Sozialstruktur Woche 7 Einkommen und Vermoegen PDF

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Universität Konstanz

Prof. Dr. Claudia Diehl

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income inequality social stratification economics lecture notes

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This document covers social stratification, specifically focusing on income and wealth inequality. The lecture notes include topics such as income distribution, wealth inequality. The document is from University of Konstanz.

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Sozialstrukturanalyse 7. Woche: Ungleichheit in Einkommen und Vermögen Prof. Dr. Claudia Diehl WS 2024/2025 Universität Konstanz Einkommen 1. Einkommensarten und - ungleichheit im Zeitverlauf und im internationalen Vergleich 2. Einkommensungleichheiten...

Sozialstrukturanalyse 7. Woche: Ungleichheit in Einkommen und Vermögen Prof. Dr. Claudia Diehl WS 2024/2025 Universität Konstanz Einkommen 1. Einkommensarten und - ungleichheit im Zeitverlauf und im internationalen Vergleich 2. Einkommensungleichheiten nach askriptiven Merkmalen (Geschlecht, Alter, Ethnizität) 3. Wahrnehmung von Einkommensungleichheit 2 11/26/2024 Universität Konstanz Einkommen 1. Einkommensarten und - ungleichheit im Zeitverlauf und im internationalen Vergleich 2. Einkommensungleichheiten nach askriptiven Merkmalen (Geschlecht, Alter, Ethnizität) 3. Wahrnehmung von Einkommensungleichheit 3 11/26/2024 Universität Konstanz Einkommen Einkommensarten 1. Erwerbseinkommen - aus nicht-selbständiger Tätigkeit - aus Unternehmertätigkeit 2. Kapitaleinkommen - aus Vermietungen - Zinsen - Dividenden 3. Transfereinkommen - aus öffentlicher Hand - aus privater Hand (z.B. Betriebsrenten) 4 11/26/2024 Universität Konstanz Einkommen Einkommen (Destatis) 1. Haushaltsbruttoeinkommen: Alle Einnahmen der Haushalte aus (selbstständiger und nicht selbstständiger) Erwerbstätigkeit, aus Vermögen, aus öffentlichen und nichtöffentlichen Transferzahlungen sowie aus Untervermietung 2. Haushaltsnettoeinkommen: Haushaltsbruttoeinkommen MINUS Einkommen-/Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag sowie die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung 3. Haushaltsäquivalenzeinkommen: Gesamteinkommen eines Haushalts bei dem die Anzahl und das Alter der von diesem Einkommen lebenden Personen berücksichtigt wird (wird für Berechnung von Einkommensverteilung etc. verwendet) 5 11/26/2024 Universität Konstanz Einkommen Einkommensarten 6 11/26/2024 Datenreport 2021 Universität Konstanz Einkommen Einkommensungleichheit 7 11/26/2024 Grabka M./ J. Goebel 2018: 449 Universität Konstanz Einkommen Einkommensungleichheit 8 11/26/2024 Datenreport 2021 Universität Konstanz Einkommen Ursachen für Veränderungen der Einkommensungleichheit (Rössel) 1. Sektoraler Wandel (größere Ungleichheit im Dienstleistungsbereich, andere Durchschnittseinkommen) 2. Schwächung der Gewerkschaften durch Globalisierung 3. Zunehmende Bedeutung qualifizierter Beschäftigung, stärkt Verhandlungsposition Hochqualifizierter 9 11/26/2024 Universität Konstanz Einkommen Vermögensungleichheit 1. In Deutschland hohe Relevanz: obersten 10 % der Haushalte besitzen über 56 % des Gesamtvermögens 2. Erbschaften und Schenkungen erhöhen Vermögensungleichheit 3. 10% der Bürger*innen haben in letzten 10-15 Jahren Erbschaft/Schenkung erhalten 4. Reichste 10% erhalten über die Hälfte davon 10 11/26/2024 Universität Konstanz Einkommen Armut 11 11/26/2024 Universität Konstanz Einkommen Einkommensungleichheit: Der Ginikoeffizient 1. Stellt das Verhältnis zweier Flächen zueinander dar: der Fläche zwischen Lorenzkurve und Gleichverteilungsdiagonale und der Fläche unterhalb der Gleichverteilungsdiagonalen 2. Bei vollkommener Gleichverteilung der Einkommen beträgt der Ginikoeffizient 0, wenn ein einziger Haushalt das gesamte Vermögen besäße 1 3. Ginikoeffizienten 2023 für Deutschland: 0,29. 4. Weltweite Einkommensunterschiede bedeutender als nationale Einkommensunterschiede 12 11/26/2024 Universität Konstanz Einkommen Einkommensungleichheit: Der Ginikoeffizient 13 11/26/2024 Statistisches Bundesamt, Fachserie 15 Heft 6, EVS 2008 Universität Konstanz Einkommen Einkommensungleichheit: Der Gini Koeffizient und andere Maßzahlen − Gini der Vermögen sehr viel höher als Gini der Einkommen:.76! 14 11/26/2024 Grabka M./ J. Goebel 2018: 454 Universität Konstanz Einkommen Einkommensungleichheit (Gini) im internationalen Vergleich 15 11/26/2024 Grabka M./ J. Goebel 2018: 455 Universität Konstanz Einkommen 1. Einkommensarten 2. Einkommensungleichheit im Zeitverlauf und im internationalen Vergleich 3. Einkommensungleichheiten nach askriptiven Merkmalen (Geschlecht, Alter, Ethnizität) 4. Armut 16 11/26/2024 Universität Konstanz Wiederholung (3. Woche): Wie entsteht soziale Ungleichheit? (Rössel 2009: 45ff) Mechanismen: − Leistungsprinzip: Ressourcenunterschiede spiegeln Leistungsunterschiede wieder - Humankapitaltheorie: Ungleichheit spiegelt Produktivitätsunterschiede wider, diese resultieren aus unterschiedlichen Investitionen Aber: − Soziale Schließung: Monopolisierung bestimmter Ressourcen und Chancen, z.B. Arbeitsmarktzugang für Ausländer, Zulassungsbeschränkungen für Berufe, Bildungszertifikate etc. − Ausbeutung: Wohlstand einer Gruppe beruht ursächlich auf Ausschluss anderer Gruppe von Ressourcen (zentrale Produktionsmittel) und Aneignung ihrer Arbeitserträge − Diskriminierung (vorurteilsbasiert oder statistische Diskriminierung, Rückwirkungen auf tatsächliche Produktivität) 17 11/26/2024 Universität Konstanz Einkommensungleichheit nach askriptiven Merkmalen: Geschlecht − In Deutschland sind nach Geschlecht ungleiche Löhne bei gleicher oder gleichwertiger Arbeitsleistung gesetzlich verboten − Aber: was heißt gleicher Lohn für gleiche Arbeit?? − Unterscheidung zwischen legitimen und illegitimen Ursachen von ungleicher Entlohnung wichtig 18 11/26/2024 Universität Konstanz Einkommensungleichheit nach askriptiven Merkmalen: Geschlecht (Hinz/Gartner 2005): Legitime Ursachen ungleicher Bezahlung: − Produktivität (spezifisches und allgemeines Humankapital) − zusätzliche produktivitätsrelevante Faktoren wie Leistungsbereitschaft oder Karriereorientierung (schwer zu messen!) − Arbeitszeit − Berufserfahrung − Beruf (berufliche Merkmale, die höhere Bezahlung rechtfertigen, etwa wg. körperlicher Belastung) − Betriebszugehörigkeit, Betriebe unterscheiden sich in Aufstiegsoptionen, Frauen wählen oft andere Betriebe (Selbstselektion) 19 11/26/2024 Universität Konstanz Einkommensungleichheit nach askriptiven Merkmalen: Geschlecht (Hinz/Gartner 2005): Illegitime Ursachen ungleicher Bezahlung: − Ebenfalls: Beruf, Entwertung von Berufen mit hohem Frauenanteil − Statistische Diskriminierung: Arbeitgeber haben im Hinblick auf Merkmale wie Leistungsorientierung Informationsmangel, füllen diesen mit Annahmen über Gruppenmittelwerte: „Frauen sind nicht leistungsorientiert“ − Harter Hinweis auf Diskriminierung: ungleiche Bezahlung innerhalb von Betrieben und Berufen! 20 11/26/2024 Universität Konstanz Einkommensungleichheit nach askriptiven Merkmalen: Geschlecht (Hinz/Gartner 2005): Analysen: − Beschäftigten und Leistungsempfängerhistorik (BLH) des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), 80% der Erwerbstätigen − IAB-Betriebspanel: Befragung von Betrieben, die seit 1993 in Westdeutschland durchgeführt wird − AV: Lohnungleichheit innerhalb von Branchen, Berufen, Betrieben und Job- Zellen (Vollzeitbeschäftigte einer Berufsgruppe innerhalb eines Betriebes), operationalisiert über den Bruttolohn pro Tag − Schul- und Berufsausbildung, Berufserfahrung, höchster erworbener Bildungsabschluss 21 11/26/2024 Universität Konstanz Einkommensungleichheit nach askriptiven Merkmalen: Geschlecht (Hinz/Gartner 2005): 22 11/26/2024 Universität Konstanz Einkommensungleichheit nach askriptiven Merkmalen: Geschlecht (Hinz/Gartner 2005): Fazit: „Wenn wir Frauen und Männer mit gleichem Humankapital untersuchen (…), dann erhöht sich der relative Lohn von 84,2 Prozent im gesamten Arbeitsmarkt auf 88,0 Prozent in den Job-Zellen. Der verbleibende Lohnunterschied beträgt demnach 12,0 Prozent. Wenn Frauen und Männer mit gleicher Humankapitalausstattung im gleichen Beruf und Betrieb arbeiten, verdienen Frauen immer noch deutlich weniger als Männer“ (S. 33). 23 11/26/2024 Universität Konstanz Einkommensungleichheit nach askriptiven Merkmalen: Ethnizität 1. Legitime Ursachen: - Entwertung von Humankapital durch Migration - Vererbung der Unterausstattung mit Humankapital über Bildungstransmission (vgl. Vorlesung zu Bildungsungleichheiten) - fehlen zentraler Zusatzressourcen wie Sprache und Netzwerke 2. Illegitime Ursachen: - präferenzbasierte Diskriminierung (im int‘l Vergleich eher schwach) - statistische Diskriminierung (im int‘l Vergleich eher schwach) - soziale Schließungen: evtl. Nichtanerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse 24 11/26/2024 Universität Konstanz Einkommen 1. Einkommensarten und - ungleichheit im Zeitverlauf und im internationalen Vergleich 2. Einkommensungleichheiten nach askriptiven Merkmalen (Geschlecht, Alter, Ethnizität) 3. Wahrnehmung von Einkommensungleichheit 25 11/26/2024 Universität Konstanz Wahrnehmung Ungleichheit Politische Relevanz der Ungleichheitswahrnehmung 1. Wahrnehmung von Ungleichheit ist wichtig, weil sie Präferenzen für Umverteilung beeinflusst “Meltzer/Richards Modell”: Je ungleicher die Einkommensverteilung, desto mehr wird der Median-Voter von Umverteilung profitieren, daher wird die Größe des staatlichen Sektors mit steigender Ungleichheit ansteigen. 2. Wahrnehmung der sozialen Mobilität ebenfalls wichtig (Esser 1996: 77): wenn der individuelle Aufstieg möglich erscheint, sinkt die wahrgenommene Notwendigkeit eines kollektiven Aufstiegs, z.B. durch gewerkschaftliche Intervention oder staatliche Umverteilung. 3. Aber: Ungleichheitswahrnehmung kann auch Ansporn sein sich anzustrengen 26 11/26/2024 Universität Konstanz Messung von Ungleichheitswahrnehmungen 27 11/26/2024 Universität Konstanz Wahrnehmung Ungleichheit Empirische Forschung zu Ungleichheitswahrnehmungen 1. Ungleichheitswahrnehmungen spiegeln eigene Position in Gesellschaft wider, diese Referenzgruppen formt (z.B.: Ärmere vergleichen sich mit anderen Ärmeren). “Center bias”, “middle class bias”: Ärmere Individuen überschätzen ihre Position in der Einkommensverteilung, Reichere unterschätzen sie (Hvidberg et al. 2020, Bellani und Busemeyer 2021) 28 11/26/2024 Universität Konstanz Wahrnehmung Ungleichheit Empirische Forschung zu Ungleichheitswahrnehmungen 2. Ärmere sehen Gesellschaft eher als Pyramide, Reichere eher als Vase; je höher die eigene Position in der Einkommensverteilung desto geringer ist der Anteil derer die Einkommensunterschiede zu groß finden (Knell / Stix 2017) 29 11/26/2024 Universität Konstanz Wahrnehmung Ungleichheit Empirische Forschung zu Ungleichheitswahrnehmungen 30 11/26/2024 Universität Konstanz Wahrnehmung Ungleichheit Empirische Forschung zu Ungleichheitswahrnehmungen 3. SVR 2014 (siehe Zitat): Ungleichheit wird überschätzt! Das mag für den Trend stimmen, aber: viele Ärmere unterschätzen Ungleichheit, vor allem ihre eigene Position in der Verteilung. Interessante Frage: was hat das für politische Folgen? 31 11/26/2024 Universität Konstanz Wahrnehmung Ungleichheit Empirische Forschung zu Ungleichheitswahrnehmungen (Engelhardt/ Wagener 2014): Messung von tatsächlicher/wahrgenommener sozialer Mobilität im ISSP 1. Tatsächliche Mobilität: “Please think about your present job (or your last one if you don’t have one now). If you compare this job to the job your father had when you were 14;15;16, would you say that the level of status of your job is (or was)... 1. Much lower than your father’s, 2. Lower, 3. About equal, 4. Higher or 5. Much higher than your father’s?” Anteil 4 oder 5: tatsächliche Mobilität 32 11/26/2024 Universität Konstanz Wahrnehmung Ungleichheit Empirische Forschung zu Ungleichheitswahrnehmungen (Engelhardt/ Wagener 2014): Messung von tatsächlicher/wahrgenommener sozialer Mobilität im ISSP 1. Wahrgenommene soziale Mobilität: “Please tick one box to show how important you think hard work is for getting ahead in life (1 – not important at all; 5 – essential).” Wahrgenommene Mobilität: Mittelwert 33 11/26/2024 Universität Konstanz Wahrnehmung Ungleichheit Wahrnehmung sozialer Mobilität: In Deutschland geben 42% der Befragten an, dass ihr eigener Job einen höheren sozialen Status hat als der des eigenen Vaters (experienced). 70% der Befragten glauben, dass man mit harter Arbeit im Leben vorankommen kann (perceived) 34 11/26/2024 Universität Konstanz Wahrnehmung Ungleichheit Empirische Forschung zu Ungleichheitswahrnehmungen 2. Die Aufstiegsmöglichkeiten der eigenen Kinder werden tendenziell überschätzt (Betroffene sind daher tendenziell gg. Umverteilung – weil diese Kinder dann später mehr Steuern zahlen müssten (Engelhardt/Wagener 2014) 35 11/26/2024 Universität Konstanz Wahrnehmung der Fairness des eigenen Einkommens (Diehl et al 2024) Objektive und subjective fairness of own income: − What do comparable others earn (peole with same human capital, occupation, job, firm characteristics) − Does someone earn less („unfairly low wage“) or the same/more („fair wage“) 36 11/26/2024 Universität Konstanz Wahrnehmung der Fairness des eigenen Einkommens (Diehl et al 2024) Objektive und subjective fairness of own income: − What do comparable others earn (peole with same human capital, occupation, job, firm characteristics) 37 11/26/2024 Universität Konstanz Literatur Esser, H. (1996): Soziologie. Algemeine Grundlagen. Ffm: Campus. Krause, P. und J. Goebel (2018). Einkommensentwicklung – Verteilung, Angleichung, Armut und Dynamik. S. 239 ff in: Statistisches Bundesamt: Datenreport 2018. Grabka M. und J. Goebel (2018): Einkommensverteilung in Deutschland. DIW Wochenbericht 21. Meltzer A.H. und S.F. Richards (1981): A Rational Theory of the Size of Government. Journal of Political Economy. Knell, M. und H. Stix (2017) Perceptions of Inequality. Working Paper. Oesterreichische Nationalbank. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2014): Auszug aus dem Jahresgutachten 2014. https://www.sachverstaendigenrat- wirtschaft.de/fileadmin/dateiablage/download/ziffer/2014_lab_1.pdf S. 274. Engelhardt, C. und A. Wagener (2014): Biased Perceptions of Inequality and Redistribution. CESifo WO No. 4838. 38 11/26/2024 Universität Konstanz

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