Hyperinflation: Ursachen und Folgen (VL 10 WS2425)
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Humboldt-Universität zu Berlin
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This document provides an overview of hyperinflation, covering its definition, historical context, causes, and consequences. It discusses the economic conditions of the interwar period as well as the role of expectations in shaping inflation.
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Hyperinflation Definition: Hyperinflationen = extreme Inflation Gibt es bis heute, vor allem in Ländern, in denen die Zentralbanken nicht unabhängig sind / Institutionen schwach sind Deutsches Beispiel interessant, weil Hochentwickelte Volkswirtschaft Quelle: Telegraph.co.uk...
Hyperinflation Definition: Hyperinflationen = extreme Inflation Gibt es bis heute, vor allem in Ländern, in denen die Zentralbanken nicht unabhängig sind / Institutionen schwach sind Deutsches Beispiel interessant, weil Hochentwickelte Volkswirtschaft Quelle: Telegraph.co.uk Im „kulturellen“ Gedächtnis: Inflationsangst Geldwert in der deutschen Hyperinflation... Deutschlands Hyperinflation 1. Historischer Kontext 2. Beschreibung der Hyperinflation 3. Erklärungsansätze 4. Folgen Erster Weltkrieg als Zeitenwende „Industrialisierung” des Krieges mit nie gesehen Zerstörungen und Verlusten Nachholende Demokratisierung (Wahlrechtsreformen, Revolutionen, Staatsgründungen) Neue Formen staatlicher Intervention, u.a. Rohstoff- und Nahrungsversorgung Rüstung und Staatsfinanzen Ende des europäischen Zeitalters der Weltgeschichte (politisch, militärisch, wirtschaftlich, kulturell): ca 1500-1914 Folgen des Ersten Weltkriegs BIP Bevölkerung BIP/ Kopf Die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen Europa Europa Euro USA Jap pa an („Zwischenkriegszeit“) war 1890-1913 2,2 0,7 1,4 2,0 1,4 besonders in Europa eine Phase 1913-1950 1,4 0,5 0,9 1,4 0,9 der wirtschaftlichen Stagnation 1950-1973 4,8 0,8 4,0 2,9 8,0 1973-1994 2,1 0,4 1,7 1,4 2,8 Die Tabelle zeigt durchschnittliche jährliche Wachs- tumsraten; Quelle: Feinstein et al (1997), S. 7, 9 Folgen des Ersten Weltkriegs Frank- Deutsch- GB USA Japan Während 1890-1913 der Außenhandel reich land schneller wuchs als die (schnell zunehmenden) Nationaleinkommen, nahm 1890- 2,8 5,3 2,6 3,9 8,9 zwischen 1913 und 1938 der Außenhandel 1913 trotz wachsender Einkommen ab 1913- -0,4 -2,2 -2,3 0,8 7,1 1950 Länder, die vom Kriegsgeschehen weniger berührt waren, bauten ihre Anteile am Welthandel aus, insbesondere Japan in Die Tabelle zeigt durchschnittliche jährliche asiatischen Märkten, die bisher britisch oder Wachstumsraten im Außenhandel; französisch dominiert waren Quelle: Feinstein et a. (1997), S. 10 Dieser Einbruch im Europäischen Handel verlief in zwei Wellen: unmittelbar während und nach dem Krieg und im Verlauf der Weltwirtschaftskrise (dazu später mehr) Folgen des Ersten Weltkriegs 1921- 1930- 1950- 1960- 1974- 1982- 1990- 29 38 59 73 81 89 93 Die Zwischenkriegszeit war auch 8,3 15,8 4,2 2,5 5,2 8,8 9,2 von einer bis dahin unbekannten Arbeitslosigkeit gekennzeichnet Die Tabelle zeigt die durchschnittlichen (auch wenn Vergleiche auf Arbeitslosenquoten in F, D, GB (unter Grund der Datenlage grober Berücksichtigung von Definitionsunterschieden), ab 1950 in F, D, problematisch sind) GB und Italien Nach Eichengreen/ Hatton (1988), S. 9 Folgen des Ersten Weltkriegs Durchschnittliche jährliche Zugleich nahm die Wachstumsrate im Output Arbeitsproduktivität deutlich zu, pro Arbeitsstunde (für 12 schneller sogar als in der Zeit 1890- europäische Staaten) 1913. 1890-1913 1,7 1913-29 2,2 Es kam zu zahlreichen Innovation, 1929-50 1,5 bzw. zur Verbreitung und 1950-73 4,6 Umsetzung von Innovationen, z.B.: 1973-92 2,1 im Bereich der Arbeitsorganisation in der Automobilindustrie Quelle: Feinstein et al. (1997), S.12 [„Taylorismus“, „Fordismus“]) in D etwa unterstützt durch Selbstorganisationen der Wirtschaft (RKW) Folgen des Ersten Weltkriegs Die Zwischenkriegszeit war also durch „pathologische Entwicklungen“ gekennzeichnet (Desintegration, Arbeitslosigkeit, Stagnation), aber es gab zugleich gewaltiges Wachstumspotential Die Probleme lagen bei Politik und politischen Rahmenbedingen Strukturprobleme der Zwischenkriegszeit 1) Große „exogene Schocks“ Millionen Menschen starben durch Krieg und seine direkten Folgen (in R 1,7 Mio., in F 1,4 Mio., in D 1,8 Mio., in Ö-U 1,2 Mio. in GB 1 Mio.). Der Krieg führte zu massiver Reallokation von Ressourcen (weg von der Produktion von Konsum- und Investitionsgütern hin zu Kriegsmaterial dessen Zweck die eigene Zerstörung ist, also notwendig unproduktiv), nach dem Krieg musste diese Reallokation rückgängig gemacht werden. Strukturprobleme der Zwischenkriegszeit 2) Rigiditäten erschweren Anpassung an Schocks neue politische Rolle der Arbeiterschaft (Gewerkschaften, Parteien) erschwerte Lohnanpassungen nach unten Kartelle, staatlich gestützte Monopole, und riesige Konzerne die zum Teil im Krieg entstanden waren behinderten Preiswettbewerb [ Stackelberg entwickelt in dieser Zeit seine Theorien] In Folge des Krieges und der „Pariser Vorortverträge“ [Versailles, St. Germain-en-Laye, Trianon, Sèvres, Neuilly] entstanden zahlreiche neue Barrieren für Handel, Kapital, Arbeit und Kommunikation: etwa 11000 km neue Zollgrenzen, neue Währungen, neue Gesetze und nationale Verwaltungen etc. Strukturprobleme der Zwischenkriegszeit 3) Gestiegene Staatsverschuldung/-ausgaben Die Staatsausgaben explodierten in allen kriegsführenden Staaten seit 1914: Verteidigungsausgaben (als % von BIP) in D von 14% (1914) über 41% (1915) bis 53% (1917), in GB von 9% (1914) auf 38% (1917) Die Finanzierung fand meist über Kreditaufnahme (Kriegsanleihen), zum Teil über die Notenpresse, selten über Steuererhöhungen statt (letzteres am ehesten in GB, am wenigsten im Deutschen Reich) Geldmenge stieg schon während des Krieges überall. Zu einem wesentlichen Teil waren die Gläubiger nach 1918 im Ausland (Kriegskredite von GB an F, von USA an GB und F; dazu kam das Reparationsproblem, mehr in VL 11 zur Weltwirtschaftskrise) Schließlich musste der Staat ganz neue Ausgaben finanzieren: Beseitigung direkter Kriegsfolgen, Arbeiterschaft fordert erhöhte Sozialleistungen des Staates ein Strukturprobleme der Zwischenkriegszeit 4) Das Währungs- und Kreditsystem Nach Kriegsausbruch 1914 setzten fast alle europäischen Staaten die Konvertierbarkeit der Währungen in Gold aus Goldstandard wurde „unterbrochen“ [Krieg als „contingency“] Durch Ausweitung der Geldmenge (bei Vernichtung realwirtschaftlicher Werte) konnten nach 1918 die Währungen selten zum Vorkriegskurs in Gold konvertiert werden Abwertungswelle Zwischen verbündeten Staaten entstanden im Krieg Zahlungssysteme und Kreditverflechtungen deren Verbindlichkeiten nach 1918 eingefordert wurden; dazu kamen enorme Reparationsforderungen (zum Teil mit dem Ziel die eigenen Auslandsschulden zu begleichen) Der Goldstandard (GS) war weniger als vor 1914 zum internationalen Währungssystem geeignet, weil er kaum Spielraum für nationale Geldpolitik ließ, aber binnenwirtschaftliche Ziele immer wichtiger wurden; dennoch wurde versucht, den GS wiederherzustellen; diese Bemühungen waren aber kaum zwischen den Staaten koordiniert (UK führt GS zur alten Parität wieder ein, Frankreich nur zu 20% der Vorkriegsparität) Hyperinflation Kurz nach dem Krieg kam es zu einem kurzen Wirtschaftsboom mit starkem Preisanstieg Ab 1920 schwenkte die Weltwirtschaft in eine Rezession, der einige wenige Staaten entkamen, u.a. Deutschland Während der Rezession sanken die Preise im allgemeinen, in Deutschland und Österreich (und Ungarn, Polen und Russland) dagegen entwickelte sich aus der Inflation eine Hyperinflation Hyperinflation Ungeheure Inflationsraten: Sept 1923 11 Mio. Prozent, Dez 1923: 180 Mrd Prozent (Stat.Reichsamt, WiSta Sonderheft 1925) Preise (Stat.Reichsamt, WiSta Sonderheft 1925) Roggenbrot (kg, Berlin): Jan 1922 3,90 Mark, Sept 1923 1,5 Mio Mark Strassenbahnfahrt (Einzelfahrt, Berlin): Jan 1922 1,5 Mark, 18. Sept 1923 2 Mio Mark, ab 1. Nov 1923 2 Mrd Mark Briefporto (20g): Jan 1922 2 Mark, Anfang Sept 1923: 75000 Mark, 1. Nov 1923 100 Mio Mark, 5. Nov 1923 1 Mrd Mark! Zwischen Juli und Okt 1923 emittiert die Reichsbank 28 neue Arten von Geldscheinen, bis zu 133 Fremdfirmen mit über 1700 Druckmaschinen drucken Tag & Nacht neue Geldscheine Hyperinflation 1918 1920 1922 1924 1926 Die unmittelbare Nachkriegszeit Österreich 1163 5115 263938 86 103 war von Inflationstendenzen Deutsch- 304 990 14602 128 141 geprägt, die sich allerdings nur in land einigen Fällen zu Hyperinflation Italien 289 467 467 481 618 entwickelten Frank- 213 371 315 395 560 reich GB 200 248 181 176 171 Die Tabelle zeigt die Entwicklung Quelle: Feinstein et al (1997), S. 39 von Konsumentenpreisindizes (1914 = 100) Ursachen der Hyperinflation: 3 Ansätze Zeitgenössische Debatte zu den Ursachen der Hyperinflation: 1. Zahlungsbilanztheorie vs. 2. Quantitätstheorie 3. “Moderne“ Diskussion ergänzt die Quantitätstheorie (2) um die Rolle von Erwartungen: einfaches Beispiel Cagan-Modell (Cagan 1956) Zahlungsbilanztheorie Ein schon während des Krieges bestehendes Leistungsbilanzdefizit (wachsender Bedarf an Importen, wegbrechende Exportmärkte) wurde durch die neuen Grenzziehungen usw. verschärft Dazu kamen Reparationsleistungen (Warenlieferungen ins Ausland ohne gegenläufige Geldleistungen) Nachfrage nach Fremdwährung steigt relativ zu Nachfrage nach heimischer Währung (Mark) Steigender Wechselkurs (Reichsmark immer weniger wert gg. Dollar), also Abwertung der Mark mit Folgen für Inflation und Geldpolitik: 1. Steigende Preise für Importgüter führen zu allgemeiner Inflation 2. Steigende Produktionskosten führen zu einer Krise mit sinkenden Steuereinnahmen: Haushaltsdefizit steigt und damit der Anreiz der Regierung die Notenpresse zu betätigen Hyperinflation, verursacht von äußeren Faktoren Quantitätstheorie Dagegen argumentierten die Quantitätstheoretiker, dass die Ursache nicht im Ausland, sondern überwiegend im Deutschen Reich selbst lag Das Haushaltsdefizit des Staates nach dem Krieg – eine schwache Finanzbasis des Reichs, von Reparationsforderungen und Konflikten darum verschärft - schuf Anreize, die Geldmenge zu erhöhen Erinnerung: 𝑀𝑀∗𝑉𝑉≡𝑃𝑃∗𝑌𝑌 Inflation wurde durch Faktoren im Inland verursacht Quantitätstheorie und Erwartungen Cagan (1956): Hyperinflationen nicht nur auf Veränderung der Geldmenge zurückzuführen sind 𝑀𝑀∗𝑉𝑉=𝑃𝑃∗𝑌𝑌 [Quantitätsgleichung] in Logarithmen: 𝑚𝑚+𝑣𝑣=𝑝𝑝+𝑦𝑦 Annahme: 𝑣𝑣(𝑖𝑖)=𝛼𝛼𝑖𝑖 und 𝑖𝑖𝑡𝑡=𝑟𝑟𝑡𝑡+𝜋𝜋𝑒𝑒𝑡𝑡 (Fisher-Gleichung); 𝛼𝛼>0 (𝛼𝛼 ist eine Konstante – sie gibt an wie stark der Effekt der Zinsen auf die Umlaufgeschwindigkeit ist) Einsetzen ergibt: 𝑚𝑚𝑡𝑡−𝑝𝑝𝑡𝑡 = 𝑦𝑦𝑡𝑡− 𝛼𝛼𝑟𝑟𝑡𝑡− 𝛼𝛼𝜋𝜋𝑒𝑒𝑡𝑡 Annahme: reale Variablen sind kurzfristig konstant: 𝑦𝑦𝑡𝑡=𝑦𝑦, 𝑟𝑟𝑡𝑡=𝑟𝑟, in Logarithmen: 𝑦𝑦 = 𝑟𝑟 = 0 Dann gilt: 𝑚𝑚𝑡𝑡−𝑝𝑝𝑡𝑡= −𝛼𝛼 𝜋𝜋𝑒𝑒𝑡𝑡 Quantitätstheorie und Erwartungen 𝑚𝑚𝑡𝑡−𝑝𝑝𝑡𝑡= −𝛼𝛼 𝜋𝜋𝑒𝑒𝑡𝑡 Annahme zu Erwartungen: kurzfristig adaptive Erwartungen – erwartete Inflation ist gewichteter Mittelwert der aktuellen Inflation (𝑝𝑝𝑡𝑡−𝑝𝑝𝑡𝑡−1) und den Inflationserwartungen der letzten Periode (𝜋𝜋𝑒𝑒𝑡𝑡 −1). 𝜋𝜋𝑒𝑒𝑡𝑡 = 𝜆𝜆 𝜋𝜋𝑒𝑒𝑡𝑡 −1+(1−λ)(𝑝𝑝𝑡𝑡−𝑝𝑝𝑡𝑡−1), mit 0 < 𝜆𝜆 < 1 [𝜆𝜆 gewichtet die beiden Perioden] Einsetzen, Umstellen und Lösen nach 𝑝𝑝𝑡𝑡 ergibt 𝜆𝜆−𝛼𝛼(1−𝜆𝜆) 1 𝜆𝜆 𝑝𝑝𝑡𝑡 = 𝑝𝑝 + 𝑚𝑚 − 𝑚𝑚 1−𝛼𝛼(1−𝜆𝜆) 𝑡𝑡−1 1−𝛼𝛼(1−𝜆𝜆) 𝑡𝑡 1−𝛼𝛼(1−𝜆𝜆) 𝑡𝑡−1 𝑝𝑝𝑡𝑡 = 𝛽𝛽1 𝑝𝑝𝑡𝑡−1 + 𝛽𝛽2 𝑚𝑚𝑡𝑡 + 𝛽𝛽3 𝑚𝑚𝑡𝑡−1 Wenn 𝛽𝛽1 < 1, dann ist das System stabil: wenn Regierung aufhört Geld zu drucken, sinkt Inflation; wenn 𝛽𝛽1 ≥ 1 dann kann die Inflation sich über Erwartungen selbst verstärken, sogar wenn sich die Geldmenge stabilisiert Holtfrerich (1986) Ursachen der Hyperinflation Im wesentlichen war wohl ein Anstieg von M und V verantwortlich, ergänzt um negative Schocks bei Y (Holtfrerich 1986) möglicherweise wirkten Erwartungen verstärkend, Cagan (1956) schätzt für D (1922-23): 𝛽𝛽1≫1 [Kritik an Cagan: wie schätzt man 𝛽𝛽1 richtig? Sind Inflationserwartungen adaptiv oder rational?] Ursachen der Hyperinflation Aber warum kam es ausgerechnet in Deutschland dazu? 1. Das Deutsche Reich hatte eine problematische Finanzstruktur (als Erbe des Kaiserreichs): das Reich verfügte über wenige Steuereinnahmen, im Verhältnis zu starken Ländern; aber es konnte die Notenpresse betätigen 2. Aus dem selben Grund wurde auch schon ein Großteil des Krieges über Anleihen und Inflation, nicht aber über Steuern finanziert die Weimarer Republik erbte dieses Problem aus der Kaiserzeit Ursachen der Hyperinflation 3. Reparationsforderungen und Konflikte darum Weimarer Koalition (SPD, Zentrum, DDP) setzt 1919/ 1920 weitreichende Finanzreform um (Erzberger), auch um die zu erwartenden Reparationszahlungen bewältigen zu können Veröffentlichung der Forderungen der Reparations Comission im Mai 1921: 132 Mrd. Reichsmark (A, B-Bonds über 50 Mrd. RM und Rest als C-Bonds; letztere abhängig von der deutschen Zahlungsfähigkeit); wirkt als Schock Destabilisiert fragile Republik: WK hatte schon am 6. Juni 1920 die Mehrheit verloren, rechte Propaganda gg. „Erfüllungspolitik“, va. gg. Erzberger (Zentrum): Mord am 26. August 1921, Mord an Aussenminister Rathenau (DDP) am 24. Juni 1922 Ursachen der Hyperinflation Januar 1923: Ruhrkampf, Generalstreik, wachsendes Defizit, Notenpresse Währungsreform und Neuverhandlung der Reparationen Ende 1923 (Dawes-Plan) führen zu sehr plötzlicher Stabilisierung der Preise Ohne Reparationen hätte Deutschland 1922/23 kein Haushaltsdefizit aufgewiesen; Reparationsfrage lähmte die Politik: Reparationen und fragile Republik als eigentliche Ursache der Hyperinflation (Eichengreen 1992) Erwartungen spielten eine wichtige Rolle Folgen der Hyperinflation: die 20er Währungsreform Ende 1923, mit Dawes Plan zur Ableistung der Reparationen 1924 markieren Beginn der „goldenen Zwanziger“ Erfahrung von Inflation und Hyperinflation prägt die Reaktion auf die Weltwirtschaftskrise 1929: Festhalten an der Golddeckung der Währungen (fast) überall in Europa und den USA um (fast) jeden Preis vertiefen und verlängern die Krise Folgen der Hyperinflation: Aufstieg der NSDAP? Umverteilung von Einkommen Gläubiger verlieren, Schuldner gewinnen Alte These: die Hyperinflation hat am stärksten den deutschen Mittelstand getroffen; dies förderte den Aufstieg der NSDAP Evidenz dazu ist schwach Die zwei niedrigsten Vermögensklassen verdoppelten ihren Anteil am Gesamtvermögen zwischen 1913 und Dez. 1923 Die mittleren Klassen steigerten ihren Anteil ebenfalls Die oberen Vermögensklassen (über 0,5 Mio. RM 1913) verloren dramatisch die Verlierer der Hyperinflation waren nicht Arbeiter oder Unternehmer, sondern vor allem Besitzer von Großvermögen, die Gläubigerpositionen innehatten (Holtfrerich 1986, S. 275 ff.) Folgen der Hyperinflation: Das Kulturelle Gedächtnis Deutsche Geldpolitik(er) extrem konservativ bis heute verglichen mit europäischen Partnerländern (zusätzlich durch Erfahrung nach 1945 geprägt) Öffentliche Diskussion: deutsche Kritik am Niedrigzinskurs der EZB nach 2009 – aber Eurozone in Krisenjahren immer am Rande der Deflation Neue Situation seit 2020: steigende Staatsschulden, instabile Wirtschaft und wachsender Inflationsdruck, russischer Angriff im Feb 2022 lässt v.a. Energiepreise massive steigen erst zögerliche (Juli 22), dann starke Zinsreaktion (Sept, Nov, Dez 22)