Humanismus bis 30-jähriger Krieg PDF
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This document provides an overview of the Humanist period, including changes in culture, economics, and politics, alongside the Renaissance and the European discoveries. It touches on scientific advancements and the start of the Thirty Years' War. The document covers European history.
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Europa im Wandel – Humanismus und Renaissance Beginn der Neuzeit (1492) Wandel in der Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft, Politik und Religion Italienische Wissenschaftler brechen mit Weltbild von Mittelalter: „diesseitige“ Mensch steht jetzt im Mittelpunkt, beschäftigen sich mit Kulturgut der Ant...
Europa im Wandel – Humanismus und Renaissance Beginn der Neuzeit (1492) Wandel in der Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft, Politik und Religion Italienische Wissenschaftler brechen mit Weltbild von Mittelalter: „diesseitige“ Mensch steht jetzt im Mittelpunkt, beschäftigen sich mit Kulturgut der Antike, Buchdruck sorgt für rasche Verbreitung neuer Gedanken Auf Land leben viele Bauern in Elend, erleben Städte Aufschwung, Handel wird international, in Italien entwickelt sich Bankenwesen Papst und Kaiser verlieren Vormachtstellung, Habsburger regieren großes Reich, aber starkes französisches Königreich im Westen und vordringende Osmanen bedrohen Vormachtstellung. Im Heiligen Römischen Reich wollen Landesfürsten ihre Macht ausbauen Katholische Kirche ist in Krise: Missstände der Amtskirche in Rom sollen bekämpft werden Renaissance (Wiedergeburt der Antike) Geht von Italien aus, seit 14. Jh. ist es modern sich mit römischen Klassikern (Cicero, Caesar, Livius) zu beschäftigen Francesco Petrarca aus Florenz verfasst seine Werke in klassischem Latein, Giovanni Boccaccio (Decamerone) beschäftigt sich mit Homer, das Thema der Antike greift auf Architektur, Plastik und Malerei über Humanisten Entstehen private Schulen, Philosophie, Rhetorik, Geschichte, klassisches Latein, Altgriechisch werden gelehrt, diese Fächer gelten im Gegensatz zu Theologie, Medizin und Rechtswissenschaften als humanistisch, Gelehrte fordern Rückkehr zu klassischem Latein (ad fontes) 1 Mehr als 90 % der Bevölkerung kann noch nicht lesen oder schreiben Künstler beginnen Werke zu signieren, das Individuum steht im Mittelpunkt, Menschen verstehen sich als Ebenbild Gottes, nackte Mensch wird dargestellt, Renaissancekünstler fühlen sich in Einklang mit Kirche, bejahen Sinnlichkeit und Lebenskunst Man glaubte, Gott habe Natur nach exakten Ordnungsprinzipien erschaffen, daher muss der Künstler auch exakt arbeiten und genau beobachten Michelangelo (Fresken in Sixtinischen Kapelle) und Leonardo da Vinci sehen in richtigen Proportionen göttliche Ordnung, sind Universalgelehrte Religion und Naturwissenschaften haben unterschiedliche Standpunkte in Fragen der Astronomie: Kirche sagt, Erde sei Mittelpunkt des Kosmos (= geozentrisches Weltbild) Kopernikus stellt Sonne in den Mittelpunkt (heliozentrisches Weltbild), Kepler errechnet, dass Planeten nicht in Kreis, sondern in Ellipsen um Sonne dreht Galileo Galilei musste unterschreiben, dass er Lehre von Kopernikus nie für wahr gehalten hatte Aufschwung von Technik und Wissenschaft Ende des 13. Jh. wird mechanische Uhr erfunden, Glocke schlägt jede Stunde vom Kirchturm, Tagesablauf der Menschen wird von Uhr geprägt, auf Lande ist Arbeitszeit nach Sonne gerichtet, Taschenuhr wird 1510 erfunden Am Ende des 13. Jh. kommt Spinnrad aus China, Garnproduktion wird schneller und billiger, Papier wird aus Leinenlumpen gewonnen Johannes Gutenberg erfindet Buchdruck mit beweglichen Lettern, es ermöglicht die schnelle und grenzüberschreitende Verbreitung politischer, kultureller und religiöser Ideen (Flugblatt als Propagandamittel) Schießpulver kommt aus China, wird um 1250 in Köln ausprobiert; Handfeuerwaffen werden ständig weiterentwickelt, Leonardo da Vinci entwirft neues Kriegsgerät, chemische Industrie zur Herstellung von Schießpulver erlebt Aufschwung Durch Erfindung von Kompass entstehen bessere Schiffskarten, bessere Schiffe werden gebaut und mit Kanonen bestückt 2 Europäer entdecken und erobern die Welt 1453 erobern Osmanen Konstantinopel und versperren Handelswege von Europa nach Asien, sie verlangen hohe Zölle, Waren werden teurer, Spanier und Portugiesen suchen nach neuem Weg, um italienische, osmanische und arabische Kaufleute auszuschalten Gründe für Entdeckungsreisen sind: Lust auf Abenteuer, Gier nach Ruhm und Beute, missionarischer Eifer, Missionierung fand mit und ohne Gewalt statt Seit 1400 segeln Portugiesen entlang von Afrikas Küste, machen Gewinne mit Gold, Elfenbein und Sklaven, 1498 landet Vasco da Gama in Indien, Traum nach Indien war Wirklichkeit geworden, Schiffe bringen Gewürze, großer finanzieller Erfolg, bald kontrollieren Portugiesen Gewürzhandel, später von Engländer und Holländer verdrängt, Portugiesen erobern Brasilien Kolumbus erreicht 1492 Amerika, glaubt zuerst es sei Indien; Amerika bekommt Namen von Amerigo Vespucci (beschreibt als Erster den neuen Kontinent); Magellan unternimmt erste Weltumsegelung Länder werden erobert, alte Kulturen zerstört, Spanier zerstören Reich der Azteken in Mexiko, auch Peru von Spanier erobert und Inkaherrscher erdrosselt, obwohl Lösegeld bezahlt wurde, in nächsten Jahrzehnten werden Indios zur Zwangsarbeit getrieben, zum katholischen Glauben gezwungen, Menschen wie Tiere behandelt, viele Indios sterben an Krankheiten, die Europäer bringen (Pocken, Masern, Grippe) Um aussterbenden Indios zu schützen werden im Laufe des 16. Jh. Sklaven aus Afrika nach Amerika verkauft, diese verhelfen Kolonialherren zu Reichtum Engländer setzen sich zu Beginn des 17. Jahrhunderts in Nordamerika fest, Franzosen errichten in Kanada großes Kolonialreich, im 17. Jh. bauen Niederländer in Indonesien Handelsreich aus, Engländer verdrängen Portugiesen aus Indien Kulturaustauch nur im landwirtschaftlichen Bereich: Europäer bringen Schafe, Pferde, Rinder, Hühner, Zuckerrohr, Kaffee, Oliven, Orangen, Rebstock und Weizen in neue Welt, aus Amerika kommen Tabak, Kartoffeln, Mais, Kakao, Tomaten, Erdnüsse und Truthahn 3 Frühkapitalismus Seit 800 in Europa fast nur Silbermünzen, ab 1250 werden Goldmünzen geprägt, internationaler Zahlungsverkehr mit Arabern möglich, gab chaotische Münzenvielfalt Während Kreuzzugszeit entsteht Beruf von Geldwechsel, Bargeldtransport sehr riskant, also wird schriftliche Zahlungsanweisung (Wechselbriefe) eingeführt Kirche verbietet Verleihen von Geld gegen Zinsen (Juden betreiben Geldgeschäft), seit Neuzeit verrechnen auch christliche Banken Zinsen Kaufmann muss lesen, schreiben und rechnen können (arabische Zahlen einfacher); Mit Geld von Verwandten und Fremden wurden Kapitalgesellschaften gebildet, harter Wettbewerb, Gewinn ist Maß aller Dinge. Moderne Unternehmen macht Geschäft jeder Art, Gewinn aus Geld- und Warenhandel, verleiht Anleihen an Fürsten Verlagssystem: Handwerksmeister werden abhängig. Seit 1400 nehmen Unternehmen den Absatz der Waren in ihre Hände, verkaufen über Landesgrenzen hinaus, lassen Handwerksbetriebe große Mengen gleicher Güter billig produzieren, übernehmen auch Einkauf von Rohstoffen, verkaufen Fertigwaren mit großem Gewinn Bevölkerung kritisiert Gewinnsucht und Monopolstellung der Gesellschaften, z.B. Fugger aus Augsburg besaß alle europäischen Kupferbergwerke, damit diktieren sie Preis. Heilige Römische Reich ist in Frühkapitalismus zu führenden Wirtschaftsnation geworden, Untertanen können sich kaum Lebensnotwendigste leisten, Brotpreise waren von 1500 bis 1600 auf Vierfache gestiegen, Bevölkerung nimmt immer zu, damit auch Preise für Lebensmittel, Armut besonders für städtische Unterschichten 4 Kirche in Krise Im Mittelalter gibt es immer wieder Streit zwischen Papst und Kaiser und französischem König, geht um Herrschaftsanspruch Urban VI. will Missstände in Kurie beseitigen, Franzosen wählen „Gegenpapst“, der bis 1414 in Avignon herrscht (= Große Schisma = Kirchenspaltung) 1409 auf Konzil von Pisa werden beide Päpste abgesetzt und wählen neuen Papst, abgesetzten Päpste missachten den Konzilbeschluss, damit gibt es drei Päpste Erst auf Konzil von Konstanz 1414 - 1418 werden alle drei Päpste abgesetzt und ein neuer, von allen anerkannter, wird gewählt; In Kirche gab es große Missstände: hohe Abgaben gefordert, Kirchenämter verkauft (= Simonie), Geld verwendet für Prunkbauten und Kriege Viele niedere Geistliche waren auf Zusatzverdienste angewiesen, konnten nicht lesen oder schreiben, noch Latein, verstanden Bibel nicht, hielten sich nicht an die zehn Gebote Reformer versuchten sich immer wieder gegen Missstände zu wehren, wurden als Ketzer verbrannt, Anhänger eingesperrt (z.B. tschechische Theologe Jan Hus) Reformation statt Reform Zeitalter der Konfessionalisierung (1517 – 1648) Anspruch der Kirche im Mittelalter: alles bestimmend, einziger Weg zum ewigen Leben, es gibt nur eine katholische Kirche Vorwürfe an die Kirche im Spätmittelalter: Versagen der Seelsorge, Beschäftigung mit Politik und Besitz, Verkauf der Sakramente, Missbrauch des Ablasses Ursachen für diese Entwicklung: Hochklerus zählt zu Reichsfürsten (unterstanden direkt dem König), Kirche als Versorgungsanstalt, Papst kämpft um Vormachtstellung, Simonie (Kauf von kirchlichen Ämtern) schädigt Seelsorge 5 Ablasshandel und Luther Durch Kauf von Ablass konnte man sich von Sünden freikaufen, für Papst ist diese wichtige Einnahmequelle, brauchte Geld für Bau von Petersdom Martin Luther (1483 - 1546) lehnt Ablasshandel ab, nur Gottes Gnade kann Menschen erlösen, 1517 hängt er seine 95 Thesen an Wittenbergs Dom, Thesen werden gedruckt und verbreitet, Luther kritisiert auch Papst und die Unfehlbarkeit von Konzil, Papst fordert Luther auf zu widerrufen, sonst werde er gebannt, Luther verbrennt Bannbulle Luther ist gegen Zölibat, Heiligenverehrung, Bibel ist einzige Glaubensgrundlage Kaiser verbietet Lehre von Luther und verfolgt ihn, wird aber vom Landesfürst auf Wartburg gebracht, dort übersetzt er Neue Testament ins Deutsche, bildet Grundlage für Neuhochdeutsche Reformation – Auslöser der Sozialrevolution Schon seit Mittelalter verlieren Reichsritter an Bedeutung, Kriege werden von Landsknechten (Söldner) geführt, viele Ritter terrorisieren Arm und Reich mit Brandschatzung und Gewalttaten Ursachen der Bauernaufstände: ständig neue Abgaben oder Missernten, Ausschluss von politischem Leben, neue religiöse Ideen, die gerechteres Leben erhoffen ließen Luther fordert Fürsten auf, Forderungen der Bauern zu überprüfen, er war Vorbild. Bauern fordern Abschaffung der Leibeigenschaft und Senkung von Abgaben Im Frühjahr 1525 gab es in Süddeutschland, Tirol, Salzburg und Steiermark Bauernaufstände, eroberten Burgen und kleine Städte, töteten Adelige, nun fordert Luther, Aufstände niederzuschlagen Landsknechte besiegen innerhalb weniger Monate die Bauern, Bauern hatten keine Führung und kein gemeinsames Heer, bei den folgenden Strafgerichten werden mehr als 100 000 gefoltert und umgebracht 6 Tiroler Landesordnung des Michael Gaismair Michael Gaismair aus Sterzing war Anführer von Bauernaufstand in Tirol, Vertreter aus Bauern und Städter bildeten „Landtage“ und entmachteten Adel und Klerus, Gaismair wurde verhaftet, floh in die Schweiz, dort verfasst er die „Tiroler Landesordnung“ (Gleichheit aller Menschen, Bauern, Bergleute und Gelehrte sollten neue Regierung bilden, Alte und Kranke sollten staatlich versorgt werden). Gaismair wurde Opfer eines Mordanschlages, hohes Kopfgeld war ausgeschrieben Folgen der Bauernkriege Untertanen verfallen in politische Passivität, Kampf um Freiheit und Gerechtigkeit ist gestorben, Obrigkeit baut Herrschaft aus, Polizeitruppen und Spitzel verstärkt, Buchdrucker müssen ihre Werke der Zensur vorlegen, Reichspost wird als Monopol den Herren Thurn und Taxis übergeben Vom Augsburger Religionsfrieden zur Gegenreformation Die neue Lehre: einmal verboten, einmal erlaubt Wegen der außenpolitischen Situation (Vorrücken der Osmanen, Krieg mit Frankreich) brauchte Karl V. wirtschaftliche und militärische Hilfe aller deutschen Fürsten, er sicherte ihnen dafür freie Religionsausübung zu Als außenpolitische Situation sich verbesserte, bestand er allerdings wieder auf die Durchführung des Wormser Ediktes (Verbot der Lehre Luthers). Die evangelischen Reichsstädte und Fürsten protestierten dagegen (Name Protestanten kommt daher), sie überreichen dem Kaiser ihr eigenes Glaubensbekenntnis, Protestanten schließen sich zu Bund zusammen, aus Religionskonflikt wird politischer Konflikt Der Kampf um Religion und Macht im Reich Karl V. will Fürsten unterwerfen, um einheitliche katholische Religion im Reich durchzusetzen, es geht auch um politische Macht 7 Im Schmalkaldischen Krieg schwächt der Kaiser die Protestanten erheblich, nun verbünden sich die protestantischen Fürsten sogar mit dem französischem König, um sich gegen kaiserliche Machtansprüche zu wehren Der Augsburger Religionsfrieden – die Kirchenspaltung ist vollzogen Augsburger Bekenntnis ist dem römisch-katholischem gleichberechtigt Landesfürst wählt Religion, auch für Untertanen Wer Glauben des Landesfürsten nicht annimmt, muss auswandern Geistliche Landesfürsten (Äbte, Bischöfe) die zum evangelischen Glauben übertreten, verlieren Amt und Güter Katholische Reform durch das Konzil von Trient Erst im Jahr 1545 begann Reformkonzil der katholischen Kirche in Trient. Lutheraner folgten der Einladung nicht, Kluft schon zu groß Konzil hält an alten Glaubensgrundsätzen fest: Bibel und päpstliche Konzilsbeschlüsse sind Glaubensgrundlagen, geweihte Priester sind Mittler zwischen Mensch und Gott, 7 Sakramente sind von Jesus eingesetzt Es wird verboten: Kauf kirchlicher Ämter, Ablasshandel, Priesterehe Jesuitenorden (Gründer: Ignatius von Loyola) unterstützte Gegenreformation vor allem in Schulen, Jesuiten arbeiten auch als Missionare in Afrika, Amerika und Asien Gegenreformation bringt Elend und Gewissensnot Die Gegenreformation bringt viel Gewissensnot bei Untertanen. Auch Adelige verlieren die Glaubensfreiheit. Viele wanderten aus, lassen aber Kinder hier. 8 Die Auswirkungen der Reformation in Europa Jahrzehnte des Bürgerskrieges in Frankreich Französischen Könige hatten deutsche Protestanten unterstützt, aber wollten das Eindringen der reformierten Lehre mit aller Macht verhindern. Erst Heinrich IV. beendete den Krieg. Spanien Kriege für Glauben und Weltherrschaft Spanien blieb mächtigste Bastion der katholischen Kirche. Niederlande: Krieg um die Unabhängigkeit Philipp II. will in spanischen Niederlanden Rekatholisierung durchführen. In über 10 Jahre langem Krieg wehren sich Adel und Volk erfolgreich. England: Der König wird zum Kirchenoberhaupt, deshalb werden Klöster aufgehoben und Landbesitz eingezogen. „Staatskirche“ setzt sich gegen Gegenreformationen durch, erhält eigenes Glaubensbekenntnis. Der Norden wird protestantisch Evangelische Religion wird gegen Willen für das Volk in Norwegen übernommen. Osteuropa: katholisches Polen, orthodoxes Russland Königreich Polen mit Großfürstentum Litauen bilden größtes katholisches Reich in Osteuropa. Glaubensfreiheit wird geboten, nur Russland behält orthodoxen Glauben. 9 Der Dreißigjährige Krieg Am 23. Mai 1618 stürmen protestantische Adlige die Burg von Prag, Sitz des Königs von Böhmen und werfen kurzerhand die Statthalter des Königs samt Sekretär aus dem Fenster. Die aufgestaute Wut über die permanente Einschränkung der Religionsfreiheit und die Unterdrückung durch die katholischen Machthaber entlädt sich in diesem Anschlag. Eine Tat mit weitreichenden Folgen. Zwar kommen die armen Beamten des Königs dank eines Misthaufens unter dem Fenster glimpflich davon, für Europa führt dieser Sturz jedoch zu einem der längsten und blutigsten Kriege auf deutschem Boden. Die Machtverhältnisse in Europa vor dem Krieg Das Königreich Spanien ist damit beschäftigt, die abtrünnige Provinz Niederlande zurückzuerobern. Dazu benötigen die Spanier einen Nachschubweg im Westen des Heiligen Römischen Reiches. Eine Tatsache, die für Frankreich eine große Bedrohung bedeutet, da die französische Regierung immer noch mit den spanischen Machthabern um die Vorherrschaft in Europa ringt. Im Ostseeraum wird die traditionelle Vormacht Dänemarks immer mehr vom aufstrebenden Königreich Schweden bedroht. Ein weiterer Krisenherd besteht in dem immer noch schwelenden Konfessionsstreit im Reich. Seit der Reformation 1517 stehen sich auf einmal zwei Konfessionen gegenüber: Katholiken und Protestanten. Zunächst regelt der Augsburger Religionsfrieden 1555 die Verhältnisse der Konfessionen. Er wird auch von einer ersten Generation von Fürsten akzeptiert. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts kommt aber eine zweite Generation an die Macht, die ihre Konfession sehr eng auslegt und sehr konfliktbereit ist. Der Konfessionsstreit bekommt eine neue Dynamik, der alte Frieden gerät immer mehr in Gefahr. Anfang des 17. Jahrhunderts kommt es zu heftigen Auseinandersetzungen. Der Ausbruch des Krieges: der Prager Fenstersturz In Böhmen eskalieren diese Auseinandersetzungen zwischen Protestanten und katholischen Machthabern im Frühjahr 1618. Böhmen ist zu 90 Prozent 10 protestantisch und der Adel will die ungeliebte katholische Herrschaft sowieso loswerden. Als dann die habsburgische Landesherrschaft die Religionsfreiheit der Protestanten rückgängig macht, die im sogenannten Majestätsbrief zugesichert ist, ist das der Funkenschlag, der den Krieg auslöst. Die Adligen demütigen den böhmischen König Ferdinand II., der gleichzeitig habsburgischer Kaiser ist, indem sie seine Statthalter samt Sekretär aus dem Fenster werfen. Für den Kaiser wäre der Verlust Böhmens dramatisch. Seit langem werden die Kaiser von den sieben Kurfürsten gewählt. Dieses Kolleg ist seit der Reformation aber konfessionell gespalten. Brandenburg, Sachsen und die Rheinpfalz gehören zur protestantischen Partei. Auf katholischer Seite stehen drei geistliche Fürsten, die Erzbischöfe von Köln, Trier und Mainz. Den Ausschlag bei einer Kaiserwahl gibt die Stimme Böhmens, das bisher zur katholischen Partei gehört. Würde Böhmen nun protestantisch, wäre die nächste Kaiserwahl verloren. So bleibt dem Kaiser gar nichts anderes übrig, als den Aufstand in Böhmen niederzuschlagen. Ferdinand II. braucht jedoch Unterstützung, da er finanziell nicht in der Lage ist, diesen Krieg zu führen. Die Spanier und Bayernherzog Maximilian helfen dem Kaiser; in der Schlacht am Weißen Berg (bei Prag) 1620 erobern sie Böhmen zurück. Die Europäisierung des Krieges Die Abhängigkeit des Kaisers von anderen Machthabern führt schließlich dazu, dass sich der Krieg auf Europa ausweitet. Natürlich stellen die siegreichen Helfer Forderungen. Herzog Maximilian von Bayern ist ein radikaler Katholik, ökonomisch geschickt und ein machtpolitisch denkender Mensch. Er fordert vom Kaiser die pfälzische Kurwürde, denn damit bleibt die katholische Mehrheit bei den sieben Kurfürsten gewahrt. Das wiederum bedeutet eine unermessliche Bedrohung für die Protestanten, die eine derartige Machtverschiebung im Reich niemals hinnehmen können. Der spanische König Philipp IV. verlangt für seine Dienste einen Teil der Pfalz, um sich seinen Nachschubweg in die Niederlande zu sichern. Frankreich kann aber keinesfalls akzeptieren, dass sich die Spanier an ihrer Ostgrenze festsetzen. 11 Die Lage in Europa verschärft sich, das katholische Lager ist nach der Schlacht am Weißen Berg deutlich gestärkt und die Protestanten wenden sich in ihrer Not an König Christian IV. von Dänemark. Er ist mit seinen immensen Geldmitteln in der Lage, einen Krieg gegen das katholische Lager zu führen. 1629 muss er sich aber geschlagen aus dem Krieg zurückziehen. Das ist die Gelegenheit für Gustav Adolf von Schweden, 1630 in das Geschehen einzugreifen. Auch die Schweden wollten ein starkes katholisches Lager verhindern, sie hätten aber niemals an der Seite Dänemarks gekämpft. Frankreich, eigentlich katholisch, schlägt sich aus staatspolitischen Gründen auf die Seite der Protestanten. Der französische König hält sich lange aktiv aus dem Geschehen heraus, unterstützt aber finanziell die Protestanten. Frankreich greift dann 1635 auch aktiv in den Krieg ein. Die Ausbeutung der Bevölkerung Dieser Krieg kostet alle beteiligten Nationen viel Geld. Da Kaiser Ferdinand II. an notorischer Geldnot leidet, muss er eine passende Form der Finanzierung finden. Und da kommt ihm Albrecht von Wallenstein sehr gelegen. Als Christian IV. von Dänemark in den Krieg eintritt, nimmt der Kaiser Wallensteins Angebot an, auf eigene Kosten eine Armee aufzustellen. Wallenstein hat seine eigene Art der Finanzierung. Er führt das sogenannte System der Kontributionen ein, d.h. der Krieg finanziert sich selbst. Wallenstein bittet alle Bewohner der Gebiete, durch die seine Armee kommt, zur Kasse. Egal ob katholisch, evangelisch, kaiserfreundlich oder -feindlich: Die Bevölkerung muss zahlen und zwar mit Bargeld. Das Volk ist derartige Belastungen nicht gewohnt. Bis zu diesem Zeitpunkt war es üblich, dass die Kriegsherren die Lasten des Krieges trugen. Die Bevölkerung musste Naturalien liefern, was zumeist schon eine große Belastung bedeutete. Anfänglich funktioniert das neue System. Je länger der Krieg aber dauert, desto brutaler wird die Ausbeutung, zumal die anderen Kriegsparteien dieses System kopieren. Die Bevölkerung wird ausgepresst wie eine Zitrone; und wenn in einem Gebiet nichts mehr zu holen ist, muss die Armee weiterziehen. 12 Deshalb sind die Soldaten auch ständig unterwegs. Riesige Karawanen ziehen zum Schrecken der Bevölkerung durch die Lande. (Brecht Mutter Courage und ihre Kinder) Die Schäden des Krieges Die Folge dieser brutalen Finanzierungsmethode ist unendliches Leid. Die Bevölkerungszahl der Deutschen geht um ein Drittel zurück und erst im 18. Jahrhundert erreicht Deutschland wieder den Bevölkerungsstand von 1618. Deutschland verödet, in manchen Regionen ist die bäuerliche Bevölkerung praktisch ausgestorben. Allerdings sind nicht alle Regionen gleich betroffen. Besonders trifft es die Regionen, durch die die Armeen ziehen, wie zum Beispiel Norddeutschland, Niedersachsen, Mitteldeutschland, das Gebiet des heutigen Hessen und Bayern. Es gibt aber auch Gebiete an der Peripherie, wie Österreich oder auch Hamburg, die verschont bleiben. Der Westfälische Friede 1643 endlich kommen Gesandte aus den kriegsführenden Ländern in Münster und Osnabrück zusammen, um einen Frieden auszuhandeln. Doch es wird fünf lange Jahre dauern, bis der Frieden zwischen den vielen verschiedenen Kriegsparteien endlich ausgehandelt ist. Zu Beginn glaubt niemand wirklich an einen Erfolg. Die Bedingungen sind denkbar ungünstig: Gesandte unterschiedlichster Nationalitäten sitzen zusammen, es muss eine gemeinsame Sprache gefunden werden und das geht über die Mediatoren, die alles übersetzen und dann weitergeben. Der Krieg geht zwischenzeitlich auch weiter. Das bedeutet: Was heute verhandelt wird, kann morgen schon Makulatur (Altpapier) sein, weil sich die Kriegslage komplett geändert hat. In einem beispiellosen Akt kommt der Friede aber zustande. Dem größten Krieg folgt der größte Friede, denn zum ersten Mal haben die Regierungen gelernt, wie man Friedenskongresse machen kann. Sie haben die Kunst des Friedensschließens gelernt und die europäischen Streitfragen gelöst. Es entsteht eine neue Epoche der Diplomatie. Im Ergebnis bringt der Westfälische Friede das Ende des Krieges und schafft eine Ordnung, in der die Konfessionen in Deutschland wieder zusammenleben 13 können. In Europa wird eine Friedensordnung auf der Grundlage gleichberechtigter Staaten geschaffen. Die Niederlande und die Schweiz bekommen ihre Unabhängigkeit. Die Position des Habsburger Kaisers wird hingegen geschwächt, er bleibt aber Kaiser. Spanien verliert seine Machtposition; die Gewinner dieses Krieges sind Frankreich und Schweden. Schweden bekommt Teile des Reiches im Norden und Frankreich Bistümer in Lothringen. Für Frankreich ist der Friede die Basis für seinen späteren Aufstieg. 14 15