Business in Action Accounting 2024/2025 PDF
Document Details
Uploaded by Deleted User
University of Graz
2024
Tags
Summary
The document is a lecture or course material about Business in Action, specifically accounting, from the Winter Semester 2024/2025 at University of Graz. It outlines course topics and provides an overview of accounting concepts.
Full Transcript
Vorlesung und Übung Business in Action Wintersemester 2024/2025 Accounting Universität Graz Bachelorstudium Betriebswirtschaft Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeine Grundlagen..........................................................................
Vorlesung und Übung Business in Action Wintersemester 2024/2025 Accounting Universität Graz Bachelorstudium Betriebswirtschaft Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeine Grundlagen................................................................................. 1 1.1 Begriffsdefinitionen.................................................................................. 1 1.1.1 Aufwendungen und Erträge.......................................................... 1 1.1.2 Kosten und Erlöse......................................................................... 1 1.1.3 Einzahlungen und Auszahlungen (Liquidität)................................ 2 1.1.4 Gewinn und Verlust....................................................................... 2 1.1.5 Budget........................................................................................... 3 1.2 Unternehmensrechnung.......................................................................... 3 1.2.1 Externe Unternehmensrechnung.................................................. 4 1.2.1.1 Entscheidungsnützlichkeit.............................................. 4 1.2.1.2 Anspruchsbemessung und Vertragsgestaltung.............. 4 1.2.2 Interne Unternehmensrechnung................................................... 5 1.2.2.1 Entscheidungsfunktion.................................................... 5 1.2.2.2 Verhaltenssteuerungsfunktion........................................ 6 1.3 Entscheidungssituationen........................................................................ 7 1.3.1 Entscheidungen unter Sicherheit.................................................. 7 1.3.2 Entscheidungen unter Unsicherheit.............................................. 7 1.3.3 Entscheidungen unter Risiko........................................................ 8 1.4 Motivation und Anreizsetzung.................................................................. 8 1.4.1 Motivation...................................................................................... 8 1.4.2 Anreizsetzung............................................................................... 9 2 Jahresabschluss............................................................................................ 9 2.1 Bilanz....................................................................................................... 9 2.1.1 Aktiva.......................................................................................... 10 2.1.1.1 Anlagevermögen (AV).................................................. 10 2.1.1.1.1 Abschreibung........................................................................ 10 2.1.1.2 Umlaufvermögen (UV).................................................. 11 2.1.1.2.1 Forderungsbewertung........................................................... 11 2.1.1.2.2 Warenbewertung................................................................... 11 2.1.2 Passiva....................................................................................... 11 2.1.2.1 Fremdkapital................................................................. 11 I 2.1.2.1.1 Rückstellungen..................................................................... 12 2.1.2.2 Eigenkapital.................................................................. 12 2.2 Gewinn- und Verlustrechnung............................................................... 12 3 Controlling.................................................................................................... 13 3.1 Definition................................................................................................ 13 3.2 Leitbild und Aufgaben des Controllings................................................. 13 3.3 Aktuelle Entwicklungen im Controlling................................................... 15 3.3.1 Controlling und Nachhaltigkeit.................................................... 15 3.3.1.1 Nachhaltigkeitscontrolling............................................. 15 3.3.1.2 CSR und ESG............................................................... 16 3.3.2 Controlling und Digitalisierung.................................................... 17 4 Qualitätssicherung der Rechnungslegung................................................ 18 4.1 Transformation und Aggregation von Informationen.............................. 18 4.2 Wirtschaftsprüfung und Aufsichtsrat...................................................... 18 4.3 Enforcement und gerichtliches Klagesystem......................................... 19 4.4 Rechnungslegung und Steuern............................................................. 19 5 Unternehmensbewertung............................................................................ 20 5.1 Bewertungsmethoden............................................................................ 20 5.2 Vereinfachte Berechnung der Nettofinanzpositionen............................. 21 Literaturverzeichnis........................................................................................... 22 II Abkürzungsverzeichnis CSR Corporate Social Responsibility ESG Environmental, Social, and Governance III Allgemeine Grundlagen 1 Allgemeine Grundlagen 1.1 Begriffsdefinitionen 1.1.1 Aufwendungen und Erträge Aufwendungen und Erträge sind Begriffe des externen Rechnungswesens. Aufwendun- gen sind ein in Geld bewerteter Güter- und Werteverzehr einer Rechnungsperiode wie z.B. Miet- oder Personalaufwendungen. Aufwendungen führen zu einer Verringerung des Ei- genkapitals (Vermögen minus Schulden). Erträge sind eine in Geld bewertete Gegenleis- tung für die Leistung des Unternehmens wie z.B. der Verkauf von Handelswaren oder die Erbringung einer Dienstleistung. Erträge führen zu einer Erhöhung des Eigenkapitals (Ver- mögen minus Schulden).1 Aufwendungen und Erträge werden unabhängig vom tatsächli- chen Zahlungszeitpunkt erfasst. Beispielsweise wird die Miete für ein Büro jeden Monat als Mietaufwand erfasst, auch wenn sie eventuell vierteljährlich gezahlt wird. 1.1.2 Kosten und Erlöse Kosten und Erlöse sind Begriffe des internen Rechnungswesens. Kosten stellen einen bewerteten Verbrauch an Produktionsfaktoren aus dem Produktionsprozess im Unterneh- men dar. Die Herstellungskosten eines Möbelstücks umfassen etwa die bewerteten Arbeits- stunden und den Rohstoffeinsatz, aber z.B. auch die Abnützung der eingesetzten Maschi- nen. Eine wichtige Einteilung ist jene in fixe und variable Kosten – diese richtet sich nach der Bezugsgröße und dem Zeitbezug. Eine häufige Bezugsgröße ist die Beschäftigung: Es wird untersucht, wie sich die Kosten in einem Unternehmen verändern, wenn sich die Be- schäftigungs- oder Ausbringungsmenge2 im Unternehmen ändert. Dabei wird zwischen fol- genden Kostenarten unterschieden:3 Fixe Kosten: Dabei handelt es sich um Kosten, die unabhängig von ihrer Ausbringungs- menge immer in gleicher Höhe anfallen. Beispiele für Fixkosten sind Miet- oder Gehalts- kosten. 1 Vgl. Schneider et al. (2022), S. 41. 2 Unter Ausbringungsmenge ist die von einem Unternehmen hergestellte Menge an Gütern und Dienstleistungen zu verstehen. 3 Vgl. Deimel et al. (2017), S. 66-68. 1 Allgemeine Grundlagen Variable Kosten: Dabei handelt es sich um Kosten, deren Höhe von der Ausbringungs- menge abhängig ist. Variable Kosten verändern sich, wenn sich die Ausbringungsmenge ändert. Beispiele sind der Stromverbrauch einer Produktionsmaschine oder die im Pro- dukt eingesetzten Rohmaterialien. Bei dieser Einteilung ist es aber auch wichtig, den Zeitbezug zu berücksichtigen: Beispiels- weise sind Mietkosten in einem längeren Betrachtungszeitraum, in welchem eine Kündi- gungsmöglichkeit besteht, variabel (abbaubar). Erlöse werden als bewertete Güterentstehung aus dem Produktionsprozess im Unterneh- men verstanden.4 1.1.3 Einzahlungen und Auszahlungen (Liquidität) Liquide Mittel bezeichnen Kassabestände und jederzeit verfügbares Bankguthaben. Ein- zahlungen (z.B. Barverkauf) führen zu einer Erhöhung dieser liquiden Mittel, wohingegen Auszahlungen (z.B. Zahlung der Miete in bar) zu einer Verringerung führen. Liquidität be- deutet, dass ein Unternehmen die Fähigkeit besitzt, zu jedem Zeitpunkt die Zahlungsver- pflichtungen (z.B. gegenüber Lieferanten, Kreditinstituten oder Mitarbeitern) in vollem Um- fang fristgerecht zu erfüllen.5 Liquidität ist die Voraussetzung für den Fortbestand des Un- ternehmens. 1.1.4 Gewinn und Verlust Der Gewinn ist jener Betrag, der in einer bestimmten Periode von einem Unternehmen er- wirtschaftet wurde. Es gibt zahlreiche unterschiedliche Definitionen und Berechnungsarten. Im internen Rechnungswesen wird der Gewinn (Verlust) ermittelt, indem die Kosten von den Erlösen abgezogen werden. Ein Gewinn (Verlust) liegt dann vor, wenn die Erlöse höher (geringer) sind als die Kosten, dieser wird auch als Betriebsgewinn bezeichnet. Zur Berech- nung wird folgende Formel verwendet:6 Gewinn (Verlust) = Erlöse - Kosten 4 Vgl. Deimel et al. (2017), S. 53. 5 Vgl. Hoitsch/Lingnau (2007), S. 7. 6 Vgl. Deimel et al. (2017), S. 32. 2 Allgemeine Grundlagen Im externen Rechnungswesen wird der Gewinn (Verlust) ermittelt, indem die Erträge den Aufwendungen eines Geschäftsjahres gegenübergestellt werden. Dazu dient folgende For- mel:7 Gewinn (Verlust) = Erträge - Aufwendungen Ein Gewinn (Verlust) liegt dann vor, wenn die Erträge (z.B. Verkaufserlöse) höher (geringer) sind als die Aufwendungen (z.B. Lohnaufwendungen, Miete, Energiekosten). Dieser unter- scheidet sich meist vom Betriebsgewinn. 1.1.5 Budget Budgetierung wird als gewinnorientierte Planung und Kontrolle definiert und ein Budget ist das Ergebnis dieser Planung.8 Eine konkrete Definition ist folgende: Ein Budget ist ein for- malzielorientierter, in wertmäßigen Größen formulierter Plan, der einer Entscheidungsein- heit für eine bestimmte Zeitperiode mit einem bestimmten Verbindlichkeitsgrad vorgegeben wird; Budgetierung beinhaltet den prozeduralen Aspekt der Aufstellung, Vorgabe und Kon- trolle von Budgets.9 Budgets sind somit nichts anderes als monetäre Plangrößen mit Vor- gabecharakter für unterschiedliche Bereiche im Unternehmen. Es werden unterschiedliche Budgetvarianten verwendet. Dazu zählen z.B. das Kostenbudget, bei welchem ein Projekt- leiter eine bestimmte Kostensumme zugewiesen bekommt und dafür verantwortlich ist, dass diese nach Möglichkeit im vereinbarten Zeitraum (für das vereinbarte Projekt) nicht überschritten wird.10 1.2 Unternehmensrechnung Die Unternehmensrechnung ist ein Informationssystem eines Unternehmens. Sie dient der vollständigen Erfassung und Auswertung der Unternehmensdaten. Aufgrund der unter- schiedlichen Struktur der Beziehungen zwischen dem Ersteller und Nutzer der Information wird die Unternehmensrechnung in einen externen und internen Bereich getrennt. 7 Vgl. Schneider et al. (2022), S. 33. 8 Vgl. Ewert et al. (2023), S. 358. 9 Vgl. Göpfert (1993), S. 589-591. 10 Vgl. Ewert et al. (2023), S. 359. 3 Allgemeine Grundlagen 1.2.1 Externe Unternehmensrechnung Die externe Unternehmensrechnung umfasst alle Informationssysteme, die an unterneh- mensexterne Adressaten (Stakeholder) wie z.B. Investoren, Gläubiger, Arbeitnehmer, Steuerbehörden oder auch NGOs wie Umweltschutzgruppen oder Interessensverbände gerichtet sind.11 Der wesentliche Bereich der externen Unternehmensrechnung ist die Rechnungslegung, welche Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens bereitstellt. Das Hauptergebnis dieser Informationsbereitstellung ist der Jahresabschluss, in welchem verschiedene Unternehmensdaten wie beispielsweise Anga- ben über Vermögen und Schulden oder Aufwände und Erträge dargestellt werden. Aus diesen Informationsinteressen resultieren die Hauptfunktionen, welche in Entscheidungs- nützlichkeit, Anspruchsbemessung und Vertragsgestaltung gegliedert werden.12 1.2.1.1 Entscheidungsnützlichkeit Zunächst hat die externe Unternehmensrechnung die Aufgabe der Informationsfunktion ge- genüber externen Adressaten. Diese sollen die Informationen für Entscheidungsfindun- gen wie z.B. Investitionen, Kreditvergaben, Unternehmenskäufe und mögliche Geschäfts- beziehungen heranziehen. Informationen können jedoch nur entscheidungsnützlich sein, wenn diese auch eine Relevanz haben. Das heißt die Informationen müssen sich zur Bil- dung von Prognosen über künftige Entwicklungen eignen. Darüber hinaus müssen Infor- mationen einen gewissen Grad an Verlässlichkeit aufweisen. Um dies zu erreichen gibt es verschiedene gesetzliche Vorkehrungen wie z.B. die Wirtschaftsprüfung. Diese soll eine Rechnungslegung gewährleisten, welche im Wesentlichen frei von Fehlern und falschen Aussagen ist.13 1.2.1.2 Anspruchsbemessung und Vertragsgestaltung Eine weitere Aufgabe der externen Unternehmensrechnung ist die Bestimmung der gesetz- lichen und vertraglichen Anspruchsbemessung (meist Zahlungsansprüche aber auch Mit- spracherechte oder Informationsrechte). Gesetzliche Ansprüche sind z.B. Ausschüttungen oder Steuerzahlungen, welche sich am Gewinn bemessen. Beispiele für vertragliche An- sprüche hingegen sind variable Managemententlohnungen oder Fälligstellungen von Kre- diten bei schlechten Unternehmenskennzahlen. Die Rechnungslegung erfüllt darüber hin- aus auch den Zweck der Verhaltenssteuerung. So werden z.B. Managemententlohnun- gen häufig mit dem Börsenkurs eines Unternehmens verknüpft, um ein Interesse des 11 Vgl. Ewert et al. (2023), S. 3-4. 12 Vgl. Wagenhofer/Ewert (2015). S. 4-6. 13 Vgl. Wagenhofer/Ewert (2015). S. 6-7. 4 Allgemeine Grundlagen Managements an der längerfristigen Unternehmensentwicklung zu erreichen. Kapitalgeber haben ein Interesse, das Investitions- und Risikoverhalten eines Unternehmens überwa- chen zu können. Aus diesen Dingen erfolgt ein Bedarf der Rechenschaftslegung, welche durch die Dokumentation der Informationen erreicht wird. Auch die Verlässlichkeit hat er- neut durch Steuer- und Gewinnbemessungen einen hohen Stellenwert. Die Prognosefähig- keit hat bei der Anspruchsbemessung nur eine untergeordnete Bedeutung, weil meist ein Vergangenheitsbezug im Vordergrund steht.14 1.2.2 Interne Unternehmensrechnung Die interne Unternehmensrechnung beinhaltet alle Informationssysteme, die für unterneh- mensinterne Entscheidungsträger relevant sind. Dazu zählen alle internen Entscheidungs- organe wie z.B. die Geschäftsführung, das Management, die Bereichsleitung oder die in- ternen Kontrollorgane. Die interne Unternehmensrechnung wird von der Unternehmenslei- tung so gestaltet, dass diese die unterschiedlichen Aufgaben bestmöglich erfüllen kann. Die Ausgestaltung erfolgt unternehmensindividuell, d.h. sie beinhaltet keine gesetzlichen oder sonstigen Vorgaben. Es liegt im Interesse des Unternehmens, diese so hilfreich wie möglich zu gestalten. Die Hauptfunktionen der internen Unternehmensrechnung sind die Entscheidungsfunktion und die Verhaltensteuerungsfunktion.15 1.2.2.1 Entscheidungsfunktion Im Sinne der Entscheidungsfunktion handelt es sich bei der internen Unternehmensrech- nung um ein Informationssystem als Grundlage für Managemententscheidungen. Es lie- fert dem Management detaillierte Informationen, die es ermöglichen, wirtschaftlich sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Koordination der Ent- scheidungen, d.h. der Abstimmung von Einzelaktivitäten zur Erreichung übergeordneter Ziele. Beispielsweise kann die Entscheidung über ein Absatzprogramm nur in Abstimmung mit der Planung der vorhandenen oder neu zu erwerbenden Produktionskapazitäten (Ma- schinen, Mitarbeiter etc.), dem Lagerbestand und zu erwerbenden Rohstoffen getroffen werden. Gibt es etwa mehr interessante Projekte als zur Verfügung stehendes Kapital (Knappheit), muss eine Auswahl der besten Projekte getroffen werden (sachliche Koordi- nationsprobleme). Zielkonflikte zwischen den Entscheidungsträgern werden dabei nicht betrachtet, weil entweder kein Zielkonflikt vorliegt, da eine einzelne Person für alles zustän- dig ist (Einpersonenkontext) oder es besteht eine Zielkongruenz zwischen dem Nutzer (Ma- nagement) und dem Ersteller der Information, d.h. beide Parteien verfolgen das gleiche 14 Vgl. Wagenhofer/Ewert (2015). S. 7-8. 15 Vgl. Ewert et al. (2023), S. 3-4. 5 Allgemeine Grundlagen Ziel. Die Entscheidungsfunktion wird auch als Beeinflussung eigener Entscheidungen be- zeichnet.16 1.2.2.2 Verhaltenssteuerungsfunktion Im Sinne der Verhaltenssteuerungsfunktion geht es ebenfalls um die Unterstützung von Entscheidungen, im Fokus steht aber die Beeinflussung von Entscheidungen anderer Ent- scheidungsträger im Unternehmen, es handelt sich somit um die Beeinflussung fremder Entscheidungen in einem Mehrpersonenkontext bzw. spricht man auch von der Lösung personeller Koordinationsprobleme. Dabei muss auch die Organisationsstruktur des Un- ternehmens berücksichtigt werden. Damit eine Verhaltensteuerungsfunktion vorliegt, müs- sen folgende zwei Voraussetzungen erfüllt sein:17 Zielkonflikt: Es muss ein Zielkonflikt zwischen den Entscheidungsträgern im Unterneh- men vorliegen. Beispiel: Ein Abteilungsmanager möchte gerne die Anzahl der Mitarbeiter in seiner Abteilung erhöhen, weil die Anzahl der ihm unterstellten Mitarbeiter Ausdruck seiner Wichtigkeit im Unternehmen darstellt. Dies erfolgt jedoch unabhängig davon, ob diese Maßnahme effizient ist. Asymmetrische Informationsverteilung: Es muss eine asymmetrische Informations- verteilung zwischen der Unternehmensleitung und dem Entscheidungsträger bestehen. Dies trifft häufig zu, denn ein Abteilungsmanager ist üblicherweise besser informiert über Details in seiner Abteilung als die Zentrale. Zum Beispiel hat ein Filialleiter bessere In- formationen über die Arbeitsleistung oder Bedürfnisse seiner Mitarbeiter als die Kon- zernzentrale. Gründe für asymmetrische Informationen sind Informationskosten, wie z.B. eine beschränkte Zeitkapazität der Zentrale. Die große Herausforderung besteht nun darin, dieses Informationssystem so zu gestalten, dass sowohl bessere Entscheidungen getroffen werden können, als auch personelle Koor- dinationsprobleme verringert werden können. Es muss also festgelegt werden, welche In- formationen zur Koordination und zur Kontrolle beschafft werden müssen, in welcher Form diese bereitgestellt werden, wer diese erhält, wie oft diese aktualisiert werden usw.18 Beispiel: Die interne Unternehmensrechnung ermöglicht, Ergebnisse zu kontrollieren und hilft damit, die Leistung von Entscheidungsträgern zu beurteilen. Mit Hilfe von 16 Vgl. Ewert et al. (2023), S. 4-6. 17 Vgl. Ewert et al. (2023), S. 7, 350. 18 Vgl. Ewert et al. (2023), S. 8, S. 305, S. 324, S. 345. 6 Allgemeine Grundlagen Kontrollrechnungen können Abweichungen19 ermittelt und analysiert werden, um die je- weiligen Ursachen für die Abweichung festzustellen (Entscheidungsfunktion), welche etwa in fehlerhafter Umsetzung oder auch fehlerhafter Planung liegen können. Zugleich ist dies aber auch sinnvoll, um bereits vorab Entscheidungsträger zu motivieren, ihre Aufgaben bestmöglich durchzuführen, da sie wissen, dass sie daran beurteilt werden. Dadurch wird mit der Kontrolle vorab auch eine Verhaltensteuerungsfunktion ausgelöst. Einen Entscheidungsträger für Abweichungen verantwortlich zu machen ist nur dann sinnvoll, wenn der Entscheidungsträger diese Abweichung durch seine Entscheidung tatsächlich beeinflussen konnte. Eine wesentliche Abweichung stellt die Ergebnisabwei- chung dar. Diese wird ermittelt, indem das geplante Ergebnis dem tatsächlichen Ergeb- nis gegenübergestellt wird. 1.3 Entscheidungssituationen Eine Entscheidung ist definiert als eine bewusste Wahl zwischen unterschiedlichen Hand- lungsalternativen, unter Berücksichtigung der eigenen Präferenzen. Je nach Art und Um- fang der Information, die dem Entscheidungsträger zur Verfügung steht, unterscheiden wir zwischen Entscheidungen unter Sicherheit, Entscheidungen unter Unsicherheit und Ent- scheidungen unter Risiko.20 1.3.1 Entscheidungen unter Sicherheit Bei Entscheidungen unter Sicherheit kennt der Entscheidungsträger sowohl die zukünftige Entwicklung der Umweltsituation als auch die unterschiedlichen Ergebnisse der einzelnen Handlungsalternativen. Der Entscheidungsträger kann alle Konsequenzen der Entschei- dung mit Sicherheit vorhersagen. Bei einer Entscheidung unter Sicherheit entscheidet sich der Entscheidungsträger für jene Alternative, die maximal zur Zielerreichung beiträgt.21 1.3.2 Entscheidungen unter Unsicherheit Bei Entscheidungen unter Unsicherheit hält der Entscheidungsträger mindestens zwei Um- weltsituationen für realistisch. Der Entscheidungsträger kennt zwar alle möglichen Umwelt- situationen, aber nicht deren Eintrittswahrscheinlichkeit. Ungewissheitsaspekte könnten zum Beispiel die Ungewissheit über den Preisverlauf am Beginn eines Quartals oder wie 19 Eine Abweichung ist definiert als Differenz zu einem Vergleichswert. 20 Vgl. Jacob (2012), S. 97-99. 21 Vgl. Jacob (2012), S. 100-101. 7 Allgemeine Grundlagen sich Absatzpotenziale im Laufe des Jahres entwickeln werden sein. Um Unsicherheit zu reduzieren, kann auf Erfahrungswerte zurückgegriffen werden.22 1.3.3 Entscheidungen unter Risiko Bei Entscheidungen unter Risiko kann der Entscheidungsträger den unterschiedlichen Um- weltzuständen (objektive oder subjektive) Eintrittswahrscheinlichkeiten zuordnen. Um sich richtig zu entscheiden, ist eine Möglichkeit, für jede Handlungsalternative den Erwartungs- wert (µ) zu ermitteln. Dieser ergibt sich aus der Summe der Produkte aus Zielbeitrag und Eintrittswahrscheinlichkeit pro Umweltzustand. Die Handlungsalternative mit dem höchsten Erwartungswert stellt die optimale Entscheidung dar. Eine Alternative stellt das (µ,σ)-Prin- zip dar. Bei diesem Prinzip kann der Entscheidungsträger zusätzlich zum Erwartungswert (µ) noch das Risiko bei seiner Bewertung berücksichtigen, dieses kann als Standardabwei- chung (σ) oder Varianz (σ²) gemessen werden. Der Entscheidungsträger entscheidet sich für jene Handlungsalternative, die den höchsten Nutzen bringt.23 1.4 Motivation und Anreizsetzung 1.4.1 Motivation Motivation ist die Bereitschaft eines Individuums, eine Tätigkeit auszuführen, um ein be- stimmtes Ziel zu erreichen und dient dazu, um Zufriedenheit in sich selbst zu finden.24 Es wird zwischen zwei Arten der Motivation unterschieden: Intrinsische Motivation: Diese Art der Motivation basiert auf dem inneren Antrieb und umfasst Motive, welche durch die Arbeit selbst befriedigt werden. Ein intrinsi- scher Motivator ist z.B. die Neugierde, die Freude an der Tätigkeit selbst oder die Erfolgserwartung. Diese Form der Motivation entsteht durch das Interesse an den Tätigkeiten und einem Gefühl der Zufriedenheit. Es sind auch keine extern gesetz- ten Anreize (Bestrafung) zur Motivation notwendig.25 Extrinsische Motivation: Diese Art der Motivation entsteht durch extern gesetzte Anreize und Einflüsse. Die Anreize können sowohl materiell als auch immateriell sein, und verstärkt wird diese Art der Motivation z.B. durch Belohnungen, 22 Vgl. Jacob (2012), S. 103-105 und Ewert et al. (2023), S. 81. 23 Vgl. Jacob (2012), S. 102. 24 Vgl. Hungenberg/Wulf (2015), S. 235-238. 25 Vgl. Jost/Biebernstein (2013), S. 161-162. 8 Jahresabschluss Beförderungen, Prestige- und Statusmotive und verringert z.B. durch Existenz- ängste und Druck.26 1.4.2 Anreizsetzung Um Interessenskonflikte und eine asymmetrische Informationsverteilung im Unternehmen zu vermeiden, kann ein Anreizsystem verwendet werden. Anreizsysteme haben das Ziel, das Verhalten der Mitarbeiter so zu beeinflussen, damit diese im Sinne des Unternehmens handeln und somit die Interessen der Mitarbeiter mit dem Eigentümer übereinstimmen. Durch ein Anreizsystem wird die Entlohnungsart, die Beurteilungsgröße und die Entloh- nungsfunktion festgelegt. Die Entlohnungsart (Anreiz) kann monetär (z.B. variable Vergü- tung in Form eines/einer Bonus/Prämie oder einer Beteiligung) oder nicht-monetär (z.B. Beförderung, Auszeichnung) sein. Die Beurteilungsgröße ist eine Art Bemessungsgrund- lage, anhand derer die Leistung eines Managers gemessen werden kann, dies kann z.B. der Bereichsgewinn, die Kundenzufriedenheit oder die Menge der abgeschlossenen Kun- denverträge sein. Die Entlohnungsfunktion definiert den Zusammenhang zwischen der Be- urteilungsgröße und der Entlohnung, z.B. kann ein Manager prozentuell am Gewinn betei- ligt werden oder einen Bonus erhalten, wenn eine Zielgröße erreicht wird.27 2 Jahresabschluss Der Jahresabschluss besteht vereinfacht gesprochen zumindest aus einer Bilanz und Ge- winn- und Verlustrechnung (GuV). Die Erstellung der Bilanz und GuV wird als Bilanzierung bezeichnet. 2.1 Bilanz Die Bilanz ist eine Gegenüberstellung von Vermögen (Aktiva) und Kapital (Passiva) an ei- nem bestimmten Stichtag, dem Bilanzstichtag. Der häufigste Bilanzstichtag ist der 31. De- zember, wobei dieser nicht zwingend mit dem Ende des Kalenderjahres übereinstimmen muss. Ein Grund für ein Abweichen des Regelstichtages könnte etwa ein saisonaler Zyklus sein. Auf der Aktivseite befindet sich das Anlage- und das Umlaufvermögen, auf der Pas- sivseite das Fremdkapital und das Eigenkapital. Die Aktivseite einer Bilanz stellt die Ver- mögenswerte eines Unternehmens dar und wird auch als „Mittelverwendung“ bezeichnet. Hier stellt sich die Frage: Wie wurden die finanziellen Mittel im Unternehmen eingesetzt? Die Passivseite umfasst das Kapital (Fremdkapital und Eigenkapital) und wird auch als 26 Vgl. Hungenberg/Wulf (2015), S. 240-241. 27 Vgl. Ewert et al. (2023), S. 354-355. 9 Jahresabschluss „Mittelherkunft“ bezeichnet. Die Passivseite zeigt woher die Mittel stammen, die zur Finan- zierung des Vermögens verwendet wurden. Die Bilanz muss Summengleichheit aufweisen, das heißt das Vermögen muss dem Kapital entsprechen.28 2.1.1 Aktiva 2.1.1.1 Anlagevermögen (AV) Das Anlagevermögen ist ein Teil der Aktiva und stellt Vermögen dar. Es dient dem dauern- den Geschäftsbetrieb des Unternehmens (Daumenregel: Behaltefrist länger als ein Jahr) und wird gebraucht und nicht verbraucht. Beispiele sind materielle Dinge wie Maschinen, Gebäude oder Grundstücke aber auch immaterielle Vermögensgegenstände wie z.B. Mar- kenrechte oder Patente. Weiters kann eine Unterscheidung in abnutzbares Anlagevermö- gen (z.B. Gebäude und Maschinen) und nicht abnutzbares Anlagevermögen (z.B. Grund und Unternehmensbeteiligungen) vorgenommen werden. 2.1.1.1.1 Abschreibung Abnutzbares Anlagevermögen verliert durch den Gebrauch üblicherweise an Wert. Dieser Wertverlust ist in der Bilanz auszuweisen, da die Vermögenswerte korrekt abgebildet sein müssen. Zudem wird der Wertverlust als Aufwand in der GuV erfasst, was das Betriebser- gebnis (Gewinn oder Verlust) und somit das Eigenkapital verringert. Dieser Vorgang wird als Abschreibung bezeichnet und wird durch folgende Berechnung ermittelt: 𝐴𝑛𝑠𝑐ℎ𝑎𝑓𝑓𝑢𝑛𝑔𝑠𝑤𝑒𝑟𝑡 𝑑𝑒𝑠 𝑉𝑒𝑟𝑚ö𝑔𝑒𝑛𝑠𝑔𝑒𝑔𝑒𝑛𝑠𝑡𝑎𝑛𝑑𝑒𝑠 𝐴𝑏𝑠𝑐ℎ𝑟𝑒𝑖𝑏𝑢𝑛𝑔 = 𝐺𝑒𝑠𝑐ℎä𝑡𝑧𝑡𝑒 𝑁𝑢𝑡𝑧𝑢𝑛𝑔𝑠𝑑𝑎𝑢𝑒𝑟 28 Anlagevermögen + Umlaufvermögen = Eigenkapital + Fremdkapital. 10 Jahresabschluss Beispiel: Eine Maschine mit einer geschätzte Nutzungsdauer von 3 Jahren wird für 3.000€ erworben. Die Abschreibung beträgt somit 1.000€.29 Darüber hinaus gibt es noch außer- planmäßige Abschreibungen bei unvorhergesehen Wertminderungen z.B. durch Schäden oder technologischer Fortschritt. 2.1.1.2 Umlaufvermögen (UV) Auch das Umlaufvermögen ist ein Teil der Aktivseite und stellt Vermögen dar. Das Umlauf- vermögen wird im Gegensatz zum Anlagevermögen nicht gebraucht, sondern verbraucht. Das bedeutet, dass Gegenstände des Umlaufvermögens ständig ihre körperliche und wert- mäßige Zusammensetzung verändern (z.B. Bankguthaben, Handelswarenbestände, For- derungen gegenüber Kunden). Sie verbleiben in der Regel nur kurzfristig im Unternehmen (Faustregel: Behaltefrist kürzer als ein Jahr). 2.1.1.2.1 Forderungsbewertung Forderungen, wie beispielsweise Kundenforderungen für gelieferte Handelswaren sind Teil des Umlaufvermögens und müssen im Rahmen der Bilanzerstellung bewertet werden. Wenn Forderungen uneinbringlich oder teilweise uneinbringlich sind (z.B. aufgrund einer Insolvenz), müssen sie entsprechend korrigiert werden. Der Differenzbetrag zwischen dem ursprünglichen Forderungsbetrag und dem voraussichtlich einbringlichen Betrag wird als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) erfasst. Dies führt zu einer Minderung des Betriebsergebnisses (Gewinn bzw. Verlust) und somit auch des Eigenkapitals. 2.1.1.2.2 Warenbewertung Die Warenbewertung ist ein wesentlicher Bestandteil der Bilanzierung. Zum einen müssen die verbrauchten Waren wertmäßig korrekt in der GuV erfasst werden, zum anderen müs- sen die am Bilanzstichtag noch vorhandenen Warenbestände mit dem richtigen Wert in der Bilanz dargestellt werden. Ist der Warenvorrat weniger wert als der ursprüngliche Einkaufs- preis, muss die Differenz als Aufwand in der GuV berücksichtigt werden. Diese Wertminde- rung wirkt sich auf das Betriebsergebnis und somit auch auf das Eigenkapital aus. 2.1.2 Passiva 2.1.2.1 Fremdkapital Das Fremdkapital befindet sich auf der Passivseite der Bilanz. Es zeigt die Schulden des Unternehmens. Diese stehen meist für einen befristeten Zeitraum zur Verfügung. Das 29 Anschaffungswert durch geschätzte Nutzungsdauer = 3.000€ / 3 Jahre. 11 Jahresabschluss Fremdkapital kann langfristig (z.B. Bankkredit) oder auch kurzfristig (z.B. Lieferverbindlich- keit) sein. 2.1.2.1.1 Rückstellungen Rückstellungen sind ebenfalls Bestandteil des Fremdkapitals und stellen ungewisse Ver- bindlichkeiten dar. Im Gegensatz zu Verbindlichkeiten ist der Eintritt und/oder die Höhe der Verpflichtung (noch) ungewiss. Ein Beispiel sind Prozessrückstellungen im Zusammenhang mit einem ausstehenden Gerichtsverfahren. Die Bildung von Rückstellungen dient dazu, den voraussichtlichen Aufwand periodengerecht (der Entstehung nach) in die GuV aufzu- nehmen und gleichzeitig das Fremdkapital in der Bilanz korrekt darzustellen. 2.1.2.2 Eigenkapital Das Eigenkapital ergibt sich als Restgröße von Vermögen minus Fremdkapital. Es hat da- her nichts mit konkreten Vermögensgütern wie Geld oder Maschinen zu tun. Eine genaue Zuordnung von Eigenkapital auf einzelne Vermögensgegenstände ist dementsprechend nicht möglich. Eigenkapital kann entweder von außen zugeführt werden (z.B. durch Zuzah- lungen von Gesellschaftern) oder durch Innenfinanzierung entstehen (erwirtschaftete und nicht entnommene Gewinne). In veröffentlichten Bilanzen steht auf der Passivseite das Ei- genkapital vor dem Fremdkapital. Dies ist jedoch nicht als chronologische Reihenfolge zu verstehen, da - wie bereits erläutert - das Eigenkapital eine Restgröße nach Abzug der Schulden darstellt. 2.2 Gewinn- und Verlustrechnung Durch die Gegenüberstellung von Erträgen und Aufwänden eines Geschäftsjahres erfolgt die Gewinnermittlung. Sind die Erträge höher als die Aufwendungen entsteht ein Gewinn. Sind die Aufwendungen höher als die Erträge ein Verlust. Der Gewinn bzw. der Verlust geht schlussendlich in das Eigenkapital über. Daraus folgt, dass Aufwendungen (z.B. Miete) das Eigenkapital mindern, wohingegen Erträge (z.B. Umsatz) das Eigenkapital erhöhen. Die GuV kann somit als Unterbestandteil des Eigenkapitals betrachtet werden, was auch be- deutet, dass zuerst der Gewinn ermittelt werden muss bevor die Bilanz erstellt werden kann. Aufwand GuV Ertrag Aufwand Ertrag Gewinn Aufwand GuV Ertrag Ertrag Aufwand Verlust 12 Controlling Die GuV kann exemplarisch auf folgende vereinfachte Weise darstellgestellt werden: 3 Controlling 3.1 Definition „Unter Controlling wird die Gesamtheit der Konzepte und Instrumente zur Rechnungswesen basierten Unterstützung der Unternehmensführung bei der Lenkung des Unternehmens verstanden. Insbesondere obliegt dem Controlling die systemgestützte Informationsbe- schaffung und Informationsverarbeitung zur Planerstellung, Koordination, Steuerung und Kontrolle und führt zu einer Verbesserung der Entscheidungsqualität auf allen Führungs- ebenen der Unternehmen.“30 3.2 Leitbild und Aufgaben des Controllings Die obige Definition ist nur eine von verschiedenen möglichen Definitionen. Da das Con- trolling in der Unternehmenspraxis entstanden ist, haben sich im Lauf der Jahre unter- schiedliche Definitionen und Konzeptionen entwickelt. So bestehen in der Wissenschaft un- terschiedliche Schwerpunkte bei Zielen und Aufgaben, und auch die Ausgestaltung in der Praxis ist vielfältig. Die „International Group of Controlling (ICG)“ hat das folgende Leitbild verabschiedet:31 „Controller leisten als Partner des Managements einen wesentlichen Beitrag zum nachhaltigen Erfolg der Organisation. Controller…. gestalten und begleiten den Management-Prozess der Zielfindung, Planung und Steuerung, sodass jeder Entscheidungsträger zielorientiert handelt. 30 Reichmann (2001), S. 2. 31 International Group of Controlling (IGC), online. 13 Controlling sorgen für die bewusste Beschäftigung mit der Zukunft und ermöglichen dadurch, Chancen wahrzunehmen und mit Risiken umzugehen. integrieren die Ziele und Pläne aller Beteiligten zu einem abgestimmten Ganzen. entwickeln und pflegen Controlling-Systeme. Sie sichern die Datenqualität und sor- gen für entscheidungsrelevante Informationen. sind als betriebswirtschaftliches Gewissen dem Wohl der Organisation als Ganzes verpflichtet.“ Hauptaufgabe des Controllings ist somit die umfassende und funktionsübergreifende Unter- stützung des Managements bei der Erreichung der Unternehmensziele durch zur Verfü- gungstellung eines entsprechenden Steuerungsinstrumentariums. Die Bandbreite der In- formationsversorgung reicht von der längerfristigen strategischen Planung der Unterneh- mensentwicklung, der Bestimmung strategischer Erfolgsfaktoren und Früherkennung von Risiken bis zu kurzfristigen operativen Entscheidungen der Leistungserstellung. Unter- schiedliche Schwerpunkte liegen auf der Informationsversorgung oder der Koordinations- aufgabe, zunehmende Bedeutung hat infolge der Berücksichtigung (wirtschafts-)psycholo- gischer Erkenntnisse die Rationalitätssicherung der Unternehmensführung als Controlling- aufgabe erlangt.32 Unter Rationalität kann Folgendes verstanden werden: Rationales Verhalten (Rationalität): Vereinfacht definiert kann man rational als das bezeichnen, was für ein Individuum im konkreten Moment nützlich ist. Unter rationalem Verhalten wird verstanden, dass das Individuum ein sogenannter „Nutzenmaximierer“ ist, d.h. wenn verschiedene Alternativen zur Auswahl stehen, würde sich ein rationales Individuum für jene Alternative entscheiden, die die persönlichen Ziele des Individuums maximiert und bestmöglich fördert. Im Unternehmenskontext bedeutet Rationalität meist eine effiziente Mittelverwendung, d.h. die Erreichung der Ziele ohne Verschwendung. Weitere Annahmen sind, dass die Präferenzen des Individuums stabil sind und sich nur langfristig verändern und dass die Individuen unter vollkommender Voraussicht handeln, d. h. die Auswirkungen des eigenen Handelns dem Individuum jederzeit bekannt sind. Ein solches rational handelndes Individuum wird als „homo oeconomicus“ bezeich- net.33 32 Siehe dazu z.B. Fischer et al. (2015), Kapitel 1.2. 33 Vgl. Taschner (2019), S. 14-16. 14 Controlling Abweichend von diesem Modell des „homo oeconomicus“ untersuchen verhaltenswissen- schaftliche Ansätze Abweichungen von dieser Rationalität: Menschliches Verhalten weist in der Realität häufig sogenannte Rationalitätsdefizite auf, wenn Entscheidungsträger ein Problem nicht systematisch durchdenken wollen oder können. Diese können bspw. von der Informationsflut überlastet sein, durch persönliche Erfahrungen voreingenommen, infolge Selbstüberschätzung zu optimistische Erwartungen haben oder sich in ihren Entscheidun- gen von Emotionen beeinflussen lassen (bounded rationality). In Bezug auf die Rationa- litätssicherung der Führung ist dann eine wesentliche Aufgabe des Controllings, die Folgen dieser Defizite zu mindern – durch ein effizientes Informationssystem, Fach- und Metho- denwissen und kritisches Hinterfragen opportunistischer Managemententscheidungen.34 3.3 Aktuelle Entwicklungen im Controlling Zwei aktuelle Entwicklungen im Controlling sind einerseits die Thematik der Nachhaltigkeit und andererseits die Rolle der Digitalisierung. Nachhaltigkeit stellt aufgrund steigender Res- sourcenverknappung, Luftverschmutzung, globaler Erderwärmung und der Gefährdung von Ökosystemen eine immer größer werdende Relevanz für Unternehmen dar. Durch den ge- sellschaftlichen Druck und neue gesetzliche Anforderungen ist eine systematische Integra- tion der Nachhaltigkeit unabdingbar, um einen langfristigen Unternehmenserfolg sicherzu- stellen. Nachhaltigkeit gliedert sich in die drei Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Sozi- ales. 3.3.1 Controlling und Nachhaltigkeit 3.3.1.1 Nachhaltigkeitscontrolling Der bisherige Fokus des Controllings lag auf der ökonomischen Perspektive und sowohl der ökologischen als auch der sozialen Perspektive wurde oftmals keine Beachtung gewid- met, da diese Ziele meist nicht aus konkreten monetären Werten berechnet werden können. In den letzten Jahren haben sich jedoch die Umweltbedingungen verändert, ein Anstieg von Umweltkatastrophen und deren finanziellen Auswirkungen ist deutlich spürbar, neue ge- setzliche Rahmenbedingungen entwickelten sich und Kundenpräferenzen haben sich ge- ändert. Aus diesem Grund ist es wichtig, das Controlling auf Nachhaltigkeitsaspekte aus- zurichten. Das Ziel des Nachhaltigkeitscontrolling ist es daher, entscheidungsrelevante In- formationen zu ermitteln, zu analysieren und die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit - 34 Vgl. Ewert et al. (2023), S. 17 und Weber/Schäffer (2016), S. 43-47 und 50-52. 15 Controlling ökonomisch, ökologisch und sozial- in das bestehende Controlling zu integrieren, um die Unternehmensführung bei der Integration von Nachhaltigkeitsaspekten zu unterstützten.35 3.3.1.2 CSR und ESG Aufgrund aktueller Entwicklungen, wie z.B. neue gesetzliche Rahmenbedingungen und ver- änderten Kundenpräferenzen zählen aktuelle Themen wie Corporate Social Responsibility (CSR) und Environmental Social Governance (ESG) zu wichtigen Forschungsbereichen. Corporate Social Responsibility (CSR) bedeutet, dass Unternehmen soziale und ökolo- gische Verantwortung übernehmen, indem sie Ökologische- und Soziale-Richtlinien über die gesetzlichen Forderungen hinausgehend in ihre Unternehmenstätigkeit integrieren.36 Mit über die gesetzlichen Forderungen hinausgehend ist das mehr, dass Unternehmen leis- ten, gemeint, z.B. wenn Unternehmen in Innovationen investieren, um umweltschädliche Folgen ihrer Geschäftstätigkeit zu vermindern.37 Dieses Konzept umfasst einen gesell- schaftlichen Diskurs um die moralische Verantwortung von Unternehmen für die ökologi- schen und sozialen Konsequenzen ihrer Aktivitäten.38 Environmental Social Governance (ESG) steht für die drei nachhaltigkeitsbezogenen Verantwortungsbereiche von Unternehmen wie Umwelt, Soziales und eine nachhaltige Un- ternehmensführung. Ein Beispiel für den Bereich Umwelt wäre, dass Unternehmen berich- ten, welche Tätigkeiten sie verfolgen, um Treibhausgasemissionen zu vermindern. Nach diesen drei Bereichen wird die Nachhaltigkeitsleistung eines Unternehmens bewertet, d.h. diese drei Bereiche werden von Anlegern betrachtet, wenn diese Vorhaben in Unternehmen zu investieren. Neue Entwicklungen haben dazu geführt, dass z.B. von großen Kapitalge- sellschaften erstmals für Geschäftsjahre ab. 1. Jänner 2025 verlangt wird, offen zu legen, wie diese mit ökologischen und sozialen Problemen umgehen. Diese Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung soll garantieren, dass Unternehmen zuverlässige und ver- gleichbare Informationen liefern, um die nicht-finanzielle Leistung von Unternehmen zu be- werten. Um zukünftig auch erfolgreich zu sein, ist es daher unabdingbar für Unternehmen, sich mit Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungs-Themen zu beschäftigen.39 35 Vgl. Wellbrock et al. (2020), S. 16. 36 Vgl. Grünbuch Europäische Rahmenbedingungen (2001), online. 37 Vgl. Biel (2017), S. 5. 38 Vgl. Bassen et al. (2005), S. 235. 39 Vgl. KPMG, online. 16 Controlling 3.3.2 Controlling und Digitalisierung Die zunehmende Digitalisierung betrifft alle Unternehmensbereiche, auch die Unterneh- mensrechnung und das Controlling. Sie ändert die Verfügbarkeit von Daten (Big Data), die gewonnen werden können sowie die Möglichkeiten der Auswertung durch leistungsfähigere Hard- und Software und die Entwicklungen der künstlichen Intelligenz. Gleichzeitig wird aber auch das Umfeld immer volatiler, sodass Entscheidungen rascher und flexibler getrof- fen werden müssen (VUKA). Die Digitalisierung ermöglicht dabei neue Kommunikations- wege und -zeiten. Entscheidungsrelevante Daten können tagesaktuell für jeden Bereich kostengünstig bereitgestellt werden. Der Begriff Big Data beschreibt das Auftreten großer (Volume), kontinuierlich ent- stehender (Velocity), unstrukturierter Datenströme aus einer Vielzahl von Quellen in unterschiedlicher Qualität (Variety und Veracity). Der Begriff VUKA beschreibt die sich schnell ändernde Geschäftswelt und die da- rauf resultierenden Anforderungen: Volatilität (Schwankungen innerhalb kurzer Zeit), Unsicherheit, Komplexität (durch Einfluss zahlreicher vernetzter Parameter auf die Handlungsergebnisse) und Ambiguität (mehrdeutige, widersprüchliche Situ- ationen). Wenn Standardberichte auf Knopfdruck automatisiert und erstellt werden, kann sich das Controlling stärker auf die Datenanalyse und -interpretation sowie Zukunftsentwicklungen fokussieren (Predictive Analytics) und daraus Handlungsempfehlungen ableiten (Prescrip- tive Analytics). Anwendungsfelder sind z.B. die Analyse von Informationen über Kunden und Märkte, die Analyse von Maschinenverhalten über Sensordaten (Predictive Mainte- nance), Kreditwürdigkeitsanalysen oder die frühzeitige Identifikation von Forderungsausfäl- len.40 Dies bedeutet auch eine gewisse Veränderung im Anforderungsprofil. Neben einer höheren Bedeutung von Analyse- und Kommunikationsfähigkeiten spielen Technologiever- ständnis (Verständnis für Systeme und Anwendungen) und insbesondere auch das Ver- ständnis des Controllers für Möglichkeiten und Grenzen der Datenanalyse (Data literacy) eine zunehmende Rolle. 40 Vgl. Ewert et al. (2023), S. 654ff., Hoder/Kuhr (2015). 17 Qualitätssicherung der Rechnungslegung 4 Qualitätssicherung der Rechnungslegung Die Informationsasymmetrie zwischen dem Management einerseits und den Eigen- und Fremdkapitalgebern andererseits hat die Schaffung erheblicher institutioneller Rahmenbe- dingungen bewirkt. Diese wurden mit dem Ziel etabliert, eine hohe Qualität der verfügbaren Informationen sicherzustellen.41 4.1 Transformation und Aggregation von Informationen Die Informationssicherstellung beginnt beim Management, da die Berichterstattung in des- sen Verantwortungsbereich liegt. In erster Instanz sollen Informationen gemäß den Rech- nungslegungsstandards und Gesetzen transformiert und aggregiert werden. Die Befolgung von einheitlichen Standards (Vorschriften) ist Voraussetzung für die Vergleichbarkeit der Informationen verschiedener Unternehmen. Darüber hinaus ist das Management dazu ver- pflichtet qualitätssichernde Maßnahme wie Kontroll- und Risikosysteme einzurichten, um bereits eine erste Qualitätssicherung zu garantieren.42 4.2 Wirtschaftsprüfung und Aufsichtsrat Diese transformierten und aggregierten Informationen (Jahresabschluss) unterliegen, auf- grund gesetzlicher Vorgaben, einer Abschlussprüfung. Durch diese Prüfung soll eine Veri- fizierung der Zahlen und Angaben des Jahresabschlusses stattfinden. Damit soll gewähr- leistet werden, dass die Rechnungslegung im Wesentlichen frei von Fehlern und falschen Aussagen ist (Verlässlichkeit). Die Wirtschaftsprüfung ist somit ein Prozess mit dem Ziel eines verlässlichen Urteils über die wirtschaftlichen Informationen eines Unternehmens. Der Vorschlag für die Auftragserteilung dieser externen und unabhängigen Jahresab- schlussprüfung erfolgt jährlich durch die Eigentümer. Nach Auftragsannahme, Prüfungspla- nung und Durchführung wird ein Urteil gebildet und anschließend im Jahresabschluss ver- öffentlicht. Auch die Qualitätssicherung der Abschlussprüfung unterliegt umfangreichen rechtlichen Rahmenbedingungen. Diesbezüglich hat sich ein eigener Berufsstand der Wirt- schaftsprüfer herausgebildet, der die Qualifikation und Integrität gewährleisten soll.43 Mit der zukünftigen Verpflichtung vieler Unternehmen, die gesellschaftlichen Auswirkungen ih- rer Aktivitäten zu publizieren, zeichnet sich auch eine Transformation in der 41 Vgl. Wagenhofer/Ewert (2015). S. 15. 42 Vgl. Wagenhofer/Ewert (2015). S. 16-18. 43 Vgl. Wagenhofer/Ewert (2015). S. 18-20 und S. 410-417. 18 Qualitätssicherung der Rechnungslegung Wirtschaftsprüfung ab. Diese Veränderung resultiert aus der neuen Prüfungstätigkeit im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Im Anschluss an die Wirtschaftsprüfung hat der Aufsichtsrat des Unternehmens seine Überwachungsfunktion zu erfüllen und selbst den Jahresabschluss und auch den Prüfbe- richt des Abschlussprüfers zu prüfen.44 Der Aufsichtsrat ist ein Unternehmensgremium, wel- ches die Überwachung und Kontrolle des Managements zur Aufgabe hat und die Interessen der Eigentümer vertritt. 4.3 Enforcement und gerichtliches Klagesystem Bestimmte Unternehmen unterliegen einer weiteren inhaltlichen Jahresabschlussprüfung. Diese erfolgt durch ein privatrechtlich und/oder staatlich organisiertes Enforcementsystem. Dieses Gremium überprüft stichprobenartig, sowie bei konkreten Anhaltspunkten. Die letzte Instanz ist das gerichtliche Klagesystem, welches Management, Aufsichtsrat und Wirt- schaftsprüfung sanktionieren kann. Dieses Instrument entfaltet zwar erst im Nachhinein Wirkung, hat aber bereits im Voraus ein Drohpotential, um ein korrektes Verhalten zu indu- zieren.45 4.4 Rechnungslegung und Steuern Neben dem Enforcement gibt es auch eine Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Rech- nungslegung in Bezug auf die Berechnung der Steuern.46 Das Ziel dieser Prüfungsmaß- nahmen ist eine gleichmäßige Besteuerung, die Verhinderung von Steuervermeidungs- praktiken und die Einhaltung von sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen bei lohn- abhängigen Abgaben.47 Durch unterschiedliche Zielsetzungen existieren Rechnungsle- gungsunterschiede zwischen der Ergebnisermittlung im Jahresabschluss und der Ge- winnermittlung für die Steuerbemessung. Auf der einen Seite hat der Jahresabschluss das primäre Ziel die Gläubiger zu schützen und dafür Sorge zu tragen, dass Eigentümer nicht zu viel Gewinn aus dem Unternehmen ziehen. Dagegen hat die steuerrechtliche Rech- nungslegung die Ermittlung einer Steuerbemessungsgrundlage im Fokus. Beide Systeme sind miteinander verbunden und können nicht komplett losgelöst voneinander angewendet 44 Vgl. Wagenhofer/Ewert (2015). S. 20. 45 Vgl. Wagenhofer/Ewert (2015). S. 21-22. 46 Vgl. Wagenhofer/Ewert (2015). S. 22. 47 Vgl. Bundesminsterium Finanzen (2023), online. 19 Unternehmensbewertung werden. Durch diese Verbundenheit beeinflusst das Drohpotential einer Steuerprüfung auch die Qualität der Rechnungslegung und vice versa. 5 Unternehmensbewertung Es gibt viele verschiedene Anlässe die eine Unternehmensbewertung notwendig machen. Ein wichtiger Anlass ist der Kauf oder Verkauf eines Unternehmens oder Unternehmensan- teils, was auch als M&A (Mergers and Acquisitions) bezeichnet wird. 5.1 Bewertungsmethoden Zur Ermittlung des Unternehmenswerts stehen verschiedene Bewertungsverfahren zur Verfügung. Ein häufig verwendetes Verfahren ist das Multiplikatorverfahren. Dabei wird der Unternehmenswert durch Multiplikation einer Bezugsgröße (z.B. EBIT48 oder Umsatz) mit einem Marktmultiplikator ermittelt. 𝑀𝑎𝑟𝑘𝑤𝑒𝑟𝑡 𝑒𝑖𝑛𝑒𝑠 𝑉𝑒𝑟𝑔𝑙𝑒𝑖𝑐ℎ𝑠𝑢𝑛𝑡𝑒𝑟𝑛𝑒ℎ𝑚𝑒𝑛𝑠 𝑀𝑎𝑟𝑘𝑡𝑤𝑒𝑟𝑡 = 𝐵𝑒𝑧𝑢𝑔𝑠𝑔𝑟öß𝑒 ∗ 𝐵𝑒𝑧𝑢𝑔𝑠𝑔𝑟öß𝑒 𝑒𝑖𝑛𝑒𝑠 𝑉𝑒𝑟𝑔𝑙𝑒𝑖𝑐ℎ𝑠𝑢𝑛𝑡𝑒𝑟𝑛𝑒ℎ𝑚𝑒𝑛𝑠 Der Multiplikator kann unter Bezugnahme historischer Unternehmenstransaktionen ermit- telt werden. Wenn beispielsweise das vergleichbare Unternehmen A für 500.000 € verkauft wurde, welches ein bereinigtes durchschnittliches EBIT von 50.000 € aufweist, ergibt sich ein EBIT-Multiplikator von 10. Dieser Multiplikator kann nun auf das EBIT des zu bewerten- den Unternehmens angewendet werden. Hat das Unternehmen B ein durchschnittliches bereinigtes EBIT von 20.000 €, würde sein Unternehmenswert gemäß diesem Verfahren 200.000 € betragen. Da das EBIT eine Kennzahl vor Abzug der Fremdkapitalkosten ist, wird dieser ermittelte Wert als Enterprise Value (Bruttounternehmenswert) bezeichnet. Die- ser Wert steht somit allen Anspruchsgruppen – also Eigen- und Fremdkapitalgebern – ge- meinsam zu, da er den Wert des Gesamtkapitals des Unternehmens repräsentiert. Möchte man den Eigenkapitalwert (Equity Value) ermitteln, also den Wert, der den Eigentümern zusteht, müssen zunächst die Nettoschulden vom Enterprise Value abgezogen werden.49 Es gibt auch andere Multiplikatoren, die auf einer Kennzahl nach Abzug der 48 Der Begriff EBIT bedeutet „Earnings before interest and taxes“ und bezeichnet den Gewinn vor Steuern und Zinsen. Vereinfacht kann das EBIT als Betriebsergebnis (Gewinn- oder Verlust) be- zeichnet werden. 49 Der Enterprise Value dient als Grundlage, wenn man alle Vermögenswerte eines Unternehmens, jedoch nicht die Schulden übernehmen würde (Asset Deal). Wird hingegen ein Unternehmensan- teil übernommen (Share Deal), einschließlich der Schulden, so ist der Equity Value das geeignete Maß. 20 Unternehmensbewertung Fremdkapitalkosten basieren. Diese nennt man Equity Value Multiplikatoren, wie beispiels- weise den Multiplikator auf den Jahresüberschuss, da dieser die Fremdkapitalkosten be- reits berücksichtigt hat. 5.2 Vereinfachte Berechnung der Nettofinanzpositionen Σ verzinsliche Fremdkapitalpositionen (z.B. Bankkredit, zinstragende Verbindlichkeiten) - Σ liquide Mittel (z.B. Bankguthaben) = Nettofinanzpositionen Die dargestellte Berechnung der Nettofinanzpositionen ist eine starke Vereinfachung. In der Praxis wird nämlich nur der sogenannte „excess cash“, also der nicht für den Betrieb des operativen Geschäftes benötigte Teil der liquiden Mittel in Abzug gebracht. Dieser ist aber nicht direkt ermittelbar und bietet dementsprechend viel Interpretationsspielraum. Darüber hinaus führen auch Pensionsrückstellungen oftmals zu Problemen, da diese auch in den Bereich der verzinslichen Fremdkapitalpositionen fallen. Ein weiteres Problem ist die Bereinigung der Bezugsgröße (z.B. EBIT). Beispiele dafür sind unterschiedliche Rechnungslegungssysteme, außerordentliche Erträge und Aufwendun- gen, Vereinheitlichung von verwendeten Größen (z.B. Zinssatz für Leasing oder Pensions- rückstellungen). Da jedoch die ermittelte Bezugsgröße ein durchschnittliches Ergebnis dar- stellen soll, muss die Bewertung für diese Sachverhalte entsprechen adjustiert werden, was erhebliche Ermessenspielräume bereitet und demensprechend Konfliktpotential aufweist. In der Praxis werden dafür meist mehrere vergangene Jahre und Planjahre (Zukunftsprog- nosen) herangezogen und verschiedene Multiplikatoren verwendet.50 50 Vgl. Schacht /Fackler (2009) S. 255-281. 21 Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis Bassen, A./Jastram, S./ Meyer, K.: Corporate Social Responsibility, Eine Begriffserläute- rung. Zeitschrift für Wirtschafts- und Unternehmensethik 2005, 6(2), 231-236. https://nbn- resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-358871, 29.8.23. Biel, A.: Corporate Social Responsibility (CSR) – Möglichkeiten und Grenzen des Control- lings Interview mit Prof. Dr. James Bruton, Steuerberater, Lehrbeauftragter und Wirtschafts- ethiker, in: Controller Magazin – Arbeitsergebnisse aus der Controller Praxis, Ausgabe 6, Jahrgang 42, 2017, S. 4-9. Bundesministerium Finanzen.: Steuer im Rahmen der Betrugsbekämpfung, 2023, https://www.bmf.gv.at/themen/betrugsbekaempfung/einheiten-betrugsbekaemp- fung/steuer-bb.html, 31.8.23. Deimel, K./Erdmann, G./Isemann, R./Müller, S.: Kostenrechnung, Das Lehrbuch für Ba- chelor, Master und Praktiker, München, 2017. Ewert, R./ Wagenhofer, A./Rohlfing-Bastian, A.: Interne Unternehmensrechnung, 9. Auf- lage, Berlin, 2023. Fischer, T./Möller, K./Schultze, W.: Controlling: Grundlagen, Instrumente und Entwick- lungsperspektiven, 2. Auflage, Stuttgart, 2015. Grünbuch Europäische Rahmenbedingungen für soziale Verantwortung der Unter- nehmen Brüssel, 2001, https://eur-lex.europa.eu/legal-con- tent/DE/TXT/?uri=CELEX:52001DC0366, 31.8.2023. Göpfert, I.: Budgetierung, in: Wittmann, W. et al. (Hrsg.): Handwörterbuch der Betriebswirt- schaft, 5. Auflage, Teilband 1, Stuttgart 1993, S. 589-602. Hoder, K./Kuhr, R.: Die Rolle des Controllers in der Digitalisierung – Digital Controlling, Controllermagazin 2015, Ausgabe 2, Jahrgang 40, S. 15-20. Hoitsch, H-J./ Lingnau, V.: Kosten- und Erlösrechnung, Eine controllingorientierte Einfüh- rung, 6. Auflage, Heidelberg, 2007. Hungenberg, H./Wulf, T.: Grundlagen der Unternehmensführung, 5.Auflage, Berlin et al. 2005. 22 Literaturverzeichnis International Group of Controlling (IGC): Controller-Leitbild von IGC und ICV, https://www.icv-controlling.com/fileadmin/Verein/Verein_Dateien/Sonstiges/Das_Control- ler-Leitbild.pdf, 1.9.2023 Jacob, M.: Informationsorientiertes Management, Ein Überblick für Studierende und Prak- tiker, Wiesbaden, 2012. Jost, P./Bieberstein, F.: Strategische Anreizgestaltung, in: Stock-Homburg, R. (Hrsg.): Handbuch strategisches Personalmanagement, 2. Auflage, Wiesbaden 2013, S. 151-170. KPMG.: ESG – Berichterstattung & Kennzahlen, Große Kapitalgesellschaften und ESG- Reporting, https://kpmg.com/at/de/home/services/esg/berichterstattung-kennzahlen.html, 11.9.2023. Pietsch, G./Scherm E.: Controlling Theorien und Konzeptionen, München, 2004 Reichmann, T.: Controlling mit Kennzahlen und Managementberichten: Grundlagen einer systemgestützten Controlling-Konzeption, 6. Auflage, München, 2001. Schacht, U./Fackler, M.: Praxishandbuch Unternehmensbewertung - Grundlagen, Metho- den, Fallbeispiele, 2. Auflage, Gabler, 2009. Schneider, W./Dobrovits, I./Schneider, D.: Einführung in die Buchhaltung im Selbststu- dium, Band 1, Informationsteil, 24. Auflage, 2022. Stock-Homburg, R.: Handbuch Strategisches Personalmanagement, 2. Auflage, Wiesba- den 2013. Taschner, A.: Management Reporting und Behavioral Accounting: Verhaltenswirkungen des Berichtswesen im Unternehmen, 2. Auflage, Wiesbaden, 2019. Wagenhofer, A./Ewert, R.: Externe Unternehmensrechnung, 3. Auflage, Berlin, 2015. Weber, J./Schäffer, U.: Einführung in das Controlling, 15. Auflage, Stuttgart, 2016. Weibler, J./Lucht T.: Controlling und Ethik-Grundlegung eines Zusammenhangs, in: Pie- tsch, G./Scherm E. (Hrsg.): Controlling Theorien und Konzeptionen, München 2004, S. 872- 891. Wellbrock, W./ Ludin, D./ Krauter, S.: Nachhaltigkeitscontrolling, Instrumente und Kenn- zahlen für die strategische und operative Unternehmensführung, Wiesbaden, 2020. 23