (1986) Mikrosystem: Die unmittelbare Umgebung des Individuums, wie Familie, Schule und Peergroup. Mesosystem: schließt unmittelbar an das Mikrosystem an (beschreibt das Zusammenspiel und die Wechselwirkungen der einzelnen Mikrosysteme untereinander) -> Mikrosysteme sind miteinander verbunden und nicht voneinander getrennt zu betrachten -> z.B. Austausch von Eltern und Schule Exosystem: Systeme, an denen das Individuum nicht direkt teilnimmt (Individuum hat keinen Einfluss auf darauf-> aber Exosystem hat Einfluss auf Individuum) -> z.B. Arbeitswelt der Eltern (wenn Eltern Stress auf der Arbeit haben) Makrosystem: umfasst die Gesamtheit aller Verschachtelung der Systeme: Veränderung Beziehungen einer Gesellschaft -> z.B. Werte eines Elements -> Veränderung anderer und Normen, Kultur, Gesetze… Elemente möglich Chronosystem: zeitliche Dimension der Entwicklung-> es kommt immer wieder zu z.B. Veränderung in der Familie kann Lebensereignissen (Unterscheidung zwischen Auswirkung auf Schule haben Normativem Chronosystem: Einschulung und aus Veränderungen können sich wiederum nicht normativem Chronosystem: Tod der Entwicklungsaufgaben ergeben Großmutter) z.B. Geburt eines Geschwisterkindes (Änderung das Mikrosystems); Wie Bronfenbrenner auf das Modell kam: man glaubte zu Schuleintri琀琀 (Erweiterung auf ein neues seiner Zeit, dass Armut etwas mit Biologie zu tun ha琀琀e und er wollte die Menschen überzeugen, dass man um Mesosystem) den sozial Schwächeren zu helfen, auch ihr Umfeld verändern müssen Epigenetik Genetik: beschäftigt sich mit der DNA, ihrer Organisation in Genen, ihrer Veränderung durch Mutationen und ihrer Vererbung an die nächste Generation. Epigenetik: Die Epigenetik beschäftigt sich mit der Frage, welchen Einfluss die Umwelt auf unsere Gene hat. Sie untersucht, wie unsere Gene aktiviert oder deaktiviert werden, ohne dass sich die eigentliche DNA-Sequenz ändert. Umweltfaktoren spielen eine Rolle, ob bestimmte Gene ein- oder ausgeschaltet werden. gerade im frühen Alter-> „anfällig“ für Veränderungen (s. Beispiel unten Hungerwinter) soziales Einwirken kann eine positive Auswirkung haben auf Epigenetik Beispiele: Eineiige Zwillinge: DNA 100% gleich und trotzdem gibt es Unterschiede z.B. Krankheiten Wie funktioniert Epigenetik? Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Die bekannteste Funktionsweise der Epigenetik ist die Methylierung. Dabei docken kleine Moleküle – so genannte Methylgruppen aus einem Kohlenstoffatom und drei Wasserstoffatomen – an den DNS-Strang an und verhindern so, dass die nachfolgende Gensequenz abgelesen und in ein Protein übersetzt werden kann. So wird das Gen ausgeschaltet. Startpunkt Weitere Beispiele: Bienen: Grüner Tee: Hypothese: Aktivierung von Genen, die Krebszellen bekämpfen Hungerwinter 1944/45 in den Niederlanden: Schwangere Frauen, die während des Hungerwinters 1944/45 in den Niederlanden unter Mangelernährung litten, übertrugen epigenetische Veränderungen auf ihre ungeborenen Kinder. Obwohl die Kinder später ausreichend Nahrung erhielten, wiesen sie aufgrund der während der Schwangerschaft erlittenen Mangelernährung ein erhöhtes Risiko für Diabetes, Übergewicht und andere Gesundheitsprobleme auf. Risiko- und Schutzfaktoren Risikofaktoren: alle Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit einer psychischen Störung erhöhen. Biologische Faktoren: „schwieriges“ Temperament (Beispiel: Exzessives Schreien eines Babys aufgrund einer Beeinträchtigung der Erregungsregulation -> überlastet Eltern) Geringe Intelligenz Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Genetische Disposition: erhöhte Anfälligkeit für die Ausbildung von bestimmten Erkrankungen Organische Erkrankungen „Umwelt“ Faktoren: große Familien „broken home“ niedrige Bildung der Eltern Arbeitslosigkeit der Eltern geringes Familienbudget fehlende soziale oder familiäre Unterstützungssysteme soziale Isolation im Wohnumfeld Psyche der Bezugspersonen: psychische Störung oder Alkohol- oder Substanzmittelmissbrauch der Eltern lang anhaltende Spannungen und Konflikte zwischen den Eltern Delinquenz der Eltern-> Neigung straffällig zu werden unsichere Bindungsmuster „Treatment“ Faktoren: Treatment-> Behandlung Erziehungsstil schwerwiegende Vernachlässigung Körperliche Misshandlung Sexueller Missbrauch Emotionaler Missbrauch Schutzfaktoren: alle Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit einer psychischen Störung verringern. Psychologische Faktoren: Sichere Bindungsrepräsentanz: Fähigkeit eines Individuums, gesunde und unterstützende Beziehungen aufzubauen und zu pflegen, die auf einer sicheren Bindung zu anderen basieren Selbstwirksamkeit Selbstvertrauen Fähigkeit zur Impulskontrolle Mentalisierungsfähigkeit: Fähigkeit, die Gedanken, Gefühle und Absichten anderer Menschen zu verstehen und sich selbst sowie andere als Träger innerer Zustände zu erkennen. Mindestens durchschnittliche Intelligenz ein robustes, aktive und kontaktfreudiges Temperament Fähigkeit zur aktiven Umweltgestaltung Soziale Faktoren eine dauerhaft gute Beziehung zu mindestens einer primären Bezugsperson Großfamilie mit kompensatorischen Beziehungen zu den Großeltern Entlastung der Mutter (vor allem bei Alleinerziehenden) Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 gutes Ersatzmilieu nach frühem Mutterverlust soziale Förderung und Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen (Jugendgruppen, Schule, Kirche etc.) soziale Unterstützungssysteme (nachbarschaftliche Kontakte, Elternkontakte in der Kita) verlässlich unterstützende Bezugspersonen im Erwachsenenalter Wirkung von Risikofaktoren: Familiy Adversity Index / Rutter Index (Rutter, 1982): Risikofaktoren für psychische Störungen: Starke Partnerschaftskonflikte, Niedriger sozialer Status, Psychische Störung der Mutter, Sehr viele Familienmitglieder, Aggressive Auffälligkeit beim Vater, Inobhutnahme von Kindern Kumulative (sich anhäufend) Effekte beim Vorliegen mehrerer Faktoren: 2 Faktoren: Risikoerhöhung um das Vierfache 4 Faktoren: Risikoerhöhung um das Zehnfache Belastende Lebensereignisse: Normative Lebensereignisse: Entwicklungsaufgaben (z.B. Schuleintritt, Pubertät) Nichtnormative Lebensereignisse: unabhängig vom Lebensalter, z.B. Geburt eines Geschwisters, Umzüge Traumatische Erfahrungen: Missbrauch, Misshandlung Krisen und psychische Störungen entstehen oft in Zeiten von entwicklungspsychologischer Relevanz oder vor dem Hintergrund belastender Lebensereignisse Ansteigende Belastung: kumulativ Z.B. Trennung Kind von Mutter wegen Krankenhausaufenthalt Bei guter Vorbereitung und verlässlicher, guter Betreuung -> tolerierbar, bewältigbar Bei unvorhergesehener ständiger Wiederholung, unzureichender Betreuung -> kumulative Belastung bis hin zu möglicher Traumatisierung Vulnerabilität: Anfälligkeit, an etwas zu erkranken Schutzschicht der Psyche angegriffen/punktuell zerstört, Belastungen können nicht mehr gut bewältigt werden Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Die Multidimensionalität der Entwicklung- Das bio-psycho-soziale Modell Entwicklung findet unter dem Einfluss des komplexen Zusammenspiels von bio-psycho-sozialen Faktoren statt Krankheit und Gesundheit werden als dynamisches Geschehen betrachtet (weil sie nicht nur von biologischen Faktoren beeinflusst werden, sondern auch von ständigen Wechselwirkungen zwischen psychologischen, sozialen und Umweltfaktoren, die sich im Laufe der Zeit verändern können) So können beispielsweise psychologische Stressoren oder soziale Unterstützungssysteme die Entwicklung und den Verlauf von Krankheiten beeinflussen, und diese Einflüsse können sich im Laufe des Lebens verändern. entscheidend ist das Zusammenspiel von Risiko- und Schutzfaktoren in allen drei Systemen können Faktoren wirksam werden, die sich auf die Entwicklung und die Gesundheit auswirken können Prämissen der Entwicklung über die Lebensspanne Entwicklung kann mit Verzögerungen, Regressionen (Zurückfallen auf frühere Stufen der Entwicklung), Beschleunigungen vor sich gehen Marlon (6 Jahre): traumatisierender Hundebiss-> vorübergehendes ängstliches, Schutz suchendes Verhalten, Anklammerung, Trennungsangst (Regression) Regressionen sind normal und auch vorübergehend okay, aber es ist wichtig wieder in die Progression zu gehen ,,das Fortschreiten" Tanya (12 Jahre): Pflege der krebskranken Mutter-> frühe Verantwortungsübernahme und Selbständigkeit (Beschleunigung) Timo (16 Jahre): homosexuelle Orientierung, traut sich lange nicht, sich zu outen, erste Liebesbeziehung erst mit Studium in anderem Ort (Verzögerung) Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Entwicklung kann Gewinn und Verlust sein (use it or lose it) Lernen geht in den ersten Lebensjahren schnell vonstatten, danach braucht es mehr Anstrengung das Gehirn wird optimiert, d.h. diejenigen Synapsen, die häufig gebraucht werden, bleiben erhalten; die anderen werden eliminiert Entwicklung verläuft plastisch und flexibel (wir konstruieren uns immer wieder aufs Neue) Das Gehirn ist in ständigen Veränderungsprozessen, die Sicht auf das Selbst und die Umwelt ist in permanenter Wandlung begriffen. Prozess des Scheiterns: zuerst Wahrnehmung der Niederlage/des Versagens, dann als Chance zum Lernen und Wachstum, einem Reifungsprozess, aus dem man gestärkt hervorgeht. Entwicklung ist eingebettet in einen historischen Zusammenhang (Wertewandel) Die Sichtweise über Entwicklung bzw. damit verbundene idealtypische Vorstellungen sind in ständiger Veränderung begriffen z.B. „Kinder müssen gehorchen und sich anpassen“ versus „bedürfnisorientierte Erziehung“ Entwicklung ist abhängig vom sozialen Kontext (Milieu, gesellschaftlicher Hintergrund) Beispiel: schwierige Verhältnisse in der Familie -> Folgen für Entwicklungsmöglichkeiten der Kinder Bronfenbrenners ökologisches Modell Entwicklung muss interdisziplinär (multiperspektivisch) analysiert werden. Heruntergeladen durch Stephan Schürmeyer ([email protected]) lOMoARcPSD|36525295 Entwicklungsphasen – Lebensspanne Pränatal: Empfängnis bis Geburt Kindheit: Frühe (0-6), mittlere (7-10), späte Kindheit (11-12) Jugend & Adoleszenz: Pubertät (13-15) und Adoleszenz (16-20) Erwachsenenalter: Frühes (21-35), mittleres (36-50), spätes Erwachsenenalter (51- 65) Alter: Alter (66-80), höheres Alter (81 und älter) Pränatale Entwicklung

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