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This document is lecture notes for a course on economics at Humboldt University of Berlin. The title is "Vorlesung 10 WS2425." and covers topics such as inflation, monetary policy, and hyperinflation.

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Vorlesung 10 INFLATION, GELDPOLITIK und HYPERINFLATION Übersicht Datum VL-Nr Themen VL CORE-Econ 21. 10. 2024 1 Was ist VWL, was ist Wirtschaftsgeschichte? Wohlstand und Ressourc...

Vorlesung 10 INFLATION, GELDPOLITIK und HYPERINFLATION Übersicht Datum VL-Nr Themen VL CORE-Econ 21. 10. 2024 1 Was ist VWL, was ist Wirtschaftsgeschichte? Wohlstand und Ressourcen 1 28. 10. 2024 2 Wissenschaftstheorie, Malthus, und Industrielle Revolution 2 04. 11.2024 3 Knappheit, Arbeit und individuelle Entscheidungen 3 11.11.2024 4 Soziale Interaktion 4 18.11.2024 5 Eigentum und Macht: Interesse und Konflikt 5 25.11.2024 6 Unternehmen, Unvollständige Verträge 6, 7 02.12.2024 7 Angebot und Nachfrage, Gleichgewicht und Schocks 8, 11 09.12.2024 8 Marktversagen und Politik, Arbeitsmärkte 9, 12, 13 16.12.2024 9 Geld, Kredit, Banken. Der Goldstandard 10 06.01.2025 10 Inflation und Geldpolitik. Die deutsche Hyperinflation 15 13.01.2025 11 Fiskalpolitik und Arbeitslosigkeit 14, 17 (a) Die Weltwirtschaftskrise und politischer Extremismus 20.01.2025 12 Das Makroökonomische Trilemma. Entwicklung vom „goldenen Zeitalter“ zur Finanzkrise 17 (b) 27.01.2025 Probeklausur mit Nachbesprechung 03.02.2025 13 Außenhandel, Zahlungsbilanz und Globalisierung 18 10.02.2025 14 Rückblick und Fragen PLAN A) Einführung B) Inflation und Geldpolitik C) Die deutsche Hyperinflation & das Cagan Model Einführung Euroraum Inflationsrate 2000 - 2024 Quelle: ECB (2025) Euroraum Leitzins 2000 - 2024 Information zu aktuellen Preisentwicklungen https://www.ecb.europa.eu/stats/macroeconomic_and_sectoral/hicp /html/index.en.html https://www.ecb.europa.eu/press/press_conference/visual- mps/2024/html/mopo_statement_explained_december.en.html https://www.ecb.europa.eu/pub/economic- bulletin/focus/2022/html/ecb.ebbox202204_01~68ef3c3dc6.en.html Real und Nominal Letze Vorlesung: 2 Periodenmodell mit Konsumentscheidungen. Den Unterschied zwischen nominalen Zins und realen Zins hatten wir bis jetzt vernachlässigt (bzw. angenommen, die Inflationsrate sei null). Es gilt immer die Fisher-Gleichung: Realer Zins (%) = Nominaler Zins (%) – Inflationsrate (%) Konsum-, Spar- und Investitionsentscheidungen werden vom realen Zins bestimmt. Zins und Konsumglättung 1. Erinnerung: Julia leiht sich Geld um ihren Konsum nach heute (t_0) zu verschieben und wird morgen (t_1) das Geliehene plus Zins zurück zahlen. Wenn die Inflation steigt, dann… sinkt der Realzins und Julia möchte heute mehr konsumieren. Zins und Sparentscheidung 2. Erinnerung: Marco verleiht Geld heute und bekommt morgen das Einbezahlte plus Zins. Wenn die Inflation steigt, dann… sinkt der Realzins und Marco wird weniger sparen und heute mehr konsumieren. Konjunkturschwankungen Deshalb sprechen wir heute über 1. Inflation: Ursachen und Auswirkungen auf die Wirtschaft 2. wie Zentralbanken Geldpolitik dazu nutzen können, auf Schocks in der Wirtschaft zu reagieren 3. die Bedeutung von Erwartungen, und wie Zentralbanken diese steuern können 4. Deutschlands Erfahrung mit der Hyperinflation, 1921-23 Die Quantitätsgleichung Die Quantitätsgleichung In einer Geldwirtschaft gilt immer die Quantitätsgleichung: 𝑀𝑀 ∗ 𝑉𝑉 ≡ 𝑃𝑃 ∗ 𝑇𝑇 M: Geldmenge, die in Periode t im Umlauf ist V: Umlaufgeschwindigkeit von M P: Preisniveau T: Transaktionen in Periode t Identität. Als empirische Beziehung kaum falsifizierbar, weil V und T schwer messbar sind. Quantitätstheorie (Bestandteil des Monetarismus nach M. Friedman): Annahmen: V ist konstant, T entspricht Y (also BIP), M hat langfristig keinen Effekt auf Y Hypothese: die von Zentralbank steuerbare Geldmenge M bestimmt langfristig das Preisniveau Das ist im Prinzip falsifizierbar Die Quantitätsgleichung Quantitätsgleichung als Benchmark: Evidenz, dass Geldmenge langfristig “neutral” ist (also M nur auf P wirkt, nicht auf Y) Erinnerung, dass auch V eine Rolle spielen kann Kurzfristig hat die Geldmenge M jedoch Wirkungen auf Y, Geldpolitik beeinflusst Entscheidungen über Konsum (C), Investitionen (I) und Außenhandel (NX) Inflation und die Phillipskurve Schlüsselkonzepte Inflation = Anstieg des allgemeinen Preisniveaus (zB 3%). Null-Inflation = konstantes Preisniveau von Jahr zu Jahr. Deflation = Sinken des allgemeinen Preisniveaus (zB -3%). Disinflation = Sinken der Inflationsrate (zB von 3% auf 2%). Reale Zinsrate = nominale Zinsrate – Inflationsrate (Fisher-Gleichung) Aggregierte Nachfrage und Arbeitslosigkeit Angebotsseite = Arbeitsmarktmodell Mittelfristiges Modell: Löhne und Preise können sich ändern, aber der Kapitalstock, Arbeitskräfte, Technologie und Institutionen sind fix Nachfrageseite = “Multiplikatormodell” kurzfristiges Model: Löhne und Preise sind fix Die Produktionsfunktion verbindet Beschäftigung (N) mit Output (Y) Zum Multiplikatormodell: Die Konsumfunktion Bestandteile der Konsumfunktion: 1. Autonomer Konsum: ein fixer Betrag, den man auch ohne Einkommen ausgeben würde (entspricht dem Achsenabschnitt der Konsumfunktion); wird auch von Erwartungen geprägt 2. Einkommensabhängiger Konsum: marginale Konsumneigung (entspricht der Steigung der Konsumfunktion) Multiplikatormodell: Output im Gleichgewicht Aggregierte Nachfrage (AD), hier ohne Staat (G) und Außenwirtschaft (NX): AD= Konsumfunktion (C) + Investitionen (I) Gütermarktgleichgewicht: Output (Y) = AD Bemerkung: kurzfristiges Modell, Löhne und Preise sind fix Wir können die Modelle nutzen, um zu zeigen, wie der Konjunkturzyklus um die gleichgewichtige Arbeitslosigkeit schwankt. Ursachen von Inflation I: Arbeitsmarkt und Preissetzung Die Ausgangslage: Der Reallohn ist dann Die Lohnsetzung: 𝑤𝑤𝑛𝑛 𝑤𝑤𝑟𝑟 = Einmal im Jahr durch das „Human 𝑃𝑃 Resource Department“ der Unternehmen festgelegt (denken Sie Je mehr Leute Arbeit haben, desto an Tarifverhandlungen) mehr muss das HR Department zahlen um Arbeiter einzustellen Die Preissetzung Je höher die Löhne, desto niedriger Erfolgt nach der Lohnsetzung die Gewinne. Unternehmen werden versuchen Preise zu erhöhen. Ursachen von Inflation I: Arbeitsmarkt und Preissetzung Ursachen von Inflation I: Arbeitsmarkt und Preissetzung - Die Verhandlungslücke und Inflation Verhandlungslücke: Unterschied zwischen dem Reallohn, der nötig ist damit die Arbeiter arbeiten gehen (=nötige Anreizwirkung hat) und dem Reallohn, der für Unternehmen - gegeben das Wettbewerbslevel - gewinnmaximierend ist. Inflation = Verhandlungslücke (%) Phillipskurve = negativer Zusammenhang zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit Phillips’s Originalkurve: Inflation und Arbeitslosigkeit in Großbritannien (1861-1913) Ursachen von Inflation I: Arbeitsmarkt und Preissetzung - Aggregierte Nachfrage und Inflation Während eines Aufschwungs – höhere aggregierte Nachfrage, weniger Arbeitslosigkeit, positive Verhandlungslücke: Inflation Während einer Rezession– weniger aggregierte Nachfrage, negative Verhandlungslücke: Deflation Ursachen von Inflation: Der Arbeitsmarkt und Preissetzung Erinnerung: Löhne und Preise werden durch die Interaktion zwischen Unternehmen, Konsumenten und Arbeitnehmern bestimmt (VL 6, 8). Inflation kann also entstehen durch: 1. Anstieg der Verhandlungsmacht von Unternehmen über Konsumenten ( z.B. Protektionismus) oder Angebotsschock 2. Anstieg der Verhandlungsmacht von Arbeitnehmern über Unternehmen durch zB stärkere Gewerkschaften oder Anstieg der aggregierten Nachfrage (Boom) Ursachen von Inflation II: Kapazitätsbeschränkungen Ein Zusammenhang von Inflation und Arbeitslosigkeit besteht auch aufgrund von Kapazitätsbeschränkungen. Unternehmen reagieren auf steigende Kapazitätsauslastung mit einer Erhöhung ihrer Investitionen. Aber: Kurzfristig unterliegen Unternehmen Kapazitätsbeschränkungen (nicht in der Lage die Überschussnachfrage zu bedienen) also erhöhen sie die Preise. Es kommt zu einer Lohn-Preis-Spirale wenn andere Unternehmen auf gleiche Weise reagieren. Inflation, aggregierte Nachfrage, Arbeitslosigkeit und Politik Die Wahl der Inflationsrate Indifferenzenkurven zeigen den präferierten Tradeoff von Politikentscheidern zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit. (MRS) Die Phillipskurve bestimmt die erreichbaren Kombinationen von Inflation und Arbeitslosigkeit. (MRT) Optimale Inflationsrate da, wo MRS = MRT Die Phillipskurve im Zeitverlauf Evidenz dafür, dass die Phillipskurve nicht stabil ist: Die Phillipskurve verschiebt sich über die Zeit Sehr geringe Arbeitslosigkeit kann zu einer Lohn-Preisspirale nach oben führen: Erwartungen! Die Rolle von Erwartungen Erwartungen über zukünftige Preise können dazu führen, dass sich die Phillipskurve verschiebt. Inflation = Verhandlungslücke + erwartete Inflation Die Inflationsstabilisierende Arbeitslosenrate ist die Arbeitslosenrate, welche Inflation konstant hält. Rolle von Erwartungen in Verhandlungen I Jahr Erwartete Arbeitslosigkeit Verhandlungs- Inflation: Sind Lohn- und Inflation: lücke Erwartung plus Preissetzung Vorjahr Lücke inkonsistent? 1 3% 6% 0 3% Nein Stabile 2 3% 6% 0 3% Nein Inflation 3 3% 6% 0 3% Nein 1 3% 3% 2% 5% Ja Steigende 2 5% 3% 2% 7% Ja Inflation 3 7% 3% 2% 9% Ja Rolle von Erwartungen in Verhandlungen II Angebotsschocks Angebotsschock = unerwartete Veränderung auf der Angebotsseite in der Wirtschaft; z.B. Energiepreisschock Angebotsschocks beeinflussen die Gewinnkurve, welche die Inflation beeinflusst und über Erwartungen zu weiter steigender Inflation führen kann Was kann eine Erhöhung der Inflationserwartungen aufhalten? GDP growth (%) -5% 10% 15% -10% 0% 5% 1950 1952 axis) 1954 1956 1958 1960 GDP growth (%) 1962 1964 1966 1968 Log of real oil prices (right 1970 1972 1974 First oil shock 1976 1978 1980 shock 1982 Second oil 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 Third oil shock 2010 2012 2014 1 2 4 8 16 32 64 0.5 128 0.25 UK BIP Wachstum und (reale) Ölpreise Ratio scale: real oil prices (UK, 1950=1) Geldpolitik Geldpolitik Geldpolitik kann dazu genutzt werden, die Wirtschaft zu stabilisieren. ZB können in einer Rezession sinkende reale Zinsraten die aggregierte Nachfrage (durch Stimulation von Konsum, Investitionen und Nettoexporten) zurück zu ihrem Startpunkt verschieben. Transmissionsmechanismen / Kanäle Die Zentralbank kontrolliert den Leitzinssatz, welcher Einfluss hat Marktzins- sätze auf: Inländische Aggregierte Nachfrage Vermögens Aggregierte Inländischer preise Nachfrage Inflationsdruck 1. Marktzinssätze die Banken für Kredite verlangen Netto- exporte 2. den Wert von finanziellen Leitzins- Inflation Vermögenswerten (Anleihen, satz Aktien) Importpreise 3. Gewinnerwartungen und Vertrauen Erwartungen/ Vertrauen 4. den Wechselkurs (durch Investitionen und Konsum) Wechsel- kurs Transmission I: Marktzinsen Erinnerung an die Geld- und Bankenvorlesung (VL9): Die Zentralbank legt den Leitzins fest, zu dem sich Privatbanken (Basis-)Geld bei der Zentralbank leihen können. Die Höhe des Leitzinses beeinflusst dann den Marktzins, den die Banken privaten Haushalten anbieten Transmission II: Vermögenspreise Zinsen haben starke Effekte auf Vermögenspreise (zB Immobilien) Vermögenspreise wirken sich auf Konsumverhalten aus (wenn mein Vermögen steigt, kann ich mehr konsumieren) Transmission III: Erwartungen/Vertrauen Wenn eine Zentralbank konsistente Geldpolitik macht, kann dies die Erwartungen von Firmen und Individuen stabilisieren. Zum Beispiel: die Ankündigung mittelfristiger Niedrigzinspolitik kann dazu führen das Unternehmen mittelfristig erhöhte Nachfrage erwarten und deshalb mehr investieren. Gleichzeitig erhöhen die Konsumenten ihre Ausgaben. Wenn niemand Vertrauen in die Politik der Zentralbank hat, dann hat eine solche Ankündigung kaum Effekt. Transmission IV: Wechselkurskanal Wechselkurs = Anzahl der Einheiten der heimischen Währung, die für eine Einheit ausländische Währung getauscht werden können. Zinssätze beeinflussen die Nachfrage für die heimische Währung im Devisenmarkt und wirken somit auf den Wechselkurs (Aufwertung/Abwertung). Der Wechselkurs beeinflusst die relative Nachfrage für Inlandserzeugnisse und wirkt sich so auf Nettoexporte aus. Besonders wichtig für kleine offene Volkswirtschaften (weniger US) Der Wechselkurskanal – Schaubild am Beispiel Australiens Rückgang in Rückgang der Investitionsrückgang (I) Aggregierter prognostizierten Inflation Nachfrage (AD) Australiens Sinkende Nachfrage- Abwertung Exporte Anstieg Anstieg Zentralbank Nachfrage rückgang AUD werden NX=(X- der AD nach für AUD relativ M) senkt Zinsrate australischen billiger und Anleihen Importe teurer Beispiel: Geld- und Fiskalpolitik nach US Tech-Bubble 2000 2001 2002 2003 Real Gross Domestic Product (annual % change) 4.1 0.9 1.8 2.8 Change in nonresidential 1.15 -1.2 -0.66 0.69 investment Change in residential Contribution to -0.07 0.09 0.39 0.66 investment % change in GDP Change in government 0.10 0.88 0.74 0.36 expenditure Change in other contributions 2.92 1.13 1.33 1.09 Federal Reserve nominal interest rate (annual 6.24 3.89 1.67 1.13 average, %) Unemployment rate (%) 4 4.7 5.8 6 Inflation rate (%) 3.4 2.8 1.6 2.3 Inflationssteuerung = Erwartungsmanagement Inflationssteuerung = Geldpolitik- Regime, in dem die Zentralbank ihre Politikinstrumente dazu nutzt, die Wirtschaft nahe an einem Inflationsziel zu halten Die Sicherstellung der Unabhängigkeit der Zentralbank von der Politik gibt Inflationszielen Glaubwürdigkeit und verhindert eine Inflationsspirale durch Erwartungsbildung. Länder mit “inflation-targeting” Zentralbanken 2012 Inflation targeting Inflation rate at adoption 2010 end-of-year inflation Target inflation Country adoption date date (%) (%) rate (%) New Zealand 1990 3.30 4.03 1-3 Canada 1991 6.90 2.23 2 +/- 1 United Kingdom 1992 4.00 3.39 2 Australia 1993 2.00 2.65 2-3 Sweden 1993 1.80 2.10 2 Czech Republic 1997 6.80 2.00 3 +/- 1 Israel 1997 8.10 2.62 2 +/- 1 Poland 1998 10.60 3.10 2.5 +/- 1 Brazil 1999 3.30 5.91 4.5 +/- 1 Chile 1999 3.20 2.97 3 +/- 1 Colombia 1999 9.30 3.17 2-4 South Africa 2000 2.60 3.50 3-6 Thailand 2000 0.80 3.05 0.5 - 3 Hungary 2001 10.80 4.20 3 +/- 1 Mexico 2001 9.00 4.40 3 +/- 1 Iceland 2001 4.10 2.37 2.5 +/- 1.5 Korea, Republic of 2001 2.90 3.51 3 +/- 1 Norway 2001 3.60 2.76 2.5 +/- 1 Peru 2002 –0.10 2.08 2 +/- 1 Philippines 2002 4.50 3.00 4 +/- 1 Guatemala 2005 9.20 5.39 5 +/- 1 Indonesia 2005 7.40 6.96 5 +/- 1 Romania 2005 9.30 8.00 3 +/- 1 Serbia 2006 10.80 10.29 4-8 Turkey 2006 7.70 6.40 5.5 +/- 2 Armenia 2006 5.20 9.35 4.5 +/- 1.5 Ghana 2007 10.50 8.58 8.5 +/- 2 Albania 2009 3.70 3.40 3 +/- 1 Inflation und Unabhängigkeit der Zentralbank: OECD Länder Geldpolitik: Beschränkungen 1) Zero lower bound: der geringste nominale Zinssatz, der von der Zentralbank gesetzt werden kann, ist Null (sonst ist Bargeldhaltung strikt besser) Alternative Geldpolitik: Quantitative Easing (QE): die Zentralbank kauft Finanzanlagen, mit dem Ziel die Zinsraten zu senken, wenn konventionelle Geldpolitik ineffektiv ist weil der Leitzinssatz sich am Zero lower bound befindet. 2) Länder, die in einer Währungsunion sind, betreiben keine nationale Geldpolitik z.B. die Mitglieder der Eurozone (Vor- und Nachteile, was ist eine „Optimum Currency Area“?) Zwischenfazit - Geldpolitik 1. Inflation wird durch Verhandlungslücken, Erwartungen und Kapazitätsbeschränkungen verursacht: Die Phillipskurve: kurzfr. Trade-off zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit Modell von Inflation, Arbeitslosigkeit und aggregierter Nachfrage (AD) Erwartungen haben grossen Einfluss auf Inflation 2. Zentralbank kann AD über Zins beeinflussen. Sie kann so Deflation verhindern und Inflation eindämmen. Unabhängigkeit von Zentralbanken wichtig für erfolgreiche Geldpolitik: Erwartungen Hyperinflation Ein Beispiel aus der deutschen Geschichte Hyperinflation Definition: Hyperinflationen = extreme Inflation Gibt es bis heute, vor allem in Ländern, in denen die Zentralbanken nicht unabhängig sind / Institutionen schwach sind Deutsches Beispiel interessant, weil Hochentwickelte Volkswirtschaft Quelle: Telegraph.co.uk Im „kulturellen“ Gedächtnis: Inflationsangst Geldwert in der deutschen Hyperinflation... Deutschlands Hyperinflation 1. Historischer Kontext 2. Beschreibung der Hyperinflation 3. Erklärungsansätze 4. Folgen Erster Weltkrieg als Zeitenwende „Industrialisierung” des Krieges mit nie gesehen Zerstörungen und Verlusten Nachholende Demokratisierung (Wahlrechtsreformen, Revolutionen, Staatsgründungen) Neue Formen staatlicher Intervention, u.a. Rohstoff- und Nahrungsversorgung Rüstung und Staatsfinanzen Ende des europäischen Zeitalters der Weltgeschichte (politisch, militärisch, wirtschaftlich, kulturell): ca 1500-1914 Folgen des Ersten Weltkriegs BIP Bevölkerung BIP/ Kopf Die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen Europa Europa Euro USA Jap pa an („Zwischenkriegszeit“) war 1890-1913 2,2 0,7 1,4 2,0 1,4 besonders in Europa eine Phase 1913-1950 1,4 0,5 0,9 1,4 0,9 der wirtschaftlichen Stagnation 1950-1973 4,8 0,8 4,0 2,9 8,0 1973-1994 2,1 0,4 1,7 1,4 2,8 Die Tabelle zeigt durchschnittliche jährliche Wachs- tumsraten; Quelle: Feinstein et al (1997), S. 7, 9 Folgen des Ersten Weltkriegs Frank- Deutsch- GB USA Japan Während 1890-1913 der Außenhandel reich land schneller wuchs als die (schnell zunehmenden) Nationaleinkommen, nahm 1890- 2,8 5,3 2,6 3,9 8,9 zwischen 1913 und 1938 der Außenhandel 1913 trotz wachsender Einkommen ab 1913- -0,4 -2,2 -2,3 0,8 7,1 1950 Länder, die vom Kriegsgeschehen weniger berührt waren, bauten ihre Anteile am Welthandel aus, insbesondere Japan in Die Tabelle zeigt durchschnittliche jährliche asiatischen Märkten, die bisher britisch oder Wachstumsraten im Außenhandel; französisch dominiert waren Quelle: Feinstein et a. (1997), S. 10 Dieser Einbruch im Europäischen Handel verlief in zwei Wellen: unmittelbar während und nach dem Krieg und im Verlauf der Weltwirtschaftskrise (dazu später mehr) Folgen des Ersten Weltkriegs 1921- 1930- 1950- 1960- 1974- 1982- 1990- 29 38 59 73 81 89 93 Die Zwischenkriegszeit war auch 8,3 15,8 4,2 2,5 5,2 8,8 9,2 von einer bis dahin unbekannten Arbeitslosigkeit gekennzeichnet Die Tabelle zeigt die durchschnittlichen (auch wenn Vergleiche auf Arbeitslosenquoten in F, D, GB (unter Grund der Datenlage grober Berücksichtigung von Definitionsunterschieden), ab 1950 in F, D, problematisch sind) GB und Italien Nach Eichengreen/ Hatton (1988), S. 9 Folgen des Ersten Weltkriegs Durchschnittliche jährliche Zugleich nahm die Wachstumsrate im Output Arbeitsproduktivität deutlich zu, pro Arbeitsstunde (für 12 schneller sogar als in der Zeit 1890- europäische Staaten) 1913. 1890-1913 1,7 1913-29 2,2 Es kam zu zahlreichen Innovation, 1929-50 1,5 bzw. zur Verbreitung und 1950-73 4,6 Umsetzung von Innovationen, z.B.: 1973-92 2,1 im Bereich der Arbeitsorganisation in der Automobilindustrie Quelle: Feinstein et al. (1997), S.12 [„Taylorismus“, „Fordismus“]) in D etwa unterstützt durch Selbstorganisationen der Wirtschaft (RKW) Folgen des Ersten Weltkriegs Die Zwischenkriegszeit war also durch „pathologische Entwicklungen“ gekennzeichnet (Desintegration, Arbeitslosigkeit, Stagnation), aber  es gab zugleich gewaltiges Wachstumspotential  Die Probleme lagen bei Politik und politischen Rahmenbedingen Strukturprobleme der Zwischenkriegszeit 1) Große „exogene Schocks“ Millionen Menschen starben durch Krieg und seine direkten Folgen (in R 1,7 Mio., in F 1,4 Mio., in D 1,8 Mio., in Ö-U 1,2 Mio. in GB 1 Mio.). Der Krieg führte zu massiver Reallokation von Ressourcen (weg von der Produktion von Konsum- und Investitionsgütern hin zu Kriegsmaterial dessen Zweck die eigene Zerstörung ist, also notwendig unproduktiv), nach dem Krieg musste diese Reallokation rückgängig gemacht werden. Strukturprobleme der Zwischenkriegszeit 2) Rigiditäten erschweren Anpassung an Schocks neue politische Rolle der Arbeiterschaft (Gewerkschaften, Parteien) erschwerte Lohnanpassungen nach unten Kartelle, staatlich gestützte Monopole, und riesige Konzerne die zum Teil im Krieg entstanden waren behinderten Preiswettbewerb [ Stackelberg entwickelt in dieser Zeit seine Theorien] In Folge des Krieges und der „Pariser Vorortverträge“ [Versailles, St. Germain-en-Laye, Trianon, Sèvres, Neuilly] entstanden zahlreiche neue Barrieren für Handel, Kapital, Arbeit und Kommunikation: etwa 11000 km neue Zollgrenzen, neue Währungen, neue Gesetze und nationale Verwaltungen etc. Strukturprobleme der Zwischenkriegszeit 3) Gestiegene Staatsverschuldung/-ausgaben Die Staatsausgaben explodierten in allen kriegsführenden Staaten seit 1914: Verteidigungsausgaben (als % von BIP) in D von 14% (1914) über 41% (1915) bis 53% (1917), in GB von 9% (1914) auf 38% (1917) Die Finanzierung fand meist über Kreditaufnahme (Kriegsanleihen), zum Teil über die Notenpresse, selten über Steuererhöhungen statt (letzteres am ehesten in GB, am wenigsten im Deutschen Reich)  Geldmenge stieg schon während des Krieges überall. Zu einem wesentlichen Teil waren die Gläubiger nach 1918 im Ausland (Kriegskredite von GB an F, von USA an GB und F; dazu kam das Reparationsproblem, mehr in VL 11 zur Weltwirtschaftskrise) Schließlich musste der Staat ganz neue Ausgaben finanzieren: Beseitigung direkter Kriegsfolgen, Arbeiterschaft fordert erhöhte Sozialleistungen des Staates ein Strukturprobleme der Zwischenkriegszeit 4) Das Währungs- und Kreditsystem Nach Kriegsausbruch 1914 setzten fast alle europäischen Staaten die Konvertierbarkeit der Währungen in Gold aus  Goldstandard wurde „unterbrochen“ [Krieg als „contingency“] Durch Ausweitung der Geldmenge (bei Vernichtung realwirtschaftlicher Werte) konnten nach 1918 die Währungen selten zum Vorkriegskurs in Gold konvertiert werden  Abwertungswelle Zwischen verbündeten Staaten entstanden im Krieg Zahlungssysteme und Kreditverflechtungen deren Verbindlichkeiten nach 1918 eingefordert wurden; dazu kamen enorme Reparationsforderungen (zum Teil mit dem Ziel die eigenen Auslandsschulden zu begleichen) Der Goldstandard (GS) war weniger als vor 1914 zum internationalen Währungssystem geeignet, weil er kaum Spielraum für nationale Geldpolitik ließ, aber binnenwirtschaftliche Ziele immer wichtiger wurden; dennoch wurde versucht, den GS wiederherzustellen; diese Bemühungen waren aber kaum zwischen den Staaten koordiniert (UK führt GS zur alten Parität wieder ein, Frankreich nur zu 20% der Vorkriegsparität) Die Hyperinflation Eine kurze Beschreibung Hyperinflation Kurz nach dem Krieg kam es zu einem kurzen Wirtschaftsboom mit starkem Preisanstieg Ab 1920 schwenkte die Weltwirtschaft in eine Rezession, der einige wenige Staaten entkamen, u.a. Deutschland Während der Rezession sanken die Preise im allgemeinen, in Deutschland und Österreich (und Ungarn, Polen und Russland) dagegen entwickelte sich aus der Inflation eine Hyperinflation Hyperinflation Ungeheure Inflationsraten: Sept 1923 11 Mio. Prozent, Dez 1923: 180 Mrd Prozent (Stat.Reichsamt, WiSta Sonderheft 1925) Preise (Stat.Reichsamt, WiSta Sonderheft 1925) Roggenbrot (kg, Berlin): Jan 1922 3,90 Mark, Sept 1923 1,5 Mio Mark Strassenbahnfahrt (Einzelfahrt, Berlin): Jan 1922 1,5 Mark, 18. Sept 1923 2 Mio Mark, ab 1. Nov 1923 2 Mrd Mark Briefporto (20g): Jan 1922 2 Mark, Anfang Sept 1923: 75000 Mark, 1. Nov 1923 100 Mio Mark, 5. Nov 1923 1 Mrd Mark! Zwischen Juli und Okt 1923 emittiert die Reichsbank 28 neue Arten von Geldscheinen, bis zu 133 Fremdfirmen mit über 1700 Druckmaschinen drucken Tag & Nacht neue Geldscheine Hyperinflation 1918 1920 1922 1924 1926 Die unmittelbare Nachkriegszeit Österreich 1163 5115 263938 86 103 war von Inflationstendenzen Deutsch- 304 990 14602 128 141 geprägt, die sich allerdings nur in land einigen Fällen zu Hyperinflation Italien 289 467 467 481 618 entwickelten Frank- 213 371 315 395 560 reich GB 200 248 181 176 171 Die Tabelle zeigt die Entwicklung Quelle: Feinstein et al (1997), S. 39 von Konsumentenpreisindizes (1914 = 100) Ursachen der Hyperinflation Ursachen der Hyperinflation: 3 Ansätze Zeitgenössische Debatte zu den Ursachen der Hyperinflation: 1. Zahlungsbilanztheorie vs. 2. Quantitätstheorie 3. “Moderne“ Diskussion ergänzt die Quantitätstheorie (2) um die Rolle von Erwartungen: einfaches Beispiel Cagan-Modell (Cagan 1956) Zahlungsbilanztheorie Ein schon während des Krieges bestehendes Leistungsbilanzdefizit (wachsender Bedarf an Importen, wegbrechende Exportmärkte) wurde durch die neuen Grenzziehungen usw. verschärft Dazu kamen Reparationsleistungen (Warenlieferungen ins Ausland ohne gegenläufige Geldleistungen) Nachfrage nach Fremdwährung steigt relativ zu Nachfrage nach heimischer Währung (Mark)  Steigender Wechselkurs (Reichsmark immer weniger wert gg. Dollar), also Abwertung der Mark mit Folgen für Inflation und Geldpolitik: 1. Steigende Preise für Importgüter führen zu allgemeiner Inflation 2. Steigende Produktionskosten führen zu einer Krise mit sinkenden Steuereinnahmen: Haushaltsdefizit steigt und damit der Anreiz der Regierung die Notenpresse zu betätigen  Hyperinflation, verursacht von äußeren Faktoren Quantitätstheorie Dagegen argumentierten die Quantitätstheoretiker, dass die Ursache nicht im Ausland, sondern überwiegend im Deutschen Reich selbst lag Das Haushaltsdefizit des Staates nach dem Krieg – eine schwache Finanzbasis des Reichs, von Reparationsforderungen und Konflikten darum verschärft - schuf Anreize, die Geldmenge zu erhöhen Erinnerung: 𝑀𝑀∗𝑉𝑉≡𝑃𝑃∗𝑌𝑌 Inflation wurde durch Faktoren im Inland verursacht Quantitätstheorie und Erwartungen Cagan (1956): Hyperinflationen nicht nur auf Veränderung der Geldmenge zurückzuführen sind 𝑀𝑀∗𝑉𝑉=𝑃𝑃∗𝑌𝑌 [Quantitätsgleichung] in Logarithmen: 𝑚𝑚+𝑣𝑣=𝑝𝑝+𝑦𝑦 Annahme: 𝑣𝑣(𝑖𝑖)=𝛼𝛼𝑖𝑖 und 𝑖𝑖𝑡𝑡=𝑟𝑟𝑡𝑡+𝜋𝜋𝑒𝑒𝑡𝑡 (Fisher-Gleichung); 𝛼𝛼>0 (𝛼𝛼 ist eine Konstante – sie gibt an wie stark der Effekt der Zinsen auf die Umlaufgeschwindigkeit ist) Einsetzen ergibt: 𝑚𝑚𝑡𝑡−𝑝𝑝𝑡𝑡 = 𝑦𝑦𝑡𝑡− 𝛼𝛼𝑟𝑟𝑡𝑡− 𝛼𝛼𝜋𝜋𝑒𝑒𝑡𝑡 Annahme: reale Variablen sind kurzfristig konstant: 𝑦𝑦𝑡𝑡=𝑦𝑦, 𝑟𝑟𝑡𝑡=𝑟𝑟, in Logarithmen: 𝑦𝑦 = 𝑟𝑟 = 0 Dann gilt: 𝑚𝑚𝑡𝑡−𝑝𝑝𝑡𝑡= −𝛼𝛼 𝜋𝜋𝑒𝑒𝑡𝑡 Quantitätstheorie und Erwartungen 𝑚𝑚𝑡𝑡−𝑝𝑝𝑡𝑡= −𝛼𝛼 𝜋𝜋𝑒𝑒𝑡𝑡 Annahme zu Erwartungen: kurzfristig adaptive Erwartungen – erwartete Inflation ist gewichteter Mittelwert der aktuellen Inflation (𝑝𝑝𝑡𝑡−𝑝𝑝𝑡𝑡−1) und den Inflationserwartungen der letzten Periode (𝜋𝜋𝑒𝑒𝑡𝑡 −1). 𝜋𝜋𝑒𝑒𝑡𝑡 = 𝜆𝜆 𝜋𝜋𝑒𝑒𝑡𝑡 −1+(1−λ)(𝑝𝑝𝑡𝑡−𝑝𝑝𝑡𝑡−1), mit 0 < 𝜆𝜆 < 1 [𝜆𝜆 gewichtet die beiden Perioden] Einsetzen, Umstellen und Lösen nach 𝑝𝑝𝑡𝑡 ergibt 𝜆𝜆−𝛼𝛼(1−𝜆𝜆) 1 𝜆𝜆 𝑝𝑝𝑡𝑡 = 𝑝𝑝 + 𝑚𝑚 − 𝑚𝑚 1−𝛼𝛼(1−𝜆𝜆) 𝑡𝑡−1 1−𝛼𝛼(1−𝜆𝜆) 𝑡𝑡 1−𝛼𝛼(1−𝜆𝜆) 𝑡𝑡−1 𝑝𝑝𝑡𝑡 = 𝛽𝛽1 𝑝𝑝𝑡𝑡−1 + 𝛽𝛽2 𝑚𝑚𝑡𝑡 + 𝛽𝛽3 𝑚𝑚𝑡𝑡−1  Wenn 𝛽𝛽1 < 1, dann ist das System stabil: wenn Regierung aufhört Geld zu drucken, sinkt Inflation; wenn 𝛽𝛽1 ≥ 1 dann kann die Inflation sich über Erwartungen selbst verstärken, sogar wenn sich die Geldmenge stabilisiert Holtfrerich (1986) Ursachen der Hyperinflation Im wesentlichen war wohl ein Anstieg von M und V verantwortlich, ergänzt um negative Schocks bei Y (Holtfrerich 1986) möglicherweise wirkten Erwartungen verstärkend, Cagan (1956) schätzt für D (1922-23): 𝛽𝛽1≫1 [Kritik an Cagan: wie schätzt man 𝛽𝛽1 richtig? Sind Inflationserwartungen adaptiv oder rational?] Ursachen der Hyperinflation Aber warum kam es ausgerechnet in Deutschland dazu? 1. Das Deutsche Reich hatte eine problematische Finanzstruktur (als Erbe des Kaiserreichs): das Reich verfügte über wenige Steuereinnahmen, im Verhältnis zu starken Ländern; aber es konnte die Notenpresse betätigen 2. Aus dem selben Grund wurde auch schon ein Großteil des Krieges über Anleihen und Inflation, nicht aber über Steuern finanziert  die Weimarer Republik erbte dieses Problem aus der Kaiserzeit Ursachen der Hyperinflation 3. Reparationsforderungen und Konflikte darum Weimarer Koalition (SPD, Zentrum, DDP) setzt 1919/ 1920 weitreichende Finanzreform um (Erzberger), auch um die zu erwartenden Reparationszahlungen bewältigen zu können Veröffentlichung der Forderungen der Reparations Comission im Mai 1921: 132 Mrd. Reichsmark (A, B-Bonds über 50 Mrd. RM und Rest als C-Bonds; letztere abhängig von der deutschen Zahlungsfähigkeit); wirkt als Schock Destabilisiert fragile Republik: WK hatte schon am 6. Juni 1920 die Mehrheit verloren, rechte Propaganda gg. „Erfüllungspolitik“, va. gg. Erzberger (Zentrum): Mord am 26. August 1921, Mord an Aussenminister Rathenau (DDP) am 24. Juni 1922 Ursachen der Hyperinflation Januar 1923: Ruhrkampf, Generalstreik, wachsendes Defizit, Notenpresse Währungsreform und Neuverhandlung der Reparationen Ende 1923 (Dawes-Plan) führen zu sehr plötzlicher Stabilisierung der Preise Ohne Reparationen hätte Deutschland 1922/23 kein Haushaltsdefizit aufgewiesen; Reparationsfrage lähmte die Politik: Reparationen und fragile Republik als eigentliche Ursache der Hyperinflation (Eichengreen 1992) Erwartungen spielten eine wichtige Rolle Folgen der Hyperinflation Folgen der Hyperinflation: die 20er Währungsreform Ende 1923, mit Dawes Plan zur Ableistung der Reparationen 1924 markieren Beginn der „goldenen Zwanziger“ Erfahrung von Inflation und Hyperinflation prägt die Reaktion auf die Weltwirtschaftskrise 1929: Festhalten an der Golddeckung der Währungen (fast) überall in Europa und den USA um (fast) jeden Preis vertiefen und verlängern die Krise Folgen der Hyperinflation: Aufstieg der NSDAP? Umverteilung von Einkommen  Gläubiger verlieren, Schuldner gewinnen Alte These: die Hyperinflation hat am stärksten den deutschen Mittelstand getroffen; dies förderte den Aufstieg der NSDAP Evidenz dazu ist schwach Die zwei niedrigsten Vermögensklassen verdoppelten ihren Anteil am Gesamtvermögen zwischen 1913 und Dez. 1923 Die mittleren Klassen steigerten ihren Anteil ebenfalls Die oberen Vermögensklassen (über 0,5 Mio. RM 1913) verloren dramatisch  die Verlierer der Hyperinflation waren nicht Arbeiter oder Unternehmer, sondern vor allem Besitzer von Großvermögen, die Gläubigerpositionen innehatten (Holtfrerich 1986, S. 275 ff.) Folgen der Hyperinflation: Das Kulturelle Gedächtnis Deutsche Geldpolitik(er) extrem konservativ bis heute verglichen mit europäischen Partnerländern (zusätzlich durch Erfahrung nach 1945 geprägt) Öffentliche Diskussion: deutsche Kritik am Niedrigzinskurs der EZB nach 2009 – aber Eurozone in Krisenjahren immer am Rande der Deflation Neue Situation seit 2020: steigende Staatsschulden, instabile Wirtschaft und wachsender Inflationsdruck, russischer Angriff im Feb 2022 lässt v.a. Energiepreise massive steigen  erst zögerliche (Juli 22), dann starke Zinsreaktion (Sept, Nov, Dez 22) Zusammenfassung: Geldpolitik, Inflation & Hyperinflation Inflation verändert das Kalkül von wirtschaftlichen Akteuren Erwartungen sind wichtig Sicherheit über erwartete Inflation extrem wichtig für das funktionieren der Volkswirtschaft Hyperinflation in Deutschland gutes Beispiel für die wichtige Rolle von Erwartungen Moderate Inflation erstrebenswert, weil Deflation auch gefährlich ist (VL11) U.a. nächste Woche: Deflation und deren Folgen in der Weltwirtschaftskrise

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