Zusammenfassung Sozialpsychologie PDF
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This document is a summary of social psychology, covering topics such as the definition of social psychology, social influence, social construction of reality, fundamental attribution error, and the different methods used in social psychology research. It also discusses micro, meso, and macro levels of analysis and the relationship between external and internal validity.
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Zusammenfassung Sozialpsychologie 1. Einführung und Methoden à Einführung: Was ist die Sozialpsychologie? (Abgrenzungen von Nachbardisziplinen) Definition: Die wissenschaftliche Untersuchung der Art und Weise, in der Gedanken, Gefühle und Verhalten des Menschen durch die tatsächliche oder vorge...
Zusammenfassung Sozialpsychologie 1. Einführung und Methoden à Einführung: Was ist die Sozialpsychologie? (Abgrenzungen von Nachbardisziplinen) Definition: Die wissenschaftliche Untersuchung der Art und Weise, in der Gedanken, Gefühle und Verhalten des Menschen durch die tatsächliche oder vorgestellte Anwesenheit Anderer beeinflusst werden (Sozialer Einfluss in einem weiteren Verständnis; vgl. bspw. Allport, 1985). - Sozialpsycholog*innen sind daran interessiert zu verstehen: o Wie Menschen ihre soziale Umwelt wahrnehmen, verstehen und interpretieren (d.h., an der Konstruktion der sozialen Welt) und o Wie und warum das soziale Umfeld Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen des Individuums formt - Themen: Einfluss sozialer Gruppen, Attribution, Diskriminierung, Vorurteile, Einstellungen etc. - Sozialer Einfluss: Der Effekt, den Worte, Handlungen oder die bloße Präsenz anderer Personen (soziale Umwelt) auf unsere Gedanken, Gefühle oder Verhalten haben. - Konstruktion der sozialen Welt: Die Art und Weise wie Menschen ihre soziale - Umwelt wahrnehmen, verstehen und interpretieren Grundlagenforschung und Angewandte Forschung (Unterschiede) Grundlagenforschung: Universelle Regeln und Mechanismen verstehen beschäftigt sich damit, die grundlegenden Mechanismen und Prozesse zu verstehen, die unser Verhalten, Denken und Fühlen beeinflussen. à Ziel: eine allgemeingültige Theorie oder Regeln finden, die in vielen Situationen gelten à dabei wird oft in sehr kontrollierten und klar definierten Situationen geforscht, um spezifische und präzise Hypothesen zu testen. Beispiel: fundamentaler Attributionsfehler: Menschen neigen dazu, das Verhalten anderer eher auf deren Persönlichkeit (innere Faktoren) als auf äußere Umstände zurückzuführen. (Grundlagenforscher untersuchen solche Phänomene, um allgemeine Erkenntnisse über menschliche Denkweisen zu gewinnen) Angewandte Forschung: Lösungen für konkrete Probleme finden Nutzen das Wissen der Grundlagenforschung, um praktische Probleme im Alltag zu lösen oder bestimmte Verhaltensweisen zu fördern oder zu verändern. (spezifische Fragestellungen in realen Kontexten) à konkrete, oft komplexere Fragestellungen (beziehen sich auf bestimmten Bereich oder Kontext) à Ergebnisse sind weniger universell gültig, sondern spezifisch für die untersuchte Situation Beispiel: Welche Maßnahmen motovieren Menschen, umweltfreundlicher zu handeln? à Grundlagenforschung liefert das "Warum" hinter dem menschlichen Verhalten, während angewandte Forschung das "Wie" nutzt, um reale Probleme zu lösen. Mikro-,Meso- und Makroebene - Verschiedene Ebenen, auf denen menschliches Verhalten und gesellschaftliche Phänomene untersucht werden - Sie unterscheiden sich darin, ob der Fokus auf die einzelne Personen, Gruppen oder die gesamte Gesellschaft gelegt wird 1. Mikroebene – Prozesse innerhalb einer Person à intrapersonal - Es werden Vorgänge untersucht, die in einer einzelnen Person ablaufen - Gedanken, Emotionen, Motive, Motivation à beeinflussen das Verhalten - Disziplinen: Entwicklungspsychologie, Allgemeine Psychologie, Persönlichkeitspsychologie - Bsp.: Warum fühlt sich eine Person in einer bestimmten Situation gestresst? 2. Mesoebene – Prozesse zwischen Menschen à interpersonal - Interaktionen zwischen Personen - Soziale Prozesse, wie Kommunikation, Konflikte, Zusammenarbeit - Disziplinen: Sozialpsychologie, Pädagogische Psychologie, Rechtspsychologie - Bsp.: Wie lösen zwei Menschen einen Streit? 3. Makroebene – Prozesse innerhalb der Gesellschaft - Große gesellschaftliche Strukturen und Veränderungen - Politische Entwicklungen, kulturelle Normen - Gesamtheit einer Gesellschaft im Fokus: - Disziplinen: Soziologie, Politikwissenschaften - Bsp.: Wie verändern Medien unsere Kultur? à Sozialpsychologie bewegt sich hauptsächlich auf der Mesoebene (wie Menschen miteinander interagieren) à hat aber auch Verbindungen zur Mikroebene (Interaktionen werden durch individuelle Gedanken, Gefühle etc. beeinflusst) und zur Makroebene (gesellschaftliche Normen beeinflussen das Verhalten) à Sozialpsychologie verbindet alle 3 Ebenen miteinander, konzentriert sich am stärksten auf Mesoebene Sozialpsychologie als empirische Wissenschaft - Hypothesengeleitete Forschung: Hypothese wird vorab entwickelt, diese Hypothese wird dann in mithilfe von Experimenten etc. überprüft - Sie stützt sich auf beobachtbare, messbare Daten und nicht auf „Ich wusste es doch“-Gefühle oder Annahmen im Nachhinein (Hindsight-Bias) à Rückschaufehler - Arbeitet also systematisch und objektiv, um solche Verzerrungen zu vermeiden à fundamentaler Attributionsfehler: bedeutet, dass man denkt, dass das Verhalten anderer hauptsächlich an deren Charakter liegt. Dabei wird übersehen, in welcher Situation sich die Person befindet. (z.B. jemand ist unfreundlich=Person ist generell so, obwohl sie einen schlechten Tag hat) à Bedrohung durch Stereotype: Menschen aus einer bestimmten Gruppe haben Angst, einem negativen Stereotyp über ihre Gruppe zu entsprechen oder danach beurteilt zu werden (Bsp.: Mädchen können bei Mathetests schlechter abschneiden, wenn man sie daran erinnert, dass Mädchen oft schlechter in Mathe angesehen werden) à Methoden der Sozialpsychologie: à Methoden der Datenerhebung 1. Beobachtung: - Forscher*innen beobachten Menschen in ihrer Umgebung, um das Verhalten zu verstehen - Zwei Hauptarten: o Die nicht teilnehmende Beobachtung: Forschender beobachtet aus der Distanz, ohne selbst ein Teil der Situation zu sein (Bsp.: CCTV-Study – es wurden Überwachungskameras genutzt, um zu beobachten, wie Menschen auf Gewalt in der Öffentlichkeit reagieren) o Teilnehmende Beobachtung: Forschender nimmt aktiv an der Situation teil, um Verhalten aus der Perspektive der Beteiligten zu verstehen (Sektenstudie: Forschende schlossen sich einer Sekte an, um Verhalten aus der Perspektive der Beteiligten zu verstehen) à Wichtig: Reliabilität zwischen Beobachter*innen (damit das Ergebnis vertrauenswürdig ist, müssen unterschiedliche Beobachter*innen zu denselben Schlussfolgerungen kommen) Nachteile: - Nicht alles unmittelbar beobachtbar (Beobachtungen sind zeitlich begrenzt, man kann nur aufzeichnen, was im Moment passiert, wichtige Verhaltensweisen außerhalb des Beobachtungszeitraumes werden nicht erfasst) - Unterschiedliche Interpretation der gleichen Verhaltensweise (Subjektivität kann zu Verzerrungen führen) - Mangelnde Interrater – Reliabilität: es kann sein, dass mehrere Beobachter*innen nicht miteinander übereinstimmen - Fehlende Genrealisierbarkeit: Ergebnisse von Beobachtungen beziehen sich oft nur auf die spezifische Situation (schwierig daraus allgemeine Schlüsse zu ziehen) à durch diese Aspekte sind Beobachtungen limitiert 2. Korrelationsmethode: - Zwei oder mehrere Variablen werden systematisch gemessen und die Beziehung zwischen ihnen bestimmt wird (positive Korrelation: punkten verlaufen von oben rechts nach unten links, keine Korrelation: punkte an unterschiedlichen Orten, negative Korrelation: punkte verlaufen von oben links nach unten rechts) - Korrelationskoeffizient: sagt aus, in welchem Ausmaß eine Variable durch eine andere vorhergesagt werden kann (im Sinne einer statischen Vorhersage zum Zusammenhang, nicht im Sinne von Kausalität!), gibt also an, wie gut man den Wert einer Variable vorhersagen kann, wen man den Wert der anderen kennt - Verzerrung durch Drittvariable: Zusammenhang bedeutet nicht zwangsläufig eine Kausalität 3. Experimentelle Methode 1) Isolierte Manipulation der unabhängigen Variablen - In einem Experiment wird nur die unabhängige Variable verändert, von der man eine Wirkung auf die abhängige Variable(n) annimmt. 2) Zufällige (randomisierte) Zuweisung - Die Teilnehmer*innen werden per Zufall den verschiedenen Versuchsbedingungen zugeordnet (z.B. eine Gruppe bekommt 8 Stunden Schlaf, die andere 4) - Randomisierung sorgt dafür, dass Unterschiede zwischen den Gruppen gleichzeitig verteilt wird (Intelligenz, Alter etc.) - So wird verhindert, dass personenbezogene Störvariablen die Ergebnisse beeinflussen (diese werden kontrolliert) 3) Gleiche Bedingungen außer der unabhängigen Variable: - In der Situation, in denen die Teilnehmer*innen getestet werden, müssen in allen anderen Aspekten identisch sein. Der einzige Unterschied ist die unabhängige Variable - so kann man sicherstellen, dass die abhängige Variable nicht durch situative Störvariablen beeinflusst wird (Temperatur, Lautstärke etc.) à beste Methode zum Nachweis von Kausalität, da andere Einflüsse ausgeschlossen werden Unabhängige Variable (UV): Diese Variable wird gezielt verändert oder kontrolliert, um zu testen, ob sie eine Auswirkung auf andere Variablen hat. Von dieser Variable wird angenommen, dass sie die abhängige Variable beeinflusst. - Beispiel: In einem Experiment wird untersucht, wie die Anzahl der Personen in einer Notsituation das Hilfeverhalten beeinflusst - UV: Anzahl der anwesenden Personen (1, 3 oder 5) - Diese Variable wird gezielt verändert, um zu sehen, welche Auswirkungen sie hat Abhängige Variable (AV): Diese Variable wird gemessen, um festzustellen, ob sie durch die UV beeinflusst wurde. Sie zeigt die Auswirkungen oder Reaktionen im Experiment - Beispiel: Forscher misst, wie lange es dauert, bis jemand hilft - AV: Dauer bis zur Hilfeleistung - Forscher will messen, ob die gemessenen Werte durch die UV (Anzahl der Personen) beeinflusst Mediator (vermittelnde Variable): erklärt, wie und warum die UV die AV beeinflusst (Zusammenhang) à erklärt den Mechanismus hinter der Wirkung - UV: Sonne/Schatten - Mediator-Variable: UV-Strahlung - AV: Sonnenbrand à Die UV-Strahlung erklärt also, wie die Sonne den Sonnenbrand verursacht Moderator (Interaktionseffekt): beeinflusst, wann oder wie stark eine Beziehung zwischen der UV und AV auftritt à verändert die Stärke oder Richtung dieser Wirkung - UV: Sonne/Schatten - Moderator-Variable: Hauttyp - AV: Sonnenbrand à Der Effekt der Sonne auf den Sonnenbrand hängt vom Hauttyp ab. Helle Hauttypen bekommen schneller Sonnenbrand als dunklere Hauttypen. Interne Validität: zeigt, ob Veränderungen in der AV nur durch die UV verursacht wurden. à Alternativveränderungen können ausgeschlossen werden - Kontrolle der Störvariablen - Ziel: keine Konfundierung = keine Verwechslung von Effekten der UV mit Störfaktoren Externe Validität: zeigt wie gut Ergebnisse einer Studie auf andere Situationen übertragen werden können, also verallgemeinert oder generalisiert werden können à Spannungsverhältnis zwischen externer und interner Validität: Maßnahmen zur Erhöhung der einen können oft die andere einschränken - Bsp.: IV: Kontrolle von Störvariablen kann zu weniger realistischen Situationen führen (geringe EV) à Situation schwer auf Realität übertragbar - Bsp.: EV: Durch Fokus auf Generalisierbarkeit werden Studien in natürlichen Umgebungen durchgeführt à weniger Kontrolle über Störvariablen Die aktuelle Debatte um die (Nicht-)Replizierbarkeit sozialpsychologischer Forschung Replizierbarkeit: Forscher*innen können die Ergebnisse einer Studie unter den gleichen Bedingungen erneut erzielen. (zeigt das Ergebnisse verlässlich und nicht zufällig sind) Problem: nur 36% der sozialpsychologischen Studien sind rezipierbar Gründe für mangelnde Rezipierbarkeit: - Public Bias: nur positive oder spannende Ergebnisse werden veröffentlicht - File Drawering: Fehlgeschlagene Studien werden nicht veröffentlicht - Mangel an Replikationen: Forscher*innen führen nur selten unabhängige Wiederholungsstudien durch Konsequenzen für wissenschaftliches Wissen: - Wissenschaftliches Wissen ist zeitabhängig: neue Methoden oder Ansätze können alte Befunde verändern - Ergebnisse, die von anderen Forscher*innen repliziert werden können, sind verlässlicher - Wissenschaftlicher Zweifel ist legitim: sinnvoll skeptisch gegenüber Befunden zu sein, die noch nicht unabhängig überprüft wurden 2. Vorlesung: Soziale Kognition à Definition und Konzepte (Automatische Prozesse) Soziale Kognition: - Art und Weise, wie Menschen über sich selbst und ihr soziales Umfeld (ihre soziale Umwelt) nachdenken - Mentale Prozesse, die dem sozialen Verhalten des Menschen zu Grunde liegen Forschung zur sozialen Kognition: - „Soziale Kognition untersucht die Schritte im Strom der Gedanken, die Menschen sich über andere Menschen machen.“ Fragen der Forschung zur sozialen Kognition: - Auf welche sozialen Informationen richten wir unsere Aufmerksamkeit? - Wie werden sozial relevante Informationen wahrgenommen, abgespeichert (enkodiert), organisiert und abgerufen? - Wie beeinflussen soziale Informationen Entscheidungs- und Urteilsprozesse? Werkzeuge der Kognition: Wahrnehmung, Gedächtnis, Überlegungen, Sprache usw. Schaffung einer eigenen subjektiven Realität Menschen verarbeiten nur einen Teil der Informationen in ihrer sozialen Umwelt und ignorieren gleichzeitig andere relevante Informationen. à Mechanismen sozialer Kognition à Schemata - Mentale Strukturen, die unser Wissen über die soziale Welt enthalten und ordnen - Schemata: Wissen über uns, andere Menschen, soziale Rollen, Ereignisse (Wissen über Abläufe z.B. Restaurantbesuchà Skripte) - Bestimmen, welche Informationen überhaupt wahrgenommen werden (Aufmerksamkeitsrichtung, Verarbeitung, Speicherung, Abruf) - Wesentlich beim Erfassen aller neuen Situationen (Einordnung, Ergänzung, Sinngebung à Bedeutung in neuen Situationen erkennen) à Stereotype: - Schemata über Mitglieder einer sozialen Gruppe - Inhalte: Wissen, Überzeugungen und Erwartungen zu einer sozialen Gruppe (kognitive Strukturen) - Bsp.: ältere Menschen sind weniger technisch versiert à Kategorisierung: - Einteilen von unterscheidbaren Menschen oder Objekten in Gruppen basierend auf gemeinsamen Merkmalen (gleiche Behandlung) - Merkmale der Kategorisierung o Ermöglicht Ökonomie der Kognition (vereinfacht das Denken, indem Informationen zusammengefasst werden) o Grundlage kognitiver Prozesse: Hilft bei Wahrnehmung, Gedächtnis, Denken und Handeln - Bsp.: Menschen werden gruppiert: Studenten, Lehrer etc. 3 Voraussetzungen dafür, dass Schemata angewandt werden: 1) Verfügbarkeit (Availability) à wie oft oder kürzlich wir Informationen zu einem Schemata gehört oder erlebt haben 2) Zugänglichkeit (Accessibility) à Wie leicht Schemata in unserem Gedächtnis abrufbar sind 3) Anwendbarkeit (Applicability) à Ob ein Schema sinvoll auf die aktuelle Situation passt Wie entwickeln sich Schemata? Studie von Ash 1946 - Menschen erstellen ein Bild von anderen Personen basierend auf wenigen Informationen. - Auch wenn nur einige Merkmale bekannt sind, stimmen die Einschätzungen der Teilnehmer oft überein. - In der Studie zeigte sich: Informationen wie „warmherzig“ oder „kühl“ beeinflussen die Wahrnehmung stark. - Solche zentralen Merkmale bestimmen, wie wir jemanden insgesamt einschätzen. - Primacy-Effekt: Was wir zuerst erfahren, prägt unsere Urteile und Erinnerungen stärker. Zugänglichkeit: à Priming: Prozess, bei dem gerade Erlebtes die Zugänglichkeit eines Schematas verstärkt/ Aktivierung eines Stimulus erleichtert die anschließende Verarbeitung eines anderen, damit zusammenhängenden Stimulus (ein Schemata wurde bereits im Kopf aktiviert à ich sehe einen Sportler und anschließend ein Laufpaar à durch das Priming fällt es mir leichter die Verbindung herzustellen) - Spontane Zugänglichkeit durch Priming (bereits erlebte Informationen erleichtern die Zugänglichkeit eines Schematas) - Supraliminales Priming: Reize sind bewusst wahrnehmbar. (Bild direkt erkennbar) - Subliminales Priming: Reize sind nicht bewusst, aber trotzdem im Unterbewusstsein wirksam. (Bild wird nur für einen Bruchteil einer Sekunde gezeigt und beeinflusst trotzdem die Warnehmung) - Schemata sind oft resistent gegenüber Veränderungen. - Erwartungen und Glaubenssätze beeinflussen automatisch Verhalten und Wahrnehmung. - Selbst unbewusste Schemata können zu selbsterfüllenden Prophezeiungen und dem Perseveranzeffekt führen. Enthalten Schemata immer zutreffende Informationen? - Nein, Schemata enthalten nicht immer zutreffende Informationen. - Sie sind oft subjektive Vereinfachungen der Realität, basierend auf persönlichen Erfahrungen, sozialen Einflüssen und Informationen aus der Umwelt. à Automatisches und kontrolliertes Denken Zwei Arten (Modi) der sozialen Kognition à Automatisches Denken/ automatischer Prozess - Autopilot - Ohne Bewusstsein und unkontrolliert, nicht anstrengend - Schalten beim Autofahren (andere kognitive Prozesse werden nicht gestört) à Kontrolliertes Denken/ kontrollierter Prozess - Bewusst und absichtlich - Unterliegt der willentlichen Kontrolle des Individuums - Aufwand: verlangt und verbraucht Ressourcen - Überholmanöver (stört kontrollierte Prozesse und wird von anderen gestört) o Zwei Wege der Informationsverarbeitung: 1) Systematische Informationsverarbeitung (zentrale Route) à eine gründliche, analytische Verarbeitung der Informationen 2) Heuristische Informationsverarbeitung (periphere Route) à eine schnelle, oberflächliche Verarbeitung von Informationen à Menschen sind häufig kognitive Geizkragen à lieber automatisches Denken Zusammenspiel des automatischen und kontrollierten Denkens à Rebound-Effekt: wenn man versucht, bestimmte Gedanken aktiv zu unterdrücken, drängen sich diese Gedanken umso stärker ins Bewusstsein. à zwei kognitive Prozesse: - Monitor (Monitoring Process) – automatisch: Ein unbewusster, automatischer Prozess, der nachprüft, ob der unerwünschte Gedanke im Bewusstsein auftritt. - Operator (Operating Process) – kontrolliert: Ein bewusster, kontrollierter Prozess, der versucht, den unerwünschten Gedanken aktiv zu verdrängen oder zu vermeiden. à Dieses Zusammenspiel verdeutlicht, wie schwer es sein kann, bestimmte Inhalte komplett zu kontrollieren – oft scheitert der Kontrollprozess an den automatischen, unbewussten Überprüfungsmechanismen des Gehirns. à Heuristiken Repräsentativheuristik - Eine mentale Faustregel, bei der man Dinge oder Personen danach einordnet, wie stark sie dem Prototyp (das typischste Exemplar) der Kategorie (Gemeinsamkeiten) entsprechen. - Oft wird die Basisrate ignoriert, also die tatsächliche Anzahl der Gruppenmitglieder in der Gesamtpopulation. - Die Repräsentativitätsheuristik hilft uns, schnell zu kategorisieren, aber sie kann zu Fehlurteilen führen, wenn wir die Basisrate ignorieren. - In solchen Situationen führen intuitive Faustregeln dazu, dass wir nicht immer korrekte Schlussfolgerungen ziehen, sondern nur auf Prototypen achten, während statistische Informationen außer Acht gelassen werden. Ankerheuristik - ist ein psychologischer Effekt, bei dem eine anfängliche Information oder ein Teil der Information als Anker dient. Von diesem Anker ausgehend entwickeln sich dann weitergehende Gedanken und Urteile. - Der entscheidende Punkt ist, dass der Anpassungsprozess meist unvollständig ist, was dazu führt, dass die endgültigen Urteile oft näher am Anker liegen als an der tatsächlichen Realität. - Schulnoten: Lehrer*innen setzen oft ihre Bewertungen basierend auf bestimmten Erwartungen oder Standards an, die als Anker wirken. - Ankereffekte sind nicht nur auf Zahlenwerte beschränkt, sondern wirken auch bei Bewertungen, Meinungen und sozialen Urteilen. Verfügbarkeitsheuristik - Menschen neigen dazu, Ereignisse oder Informationen als wahrscheinlicher einzuschätzen, wenn sie: - Einprägsamer sind (z.B. durch Medienberichte oder persönliche Erfahrungen). - Kürzlich im Gedächtnis aufgetreten sind. - Lebendig und emotional sind. - Das bedeutet, dass das Urteil oft nicht auf objektiven Fakten basiert, sondern auf der Anzahl der Beispiele, die einem spontan einfallen. Kontrafaktisches Denken - ist eine mentale Strategie, durch die wir uns alternative Realitäten vorstellen können. Es kann sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben: o Funktionale Aspekte unterstützen die Entwicklung persönlicher Fähigkeiten und das Lernen aus Erfahrungen. o Dysfunktionale Aspekte hingegen führen oft zu emotionalen Belastungen und übermäßigem Grübeln, was das Wohlbefinden beeinträchtigen kann. - Ein bewusster Umgang mit kontrafaktischen Gedanken kann dazu beitragen, diese Heuristik positiv zu nutzen und negative Auswirkungen zu minimieren. 3. Soziale Wahrnehmung/ Attribution Was sind Attributionen? - Attributionen= Ursachenzuschreibungen - Frage nach dem „Warum“ der Handlungen anderer - Wichtige Aufgabe von Personen, die Diagnostiken erheben (Lehrer*innen, Psycholog*innen etc.) - Bsp.: Schüler intelligent oder fleißig? - Kontrollierbarkeit: nehmen Attributionen vor, damit wir unsere soziale Umwelt verstehen können à damit dann Verhalten Anderer vorhersagen - Ursachenzuschreibungen überwiegend unterbewusst Attributionstheorien à wie Menschen das Verhalten anderer erklären - Beschäftigen sich mit eigenem Verhalten und beobachtbarem Verhalten anderer und erklärt Attributionsprozess - Naive Handlungstheorie Heider o Mensch ist ein naiver Wissenschaftler: Menschen versuchen das Verhalten von anderen Menschen zu verstehen, um Kausalzusammenhänge (Ursache à Wirkung) abzuleiten - Gründe für Verhalten werden unterschieden: - Internale: Ursachen, die innerhalb der Person liegen und diese für ihr Verhalten verantwortlich machen o z.B. Persönlichkeit, Einstellungen - Externale: Ursachen, die außerhalb der Person liegen und auf Umstände hinweisen, die die Person nicht kontrollieren kann o z.B. Zufall: Glück oder Pech - Kovariationsprinzip Kelley o Wir suchen Ursachen für etwas (einen Effekt oder ein Verhalten) dort, wo wir immer wieder einen Zusammenhang (eine Kovariation) sehen o Wenn X passiert, passiert auch Y (X könnte dann die Ursache für Y sein) - Es gibt 3 Informationsquellen, die herangezogen werden, um eine Attribution vorzunehmen (Voraussetzungen: mehre Beobachtungen) 1) Konsensus (vgl. mit anderen Personen) o Reagieren andere Menschen ähnlich auf denselben Stimulus? o Bsp.: hat nur Karl Probleme mit dem Text, oder verstehen ihn auch andere Schüler*innen nicht? 2) Distinktheit (vgl. mit Stimuli) o Wie reagiert der Handelnde auf andere Stimuli? – zeigt sie das Verhalten auch bei anderen Stimuli? o Bsp.: Hat Karl nur Probleme bei diesem Text oder versteht er auch andere Texte nicht? 3) Konsistenz (Vergleich über Zeitpunkte) o Wie reagiert der Handelnde auf denselben Stimulus zu anderen Zeitpunkten und (damit auch) unter anderen Umständen) o Bsp.: Hat Karl immer Probleme mit diesem Text, egal wann er ihn liest, oder ist das eine einmalige Situation? à Beispiel anhand von Karl und dem Textproblem Karl versteht einen Text nicht. Anhand der drei Informationsquellen wird die Ursache analysiert: 1. Konsensus niedrig: Alle anderen Schüler verstehen den Text, nur Karl nicht. 2. Distinktheit niedrig: Karl hat nicht nur mit diesem Text Probleme, sondern auch mit anderen Texten. 3. Konsistenz hoch: Karl versteht den Text nie, egal wie oft oder wann er ihn liest. Schlussfolgerung: Die Ursache liegt vermutlich bei Karl selbst (internale Attribution), z. B. durch eine Leseschwäche oder eine geringe kognitive Leistungsfähigkeit. Empirische Bewährung/ Kritik - Modell wird durch Forschung unterstützt, nützliches Werkzeug - Menschen neigen dazu die Konsensinformationen zu vernachlässigen und achten stärker auf andere Informationsquellen - Häufig fehlende Informationen à Mutmaßungen über fehlende Daten Attributionsmuster 1. Fundamentaler Attributionsfehler o Wir neigen dazu, das Verhalten anderer Menschen stärker auf deren Persönlichkeit, Charakter oder Dispositionen zurückzuführen (internale Faktoren) und gleichzeitig den Einfluss der äußeren Umstände (externale Faktoren) zu unterschätzen o Ursachen: § Wahrnehmungssalienz: Menschen richten ihre Aufmerksamkeit primär auf das, was im Fokus ihrer Wahrnehmung steht, also auf andere Personen und deren Verhalten à situative Faktoren (Umstände) sind oft weniger auffällig und werden weniger beachtet § wir nehmen also hauptsächlich die Person und ihre Handlung wahr o lässt sich durch das Modell Attributionen im Zweischritt von Gilbert erklären § 1. Schritt: Internale Attribution (automatisch und schnell) § Impuls das Verhalten einer Person auf ihre Persönlichkeit zurückzuführen à internal (spontan, intuitiv) § 2. Schritt: Einbezug der Situation (bewusst und anstrengend) § Verhalten genauer hinterfragen – welche situative Faktoren haben das Verhalten beeinflusst? § Schritt erfordert bewusste Anstrengung und Aufmerksamkeit o à 2. Schritt erfolgt oft nicht, weil: Zeitmangel, Ablenkung, Faulheit 2. Actor-observer bias (Jones u. Nisbett) o Beschreibt die Tendenz, dass Menschen Verhalten unterschiedlich erklären, je nachdem, ob sie es bei sich selbst oder bei anderen beobachten o Grundidee: § Beobachtung des Verhaltens anderer (Observer) § Ursache: internal § Beobachtung des eigenen Verhaltes (Actor) § Ursache: external 3. Selbstwertdienliche Attributionen (self-serving bias) o Beschreibt die Tendenz, unser Verhalten so zu erklären, dass unser Selbstwertgefühl gestärkt und geschützt wird o Erfolge werden eher auf internale Ursachen zurückgeführt (ich habe die Prüfung bestanden, weil ich klug bin) o Misserfolge werden auf externale Ursachen zurückgeführt (Ich bin durchgefallen, weil die Prüfung unfair war) à Menschen wollen ein positives Selbstbild bewahren à dieser Effekt ist bei klinisch depressiven Personen oft umgekehrt 4. Defensive Attributionen o Denkmuster, mit denen Menschen versuchen, ihre eigene psychologische Sicherheit zu wahren. Sie helfen, das Gefühl zu vermeiden, selbst verwundbar oder Opfer von Zufällen zu sein. o Verhalten anderer wird so erklärt, dass es die eigene Wahrnehmung einer geordneten und sicheren Welt stärkt (Angst vor Zufällen reduzieren) o Glaube an eine gerechte Welt: man bekommt, was man verdient o Das eigene Leben erscheint sicher, geordnet und vorhersehbar o Negative Konsequenzen: Blaming the victim § Opfer werden oft unterbewusst für ihr Leiden verantwortlich gemacht § Bsp. Vergewaltigung: Ansichten wie: „sie hat sich falsch verhalten“ Interkulturelle Unterschiede in Attributionen à Attributionen – die Erklärungen, die Menschen für Verhalten oder Ereignisse finden – unterscheiden sich zwischen Kulturen, da kulturelle Werte, Selbstdefinitionen und Denkstile eine wichtige Rolle spielen. Forschungsergebnisse: Interkulturelle Unterschiede 1. Fundamentaler Attributionsfehler Individualistische Kulturen (z. B. USA, Europa): o Neigen stärker zum fundamentalen Attributionsfehler. o Ursache: Analytischer Denkstil → Fokus auf die Person, weniger auf den Kontext. o Beispiel: Verhalten wird oft auf die Persönlichkeit zurückgeführt, nicht auf die Situation. Kollektivistische Kulturen (z. B. China, Japan): o Begehen den fundamentalen Attributionsfehler weniger stark, da sie stärker auf den Kontext achten. o Aber: Der Fehler tritt auch hier auf, nur seltener. 2. Selbstwertdienliche Attributionen Individualistische Kulturen: o Neigen stärker zu selbstwertdienlichen Attributionen. o Beispiel: Erfolg → internale Ursachen („Ich bin gut“); Misserfolg → externale Ursachen („Pech“). o Grund: Stärkung des individuellen Selbstwerts ist kulturell wichtig. Kollektivistische Kulturen: o Neigen weniger zu selbstwertdienlichen Attributionen. o Grund: Bescheidenheit und Harmonie haben einen höheren Stellenwert. 3. Glaube an eine gerechte Welt Häufiger in Gesellschaften mit großen sozialen Unterschieden (z. B. Südafrika, Indien): o Menschen nehmen soziale Unterschiede oft als gerecht wahr, um das System zu rationalisieren und den Status quo zu akzeptieren. o Beispiel: „Reiche Menschen sind fleißig, arme Menschen sind selbst schuld.“ Seltener in Gesellschaften mit kleineren sozialen Unterschieden (z. B. Großbritannien, Israel): o Menschen sind sensibler für soziale Ungerechtigkeiten und erkennen systemische Probleme. Warum gibt es diese Unterschiede? 1. Kulturelle Werte: o In individualistischen Kulturen wird der Fokus auf das Individuum und dessen Kontrolle über das eigene Leben gelegt. o In kollektivistischen Kulturen wird mehr Wert auf Zusammenhänge und soziale Strukturen gelegt. 2. Soziale Ungleichheit: o In Gesellschaften mit großen sozialen Unterschieden dient der Glaube an eine gerechte Welt als psychologisches Werkzeug, um die Ungleichheit zu erklären und kognitive Dissonanz zu vermeiden. o Menschen akzeptieren das System eher, wenn sie glauben, dass es fair ist. 4. Selbst und Identität 1 à Wie wir zu einem Verständnis unseres Selbst in einem sozialen Kontext gelangen Selbsterkenntnis (Welche Überzeugungen haben wir dazu, wer wir sind? Woher stammen sie) 1.Selbstkonzept - Unterteilung des Selbst in zwei Konzepte à I und Me (William James) I= handelndes Subjekt (the knower) o Aktiver Teil des Selbst à denkt, handelt, nimmt wahr, kontrolliert, erlebender und bewusster Teil von uns (Unabhängigkeit und Selbstständigkeit) o Bewusstsein/ Akteur hinter den Handlungen o Fähigkeit über uns selbst nachzudenken Me= das bekannte Selbst (the known) à Vorstellung über uns Selbst o Vorstellung, die wir von uns Selbst haben à basierend auf unseren Erfahrungen, Erinnerungen, sozialen Rollen (Ich bin hilfsbereit, schlau etc.) o Selbstbild wird vom I geschaffen (I formt durch Erfahrungen das Selbstbild, denkt über sich selbst nach) o Me beeinflusst gleichzeitig, wie wir als I handeln à Das Wissen von dem, wer wir sind - Quellen der Selbsterkenntnis: o Introspektion o Selbstbeobachtung o Soziale Vergleichsprozesse o Rückmeldung aus der sozialen Umwelt Warum ist das Selbstkonzept Gegenstand der Sozialpsychologie? - Starke Einflüsse des sozialen Kontext auf das Selbst (häufig unbewusst) - Westliche Kulturen: independente Sicht auf das Selbst à Definition des Selbst beruht auf eigenen Gedanken und nicht auf die, der anderen (ich bin einzigartig) - Nicht-westliche und asiatische Kulturen: interdependente Sicht auf das Selbst à Definition des Selbst beruht auf den Gedanken, Gefühlen und Handlungen anderer Personen (Verbundenheit und gegenseitige Abhängigkeit wird wertgeschätzt), Unabhängigkeit und Einzigartigkeit sind eher negativ konnotiert (meine Zufriedenheit, hängt von der Zufriedenheit der anderen ab) à trifft nicht immer und bei allen gleichermaßen zu!!! - Relationale vs. kollektive Interdependenz o Relational: enge persönliche Beziehungen o Kollektiv: Mitgliedschaft in einer größeren Gruppe - Studie von Gabriel und Gardner zeigt, dass Frauen sich eher über die relationale Interdependenz definieren und Männer betonen stärker die kollektive Interdependenz Strukturierende Funktion des Selbstkonzepts/ der Selbstschemata Schemata= Mentale Strukturen, die Menschen benutzen, um ihr Wissen bezüglich der sozialen Umwelt zu organisieren Selbstschemata bzw. Selbstkonzept= kognitive Generalisierung über die eigene Person (Strukturierung der Informationen über das eigene Selbst) Selbstkomplexität= Anzahl und Unabhängigkeit der Selbstaspekte - Hoch= viele verschiedene Selbstaspekte (Studentin, Musikerin, Freundin) à positive oder negative Ereignisse können nicht das gesamte Selbstbild außer Balance bringen o Schützt vor extremen Auswirkungen von Stress, Depressionen etc. - Niedrig= wenige Selbstaspekte, die oft end miteinander zusammenhängen (nur Studentin und leben dreht sich um die Uni) à positive oder negative Ereignisse können eine große emotionale Wirkung haben o Anfälliger für Depressionen etc. 2.Introspektion und Selbstaufmerksamkeit Introspektion= Der Prozess, bei dem der Mensch sich nach innen wendet und seine eigenen Gedanken, Gefühle und Motive (und deren Ursachen) untersucht. - Aber: Menschen beschäftigen sich mehr mit Alltagsdingen als mit der eigenen Person - Dadurch sind Menschen davon überzeugt, dass keiner sie so gut kennt, wie sie sich selbst - Jedoch ist Introspektion nicht so zuverlässig: begrenzte Einsicht in unterbewusste Prozesse, die unser Verhalten beeinflussen, Menschen erfinden oft Erklärungen für ihr Verhalten, die nicht stimmen o Affektives Forecasting: Menschen sind oft schlecht darin, vorherzusagen, wie sie sich in der Zukunft fühlen werden. Menschen sind oft schlecht darin, vorherzusagen, wie sie sich in der Zukunft fühlen werden. Selbstaufmerksamkeit: der Akt des Über-sich-selbst-Nachdenkens Selbst-Aufmerksamkeitstheorie (Duval & Wicklund, 1972): - Wir beurteilen unser Verhalten, wenn wir uns auf uns selbst konzentrieren (wir vergleichen unser Verhalten mit inneren Normen und Werten) - Wenn unser Verhalten nicht den Standards entspricht, resultiert ein unangenehmer Zustand und wir ziehen uns zurück (ship out) oder wir passen uns an (shape up) Selbtswahrnehmungstheorie (Bems 1972): - Selbsterkenntnis entwickelt sich über Person selbst (eigene Gefühle, Einstellungen), indem sie eigenes Verhalten beobachtet - Wenn wir uns unsicher sind, wie wir uns fühlen, schauen wir darauf, wie wir uns verhalten (laute Stimme= Ärger) - Voraussetzungen: o Internale Hinweise sind schwer zu interpretieren (sind uns nicht sicher, wie wir und fühlen o Müssen uns sicher sein, dass das Verhalten nicht nur durch Situation verursacht wurde 3.Selbtswahrnehmung und Motivation 1. intrinsische Motivation: Motivation von innen heraus, aus eigenem Interesse, ohne Belohnung oder Druck von außen 2. extrinsische Motivation: etwas tun, weil ein äußerer Druck besteht oder eine Belohnung winkt 3. Überrechtfertigung: Bei der Ursachenzuschreibung für eigenes Verhalten werden extrinsische Gründe überbewertet und intrinsische Gründe unterschätzt. - führt dazu, dass du glaubst, du handelst nur wegen äußerer Belohnungen oder Anreize, obwohl du das Verhalten ursprünglich vielleicht aus eigenem Interesse (intrinsisch) ausgeführt hast. - Zeigt, wie äußere Belohnungen, Druck die innere Motivation untergraben können - Menschen fangen an ihr Verhalten mit äußeren Belohnungen zu verbinden und ihre Motivation nicht mehr wahrnehmen Einschränkungen des Overjustification-Effekts: - Intrinsische Motivation hervorheben und anerkennen, bevor oder während eine Belohnung gegeben wird - Leistungsabhängige statt aufgabenabhängige Belohnung (Belohnung in Abhängigkeit von der Qualität der Aufgabe) - Besser Lob statt monetäre Belohnung - Belohnungen nicht ankündigen - Berücksichtigung von Persönlichkeitsunterschieden Facial Feedback Hypothese: Der eigene Gesichtsausdruck (und die eigene Körperhaltung) können die Selbstwahrnehmung von Emotionen beeinflussen Zwei-Faktoren-Theorie der Emotionen (Schachter, 1964): Personen orientieren sich bei der Interpretation ihrer emotionalen Reaktionen an ihrer sozialen Umwelt. - Zwei zentrale Bedingungen: 1. Physiologische Erregung (schneller Herzschlag, Schwitzen etc.) 2. Kognitive Interpretation der physiologischen Erregung (Selbstattribution) (z.B. Herzrasen, weil ich nervös bin wegen der Klausur) Selbstwahrnehmung von Emotionen (Schachter & Singer, 1962): Empfinden Menschen bei gleichem physiologischen Erregungsgrad unterschiedliche Emotionen je nach ihrer Umgebung (z. B. situative Hinweise)? - Ergebnis: Emotionen sind nicht fest, sondern von der Interpretation physiologischer Erregung abhängig. Missattribution des Erregungszustands (Dutton & Aron, 1974): wie beeinflusst die physiologische Erregung unsere emotionale Reaktion? - Unsere körperliche Erregung kann unsere emotionalen Reaktionen beeinflussen. In diesem Fall haben die Männer die Aufregung von der Brücke falsch interpretiert und dachten, sie sei durch die Versuchsleiterin verursacht. Das führte dazu, dass sie eher mit ihr Kontakt aufnahmen. Überzeugungen bzgl. eigener Fähigkeiten (bspw. Dweck, 2006): Menschen haben unterschiedliche Überzeugungen über ihre Fähigkeiten, und diese Überzeugungen beeinflussen, wie sie mit Herausforderungen und Misserfolgen umgehen. - Starre Denkweise (entitists): Fähigkeiten sind fest und lassen sich nicht ändern - Wachstumsorientierte Denkweise (incrementalists): Fähigkeiten lassen sich durch Anstrengung und Übung verbessern à Überzeugungen sind nicht fest und lassen sich ändern 4.Selbsterkenntnis durch den Vergleich mit Anderen (soziale Vergleiche) - Selbstkonzept und Identität entwickeln sich nur in sozialer Interaktion - Ist stets relativ zur sozialen Umwelt, da sich Menschen permanent vergleichen, um Rückmeldungen zu bekommen - wichtige Aspekte: - Rückmeldung aus der sozialen Umwelt - Rückmeldung durch soziale Vergleichsprozesse - Rückmeldung durch soziale Interaktion Arten sozialer Vergleiche: 1. Aufwärtsgerichteter sozialer Vergleich: man vergleicht sich mit anderen, die in bestimmten Bereichen als überlegen oder erfolgreicher wahrgenommen werden 2. Abwärtsgerichteter sozialer Vergleich: man vergleicht sich mit anderen, die in bestimmten Bereichen weniger erfolgreich sind 3. Vergleich mit sich selbst über die Zeit: Man vergleicht sich mit der eigenen Vergangenheit, um die eigene Entwicklung oder Veränderung zu bewerten. Selbstwert Definition: - Selbstwert ist die emotionale/affektive Bewertung der eigenen Person, ein wichtiger Teil des Selbstkonzepts. Sensibilität: - Selbstwert ist ein sehr empfindlicher Bereich, der durch die eigene Wahrnehmung und durch die soziale Umwelt beeinflusst wird. Selbstwert als Persönlichkeitsmerkmal: - Interindividuelle Unterschiede: Menschen haben unterschiedlich hohen Selbstwert (manche haben hohen, andere niedrigen Selbstwert). - Intraindividuelle Unterschiede: Selbstwert kann in verschiedenen Bereichen und Situationen schwanken. Er ist nicht immer konstant. Selbstwert als Bedürfnis: - Grundbedürfnis: Ein hoher Selbstwert ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis, das das Wohlbefinden und die Lebensqualität steigert (bspw. bessere Gesundheit, Erfolg, Produktivität). Theorien: 1. Leary & Baumeister (2000): - Der Selbstwert dient als „Soziometer“ – eine Art Messgerät, das anzeigt, wie sehr man von anderen anerkannt wird. 2. Greenberg et al. (1997): - Menschen haben das Bedürfnis, sich als wertvolles Mitglied ihrer sozialen Umwelt zu fühlen. Selbstwert hilft als Copingstrategie in schwierigen Zeiten. Gefahr bei niedrigem Selbstwert: – Ein Teufelskreis entsteht bei niedrigem Selbstwert: Niedriger Selbstwert → geringe Anstrengung und hohe Angst → Versagen → Selbstvorwurf → noch niedrigerer Selbstwert → Depression. Selbstwert: Geschlechts-, ethnische und kulturelle Unterschiede - Unterschiede zwischen Männern und Frauen: Männer haben oft einen höheren Selbstwert als Frauen, besonders in der Adoleszenz (aber der Unterschied ist gering). Unterschiede zwischen ethnischen Gruppen: - In den USA haben Schwarze Jugendliche im Vergleich zu Weißen Jugendlichen einen höheren Selbstwert. - Weiße Jugendliche haben einen höheren Selbstwert als Hispanische, Asiatische und Native Amerikaner. - Der Unterschied ist in verschiedenen Gruppen unterschiedlich, aber oft zeigen Minoritäten eine andere Wahrnehmung ihres Selbstwerts im Vergleich zur Mehrheitsgesellschaft. 5. Selbst und Identität 2 à Selbst und Selbstrechtfertigung Selbstwert (Wie empfinden wir uns selbst?) Tendenz: - Menschen denken in der Regel positiv von sich - Überschätzen ihre Fähigkeiten - Suchen nach Rückmeldungen (positives Feedback) - Beiträge an Teamleistungen werden überschätzt - Beliebtheit wird überschätzt Impliziter Egoismus (Selbstbevorzugung) - Menschen bewerten Buchstaben ihres eigenen Namens positiver als andere Buchstaben - Reagieren schneller auf positive Wörter, wenn der eigene Name zuvor dargeboten wird, als auf neutrale oder negative Worte (Name löst automatisch positive Assoziationen aus à Tendenz zur Selbstaufwertung: ist für unser Überleben und unsere soziale Anpassung vorteilhaft Eigenschaften des Selbstwerts: Selbstwert als… Interindividuelle Unterschiede (zwischen verschiedenen Personen) Persönlichkeitsvariable: hoher vs. niedriger Selbstwert Intraindividuelle Unterschiede (innerhalb der Person) Bereichsspezifischer, situationsabhängiger Selbstwert: Selbstwert nicht nur eigenschaftsübergreifende, dauerhafte Persönlichkeitsgröße (Selbstwert hängt von der Situation ab) Grundlegendes menschliches Bedürfnis Selbstwert als Soziometer (Leary & Baumeister, 2000): Menschen sind soziale Wesen. Der Selbstwert dient als „Soziometer“, d.h. als Messgröße für die Anerkennung in der sozialen Umwelt (wenn man sich akzeptiert fühlt, steigt der Selbstwert. Wenn man abgelehnt wird, sinkt er.) Selbstwert als Copingstrategie (Greenberg et al., 1997): Selbstwert dient als grundlegende Copingstrategie (Es geht um Strategien und Verhaltensweisen, die man nutzt, um Herausforderungen zu bewältigen) Einflussfaktor auf Lebensqualität Befriedigung des Bedürfnisses nach Selbstwert hat weitreichende Auswirkungen auf die Lebensqualität: - bessere Gesundheit - mehr Erfolg - höhere Produktivität Strategien der Selbstwerterhaltung à Selbstaufwertung: selbstwertschützende Strategien Strategien: - Basking in the reflected glory of others: o Vgl. Mit bekannten/ erfolgreichen Personen, um sich mit ihnen zu identifizieren (Lieblingsverein hat gewonnen: wir haben gewonnen!) - Soziale Vergleiche (abwärtsgerichteter sozialer Vergleich) o Vgl. mit Personen, die schlechter dastehen, um motiviert zu werden o Menschen tendieren auch dazu, sich mit ihrer persönlichen Vergangenheit zu vergleichen, um den Selbstwert zu erhöhen (intrapersonelle Vergleiche) - Self-handicapping o Menschen schaffen sich selbst Hindernisse, damit sie später eine Ausrede haben o Falls etwas schiefgeht, ist eine Ausrede vorhanden (absichtlich wenig lernen, um dann zu sagen, dass man zu wenig Zeit hatte) - Selbstwertschützende Kognitionen (Attributionen; Dissonanz-Reduktion) o Sind Denkmuster, die helfen, den Selbstwert zu schützen oder wiederherzustellen o Attributionen: Erfolge und Misserfolge so erklären, dass der Selbstwert nicht leidet (Erfolg: das lag an meinen Fähigkeiten/ Misserfolg: äußere Umstände) o Dissonanz-Reduktion: Dissonanz= Überzeugungen stimmen nicht mit dem Selbstbild überein à unangenehmes Gefühl à ändern: Überzeugungen ändern oder Verhalten rechtfertigen à Ziel: Selbstwert erhöhen Spezialfall: Die Theorie der kognitiven Dissonanz Grundlegende Annahme: Gedankeninhalte (= Kognitionen) können zueinander in drei Arten von Beziehungen stehen: (wie Menschen mit Widersprüchen zwischen ihren Gedanken (Kognitionen), Gefühlen und Handlungen umgehen) - irrelevante Beziehung (zwei Gedanken stehen in keinem Zusammenhang zueinander, beeinflussen sich nicht gegenseitig) - konsonante Beziehung (zwei Gedanken passen logisch zusammen und unterstützen sich gegenseitig) - dissonante Beziehung (zwei Gedanken stehen im Widerspruch zueinander: ich möchte mich gesund ernähren vs. ich habe heute eine Pizza gegessen) Kognitive Dissonanz: Gefühl des Unbehagens verursacht durch zwei widersprüchliche (dissonante) Kognitionen, am unangenehmsten: wenn dies im Widerspruch zum Selbstbild stehen à Bedrohung des Selbstwerts Bedrohung des Selbstwertes durch Dissonanz kann aufgelöst werden durch - Veränderung des Verhaltens (Subtraktion) (Verhalten an Einstellung anpassen) - Veränderung der Einstellung: Rechtfertigung des ursprünglichen Verhaltens durch Substitution (Einstellung an Verhalten anpassen) von dissonanten Kognitionen durch mit dem Verhalten im Einklang stehende (konsonante) Kognitionen - Rechtfertigung des Verhaltens durch Addition von konsonanten Kognitionen (hinzufügen von zusätzlichen Gedanken, die das Verhalten rechtfertigen) Entstehung: - Entscheidung zwischen mehreren Optionen - Rechtfertigung von Anstrengung (wenn Ergebnis nicht im Verhältnis zu dessen Anstrengung steht) - Unzureichende Rechtfertigung (Bundeswehr Kundus 2009: Soldaten werden in eine moralisch fragwürdige Situation geschickt à zivile Opfer) Mechanismen und Befunde zur Theorie der kognitiven Dissonanz a) Entscheidungen und kognitive Dissonanz - Bei jeder Entscheidung potenzielle Erfahrung von Dissonanz: gewählte Alternative hat einige negative Aspekte, nicht gewählte Alternative hat einige positive Aspekte - Nachentscheidungsdissonanz: Dissonanz, die nach einer Entscheidungsfindung entsteht - Je wichtiger die Entscheidung, desto mehr Dissonanz - Je schwieriger die Entscheidung rückgängig zu machen ist, desto mehr Dissonanz - Faktische Reduktion häufig nicht als kontrollierter Prozess: automatische, unbewusste Dissonanzreduktion - Bsp. Strategie lowballing: Manipulations- Überzeugungstechnik durch attraktives Angebot, welches dann verschlechtert wird à Menschen halten an Entscheidung fest, um Dissonanz zu vermeiden b) Rechtfertigung von Anstrengung - Anstrengungsrechtfertigung: Die Tendenz, Dinge positiver zu bewerten, die hart erarbeitet wurden - Bsp.: Menschen, die harte Prüfungen oder anspruchsvolle Ausbildungsphasen durchlaufen, bewerten ihre Ausbildung oder Position oft positiver – auch wenn sie objektiv nicht den Erwartungen entspricht. c) Unzureichende externe Rechtfertigung - bedeutet, dass ein Verhalten oder eine Handlung nicht durch äußere, ausreichend überzeugende Faktoren (wie Belohnung oder Strafe) gerechtfertigt werden kann. - Wenn Menschen ein Verhalten ausführen und keine oder nur eine geringe externe Belohnung oder Strafe dafür erhalten, entsteht eine kognitive Dissonanz - Bsp.: Person wird gebeten für einen Euro zu lügen, Person führt Verhalten aus, aber Belohnung ist nicht hoch genug, um das Verhalten von außen zu rechtfertigen d) Rechtfertigung von (un)freundlichem Verhalten - Freundliches Verhalten gegenüber einer Person zeigen, die man eigentlich nicht mag à dissonanter Gedanke (Verhalten stimmt nicht mit Einstellung überein) - Dissonanz Reduzierenà Benjamin-Franklin-Effekt (Einstellung ändern) - Benjamin-Franklin-Effekt: besagt, dass wir eine Person mehr mögen, wenn wir freundlicher zu ihr sind (gilt auch umgekehrt für Feindseligkeit) o Freundliches Verhalten= positive Einstellung o Negatives Verhalten= negative Einstellung e) Counterattitudinal advocacy (einstellungskonträre Argumentation) - Technik zur Herbeiführung von erwünschter Einstellungsänderung - Einstellungsänderung durch das Argumentieren gegen die eigenen Überzeugungen - Keine ausreichende externe Rechtfertigung (kein äußerer Zwang/ Belohnung, die das Verhalten rechtfertigt) à deswegen innere Rechtfertigung à Person ändert ursprüngliche Überzeugungen - Kritik: Rolle der Freiwilligkeit 6. Einstellungen und Einstellungsänderungen Was sind Einstellungen? Definitionen: Einstellungen (grob): Einstellungen sind zusammenfassende Bewertungen (positiv-negativ) von Einstellungsobjekten (Personen, Dingen, Gruppen etc.) Einstellungen (präziser): Einstellungen sind ein hypothetisches Konstrukt. Es bezieht sich auf eine Bewertungstendenz der Person gegenüber einem Einstellungsobjekt. - Bewertungstendenzen äußern sich in drei Dimensionen: 1. kognitive Reaktionen: Gedanken und Überzeugungen über das Objekt (Denken) 2. Affektive Reaktionen: Gefühle und emotionale Bewertung des Objekts (Fühlen) 3. Behaviorale Reaktionen: Verhalten oder Verhaltensintentionen gegenüber dem Objekt (Verhalten) Funktionen von Einstellungen: - Wir ordnen ein, wie wir uns in bestimmten Situationen oder gegenüber bestimmten Personen, Dingen etc. verhalten und was wir darüber denken etc. - Also müssen wir nicht jedes Mal neu überlegen, wie wir uns verhalten sollen - Schnellere Orientierung in Chaos des alltäglichen Lebens à automatische Einschätzungsfunktion - Annähern an Belohnungen oder Vermeidung von Bestrafung à utilitaristische Funktion (Nutzenmaximierungsfunktion) - Ausdruck von Werten (Wertausdrucksfunktion) - Gruppenzugehörigkeit (soziale Anpassungsfunktion) - Aufrechterhaltung des Selbstwertgefühls (Ablehnung/ Aufwertung anderer) Multikomponentenmodell (Eagly u. Chaiken) Affektive Komponente: verbundene Gefühle und Emotionen mit dem Einstellungsobjekt Kognitive Komponente: Bestandteile des Wissens, der Gedanken und Überzeugungen über das Objekt Konative Komponente: subjektive Verhaltenstendenz gegenüber dem Einstellungsobjekt Einstellungsobjekte à können alle begrifflich unterscheidbaren Konzepte des menschlichen Denkens und Erlebens sein z.B.: - Selbstwert (Selbstwertgefühl) - Kulturelle Sitten und Bräuche - Gruppen (Vorurteile) - Kriege - Fußballspiele - Abstrakte Dinge - Wertevorstellungen Etc. Konstanz und Veränderung von Einstellungen à Beides wesentliche Merkmale des Konstrukts Einstellung Konstanz: dient der Einsparung von Zeit und gedanklicher Arbeit = (Verhaltens-) Ökonomie, kurzfristig Veränderung: dient dem Lernprozess, z.B. Korrektur falscher Annahmen, mittel-, langfristig - Kann auch der Aufrechterhaltung des Selbstwertes dienen Stärke der Einstellung - Hängt davon ab, wie stark die Assoziation zwischen einem Einstellungsobjekt (Person, Idee etc.) und der zugehörigen Bewertung (positiv, negativ) ist - Starke Assoziation zwischen dem Objekt und seiner Bewertung= hohe Einstellungsstärke (leicht zugänglich, wird automatisch aktiviert, kommt sofort in den Sinn) - Schwache Assoziation = niedrige Einstellungsstärke (Einstellung weniger zugänglich, lange Reaktionszeit, Bewertung wird nicht sofort aktiviert) - Zugänglichkeit einer Einstellung hängt davon ab, wie oft sich die Person kognitiv mit dem Einstellungsobjekt auseinandergesetzt hat (wird über Reaktionszeit gemessen) Wie entstehen Einstellungen? - Durch unterschiedliche Prozesse, abhängig davon, ob sie auf kognitiven oder affektiven Grundlagen beruhen 1. Kognitiv basierte Einstellungen - Einstellungen beruhen auf rationalen und systematischen Abwägungen von Informationen - Person prüft z.B. Pro- und Contra- Argumente, bevor sie das Einstellungsobjekt bewertet - Oft durchdacht und stabil - Weniger von Emotionen beeinflusst 2. Affektiv basierte Einstellungen - Überwiegend durch Gefühle, Wertvorstellungen oder emotionale Reaktionen geprägt - Keine Fakten oder eine rationale Abwägung à z.B. Sympathie/ Antipathie 3. Verhaltensbasierte Einstellungen - Selbstwahrnehmungstheorie von Daryl Bem: Person leitet ihre Einstellung zu einem Objekt hauptsächlich aus der Beobachtung ihres eigenen Verhaltens gegenüber dem Objekt ab (Person weiß vorher nicht, was sie empfindet) - Voraussetzung: Schwache Ausprägung der Einstellung, keine andere plausible Erklärung für das Verhalten Entstehen häufig durch Lernprozesse (insbesondere als Ergebnis von Konditionierungseffekten) o Klassisch: Verknüpfung von Objekt und Emotion (z.B. Werbung: glücklicher Mensch mit Staubsauger à Produkt wird mit Zufriedenheit assoziiert) o Operant: Belohnung/ Bestrafung von Verhalten gegenüber Objekt (z.B. Kind wird für Umweltaktion gelobt – es entwickelt eine positive Einstellung zum Umweltschutz o Modelllernen: Beobachten und Nachahmen von Personen, die für sie emotionale Bedeutung haben (Eltern, Freunde etc.) Sind Einstellungen teilweise genetisch bedingt? … evolutionäre Grundlagen? o Phobien: angeborene Ängste o musikalische Vorlieben: eineiige Zwillinge haben oft einen ähnlichen Musikgeschmack Mere-Exposure-Effekt Bloße Wiederholung des Auftretens eines anfangs neutralen Objektes führt zu einer positiveren Bewertung dieses Objektes (Zajonc, 1968) o Ein Objekt, dem eine Person wiederholt begegnet, wird mit der Zeit positiver bewertet, selbst wenn keine weiteren Informationen über das Objekt vorhanden sind. o Der Effekt tritt besonders bei neutralen oder unbekannten Objekten auf, zu denen die Person noch keine vorherige Einstellung hat. o z.B. wenn man einen Song häufiger hört, gefällt er einem oft besser o Einschränkung: Abnahme des Effekts bei zu häufigem Kontakt (Langeweile, Reizüberflutung), wenn bereits eine negative Einstellung besteht, kann Wiederholung den Effekt verschlimmern In welcher Beziehung stehen Einstellungen und Verhalten? - Einstellungen werden gemessen, um Verhalten vorherzusagen (Wahlverhalten, Konsument*innenverhalten) - Problem: häufig nur ein geringer Zusammenhang zwischen Einstellung und beobachtbarem Verhalten Empirischer Zusammenhang von Einstellungen und Verhalten - Zusammenhang ist hoch variabel - Durchschnittliche Korrelation von r ≈ 0.30 (schwacher Zusammenhang)à bedeutet, dass nur etwa 9% der Varianz im Verhalten der Einstellungen erklärt werden können - z.B. Wahlverhalten: Personen geben an eine bestimmte Partei zu bevorzugen, aber wählen aus taktischen Gründen oder Wahlkampagnen eine andere Zusammenhang ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig: 1. Reliabilität (Zuverlässigkeit) und Validität (Gültigkeit der Messung) 2. Innere Konsistenz der Einstellung 3. Zugänglichkeit und Stärke der Einstellung o Je stärker, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Einstellung das Verhalten beeinflusst (z.B. starke Abneigung gegen Rauchen à man raucht nicht) Aggregationsprinzip Globale Einstellungsmaße (allgemeine Aussagen über Einstellungen) führen zur besseren Vorhersage, wenn die erhobenen Maße eine Vielzahl von Situationen und/oder geplanten/tatsächlichen Verhaltensweisen beinhalten. - Globale Einstellungsmaße sind besser in der Lage Verhalten vorherzusagen, wenn sie über mehrere Situationen hinweg gemessen werden - Erfasst die Einstellung in Bezug auf eine Vielzahl von Situationen oder Verhaltensweisen, die mit dem Einstellungsobjekt zu tun haben. - Globale Einstellungsmaße umfassen alle möglichen Verhaltensweisen und Situationen, die mit dem Thema zu tun haben (z. B. Recycling, Energie sparen, weniger fliegen, Müllsammeln). à also umfassen globale Einstellungen alle möglichen Verhaltensweisen und Situationen, die mit dem Thema zutun haben: Sie berücksichtigen mehrere Situationen und geben so ein genaueres Bild davon, wie eine Person sich im Durchschnittverhält. Korrespondenzprinzip - Erklärt, warum der Zusammenhang (Korrelation) zwischen Einstellung und Verhalten otf schwach ist - Ein hoher Zusammenhang ist nur zu erwarten, wenn die Messung von Einstellung und Verhalten hinsichtlich Bezugspunkt, Handlung, Kontext und Zeit übereinstimmt à also, wenn beide Maße im Grad ihrer Spezifikation übereinstimmen - Das Prinzip besagt, dass man Einstellungen und Verhalten so messen muss, dass sie sich auf denselben spezifischen Bezugspunkt, Handlung, Kontext und Zeitpunkt beziehen. - Wenn dies nicht geschieht, können Einstellungen und Verhalten scheinbar nicht zusammenhängen, auch wenn sie es eigentlich tun. Theorie des geplanten Verhaltens (bspw. Ajzen, 1991) - erklärt, wie und warum sich Menschen in einer bestimmten Weise verhalten, insbesondere bei geplanten und überlegten Handlungen. - Basiert auf drei Faktoren, die die Verhaltensintention beeinflussen und damit auch das tatsächliche Verhakten Faktoren: 1. Einstellung gegenüber der spezifischen Verhaltensweise (positiv/ negativ) 2. Subjektive Normen (z.B. sozialer Druck: meine Freunde erwarten, dass…) 3. Wahrgenommene Verhaltenskontrolle (Einschätzung der eigenen Fähigkeit: kann ich das Verhalten umsetzen?) Wie vollzieht sich Einstellungsänderung? Selbstinduzierte Einstellungsänderungen insbesondere kognitiver und verhaltensbasierter Einstellungen, können durch verschiedene theoretische Ansätze erklärt werden, z.B. durch die … (eigene Handlungen/ innere Prozesse) - Dissonanztheorie (Festinger; vgl. bspw. counterattitudinal advocacy) - Selbstwahrnehmungstheorie (Bem) Fremdinduzierte Einstellungsänderungen sind häufig das Resultat der Anwendung bestimmter Methoden bzw. der Beachtung bestimmter Rahmenbedingungen, wie z.B. (externe Einflüsse) - Rechtfertigung einer Anstrengung (justification of effort,) - Persuasive (überzeugende) Kommunikation (Yale Attitude Change Approach) o Beschreibt die Wirkung von Botschaften auf die Veränderung von Einstellungen oder Verhalten o Wirksamkeit einer Botschaft hängt von drei zentralen Faktoren ab: Quelle der Botschaft (Glaubwürdigkeit), Merkmale der Botschaft (Darstellung), Merkmale der Rezipienten (Person, die die Botschaft erhält) - Elaboration-Likelihood-Modell (Petty & Cacioppo, 1986) o Zwei Routen der Informationsverarbeitung o Zentrale Route: Botschaft wird intensiv durchdacht und kritisch analysiert, wenn Rezipient motiviert und fähig ist, die Botschaft zu verarbeiten, Einstellungsänderung ist stabil und resistent gegenüber späteren Einflüssen o Periphere Route: Botschaft wird oberflächlich verarbeitet, periphere Hinweisreize (Attraktivität des Sprechers, emotionale Bilder) beeinflussen die Einstellung, Rezipient ist nicht motiviert/ fähig die Botschaft gründlich zu analysieren, Einstellungsänderung weniger stabil und leicht beeinflussbar o à Emotionen beeinflussen, ob Botschaften eher peripher oder zentral verarbeitet werden - Korrespondenzprinzip der Einstellungsänderung o Einstellung = beruht auf Kognitionen à sollte mit rational schlüssigen Argumenten verändert werden o Einstellung = affektive Basis à auf emotionaler Ebene verändern 7. Vorurteile Was sind Vorurteile? Komponenten - Einstellungen gegenüber sozialen Gruppen: 3 Komponenten 1. Kognitive Komponente: Stereotype (Alle Frauen sind emotional) à kognitive Generalisierung o Allport: Gesetz der geringsten Anstrengung: man kann nicht gegenüber allen Individuen eine hoch differenzierte Einstellung zu haben à Stereotypisierung als Komplexreduktion o Zwei-Stufen-Modell der Stereotypaktivierung: § 1. Automatischer Prozess: Stereotype werden automatisch aktiviert (unterbewusst) § 2. Kontrollierter Prozess: Unterdrückung oder Korrektur von Stereotypen à bewusste Entscheidung 2. Affektive Komponente: emotionaler Anteil (Vorurteile) (Angst vor einer bestimmten Gruppe) - eine positive oder negative affektive Bewertung eines anderen Menschen aufgrund von bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen oder Gruppenmitgliedschaften. o Vorurteile und Selbstwert: Experiment von Clark & Clark (1947): § Afroamerikanische Kinder wurden vor die Wahl gestellt, ob sie lieber mit einer weißen oder einer schwarzen Puppe spielen mochten. § Ergebnis: Die Mehrheit der Kinder bevorzugte es mit der weißen Puppe zu spielen, da diese hübscher und insgesamt überlegen sei. 3. Verhaltenskomponente (Konativ): Diskriminierung - Benachteiligung von Personen aufgrund ihrer Gruppenmitgliedschaft; Ungerechtfertigte negative oder schädliche Handlung gegenüber einem Mitglied einer Gruppe aufgrund dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe o Feldstudie von Elliot: § Lehrerin teilte der 3. Klasse mit, dass blauäugige Kinder braunäugigen Kindern überlegen seien (intellektuell, sozial, vertrauenswürdig). § Daraufhin wurden braunäugige Kinder stigmatisiert (durch spezielle Kleiderordnung), und es entstand innerhalb eines Tages eine Gesellschaft von Diskriminierung in der Klasse. § Umkehrung und Langzeiteffekt: § Am nächsten Tag wurden die Bedingungen umgekehrt (nun waren braunäugige Kinder überlegen). § 15 Jahre später erinnerte sich die Klasse noch lebhaft an die Ereignisse, was die nachhaltige Wirkung der Diskriminierung verdeutlicht. Vorurteile: ein allgemeines Phänomen - Jede soziale Gruppe kann das Ziel von Vorurteilsprozessen sein. - Vorurteile zielen meist auf Gruppenmitgliedschaften ab: o Nationalitäten (Deutsche, Türken...) o Ethnische Zugehörigkeiten (Schwarze, Asiaten, …) o Religion (Juden, Muslime, Protestant*innen, Katholik*innen) o Geschlecht oder sexuelle Orientierung o Studienfächer (BWLer*innen, Soziolog*innen, Psycholog*innen) o Krankheiten (HIV, Rollstuhlfahrer*innen) - Vorurteilen haben weitreichende Auswirkungen auf die Mitglieder der Zielgruppe, bspw.: o Bedrohung des Selbstwertgefühls o Selbststereotypisierung o Ausgrenzung o Im Extrem: physische Bedrohung bis hin zu Folter, Mord, Völkermord Aufrechterhaltung von Stereotypen: illusory correlations (Illusorische Korrelation) - Menschen neigen dazu, Beziehungen zwischen Dingen zu sehen, die in Wirklichkeit nicht miteinander verbunden sind à z.B. Verhalten von Minderheitsgruppen und negatives Verhalten - Liegt daran, dass Minderheiten aus der Masse hervorstechen à Double Distinctiveness: wenn diese Menschen dann auffälliges Verhalten zeigen, wird eine illusorische Korrelation zwischen der Gruppe und dem Verhalten gebildet. Bedrohung durch Stereotype (stereotype threat) - Angst, ein negatives Stereotyp über die eigene soziale Gruppe zu bestätigen, was die Leistung negativ beeinflussen kann. - Bell Curve Studie (Hernstein u. Murray, 1995): o Afroamerikanische Studierende schnitten schlechter ab, wenn sie wussten, dass der Test ihre intellektuellen Fähigkeiten messen sollte (Stereotyp der geringeren Intelligenz). o Weiße Studierende zeigten in beiden Testbedingungen gleich gute Leistungen. Diskriminierung: die sich selbsterfüllende Prophezeiung 1. Erwartung: Menschen haben eine Vorstellung davon, wie eine andere Person ist oder sich verhalten wird. 2. Beeinflussung: Diese Erwartung beeinflusst, wie sie die betreffende Person behandeln (z. B. mit Vorurteilen oder besonderen Erwartungen). 3. Verhalten: Die behandelte Person reagiert auf diese Behandlung und verhält sich entsprechend der ursprünglichen Erwartung, was die Erwartung bestätigt und verstärkt. Spezialfall von Diskriminierung: blaming the vitctims - Tendenz, Individuen die Schuld für ihre Opferrolle zu geben à typischerweise durch den Glaube an eine gerechte Welt - Glaube an eine gerechte Welt: form der defensiven Attribution, bei der Menschen davon ausgehen, dass Schlechtes nur schlechten Menschen widerfährt und umgekehrt - Bsp.: „Wenn die Juden immer wieder Ziel von antisemitischen Handlungen sind und waren, werden sie auch nicht ganz unschuldig sein.“ Wie entstehen Vorurteile? Ultimativer Attributionsfehler - Fundamentaler Attributionsfehler: Tendenz, das Verhalten einer Person durch innere Merkmale zu erklären, ohne die Rolle der Situation zu berücksichtigen - Ultimativer Attributionsfehler: Tendenz, das Verhalten einer ganzen Gruppe aufgrund der Handlungen eines Einzelnen oder weniger Menschen in dieser Gruppe zu erklären Entstehung von Einstellungen gegenüber Gruppen: Evolutionspsychologie - Vorurteile, Stereotype und Diskriminierung sind demnach nicht nur gesellschaftliche Phänomene, sondern haben sich als evolutionär bedingte Überlebensmechanismen entwickelt. - Vorurteile und Stereotype könnten demnach, als adaptive, evolutionär entstandene Mechanismen verstanden werden, die das Überleben von Gruppen und die Weitergabe von Genen durch die Förderung von Beziehungen innerhalb der Gruppe und das Misstrauen gegenüber anderen Gruppen fördern. Sozialisation - Stereotype sind nicht nur individuelle Vorurteile, sondern auch Produkte der Sozialisation und kulturellen Einflüsse. - Sie dienen oft der Legitimation sozialer Hierarchien und bestehen über Generationen hinweg. - Studien zeigen, dass Stereotype relativ stabil bleiben, obwohl es Anzeichen für kritische Reflexion und Veränderung gibt. Normen und institutionalisierte Vorurteile - Normen: Regeln, Vorschriften und Vereinbarungen innerhalb sozialer Gruppen, die bestimmen, was als korrekt, erwünscht und angemessen gilt und was nicht. - Normative Konformität: Tendenz, sich der Gruppe anzupassen, um die Erwartungen zu erfüllen und Anerkennung zu erlangen (sozial erwünschtes Verhalten). - Grund für Konformität: Zugehörigkeit zu Gruppen erfüllt wichtige Bedürfnisse der Menschen, wie das Bedürfnis nach Anerkennung und sozialer Zugehörigkeit. - Normen als Basis von Vorurteilen: In bestimmten Gruppen kann die Ablehnung von Minoritätsgruppen als sozial erwünschtes Verhalten angesehen werden. - Institutionalisierter Rassismus und Sexismus: Rassistische oder sexistische Einstellungen, die von der Mehrheit einer Gruppe geteilt werden, weil Stereotype und Diskriminierung als Teil der sozialen Normen angesehen werden. - Veränderungen von Normen: Beispiel aus den USA: Vor 60 Jahren unterstützten 98% der weißen Bevölkerung in den Südstaaten die Rassentrennung, während 1988 nur noch 3% Bedenken hatten, dass ihre Kinder mit schwarzen Kindern in einer Schule sind. Normen und implizite Vorurteile - Soziale Erwünschtheit: Tendenz, vorurteilsfreie Antworten zu geben, um nicht gegen soziale Normen zu verstoßen (z. B. politische Korrektheit). - Moderner Rassismus: Nach außen vorurteilsfrei handeln, aber innerlich weiterhin Vorurteile hegen ("prejudices gone underground"). - Experiment von Jones & Sigall (1971): o Ziel: Die „wahren“ Einstellungen der Teilnehmer herausfinden. o Methode: Verwendung der „Bogus Pipeline“, einer Apparatur, die als Lügendetektor fungieren sollte. o Ergebnis: Teilnehmer äußerten mehr rassistische Vorurteile, wenn sie mit der „Bogus Pipeline“ befragt wurden, im Vergleich zu einem normalen Fragebogenverfahren. Soziale Kategorisierung (mere categorization) - Erster Schritt bei der Entstehung von Vorurteilen - Menschen werden auf Basis bestimmter Merkmale in Gruppen zugeordnet - Nützlich und notwendig für soziale Kognition - Positive oder negative Implikationen - Bedürfnis nach positivem Selbstwert o Aufwertung der eigenen Gruppe o Abwertung der Fremdgruppe - Untersuchung mithilfe des Minimalen Gruppen-Paradigmas (Tajfel & Turner, 1979) o Menschen werden anhand trivialer Kriterien in Gruppen eingeteilt (z.B. durch Münzwurf o Ergebnisse: § Stärkere Sympathie für Eigengruppenmitglieder § Positivere Attributionen von Eigenschaften § Bessere Wahrnehmung von Leistungen § Eigengruppenbevorzugung beim Verteilen von Ressourcen (Diskriminierung) Die Theorie des realistischen Gruppenkonflikts - Begrenzte Ressourcen führen zu Konflikten zwischen Gruppen. - Konflikte fördern Vorurteile und Diskriminierung. - Abwesenheit von Wettbewerb: Keine ausreichende Bedingung für die Beseitigung von Konflikten. - Gegenseitige Abhängigkeit: Zusammenarbeit zwischen Gruppen reduzierte Intergruppenkonflikte nachhaltig. Wie kann man Vorurteile wirksam ändern? Einstellungsänderungen und Vorurteile: die Kontakthypothese - Die Kontakthypothese geht davon aus, dass der Kontakt zwischen unterschiedlichen Gruppen dazu führen kann, Vorurteile anzubauen - Historisch wurde diese Hypothese nach der Aufhebung der Rassentrennung in Schulen besonders beobachtet, jedoch gab es widersprüchliche Ergebnisse o Positive Ergebnisse (Deutsch und Collins) § Untersuchung von weißen Amerikanern in ethnisch integrierten und getrennten Wohnsiedlungen. § Ergebnis: Weiße Menschen, die mit Afroamerikanern im selben Haus wohnten, entwickelten positivere Einstellungen gegenüber Afroamerikanern. o Negative Ergebnisse (Aufhebung von Rassentrennung in Schulen) § Studie von Stephan § Kein signifikanter Abbau von Vorurteilen bei weißen Schüler*innen § Kein gesteigertes Selbstbewusstsein bei afroamerikanischen Schüler*innen Bedingungen zur Reduktion: von negativen Intergruppeneinstellungen durch Kontakt 1. Ein bloßes Weglassen von Konkurrenzsituationen in einem Gruppenkonflikt führt zu keiner Herstellung von Harmonie 2. Situationen wechselseitiger Abhängigkeit (eine Situation, in der zwei oder mehrere Gruppen einander brauchen und voneinander abhängen) können Feindseligkeiten reduzieren 3. gemeinsame(s) Ziel(e) der Gruppen 4. Gleicher Status: Solange ein Statusunterschied vorliegt, wird die Interaktion dadurch geprägt sein und ein Abbau von Vorurteilen erschwert. 5. Kontakte zwischen Mitgliedern der Fremd- und Eigen-Gruppe sollten in einer freundlichen und informellen Umgebung stattfinden 6. Es sind Kontakte mit verschiedenen Fremd-Gruppenmitgliedern erforderlich, damit eine Subkategorisierung (d. h., Attribution als Ausnahme) verhindert wird. 7. Kontakte zwischen Mitgliedern der Fremd- und Eigen-Gruppe führen wahrscheinlicher zu einem Abbau von Vorurteilen, wenn umfassendere soziale Normen von Gleichheit aktiviert sind. 8. Konformität Was ist Konformität? à Die Änderung des Verhaltens aufgrund des realen oder vermeintlichen Einflusses Anderer à Die Anpassung des eigenen Verhaltens, Denkens oder der Einstellungen an die Normen, Meinungen oder das Verhalten einer Gruppe (sozialer Druck) à zentraler Begriff der Sozialpsychologie, da er zeigt, wie stark Menschen von sozialen Einflüssen geprägt werden Informationaler sozialer Einfluss: the desire to be right (unklare Situationen) - Beruht auf dem Bedürfnis zu wissen, was richtig ist - Menschen übernehmen das Verhalten oder die Meinungen anderer, weil sie glauben, dass diese über mehr Wissen oder bessere Informationen verfügen - Soziale Situationen sind oft mehrdeutig und unklar à Bsp.: Krieg der Welten (1938): Zuhörer*innen glaubten, dass die fiktive Radiosendung über eine Alien-Invasion eine reale Nachricht sei, da die Darstellung glaubwürdig war und andere Menschen panisch reagierten - Alltag: Stadtgegend gefährlich (beobachten, ob andere Menschen nervös wirken), Esskultur (man orientiert sich an Menschen, die damit vertrauter sind), Kommunikation (Formulierungen übernehmen) à starker Einfluss von außerhalb, besonders bei Unsicherheit Theorie der sozialen Vergleichsprozesse Annahme 1: Wir haben ein Bedürfnis, die eigenen Meinungen und Fähigkeiten zu bewerten – also auch zu überprüfen (Ziel: subjektive Gewissheit/ Sicherheit über die Richtigkeit erlangen) - Grund für dieses Bedürfnis: Vermeiden von Fehlern in sozialen Interaktionen bzw. effizientes/ erfolgreiches Funktionieren (Ablehnung und Misserfolg vermeiden) à z.B. Bewerbungsgespräch - Voraussetzung für die angemessene Reaktion: sich selbst und die Umwelt realistisch einschätzen (Verhalten in Situationen kennen und Fähigkeiten besitzen, um Aufgabe erfolgreich zu bewältigen) - Je höher die Unsicherheit, desto weniger ist das Bedürfnis befriedigt und desto stärker wird die Vergleichsmotivation ausfallen (hohe Unsicherheit à Meinung korrekt? Reichen Fähigkeiten aus? à hohe Motivation, sich mit anderen zu vergleichen) Annahme 2: zwei Arten von Realitätstests, mit denen man die Korrektheit von Meinungen und die Einschätzung von Fähigkeiten überprüfen kann. 1. Realitätstest 1: objektiv: Wie schnell fahre ich? à Blick auf den Tacho 2. Realitätstest 2: sozial: Bin ich gut in meiner Gedächtnisleistung ? à Vergleich mit Anderen - Konsequenz: in unklaren Situationen, in denen wir keinen objektiven Maßstab haben, orientieren wir uns an Anderen, um die Gültigkeit unserer Meinungen und der Annahmen über unsere Fähigkeiten zu überprüfen. à in dieser Situation handeln wir wie die Anderen in der Annahme, dass deren Interpretation zutreffender ist als unsere. à Das ist: informationaler sozialer Einfluss Situationen, in denen es in einem besonders starkem Maße zu Konformität aufgrund von informationalem sozialem Einfluss kommt: - Je wichtiger eine Entscheidung, desto mehr Konformität in unklaren Situationen à mehrere Meinungen einholen (Baron) - Wenn Situationen mehrdeutig/ unklar sind - Wenn es sich um eine Krisensituation handelt: keine Zeit/ zu gestresst für eigene sorgfältige Elaboration - Wenn andere anwesende Personen Expert*innen sind Normativer sozialer Einfluss: the desire to be liked (klare Situationen) - Beruht auf dem Bedürfnis, gemocht und akzeptiert zu werden sowie auf dem Bedürfnis, Zurückweisung und Bestrafung zu vermeiden - Zentraler Unterschied zum informationalen sozialen Einfluss: klare (eindeutige) Situation à Person weiß, was richtig oder falsch ist (vs. unklare, mehrdeutige Situation) - z.B.: jemand trägt bestimmte Kleidung, um dazuzugehören, obwohl er sie nicht mag Klassische Untersuchungen von Asch (1951, 1955) zum „Linienschätzen“ - Studie zeigt, wie stark Menschen dazu neigen, sich der Mehrheit anzupassen, selbst wenn diese offensichtlich falsch liegt - Untersuchung zwischen öffentlicher Compliance (Anpassung ohne innere Überzeugung) und privater Akzeptanz (Anpassung aus Überzeugung) - Teilnehmer*innen sollten angeben, welche von drei Vergleichslinien die gleiche Länge wie eine Standardlinie hat à Lösung war klar und offensichtlich - Ergebnis: 76% gaben mindestens eine falsche (konforme) Antwort à eher öffentliche compliance (Personen halten privat oft an ursprünglicher Meinung fest) - Wichtige Folgestudie: Größere Gruppen erhöhten die Konformität nicht signifikant weiter à aber Aufgabe eher unwichtig à zurück zu Baron Baron untersuchte, ob normative Einflüsse auch bei wichtigen Aufgaben bestehen bleiben (hoher persönlicher oder gesellschaftlicher Wert) - Prüfen, ob ein gesteigertes Bedürfnis, richtig zu liegen den Einfluss der Gruppe verringert. - Teilnehmer*innen sollten einen Täter identifizieren: Aufgabe wurde als entscheidend für Ermittlung dargestellt, korrekte Antwort= 20 US-Dollar - Andere Teilnehmer*innen: Aufgabe wurde als rein explorativ dargestellt à keine persönlichen Konsequenzen bei Falschaussage Ergebnisse: - Ohne Gruppeneinfluss: 97% antworteten korrekt - Teilnehmer*innen mit hohem Druck: normativer Einfluss reduziert, aber nicht vollständig eliminiert à Orientierung weiterhin an vorheriger Gruppe à Normativer Einfluss bleibt also auch bei wichtigen Aufgaben bestehen (Einfluss kann nur verringert werden, aber verschwindet nicht) à Betont die Stärke von Gruppendruck Fazit: Es kommt zu einem besonders starkem Maß an Konformität von normativen sozialem Einfluss, wenn… o Die Gruppengröße wächst o Wenn die Gruppe besonders wichtig ist (z.B. Freundeskreis) o Wenn es keinen Verbündeten in der Gruppe gibt (kein sozialer Rückhalt, der der Person das Gefühl gibt, gegen die Mehrheit zu argumentieren) o Konformität in kollektivistischen Kulturen höher ausgeprägt o Frauen sind in normativ-sozialen Einfluss-Situationen tendenziell konformer als Männer 9. Gruppen und Gruppenprozesse 1 Was ist eine Gruppe? Amerikanische Perspektive: - Zwei oder mehrere Menschen, die miteinander interagieren - Interdependenz: Mitglieder sind voneinander abhängig (emotional, materiell, sozial) - Gemeinsame Ziele oder Bedürfnisse Europäische Perspektive: - Zwei oder mehrere Menschen - Individuelle vs. soziale oder kollektive Identität o Individuelle Identität: persönliche Selbstdefinition, die sich aus einzigartigen Eigenschaften, Fähigkeiten und Interessen ableitet (ich vs. du) o Kollektive Identität: entsteht durch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe (wir vs. die Anderen) - Soziale Kategorie bzw. soziale Kategorisierung o Soziale Kategorisierung: Personen werden aufgrund bestimmter Merkmale à Geschlecht, Ethnie, Beruf etc. in Gruppen eingeordnet (Personen innerhalb der Gruppe = ähnlich, außerhalb der Gruppe = unterschiedlich) § Wahrnehmung von Gruppen und deren Unterschiede o Selbstkategorisierung: ein Individuum nimmt eine bestimmte soziale Identität an, die im jeweiligen sozialen Kontext passend erscheint à z.B. kollektive Identität § Voraussetzungen: Readiness – Bereitschaft eine bestimmte Identität anzunehmen, Fit – die wahrgenommene Passung der Identität im aktuellen sozialen Kontext § Individuen ordnen sich selbst in diese Kategorien ein o Depersonalisierung: Verschiebung der Identifikation von der individuellen Ebene (ich als einzigartiges Individuum) hin zur kollektiven Ebene (ich als Teil einer Gruppe) § Folge der Selbstkategorisierung: individuelle Identität tritt zugunsten der kollektiven Identität in den Hintergrund Funktionen der Gruppenzugehörigkeit - Zugehörigkeit: Gefühl der Eingebundenheit, Wissen über den eigenen Platz in der sozialen Welt - Distinktheit: Bedürfnis nach Unterschiedlichkeit, Abgrenzung von anderen Gruppen - Selbstwert: Respekt, Selbstwerterhöhung - Verständnis: Einsicht und Erkenntnis über die Struktur der sozialen Welt („geteilte Sicht und soziale Validierung“) - Wirksamkeit: Soziale Unterstützung und Solidarität („Gemeinsam sind wir stark!“) - Verständigung über und Bildung von Normen: Aufstellen von Regeln über die „richtigen“ Verhaltensweisen in der sozialen Umwelt Effekte bloßer Anwesenheit Anderer Gruppe und Leistung: Experimente Triplett und Pessins - Fazit aus beiden Experimenten: Leistungen besser/ schneller, wenn Andere dabei sind (schneller Lernen, schneller Kurbeln) Soziale Erleichterung und soziale Hemmung à diese Begriffe beschreiben, wie die Anwesenheit anderer Menschen die Leistung bei verschiedenen Aufgaben beeinflusst à dabei ist entscheidend, ob die ausgeführte Handlung eine dominante Reaktion (gut gelernt oder instinktiv) oder eine nicht-dominante Reaktion (neu, kompliziert, ungeübt) ist. - Dominante Reaktion: Verhaltensweisen, die gut eingeübt oder natürlich sind (Tennisspieler schlägt seinen Aufschlag) - Nicht – dominante Reaktion: Verhaltensweisen, die neu und komplex sind (Anfänger übt Tennisaufschlag) - Erhöhte Aufmerksamkeit: Die Anwesenheit anderer erfordert, die Aufmerksamkeit sowohl auf die Aufgabe als auch auf die Beobachter zu richten. à gesteigerter allgemeiner Erregungszustand - Bewertungsangst: Sorge, von Anderen beurteilt zu werden - Ablenkung: Anwesenheit anderer Menschen oder äußerer Reize kann die Konzentration stören (Konflikt zwischen Aufgabe und zusätzlichen Stimuli) - Soziale Erleichterung: Zunahme dominanter Reaktion aufgrund der Anwesenheit Anderer (Verbesserung der Leistung) - Soziale Hemmung: Abnahme nicht-dominanter Reaktion aufgrund der Anwesenheit Anderer (Verschlechterung der Leistung) à Aufgabenschwierigkeit gering= soz. Erleichterung, hoch= soz. Hemmung Prozessverluste bei Gruppenarbeit - Leistungsreduktion: die bei interagierenden Gruppen im Vergleich zu Nominalgruppen oder individueller Leistung der Gruppenmitglieder feststellbar ist (→ Koordinations- und Motivationsverluste) - Gruppenpotential: beschreibt die max. Leistung, die eine Gruppe erzielen könnte, wenn jedes Mitglied unabhängig arbeitet und seine individuellen Beiträge addiert werden (Unabhängiges Arbeiten verhindert Probleme, wie Gruppendruck etc.) - Nominalgruppen: Gruppen, in denen Mitglieder nicht interagieren, sondern unabhängig voneinander arbeiten. à ermöglichen Feststellung des Gruppenpotentials - Interagierende Gruppen: Gruppen, in denen Mitglieder direkt miteinander interagieren, diskutieren und zusammenarbeiten Dysfunktionale Gruppenprozesse - Ringelmann-Effekt: Die Reduktion von Anstrengung als Funktion des Anstiegs der Gruppengröße (Experiment von Ringelmann) - Experiment von Ingham: o Motivationsverluste: Reduktion der Anstrengungsbereitschaft à Aufteilung der Verantwortung auf viele Schultern o Koordinationsverlust: Reduktion der Leistung durch die Schwierigkeit die Handlungen untereinander zu koordinieren Typen von Motivationsverluste in Gruppen - Soziales Faulenzen: Gruppenmitglieder reduzieren ihre Anstrengung, weil ihr persönlicher Beitrag nicht identifizierbar/bewertbar ist (keine individuelle Bewertung möglich, weil es ja alle zusammen gemacht haben) o Tritt konsistent in verschiedenen Gruppen, Kulturen und bei unterschiedlichen Aufgaben auf o Soz. Faulenzen steigt, wenn die Leistung nicht identifizierbar ist o Soz. Faulenzen nimmt sichtbar ab, wenn Leistung sichtbar und bewertbar ist o Hängt von der Bedeutung der Gruppe ab o Männer neigen mehr dazu als Frauen o In westlichen Kulturen stärker ausgeprägt o - Trittbrettfahrer: Gruppenmitglieder reduzieren Anstrengung à Beitrag nicht wichtig für Gruppenergebnis - Gimpel-Effekt: Anstrengung reduzieren à nicht ausgebeutet fühlen (alle sollen gleich viel beitragen) Beispielhafte Koordinationsverluste in Gruppen - Produktionsblockierung bei Brainstorming-Aufgaben (Motivation vorhanden, aber gegenseitiges Behindern beim Einbringen von Ideen) Bevorzugtes Einbringen von geteilten und präferenzkonsistenten Informationen bei Gruppenentscheidungsaufgaben - Wichtige Informationen zum Treffen der optimalen Entscheidung sind ungleich verteilt - Einbringen von geteilten Infos: Infos, die allen Gruppenmitgliedern bekannt sind (Vertrautheit, kognitive Leichtigkeit) - Ungeteilte Informationen werden vernachlässigt - präferenzkonsistenten Informationen: Meinungen, die die eigene Entscheidungsvorliebe unterstützen (Selbstbestätigung für eigene Ansichten) Steiners (pessimistische) Formel für Gruppenproduktivität Gruppenleistung = Gruppenpotenzial – Prozessverluste (Motivationsverluste + Koordinationsverluste) Negatives Fazit zu beobachtbaren Gruppenleistungen - soziale Interaktion innerhalb der Gruppe führt häufig nicht zu den erhofften Vorteilen (Prozessgewinn), sondern eher vielfältige Nachteile (Prozessverluste) - empirisch belegt Prozessgewinne bei Gruppenarbeit - Hoffnung auf Synergie/ synergetische Ergebnisse (Gruppe leistet als Ganzes mehr als ihre Einzelmitglieder) o Ideenentwicklung o Gemeinsames Problemlösen o Motivation und Inspiration o Gefühl der Zusammengehörigkeit - Prozessgewinne: Leistungszuwachs, der bei interagierenden Gruppen im Vergleich zu Nominalgruppen (Mitglieder arbeiten unabhängig voneinander ) oder individueller Leistung der Gruppenmitglieder feststellbar ist (→ Koordinations- und Motivationsgewinne) Funktionale Gruppenprozesse - Köhler-Effekt: Der beschreibt, dass schwächere Mitglieder einer Gruppe bei konjunktiven Aufgaben (bei denen die Leistung der Gruppe vom schwächsten Mitglied abhängt) ihre Anstrengung steigern. Sie fühlen sich stärker verantwortlich, wollen die Gruppe nicht enttäuschen und motivieren sich durch den Vergleich mit stärkeren Mitgliedern. - Experimente von Hertel, Messé und Kerr o Motivationsgewinne: Erhöhung der Anstrengungsbereitschaft o Koordinationsgewinne: Erhöhung der Leistung durch die gelungene Abstimmung der Gruppenmitglieder (optimal abgestimmt) § Forschungsmethodisch schwierig nachweisbar à steht noch aus Typen von Motivationsgewinnen in Gruppen - Soziale Kompensation: starke Mitglieder können die Leistung der schwächeren ausgleichen - Sozialer Wettbewerb/ Vergleich: der Vergleich kann anspornen - Köhler – Effekt/ soziale Unverzichtbarkeit: schwächere Mitglieder können ihre Leistung steigern, um die Anderen nicht im Stich zu lassen - Soziale Unterstützung: höhere Anstrengungsbereitschaft Fazit zu beobachtbaren Gruppenleistung - Es besteht wenig Anlass, allzu pessimistisch zu sein, was Gruppenleistung anbetrifft - Aktuelle Forschung zeigt immer mehr Vorkommen und Formen von Motivationsgewinnen bei Gruppenarbeit (Hüffmeier et al., 2022) - Auch meta-analytisch nachgewiesen (bspw. Weber & Hertel, 2007) - Gleich viele Studien, die Gewinne und Verluste zeigen (vgl. bspw. Torka, Mazei & Hüffmeier, 2021) - Abhängig von den Randbedingungen (→ vgl. bspw. CEM) treten entweder Gewinne oder Verluste auf (vgl. Torka et al., 2021) - Motivationsverluste im Labor stärker als im Feld (reale Situationen) (Torka et al., 2021) Integration der Forschung zu Prozessverlusten und –gewinnen: Hackman & Morris‘ Formel für Gruppenproduktivität Ivan Steiners (pessimistische) Auffassung zur Gruppenproduktivität (1972): Gruppenleistung = Gruppenpotenzial – Prozessverluste (Motivationsverluste + Koordinationsverluste) Demgegenüber: Hackman & Morris (1975): Gruppenleistung = Gruppenpotenzial – Prozessverluste (Motivationsverluste + Koordinationsverluste) + Prozessgewinne (positive Effekte durch Gruppenarbeit) (Motivationsgewinne + Koordinationsgewinne) 10. Gruppe und Gruppenprozesse 2 Gruppenentscheidungen a) Informationsfluss: Entscheidungen in hidden profiles - in Gruppen werden Entscheidungen getroffen und die Mitglieder haben einen gemeinsamen Teil an Informationen (geteilte) und einen exklusiven Teil (ungeteilte) Informationen o Fallbesprechungen von Ärzt*innen im KH (ungeteilte Info: individuelle Beobachtungen etc.) o Lehrer*innenkonferenz zum Umgang mit bestimmten Schüler*innen - Informationsaustausch ermöglicht Treffen der richtigen Entscheidung (davor hat jeder nur eine einseitige Meinung) - Alle wissen etwas über die fokussierten Personen - Typisches Problem: Hidden Profile o Die naiv angenommene Lösung ist, dass alle Mitglieder ihre Informationen teilen, sodass die richtige Entscheidung getroffen wird o Dies geschieht in der Realität oft nicht o Mitglieder tendieren zu geteilten Informationen (anstatt ungeteilte einzubringen) à führt zu suboptimalen Entscheidungen - Intervention zur Verbesserung der Entscheidung o Ausreichend Zeit, um alle relevanten Informationen zu sammeln o Aktives nachfragen o Strukturierung und Moderation: Techniken, wie advocatus diaboli – Person argumentiert absichtlich gegen den Konsens (unterschiedliche Perspektiven kommen zum Vorschein) o Trennung von Informationssammlung und Entscheidung b) Gruppendenken = eine Art zu denken, bei der das Aufrechterhalten der Kohäsion (Zusammenhalt) der Gruppe wichtiger ist, als die Fakten vollständig und realistisch zu betrachten. o Vermeidung von Konflikten o Aufrechterhalten des Gruppenzusammenhalts o Führt oft zu suboptimalen Entscheidungen o Entsteht, wenn sich Mitglieder innerhalb einer Gruppe gegenseitig mögen und eine hohe Bindung besteht à Gruppenkohäsion wichtiger als die realistische Betrachtung der Tatsachen - Weitere förderliche Bedingungen für die Entstehung von Gruppendenken: o Direkte Führungskraft o Isolation von fremden Meinungen (Einschätzungen Externer) o Stresssituationen (Entscheidung wird dringend benötigt) - Symptome o Illusion der Unverwundbarkeit o Glaube an die moralische Überlegenheit/Unanfechtbarkeit der Gruppe o Unmittelbarer Anpassungsdruck auf Abweichler o Illusion der Einheit/Einmütigkeit, indem z.B. Abweichler nicht mehr gefragt werden (Ignoration) - Folgen o Mangelnde Informationssuche o Unvollständige Sichtung der Alternativen o Mangelhafte Risikoanalyse der gewählten Alternative o Fehlende Entwicklung eines Krisenplans (exit options) - Interventionsmöglichkeiten o Führungskraft sollte unparteiisch bleiben (seine Präferenz zunächst nicht kommunizieren) o Gruppe sollte Einflüsse Dritter zulassen bzw. aktiv einbeziehen o Untergruppen bilden Einsatz eines advocatus diaboli o Anonyme Diskussionsbeiträge ermöglichen und anonym abstimmen c) Gruppenpolarisation - Gruppenentscheidungen folgen der individuellen Neigung der Mitglieder - risikoreiche Individuen = risikoreichere Entscheidungen - konservative Individuen à Konservative Entscheidung - Ergebnis: Gruppenpolarisation – Verstärkung der ursprünglichen Neigung durch Gruppendynamik Zwei Erklärungsmodelle Modell der persuasiven Argumente (Burnstein, Vinokur, Isenberg) - Mitglieder bringen neue Argumente ein, die die eigene Position unterstützen - Dadurch werden eigene Voreinstellungen durch diese Argumente gestärkt - Ergebnis: Urteil polarisiert sich weiter in die Richtung der ursprünglichen Tendenz (individuell und Gruppenebene) Modell der normativen sozialen Einflusses (Blaskovich et al.) - Man möchte von den anderen gemocht werden (vgl. Konformität) - Person schließt sich der dominanten Meinung in der Gruppe an und wird noch etwas extremer (will dadurch positiv herausstechen) à das registrieren andere Mitglieder und gehen ähnlich vor Deindividuation - Aufheben normaler Verhaltenseinschränkungen in Gruppen o Verstärkte Impulsivität o Abweichung von gesellschaftlichen Normen, wenn dies die Gruppennormen begünstigt o Vermehrte negative Handlungen o Kann aber auch zu positivem Verhalten führen à Eutrophie auf der Tanzfläche Bsp.: Zimbardo und Mitarbeiter – Stanford-Prison-Experiment - Simuliertes Gefängnis im Keller in Stanford - Freiwillige über Anzeige - Zufällige Rollenverteilung: Wärter und Gefangene - Situationen: Eingewöhnung, Rebellion, Tyranny - Zimbardos Interpretation: Verhalten wird primär durch die Situation beeinflusst und nicht durch die Persönlichkeit Erklärungsmodell für negatives Verhalten in Folge von Deindividuation (Haslam und Reicher) - Grundannahme: Negatives Verhalten entsteht durch die Interaktion von Persönlichkeitsmerkmalen und situative Faktoren (z.B. die Identifikation mit extremen Gruppen) - Deindividuation führt nicht zwangsläufig zu negativen Handlungen - Prison Experiment: Teilnehmer rekrutierten sich möglicherweise aus Personen mit dunklen Persönlichkeitsmerkmalen (Dark Triad) Ein Spezialfall im Unterricht Kooperatives Lernen im Unterricht - Liegt vor, wenn Menschen zusammenarbeiten, um ein gemeinsames Lernziel zu erreichen (gemeinsam und im wechselseitigem Austausch) - Empirische Befunden: Methoden haben eine mittlere bis große positive Effektstärke Merkmale, die kooperatives Lernen erfolgreich machen - Leistungsanreize - Positive wechselseitige Interdependenz - Autonomie - Identifizierbare individuell