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**Studienvorbereitung Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Wien Februar 2021** **Klaus Lojka ,Julia Wippersberg** **Öffentliche Kommunikation. Studienvorbereitung Publizistik- und Kommunikationswissenschaft.** Inhaltsverzeichnis **[2.1 Was ist eigentlich eine Wissenschaft?](#was-ist-eige...

**Studienvorbereitung Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Wien Februar 2021** **Klaus Lojka ,Julia Wippersberg** **Öffentliche Kommunikation. Studienvorbereitung Publizistik- und Kommunikationswissenschaft.** Inhaltsverzeichnis **[2.1 Was ist eigentlich eine Wissenschaft?](#was-ist-eigentlich-eine-wissenschaft) 6** **[2.2 Kommunikationswissenschaft](#kommunikationswissenschaft) 9** **[3.1 Das Selbstverständnis der PKW: Was ist sie und was tut sie?](#das-selbstverst%C3%A4ndnis-der-pkw-was-ist-sie-und-was-tut-sie) 9** **[3.2 Publizistik- und Kommunikationswissenschaft in Wien](#publizistik--und-kommunikationswissenschaft-in-wien) 10** **[3.3 Facetten der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft](#facetten-der-publizistik--und-kommunikationswissenschaft) 10** **[3.4 Die „Lasswell-Formel" -- eine „klassische" Differenzierung der PuKW](#die-lasswell-formel-eine-klassische-differenzierung-der-pukw) 11** **[3.5 Teildisziplinen und Praxisbereiche der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft](#teildisziplinen-und-praxisbereiche-der-publizistik--und-kommunikationswissenschaft) 12** **[4.1 Medien und kommunikationstheoretische Grundlagen4](#medien-und-kommunikationstheoretische-grundlagen4) 12** **[4.2 Inter- und transdisziplinäre Grundlagen5](#inter--und-transdisziplin%C3%A4re-grundlagen5) 15** **[4.3 Normative und konzeptionelle Grundlagen6](#normative-und-konzeptionelle-grundlagen6) 19** **[5.1 Journalismus (Print, Hörfunk, Fernsehen, Multimedia)](#journalismus-print-h%C3%B6rfunk-fernsehen-multimedia) 24** **[5.2 Öffentlichkeitsarbeit / Public Relations](#%C3%B6ffentlichkeitsarbeit-public-relations) 24** **[5.3 Werbung & Marktkommunikation](#werbung-marktkommunikation) 24** **[6.1 Begriff Öffentlichkeit](#begriff-%C3%B6ffentlichkeit) 24** **[6.2 Öffentlichkeit und Demokratie](#%C3%B6ffentlichkeit-und-demokratie) 25** **[6.3 Massenmedien -- öffentliche Meinung](#massenmedien-%C3%B6ffentliche-meinung) 25** **[6.4 Öffentlichkeit und Privatheit](#%C3%B6ffentlichkeit-und-privatheit) 27** **[6.5 Öffentlichkeit und Social Media](#%C3%B6ffentlichkeit-und-social-media) 27** **[8.1 Alltagswissen vs. Wissenschaftliches Wissen](#alltagswissen-vs.-wissenschaftliches-wissen) 29** **[8.2 Empirische Sozialforschung bzw. Kommunikationsforschung](#empirische-sozialforschung-bzw.-kommunikationsforschung) 30** **[8.3 Empirische Sozialforschung -- Die zwei Paradigmen](#empirische-sozialforschung-die-zwei-paradigmen) 30** **[8.4 Methoden der empirischen Sozialforschung](#methoden-der-empirischen-sozialforschung) 33** **[8.5 Ansprüche an wissenschaftliches Arbeiten -- Wissenschaftliche und methodische Gütekriterien](#anspr%C3%BCche-an-wissenschaftliches-arbeiten-wissenschaftliche-und-methodische-g%C3%BCtekriterien) 35** **[9.1 Nachrichtenagenturen](#nachrichtenagenturen) 36** **[9.2 Medienkompetenz](#medienkompetenz) 38** **[9.3 Internetökonomie & Paid Content](#internet%C3%B6konomie-paid-content) 41** **[9.4 Migration & Medien](#migration-medien) 44** **[9.5 Aktuelle Herausforderungen der Kommunikationsbranche](#aktuelle-herausforderungen-der-kommunikationsbranche) 45** **Vorwort** Dieses Skriptum dient zur Studienvorbereitung für das Bakkalaureats-Studium Publizistik und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien und ist gleichzeitig der Lernbehelf für die Aufnahmeprüfung im Zuge des Aufnahmeverfahrens. Während es bei anderen Studienrichtungen implizite (und in einigen auch explizite) Studienvoraussetzungen gibt -- so muss man etwa beim Studium der Anglistik entsprechende Schulkenntnisse in Englisch haben -- ist in der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft scheinbar ein „voraussetzungsfreies" Studium möglich. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Studien, für die es in den Lehrplänen der AHS/BHS entsprechende Unterrichtsgegenstände gibt, ist „Medienerziehung" nur als (fächerüber greifendes) Unterrichtsprinzip in der Schule verankert. Keinesfalls kann man also von einem verbindlichen Niveau an Medienkompetenz als Basis eines Universitätsstudiums, das sich schwerpunktmäßig mit Medien und ihrer Rolle in der Gesellschaft beschäftigt, ausgehen. Diese Lücke zu schließen, ist Sinn und Zweck dieses Skriptums zur „Studienvorbereitung Publizistik- und Kommunikationswissenschaft", die Lektüre soll die Studierfähigkeit für dieses Fach erhöhen und damit die Grundlage für ein sinnvolles und erfolgreiches Studium legen. Studierfähigkeit im allgemeinen und besonders für das Studium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (Kapitel 1) muß -- je nach Vorbildung und -erfahrungen -- entwickelt, allfällige Defizite müssen erkannt und ausgeglichen werden. Natürlich ist es dabei auch wichtig, sich grundsätzlich mit Begriffen wie Wissenschaft (Kapitel 2), Kommunikationswissenschaft und ihrem Selbstverständnis sowie deren Schwerpunkten am Wiener Institut auseinander zu setzen (Kapitel 3). Entlang des Bakkalaureats-Studienplans Publizistik- und Kommunikationswissenschaft und seiner Studienfächer wird sowohl die Interdisziplinarität des Studiums aufgezeigt (Kapitel 4) als auch in die Praxisfelder der gesellschaftlichen Kommunikation eingeführt (Kapitel 5). Für die Beschäftigung mit den Praxisfeldern der gesellschaftlichen Kommunikation bzw. das Arbeiten in diesem Umfeld ist ein Begriff zentral: Öffentlichkeit. Die Auseinandersetzung mit diesem Begriff aus unterschiedlichen Perspektiven bildet nicht nur eine Grundlage für das Studium, sondern auch für eine spätere Berufstätigkeit. Dazu sind einerseits theoretisch-abstrakte Kenntnisse zum Begriff Öffentlichkeit notwendig, andererseits auch praktische Kenntnisse jener Institutionen und Akteure, die in der Lage sind, Öffentlichkeit zu schaffen (Medien und Medienakteure). Als Basis werden dazu die Begriffe Öffentlichkeit und öffentliche Meinung thematisiert (Kapitel 6) sowie ein knapper Überblick über die österreichische Medienlandschaft gegeben (Kapitel 7). Als Universitätsstudium hat Publizistik- und Kommunikationswissenschaft natürlich auch einen großen Forschungsbezug. Als Einführung in diesen Bereich wird ein erster Überblick über den großen Komplex der sozialwissenschaftlichen Forschung gegeben, der einen gewichtigen Teil des Studiums darstellt (Kapitel 8). Schließlich werden einige zentrale und aktuell bedeutsame Begriffe rund um die Öffentliche Kommunikation ausgewählt, um anhand einer kleinen Auswahl an spannenden Aspekten die Vielfältigkeit und die gesellschaftliche Relevanz der Disziplin aufzuzeigen (Kapitel 9). So wird ein besonderer Akteur im Rahmen der Öffentlichen Kommunikation vorgestellt (*Nachrichtenagentur*), die Basiskompetenz für den Umgang mit Medien erläutert (*Medienkompetenz*), ein Schlaglicht auf eine medienökonomische Entwicklung im Zusammenhang mit der Finanzierung von Medien und der Internetökonomie geworfen (*Paid Content*), beispielhaft die herausragende Bedeutung von Medien bei gesamtgesellschaftlichen Prozessen diskutiert (*Migration & Medien*) sowie Situation und Herausforderungen der Kommunikationsbranchen dargestellt, um ein realistisches Bild über den aktuellen Stand jener Bereiche zu geben, in dem die Absolvent/innen des Studiums Publizistik- und Kommunikationswissenschaft arbeiten wollen. Diese Bestandsaufnahme basiert auf Inputs von jenen Lektor/innen, die in den Lehrveranstaltungen zu den Praxisfeldern der gesellschaftlichen Kommunikation unterrichten und selbst im Journalismus, der PR, der Werbung sowie der Markt- und Meinungsforschung tätig sind. An der Entstehung dieses Skriptums waren zahlreiche Personen beteiligt -- unser Dank gilt Muna Agha, Florian Arendt, Nicole Behounek, Roland Burkart, Astrid Dietrich, Oliver Gruber, Hannes Haas, Petra Herczeg und Wolfgang Vyslozil für die Unterstützung bei der Entstehung des Textes. Klaus Lojka Julia Wippersberg Wien, Februar 2021 *Im Dienste einer erleichterten Lesbarkeit wurde im Skriptum von einer „gegenderten" Ausdrucksweise Abstand genommen.* 1 Studierfähigkeit -- Die Basis und Grundvoraussetzung- kommunikationswissenschaftlichen und kommunikations praktischen Arbeitens Um erfolgreich (kommunikations)wissenschaftlich arbeiten zu können, braucht es grundlegende Kompetenzen. Gerade Studienanfänger sollten sich möglichst bald darüber klar werden, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten sie mitbringen bzw. weiter entwickeln müssen, um studierfähig zu sein. Studierfähigkeit ist nicht aufgrund einer „Reifeprüfung" (Matura, Abitur) oder Studienbeechtigungsprüfung automatisch gegeben, schon gar nicht in Bezug auf ein bestimmtes Studium, etwa Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Auch einzelne Noten (etwa ein „sehr gut" in Deutsch) sind kein Garant für studienspezifische Studierfähigkeit, genauso wenig wie ein Notenschnitt (numerus clausus). Dem österreichischen Hochschulrecht sind Überprüfungen der Studierfähigkeit nicht fremd, etwa die künstlerische (Kunstuniversitäten) bzw. körperlich-motorische Eignung (Sportwissenschaften). Auch in Fachhochschulen wird die Zulassung zum Studium nach Durchführung eines Verfahrens vorgenommen, in dem die Studierfähigkeit überprüft wird. Leider gibt es keine fundierten Untersuchungen, in denen Studierfähigkeit je nach Studienrichtung festgelegt wird. So fehlt es auch an einem breit diskutierten Kompetenzkatalog für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Natürlich lassen sich aber Überlegungen zur Studierfähigkeit aus anderen Studienrichtungen adaptieren.So beschreibt etwa der Deutsche Hochschulverband die Voraussetzungen für das Studium der Geschichte wie folgt (vgl. Deutscher Hochschulverband, 1987: 9): **Fähigkeiten:** [Selbständige Neugier] Der Drang, Neues zu erfahren, und die Bereitschaft sich den Zugang dazu notfalls (sic!) auf eigene Faust zu verschaffen. [Fleiß] Die Bereitschaft, eine Menge von Zeit für Lektüre und Problemlösen aufzuwenden. [Aufnahmefähigkeit] Immer wieder erneuerte Konzentration auf Vorgetragenes und Gelesenes, zum Erkennen und Niederschreiben (Mitschrift, Exzerpt) der wesentlichen Argumentationslinien und der wichtigeren Daten. [Ausdrucksfähigkeit] Die Fähigkeit und der Mut, eigene Gedanken zu formulieren und in der Diskussion vorzutragen. Die Fähigkeit, eigene Texte orthographisch, grammatikalisch und stilistisch korrekt zu verfassen. **Fertigkeiten:** [Übung im Sammeln von Informationen] [Lesefertigkeit] (auch in Fremdsprachen) Schon auf den ersten Blick wird erkennbar, dass diese Elemente der Studierfähigkeit auch für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft Geltung haben. Betrachtet man die Fähigkeiten und Fertigkeiten näher, wird aber auch ersichtlich, dass sie auch Grundlagen in allen Berufen sind, für die dieses Studium vorbildet. So ist etwa Neugier eine Grundvoraussetzung für Journalismus, Aufnahmefähigkeit verstanden als Erkennen und Niederschreiben von Wesentlichem beim Besuch von Pressekonferenzen unabdingbar genauso wie Ausdrucksfähigkeit beim Schreiben eines Berichtes. Und dass es für Journalismus wichtig ist, gute Recherchefähigkeiten zu haben, ist ebenfalls evident. Da sich auch die Parallelen zu den Anforderungen in anderen Praxisfeldern der gesell schaftlichen Kommunikation (Öffentlichkeitsarbeit, Werbung, Markt- und Meinungsforschung) unschwer ziehen lassen, kann man festhalten: Die Studierfähigkeit und deren (Weiter-) Entwicklung ist nicht nur für ein erfolgreiches Studium, sondern auch für Berufseinstieg und - karriere essenziell! Es lohnt daher, sich noch etwas näher mit der Studierfähigkeit als Basis kommunikationswissenschaftlichen (und -- wie sich zeigen wird -- auch berufspraktischen) Arbeitens zu beschäftigen. Studierfähigkeit ist die Fähigkeit, studieren zu können und mit Erfolg ein Universitätsstudium zu absolvieren; sie beinhaltet kognitive, persönliche und praktische Fähigkeiten. Für das Studium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft lassen sich (in Anlehnung an eine Zusammenstellung der Humboldt-Universität zu Berlin) diese Komponenten wie folgt zusammenfassen^1^. ^1^ Vgl. http://www.hochschulverband.de/cms/fileadmin/pdf/workshop/Vortrag2.pdf (25.9.2008) Die **kognitiven Fähigkeiten** beinhalten: \- → Analytische Fähigkeiten \- → Abstraktionsfähigkeit \- → Differenzierungsvermögen \- → Synthesefähigkeit \- → Transferfähigkeit \- → Kreativität \- → Sprachliche Ausdrucksfähigkeit **Persönliche Fähigkeiten und Einstellungen** bedeuten: \- → Inhaltliches Interesse \- → Leistungsmotivation \- → Zielstrebigkeit, Beharrlichkeit \- → Eigeninitiative \- → Selbstorganisation \- → Hohes Anspruchsniveau \- → Fähigkeit zur Selbstreflexion Die **praktischen Fähigkeiten** bestehen aus: \- → Genauigkeit \- → Fremdsprachenkenntnissen \- → Computerkenntnissen \- → Recherchefähigkeit \- → Regelmäßigem ausführlichen Medienkonsum \- → Konsum von Berichterstattung über Medien Wieder ist leicht erkennbar, dass diese Fähigkeiten auch zu den „basic skills" für Kommunikationsberufe gehören. Das trifft auch und insbesondere auf den regelmäßigen ausführlichen Medienkonsum zu. „Medienwissen" wird nicht nur bei den Bewerbern von z. B. Journalistenausbildungsgängen getestet, sondern auch im Rahmen von Aufnahmegesprächen oder von Assessment-Centers. Für das kommunikationswissenschaftliche Arbeiten ist das Wissen um Medien und ihre Inhalte ebenfalls unabdingbar. Wie sollen sich sonst Problem- bzw. Fragestellungen für wissenschaftliche Arbeiten (Proseminararbeiten, Seminararbeiten, Bakkalaureatsarbeiten, Magisterarbeiten, etc.) erkennen lassen? Diese Kompetenz ist -- wie einige andere -- nur durch Eigeninitiative zu erwerben, es kann nicht Aufgabe des Studiums sein, gemeinsam z. B. Zeitung zu lesen (etwas, das z. B. in Journalistenschulen zum morgendlichen Pflichtprogramm gehört\....) Wieder andere Elemente der Studierfähigkeiten werden aber im Rahmen der Studien eingangsphase gezielt gefördert, insbesondere auch in den (e)Fachtutorien. Die STEP Lehrveranstaltungen (inklusive der Tutorien) sind so gestaltet, dass (möglichst im Verlauf des ersten Semesters) das Erkennen von Defiziten bei einzelnen Elementen der Studierfähigkeit ermöglicht wird, aber auch einzelne Fähigkeiten gezielt gefördert werden. Eine große Gefahr besteht darin, sich dieser Aufgabe nicht zu stellen oder sie sich zu leicht zu machen, etwa indem man sich der unterschiedlichen „Services" im Internet bedient. Statt z. B. einen Text selbst zu bearbeiten, bedient man sich einer Zusammenfassung, schreibt also dann eine Zusammenfassung der Zusammenfassung oder noch schlimmer: übernimmt gleich ganze Passagen oder den ganzen aufgefundenen Text. Dies ist Betrug -- und gleichermaßen Selbstbetrug! Abgesehen davon, dass auch Lehrveranstaltungsleiter und Tutoren „googeln" können, ist diese „Copy and Paste"-Vorgehensweise der sichere Weg, im weiteren Studienverlauf an die (zu engen) Grenzen seines Wissens zu stoßen bzw. den Anforderungen nicht (mehr) zu genügen. Studierfähigkeit ist nicht nur Thema von Hochschulverbänden und sonstigen Gremien. Hier die Ergebnisse einer Rundfrage unter unseren Publizistik-Lehrenden mit folgenden Fragen zur Studierfähigkeit: \- → Wofür sollte man sich interessieren? \- → Was sollte man gern machen? \- → Was sollte man mitbringen? Die Antworten werden unkommentiert präsentiert -- jede/r kann sich nun selbst ein Bild davon machen, wie sehr er/sie diesen Anforderungen entspricht. Der Einstieg in die Kommunikationsbranche -- egal in welches Fachgebiet -- erfordert exzessiven, hungrigen und themenübergreifenden Medienkonsum. Wer nach zwei Tagen ohne Nachrichten nicht gefährliche, gesundheitsbedrohende Entzugserscheinungen spürt, der sollte die Finger davon lassen. Das gilt auch für Marketing und Werbung. \*\*\*\*\* Heller Kopf. Mit offenen Augen durchs Leben gehend, offen für alles. Gute Allgemeinbildung, hohes Interesse am täglichen Geschehen - im Hinblick auf Wirtschaft und Politik (und die Verknüpfung aus beidem). Konsum aller Medienformen. Interesse auch an weltweiten Geschehen, Interesse für fremde Kulturen und Sitten. Kommunikativer Typ. Kann Unterhaltungen mit Menschen jeder Kultur und jedem Bildungsstand und sozialem Status führen - und sich dabei jeweils einfühlen. \*\*\*\*\* Kann ZUHÖREN und das Gehörte erfassen und verarbeiten. Vernetztes Denkvermögen. Lösungsorientierung. Ausdauer. Schnelle Auffassungsgabe. \*\*\*\*\* Freude an Recherchen, Einarbeiten auch in Themen in denen man nicht so sattelfest ist oder auch gar kein Wissen hat. Freude am Reden/Vortragen (zur passenden Zeit), kein Problem vor einem Auditorium zu präsentieren. Hinterfragen Organisationsfähigkeit Stressresistent, bewahren eines kühlen Kopfes auch in heiklen Situationen. vernetztes Denken, Liebe zur Sprache und Ausdrucksweise, das Leben (Einfühlen) in verschiedenste Welten (Kultur/Zeichen/Sprachen,\... verschiedenster (Ziel-)Gruppen. Interesse für Kunst, Literatur, Musik, etc. Lust an \"Neuem\", Entdecker- und Erfindungsgeist. Fantasie (ohne den Bezug zur Realität zu verlieren). \*\*\*\*\* Verständnis und Interesse für grundlegende Zusammenhänge, die sich hinter bestimmten Phänomenen verbergen. Mitzubringende Fähigkeiten: Allgemeinbildung, Reflexionsfähigkeit, Selbstorganisation, Eigenmotivation (Stichwort: kultivierte Ausdauer); Aufnahme und Verarbeitungskompetenz von wissenschaftlichen Arbeiten (inkludiert die Bereitschaft Texte zu lesen und komplexe Inhalte zu verarbeiten), Interesse für die präzise Beschreibung und Reflexion von komplexen Sachverhalten. Es geht auch um das Interesse an sozialwissenschaftlichen Methoden (dies umfasst auch statistische Verfahren, die in den Sozialwissenschaften eingesetzt werden). \*\*\*\*\* Interessieren für: Politik, Wirtschaft und in einem gewissen Mindestmaß: Technik/ technische Entwicklung. Gern machen: Zuhören, Schreiben, Lernen, Diskutieren, Reden, Lösen, Nachdenken, Hinterfragen, Organisieren, Suchen. Mitbringen: Ein Mindestmaß an Weltwissen, Inter-esse (im Sinne von „dabei sein"), Neugier (das Wie? und Wieso? verstehen wollen), der Drang Dinge zu hinterfragen: Und natürlich sollen sie eines mitbringen: Mut. \*\*\*\*\* Für die Studierfähigkeit gilt: ganz verschiedenartige komplexe Inhalte rasch verstehen und bewerten zu können. Und die Inhalte auch aufeinander beziehen zu können („vernetztes Denken") \*\*\*\*\* Die meisten Studierenden gehen wohl immer noch mit den falschen Erwartungen in das Studium. Sie erwarten mehr Praxis, mehr hands-on-Wissen statt wissenschaftlichen Hintergrund. Voraussetzung ist also sich für die Theorien und die Wissenschaft der Kommunikation und Medien zu interessieren, die meiner Erfahrung nach eine sehr wichtige Basis für die Praxis bilden. Man sollte sich gerne in Literatur einlesen und sich mit Themenkomplexen als „Forscher" beschäftigen und eigene Ideen und Theorien entwickeln. Mitzubringen sind ganz allgemein Selbstorganisation, Eigeninitiative und das Interesse hinter die „Fassade" der Kommunikation/Medien zu blicken. \*\*\*\*\* Das Studium bildet eine wichtige Wissensbasis und zeigt Möglichkeiten und Chancen für spätere Berufe auf. Und an diesem Punkt ist dann Eigeninitiative gefragt, um Praxis- und Berufserfahrungen zu sammeln. \*\*\*\*\* Wofür sollte man sich interessieren? Für das gesamte öffentliche Geschehen (Politik, Wirtschaft, Kultur, Chronik, Sport), für die Frage, was findet auf welchem Weg in welches Medium sowie für die Entwicklung der Medienlandschaft. Was sollte man gern machen? Frei sprechen, gerne etwas berichten oder erzählen. Gute Sätze formulieren, keine „irgendwelche" oder „irgendwas" Worte benutzen, sondern Sätze mit Subjekt, Prädikat und Objekt. Gerne schreiben sowie lesen. Was sollte man mitbringen? Eine umfassende Allgemeinbildung und Bereitschaft Niederlagen gut einzustecken, aufzustehen und daraus zu lernen. \*\*\*\*\* Zentrale Voraussetzung für ein Studium sollte sein: Die Lust/Freude am Lesen (Medienkonsum, auch Qualitätsmedien und Bücher!) sowie die Lust am Schreiben, Konzeptionieren, Interesse an Kommunikationsprozessen, Interesse an Menschen und Freude an Veränderungen: Kaum ein Studienfach hat so viele Facetten zu bieten, die so viel Kreativität zulassen und so viel Freude bereiten. \*\*\*\*\* Grundsätzlich ist ein gehöriges Maß an eigener politische Bildung extrem wichtig. Nicht nur Polit-RedakteurInnen brauchen das, sondern auch jene, die PR für Betriebe machen, deren Produkt an sich als unpolitisch angesehen werden kann -- denn sie müssen Wechselwirkungen und Netzwerksnotwendigkeiten erkennen und abschätzen. Die Grundzüge der politischen und wirtschaftlichen Prozesse sollten bereits mitgebracht werden. Ebenso wie auch die Entscheidungswege auf politischer Ebene... zumindest rudimentär! Eine möglichst breite Basis zeitgeschichtlich relevanter Ereignisse und Abfolgen erscheint mir zudem als Voraussetzung für jene, die dereinst im Bereich PR oder Journalismus tätig sein wollen. Auch wer Fashion-PR machen möchte, tut sich leichter, wenn er weiß in welche Phase welche Fashion-Trends gefallen sind - zumal die sich ja in Ansätzen auch wiederholen... Ansonsten sind va schriftliche und mündliche Ausdrucksfähigkeit sowie soziale Kompetenzen erforderlich. \*\*\*\*\* Studienbeginner sollten sich sowohl für die Inhalte (massen)medialer Kommunikation interessieren als auch eine Sensibilität für das Zusammenspiel von Kommunikation und Technologie aufweisen. Eine Beobachtung über mehrere Jahre: Leute, die aus Eigeninitiative publizieren (Blogs, Foren etc.), sind in dieser Hinsicht sehr viel fitter. \*\*\*\*\* Interesse an klassischen und modernen Medien und deren Auswirkungen in der Gesellschaft Interesse an den Themen Journalismus, Öffentlichkeitsarbeit, Politik, Werbung, „neue" Medien/Medienwandel und Unterhaltungsmedien Interesse an einem wissenschaftlichen Studium Freude an der Kommunikation durch und über Medien Fähigkeit zum kritischen Denken Offenheit für die vielfältigen Berufsmöglichkeiten, die sich nach dem Studium bieten \*\*\*\*\* Interesse am (politischen) Tagesgeschehen und entsprechendes Rezipieren von Nachrichtenmedien Interesse an der Rolle von Medien in der Gesellschaft und entsprechende eigenständige Lektüre Interesse an der kritischen Würdigung und strukturierten Analyse bzw. dem Hinterfragen von Phänomenen der „Mediengesellschaft" und Bereitschaft, sich diesen mit empirischen Methoden zu nähern. Fähigkeit zur Selbstorganisation (Zeitmanagement, Einhalten von Fristen bzw. Deadlines sowie Abgabemodalitäten, Versäumtes selbständig nachholen -- Bereitschaft und Fähigkeit zum Networking mit KommilitonInnen!, Selbstverwaltung von Terminen (z. B. vereinbarte Referatstermine). Fähigkeit und Bereitschaft zur eigenständigen Vertiefung in vermittelte Inhalte (Bereitschaft und Fähigkeit zur Nutzung von bereitgestellten LV-Materialien (Nachlesen) sowie Bereitschaft zur eigenständigen Recherche und Lektüre relevanter Quellen. Fähigkeit grundlegende im Web bzw. in LV-Materialien bereitgestellte Informationen selbständig zu \"recherchieren\" („Wo ist Hörsaal XY"? „Wann ist Ihre Sprechstunde?" „Wo ist Ihr Büro?",\...) Adäquate mündliche (persönlich) und schriftliche (e-Mail) Umgangsformen (z. B. Anrede und abschließende Grußformel in e-Mails und Fähigkeit, Anfragen bzw. Informationen auf den Punkt zu bringen und klar ausdrücken zu können). \*\*\*\*\* Interesse an wirtschaftlichen Phänomenen auf gesellschaftlicher, institutioneller und individueller Ebene. Die Untersuchung von Zusammenhängen zwischen diesen Ebenen setzt analytisches Denken voraus, ebenso als Mindestvoraussetzung die Bereitschaft zu interdisziplinärer Arbeit. 2 Publizistik- und Kommunikationswissenschaft als Wissenschaft -- und als Sozialwissenschaft Die Publizistik- Kommunikationswissenschaft wird den Sozialwissenschaften zugerechnet und zählt damit zu einem bestimmten Wissenschaftstypus. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, Wissenschaften zu typisieren (näher dazu: Seiffert, 1997). 2.1 Was ist eigentlich eine Wissenschaft? ========================================= Sucht man nach Definitionen des Begriffs „Wissenschaft", wird man rasch fündig. Allein im Brockhaus (einer führenden deutschsprachigen Enzyklopädie) finden sich mehrere Begriffsbestimmungen: Demnach ist Wissenschaft der „Inbegriff menschl. Wissens einer Epoche, das systematisch gesammelt, aufbewahrt, gelehrt und tradiert wird." (Brockhaus, 1998: 291) Weiters heißt es: „Wissenschaft meint auch den method\[ischen\] Prozess intersubjektiv nachvollziehbaren Forschens und Erkennens aufgrund eines Interesses, die Wirklichkeit der Natur, der Gesellschaft oder des menschl. Geistes zu erschließen, sowie die Institutionalisierung des Wissensbestandes und aller darauf bezogenen Aktivitäten im Rahmen einer Gesellschaft." (ebd.) Wenn vom „Interesse" am Forschen und Erkennen die Rede ist, dann kann man nach dem Sinn und Zweck bzw. nach dem Ziel wissenschaftlichen Wissenserwerbs fragen. Neben dem Hinweis auf das Entwickeln von Theorien wird dabei auch auf den praktischen Nutzen von Wissenschaft verwiesen: „Wissenschaft könnte somit allgemein als Erarbeitung von gesellschaftlich nutzbarem Wissen durch Theoriebildung, Forschung und Anwendung ihrer Erkenntnisse begriffen werden." (Dahinden/Hättenschwiler, 2001: 491) Ganz pragmatisch kann man schließlich feststellen: „Wissenschaft ist dort, wo diejenigen, die als Wissenschaftler angesehen werden, nach allgemein als wissenschaftlich anerkannten Kriterien forschend arbeiten." (Seiffert/Radnitzky, 1994: 391) Auch wenn die zitierten Definitionen nicht deckungsgleich sind, zeigen sie in Summe doch die wichtigsten Bestandteile des Begriffs „Wissenschaft": - die **Forschung**, als die systematische Erarbeitung von Wissen mit Hilfe bestimmter innerhalb der Wissenschaft anerkannter Forschungsmethoden bzw. Methoden der Erkenntnisgewinnung, - die daraus resultierenden **Erkenntnisse** und Theorien, die das zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhandene wissenschaftliche Wissen darstellen, (eine **Theorie** ist dabei die Gesamtheit logisch zusammenhängender Urteile über Teile der Realität. Sie erfüllt drei Funktionen: Darstellungs-, Erklärungs- und Prognosefunktion. Der Theoriebegriff ist nach wie vor unscharf. Weil die Komplexität des Untersuchungsgegenstandes „soziale Realität" viel zu umfassend ist, um jemals Gesetzesaussagen naturwissenschaftlicher Strenge zuzulassen, herrscht mittlerweile Konsens, dass selbst die bestgeprüften sozialwissenschaftlichen Theorien immer nur „Theorien mittlerer Reichweite" (Merton, 1968^2^zit. nach Burkart, 2002: 186f.) sein können, d.h. ihre Gültigkeit ist in der Regel raum- und / oder zeitabhängig. - die systematische **Sammlung und Dokumentation** dieses Wissens, - → die **Lehre bzw. Weitergabe** dieses Wissens, insbesondere die Ausbildung der Studierenden an den Universitäten, - das **institutionelle Gefüge** (Universitäten, Hochschulen, Forschungsinstitute...), in denen all diese Tätigkeiten stattfinden, - und die Nützlichkeit des Wissens **für die Gesellschaft**. Diese „Nützlichkeit" ist freilich nicht immer gleich einsehbar (z.B. im Fall von Grundlagenforschung), aber letztendlich ist jede Wissenschaft dazu da, Probleme mit Hilfe der gewonnenen Einsichten zu lösen oder wenigstens zu minimieren. Nun ist es für die Tätigkeit der Wissenschaftler nicht unerheblich, welchen Ausschnitt der uns umgebenden Wirklichkeit sie untersuchen. Je nach Untersuchungsgegenstand (= Materialobjekt) und Untersuchungsperspektive (= Formalobjekt) werden unterschiedliche Wissenschaftsbereiche unterschieden, die zumeist auch mit bestimmten Forschungstraditionen verbunden sind. Als eine derartige Grobdifferenzierung kann gelten: Natur-, Technik-, Geistes- und Sozialwissenschaften. Innerhalb dieser Bereiche können dann wiederum unterschiedliche Fächer bzw. Disziplinen unterschieden werden. Die folgende grobe Einteilung zeigt eine im vorliegenden Kontext sinnvolle Möglichkeit auf, unterschiedliche Typen von Wissenschaften zu unterscheiden. ### **Typologie von Wissenschaft** ^2^ Merton, Robert K. (1968): Social Theory and Social Structures. New York. #### Naturwissenschaften Der Gegenstand der Naturwissenschaften ist die unbelebte und die belebte Natur, also die anorganische Materie und das organische Leben. Die Gegenstände der Naturwissenschaft haben sich zunächst unabhängig vom Menschen und dessen Handeln entwickelt. Für die Naturwissenschaften ist eine bestimmte (in der Regel: quantifizierende) Forschungsmethodik typisch: Zu Beginn des Forschungsprozesses werden Annahmen (Hypothesen) aufgestellt, die dann empirisch (erfahrungswissenschaftlich) überprüft werden. Ziel ist die Entwicklung möglichst allgemeingültiger Theorien, welche die untersuchten Phänomene erklären und Prognosen zukünftiger Entwicklungen erlauben. Beispiele für naturwissenschaftliche Fächer sind Physik, Chemie, Astronomie, Geologie sowie die biologischen Wissenschaften (allgemeine Biologie, Botanik, Zoologie, etc.). #### Strukturwissenschaften In die sog. Strukturwissenschaften werden Disziplinen wie Mathematik und Informatik zugeordnet. Im Mittelpunkt stehen im Gegensatz zu anderen Wissenschaften nicht die Erforschung tatsächlicher Gegebenheiten in engerem Kontext, sondern die Methoden zu diesem Zweck. Zu den Strukturwissenschaften werden von den Befürwortern dieser Wissenschaftskategorie folgende Forschungsbereiche gezählt: Mathematik, Theoretische Informatik, Logik, Informationstheorie, Systemtheorie, Kybernetik, Synergetik. Der Begriff „Strukturwissenschaft" wurde 1971 von Carl Friedrich von Weizsäcker geprägt. Bernd-Olaf Küppers beschrieb im Jahr 1997 Strukturwissenschaften als Bindeglied zwischen Natur- und Geisteswissenschaft. In früheren Zeiten sprach man von Vernunftwissenschaft, die man der Erfahrungswissenschaft entgegenstellte. #### Technikwissenschaften / Ingenieurwissenschaften Mit den Naturwissenschaften „verwandt" aber doch eigenständig sind die Technik wissenschaften, auch Ingenieurwissenschaften genannt. Sie verstehen sich als angewandte Wissenschaften, deren zentrales Bestreben die Umsetzung der in den Naturwissenschaften gewonnenen Erkenntnisse und die Entwicklung konkreter Anwendungen ist. Typische Beispiele für die Ingenieurwissenschaften sind Maschinenbau, Elektrotechnik, Bauwesen und Verfahrenstechnik. #### Kulturwissenschaften Darunter fallen alle jene Disziplinen, die sich mit den Produkten des menschlichen Denkens und Handelns auseinandersetzen. Der große Bereich dieser Kulturwissenschaften kann nochmals in Geistes- und Sozialwissenschaften unterteilt werden. #### Geisteswissenschaften Die Geisteswissenschaften beschäftigen sich mit dem menschlichen Geist und dessen Schöpfungen (ihren kulturellen Produkten, den sog. „Hervorbringungen des menschlichen Geistes"), wozu insbesondere Recht, Religion, Geschichte, Sprache, Literatur, Kunst, Kultur - und eben auch die entsprechenden Wissenschaften zählen. Die bewusste Abgrenzung von den Natur- und Technikwissenschaften und die Herausbildung einer eigenständigen Identität als „Geisteswissenschaften" erfolgte erst im 19. Jahrhundert, als traditionelle Disziplinen wie Geschichte, Literatur-, Sprach- und Kunstwissenschaft durch die Erfolge der naturwissenschaftlichen Forschung herausgefordert wurden. Nicht nur im Gegenstand (geistige Schöpfungen im Gegensatz zu (un-)belebter Natur) sondern auch in der Methodik grenzen sich die Geisteswissenschaften von den Natur wissenschaften ab. Nicht so sehr die Suche nach allgemeinen Gesetzen (nomothetisches Vorgehen) steht hier im Vordergrund, sondern das Verstehen und die genaue Beschreibung von Einmaligem (idiographisches Vorgehen). Dabei bedienen sich die Geisteswissenschaftler hermeneutischer bzw. interpretativer Verfahren und historischer Forschungsmethoden. Die **Hermeneutik** ist die Wissenschaft und Kunst der Textauslegung, Textinterpretation. Ursprünglich war dies die Lehre vom Verstehen, Deuten oder Auslegen von Kunstwerken, wie literarischen Werken, Gemälden, Musikstücken, historischen Quellen, Filmen, Denkmälern, aber auch der mündlichen Rede. Typische geisteswissenschaftliche Disziplinen sind alle geschichtswissenschaftlichen Fächer, sämtliche Sprachwissenschaften sowie Literatur- und Theaterwissenschaft. #### Sozialwissenschaften / Gesellschaftswissenschaften Im 19. und 20. Jahrhundert entwickelten sich die Sozialwissenschaften als eigenständiger Wissenschaftsbereich -- etymologisch abgeleitet vom lateinischen „Socius" (der Gefährte) oder „socialis" für gemeinschaftsbildend, die Gemeinschaft / Gesellschaft betreffend. Diese Wissenschaften werden deshalb auch als „Gesellschaftswissenschaften" bezeichnet. Im Zentrum steht „soziales Handeln" -- zielgerichtetes und bewußtes Handeln im Hinblick auf andere; Handeln, das auf andere / Dritte ausgerichtet ist (Vgl. Max Weber). Die Sozialwissenschaften rücken die Beziehungen zwischen den Menschen in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung. Es geht ihnen um die Ursachen, Abläufe und Ergebnisse menschlichen Handelns. Untersucht werden die Beziehungen der Menschen untereinander, sei es auf individueller Ebene (Verhalten und Handeln einzelner Individuen) oder auf gesellschaftlicher Ebene (gesellschaftliche Institutionen und Systeme). Sozialwissenschaft beschäftigt sich also grob gesagt mit dem Zusammenleben der Menschen in Gemein- und Gesellschaften und wie dieses organisiert ist, sowie welche Gruppen, Rollen, Institutionen, Organisationen, Kommunikationen es gibt und wie sie miteinander in Beziehung stehen. Die Methodik der Sozialwissenschaften orientiert sich einerseits sehr stark am natur wissenschaftlichen Forschungsideal (Hypothesenbildung und -überprüfung) und verwendet empirische Erhebungsmethoden wie Befragung, Beobachtung, Experiment und Inhaltsanalyse. Andererseits finden auch geisteswissenschaftliche Methoden (hermeneutisch-interpretative Verfahren, historische, phänomenologische Forschungs methoden) Verwendung. Typische sozialwissenschaftliche Fächer sind Soziologie, Politikwissenschaft, Psychologie, Pädagogik/Erziehungswissenschaft, Ethnologie, Kultur- und Sozialanthropologie, die Wirtschaftswissenschaften sowie eben die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Darüber hinaus gibt es in natur- und geisteswissenschaftlichen Disziplinen Fachbereiche, die sich mit sozialen Zusammenhängen beschäftigen (Sozial-Geschichte, -Philosophie, - Geographie\...). Angesichts der Tendenzen zum interdisziplinären Arbeiten ist diese Unterscheidung bisweilen relativiert worden. Eine modernere Begriffsbildung fasst mit der Bezeichnung **Humanwissenschaften** alle Wissenschaften zusammen, die irgendeinen Aspekt der Menschen zum Untersuchungsgegenstand haben. Darunter fallen sowohl die Geistes- und Sozialwissenschaften als auch wenige Naturwissenschaften wie beispielsweise die Humanbiologie oder Medizin. Bei manchen Disziplinen gibt es Einordnungsprobleme, z. B. bei der Psychologie. Sie ist eine empirische Wissenschaft. Sie beschreibt und erklärt das Erleben und Verhalten des Menschen, seine Entwicklung im Laufe des Lebens und alle dafür maßgeblichen inneren und äußeren Ursachen und Bedingungen. Psychologie ist als Wissenschaft bereichsübergreifend. Sie lässt sich nicht den Naturwissenschaften, Sozialwissenschaften oder den Geisteswissenschaften jeweils allein zuordnen. An der Universität Wien gibt es eine eigene Fakultät für Sozialwissenschaften, der auch das Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft zugeordnet ist -- siehe dazu http://www.univie.ac.at/sowi/. Wie kann nun die Disziplin „Publizistik- und Kommunikationswissenschaft" definiert werden? Welchen Ausschnitt der uns umgebenden Wirklichkeit analysiert dieses Fach? 2.2 Kommunikationswissenschaft ============================== Unter Kommunikationswissenschaft wird die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Prozess der menschlichen Kommunikation verstanden. Ziel kommunikationswissen schaftlicher Forschung ist ein besseres Verständnis des Kommunikationsprozesses, seiner Teile, seiner Rahmenbedingungen, seiner Ursachen und Auswirkungen, seiner Funktionen sowie seines Wandels im Lauf der Geschichte. Die Kommunikationswissenschaft beschäftigt sich dabei mit den unterschiedlichen Formen menschlicher Kommunikation: sowohl die unmittelbare, interpersonelle Kommunikation als auch die Kommunikation mit Hilfe von (Massen-)Medien, sowie neuerdings auch die sog. „Onlinekommunikation" (via Computer) werden untersucht. 2.2.1 Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (PKW) ------------------------------------------------------- Bei der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft steht die öffentliche, (massen-) medial vermittelte Kommunikation stärker im Vordergrund, die heute immer häufiger auch „online" erfolgt. Es werden v.a. Prozesse der öffentlichen Kommunikation -- mit anderen Worten der Massenkommunikation -- untersucht. Dies legt schon der Begriff „Publizistik" nahe: er steht für die via Massenmedien öffentlich verbreiteten Aussagen. **Publizistik** lässt sich etymologisch auf das lateinische Verbum „publicare" (veröffentlichen, öffentlich machen) bzw. das lateinische „publicus" für öffentlich zurückführen und verweist damit auf einen öffentlichen Kommunikationsprozess. „Öffentlich" heißt in diesem Zusammenhang vor allem „öffentlich zugänglich": Gemeint ist damit, dass grundsätzlich „alle" die Chance haben, an einem Kommunikationsprozess teilzunehmen oder -- umgekehrt formuliert -- dass man niemals genau weiß, wer tatsächlich an einem Kommunikationsprozess teilnimmt und wer nicht. Freilich sind individuelle Kommunikation und Massenkommunikation nicht isoliert voneinander zu verstehen, weshalb auch im Rahmen der Publizistikwissenschaft Phänomene der individuellen Kommunikation Berücksichtigung finden (v.a. wenn letztere im Rahmen massenmedialer Kommunikation von Bedeutung sind). Vor diesem Hintergrund entstand auch die Bezeichnung „Publizistik- und Kommunikations-wissenschaft" (PKW). 2.2.2 Unterscheidung Medienwissenschaft -- Kommunikationswissenschaft --------------------------------------------------------------------- In den 1970er Jahren entstand die geisteswissenschaftliche Form der Medienwissenschaft aus der textorientierten Germanistik und der Theaterwissenschaft als Pendant zur sozialwissenschaftlichen Publizistik- und Kommunikationswissenschaft; die kulturellen Ausprägungen stehen im Mittelpunkt. Im Fokus der Forschung stehen bei der Medienwissenschaft vor allem die Printmedien (Zeitung und Zeitschrift, Radio, Fernsehen und Internet. Viele Medienwissenschaftler zählen auch die Filmwissenschaft zu ihrer Disziplin. Bei der Medienwissenschaft die Untersuchung der Gestaltung der Medien im Vordergrund. Der Begriff „Medienwissenschaft" wird teilweise als Gegenstück zur empirisch sozialwissenschaftlichen Publizistik- und Kommunikationswissenschaft verstanden. In diesem Sinne wird er verwendet für einen Ansatz, der stärker sprach-, geistes- und kulturwissenschaftlich angelegt ist und sich weniger durch empirische, sondern haupt sächlich durch den Einsatz hermeneutischer („verstehender") Methoden (z.B. Textanalyse, Filmanalyse) auszeichnet. Tatsächlich bezeichnen sich heutzutage aber auch viele der publizistikwissenschaftlichen Tradition entstammende Forscher, Institute und Studiengänge gleichfalls als „medienwissenschaftlich". Es wäre also falsch, an dieser Stelle den Eindruck von der Existenz klarer Grenzen zu vermitteln. Fraglos sind es unterschiedliche wissenschaftliche Traditionen, die hier aufeinandertreffen, aber sie scheinen mehr und mehr zusammenzuwachsen. 3 Publizistik- und Kommunikationswissenschaft: Anmerkungen zum Fach 3.1 Das Selbstverständnis der PKW: Was ist sie und was tut sie? =============================================================== Kommunikationswissenschaft beschäftigt sich mit den Phänomenen der **Kommunikation** als einer Form des **„sozialen Handelns"** (Burkart, 2002: 25ff), wobei die massenmedial vermittelte, also öffentliche Kommunikation -- so die mehrheitliche Auffassung der Fachvertreter -- im Mittelpunkt steht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Fach in verschiedenen Ländern verschiedene Institutionalisierungen erfahren hat und sich unterschiedliche Schwerpunkte gebildet haben. Die Problematik des fachlichen Selbstverständnisses beginnt bei seinem konstitutiven Begriff, von dem unzählige Definitionen existieren. **Kommunikation** kann mit Gerhard Maletzke (1963, vgl. dazu: Burkart, 2002: 20ff) als „Bedeutungsvermittlung zwischen Lebewesen" begriffen werden. Mit dieser Definition ist zum einen bereits gesagt, dass in unserer Wissenschaft Kommunikationsprozesse zwischen „Nicht-Lebewesen" (wie z.B. datenverarbeitenden Maschinen) ausgeklammert werden. Zum anderen wird damit auf den „sozialen" Aspekt von Kommunikation verwiesen: Ein Kommunikationsprozess benötigt stets (mindestens) zwei Partner. **Handeln** bezeichnet die Fähigkeit von Menschen, bewusst und absichtsvoll Ziele zu verfolgen. Der wesentliche Unterschied zwischen Mensch und Tier besteht aus dieser Perspektive in der Instinktgebundenheit tierischen Verhaltens und in der -- relativen -- Instinkt**un**gebundenheit menschlichen Handelns. Der Begriff des **„sozialen Handelns"** meint, dass sich das Handeln in seinem Ablauf an der Existenz bzw. am Handeln anderer Personen orientiert -- m.a.W. „der Andere" (lat. „socius" = der Gefährte) ist in der Vorstellung des Handelnden (mental) stets präsent. Spätestens seit Max Weber ist der Begriff des „sozialen Handelns" ein zentraler Begriff der Soziologie. Gleichsam in Entsprechung dazu ist der Begriff des „kommunikativen Handelns" ein zentraler Begriff der Kommunikationswissenschaft. (vgl. dazu Burkart, 2002: 23ff) Die für den deutschsprachigen Raum maßgebliche „Deutsche Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft" (DGPuK) definiert den Gegenstandsbereich der Kommunikationswissenschaft in ihrem Selbstverständnispapier wie folgt: „Die Kommunikations- und Medienwissenschaft beschäftigt sich mit den sozialen Bedingungen, Folgen und Bedeutungen von medialer, öffentlicher und interpersonaler Kommunikation. Der herausragende Stellenwert, den Kommunikation und Medien in der Gesellschaft haben, begründet die Relevanz des Fachs. Die Kommunikations- und Medienwissenschaft versteht sich als theoretisch und empirisch arbeitende Sozialwissenschaft mit interdisziplinären Bezügen. Sie leistet Grundlagenforschung zur Aufklärung der Gesellschaft, trägt zur Lösung von Problemen der Kommunikationspraxis durch angewandte Forschung bei und erbringt Ausbildungsleistungen für eine seit Jahren dynamisch wachsende Medien- und Kommunikationsbranche. Geschichte, Gegenwart und Zukunft der gesellschaftlichen Medien- und Kommunikationsverhältnisse stehen im Mittelpunkt von Forschung und Lehre. Forschung und Lehre in der Kommunikations- und Medienwissenschaft verändern sich, da sich Kommunikation, Medien und Gesellschaft durch Digitalisierung, Globalisierung, Individualisierung, Mediatisierung und Ökonomisierung wandeln. Vor diesem Hintergrund hat sich die DGPuK, die Fachgesellschaft der Kommunikations- und Medienwissenschaft, auf Eckpunkte für ein Selbstverständnis des Faches geeinigt. Diese Eckpunkte sind weit ausgelegt, denn eine Fachgesellschaft sollte die Vielfalt der Fachgemeinschaft widerspiegeln. Das Selbstverständnis der Fachgemeinschaft bildet einen weiten Rahmen. Einzelne Lehr- und Forschungseinrichtungen können und sollen ein spezifisches Profil ausbilden und kommunizieren, auch um ihren verschiedenen Anspruchsgruppen eine klare Orientierung geben zu können." (DGPuK, 2008) Aber auch diese Definition wird von unterschiedlichen Seiten kritisiert, etwa mit Blick auf die Nichteinbeziehung der direkten Kommunikation. So plädiert Hipfl wiederum dafür, dass sich die PKW nicht auf die indirekte, medial vermittelte Kommunikation beschränken soll, sondern „auch tatsächlich Kommunikation als Ausgangspunkt ihrer Untersuchungen und Analysen" (Hipfl, 2002: 13) nehmen soll. Allerdings hat Rühl in diesem Zusammenhang schon längst deutlich gemacht, dass mit dieser fraglos richtigen Hinwendung zum Kommunikationsprozess, keineswegs der Anspruch verbunden sein kann, für jedwede Problematik aus dem Bereich der Humankommunikation zuständig zu sein. (vgl. Rühl 1985) Das erinnert ein wenig an den Wiener Ordinarius der 1970er Jahre (Kurt Paupiè), der die Publizistikwissenschaft selbstkritisch als „Bisserl-Wissenschaft" bezeichnet hat und damit auf die Notwendigkeit verwies, sich auf ausgewählte Forschungsbereiche zu konzentrieren.^3^ ^3^ Quelle: Persönliche Mitteilung von Prof. Dr. Roland Burkart. Mit der Bezeichnung „ein bisserl" (wienerisch für „ein wenig") erwies sich Paupiè als visionär in einem doppelten Sinn: einerseits erkannte er die damals aufkeimende Diskussion um Inter- und Transdisziplinarität von (insbesondere: Sozial-)Wissenschaften und andererseits richtete er seinen Blick mit dieser Etikettierung auf die ebenfalls seinerzeit stattfindende Auseinandersetzung über unterschiedliche Wissenschaftsbegriffe -- speziell in den Natur- und Geisteswissenschaften und die damit jeweils präferierten methodischen (quantitativen sowie qualitativen) Vorgehensweisen. 3.2 Publizistik- und Kommunikationswissenschaft in Wien ======================================================= Das Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien steht für die Berufsorientierung und die inter- und transdisziplinären Zugänge des Faches: Das Studium dient der wissenschaftlichen Berufsvorbildung und der Qualifizierung für berufliche Tätigkeiten im Bereich der gesellschaftlichen Kommunikation, die eine Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden erfordern. Insbesondere werden jene Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelt, die für Kommunikationsberufe in Praxisfeldern wie Journalismus (Presse, Hörfunk, Fernsehen, Multimedia), Öffentlichkeitsarbeit und Werbung erforderlich sind. Dabei werden folgende übergreifende Bildungsziele angestrebt: Erwerb von Grundkenntnissen der Prozesse von Individual- und Massenkommunikation und der Struktur und Organisation von Medien, interdisziplinärer und integrativer Zugang bei der Analyse und Gestaltung von Kommunikationsprozessen, Kompetenzen in eigenständigem und kooperativem Wissenserwerb sowie in wissenschaftlichem Denken, Erlernen berufsspezifischer Fertigkeiten, Erkennen kommunikationswissenschaftlicher Ansätze bei der Lösung berufspraktischer Probleme, Entwicklung von Reflexionsvermögen hinsichtlich der gesellschaftlichen Aufgaben und Funktionen der Massenkommunikation sowie der besonderen Verantwortung der Kommunikationsberufe. Besondere Bedeutung für das Fach haben grundsätzlich die klassischen Medien, Zeitung, Hörfunk und Fernsehen (und Nachrichtenagenturen). Von wachsender Bedeutung ist die computervermittelte Kommunikation (die zu berücksichtigen Hummel einfordert, siehe oben) z.B. im WWW, Internet oder Intranet. In diesem Bereich zeigt sich auch die zunehmende Verschränkung von öffentlicher und nicht-öffentlicher Kommunikation. Zu den Gegenstandsbereichen des Faches zählen aber ebenso Massenmedien wie die Zeitschrift, das Buch, der Film und andere auditive und visuelle (audiovisuelle/AV-) Medien sowie auch das Telefon. Die öffentliche Kommunikation liegt also im Fokus des Fachinteresses, jedoch kann die öffentliche massenmedial vermittelte Kommunikation nur dann adäquat erfasst und verstanden werden, wenn auch die Individualkommunikation Beachtung findet. (vgl. Burkart, 2002: 18) Der reinen interpersonellen Kommunikation wird als Basisphänomen und insoweit Beachtung geschenkt, als sie im Kontext öffentlicher Kommunikationsprozesse von Relevanz ist. So werden etwa keine Sprach- oder Sprechanalysen (wie in der Sprach- oder Literaturwissenschaft) durchgeführt, es geht jedoch sehr wohl um die Rolle der interpersonellen Kommunikation etwa bei der Medienrezeption z.B. beim Lesen von Zeitungen, beim Radiohören oder beim Fernsehen, bei Fragen nach ihrer Wirkung oder im Kontext der Online-Kommunikation. 3.3 Facetten der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft ============================================================ Wie weiter oben erwähnt, kann der Gegenstand der Publizistik- und Kommunikations wissenschaft über ihr Materialobjekt und über ihr Formalobjekt bestimmt werden. **Materialobjekte** sind die einzelnen Mediengattungen (z.B. Print, AV, Online), Gespräche zwischen Menschen („Kommunikationsakte") sowie institutionalisierte kommunikative Handlungen wie der Journalismus. **Formalobjekte** zeichnen sich dagegen dadurch aus, dass man die Materialobjekte aus einem bestimmten Blickwinkel / einer bestimmten Perspektive heraus betrachtet -- also ob Kommunikationsprozesse z.B. für die Öffentlichkeit bestimmt sind, ob sie beeinflussen wollen, ob sie Objektivität für sich beanspruchen usw. (vgl. dazu: Bonfadelli / Jarren / Siegert, 2005: 7). +-----------+-----------+-----------+-----------+-----------+-----------+ | **Materia | **Einzeln | **Kommuni | **Institu | | | | lobjekte* | e | kationsak | tion** | | | | * | Medien** | te** | | | | | | | | **„Journa | | | | | | | lismus"** | | | +===========+===========+===========+===========+===========+===========+ | | **Presse, | **interpe | | | | | | TV, | rsonale | | | | | | Radio** | vs. | | | | | | | Massenkom | | | | | | **etc.** | munikatio | | | | | | | n** | | | | +-----------+-----------+-----------+-----------+-----------+-----------+ | **Formalo | **alle** | **für die | **durch | | | | bjekte** | | Öffentlic | Medien | | | | | **Kommuni | hkeit | hergestel | | | | | kations | bestimmte | lte | | | | | prozesse* | ** | Öffentlic | | | | | * | | hkeit** | | | | | | **Aussage | | | | | | | n** | | | | +-----------+-----------+-----------+-----------+-----------+-----------+ | **Analyse | **Akteure | **Organis | **Gesells | | | | ** | (mikro)** | ationen** | chaft | | | | | | | (makro)** | | | | **Ebenen* | | **(meso)* | | | | | * | | * | | | | +-----------+-----------+-----------+-----------+-----------+-----------+ | **Methodi | **quantif | **qualita | | | | | sche** | izierende | tive | | | | | | sozialwis | phänomeno | | | | | **Zugriff | senschaft | logisch | | | | | e** | liche | hermeneut | | | | | | Methoden* | ische | | | | | | * | Verfahren | | | | | | | ** | | | | +-----------+-----------+-----------+-----------+-----------+-----------+ | **Fach** | **Publizi | **(Massen | **Medien* | **Journal | **Medien* | | | stik** | -)Kommuni | * | istik** | * | | **bezeich | | kationswi | | | | | nungen** | **wissens | ssenschaf | **wissens | | **Psychol | | | chaft** | t** | chaft** | | ogie, | | | | | | | Medien** | | | | | | | | | | | | | | **Soziolg | | | | | | | ie | | | | | | | etc.** | +-----------+-----------+-----------+-----------+-----------+-----------+ **Abbildung 2 Facetten der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft**, Quelle: Bonfadelli / Jarren / Siegert, 2005: 7. 3.4 Die „Lasswell-Formel" -- eine „klassische" Differenzierung der PuKW ======================================================================= Ganz grob lässt sich die Kommunikationswissenschaft nach der sog. **„Lasswell-Formel"** (Harold Lasswell 1948, vgl. dazu Burkart, 2002: 492ff) in bestimmte Forschungsfelder einteilen, wobei man diese Formel als Orientierungshilfe und nicht als letztgültige Abgrenzung und Eingrenzung des Faches sehen darf -- sie lautet: „Who says what in which channel to whom with what effect?" -- und sie ist vermutlich der meistzitierte (Frage-)Satz aus unserer Fachtradition. Die Frage bezieht sich auf die Struktur der (öffentlichen) Kommunikationsprozesse: Who - Kommunikator says what - Inhalt; Aussage in which channel - Medium to whom - Rezipient with what effect - Wirkung Aus diesen Aspekten des Kommunikationsprozess ergeben sich auch die zentralen Forschungsfelder der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft: - Kommunikator -- **Kommunikatorforschung** Hier stehen die Medienschaffenden (Akteure) in ihrem engeren oder weiteren Berufsfeld im Mittelpunkt (Vertreter von Journalismus, Public Relations, Werbung), es geht zentral um Prozesse der Produktion von Medienbotschaften. Kommunikatoren können bspw. Parteien, Verbände, Kirchen, Unternehmen, \... sein. - Inhalt; Aussage -- **Medieninhalte bzw. Aussagenforschung** In diesem Bereich interessieren vor allem die durch Massenmedien in Form von manifesten und latenten Aussagen produzierten Medienrealitäten (Kommunikate). - Medium -- **Medienforschung** Hier werden die vielfältigen Organisationen des Mediensystems und Strukturen im Mediensystem und deren Entwicklung untersucht. Dazu gehören auch die formalen Angebotsweisen sowie die technisch bedingten Eigengesetzlichkeiten und Funktionsweisen. - Rezipient -- **Nutzungsforschung** Unter Rezipienten versteht man die Leser, Hörer und Seher von Medien, also die verschiedenen Publika. Die Publika der Massenmedien, ihre Strukturen und Muster der Mediennutzung und die dahinter stehenden Wünsche und Erwartungen (Motivations- und Gratifikationsforschung) stehen hier im Vordergrund des wissenschaftlichen Interesses. - Wirkung -- **Wirkungsforschung** Von Interesse sind dabei die individuellen und sozialen, intendierten und zufälligen, kurz wie langfristigen, sozial erwünschten, aber auch schädlichen Effekte der Massenmedien auf Wissen, Einstellungen, Emotionen und Verhaltensweisen. Es geht also um die kurz und langfristige Folgen der Medienzuwendung für den Menschen und die Gesellschaft (z.B. psychologische Einstellungsforschung, soziologische Diffusionsforschung). - Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich eben nicht alle kommunikations wissenschaftlich relevanten Forschungsinteressen in diesem Modell unterbringen lassen: So ist z. B. die Frage nach dem WARUM nicht gestellt, d. h., dass Motive und Interessen der am Kommunikationsprozess Beteiligten keine Berücksichtigung finden und ebenso wird die REZIPROZITÄT, also der interaktive Charakter, hier ausgeblendet. Kommunikation ist keine „Einbahnstraße", d.h. man darf sich diesen Prozess niemals nur einseitig von A nach B (von Sender zu Empfänger) ablaufend vorstellen (vgl. dazu: Burkart, 2002: 492ff). Dies wurde jedenfalls lange Zeit hindurch (falsch) mit Blick auf diese legendäre Lasswell-Formel unreflektiert unterstellt. Bisweilen geschieht dies auch heute noch. Darüber hinausgehend stellen auch die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich Massenkommunikation abspielt sowie die ökonomischen Voraussetzungen und die medientechnologische Basis einen Gegenstand der Forschung dar. 3.5 Teildisziplinen und Praxisbereiche der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft ====================================================================================== Von den Forschungsfeldern zu unterschieden sind die sog. **Teildisziplinen** der Kommunikationswissenschaft (vgl. Langenbucher, 1994): - Kommunikationstheorie - Methoden der Kommunikationsforschung - Medienlehre und Medienkunde - Kommunikations- und Mediengeschichte - Kommunikations- und Medienpolitik - Kommunikations- und Medienökonomie - Kommunikations- und Medienpraxis Diese klassische Unterteilung wird zeitgemäß ergänzt durch Medienpsychologie, Medienpädagogik und Kommunikationssoziologie. Hier zeigt sich auch ganz deutlich die Interdisziplinarität der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Kommunikationswissenschaft versteht sich als eine interdisziplinäre Sozialwissenschaft, d. h. es ist kaum möglich, sie begrifflich und vom Objektbereich her von anderen Wissenschaften abzutrennen. Fragestellungen reichen in andere verwandte Wissenschaften hinüber: Im engsten Kreise der Verwandtschaft stehen Soziologie, Psychologie und Politikwissenschaft, aber auch die Wirtschaftswissenschaften, die Geschichtswissenschaft, die Pädagogik, die Sprachwissenschaft bis hin zur Rechtswissenschaft teilen mit ihr Forschungsgebiete. Dieser Umstand wird im Allgemeinen als positiv befruchtend aufgefasst, weil er erlaubt, in der Erforschung der kommunikativen Realität verschiedenste Perspektiven einzunehmen. „Die Allgegenwart medialer Kommunikation ermöglicht vielfältige Beziehungen zu anderen wissenschaftlichen Disziplinen. Besonders enge Kooperationsbeziehungen bestehen zu Fächern, mit denen die Kommunikations- und Medienwissenschaft gemeinsame Forschungsfelder oder Studiengänge ausgebildet hat. Beispiele für Forschungsfelder sind Kommunikations- und Medienethik, Kommunikationspolitik, Mediengeschichte, Medienlinguistik, Medienökonomie, Medienpädagogik, Medienpsychologie, Medienrecht, Mediensoziologie und Medientechnologie, politische Kommunikationsforschung und visuelle Kommunikation; von großer Bedeutung ist auch die Kooperation mit der geisteswissenschaftlich orientierten Medienwissenschaft. In allen diesen Bereichen findet ein erfolgreicher Austausch auf theoretischer und empirischer Ebene statt. Die Kommunikations und Medienwissenschaft greift in Forschung und Lehre gesellschaftliche Wandlungsprozesse auf. Zentrale Stichworte sind hier Digitalisierung, Globalisierung, Individualisierung, Mediatisierung und Ökonomisierung." (DGPuK, 2008) 4 Die Interdisziplinarität der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft Die Interdisziplinarität der Kommunikationswissenschaft ist auf vielen Ebenen ersichtlich und findet sich auch in zahlreichen Lehrveranstaltungen des Studiums. Die Beschreibung der folgenden interdisziplinären Zugänge ist sicher nicht abschließend, zeigt aber die Vielfalt und Multiperspektivität der Disziplin -- und damit sowohl ihren Reiz als auch ihre vielfältige Anwendbarkeit. 4.1 Medien und kommunikationstheoretische Grundlagen^4^ ======================================================= 4.1.1 Theorien der Kommunikationswissenschaft --------------------------------------------- Kommunikation ist ein sowohl existenzielles wie auch gesellschaftliches Totalphänomen, das sich jeglichem Theorie- und Methodenmonismus entzieht. Folgerichtig war und ist die Vielfalt kommunikativer Phänomene eine grundlegende und fortdauernde Herausforderung für die Kommunikationswissenschaft. Dieser Umstand spiegelt sich in einem breiten Spektrum kommunikationswissenschaftlicher Theoriebildung sowie einem sich zunehmend ausdifferenzierenden Forschungsbestand gleichermaßen wieder. Vor diesem Hintergrund muss versucht werden, Ordnung ins „Theorienchaos" (U. Saxer) zu bringen und das Verhältnis von Kommunikationstheorie und Kommunikationsrealität an ausgewählten Beobachtungspunkten nachzuspüren. Zugleich damit soll eine Betrachtung ermöglicht werden, mittels derer das Spannungs verhältnis von notwendiger Nähe und kritischer Distanz zum kommunikationswissen schaftlichen Theorieangebot möglich macht. Es ist notwendig, das für Kommunikationswissenschaft unumgängliche Reflexionswissen zu befördern, indem aufbauend auf bereits erworbene Wissensbestände ein Angebot zum kritischen Umgang mit dem Theorieangebot der Kommunikationswissenschaft ausgesprochen wird. ### [Teil I -- Wissenschaftstheoretische Vorüberlegungen]. Im Zentrum der Auseinandersetzung stehen die Frage des Verhältnisses von Wissenschaft und gesellschaftlicher Wirklichkeit sowie die Bedeutung dieser paradig--matischen Setzungen für den Prozess kommunikationswissenschaftlicher Theorienbildung. Daraus folgend soll der Prozess wissenschaftlicher Konstruktion von Wirklichkeit erkennbar gemacht werden, insbesondere vor dem Hintergrund kommunikationswissenschaftlicher Paradigmen, wie sie in der Geschichte der Disziplin nachgezeichnet werden können (Kommunikationswissenschaft als „Steuerungswissenschaft", im Rahmen eines „interpretativen Paradigmas" sowie unter einem „emanzipatorischen Leitgesichtspunkt"). ^4^ Wir danken Maximilian Gottschlich und Christian Steininger für die Unterstützung bei der Erstellung der Texte. ### Teil II -- Grundlagen empirischer Kommunikationstheorien und -modelle: Daran anschließend kann die zentrale Forschungslogik empirisch-analytischer Sozial wissenschaft und ihrer Theoriebildung diskutiert werden, die dem erkenntnistheoretischen Konzept des "Kritischen Rationalismus" von Karl Popper folgen. Für das Verständnis dieses Prozesses ist es nötig dessen grundlegende Annahmen zu hinterfragen, beispielhaft zu verdeutlichen und anderen Wissenschaftskonzepten gegenüberzustellen. Dies soll insbesondere im Zusammenhang mit dem Positivismusstreit der deutschen Soziologie, in der Auseinandersetzung zwischen Karl R. Popper und Theodor W. Adorno, erkennbar gemacht werden. ### [Teil III -- Basistheorien der Kommunikationswissenschaft]: Aufbauend auf die in Teil I und II entwickelten Ordnungsgesichtspunkte können nun handlungs- und systemtheoretische Basistheorien in Hinblick auf deren Verständnis von Kommunikation gegenübergestellt werden. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen entsprechend der in Teil I vorbereiteten Grundorientierungen der modernen Kommunikationswissenschaft - das systemtheoretische/konstruktivistische Erkenntnismodell gesellschaftlicher Kommunikation (N. Luhmann, M. Rühl, U. Saxer) - das interpretative Paradigma des Symbolischen Interaktionismus (G.H. Mead, H. Blumer) - das emanzipatorische Verständnis der „Theorie kommunikativen Handelns" (J. Habermas) Die hier dargebotene Gliederung will dabei allerdings keine Systematik begründen, sondern vorrangig zum systematischen Denken über kommunikationswissenschaftliche Theorien anregen. Denn Systematiken sind ja -- in welcher Form auch immer -- ohnehin höchst ambivalent und mit Vorsicht zu genießen. Schon der deutsche Philosoph Friedrich Schlegel hat dies gewusst, wenn er schreibt: „Es ist gleich tödlich für den Geist, ein System zu haben und keines zu haben. Er wird sich also wohl entschließen müssen, beides zu verbinden." 4.1.2 Kommunikationspolitik --------------------------- #### Was ist Medien- und Kommunikationspolitik? Die Medien- und Kommunikationspolitik ist eine Teildisziplin der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, die sich mit zumindest zwei zentralen Fragen beschäftigt: (1) Welchen Einfluss hat die Politik auf Strukturen, Prozesse, Akteure und Inhalte von medialer, öffentlicher und interpersonaler Kommunikation? (2) Auf welche Art und Weise verändert solch Kommunikation die Strukturen, Prozesse, Akteure und Inhalte der Politik? Die Teildisziplin versteht sich als integrativ sozialwissenschaftlich und erhielt wesentliche theoretische Impulse aus der Politik- und Rechtswissenschaft (vgl. Jarren / Donges, 2007). Antworten auf obige Fragen werden aus unterschiedlichen Perspektiven gegeben: etwa der politischen Kommunikation (vgl. Schönbach 1998), der Mediensystemanalyse (vgl. Haas / Jarren, 2002), der Öffentlichkeitssoziologie und der hier vorgestellten Medien- und Kommunikationspolitik. Es gibt keine einheitliche Definition von Medien- und Kommunikationspolitik. ##### 3 Dimensionen von Medienpolitik Wie Politik generell kann in Anlehnung an den englischen Sprachgebrauch auch Medienpolitik in drei Dimensionen gegliedert werden: - \(a) Die *Policy-Ebene* bezeichnet die inhaltliche Dimension. Politik wird hier als Verarbeitung gesellschaftlicher Probleme begriffen. Diese Ebene bezieht sich primär auf den politischen Output, in einem engeren Sinn auf die Ergebnisse der Politikformulierung (staatliche Programme, Gesetze) und die Durchführung dieser Programme. - Auf der (b) *Politics-Ebene* wird Politik zumeist als Konfliktaustragung begriffen. Diese Ebene ist geprägt von den Auseinandersetzungen der politischen Akteure, die ihre Ziele und Inhalte durchzusetzen versuchen. Hier geht es um Machtverhältnisse und Konfliktkonstellationen, die das Handeln der politischen Akteure prägen. - Die (c) *Polity-Ebene* wird auch als formale Ebene bezeichnet. Das Institutionengefüge, das der Politik zugrunde liegt, steht hier im Mittelpunkt. Es geht um den Ordnungsrahmen politischen Handelns, um institutionelle Grundregeln, innerhalb denen Politik abläuft. Untersucht werden politisch relevante Strukturen wie Verfassungen und Verfahrensregeln. Im Medienbereich geht es auf dieser Ebene um die Kommunikationsverfassung, das Verständnis von Presse- und Informationsfreiheit und die Zuordnung medienpolitischer Kompetenzen. ##### Wiener für PKW vertretene Medien & Kommunikationspolitik behandelt folgende Themen: - \(a) Definitionen und Dimensionen der Medienpolitik, Begründungen für Medienpolitik; - \(b) Definitionen, theoretische Zugänge, Ziele, Akteure, Problemfelder für Regulierung und Governance; - \(c) politische Entscheidungs- und Steuerungssysteme aus ökonomischer Sicht, Wirtschaft und Politik als interdependente Systeme, öffentliche und private Medieninstitutionalisierung, Verhandlungssysteme und Kooperationsformen zwischen Staat und Privaten sowie - \(d) Medienpolitik aus institutionen- und konstitutionenökonomischer Perspektive. Vor dem Hintergrund der referierten Themen wird Medienpolitik als problematisches Politikfeld beschrieben. Zwar soll der Staat ermöglichen, dass mediale Kommunikation stattfinden kann, er soll sie aber nicht lenken oder gar stören. Man kann diese Problematik als das Dilemma der Medienpolitik bezeichnen. Medienpolitik kann aber nicht nur auf den Staat und sein Handeln bezogen werden. Man muss auch die Bereiche Ökonomie, Gesellschaft und Technik in die Analyse mit einzubeziehen. Tut man dies, kann man Medienpolitik als Handlungssystem oder Netzwerk verstehen (vgl. Donges, 2002). In einer stärker politikwissenschaftlichen Sichtweise kann ein solches Handlungssystem auch als Policy-Netzwerk betrachtet werden. Auch in solchen Netzwerken besteht für das politische System die Möglichkeit institutionelle Kontexte zu verändern (vgl. Mayntz / Scharpf 1995). Das politische System kann steuern, indem es institutionelle Regelungen als Handlungskontexte für politische und andere Akteure setzt, die in Netzwerken und Verhandlungssystemen miteinander verbunden sind. #### Wozu Medien- und Kommunikationspolitik? Die Teildisziplin Medien- und Kommunikationswissenschaft dient der Erarbeitung von Orientierungswissen und ist für die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft unerlässlich. Dies soll folgend am Beispiel des Forschungsansatzes Politikfeldanalyse verdeutlicht werden. Voraussetzung für die Anwendung dieses Ansatzes ist, dass man Medienpolitik als eigenen Bereich von Politik, d.h. als Politikfeld begreift (vgl. Puppis, 2007). Die Politikfeldanalyse lässt sich nach vier Dimensionen differenzieren. - \(1) Zunächst kann der Prozess staatlicher Problemverarbeitung aus dem Blickwinkel einzelner Politikbereiche oder Politikfelder analysiert werden (etwa aus der Medien-, der Industrie-, der Wettbewerbs-, der Kultur- oder der Technologiepolitik). - \(2) Dann kann unterschieden werden, welche Faktoren in die Analyse einbezogen werden, d.h., ob sich die Untersuchungen auf einen bestimmten Aspekt beschränken, oder ob auch externe Faktoren wie medienökonomische, soziale und medienrechtliche Elemente in die Analyse einbezogen werden. - \(3) Auch ist eine Einteilung in verschiedene Phasen des medienpolitischen Prozesses möglich. - \(4) Grundsätzlich kann entweder aus einer ex ante, oder aus einer ex post Perspektive geforscht werden. Die vier genannten Klassifizierungsdimensionen schließen einander nicht aus, sondern können in einzelnen Studien in Kombination vorkommen. Auf Grund der Befunde handlungstheoretischer Ansätze der Politikfeldforschung hat das Konzept der Netzwerke für die Beschreibung und Analyse von Medienpolitik an Bedeutung gewonnen. Grundlegend für dieses Konzept ist der Umstand, dass die formalen Prozesse und Verfahren politischer Entscheidungsfindung zunehmend an Bedeutung verlieren und durch Beziehungsgeflechte (sogenannte Netzwerke) ersetzt werden. Netzwerke kommen vor allem in Gebieten vor, die staatlicher Regulierung besonders ausgeprägt unterliegen, also bei Marktordnungen, zum Beispiel der des Rundfunkmarktes (vgl. Hannerer / Steininger, 2009). Dabei entscheidet der Staat letztlich über eine Regulierungsform oder Rechtsänderung nicht mehr hoheitlich-autonom, sondern im Einvernehmen mit den betroffenen Akteuren. Als ein Beispiel korporatistischer Entscheidungsfindung im Medienbereich gilt das Aushandeln der Vorschriften zur Sicherung der Meinungsvielfalt. Erklärt wird die wachsende Bedeutung von Verhandlungssystemen als Steuerungssystem u. a. mit der wachsenden Komplexität moderner Gesellschaften. Umstritten ist, ob durch Netzwerkbildung die Problemlösungsfähigkeit des politischen Systems insgesamt steigt. Denn die Teilnahme am Verhandlungssystem und Interessenausgleich ist nicht zuletzt abhängig von der Organisierbarkeit der Teilnehmer und ihrer Ressourcenstärke. Schwer organisierbare gesellschaftliche Gruppen wie Medienkonsumenten sind nicht adäquat vertreten, so dass häufig eine Einigung auf ihre Kosten erfolgt. ***Literatur*** Donges, Patrick: Rundfunkpolitik zwischen Sollen, Wollen und Können: eine theoretische und komparative Analyse der politischen Steuerung, Wiesbaden 2002. Haas, Hannes/Jarren, Otfried (Hrsg.): Mediensysteme im Wandel: Struktur, Organisation und Funktion der Massenmedien, Wien 2002. Hannerer, Regina/Steininger, Christian: Die Bertelsmann Stiftung im Institutionengefüge. Medienpolitik aus Sicht des ökonomischen Institutionalismus, Baden-Baden 2009. Jarren, Otfried/Donges, Patrick (Hrsg.): Ordnung durch Medienpolitik? Konstanz 2007. Mayntz, Renate/Scharpf, Fritz W.: Der Ansatz des akteurzentrierten Institutionalismus. In: Mayntz, Renate/Scharpf, Fritz W. (Hrsg.): Gesellschaftliche Selbstregulierung und politische Steuerung, Frankfurt am Main 1995, S. 39-72. Puppis, Manuel (2007): Einföhrung in die Medienpolitik. Konstanz: UVK. 4.1.3 Medienökonomie -------------------- ##### Was ist Medienökonomik? Die Medienökonomik ist eine Teildisziplin der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, die wirtschaftliche und publizistische Phänomene des Mediensystems unter Rückgriff auf ökonomische Theorien untersucht (vgl. Kiefer, 2005). Es lassen sich unterschiedliche Ansätze der Medienökonomik unterscheiden: hier sollen folgend *Neoklassik* und *Institutionenökonomik* vorgestellt werden. Die beiden Ansätze sind keine geschlossenen Schulen und deshalb auch nicht überschneidungsfrei. Die Institutionenökonomik ist keine Gegenposition zur Neoklassik, sondern eine Verallgemeinerung der neoklassischen Theorie. Beide Ansätze gehen davon aus, dass wirtschaftliche Ressourcen (Arbeit, Kapital, Boden, Natur) im Verhältnis zu den menschlichen Bedürfnissen knapp sind. Trotzdem lassen sich die beiden Ansätze unterscheiden: Die Institutionenökonomik berücksichtigt neben wirtschaftlichen Ressourcen auch Normen, Gesetze und andere Beschränkungen, die das Handeln der Menschen einengen und bestimmen. Der Objektbereich der Neoklassik lässt sich hingegen ohne Rückgriff auf außerökonomische Institutionen fassen. Die am Wiener Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft vertretene Medienökonomik befasst sich nicht nur mit ökonomischen Institutionen (Markt, Wettbewerb und Unternehmung) sondern untersucht dezidiert auch Regeln (deren Inhalt, Auswirkungen und Zustandekommen) und möchte Empfehlungen zur Gestaltung beider geben. Das Basiskonzept der Wirtschaftswissenschaft und damit auch der oben beschriebenen Ansätze der Medienökonomik ist der methodologische Individualismus. D. h. soziale Sachverhalte werden über Theorien über individuelles Verhalten geklärt. Es wird dabei nicht unterstellt, dass sich Kollektive wie Einzelpersonen verhalten, sondern man erklärt deren Verhalten aus den Handlungen und Präferenzen ihrer jeweiligen Mitglieder. Dabei wird davon ausgegangen, dass Menschen nicht zufällig, sondern in systematischer und damit vorhersagbarer Weise reagieren. Es gibt demnach Gesetzmäßigkeiten in deren Handeln und Eigeninteresse ist die Triebkraft menschlichen Handelns. Die Ökonomik ist auf der Suche nach typischem Verhalten. Ein Beispiel: Steigt der Preis einer Zeitung im Vergleich zu ähnlichen Medien, so wird die Nachfrage nach dieser Zeitung sinken. Die Leser werden eventuell auf alternative Medien zurückgreifen. Die Ökonomik erklärt solch Verhalten mit dem Gesetz der Nachfrage. Dieses besagt aber nicht, dass jeder Leser so handelt, im Durchschnitt wird die Leserschaft jedoch so reagieren. Erstaunlich ist, dass die Teildisziplin Medienökonomik als eine junge Disziplin gilt, obgleich doch die Wurzeln der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft in der deutschen Nationalökonomie, der Deutschen Historischen Schule liegen (vgl. Steininger 2007). Vertreter der jüngeren Historischen Schule sind Gustav von Schmoller und Werner Sombart. Albert E. Schäffle und Karl Bücher zählen zur älteren Historischen Schule. Vor allem Bücher ist aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive von Interesse, gilt er doch als Gründervater der Zeitungskunde. Schon zwischen 1884 und 1890 hielt er Vorlesungen zum Pressewesen in Basel. In seiner *Entstehung der Volkswirtschaft* befundet Bücher (1922), dass die Zeitung eine kapitalistische Unternehmung sei. Schäffle (1873) arbeitete ebenso zum Zeitungswesen. Sombart (2003) zeichnete sich durch wissenschaftstheoretische Systematisierungsversuche der Ökonomik aus, Schmoller (1900) forderte eine Verbindung von Institutionenlehre und - geschichte. Die Deutsche Historische Schule beeinflusste die heutige Institutionenökonomik, die für die Endogenisierung von Institutionen in die ökonomische Analyse eintritt. Im Rahmen dieser Endogenisierung bedarf es einer differenzierenden und typologisierenden Befassung mit Institutionen und Organisationen. Für eine Medienökonomik, die sich mit Bedingungen, Risiken und Logiken der Medienproduktion sowie der -finanzierung auseinander setzt, ist dies eine unerlässliche Grundbedingung. ##### Wozu Medienökonomik? Dass Medien als Objekte der ökonomischen Analyse taugen, liegt auf der Hand. Sie sind Wirtschaftsunternehmen, werden auf Märkten nach Wettbewerbsprinzipien bereitgestellt und sind in ein ökonomisches Beziehungssystem eingebettet (vgl. Kiefer 2005). Darüber hinaus sind für die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft relevante Entwicklungen von wirtschaftlichen Kräften getrieben: etwa Deregulierung, Privatisierung, Kommerzialisierung sowie Globalisierung. Wer also wissen will, warum Medien so funktionieren, wie sie funktionieren und unter welchen Umständen dies auch anders sein könnte, muss sich mit (medien)ökonomischen Theorien auseinandersetzen. Kommunikationstheorie generell sollte eine normative Bewertung dieser Entwicklungen ermöglichen, Methoden und Modelle für deren Beschreibung bereit stellen und Wirkungszusammenhänge erklären und diesbezüglich auch Voraussagen ermöglichen. D. h. neben heuristischen Funktionen sind es auch prognostische Funktionen, die die Medienökonomik erfüllen sollte. Da Ökonomen ihre Theorie als Entscheidungstheorie mit Blick auf menschliche Kooperation verstehen, werden von ihnen drei Ebenen von Wahlhandlungen unterschieden: - \(1) Auf gesellschaftlicher Ebene müssen gesellschaftlich wünschenswerte Ziele identifiziert werden; - \(2) auf Ebene laufender individueller Wahlhandlungen muss das Entscheidungs- und Kooperationsverhalten der Individuen berücksichtigt werden; - \(3) auf institutioneller Ebene müssen sowohl der Rahmen, in dem Ziele verwirklicht werden, als auch Struktur und Prozess öffentlicher Intervention zur Zielerreichung analysiert werden (vgl. Kiefer 2005). Die Mehrstufigkeit der ökonomischen Analyse fehlt in kommunikationswissenschaftlichen Theoriekonzeptionen weitestgehend. Auch fehlt letzteren eine theoretische Verknüpfung dieser Ebenen. Insbesondere auf den Ebenen (1) und (3), d. h. auf der Makro- und der Mesoebene, kann die Medienökonomik als sinnvolle Ergänzung der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft begriffen werden. Etwa im Rahmen der Definition gesellschaftlich wünschenswerte Ziele, denn Konzepte wie Medienfreiheit, Vielfalt und Public Value sind bislang weitestgehend ungeklärt. Aber auch, wenn es um die Frage geht, welche institutionellen Arrangements der drei um die Vorherrschaft kämpfenden Regime (juristisches, ökonomisches oder wissenschaftliches) zur Zielerreichung taugen, kann die Medienökonomik hilfreich sein. **Literatur** **Bücher, Karl, Die Entstehung der Volkswirtschaft -- Vorträge und Aufsätze, Band 1, Tübingen 1922.** Kiefer, Marie Luise, Medienökonomik. Einführung in eine ökonomische Theorie der Medien, 2. überarbeitete und ergänzte Aufl., München 2005. Schäffle, Albert E., Über die volkswirtschaftliche Natur der Güter der Darstellung und der Mitheilung, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 29. Jg./1873. Schmoller, Gustav von, Grundriss der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre, München 1900. Sombart, Werner, Die drei Nationalökonomien: Geschichte und System der Lehre von der Wirtschaft, Berlin 2003 (1930). Steininger, Christian: Markt und Öffentlichkeit. München 2007. 4.2 Inter- und transdisziplinäre Grundlagen^5^ ============================================== 4.2.1 Kommunikationspsychologie ------------------------------- Medienpsychologie versucht auf der Basis psychologischer Theorien und sozial wissenschaftlicher Methoden die Interaktion zwischen Rezipienten und Medien zu beschreiben und zu erklären. Der medienpsychologischen Forschung geht es vorrangig darum die psychologischen Grundlagen mit der Mediennutzung und Medienwirkung aufzuzeigen. Es soll anhand von ausgewählten Schlüsselkonzepten ein erster Einblick in das Fachgebiet gegeben werden (vgl. Mangold, Vorderer, & Bente, 2004; Winterhoff-Spurk, 2004; Vitouch, 2007; Krämer, Schwan, Unz, & Suckfüll, 2008). ### 1. Mediennutzung Menschen nutzen Medieninhalte selektiv: Zuallererst müssen sich Personen entscheiden, welchen konkreten Medieninhalten sie sich zuwenden (= *Phänomen der selektiven Zuwendung*). So kann etwa eine Präferenz für Boulevard- oder Qualitätszeitungen bestehen. Hat eine Person eine Präferenz für Boulevardzeitungen, dann wird sie sich eher einem Exemplar dieser Kategorie zuwenden. Erst wenn sich eine Person für eine konkrete Boulevardzeitung entschieden, diese gekauft und einen konkreten Artikel ausgewählt hat, kann sie diesen lesen. Dieser Prozess erfolgt ebenfalls nicht bei allen Personen gleich. So wird etwa einigen Inhalten mehr Aufmerksamkeit geschenkt als anderen (*Phänomen der selektiven Wahrnehmung*). Auch die konkreten Inhalte, welche rezipiert werden, werden nicht gleich gut gemerkt (*Phänomen der selektiven Erinnerung*). Aufbauend auf diesen Grundüberlegungen können nun verschiedene Ansätze erwähnt werden, welche versuchen bestimmtes Mediennutzungsverhalten zu erklären. Der *Uses and Gratifications-Ansatz* geht davon aus, dass sich Rezipienten Medien auf Basis ihrer Bedürfnisse zuwenden. Ein konkreter Artikel über die Gentechnik wird etwa ausgewählt, weil ein konkretes Bedürfnis nach Informationen besteht. Andere Personen können sich dem gleichen Text allerdings auch aus ganz anderen Bedürfnissen zuwenden (z.B. Unterhaltung, Themen für Anschlusskommunikation, berufliche Gründe). Während der Nutzen und Belohnungs-Ansatz von einem stark aktiven Rezipienten ausgeht, interessiert im Rahmen des *Selective Exposure-Ansatzes* die Vermeidung von Inhalten. So konnte experimentell beobachtet werden, dass Personen häufig versuchen Medieninhalten aus dem Weg zu gehen, welche mit ihren Einstellungen nicht konsistent sind, oder andere Strategien anwenden, um *kognitive Dissonanz* zu reduzieren. Hat eine Person etwa eine negative Einstellung gegenüber der Gentechnik, dann sollte sie Pro-Gentechnik-Artikel eher vermeiden. ^5^ Wir danken Peter Vitouch, Thomas A. Bauer und Jürgen Grimm für die Unterstützung bei der Erstellung der Texte. Der *Mood Managment-Ansatz* berücksichtigt die Stimmung der Rezipienten vor der Entscheidung zur Nutzung konkreter Inhalte. Es wird davon ausgegangen, dass Menschen grundsätzlich nach einer positiven Stimmung streben. Medieninhalte werden ausgewählt, um eine positive Stimmung hervorzurufen (bzw. diese zu erhalten). Befindet sich eine Person in einer schlechten Stimmung, so sollte sie -- so die aus dem Ansatz abgeleitete Hypothese -- eher positive Inhalte wählen (z.B. um durch die Rezeption einer Komödie wieder Lachen zu können). Dieser Ansatz erklärt allerdings nicht, dass sich Menschen freiwillig Inhalten zuwenden, welche etwa Traurigkeit hervorrufen. Oft wird jedoch die Rezeption von traurigen Filmen als besonders genussvoll erlebt. Dieser (scheinbare) Widerspruch wird als *Sad Film Paradoxon* bezeichnet. Im Gegensatz zu den bisher erwähnten Ansätzen hebt der *evolutionspsychologische Ansatz* die Annahme hervor, dass Medienselektion auch durch unbewusst arbeitende Prozesse geprägt ist, welche sich während der Geschichte der Menschwerdung (= Phylogenese) entwickelten. Mit diesem Ansatz kann etwa erklärt werden, warum gewalthaltige und sexuelle Medieninhalte einen starken Effekt auf die physiologische Erregung haben. ### 2. Medienwirkung Neben der Frage: „Was machen die Menschen mit den Medien", kann auch gefragt werden: „Was machen die Medien mit den Menschen?". Hier befinden wir uns im Bereich der *Medienwirkungsforschung* (vgl. Bryant & Oliver, 2009). In der Öffentlichkeit wird oft viel über die Macht der Massenmedien spekuliert. Die Vorstellungen sind in diesen Diskussionen, welche oft wenig auf empirischer Evidenz aufbauen, zwischen den Polen der Allmachts- und der Ohnmachtsvermutung angesiedelt. Die Medienwirkungsforschung beschäftigt sich bereits mehrere Jahrzehnte intensiv mit dem Phänomen Medienwirkung. Medieneffekte wurden und werden oft in drei Effektebenen unterteilt: 1. *Wissen*, 2. *Einstellungen*, und 3. *Verhalten*. Während die erste Effektebene Wissen über die Realität beschreibt (z.B. „Was ist Gentechnik?"), haben Einstellungen eine *evaluative Komponente*. So kann die Einstellung gegenüber einem Einstellungsobjekt (z.B. Gentechnik) eher positiv oder negativ (= evaluative Komponente) sein. Es gibt Forschungsansätze, welche versuchen auf Basis von Einstellungen das konkrete Verhalten von Personen (z.B. Abstimmung über ein Gentechnik-Verbot) vorherzusagen. Neben der Gliederung der Effektebenen gilt es auch noch zu unterscheiden, ob es sich beim untersuchten Medienwirkungsphänomen um eher kurzfristige oder langfristige Wirkungen handelt. So untersuchten Carl Iver Hovland und Mitarbeiter die eher kurzfristigen Wirkungen von Medieninhalten auf Einstellungen (*Persuasionsforschung*). Hier kam vor allem die Methode des sozialwissenschaftlichen Experimentes, welches für medienpsychologische Forschungsarbeiten einen hohen Stellenwert hat, zum Einsatz. Im Gegensatz zu Hovland, untersuchten George Gerbner und Mitarbeiter die langfristigen Wirkungen von Medieninhalten auf die Realitätssicht (Effektebene: Wissen, aber auch Einstellungen) der Rezipienten. Im Gegensatz zum Hovland'schen Ansatz untersuchten Gerbner et al. die Wirkung des „Systems der Botschaften" („message system"). Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Wenn die unmittelbaren Effekte eines Artikels (z.B. über die Gentechnik) interessiert, dann werden kurzfristige Wirkungen im Stile der Hovland-Studien untersucht. Wird hingegen die Auswirkung der gesamten Berichterstattung über einen längeren Zeitraum betrachtet, dann werden langfristige Effekte im Stile Gerbners (= *Kultivierungsforschung*) untersucht. ### ### 3. Methodisches Vorgehen: Das sozialwissenschaftliche Experiment als wichtige Methode Wahrscheinlich ist die Methode des sozialwissenschaftlichen Experimentes (vgl. Bortz & Döring, 2006) in keinem anderen Bereich der Medienforschung so zentral wie bei medienpsychologischen Untersuchungen. Daher soll auf diese Methode kurz eingegangen werden. In einem Experiment wird die *Wirkung eines Treatments unter kontrollierten Bedingungen* untersucht. Bei medienpsychologischen Studien ist das Treatment meistens ein konkreter Medieninhalt. So könnte interessieren,ob Texte aus Tageszeitungen, in welchen die Gentechnik negativ bewertet wird, einen Effekt auf die Gentechnik-Einstellung der Leser hat. Eine klassische Versuchsanordnung zur Überprüfung einer solchen Fragestellung wäre der *Zweigruppenplan mit Vorher und Nachher Messung*: Es werden in einem ersten Schritt Probanden für die Untersuchung angeworben. In einem zweiten Schritt wird jede einzelne Versuchsperson dem Zufall nach auf eine von zwei Gruppen zugeteilt (= *Randomisierung*). Die randomisierte Zuteilung ist die beste Möglichkeit personengebundene Störvariablen zu kontrollieren und hat zur Folge, dass sich die beiden Untersuchungsbedingungen im Hinblick auf relevante Variablen nicht bedeutsam unterscheiden. In einem weiteren Schritt wird bei allen Probanden die Gentechnik-Einstellung erhoben (= Vorher-Messung). Dann bekommt Gruppe 1 (=*Treatmentgruppe*) Texte aus einer Tageszeitung, welche die Gentechnik eindeutig negativ bewerten. Gruppe 2 (= *Kontrollgruppe*) erhält vergleichbare Texte, wobei die Gentechnik nicht negativ bewertet wird. Anschließend wird wieder die Gentechnik Einstellung mit der gleichen Messmethode erhoben (= Nachher-Messung). Unterscheiden sich die beiden Experimentalgruppen bei der Vorher-Messung nicht, bei der Nachher Messung allerdings bedeutsam im Hinblick auf die Negativität der Gentechnik-Einstellung (Treatmentgruppe ist negativer eingestellt), dann kann auf einen Effekt der negativen Gentechnik-Texte geschlossen werden. Dadurch, dass das Treatment unter kontrollierten Bedingungen seine Wirkung entfalten konnte, kann der Forscher die Veränderung in der Gentechnik-Einstellung eindeutig der Wirkung des Treatments zuschreiben. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer *hohen internen Validität*. ### 4. Ausblick Natürlich konnte in diesem kurzen Abschnitt nur ein grober Überblick über das Fachgebiet der Medienpsychologie gegeben werden. Auszugsweise seien weitere Fragestellungen genannt: - Welche Faktoren machen Ereignisse überhaupt zu einer Nachricht? - → Warum nehmen wir welche Information in welcher Menge wahr? - Warum und auf welche Weise rufen Medieninhalte Gefühle bei uns hervor? - → Inwieweit wirken sich Schemata, Stereotypen und Klischees auf die Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung aus? - Wie entstehen Interessen und Einstellungen? Haben Medieninhalte einen Einfluss darauf? - Wie verarbeiten Menschen Informationen, die sie rezipieren? **Literatur** Bortz, J., & Döring, N. (2006): Forschungsmethoden und Evaluation für Human- und Sozialwissenschaftler. Heidelberg: Springer Medizin Verlag. Bryant, J., & Oliver, M. B. (2009): Media Effects. Advances in Theory and Research.New York: Lawrence Erlbaum Associates, Inc. Krämer, N., Schwan, S., Unz, D., & Suckfüll, M. (2008): Medienpsychologie. Schlüsselbegriffe und Konzepte. Stuttgart: W. Kohlhammer GmbH. Mangold, R., Vorderer, P., & Bente, G. (2004): Lehrbuch der Medienpsychologie. Göttingen: Hogrefe-Verlag. Vitouch, P. (2007): Fernsehen und Angstbewältigung. Zur Typologie des Zuschauerverhaltens. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften. Winterhoff-Spurk, P. (2004): Medienpsychologie. Eine Einführung. Stuttgart: W. Kohlhammer GmbH. 4.2.2 Kommunikationspädagogik ----------------------------- Medienpädagogik ist ein Sammelbegriff für ein theoretisches Programm der Analyse der Bedeutung und Rolle von Medien bzw. von Medienkommunikation im individuellen wie sozialen Leben von Menschen. Das Interesse der Medienpädagogik an Medien kommunikation leitet sich ab von Annahmen über und Erfahrungen zur kultur-, gesellschafts und persönlichkeitsbildenden Bedeutung von Medien -- immer bedacht darauf, dass sie der soziale Ort sind, in dem Menschen zueinander verbunden und vernetzt werden und so Gesellschaftlichkeit unter ihnen und zwischen ihnen verteilt wird. In dieser Umgebung bilden sich (medientypische) Kulturen des Denkens, der Aufmerksamkeit und der Wahrnehmung, die sowohl für die Konstitution der Persönlichkeit wie die der Soziabilität der Gesellschaft entscheidend sind. Medien sind -- in der so genannten Mediengesellschaft mehr denn je -- die Schaltstellen der in symbolischer Interaktion generierten Umwelt: relevant als öffentliches Wissen, als öffentliche Meinung und als öffentliche Referenz gesellschaftlich organisierter Beziehungen. Medien sind der Bezugsrahmen der gesellschaftlichen Konstruktion jener Wirklichkeit, die für das sozialen, kulturellen und politisch Identitätswissen von Gesellschaften einerseits wie auch für die Selbst-Identifikation von Individuen andererseits relevant ist. Aus dieser Annahme ergibt sich die Frage, mit welchen Interessen, Obsessionen, Passionen, Vorstellungen, Einstellungen und Haltungen, aber auch mit welchen technischen Fähigkeiten und mit welchen kommunikativen Mustern im Umgang mit medialen Inhalten und Botschaften vor allem Heranwachsende Medien gebrauchen. Oder noch etwas weiter gefasst: wo und wie lassen sich bei Individuen und generell in der Gesellschaft jene Kompetenzen entwickeln -- und wie sollten sie konstruiert und verankert sein, um als individuelle wie gesellschaftliche Bedingungen für eine zwischen den Interessen ausbalancierte Medienkultur „garantieren" zu können. Es geht der theoretischen wie der praktischen Medienpädagogik um die kulturelle Nachhaltigkeit von Persönlichkeiten (Menschen) und Gesellschaften (Gemeinschaften) im Wissen um die zunehmend medialisierten und mediatisierten Bedingungen ihrer Konstitution. Dabei hat sich die in frühen kommunikations- und medienwissenschaftlichen Konzepten aufgeworfene Frage nach der Wirkung von Medien theoretisch erübrigt, wenn auch in der Praxis noch lange nicht durchgesetzt. Es geht nicht um Wirkung von Medien, sondern um die Kompetenz als kognitive, emotionale und moralische Grundlage der Wahl zwischen unendlich vielen Optionen, weil im Zuge der Entwicklung der theoretischen Forschung klar wurde, dass die Frage nicht sein kann, was Medien mit den Menschen machen, sondern sein muss, was Menschen mit den Medien machen. Im Rahmen dieses theoretischen Fortschritts hat sich „die Medienpädagogik" auch freigespielt von der Fixierung auf die vermutete Wirkung von Medien und widmet sich nun viel entschiedener der Frage der „Medienbildung" als Grundlage einer persönlichen wie gesellschaftlich qualitativ verankerten Medienkultur. Weil also, wie elaborierte Konzepte der kommunikationswissenschaftlichen Medienforschung verdeutlichen, die Mediennutzer es sind, die den Gebrauch von Medien in die Organisation und Kultur ihres (subjektiven wie sozialen) Lebens integrieren, ist Medienkompetenz als die zentrale Problemperspektive von Medienpädagogik nicht nur eine Zielperspektive der praktischen Medienpädagogik, sondern ein wissenschaftlich begründetes Programm mit emanzipatorischem Erkenntnisinteresse, das heißt: es geht um die Chancen und Rahmenbedingungen eines „vernünftigen" Mediengebrauchs -- ein Begriff, der im Rahmen der theoretischen Konzeption des Faches vielfältig diskutiert und ausgelegt wird. Er beinhaltet kulturanthropologische, kulturtheoretische, politologische wie auch sozialpsychologische Perspektiven der Analyse der gesellschaftlichen Beziehungsarbeit, insoweit sie im Kontext von Medien, besser: des Mediengebrauchs geschieht. In diesem Sinne hat sich das ursprüngliche pädagogisch ziemlich intentionale Programm (pädagogische Wirkung gegen Medienwirkung), eben in dem Begriff Medienpädagogik (Medienerziehung) gefasst, zunehmend als theoretische wie praktische Sackgasse eines verdeckt autoritären und tendenziell dogmatischen Ansatzes herausgestellt und -- natürlich auch in Relation zur technologischen Entwicklung der Medien von Distributionsmedien zu Netzmedien -- eine kulturtheoretische Wendung genommen, in deren Kontext man nun (besser) von Medienbildung spricht. Dieser Begriff schließt mehrfach auf: - an die theoretische wie auch politische Diskussion von Bildung als einer kognitiven wie kulturellen Grundlage der Wahrnehmung von Selbst und Gesellschaft, - an den Prozess der Umstellung des Diskurses von Pädagogik (Erziehung) zu Bildung bzw. Bildungswissenschaft, der auch dem Paradigmenwechsel von einer hierarchisch autoritären zu einer durch den demokratischen Diskurs für sich selbst und ihre Belange autorisierten (emanzipierten) Gesellschaft entspricht - an den Paradigmenwechsel in der Kommunikations- und Medienwissenschaft von einer Struktur- und Ordnungswissenschaft (Was ist Kommunikation durch Medien?) zu einer Kultur- und Reflexionswissenschaft (Was bedeutet Kommunikation im Kontext von Medialität?). Das Konzept von Medienbildung weitet das Spektrum der Problemstellung der Medien pädagogik, indem sie die Analyse des Mediengebrauch kontextualisiert: Alltags- und Lebenswelten, Milieu- und Gemeinschaftskulturen sind Konstitutanten der Medialisierung und Mediatisierung des persönlichen wie des gesellschaftlichen Lebens. Theoretisch fasst man mit dem Begriff alle Problemstellungen zusammen, die sich aus der soziologischen, psychologischen, anthropologischen und pädagogischen Analyse des Mediengebrauchs ergeben. Wie alle sozial- und kulturwissenschaftlichen Analysen sind auch die, die im Hinblick auf die pädagogische Bewertung oder Auswertung von Medienkonsum und Mediengebrauch entstehen, in Formaten wissenschaftlicher Erklärung, Ordnung und Klassifikation gebundene Beobachtung von dem, was wir im Kontext der alltäglichen (alltagswissenschaftlichen) Beobachtung (eben) Kommunikation nennen. Die im Hinblick auf die Bildung der Gesellschaft entwickelten Konzepte der Kommunikationswissenschaft (z.B. Kompetenz, Medienkultur) sind also nicht die bessere oder richtigere Beobachtung von Kommunikation, sondern Beobachtung von Beobachtung: die kritische Reflexion, wie und warum wir über Kommunikation (respektive Medienkommunikation) so denken (und so handeln) wie wir denken (und handeln) und welche Theorien des (individuellen wie gesellschaftlichen) Glücks sich dahinter verbergen. In diesem Sinne Ist Medienbildung (ehemals: Medienpädagogik) nicht einfach nur eine Genetivableitung der Kommunikationswissenschaft, sondern eine Erschließungsperspektive zur gesellschaftlichen Hermeneutik von Kommunikation. So verstanden ist Kommunikationspädagogik als Studienprogramm kein systematisches Fach, kein Programm, in dem wissenschaftliches Vokabular gelernt werden muss. Es ist kein in sich geschlossenes „logisches" Fach, sondern so etwas wie ein Open-Source-Model der Reflexion des Menschen, der seine Existenz und sein gesellschaftliches Fortkommen als Herausforderung aus den Bedingungen von Kommunikation (und was er sich darunter vorstellt) versteht, erklärt, ordnet, klassifiziert und problematisiert. Dazu entwickelt die Wissenschaft Modelle der Erklärung im Hinblick auf Dimensionen wie Person, Gesellschaft, Kultur und deren Basisinstitutionen wie Technologie, Wirtschaft, Politik, Recht, Bildung etc. In diesem Sinne immer eingebunden in die Organisationsstrukturen dieser Gesellschaft versteht PAED als Studienprogramm zu Medienbildung sich als kulturwissenschaftliche Brücke zwischen den möglichen Idealmodellen und den möglichen Realmodellen von Medienkommunikation. 4.2.3 Kommunikationssoziologie ------------------------------ Kommunikationssoziologie beschäftigt sich mit der **gesellschaftlichen Einbettung** und den **gesellschaftlichen Folgen** printbasierter, elektronischer oder computergestützter Medienkommunikationen. Die Postulate der gesellschaftlichen Bedingtheit einerseits und der Wirkungen in der Gesellschaft andererseits gelten für alle Kommunikationsgattungen: wie z. B. *persuasive Formen der Kommunikation* (Werbung, Public Relations und politische Propaganda), *diskursanwaltliche Kommunikationen* (Journalismus und Aufklärungskampagnen) sowie für *offene Formen der Kommunikation* (z. B. Fernsehunterhaltung und Dialogforen im Internet). In manchen Fällen sind die gesellschaftlichen Aspekte von Medienkommunikation Bestandteil der Kommunikator-Absicht. Dies gilt z. B. dann, wenn eine ganz bestimmte Veränderung des gesellschaftlichen Verhaltens herbeiführt werden soll (durch eine Kampagnen für die Anwendung von Sicherheitsheitsgurten bzw. zwecks Aufklärung über die Gefahren des Rauchens u. ä. m.); oder die kommunikationspolitische Initiative zielt direkt auf den Zusammenhalt in der Gesellschaft und die Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Strukturen (indem etwa für Demokratie, Toleranz und Gewaltfreiheit geworben wird). In anderen Fällen kommt die gesellschaftliche Dimension als verstärkender oder behindernder Faktor ins Spiel, ohne dass die Kommunikatoren selbst gesellschaftliche Verhältnisse beeinflussen wollen. Wenn z. B. ein Kinofilm, der auf Massenunterhaltung zielt, bestimmte Normen und Werte missachtet, gerät

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