STURM UND DRANG PDF
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This document provides an overview of the Sturm und Drang literary movement in late 18th-century Germany. It examines its historical context, key figures, and characteristics, including a focus on the rejection of Enlightenment reason and the prioritization of emotion, individuality, and freedom. It highlights the influence of figures like Rousseau and Herder in shaping the movement.
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Sturm und Drang 1/4 STURM UND DRANG Begriff: Drama „Sturm und Drang“ (1776, ursprünglich „Wirrwarr“) von Friedrich Maximilian Klinger als Namensgeber Historischer Hintergrund: Fürstenwillkür absolutistischer Herrscher einerseits, Forderung nach Menschenrechten andererseits. Geistesgeschichtlic...
Sturm und Drang 1/4 STURM UND DRANG Begriff: Drama „Sturm und Drang“ (1776, ursprünglich „Wirrwarr“) von Friedrich Maximilian Klinger als Namensgeber Historischer Hintergrund: Fürstenwillkür absolutistischer Herrscher einerseits, Forderung nach Menschenrechten andererseits. Geistesgeschichtlicher Hintergrund: Jean-Jaques Rousseau (1712 – 1778): Kulturpessimismus (der Kulturmensch „verdirbt“ die gute Schöpfung) ist durch Naturoptimismus zu überwinden („Zurück zur Natur!“). Das Volk ist der wahre Souverän, es braucht eine natürliche Gesellschaftsordnung („Le contrat social“). „Le sentiment est le plus que la raison“ – Das Gefühl ist mehr als die Vernunft. Dieser Satz von J. J. Rousseau drückt das Lebensgefühl der Sturm und Drang-Dichter aus. Johann Gottfried Herder (1744 – 1803): Durch ihn wird Shakespeare anstatt der Franzosen zum Vorbild der jungen Dramatiker. Shakespeare-Aufsatz 1773: nicht Kunstgesetze gelte es zu wahren (gegen die aristotelischen Einheiten von Handlung, Ort und Zeit im Drama) , sondern Naturgesetze der Kunst in ihrer jeweiligen individuellen historischen Situation zu erfassen. Anreger des Sturm und Drang: der Pietismus, Lessings Forderung einer dynamischen Figurenführung im Drama; v.a. Friedrich Gottlieb Klopstock (1724 – 1803): Der Messias, Oden, der die Empfindsamkeit, eine stark gefühlsbetonte Richtung innerhalb der Aufklärung zum Höhepunkt bringt und die Lyrik des jungen Goethe nachhaltig beeinflusst. Sturm und Drang 2/4 Tendenzen: Wendung gegen die Erstarrung der lehrhaften Aufklärung und ihrer Vernunftherrschaft, jedoch radikale Weiterführung des Humanitätsgedankens, bezogen auf die Ganzheit menschlichen Wesens. Entfesslung von Phantasie und Gefühl, grenzenloser Individualismus eines „Kraftmenschen“. Der Titan Prometheus als Urbild des Originalgenies, des künstlerischen Schöpfers. Neue, elementare Konflikte erwachsen der tragischen Erfahrung des Genies: Unendliches Wollen, endliche Bedingtheit („Faust“). Merkmale: Konflikt mit der Obrigkeit (persönliche Erfahrungen der Stürmer und Dränger), Rebellion gegen fürstlichen und väterlichen Machtmissbrauch. Anprangerung der Standesgrenzen und ihrer Konflikte (eine Heirat zwischen den Ständen ist unmöglich „das gefallene Mädchen“, Gretchentragödie). Natürliche Empfindung wird gegen moralisch-geistige Enge, Leidenschaft gegen Vernunft gesetzt. Politisch-revolutionäre Gedanken vor allem bei Schubart und beim jungen Schiller, schwärmerische Empfindsamkeit beim jungen Goethe und bei Lenz. Grundthemen: Entfaltung der Natürlichkeit des Menschen Konflikt zwischen Natur und Kultur Protest gegen den Absolutismus und den höfischen Adel und die überkommene Tradition in Kunst und Kultur Vorrang des Empfindens Geniekult: In einem Kunstwerk hat sich die Genialität des Künstlers, seine schöpferische Eigenständigkeit auszudrücken. Johann Gottfried Herder meinte, dass der Dichter sein Herz, sein Gefühl und seine Empfindungen unmittelbar zum Ausdruck zu bringen habe. Das Genie hat sich alles selbst zu verdanken. Kunst ist nicht erlernbar. Sturm und Drang 3/4 Gattungen: Der Sturm und Drang wendet sich gegen jede normativ-systematische Dichtung. Vorrangig Verwendung finden: Erlebnislyrik: Motivation sind persönliche Erlebnisse (z. B. Goethe „Friederikenlieder“) Naturlyrik: hat Naturerscheinungen zum Inhalt – als Spiegelung von Seelenzuständen des lyrischen Ich (z. B. Goethe „Mailied“) Politische Lyrik: gegen absolutistische Herrscher (z. B. Schubart „Die Fürstengruft) Drama: starke Orientierung an Shakespeare – offene Form Es erfolgt ein Bruch mit Martin Opitz. Laut Opitz dürfen nur Adelige die Protagonisten in einer Tragödie sein. In der Komödie bedarf man keines Helden, weshalb auch keine adelige Person an der Handlung teilnimmt. (Ständeklausel) Themen im Drama: politische und menschliche Freiheit, der Einzelne und die Gesellschaft (Goethe: „Götz von Berlichingen“, Schiller: „Die Räuber“, „Kabale und Liebe“), Standesschranken und wahre Liebe (Schiller: „Kabale und Liebe“): Sozialkritik (Lenz „Die Soldaten“, „Der Hofmeister“: Wagner: „Die Kindermörderin“). In den Dramen von Jakob Michael Reinhold Lenz zeigt sich am deutlichsten die sozialkritische Dimension des Sturm und Drang. In seinem Drama „Der Hofmeister“ (1774) schildert er das Schicksal des Hofmeisters Läuffer, der sich selbst durch Kastration straft, weil er die Tochter des Majors von Berg, der ihn als Hauslehrer anstellte, geschwängert hat. In seinem bürgerlichen Trauerspiel (Standesklausel s. o. gilt nicht)„Kabale und Liebe“ rückt Schiller den Konflikt zwischen Herrscherwillkür und dem Anspruch einer über alle Standesunterschiede erhabenen Liebe in den Vordergrund. Die Menschen haben in einer von Zwängen geprägten Welt kaum eine Chance auf freie Entfaltung. Formal: Einfluss Shakespeares, Knittelverse und freie Rhythmen, „Explosivstil“. Sturm und Drang 4/4 Der Roman des Sturm und Drang: Diese Gattung spielte im Sturm und Drang zwar eine untergeordnete Rolle, aber Goethes Briefroman „Die Leiden des jungen Werther“ sticht deutlich hervor und war ein gigantischer Bucherfolg. Der Erfolg des Romans beruhte darauf, dass Goethe dem Lebensgefühl einer ganzen Generation Ausdruck verliehen hat. Die Identifikation der Leser ging dabei so weit, dass der Roman eine regelrechte Selbstmordwelle auslöste. Thematisch behandelt der Roman alle die für Sturm und Drang typischen Motive: idyllisches Landleben und Verherrlichung der Natur, bedingungslose Liebe, Erneuerung von Kunst und Literatur, Revolte gegenüber der gesellschaftlichen Ordnung. Autoren und Werke: Gottfried August Bürger (1747 – 1794): Lenore Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832): Dramen: Götz von Berlichingen, Clavigo, Die Leiden des jungen Werther, Gedichte: Prometheus Jakob Michael Reinhold Lenz (1751 – 1792): Der Hofmeister, Die Soldaten Friedrich Schiller (1759 – 1805): Die Räuber (1781), Die Verschwörung des Fiesko zu Genua (1783), Kabale und Liebe (1784) Heinrich Leopold Wagner (1747 – 1799): Die Kindermörderin