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Zusammenfassung von Sitzungen zum Thema Wissenschaft und Forschung. Der Text beschreibt verschiedene Definitionen von Wissenschaft, und diskutiert Forschungsansätze, Theorien und die Beziehung zwischen Theorie und Empirie. Es gibt Hinweise auf verschiedene Forschungsmethoden und wichtige Aspekte des wissenschaftlichen Arbeitens.
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Zusammenfassung Sitzung 5 De nition Wissenschaft Wissenschaftler*innen sammeln, erweitern, vertiefen das Wissen in ihrem jeweiligen Gegenstandsbereich, erfassen dessen Phänomene begrif ich (Fachsprache), untersuchen sie (mit empirischen Forschungsmethoden) und fassen Erkenntnisse zu wisse...
Zusammenfassung Sitzung 5 De nition Wissenschaft Wissenschaftler*innen sammeln, erweitern, vertiefen das Wissen in ihrem jeweiligen Gegenstandsbereich, erfassen dessen Phänomene begrif ich (Fachsprache), untersuchen sie (mit empirischen Forschungsmethoden) und fassen Erkenntnisse zu wissenschaftlichen Theorien zusammen. Ziel jeder erziehungswissenschaftlichen Forschung ist die möglichst gesicherte Erkenntnis des Zustands und der Veränderungsbedingungen der sozialen und erzieherischen Wirklichkeit. Theorie und Empirie in der empirischen Sozialforschung Eine Theorie ist zunächst ein vereinfachtes Bild eines Ausschnitts der Realität, der mit diesem Bild beschrieben und erklärt werden soll, um auf dieser Grundlage möglicherweise Prognosen zu machen und Handlungsempfehlungen zu geben. Empirische Methoden (v. griech.: εμπειρία empeiría = die Erfahrung) im weiteren Sinne sind erfahrungsorientierte Vorgangsweisen. Theorie und Empirie ergänzen sich im Forschungsprozess, so dass sie zusammen wie eine Spirale zu höherem Erkenntnisgewinn beitragen. D · fi fl Subjektive Theorien Sie sind ein kognitives Netz von Annahmen über einen Sachverhalt. Subjektive Theorien bieten Erklärungen, ermöglich Vorhersagen und sie orientieren sich in Ihren Handlungen an ihnen. Was ist wissenschaftliche Forschung? Wer wissenschaftliche Forschung betreibt, sucht mithilfe anerkannter wissenschaftlicher Methoden und Methodologien auf der Basis des bisherigen Forschungsstandes (d.h. vorliegender Theorien und empirischer Befunde) zielgerichtet nach gesicherten neuen Erkenntnissen, dokumentiert den Forschungsprozess sowie dessen Ergebnisse in nachvollziehbarer Weise und stellt die Studie in Vorträgen und Publikationen der Fachöffentlichkeit vor (Döring & Bortz, 2016, S.7). Standards der wissenschaftlichen Forschung 1. Formulierung eines wissenschaftlichen Forschungsproblems 2. Realisierung eines wissenschaftlichen Forschungsprozesses 3. Orientierung an der Wissenschafts- und Forschungstechnik 4. Vollständige schriftliche Dokumentation des gesamten Forschungsprojekts Forschungscommuity Es wird immer verschiedene Modelle, Ansätze und Theorien zur Erklärung von Phänomenen geben. Erkenntnisse über Phänomene verändern bzw. entwickeln sich (z.B. guter Unterricht). Die Erklärungsansätze und Theorien sind bestimmten „Forschungs-Strömungen“ (Paradigmen) unterworfen. Ein wiss. Paradigma besteht zum einen aus Vorannahmen über den Gegenstand. Es ist eine Art Denkmuster, eine Art ‚Supertheorie' verstanden, die grundlegende Probleme und Methoden, das Weltbild prägt. Bsp. Paradigmenkrieg in den 1980 der qualitativen und quantitativen Forscher. „Erbsenzähler“ vs. „Kaffeesatzleser“ Wissenschaftliches Arbeiten Was bedeutet das für Ihr Arbeiten im Studium? „Wissenschaftliches Arbeiten zeigt sich in einer systematischen und methodisch kontrollierten Verbindung eigenständiger und kreativer Gedanken mit bereits vorliegenden wissenschaftlichen Befunden. Das Vorgehen ist sorgfältig, begriffsklärend und fach- bzw. disziplinbezogen.“ (Bohl, 2008, S. 13) Wissenschaftlich arbeiten bedeutet kritisch sein, hinterfragen, präzisieren, beginnt mit eigenem Denken, führt zu nachvollziehbaren Ergebnissen und stützt sich auf Ergebnisse der Wissenschaft. ein Thema eingrenzen, sich in kurzer Zeit einarbeiten, sich mit Fachtexten auseinandersetzen, einen komplexen Sachverhalt analysieren und Argumentationen nachvollziehend darstellen können. Zentral ist dabei… die intensive Auseinandersetzung mit fremdem Gedankengut: Bezüge herstellen, Begrif ichkeiten und De nitionen diskutieren, Argumentationen kritisieren, eigene Perspektiven herausarbeiten und begründen. fl fi Umgang mit wissenschaftlichen Studien Wie nden? Datenbanken: FIS, Eric, Psyndex (nur über Uni möglich) Bevorzugen Sie Aufsätze in Zeitschriften mit Reviewverfahren: Zeitschrift für Pädagogik Zeitschrift für Erziehungswissenschaft Empirische Pädagogik Diagnostica JERO Psychologie in Erziehung und Unterricht Unterrichtswissenschaft Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie Weitere Quellen: Google books, google scholar, research gate Döring & Bortz (2019, S.160); Engelschalk et al. (2019, S. 555) KI: researchrabbit.ai, elicit.com Beim Schneeballverfahren sichtet man die Literaturverzeichnisse besonders einschlägiger aktueller Zeitschriftenartikel und übernimmt dort aufgeführte Quellen in die eigene Literatursammlung. Gute Schlagworte nden. Viele Datenbanken bieten auch einen Thesaurus an, in dem inhaltsähnliche Wörter (Synonyme) und verwandte Suchbegriffe angezeigt werden. Breite Recherche: Durch Trunkierung können Begriffe auf einen Wortteil reduziert werden z.B. „depressi*“ Eingegrenzte Recherche: Durch UND-Verbindungen kann die Suche stärker eingeschränkt werden z.B. Lernmotivation UND Förderung fi fi Wie auswählen? Wahl der Fundstellen? Übersichtsartikel, die den Forschungsstand zum Thema zusammenfassen und in Form von Zeitschriftenartikeln oder Buchkapiteln erscheinen, Metaanalysen, die vorliegende statistische Befunde zu einem bestimmten Effekt aus dem Themenbereich statistisch aggregieren, aktuelle Monogra en und Sammelbände mit großer Nähe zum Forschungsproblem, aktuelle theoretische und/oder empirische Zeitschriftenbeiträge mit großer Nähe zum Forschungsproblem, die teilweise gebündelt in Sonderheften zu nden sind 11 Wofür benötige ich die Studie? Forschungsstand der Studie, um einen Überblick über das Thema zu gewinnen? Konkret die Ergebnisse der Studie? Das Untersuchungsdesign der Studie? Z.B. Da Sie ein ähnliches für Ihre BA/Hausarbeit wählen möchten…? Wie lesen? In der Regel hat ein Beitrag nur 30.000 Zeichen = 15 Seiten Beitrag hat immer das gleiche Schema (siehe auch oben) 1. Abstract lesen 2. Scannen der Gliederung 3. Bewertung = brauchbar, abspeichern, pdf kommentieren 4. Notizdatei für Überblick der Recherche: Wofür und was wesentlich ist! Citavi? Lesen für die Bachelorarbeit/Hausarbeit. Lesen Sie (empirische) Arbeiten auch aufmerksam hinsichtlich des Stils. Z.B. Wie werden empirische Befunde vorgestellt? Welche Informationen zur Studie werden im Forschungsstand bei der Vorstellung von Befunden gegeben? fi fi Zusammenfassung Sitzung 6 Historisch geordneter Rückblick der empirischen Unterrichtsforschung Die Pädagogische Psychologie hat sich seit jeher damit beschäftigt, was die Qualität von Lerngelegenheiten kennzeichnet und welche Voraussetzungen Lehrende mitbringen müssen, damit sie ihrem Auftrag optimal gerecht werden können. Lehrkräftepersönlichkeitsansatz Prozess-Produkt-Forschung Lehrer*innenexpertise Lehrerpersönlichkeitsansatz: Gegenstand Im Zentrum stand die Überlegung, welche Persönlichkeitseigenschaften Lehrende mitbringen müssen, um erfolgreich lehren zu können. Erfolg wurde über schulische Leistung und motivational-affektive Aspekte des Lernens (z.B. Schulangst, Selbstbild) bei den Lernenden gemessen. Lehrerpersönlichkeitsansatz: Befunde Persönlichkeitsmerkmale wie emotionale Stabilität, Freundlichkeit/ Verträglichkeit, persönliche Beziehungen/Kooperation, Tätigkeitsdrang zeigten am ehesten Zusammenhänge zum Unterrichtserfolg. Auch aktuell beschäftigen sich noch einige Forscher*innen mit Persönlichkeitseigenschaften. Geringe ausgeprägte Ängstlichkeit, positive Ausprägung von Extraversion und Gewissenhaftigkeit sagen die Zufriedenheit im Beruf 5 Jahre später positiv vorher (z.B. Urban, 1992, Mayr, 2002). Lehrerpersönlichkeitsansatz: Problematik/Herausforderung Die fünf grundlegenden, stabilen Persönlichkeitsdimensionen (BIG 5) lauten (Satow, 2011) : Neurotizismus: Von emotional labil und ängstlich bis stabil und wenig ängstlich. Extraversion: Von in sich gekehrt (introvertiert) bis aus sich herausgehend, gesellig und expressiv. Gewissenhaftigkeit: Von wenig sorgfältig und gewissenhaft bis sehr sorgfältig genau und gewissenhaft Verträglichkeit: Von sozial wenig angepasst bis sehr beliebt und verträglich Offenheit: Von traditionell und wenig neugierig bis sehr offen und experimentierfreudig Lehrerpersönlichkeitsansatz: Fazit Die Forschung zur Suche nach der guten Lehrer*innenpersönlichkeit erwies sich bisher als wenig erfolgreich. Bezug sehr allgemeiner Persönlichkeitsmerkmale zu Verhalten in konkreten Situationen (Schüler-Lehrer- Interaktion) nicht herstellbar (zu abstrakt). (Seidel & Reiss, 2014) Es gibt nicht den „geborene Lehrkraft“. Hierfür haben wir keine überzeugenden Belege (Kim et al, 2019). Prozess-Produkt-Forschung: Gegenstand Hier wurde der Fokus auf konkret beobachtbar Verhaltensweisen der Lehrenden im Unterricht gelegt. Es geht darum, Handlungsweisen der Lehrenden (Prozesse) zu identi zieren, die positive Wirkungen auf das Lernen der Schüler*innen haben (Produkte). Prozess-Produkt-Forschung: Befunde Es wurden eine Reihe von Verhaltensweisen der Lehrenden identi ziert, die fachunabhängig das Lernen der Schüler*innen fördern. Metaanalysen zu Unterrichtseffektivität wurden u.a. von Hattie (2009) sowie Seidel und Shavelson (2007) vorgelegt. Lehrkräfte haben einen substanziellen Ein uss auf das Lernen ihrer Schüler*innen (Rowan, Correnti & Miller 2002). Forschung zum „Lehrereffekt“ zeigt, dass Schüler*innen auch bei gleichen persönlichen Voraussetzungen innerhalb einer Schule systematische Unterschiede in ihrer Leistungsentwicklung aufweisen (Kunter und Pohlmann, 2015). fl Leistungsunterschiede zwischen Schüler*innen, die von unterschiedlichen Lehrkräften unterrichtet wurden, von bis zu einem Jahr (Hattie, 2013). Prozess-Produkt-Forschung: Befunde Was könnte erfolgreiches Lehrkräfteverhalten sein? 1. Unterrichtsmethoden exibel einsetzen 2. Viel aktive Lernzeit nutzen 3. Zielklärung 4. Zielorientierung 5. Angemessene Aktivierung 6. Lernbegleitung (Rückmeldung) 7. Evaluation (in Selbstregulation anleiten) 8. Störungen antizipieren/verhindern durch z.B. Routinen, Regeln Prozess-Produkt-Forschung: Problematik/ Herausforderungen In den Anfängen der Prozess-Produkt-Forschung ging man von direkten und durch die Lehrperson initiierten Wirkungen der Unterrichtsprozesse auf das Lernen der Schüler*innen aus. fl Aktuelle Angebots-Nutzungs-Modelle basieren auf der Annahme eines komplexen Wirkungsgefüges, das weiter erforscht werden muss. Man geht zwar auch heute noch davon aus, dass Lehrende über generelle pädagogisch-psychologische Kompetenzen verfügen müssen (z.B. Klassenführung, Lernzieltransparenz herstellen). Allerdings ist stets zu berücksichtigen, dass diese Unterrichtsmerkmale immer im Fachkontext statt nden. Aktuell stärkerer Einbezug fachdidaktischer Forschung (z.B. mathematisches Argumentieren, naturwissenschaftliches Experimentieren, Umgang mit historischen Quellen, Kommunikation in einer Fremdsprache). Prozess-Produkt-Forschung: Fazit Die Prozess-Produkt-Forschung hat zu einer erheblichen Weiterentwicklung der Unterrichtsforschung über die beteiligten Teildisziplinen der Empirischen Bildungsforschung (Pädagogische Psychologie, Erziehungswissenschaft, Fachdidaktik) hinweg beigetragen. Ein Problempunkt ist, dass die mit dem Ansatz als erfolgreich identi zierten Handlungsweisen oft nur schwer zu trainieren sind und man schwer nachweisen konnte, dass solche Trainings dann zu entsprechenden Lernerfolgen der Schüler*innen führen. Lehrkräfteexpertise: Gegenstand Mit dem sog. Expertiseansatz wendet man sich so in gewisser Weise wieder dem »Inneren« der Lehrenden zu, allerdings weniger unter der Perspektive allgemeiner Persönlichkeitsmerkmale als im Hinblick auf die professionsspezi sche innere Struktur des Wissens von Lehrenden (Bromme, 1992). Lehrkräfteexpertiseforschung: Befunde In der Expertiseforschung bedient man sich eines besonderen Zugangs: Es werden Personen ausgewählt, die nach bester Kenntnis als Expert*innen in einem Feld gelten (z. B. Schachweltmeister) und vergleicht diese mit Anfänger*innen (Noviz*innen) oder Personen, die sich mit diesem Fachgebiet nicht näher befasst haben (Laien). fi Lehrkräfteexpertiseforschung: Befunde Anfänger*innen bzw. Noviz*innen konzentrieren sich vorrangig auf viele einzelne Unterrichtsereignisse und ihre Interpretationen beruhen eher auf naiven Überzeugungen, und sie neigen zu schnellen Meinungsbildungen und Übergeneralisierungen (»dieser Unterricht ist einfach schlecht«). Lehr-Expert*innen nehmen den Unterricht in Form von komplexen Einheiten wahr, sie ltern wesentliche Ereignisse Vereinfacht könnte man sagen, dass sich Anfänger*innen schnell in Einzelheiten verlieren, während Expert*innen den Blick auf das Wesentliche richten und den Überblick behalten. Lehrkräfteexpertiseforschung: Befunde Expert*innen… handeln auf Basis von Unterrichtsskripts (fachtypische Unterrichtsabläufe) Expert*innen-Noviz*innen-Experimente zum Urteilsprozess zeigen Unterschiede hinsichtlich Flexibilität und Zielbezogenheit Exkurs: Anker-Effekt Der Rückgriff auf Heuristiken ist evolutionär sinnvoll. Denn in vielen Situationen ist es nicht möglich, alle Informationen in kurzer Zeit systematisch zu prüfen. Ankereffekt (eine Form von Urteilsheuristik) wird in der Kognitionspsychologie beschrieben: dass Menschen bei Entscheidungen von Umgebungsinformationen beein usst werden, ohne dass ihnen dieser Ein uss bewusst wird. Der Anker sind in der Regel Information, von anderen Personen oder selbstgebildeten. Diese Information ist dann für die Entscheidung ausschlaggebend, wobei es keine Rolle spielt, ob diese Information tatsächlich relevant und nützlich ist (Stangl, 2023. Marketingbeispiel: ein T-Shirt aus Biobaumwolle für 40 Euro. Das würde vielen Kunden zunächst vielleicht teuer erscheinen. Wenn Sie daneben aber ein Premium- fi fl T-Shirt für 99 Euro anbieten, erscheinen die 40 Euro plötzlich in einem ganz anderen Licht und wirken preiswerter. Lehrkräfteexpertiseforschung: Befunde Anfänger*innen oder Laien verfügen nicht über die gleichen spezi schen Wissensschemata wie Expert*innen im Feld Ein vertieftes Wissen im Fach, in der Fachdidaktik und pädagogisch- psychologisches Wissen ist notwendig, um in einer schwierigen Unterrichtssituation erfolgreich handeln zu können. Natürlich ist auch praktische Erfahrung erforderlich, aber eine Praxis ohne Wissen ist professionslos Lehrkräfteexpertiseforschung: Problematik/ Herausforderungen Man weiß zwar, dass sich Experten durch eine etwa 10- bis 12-jährige intensive Auseinandersetzung mit einem entsprechenden Gegenstand auszeichnen (Gruber & Stöger, 2011). Es fehlt aber genauere Kenntnis darüber, wie diese intensive Auseinandersetzung durch welche pädagogischen Arrangements optimal gefördert werden kann. Fazit: Der Expertiseansatz hat zu einem besseren Verständnis des zugrunde liegenden Wissens von Lehrpersonen beigetragen und wichtige Impulse für die Ausbildung von Lehrenden gegeben. Zusammenfassung Sitzung 7 Unterschied zwischen Professionalisierung und Professionalität? Pädagogische Professionalität ist ein Zustand der Könnerschaft hinsichtlich der spezi schen Herausforderungen der Erziehung und Bildung. Professionalisierung bezeichnet wiederum Entwicklungsprozess des Wissens und Könnens der Professionellen und der Strukturen, in denen sie tätig sind. Zusammenfassend könnte man sagen, Professionalität ist für Lehrer*innen ein dauerhafter Anspruch und Professionalisierung die dauerhafte, dort hinführende Aufgabe. Pädagogische Professionalität Der Begriff der Professionalität wird in der Alltagssprache oftmals in ationär gebraucht, um ein Handeln als in besonderer Weise gekonnt und souverän zu beschreiben. Die schulbezogene Professionsforschung hat sich seit den 1970er Jahren entwickelt und im Zusammenhang mit der Reform von Schule und Lehrer/in den letzten 15 Jahren einen enormen Auftrieb gewonnen. Sie beschäftigt sich damit, professionelles Handeln von anderem verberu ichten Handeln abzugrenzen und die Spezi k von pädagogischer Professionalität immer auch mit Blick auf die Merkmale, Bedingungen und Anforderungen an gelungenes professionelles Handeln zu bestimmen. Schule als multiprofessionelles Handlungsfeld Bis vor wenigen Jahren noch war für andere pädagogische Professionen die Beschäftigung mit Schule und dem Lehrer*innenhandeln eher aus einer Außenperspektive motiviert, und es galt, die Logik des Lehrer*innenhandelns von außen zu verstehen. Welche anderen pädagogischen Professionen arbeiten in/mit Schule zusammen? Heute ist Schule zunehmend mit anderen pädagogischen Feldern vernetzt bzw. überlagert sich mit ihnen. Schule ist zu einem multiprofessionellen Handlungsfeld geworden, in dem fi fi Akteur*innen auf vielfältige Weise auch ohne Lehramtsstudium als professionelle Pädagog*innen tätig werden können. Ansätze der schulbezogenen Professionsforschung Während in den beginnenden 2000er Jahren eine Frontstellung zwischen psychologischen und soziologischen Ansätzen zu beobachten war, ist die Situation seither eher davon gekennzeichnet, dass beide Ansätze unabhängig voneinander forschen und sich kaum wechselseitig rezipieren (Tillmann, 2014). Dies gilt allerdings nicht für den berufsbiogra schen Ansatz in der Lehrer*innenforschung. Von ihm gehen so wichtige Impulse einer konzeptionellen und forschungsmethodischen Verknüpfung der beiden Hauptrichtungen in der Professionsforschung aus (Keller-Schneider & Hericks, 2014; Košinár, 2014). Gemeinsamkeiten schulbezogener Professionsansätze 1. Professionelles Handeln ist erlernbar 2. Professionalisierung geschieht im Medium wissenschaftlichen Wissens 3. Professionalisierung ist eine lebenslange Aufgabe 4. Hat zwei Seiten: Routinisierung (Erfahrungswissen) und Re exivität/Re exion (Weiterentwicklung) fl fi fl Strukturtheoretischer Ansatz - Leitidee geht nicht von den inneren Dispositionen der professionell Handelnden aus (Eigenschaften, Wissensbestände und Kompetenzen), sondern von der besonderen Handlungs- und Interaktionsstruktur, der spezi schen Tätigkeit, in die Professionelle in institutionalisierten schulischen Unterrichtsprozessen eingebunden sind. Strukturtheoretischer Ansatz - Vertreter Der strukturtheoretische Ansatz wurde vor allem von Werner Helsper (1996, 2002, 2014) im Anschluss an die professionstheoretischen Arbeiten von Ullrich Oevermann (1996, 2002, 2008) weiterentwickelt. Strukturtheoretischer Ansatz Drei Funktionen des professionellen Lehrerhandelns: Wissensvermittlung (z.B. Lerninhalte, Methoden) Norm-Wertvermittlung (z.B. demokratische Werte, Gerechtigkeit) Prophylaktisch-therapeutische Funktion Heranwachsende entwickeln sich, indem sie Lern- und Entwicklungskrisen durchlaufen und bewältigen. Kinder und Jugendliche werden in ihrem Aufwachsen durch ihre Umwelt beständig (Krise als Normalfall der Lebenspraxis) mit neuen Herausforderungen und Erwartungen konfrontiert (z.B. in der Schule Freunde verlieren/neue gewinnen). Lehrkräfte bieten den Schüler*innen Handlungsoptionen an und zeigen ihnen Möglichkeiten der Selbstverantwortung in Entscheidungssituationen auf Die zentrale Aufgabe von Lehrpersonen darin besteht, in einer Situation, die durchzogen ist von unau ösbaren Widersprüchen, pädagogische Arbeitsbündnisse, d. h. auf wechselseitigem Vertrauen und Anerkennung beruhende Beziehungen, zu errichten. Die unau ösbaren Widersprüche (Antinomien) bestehen darin, dass es Handlungsanforderungen gibt, die sich gegenseitig ausschließen und durch die fl fl Strukturebene der Institution Schule bedingt sind. Strukturtheoretischer Ansatz: 5 päd. Antinomien Näheantinomie Beziehung hat Merkmale von Distanz zu Klienten, aber auch persönliche Nähe Differenzierungsantinomie Dreistelliges Arbeitsbündnis zugleich: Lernender, Lerngruppe, Eltern (z.B. Bedürfnis des Einzelfalls vs. Bedürfnis der Lerngruppe) Sachantinomie Vermitteln zwischen objektivierten Wissensbestände (Fachwissen) und lebensweltlichen Wissensformen der Lernenden Autonomieantinomie Schüler/innen zu Selbstständigkeit unter Fremdbestimmung Organisationsantinomie Nicht-standardisierbare Ereignishaftigkeit der Interaktion (Fallbezogenheit von professionellem Handeln) in Verfahrensregeln und -routinen der Organisation Schule Strukturtheoretischer Ansatz - Professionsverständnis „Professionalität im Lehrerberuf zeigt sich in der Handlungsfähigkeit der Lehrperson. Sie muss mit den Antinomien angemessen umgehen können und nicht als persönliches Versagen zu interpretieren. Ein re ektierender Umgang mit den vorhandenen Unsicherheiten, Spannungen und das selbstkritische Hinterfragen des eigenen beru ichen Handelns sind Bedingungen für die weitere Entwicklung eines professionell pädagogischen Habitus.“ Strukturtheoretischer Ansatz - Kernaussage Professionalisierung als Aufbau von Handlungsfähigkeit durch theoretisches Wissen und Erfahrungswissen Blick auf eigenes Handeln innerhalb spezi scher Strukturen Fähigkeit zur Re exion der eigenen Praxis, die vor allem in der Auseinandersetzung mit Forschung und Theoriewissen während der fl fl fi universitären Ausbildung kultiviert werden kann Strukturtheoretischer Ansatz - Kritik Kritik: Die kompetenztheoretische Forschung kritisiert eine überdehnte Konstruktion pädagogischer Professionalität, die mit einer „generalisierten Erziehungserwartung“ überfrachtet sei und den Lehrberuf als „unmöglichen Beruf“ überproblematisiert.