Seminar Sitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma PDF
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Pädagogische Hochschule Heidelberg
2024
Paula Dees
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This document is a seminar presentation on aggressive behavior and trauma. It discusses neurobiological processes and potential triggers of trauma. The seminar covers various topics including trauma types, coping mechanisms, and the relationship between trauma and aggression. It includes multiple pages, possibly from a presentation or lecture.
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Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Begriffsklärung Trauma (Fischer & Riedesser, 2020) Trauma ist „[…] ein vitales Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen Situationsfaktoren und den individuellen Bewältigungsmöglichkeiten, das mit Gefühlen von Hilflosigkeit und schut...
Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Begriffsklärung Trauma (Fischer & Riedesser, 2020) Trauma ist „[…] ein vitales Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen Situationsfaktoren und den individuellen Bewältigungsmöglichkeiten, das mit Gefühlen von Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe einhergeht und so eine dauerhafte Erschütterung von Selbstbild und Weltverständnis bewirkt“ (Fischer & Riedesser, 2020, S. 88) Ohnmacht Hilflosigkeit Schutzlosigkeit Individuelle Bedrohliche Situationsfaktoren Vitales Diskrepanzerlebnis Bewältigungsmöglichkeiten Dauerhafte Erschütterung von Selbstbild und Weltverständnis 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 11 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Begriffsklärung Trauma (Fischer & Riedesser, 2020) Trauma ist „[…] ein vitales Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen Situationsfaktoren und den individuellen Bewältigungsmöglichkeiten, das mit Gefühlen von Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe einhergeht und so eine dauerhafte Erschütterung von Selbstbild und Weltverständnis bewirkt“ (Fischer & Riedesser, 2020, S. 88) → Zusammenbruch: der individuell vorhandenen Ressourcen (personal, sozial) und Fähigkeiten gegenüber äußeren (Extrem-) Belastungen und deren Bewältigung → Subjektivität: Trauma ist individuell und kein leicht abgrenzbares Syndrom → Fazit: Trauma kann es als Ereignis nicht geben, sondern ist als Prozess zu verstehen 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 12 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Systematisierung potenziell traumatischer Erfahrungen (König, 2020) Typ I – Monotraumata Typ II – Komplexe Traumata → einmalig, kurzandauernd → wiederholt, langandauernd Verkehrsunfälle langanhaltend Naturkatastrophen (z.B. Akzidentielle kurzandauernde Naturkatastrophen (z.B. Hungersnot, Auswirkungen von Erfahrungen Sturm, Brand, Überflutung) einmaligen Naturkatastrophen) („natural-disaster“) technische Katastrophen (z.B. AKW-Unfall) Interpersonelle kriminelle/körperliche Gewalt Misshandlung und Vernachlässigung traumatische sexuelle Misshandlung intrafamiliäre Gewalt Erfahrungen ziviles Gewalterleben (z.B. Banküberfall) Krieg, Geiselhaft, Folter, Flucht Plötzlicher Verlust einer Bezugsperson politische Verfolgung, Genozide („,man-made-disaster“) 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 14 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Potentiell traumatische Ereignisse – Kindesmisshandlung (Rassenhofer et al., 2020) Relevanz: Kindesmisshandlung als eine der häufigsten und am besten erforschten Formen von traumatischen Ereignissen in der Kindheit, die gravierende Auswirkungen für die Kinder und Jugendlichen haben können Kindesmisshandlung als Überbegriff: wird i.d.R. in fünf Unterformen unterteilen Körperliche Misshandlung Emotionale Misshandlung Sexuelle Misshandlung Körperliche Vernachlässigung Emotionale Vernachlässigung Emotionale Misshandlung: als schwerwiegendste Form und als zugrundliegendes Merkmal der anderen Misshandlungsformen (Herrmann et al., 2016; Taillieu et al., 2016; Witt et al., 2021) 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 16 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Neurobiologische Prozesse - Traumatische Zange (Huber, 2020) No Fight Stressreiches und Überregung extrem belastendes des Gehirns Ereignis No Flight 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 19 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Neurobiologische Prozesse - Traumatische Zange (Huber, 2020) Gehirn in der Zange: Wenn Fight oder Flight nicht helfen, bleibt dem Gehirn nur noch Freeze, Flag, Fragment. Freeze (Einfrieren, Erstarren): Beginn der traumatischen Situation „Totstellreflex“ Äußerliche Bekämpfung ist nicht möglich → Organismus distanziert sich innerlich von der Situation integrative Wahrnehmung ist gestoppt: Schmerzen, Gefühle, Angst, etc. werden nicht mehr wahrgenommen Es kommt zu einer Entfremdung des Geschehens 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 20 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Neurobiologische Prozesse - Traumatische Zange (Huber, 2020) Gehirn in der Zange: Wenn Fight oder Flight nicht helfen, bleibt dem Gehirn nur noch Freeze, Flag, Fragment. Freeze (Einfrieren, Erstarren): Beginn der traumatischen Situation Flag (Erlahmen, Erschlaffen): weiterer Mechanismus, wenn Freeze nicht ausreichend ist totaler Zusammenbruch: Erschlaffung der gesamten Muskulatur Äußeres Erleben als Pseudoruhe: plötzlich seelenruhig, bleischwer, müde Gravierende Auswirkungen: auf das gesamte Herz-Kreislauf- und Nervensystem und auf die Depersonalisationsreaktion 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 21 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Neurobiologische Prozesse - Traumatische Zange (Huber, 2020) Gehirn in der Zange: Wenn Fight oder Flight nicht helfen, bleibt dem Gehirn nur noch Freeze, Flag, Fragment. Freeze (Einfrieren, Erstarren): Beginn der traumatischen Situation Flag (Erlahmen, Erschlaffen): weiterer Mechanismus, wenn Freeze nicht ausreichend ist Fragment (Zersplittern): Depersonalisierung erzeugt Zersplitterung des Ereignisses Fragmente werden einzeln und ohne Zusammenhang gespeichert Konsequenz: Erfahrungen können nicht mehr zusammenhängend wahrgenommen und erinnert werden 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 22 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Neurobiologische Prozesse - Traumatische Zange (Huber, 2020) Beispiel: Ein fünfjähriges Kind wird von einem Elternteil körperlich misshandelt No Fight: Kann sich Freeze: Das Kind friert ein, flüchtet intern körperlich oder aus der Situation und lässt das Ereignis über verbal nicht wehren sich ergehen Überregung Körperliche Flag: Das Kind beginnt ruhig zu werden, des Gehirns Misshandlung erschlafft und driftet immer mehr ab Fragment: Das Kind kann sich nach der No Flight: Kann Situation nicht mehr an die Details, den nicht Flüchten Ablauf, die Dauer, etc. erinnern 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 23 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Neurobiologische Prozesse - Hippocampus (Huber, 2020) „Archiv unseres Gedächtnisses“ Merkmale: ausführliche Einordnung des Erlebten Vernetzung mit Sprachzentrum und beiden Großhirnhemisphären leitet Erinnerungen an den Neokortex für eine Langzeitspeicherung weiter Subjektive Qualität: Erinnerungen werden der eigenen Person zugeordnet Erinnerungen haben einen Beginn und ein Ende ermöglicht das emotionale Verstehen einer Situation 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 24 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Neurobiologische Prozesse – Hippocampus (Huber, 2020) Beispiel für gut integriertes stressreiches Erinnerungsmaterial „Als ich mir 2005 beim Skifahren mein Bein brach“ biografisch: Ich kann mich erinnern, dass es mir passiert ist episodisch: Ich weiß wie die Erinnerung abgelaufen ist und kann Anfang, Mitte und Ende bestimmen raumzeitlich: Ich weiß, es ist dort und damals passiert und nicht hier und jetzt narrativ: Ich kann darüber reden semantisch: Ich mache mir die Situation in Sinnzusammenhängen klar 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 25 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Neurobiologische Prozesse – Amygdala (Garbe, 2015; Dixius & Möhler, 2019; Huber, 2020) „Feuerwehr“ Hauptaufgaben: emotionale Einfärbung und Erinnerung von Ereignissen schnelles und reflexartiges Reagieren auf Gefahr, leitet automatisierte Handlungen ein Speichert Verknüpfung von bedrohlichen Reizen mit Angst: je häufiger ein entsprechender Reiz eine Aktion der Amygdala erfordert, desto sensibler reagiert die Amygdala → Generalisierung Auslöseschwelle für die Reaktion sinkt mit der Zeit ab, woraus eine stetig steigende Überregung der Amygdala resultieren kann → Amygdala hat eine wesentliche Überlebensfunktion und kann bei ähnlichen Reizen aus früheren Gefahrensituationen sofort aktiviert werden und bei der schnellen Bewältigung helfen 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 26 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Neurobiologische Prozesse - Reiz-Reaktionsabläufe im Gehirn (Garbe, 2015; Baierl, 2016; Dixius & Möhler, 2019) Zwei Wege der Reizverarbeitung Gefährlicher kurzer Reiz Verarbeitungsweg Reize Sinnes- aus der Amygdala wahrnehmung Umwelt Ungefährlicher langer Reiz Verarbeitungsweg 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 27 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Neurobiologische Prozesse - langer Verarbeitungsweg (Garbe, 2015; Baierl, 2016; Dixius & Möhler, 2019) Sinnes- H Amygdala Hippocampus Großhirn wahrnehmung A Reize werden als biografische, Gedächtnis des N angenehm und episodische, Langzeitspeichers D weitgehend raumzeitliche, Überschreibungs- L ungefährlich narrative und prozess mit U eingestuft semantische ähnlichen Verknüpfung von Einordnung Ereignissen N Emotionen und Überführung in G Ereignissen den Langzeitspeicher 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 28 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Neurobiologische Prozesse – kurzer Verarbeitungsweg (Garbe, 2015; Baierl, 2016; Dixius & Möhler, 2019) Sinnes- Amygdala Hippocampus Großhirn wahrnehmung Reize werden keine biografische, keine/ gefährlich bzw. episodische, unvollständige lebensbedrohlich raumzeitliche, Speicherung der eingestuft narrative und traumatischen Automatisiertes semantische Ereignisse Notfallprogramm Einordnung fehlende wird aktiviert Verbindung zum Sprachzentrum FLIGHT FIGHT FFF 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 29 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Neurobiologische Grundlagen - Dissoziationen (König, 2020) Definition: teilweise oder gänzliche Desintegration von normalerweise verbundenen und integrierten Bereichen und Funktionen des Gedächtnisses, des Bewusstseins, der Identität, der Kognition, des Affekts und der Motorik (DSM-IV) Alltägliche Dissoziationen: „Wegdriften“, „Alltagstrance“ z.B. Buch lesen, Videospiele, Auto fahren, Herd ausstellen Dissoziation als klinische Kategorie - Kernsymptome: emotionale Taubheit, Amnesien, somatische Reaktionen, Depersonalisation Kontinuum von sehr leichten Dissoziationen bis zu dissoziative Identitätsstörungen Dissoziation als Notfallreaktion im Kontext von Trauma: Situationen: in der traumatischen Situation, Folgesymptomen (Flashbacks) Funktion: Schutz- und Abwehrmechanismus vor einer Überflutung von unerträglichen Erlebnissen und Emotionen Auslösung: durch traumaassoziierte Hinweisreize reflexartig ausgelöst 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 30 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Neurobiologische Grundlagen - Dissoziationen (König, 2020) Beispiel für eine Übung gegen Dissoziation: 5 – 4 – 3 – 2 – 1 Methode Einsatz: Bei Erkennung einer beginnenden Dissoziation, zur Reorientierung nach einem Flashback, in Stressbelastungen Vorgehen: Erste Runde: Kind benennt fünf Dinge in der unmittelbaren Umgebung, die es sieht die es hört die es körperlich spürt Zweite Runde: vier Dinge; dritte Runde: drei Dinge, … Hintergrund: Stabilisierungstechnik, um der Desintegration von Denken, Handeln, Wahrnehmen und Fühlen während dissoziativen Prozessen/Stresssituationen entgegen zu wirken Ziel: Wahrnehmung und Orientierung im Hier und Jetzt 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 31 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Neurobiologische Prozesse - Traumaassoziierte Hinweisreize (Trigger) (Schroeder, 2016) Wortbedeutung: Trigger = Auslöser Speicherung: während der Traumatisierung sind die Betroffenen einzelnen Reizen ausgesetzt, die implizit im Traumagedächtnis gespeichert wurden Verknüpfung von Reizen mit Emotionen und physiologischen Reaktionen Intrusives Wiedererleben, ausgelöst durch Trigger, wird als gegenwärtige und reale Bedrohung wahrgenommen Potentielle Trigger: grundsätzlich können alle Eindrücke, die während der Traumatisierung wahrgenommen und als Erinnerungsfragmente implizit abgespeichert wurden als Trigger fungieren Zentral: Eindrücke sind mit Gefahr assoziiert Welche Trigger gibt es? Gerüche, Geschmack, Orte, Geräusche, Körperempfinden, Personen, Zeiten 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 32 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Neurobiologische Prozesse - Traumaassoziierte Hinweisreize (Trigger) (Schroeder, 2016) Dissoziatives automatisiertes Wiedererleben der Bedrohung ohne Kontextbezug sensorische Reaktion (Bilder, Konsequenzen Geräusche, Geruch, Geschmack) Fluchttendenzen, Traumagedächtnis körperliche Reaktionen (erhöhter Wutausbrüche, Trigger & Puls/Herzrasen, Schweißausbrüche, Schreikrämpfe, Amygdala Schwindel, Atembeschwerden Angstzustände Überregtheit intensive traumabezogene Gefühle (Panik, Angst, Wut, Ohnmacht) 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 33 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Neurobiologische Prozesse – Fazit (Korittko, 2016, Fischer & Möller, 2020) Entwicklungsphasen: Traumatisierende Ereignisse führen besonders in kritischen Entwicklungsphasen zu neurologischen Änderungen im Gehirn Neurophysiologische Auswirkungen: Überregung (Flucht oder Kampf) und Unterregung (Dissoziation, Unterwerfung, Freeze) sind zunächst angemessene Notfallreaktionen und werden bei häufiger Anwendung zu allgemeinem Stressverhalten und wirken sich auf die Gesamtpersönlichkeit aus Fazit: Die Gehirne dieser Kinder sind optimal ausgestattet, um in Gefahrensituationen zu überleben „Die traumatisierten Kinder und Jugendlichen verhalten sich nicht gestört, sondern sie reagieren normal auf hoch gestörte äußere Erfahrungen“ (Zimmermann, 2017) 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 34 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Trauma als psychiatrisch - medizinische Kategorie (König, 2020; Hehmsoth, 2021) Hauptsymptome - Intrusion / Wiedererleben Intrusionen: unkontrollierbare, wiederkehrende Erinnerungen oder Erinnerungsfragmente des traumatischen Ereignisses Beispiele: aufdringliche belastende Erinnerungen und Bildern an das traumatische Ereignis, Angstträume über das traumatische Ereignis, dissoziative Symptome (z.B. Flashbacks) dissoziative Symptome: Person erlebt Szenen des traumatischen Ereignisses mit allen Sinnesqualitäten und Affekten wieder und hat das Gefühl, als ob sich die traumatische Situation gegenwärtig wieder ereignen würde Umgebung wird dabei teilweise überhaupt nicht mehr wahrgenommen Auslöser: wird meist durch traumaassoziierte Hinweisreize (= Trigger) ausgelöst Auswirkungen: führen zu intensiven oder anhaltenden psychische und emotionale Belastung (z.B. extreme Angst) und deutlichen körperlichen Reaktionen bei der Konfrontation mit Hinweisreizen 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 36 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Trauma als psychiatrisch - medizinische Kategorie (König, 2020; Hehmsoth, 2021) Hauptsymptome – Vermeidung Konstruktion: Vermeidung von internen (Gedanken, Gefühle, Erinnerungen) oder externen traumaassoziierten Hinweisreizen (Situationen, Gespräche, Handlungen), die an das traumatische Ereignis erinnern Einordung: Vermeidung ist komplementär zu Intrusionen interner Schutzmechanismus, damit traumatische Situationen nicht neu inszeniert werden Auswirkungen: kann emotionale Taubheit, Gleichgültigkeit und Teilnahmelosigkeit der Umgebung und anderen Menschen gegenüber als Selbstschutz bedingen Teilweise können wichtige Aspekte traumatischer Ereignisse gar nicht oder nicht mehr vollständig erinnert werden 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 37 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Trauma als psychiatrisch - medizinische Kategorie (König, 2020; Hehmsoth, 2021) Hauptsymptome - Hyperarousal / Überregung Hyperarousal: Zustand vegetativer Übererregtheit Hintergrund: anhaltende Wahrnehmung einer erhöhten aktuellen Bedrohung Beispiele: Schlafstörungen, Reizbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, erhöhte Wachsamkeit (Hypervigilanz), ausgeprägte Schreckhaftigkeit, Wutausbrüche ohne für Außenstehende offensichtlicher Anlass (z.B. aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen oder Gegenständen, Autoaggressionen) 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 38 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Traumafolgen Allgemein: Traumafolgen sind individuell und ein Teil des traumatischen Prozess Gravierender Risikofaktor: Traumatische Erfahrungen erhöhen das Risiko zur Entwicklung zahlreicher Auffälligkeiten Psychopathologische Folgen (z.B. Angststörung) Verhaltensbezogene Folgen (z.B. Aggressive Verhaltensweisen, Schwierigkeiten in der Emotionsregulation) Körperliche Folgen (z.B. Bauchschmerzen, Asthma) Kognitive Folgen (z.B. Lernschwierigkeiten) Subjektlogik: Störungsbilder und Symptome sind Ergebnis von Verarbeitungsprozessen zu verstehen survival brains: Bestimmte Verhaltensweisen z.B. dissoziative oder depressive können als Anpassungsleistung und Überlebensstrategie verstanden werden Fazit für die pädagogische Praxis: Kenntnis über die möglichen Symptome sind hilfreich, um „störende“ Verhaltensweisen von traumatisierten Kindern einordnen, subjektlogisch verstehen und auf Basis traumapädagogischer Interventionen unterstützen zu können 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 39 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Aggressive Verhaltensweisen und Trauma Allgemein: Kindesmisshandlung als Risikofaktor für aggressives Verhalten (Ran et al., 2023) Ergebnisse: Kindesmisshandlung korreliert positiv mit aggressivem Verhalten Kindesmisshandlung kann die Entwicklung aggressiven Verhaltens vorhersagen untersuchte signifikante moderierende Effekte für Kindesmisshandlung sind u.a. Ausmaß der Misshandlung und Art der Misshandlung 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 43 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Aggressive Verhaltensweisen und Trauma (Petermann & Koglin, 2015) Einflussfaktor: Lernen am Modell Modelllernen: Kinder erleben, dass Eltern durch (körperliche) Gewalt Erfolg erzielen Legitimierung: Kindern wird eine Einstellung vermittelt, dass Aggression legitimes Handeln sei Konsequenz: Kinder und Jugendliche ahmen das Verhalten z.B. bei Peers nach erwünschtes Gewalt als „legitimes“ KuJ ahmen das aggressive Verhalten wird Verhalten Verhalten nach erzielt 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 44 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Aggressive Verhaltensweisen und Trauma (Rassenhofer et al., 2020) Einflussfaktor: Transgenerationale Weitergabe – Cycle of Violence Cycle of Violence: potentiell traumatisierende Kindheitserfahrungen werden an die nächste Generation weitergegeben Konsequenz: Eltern mit eigenen Kindesmisshandlungserfahrungen zeigen häufiger aggressives, bestrafendes, feindseliges und allgemein „dysfunktionales“ Verhalten (Möhler et al., 2001; Ziegenhain & Deneke, 2014; Madigan et al., 2006) Längsschnittstudie von Berlin et al. (2011): Robuster Zusammenhang zwischen körperlicher Misshandlung in der Kindheit der Mutter und der Misshandlung ihrer eigenen Kinder → Kinder von Müttern mit eigenen Misshandlungserfahrungen, haben ein 20%-erhöhtes Risiko, selbst von Kindesmisshandlung betroffen zu sein Kindesmisshandlungs- Aggressives Verhalten erfahrungen gegenüber der eigenen Kinder 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 45 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Aggressive Verhaltensweisen und Trauma (In-Albon, 2023; König, 2020) Einflussfaktor: Bindung Entwicklung: Im Austausch mit Bindungspersonen werden wichtige emotionale Fertigkeiten erlernt Schutzfaktor: Sichere Bindungsklassifikationen als einer der wichtigsten Schutzfaktoren (König, 2020) und Ausgangspunkt für die emotionale und soziale Entwicklung Belastungssituation = Unabhängig der Bindungsperson Aktivierung Bindungsverhaltens -system 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 46 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Aggressive Verhaltensweisen und Trauma (In-Albon, 2023) Einflussfaktor: Bindung Traumatisierende Bindungserfahrungen: Traumatisierung geht von der Bindungsperson aus Belastungssituation = Direkte Traumatisierung durch Bindungsperson Aktivierung = Bindungsverhaltens- = system Unsichere und desorganisierte Bindungen Fehlende Regulation Fehlender Schutz und Co-Regulation: Kinder erfahren keinen Schutz vor der Situation und werden nicht in ihrem emotionalen Erleben reguliert Risikofaktor: Traumatisierungen durch Bindungspersonen sind ein wesentlicher Erklärungsansatz für die Entwicklung von unsicheren und insbesondere desorganisierten Bindungsklassifikationen (Vasileva & Petermann, 2018) Fehlendes Modelllernen: fehlender emotionaler-mimischer Austausch, fehlendes sensitives Verhalten der Bezugsperson, dysfunktionale Regulationsstrategien der Bezugsperson 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 47 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Aggressive Verhaltensweisen und Trauma (In-Albon, 2023) Einflussfaktor: Bindung Traumatisierende Bindungserfahrungen: Traumatisierung geht von der Bindungsperson aus Fehlender Schutz und Co-Regulation: Kinder erfahren keinen Schutz vor der Situation und werden nicht in ihrem emotionalen Erleben reguliert Risikofaktor: Traumatisierungen durch Bindungspersonen sind ein wesentlicher Erklärungsansatz für die Entwicklung von unsicheren und insbesondere desorganisierten Bindungsklassifikationen (Vasileva & Petermann, 2018) Fehlendes Modelllernen: fehlender emotionaler-mimischer Austausch, fehlendes sensitives Verhalten der Bezugsperson, dysfunktionale Regulationsstrategien der Bezugsperson Zusammenhang Emotionsregulation: Sicherer Bindungsstil: Kinder verfügen über ein Repertoire effektiver Strategien und können emotionale Erregungszustände durch die Anwendung von Regulationsstrategien kontrollieren und modulieren (Zimmer-Gembeck et al., 2017; Brumariu et al., 2012) → Internale Erwartung: auf ihre Emotionen wird vorhersagbar und sensibel reagiert, weshalb die Kinder ihre Emotionen offen ausdrücken und anderen mitteilen Unsicherer und desorganisierter Bindungsstil: Kinder haben ein erhöhtes Risiko ungünstige Regulationsstrategien zu entwickeln (Zimmer- Gembeck et al., 2017; Brumariu et al., 2012) → Internale Erwartung: auf ihre Emotionen wird nur selektiv, nicht vorhersagbar oder aversiv eingegangen Zusammenhang aggressive Verhaltensweisen: Unsichere und desorganisierte Bindungsklassifikationen gehen mit erhöhten aggressiven Verhaltensweisen bei Kindern und Jugendlichen einher (Bolz & Koglin, 2020) 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 52 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Trauma und Emotionsregulation (In-Albon, 2023) Trauma, Emotionsregulation und Bindung Emotionale Entwicklung und Emotionsregulation Traumatisierungen Unsichere/ Aggressive durch Desorganisierte Verhaltensweisen Bindungsperson Bindung bei Kindern und Jugendlichen 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 53 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Aggressive Verhaltensweisen und Trauma (In-Albon, 2023; Petermann & Wiedebusch, 2016) Einflussfaktor: Emotionale Kompetenz Emotionsausdruck: Kinder mit Kindesmisshandlungserfahrungen reagieren stärker und früher auf ärgerliche Gesichtsausdrücke (Pollak et al., 2002) → sie benötigen weniger Informationen, um Ärger zu identifizieren Defizite: In den Emotionen „Traurigkeit“ und „Freude“ zeigte die Kontrollgruppe bessere Ergebnisse Einschätzung emotionaler Situationen: Kinder mit interpersonellen Traumatisierungserfahrungen interpretieren emotionale Situationen häufiger mit dem mimischen Ausdruck von Ärger als die Kontrollgruppe, vor allem bei ambivalenten Gesichtsausdrücken (Pollak et al., 2002) Hintergrund: Kinder mit interpersonellen Traumatisierungserfahrungen sind den mimischen Gesichtsausdruck von Ärger besonders sensibilisiert, weil dieser Emotionsausdruck in früheren Erfahrungen z.B. gewalttätige Handlungen ankündigte 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 55 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Aggressive Verhaltensweisen und Trauma (In-Albon, 2023; Petermann & Wiedebusch, 2016) Einflussfaktor: Emotionale Kompetenz Emotionsausdruck: Kinder mit Kindesmisshandlungserfahrungen reagieren stärker und früher auf ärgerliche Gesichtsausdrücke (Pollak et al., 2002) → sie benötigen weniger Informationen, um Ärger zu identifizieren Erhöhte Vigilanz: Kinder mit Kindesmisshandlungserfahrungen haben eine „verzerrte“ Wahrnehmung und reagieren sensibler und schneller auf bestimmte (z.B. aggressive) Stimuli Konsequenz eines erhöhten physiologisches Erregungsniveau: Automatisierte Reaktionen auf bestimmte Reize können sich in aggressiven und impulsiven Verhaltensweisen zeigen (Shields und Cicchietti, 2001) Pädagogische Konsequenz: Verminderte Kapazitäten für weitere Reize (z.B. kognitive Aufgabe) 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 56 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Aggressive Verhaltensweisen und Trauma (In-Albon, 2023; Petermann & Wiedebusch, 2016) Einflussfaktor: Emotionale Kompetenz Emotionsausdruck: Kinder mit Kindesmisshandlungserfahrungen reagieren stärker und früher auf ärgerliche Gesichtsausdrücke (Pollak et al., 2002) → sie benötigen weniger Informationen, um Ärger zu identifizieren Erhöhte Vigilanz: Kinder mit Kindesmisshandlungserfahrungen haben eine „verzerrte“ Wahrnehmung und reagieren sensibler und schneller auf bestimmte (z.B. aggressive Stimuli) Sprachlicher Emotionsausdruck: Kinder mit Kindesmisshandlungserfahrungen zeigen geringere expressive Sprachleistungen, jedoch kein geringeres rezeptives Sprachverständnisse als Kinder ohne derartige Erfahrungen Hintergrund: Kinder mit Kindesmisshandlungserfahrungen haben im familiären Umfeld gelernt, dass es bedrohlich oder sogar gefährlich sein kann, über negative Emotionen zu sprechen 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 57 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Aggressive Verhaltensweisen und Trauma (In-Albon, 2023; Petermann & Wiedebusch, 2016) Einflussfaktor: Emotionale Kompetenz Emotionsausdruck: Kinder mit Kindesmisshandlungserfahrungen reagieren stärker und früher auf ärgerliche Gesichtsausdrücke (Pollak et al., 2002) → sie benötigen weniger Informationen, um Ärger zu identifizieren Erhöhte Vigilanz: Kinder mit Kindesmisshandlungserfahrungen haben eine „verzerrte“ Wahrnehmung und reagieren sensibler und schneller auf bestimmte (z.B. aggressive Stimuli) Sprachlicher Emotionsausdruck: Kinder mit Kindesmisshandlungserfahrungen zeigen geringere expressive Sprachleistungen, jedoch kein geringeres rezeptives Sprachverständnisse als Kinder ohne derartige Erfahrungen Emotionsregulation: Kinder mit traumatischen Erfahrungen verfügen über weniger adaptive Emotionsregulationsstrategien (Katz et al., 2007) und zeigen deutliche Defizite in der Emotionsregulation im Vergleich zu „unbelasteten“ Populationen (Schmid et al., 2010) 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 58 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Aggressive Verhaltensweisen und Trauma Einflussfaktor: Emotionale Kompetenz Reduzierter Emotionsausdruck Schwierigkeiten Aggressive erhöhte Vigilanz Kindesmisshandlungs- in der Verhaltensweisen erfahrungen Emotionsregulation bei Kindern und Schwierigkeiten in der Jugendlichen Interpretation von Emotionen Verhalten kann die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Kindesmisshandlung senken 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 59 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Traumapädagogik (Fachverband Traumapädagogik, 2011; König, 2020) Allgemein Haltungspädagogik: „Traumapädagogik ist in erster Linie eine Haltungspädagogik, womit nicht nur eine grundsätzliche Wertehaltung gemeint ist, sondern eine tatsächliche Verkörperung der Annahme eines guten Grundes in der Begegnung mit den Kindern und Jugendlichen.“ (Dabbert, 2017, S. 139) Differenzierung: Traumapädagogik ist von Therapie und Traumaexposition abzugrenzen Ziel und Notwendigkeit: Unterstützung von traumatisierten Kindern und Jugendlichen im pädagogischen Alltag Relevanz: Traumapädagogik ist unterstützend für alle Kinder und Jugendliche Aspekte der traumapädagogischen Grundhaltung: Annahme des guten Grundes Wertschätzung Partizipation Transparenz Spaß und Freude 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 61 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Traumapädagogik (Julius, 2009; König, 2020) Beziehung als Grundlage Allgemein: Beziehung zwischen (traumatisierten) Schüler*innen und Lehrpersonen als zentrale „Methode“ und Voraussetzung für die Arbeit Hintergrund: Kinder mit traumatischen (Bindungs-) Erfahrungen erwarten in neuen Beziehungen bekannte Verhaltensweisen aus früheren Beziehungen (z.B. Vernachlässigung, Nicht-Sorgen, Gewalt) Diskontinuitätserfahrungen als übergeordnetes Ziel: pädagogische Verhaltensweisen widersprechen bisherigen Beziehungserfahrungen → korrigierende Beziehungserfahrungen 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 62 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Traumapädagogik (Julius, 2009; König, 2020) Beziehung als Grundlage Merkmale einer idealtypischen pädagogischen Beziehung (bei Traumatisierungen): 1. Kind erlebt Pädagog*in als prinzipiell zugewandt und verständnisvoll 2. Kind kann sich darauf verlassen, dass in Überforderungssituationen passende Regulationsmöglichkeiten angeboten werden oder die Pädagog*in mit dem Kind gemeinsam danach sucht 3. Kind erlebt Pädagog*in als einfühlsam und wertschätzend: jegliche Gefühlsäußerungen können gezeigt werden und werden ernst genommen und verstanden Herausforderung: Beziehungsaufbau und Diskontinuitätserfahrungen bei Kindern mit traumatischen Erfahrungen stellt jedoch meistens eine erhebliche Herausforderung dar 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 63 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Traumapädagogik (Fachverband Traumapädagogik, 2011; König, 2020) Prinzip der maximalen Kontrastierung Traumapädagogischer Grundsatz: Stelle einen maximalen Kontrast zur traumatischen Situation her! Erfahrungen in der Traumapädagogischer traumatischen Situation Kontrast Fehlende oder unangemessene Co- Vorbild und Co- Regulation Regulation Abwertung und Beschämung Wertschätzung Kontrollverlust, Ohnmacht, Partizipation Fremdbestimmung Leid, Schmerz, Trauer Spaß und Freude 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 64 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Traumapädagogik (Fachverband Traumapädagogik, 2011; König, 2020) Traumapädagogische Grundhaltung – Die Annahme des guten Grundes Annahme: Das Verhalten des Kindes bzw. Jugendlichen ist vor dem Hintergrund seiner lebensgeschichtlichen Erfahrungen und seiner inneren Welt stets sinnhaft → „Subjektlogik“ Pädagogische Herausforderung: Traumabezogenes Symptomverhalten, Belastungsreaktionen und Folgesymptome werden in pädagogischen Settings (v.a. in Gruppen) für das Umfeld meist als sehr herausfordernd und belastend wahrgenommen Ziel: Verhaltensweisen der Kinder und Jugendliche als angemessene Reaktion und kompensatorische Überlebensstrategie auf außerordentliche Belastungsreaktionen wertschätzen und würdigen Nutzen: Verständnis gegenüber den Verhaltensweisen der Kinder und Jugendlichen führt zur eigenen Entlastung der Lehrpersonen (z.B. kein persönlicher Angriff, Differenzierung Person – Verhalten) unterstützt die Lehrpersonen, den Kindern zu vermitteln, dass es keine richtigen und falschen Reaktionen auf die erlebten Belastungen gibt 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 65 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Traumapädagogik (Fachverband Traumapädagogik, 2011; König, 2020) Symptom: extrem aggressives und überregtes Verhalten Ursache: jahrelange körperliche Misshandlung → → Ursache: jahrelange körperliche Misshandlung → Symptom: extrem aggressives Verhalten → Funktion: Lösung? Gewährleistung von Sicherheit und schnelle Handlungsbereitschaft in Gefahrensituationen = Lösung: Schaffen von Sicherheit und Vorhersehbarkeit WARUM? jeglicher Situationen Körperliche Aggression und WOZU? Misshandlung Überregtheit Bedürfnis nach Aggression und Sicherheit und Überregtheit Vorhersehbarkeit Problem und Defizit orientiert Ziel und Ressourcen orientiert 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 67 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Traumapädagogik (Canz, 2017) Sicherheit und Sicherer Ort Neurologischer Hintergrund: Nach (oftmals kumulativen) Traumatisierungserfahrungen ist das Gehirn (v.a. Amygdala) der Kinder in dauerhafter Alarmbereitschaft → Hyperarousal, Flucht- und Kampfreflexe Ziel der Sicherheit: Sicherheit als Kernelement jeder traumapädagogischer Handlung, damit der Hippocampus ungestört arbeiten kann und Lern- und Verarbeitungsprozesse wieder stattfinden können Sicherer Ort: Sammlung von inneren Werten und Motiven, die einen äußeren Rahmen schaffen, um Handlungen (Kooperationen, Gespräche, Beziehungen, etc.) sicher und effektiv zu machen und innere Sicherheit zu stärken Äußerer Sicherer Ort: Nur wenn äußere Sicherheit gegeben ist, kann innere Sicherheit entstehen Innerer sicherer Ort: Beziehungsgestaltung (Kind-Kind, Erwachsenen-Kind) 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 68 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Traumapädagogik – Sicherer Ort (Canz, 2017) Checkliste für die Schaffung eines „Sicheren Ortes“ ✓ Gewaltfreiheit ✓ Verlässliche Tagesstrukturen ✓ Rituale ✓ Klare Regeln ✓ Klare Konsequenzen ✓ Transparenz und Partizipation bei wichtigen Entscheidungen ✓ Klare und verlässliche Zuständigkeit ✓ Geringe Fluktuation ✓ Räumliche Strukturen 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 69 Seminarsitzung 7 – Aggressives Verhalten und Trauma Pädagogische Schlussfolgerungen Relevanz: Viele Schülerinnen und Schüler sind von potentiell traumatisierenden Ereignissen betroffen Konsequenz: Traumabezogenes Symptomverhalten zeigt sich unweigerlich in pädagogischen Settings Trauma und Aggression: Trauma als (eine) Ursache von aggressiven Verhaltensweisen Vermittelnde Faktoren: Bindung, Emotionale Entwicklung/Emotionsregulation, Modelllernen Traumapädagogik: unterstützt Kinder mit (und ohne) Traumatisierungen im pädagogischen Alltag und ist primär eine Haltungspädagogik Sicherer Ort: als Grundlage für die Arbeit mit Kindern mit Traumatisierungen 28.11.2024 Aggressionen und Konflikte im Unterricht – WiSe 2024/25 – Paula Dees 83