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Universität Wien

Martin Daumiller, Hannelore Koch & Marko Lüftenegger

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educational psychology developmental psychology educational research lecture notes

Summary

These lecture notes cover the basics of individual and developmental psychology in education and provide an overview of the essential aspects in educational and psychological research; specifically on the topic of educational research methods. The documents are likely to be part of a university course.

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VO Individuums- und entwicklungspsychologische Grundlagen von Bildung und Lernen Pädagogisch-psychologische Forschung Martin Daumiller Hannelore Koch & Marko Lüftenegger VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch-...

VO Individuums- und entwicklungspsychologische Grundlagen von Bildung und Lernen Pädagogisch-psychologische Forschung Martin Daumiller Hannelore Koch & Marko Lüftenegger VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 2 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Spiegel am 17.06.2013 Spiegel am 10.12.2001 „PISA Schock“? Was sagen uns die Studien wirklich? Ursachen und Ergebnisse von Bildungsmonitorings gilt es zu ergründen um Praxisrelevante Fragen zu beantworten ist pädagogisch-psychologische Diagnostik unerlässlich VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 3 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Fragen, die man sich als Lehrperson stellt … Motivation: Was treibt Schüler*innen an? Wie kann ich Schüler*innen motivieren? Emotion: Wie fühlen sich Schüler*innen (beim Lernen, im Unterricht, in Prüfungssituationen)? Entwicklung: Welche Aufgaben sind für welche Schüler*innen geeignet? Altersunterschiede? Persönlichkeit: Wie unterscheiden sich Schüler*innen in ihren Eigenschaften? Kognition: Was passiert beim Lernen im Gehirn? Wird Intelligenz vererbt? Wie entscheiden Lernende? Diagnostik: Welche Lernstörungen gibt es? Wie funktioniert Diagnostik? VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 4 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Ziele dieser Einheit ✓Die Logik von pädagogisch-psychologischer Forschung nachvollziehen zu können. ✓Das Verstehen und Interpretieren von basalen Ergebnissen in empirischem Studien. ✓Die Anwendung von dem erlernten Wissen beim Lesen einer konkreten empirischen Studie. VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 5 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Inhalte dieser Einheit Korrelation VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 6 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Literatur zur Einheit Verpflichtende Vertiefungsliteratur: Urhahne, D., Dresel, M., & Fischer, F. (2019). Psychologie für den Lehrberuf. Springer. Kapitel 27 „Forschungsmethoden“ Tipps zur Vertiefung: YouTube Kanal „Statistik Verstehen“ https://www.youtube.com/channel/UCLFWrerVdADlB- Xouk8UGrA – Empfohlene Videos: Aussagenlogik: Wenn-Dann-Sätze Inferenzstatistik: Absolute und relative Häufigkeit Inferenzstatistik: Population und Stichprobe Stichprobenkennwerte I: Lagemaße Stichprobenkennwerte II, Streumaße VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 7 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Teil 1 FORSCHUNG Wie ist der Stellung von Forschung in unserer Gesellschaft? Was versteht man unter Forschung im pädagogisch- psychologischen Kontext? VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 8 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Ihre Meinung VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 9 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Relevanz von Forschung? 78% 57% sind der Meinung, dass Kenntnisse über Wissenschaft und Forschung für ihr Leben nicht von Bedeutung sind Weniger als die Hälfte der ÖsterreicherInnen (48%) halten Grundlagenforschung für nötig und unterstützenswert Methode: Persönliches Interview; StichprobeGesamt = 26671; StichprobeAUT = 1000 European Commission (2010). Special Eurobarometer 340 / Wave 73.1 – TNS Opinion & Social. Brüssel: Directorate ‐ General for Communication. VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 10 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Eurobarometer – Österreich im Vergleich mit EU Spitzenplatz in Wissenschaftsignoranz in Europa (Eurobarometer – Wissenschaft und Technologie Seite 3/4, Abb. QC6.10., Auszug http://ec.europa.eu/public_opinion/archives/ebs/ebs_340_fact_at_de.pdf) VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 11 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Elfenbeinturm Theorie Praxis VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 12 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Definition „Bildungspsychologische Forschung untersucht Phänomene der Bildung aus psychologischer Sicht. Es handelt sich dabei um eine systematische, methodengeleitete Suche nach neuen Erkenntnissen, deren Erfolg anhand von Qualitätsmaßstäben beurteilt werden kann“ (Albert Ziegler, 2010) VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 13 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Was bedeutet „empirisch“? empirisch (griech.) = auf Erfahrung beruhend = Systematische Sammlung von Informationen die auf methodisch kontrollierten Datenquellen basiert. Empirische Forschung sucht nach Erkenntnissen durch systematische Auswertung von Erfahrungen Erkenntnisse basieren auf systematischer Datenerhebung und Datenauswertung Empirische Wissenschaft: Fokus ist, menschliche Erfahrung zu systematisieren und methodisch vor Irrtum zu sichern („Alltagserfahrungen“ reichen hier nicht aus) (Döring & Bortz, 2016) VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 14 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Forschungszyklus (Urhahne et al., 2019, S. 535) VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 15 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Schritte im Forschungsprozess (Urhahne et al., 2019, S.537) VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 16 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Teil 2 HYPOTHESEN & OPERATIONALISIERUNG Was sind wissenschaftliche Hypothesen? Wie kann man psychologische Konstrukte messbarmachen? VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 17 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Theorien und Hypothesen Satzsysteme: Theorien, Modelle, Gesetze D I E Ia II b N D D U Einzelsätze: Hypothesen = prüfbare Behauptungen U K über empirisch beobachtbare Sachverhalte K T T I Ib II a I O O N N Realität: Bereich der empirisch beobachtbaren Phänomene Grundkonzeption empirischer Wissenschaften Empirische Prüfbarkeit ihrer Sätze (Dörner & Selg, 1984) VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 18 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Was sind Hypothesen? Hypothese (griech.) = Unterstellung, Vermutung Eine Vermutung/Annahme ist dann als wissenschaftliche Hypothese zu verstehen wenn sie folgende 4 Kriterien erfüllt, wenn sie… 1.... sich auf reale Sachverhalte bezieht, die empirisch untersuchbar sind. (= Empirie) 2.... allgemein gültig ist und über den Einzelfall bzw. ein singuläres Ereignis hinausgeht (= All-Satz) 3.... zumindest implizit die Form eines Konditionalsatzes hat (= wenn-dann, je-desto) 4.... durch Erfahrungen potenziell widerlegbar ist (= Falsifizierbarkeit) 5. … theoretisch begründbar ist VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 19 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Was sind Hypothesen? Beispiele für Hypothesen: Frauen sind kreativer als Männer Mit zunehmender Müdigkeit sinkt die Konzentrationsfähigkeit Je schöner das Wetter, desto besser die Stimmung Buben und Mädchen lesen unterschiedlich viel in ihrer Freizeit Behauptungen erfüllen alle genannten Kriterien: sind daher wissenschaftliche Hypothesen VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 20 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Was sind Hypothesen? Wissenschaftliche Hypothesen? Bei starkem Zigarettenkonsum kann es zu Herzinfarkt kommen Wenn es regnet, kann die Sonne scheinen. Es gibt Kinder, die niemals weinen. Schüler*innen aus St. Pölten sind in der Schule gut VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 21 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Was sind Hypothesen? KEINE wissenschaftlichen Hypothesen sind Bei starkem Zigarettenkonsum kann es zu Herzinfarkt kommen Kann-Sätze sind nicht falsifizierbar Wenn es regnet, kann die Sonne scheinen. Kann-Sätze sind nicht falsifizierbar Es gibt Kinder, die niemals weinen. kein All-Satz, nicht falsifizierbar Schüler*innen aus St. Pölten sind in der Schule gut. kein All-Satz, nicht falsifizierbar VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 22 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Übung Wissenschaftliche Hypothesen: JA oder NEIN? Die Konzentrationsfähigkeit hängt mit der Blutalkoholkonzentration zusammen. Positive Verstärkung durch Lehrer/innen kann zu guten Leistungen bei Schüler/innen führen. Positives Feedback beeinflusst die Arbeitsleistung. Viele Studierende mögen Methodenlehrveranstaltungen. VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 23 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Richtung von Hypothesen Je nach Erkenntnisstand kann eine ungerichtete oder eine gerichtete Hypothese formuliert werden. 1. ungerichtet: Interesse am Fach hängt mit der schulischen Leistung zusammen. eher wenig theoretisches Vorwissen. 2. gerichtet: Je stärker das Interesse am Fach, desto besser die schulische Leistung. VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 24 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Was sind Hypothesen? Verifikation und Falsifikation: Wissenschaftliche Hypothesen in der Psychologie (generell in den Sozialwissenschaften) können nicht… …vollständig geprüft (verifiziert) werden. Es ist nicht möglich alle Fälle (Population) zu untersuchen, schon gar nicht für alle Zeiten Untersuchungen erfolgen anhand eines Ausschnitts (Stichprobe), von dem aus auf die Population geschlossen wird. Wissenschaftliche Hypothesen sind Wahrscheinlichkeitsaussagen! VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 25 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Was sind Hypothesen? Verifikation und Falsifikation: Wissenschaftliche Hypothesen können nicht...... durch Einzelfälle/Gegenbeispiele, die der Hypothese widersprechen, widerlegt werden (falsifiziert). Der auf dem Falsifikationsprinzip basierende Erkenntnisfortschritt besteht in der Eliminierung falscher bzw. schlecht bewährter Hypothesen (Theorien). Nicht falsifizierte Hypothesen (Theorien) sind nicht wahr, sondern gelten nur als vorläufig angenommen. Konträre Einzelfälle sind explizit zugelassen VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 26 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Theorien und Hypothesen Satzsysteme: Theorien, Modelle, Gesetze D I E Ia II b N D D U Einzelsätze: Hypothesen = prüfbare Behauptungen U K über empirisch beobachtbare Sachverhalte K T T I Ib II a I O O N N Realität: Bereich der empirisch beobachtbaren Phänomene Grundkonzeption empirischer Wissenschaften Empirische Prüfbarkeit ihrer Sätze (Dörner & Selg, 1984) VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 27 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Was ist Operationalisierung? Operationalisierung = das „messbar Machen“ von Merkmalen Übersetzen der Hypothesenbestandteile in messbare Größen Grundsätzlich kann jedes interessierende Merkmal auf ganz unterschiedliche Weise operationalisiert werden Was heißt „Messen“ in der Psychologie? Zuordnung von Zahlen zu Objekten nach festen Regeln In der Relation der Messwerte muss sich die Relation der gemessenen Objekte widerspiegeln VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 28 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Was ist Operationalisierung? Human- und Sozialwissenschaften untersuchen häufig Konstrukte (= latente Merkmale = latente Variablen): Psychisches oder soziales Phänomene, das nicht unmittelbar beobachtbar (manifest) ist muss aus (manifesten) Indikatoren erschlossen werden Operationalisierung muss auf Basis theoretischer Überlegungen (Theorien, Modellen) erfolgen VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 29 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Was ist Operationalisierung? Beispiel: „Messung“ von Intelligenz Intelligenz nicht direkt beobachtbar (latente Variable, Konstrukt) Verschiedene Theorien zur Struktur der Intelligenz Intelligenz wird gemessen über Ergebnis (Score) einer Person in einem Intelligenztest, der die Struktur des jeweiligen Modells abbildet D.h. von der Anzahl korrekt gelöster Aufgaben in einem solchen Intelligenztest wird auf die „dahinter liegende“ Intelligenz (latentes Konstrukt) geschlossen Unterschiedlichen Ausprägungen von Intelligenz werden unterschiedliche Zahlen zugeordnet (Differenzen zwischen Zahlen sollen Unterschieden zwischen Personen entsprechen) VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 30 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Was ist Operationalisierung? Beispiel: „Messung“ von Intelligenz Howard Gardner (1994): Theorie der multiplen Intelligenzen Sprachlich-linguistische Intelligenz, Logisch-mathematische Intelligenz Musikalisch-rhythmische Intelligenz, Bildlich-räumliche Intelligenz Körperlich-kinästhetische Intelligenz, Naturalistische Intelligenz Interpersonale Intelligenz, Intrapersonale Intelligenz Louis Thurstone (1924): Multiple-Faktoren-Theorie mit 7 Einzelfaktoren Räumliches Vorstellungsvermögen (spatial ability) Rechenfähigkeit (numerical ability) Sprachverständnis (verbal comprehension) Wortflüssigkeit (word fluency) Gedächtnis (memory) Wahrnehmungsgeschwindigkeit (perceptual speed) Logisches Denken (reasoning) VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 31 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Was ist Operationalisierung? Beispiel: „Messung“ von Angst Angst nicht direkt beobachtbar (latente Variable, Konstrukt) Verschiedene Theorien zu Bestandteilen der Angst Angst wird z.B. erhoben mittels Fragebogen, in dem eine Person sich bzgl. der Prüfungsangst einschätzt. -> Anzahl an Fragen, denen Person zustimmt (JA/ NEIN) oder Ausmaß der Zustimmung ODER: man lässt offen erzählen, im Interview ODER: man misst in Prüfungssituation physiologische Parameter Konkrete Operationalisierung hängt immer vom Kontext, den Ressourcen und der zugrundeliegenden Theorie ab VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 32 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller (Seidel & Krapp, 2014, S.196) VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 33 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Teil 3 WIE UNTERSUCHT MAN EINE HYPOTHESE? Was sind Vorteile und Nachteile von Feldstudien? Wie kann man kausale Effekte untersuchen? Was versteht man unter einer längsschnittlichen Studie? VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 34 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Forschungsstrategien Experimenteller Ansatz Quasi-experimenteller Ansatz Laborstudie vs. Feldstudie Längsschnittlicher – Querschnittlicher Ansatz Korrelativer Ansatz VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 35 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Experimenteller Ansatz „Königsweg“, um kausale Zusammenhänge zu prüfen Kausale Zusammenhänge können geprüft werden, indem die vermutete Ursache manipuliert wird (und nur diese) und ihre Auswirkung auf das Ergebnis registriert wird Logik eines Experiments! Künstliche Herstellung der Variation der Ursache (mindestens 2 Ausprägungen/ Bedingungen) -> maximale Kontrolle aller Störvariablen Zufällige Zuteilung der Untersuchungsobjekte (Randomisierung) VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 36 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Experimenteller Ansatz Ein Beispiel: Hypothese: Feedback mit Stickern führt zu mehr Lernmotivation Ursache: Feedback Experimentalgruppe: Kontrollgruppe: Feedback auf Hausübungen Feedback auf Hausübungen mit Sticker ohne Sticker Ergebnis/Wirkung: Lernmotivation VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 37 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Experimenteller Ansatz Hohe interne Validität (eindeutige kausale Schlüsse möglich) – Ein empirischer Zusammenhang ist kein ausreichender Beleg für eine kausale Beeinflussung einer Variable durch eine andere. Manchmal geringe externe Validität VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 38 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Quasi-Experimenteller Ansatz Zentraler Unterschied zum Experiment: keine zufällige Zuteilung zu den Untersuchungsbedingungen Auch hier Manipulation der Ursache und Beobachtung der Folgen für interessierende Variable Zuteilung erfolgt nach anderem Prinzip (z.B. Wunsch der Teilnehmer, natürliche Gruppen wie Schulklassen) Reduziert die interne Validität einer Untersuchung, ist aber in manchen Forschungskontexten nicht zu ändern (wie Schulen) Wichtige Folge: Maximale Erfassung von möglichen Störvariablen und explizites Berücksichtigen von Alternativerklärungen VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 39 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Quasi-Experimenteller Ansatz Beispiel Hypothese: Monoedukativer Unterricht führt zu mehr Interesse der Mädchen an MINT-Fächern Probleme kausale Effekte festzustellen Eingangsselektivität: Schüler*innen mit bestimmtem Sozioökonomischen Status werden angesprochen; bei Kontrolle oft keine Effekte Lehrer*innen – Schüler*innen – Interaktionen: kaum berücksichtigt; Lehrer*innen unterrichten unterschiedlich in Abhängigkeit von Geschlechterzusammensetzung in der Klasse Indikatoren für „besseren“ Unterricht unterschiedlich: akademisches Selbstkonzept, Leistungen, soziale Prozesse in der Klasse VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 40 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Labor vs. Feld (Untersuchungs-Setting) Laborstudie Feldstudie In einer eher künstlichen Situation, in der man Daten werden im natürlichen Kontext die Bedingungen und Störvariablen relativ gut erhoben kontrollieren kann, wird eine Hypothese untersucht Untersuchungsbedingungen können gut Kontrollierbarkeit der Bedingungen und variiert, repliziert und manipuliert werden Störvariablen weit weniger möglich Möglichkeit der gezielten Variation einer Weniger standardisiert, aber mehr Nähe einzigen Variable, so dass Unterschiede in der zum Verhalten in Alltagssituationen interessierenden Variable auf diese Veränderungen auch zurückführbar sind Bsp. Lernprozesse beim Lesen von Texten am Bsp. Spielverhalten von Kindern am Computer mit Hilfe einer Spielplatz beobachten Blickbewegungskamera VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 41 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Längsschnittstudie (= Longitudinalstudie) Untersuchung, bei der Personen/ Untersuchungseinheiten bzgl. der selben Variablen mehrfach untersucht werden; Entwicklung/Veränderung untersuchbar; meist sehr aufwändig Panelstudien (z.B. Deutsches nationales Bildungspanel, https://www.neps-data.de) „Genetic Study of Genius” (heute “Terman Study of the Gifted”): längste Studie in der Geschichte der Psychologie; startete 1921 mit 1528 hochbegabten Kindern sowie Kontrollgruppe; Mythos der sozialen Degeneration widerlegt („Harmoniehypothese“) (Kritik zur Studie & zur Person Lewis Terman z.B. bei Warne, 2019) VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 42 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Querschnittstudie eine oder mehrere Stichproben (z.B. Altersgruppen) werden zum gleichen Zeitpunkt untersucht (alle Variablen werden gleichzeitig erfasst) Vorteil: ökonomischer (Zeit und Kosten) Nachteile: nur Zusammenhänge erfassbar (keine Kausalität); Kohorteneffekte verschleiern u.U. Alterseffekte (mit Lebensalter ist Zugehörigkeit zu einer bestimmten Generation verbunden) geringere interne Validität VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 43 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Korrelativer Ansatz Hier werden nur Zusammenhänge zwischen zwei Variablen ermittelt. z.B. Korrelation von Intelligenz und Kreativität Gefahr von Scheinzusammenhängen immer berücksichtigen Wichtig: Störvariablen mit erheben und kontrollieren VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 44 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Korrelation = Aussage über die Stärke eines Zusammenhanges zweier Merkmale Korrelationskoeffizienten geben in standardisierter Form die Richtung und Stärke des Zusammenhanges an (Wertebereich [-1, + 1] oder [0, +1]) Beispiel: Korrelation zwischen Anzahl besuchter Fortbildungen und Zufriedenheit mit dem Beruf bei Lehrkräften: r = 0.75 d.h. ein starker positiver Zusammenhang VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 45 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Bringen die Störche wirklich die Babies? r = 0.62; p = 0.008 Matthews, R. (2000). Storks Deliver Babies (p = 0.008). Teaching Statistics, 22(2), 36–38. https://doi.org/10.1111/1467-9639.00013 VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 46 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Ihre Meinung VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 47 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Teil 4 QUALITÄTSMERKMALE Was versteht man unter Randomisierung? Was versteht man unter Reliabilität, Validität und Objektivität? VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 48 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Klassische Gütekriterien Objektivität = Unabhängigkeit vom Beurteilenden Reliabilität = Genauigkeit der Messung Validität = Gültigkeit der Messung (Urhahne et al., 2019, S. 476 ff.) VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 49 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Randomisierung Messergebnisse sind vielfältigen Einflüssen ausgesetzt. Um zu verhindern, dass diese systematisch in eine bestimmte Richtung beeinflusst werden verschiedene Zufallszuweisungen (= Randomisierungen) VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 50 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Randomisierung Idealer Weise in einem zweistufigen Prozess: 1. Personen werden zufällig ausgewählt 2. Personen werden zufällig einer Bildungsbedingung zugewiesen → Sicherstellung der internen Validität einer Studie (Ergebnisse sind zumindest für die Stichprobe gültig) Zweistufige Randomisierungsprozesse in der bildungspsychologischen Forschung oft nicht realisierbar Abhilfe durch quasi-experimentellen Designs (keine zufällige Zuweisung von Vpn zu Parallelgruppen) Gefährdung der internen Validität VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 51 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Teil 5 AUSWERTUNG UND INTERPRETATION VON DATEN Was sind Maße der zentralen Tendenz? Wann spricht man von einem signifikanten Ergebnis? VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 52 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Population vs. Stichprobe Population: = Menge aller potenziellen Untersuchungsobjekte, über die etwas ausgesagt werden soll - Grundgesamtheit Ist im Allgemeinen so groß, dass eine Vollerhebung nicht möglich ist Bsp. Grundgesamtheit aller Schüler*innen in Österreich (für die Bildungsstandards) Stichprobe: = Auswahl aus einer Population, die untersucht wird Wird nach verschiedenen Prinzipien gezogen, die Auswahl hat massive Konsequenzen auf die Ergebnisse (Bsp. Verzerrungseffekte) – je repräsentativer, um so gesicherter die Verallgemeinerung auf die Population (z.B. repräsentative Stichprobe bei PISA). VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 53 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Deskriptive Statistik Bereitet Informationen über erfasste Merkmale auf, in dem Einzelwerte zu statistischen Kennwerten zusammengefasst werden Ziel: Beschreibung der Daten mittels Kennwerten, Graphiken, Tabellen, Diagrammen Bezieht sich auf die konkret untersuchte Stichprobe VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 54 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Deskriptive Statistik Maße der zentralen Tendenz: σ𝑛 𝑖=1 𝐿𝑖 Mittelwert: ML = 𝑛 Median Modalwert Maße der Variabilität: Spannweite σ𝑛 𝑖=1 𝐿𝑖 −𝑀𝐿 2 Standardabweichung: SL = 𝑛 Varianz Li…Leistung der Person „i“ in einem Test n = Anzahl der Personen (Stichprobengröße) VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 55 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Beispiel Stichprobe: 10 Lehrkräfte Interessierende Variable: Anzahl an besuchten Fortbildungen im letzten Jahr Antworten der Lehrkräfte (quantitative Daten): 0, 2, 5, 0, 0, 1, 1, 2, 1, 1 0, 0, 0, 1, 1, 1, 1, 2, 2, 5 VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 56 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Beispiel: Häufigkeiten 2 VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 57 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Maße der zentralen Tendenz Modalwert: 1, d.h. am häufigsten wurde „EINE“ Fortbildung besucht Median: 1 0, 0, 0, 1, 1, 1, 1, 2, 2, 5 Arithmetisches Mittel: Berechnung: 0 + 2 + 5 + 0 + 0 + 1 + 1 + 2 + 1 + 1 = 13/n (=10) 1,3 Interpretation: durchschnittlich wurden 1,3 Fortbildungen besucht VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 58 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Standardabweichung (SD): Bezeichnet die Streuung der Werte einer Zufallsvariablen um ihren Mittelwert (MW). Sie ist ein Maß für die Übereinstimmung der Personen und damit für die Aussagekraft des Mittelwertes. So kann derselbe MW unterschiedliche Aussagekraft je nach SD haben: MW VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 59 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Standardabweichung (SD): Körpergröße (in cm) Burschen Mädchen 162 146 163 150 163 155 165 183 166 184 1.) MW legen nahe: kein MW 163,8 163,6 Unterschied in der SD 1,643 18,447 Körpergröße zwischen den Geschlechtern 2.) SD zeigen aber: unterschiedlich große Streuung der Werte um den MW VO Psychologische Grundlagen von Bildung & Lernen | Pädagogisch- 03.05.2024 60 Psychologische Forschung | PD Dr. Martin Daumiller Inferenzstatistik Synonym: schließende oder induktive Statistik Ziel ist die Analyse von Daten mit Fokus auf Generalisierung (=Verallgemeinerung) der Ergebnisse auf die ganze Population Statistische Hypothesenprüfung ist das Anliegen dies passiert mittels Signifikanzprüfung Ein signifikanter Wert bedeutet, dass ein beobachteter Effekt nicht zufällig zustande gekommen ist. Deshalb dürfen wir annehmen, dass der erwartete Zusammenhang/Unterschied auch wirklich besteht. − z.B. Signifikante Mittelwertsunterschiede: Die Wahrscheinlichkeit, dass der Unterschied (zwischen Gruppen, Messzeitpunkten etc.) durch Zufall zustande gekommen ist, ist 1.) kleiner als 5% (Kennzeichnung: *) bzw. 2.) kleiner als 1% (**) bzw. 3.) kleiner als 0,1% (***); − Schreibweise im Text: p

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