Protokoll Gesundheitspsychologie PDF

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health psychology health models prevention disease

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This document introduces different health models, including the biomedical and biopsychosocial models, and discusses various prevention classifications. It also describes the field of health psychology, outlining its main research areas and topics.

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1. Einführung Krankheitsmodelle 1. Biomedizinisches Modell (19. Jh.) Gesundheit = Abwesenheit von Krankheit - Gesundheit/Krankheit dichotom - Entbindet erkrankte Person von Verantwortung - Behandlung rein somatisch - Annahme genet...

1. Einführung Krankheitsmodelle 1. Biomedizinisches Modell (19. Jh.) Gesundheit = Abwesenheit von Krankheit - Gesundheit/Krankheit dichotom - Entbindet erkrankte Person von Verantwortung - Behandlung rein somatisch - Annahme genetischer oder externer Krankheitsursachen - Krankheiten: naturwissenschaftlich objektivierbare Zustände biologischer Organismen 2. Biopsycholsoziales Erkenntnismodell (20. Jh.) - Gesundheit & Krankheit: zwei Pole eines Kontinuums - Krankheiten: Wechselspiel biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren - Entscheidung: gesund/krank auch abhängig vom subjektiven Be nden - aktive Rolle des Individuums bei der Erhaltung/Förderung von Gesundheit sowie der Genesung und Reha von Krankheit „Health is a state of complete physical, mental and social well-being and not merely the absence of disease or in rmity.“ (WHO, 1948) - Kritik an De nition: nach De nition ist fast niemand gesund - Alternative De nition: “health as the ability to adapt and self manage in the face of social, physical, and emotional challenges” (dynamisches Konzept) Prävention = Maßnahmen, mit deren Hilfe Krankheiten verhindert oder verbessert werden sollen. - richten sich an bestimmte Zielgruppen und haben klare Ziele. - können nur mit Hilfe epidemiologischen Wissens sinnvoll geplant und umgesetzt werden 1. Präventionsklassi kation a) Primordale Prävention = Vermeidung der Entstehung von sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebensbedingungen, die die Entstehung von Risikofaktoren für Erkrankungen begünstigen. - Bspl. Stadtplanung, die körperliche Aktivität unterstützt (Fahrradwege, Fußgängerwege, Sportplätze); Förderungsprogramme zur Ressourcenentwicklung in Organisationen b) Primäre Prävention = Maßnahmen zur Senkung der Inzidenz einer Erkrankung, indem spezi sche Erkrankungsursachen oder Risikofaktoren kontrolliert werden. - kann sich an eine Gesamtpopulation (population/mass strategy)/risikobehaftette Individuen (high-risk individual strategy)richten - Bspl. Impfen, Ernährung verbessern, Nichtraucherschutz etc… c) Sekundäre Prävention = Maßnahmen zur Senkung der Prävalenz einer Erkrankung, durch ihre Früherkennung, durch frühe Behandlung und durch Maßnahmen zur Verminderung schwerwiegender Konsequenzen. Manifestation und Fortschreiten von Erkrankungen soll verhindert werden. - Bspl. Neugeborenen Screening, Krebs Vorsorge etc… d) Tertiäre Prävention = Vermeidung von fortschreitenden Komplikationen (z.B. Einschränkungen, Behinderungen, Chroni zierung) bei manifesten Erkrankungen, Verhinderung von Rückfällen. Wichtiger Aspekt der kurativen Medizin und rehabilitativer Maßnahmen. - Bspl. Medizinische Behandlung der Erkrankung, Rehabilitationsmaßnahmen 2. Präventionsklassi kation A) Verhaltensprävention: Personenbezug, Änderung individuellen Verhaltens ist das Ziel (siehe auch Primäre bis Tertiäre Prävention). B) Verhältnisprävention: Bedingungsbezug, Änderung der physischen und sozialen Umwelt ist das Ziel (siehe auch Primordiale Prävention). fi fi fi fi fi fi fi fi fi Was ist Gesundheitspsychologie? = Gegenstand der Gesundheitspsychologie sind psychologische Prozesse, die bei der Förderung und Erhaltung von Gesundheit, Vermeidung von Krankheit und in der Gesundheitsversorgung und Rehabilitation eine Rolle spielen - erst seit den 80er Jahren - Integration von Theorien und Befunden aus verschiedenen Bereichen der Psychologie (Sozialpsychologie, Wahrnehmungs- und kognitive Psychologie, Entwicklungspsychologie, Persönlichkeitspsychologie) -> trotzdem eigenes Fach Hauptfelder Forschung 1. Faktoren, die gesundheitsrelevantes Verhalten beein ussen 2. Untersuchung von Faktoren, die Gesundheits- und Krankheitsprozesse fördern oder abschwächen (z.B. Stress, Bewältigung, subjektive Krankheitstheorien, Persönlichkeit, soziale Integration …) Aufgaben Berichterstattung zu Gesundheit, Gesundheitsverhalten, Gesundheitsrisiken Entwicklung, Durchführung und Evaluation von Programmen im Rahmen der Prävention und Gesundheitsförderung: zur Förderung von Gesundheitsverhalten, Stressbewältigung, Krankheitsbewältigung und der Rehabilitation Auf Ebene des Bundes, Landes, Kommunen, in Kitas, in Schulen, in der Arbeitswelt, Kliniken…, im Internet (eHealth…) Berufsfelder Krankenkassen Unfallkassen, Berufsgenossenschaften andere Träger medizinischer und psychologischer Einrichtungen Bundesinstitute Landesämter Kommunen Kliniken und Ambulanzen NGOs Andere 2. Erkrankungen und Gesundheitsverhalten: Einige Beispiele Begri e Prävalenz: Anzahl von Erkrankungen in einer de nierten Population zu einem de nierten Zeitpunkt oder innerhalb eines de nierten Zeitrahmens. - Schätzt Wahrscheinlichkeit erkrankt zu sein ein, innerhalb einer bestimmten Population, zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens. - Kann politische Entscheidungen informieren. Inzidenz: Anzahl von Neuerkrankungen in einer de nierten Population zu einem de nierten Zeitpunkt oder innerhalb eines de nierten Zeitrahmens. - Schätzt das Risiko krank zu werden ein, innerhalb einer bestimmten Population, zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens. - Ist nützlich für die Suche nach Erkrankungsrisiken. - Informiert auch politische Entscheidungen. (Rohe) Mortalität(srate) (crude mortality rate): Anteil einer bestimmten Population, der innerhalb einer bestimmten Zeitspanne verstirbt (bezogen auf 1.000 oder 100.000 Individuen in dieser Population). Oder: - Achtung: unterschiedliche Mortalitätsrisiken in verschiedenen Populationsgruppen (z.B. Altersgruppen) werden nicht abgebildet - Genauer: Unterscheidung in (rohe) Mortalitätsraten in verschiedenen Phasen der Kindheit und im Erwachsenenalter oder Altersstandardisierung. ff fi fi fi fi fl fi fi Lebenserwartung (life expectancy): Durchschnittliche Anzahl an Jahren, die ein Individuum (in einem bestimmten Alter) geschätzter Weise leben wird, wenn sich zwischenzeitlich an den Mortalitätsraten nichts ändert. Lebenserwartungen werden in der Regel auf den Geburtsjahrgang bezogen. - „mittlere“ Lebenserwartung bei Geburt und „fernere“ Lebenserwartung ab festgelegtem Alter Koronare Herzkrankheit: Risikofaktoren Erhöhte Blutfettwerte (LDL, Triglyceride) Bluthochdruck Diabetes Adipositas Rauchen Ernährung (viel Cholesterin und gesättigte Fettsäuren) Körperliche Inaktivität Exzessiver Alkoholkonsum Genetische Faktoren u.a. Übergewicht und Adipositas in Deutschland - 46,6% Frauen und 60,5% Männer haben Übergewicht einschließlich Adipositas - Davon 19% der Erwachsenen Adipositas A. Entstehung - Multikausal - Verhalten von Bedeutung B. Folgen - Kosten - Erhöhte Morbidität - Erhöhte Mortalität - Psychosoziale Folgen C. Behandlung - Verhaltensänderung = immer notwendig - Bei schwerer Ausprägung auch medikamentöse oder invasive Behandlung indiziert Gesundheitsverhalten = Präventive Lebensweise, die Schäden fernhält, die Fitness fördert, die Lebenserwartung verlängern kann. - Gesundheitsverhalten als Oberbegri für gesundheitsförderndes und für riskantes Handeln (bzw. die Unterlassung desselben) Begri e Körperliche Aktivität (physical activity): körperliche Bewegung, die durch die Skelettmuskulatur produziert wird und den Energieverbrauch über den Grund-/Ruheumsatz anhebt Sport (physical exercise): historisch-kulturell de nierte Untergruppe von körperlicher Aktivität (verbunden mit körperlicher Leistung, Wettkampf, Spaß an Bewegung) Klassi kation der Intensität nach Metabolischem Äquivalent (metabolic equivalent of task, MET): Sto wechselumsatz eines Menschen bezogen auf den Ruhe-/Grundumsatz im Verhältnis zum Körpergewicht Ruheumsatz (etwa 1 MET): Kalorienverbrauch von 4,2 kJ (1 kcal) je Kilogramm Körpergewicht pro Stunde im Sitzen/Liegen, der Grundumsatz liegt nochmals etwa 10% unter dem Ruheumsatz Grundumsatz: ist diejenige Energiemenge, die der Körper pro Tag bei völliger Ruhe, bei Indi erenztemperatur (28 °C) und nüchtern (d. h. mit leerem Magen) zur Aufrechterhaltung seiner Funktionen benötigt. Sedentäres Verhalten (engl. sedentary behavior): < 1,5 MET; Sitzen, Ruhen, Liegen, z.B. Schlafen, Schreibtischarbeit, Fernsehen, Autofahren Leichte körperliche Aktivität (engl. light-intensity physical activity): > 1,5 MET bis < 3,0 MET; Aktivitäten ohne Erhöhung der Herz- oder Atemfrequenz; z.B. langsames Gehen, Baden, leichte Hausarbeit Moderate körperliche Aktivität (engl. moderate-intensity physical activity): > 3,0 MET bis < 6,0 MET; Aktivitäten mit Erhöhung der Herz- und Atemfrequenz; z.B. zügiges Gehen, schwerere Hausarbeit (z.B. Fensterputzen), Gartenarbeit, leichtes Fahrradfahren. (Faustregel: Man kann dabei noch sprechen, aber nicht mehr singen.) ff ff fi ff ff fi Schwere körperliche Aktivität (engl. vigorous-intensity physical activity): > 6 MET; Aktivitäten mit starker Erhöhung der Herz- und Atemfrequenz; z.B. Rennen, bergauf Gehen, schnelles Schwimmen; Gruben Ausheben. (Faustregel: Man kann dabei weder sprechen noch singen.) 3. Theoretische Modelle der Gesundheitsänderung Gesundheitspsychologie Theoriebasiertes Vorgehen bei der Identi kation von Faktoren, die bei der Gesundheitsverhaltensänderung eine Rolle spielen. Entwicklung theoriebasierter Interventionen. Theoriebasiertes Vorgehen 1. Reduziert die Anzahl der möglichen Variablen und Mechanismen, die in Frage kommen 2. Bietet uns Erklärungen, warum Interventionen wirksam sind 3. Bietet eine gemeinsame Sprache und gemeinsame methodische Herangehensweise über verschiedene Studien hinweg Annahmen kontinuierlicher Prädiktionsmodelle Veränderung des Gesundheitsverhaltens = kontinuierlicher Prozess fi Je günstiger die theoriespezi schen Konstrukte ausgeprägt, desto höher die Wahrscheinlichkeit für das Gesundheitsverhalten -> Personen haben je nach Ausprägung auf den Konstrukten bestimmte Verhaltenswahrscheinlichkeit Kontinuierliche Modelle: Interventionen - Interventionen zielen darauf ab, die Verhaltenswahrscheinlichkeit zu erhöhen - Für alle Personen werden die gleichen Konstrukte als gleich wichtig bei der Intervention erachtet -> gleiche Interventionen bei gleichen Konstrukten -> -> „one size ts all“ interventions Kontinuierliche Modelle: Health Belief Model (50er/60er Jahre) - Ausgangspunkt: soziodemographischer Gradient bei Gesundheitsverhalten (hier Rauchen: untere Bildungsgruppen rauchen mehr als mittlere/obere Bildungsgruppen) - Suche nach veränderbaren, verhaltensnahen Faktoren, die das Gesundheitsverhalten beein ussen - Kognitionen!!! - Grundannahme: Wahrscheinlichkeit einer Verhaltensänderung steigt mit dem Grad der wahrgenommenen Gesundheitsbedrohung und dem Ausmaß der wahrgenommenen Wirksamkeit der Verhaltensänderung an 1. Wahrgenommene Gesundheitsbedrohung = subjektive Vulnerabilität und Schweregrad einer Krankheit Vulnerabilität = Überzeugung über die eigene Anfälligkeit für eine Erkrankung Schweregrad einer Krankheit = Einschätzung der Schwere der Konsequenzen einer Erkrankung - Interventionsformen: Fear appeals (Furchtappelle) 2. Wirksamkeit der Gegenmaßnahme = subjektive Nutzen und Kosten einer Verhaltensänderungsmaßnahme -> Hohe wahrgenommene Gesundheitsbedrohung und hohe Wirksamkeitseinschätzung -> Aufnahme des Gesundheitsverhaltens. Revidierte Version des HBM Gesundheitsmotivation = Bereitschaft, sich um gesundheitliche Fragen zu kümmern situative Faktoren: Hinweisreize Kritik am HBM: 1. Keine Kombinationsregel der einzelnen Faktoren der Gesundheitsbedrohung und der Wirksamkeit der Gegenmaßnahme 2. Grundannahme, dass die wahrgenommene Gesundheitsbedrohung und die wahrgenommene Wirksamkeit eines Gesundheitsverhaltens ausreichen, um eine Verhaltensänderung zu bewirken -> empirisch widerlegt 3. Intention, die in den meisten anderen Modellen des Gesundheitsverhaltens als wichtigster Prädiktor des Verhaltens enthalten ist, nicht im HBM integriert -> hinkt hinter neueren Modellen her Annahme von dynamischen Stadienmodellen Veränderung des Gesundheitsverhaltens über zeitlich geordnete Sequenz diskreter, qualitativ unterschiedlicher Stadien Stadien werden nacheinander durchlaufen Aber auch Rückfall in frühere Stadien möglich Bspl.: Health Action Process Approach (HAPA; Schwarzer, 1992) Transtheoretisches Modell der Verhaltensänderung (TTM; Prochaska & DiClemente, 1983) Precaution Adoption Process Model (PAPM; Weinstein & Sandman, 1992) Stadien… sind distinkt voneinander sind sequentiell geordnet fl fi fi Personen innerhalb eines Stadiums sind sich bezüglich der Konstrukte des Stadienmodells ähnlicher als den Personen in anderen Stadien Personen im gleichen Stadium nehmen gleiche Barrieren wahr Personen in unterschiedlichen Stadien nehmen unterschiedliche Barrieren wahr Personen in unterschiedlichen Stadien pro tieren von unterschiedlichen Interventionen -> Konstrukte/Interventionsstrategien sind je nach Stadium unterschiedlich wichtig für die Intervention -> Tailored Interventions (etwa maßgeschneiderte Interventionen) Stadienmodelle: Interventionen Vorteile: - Möglichkeit der gezielten Förderung einer bestimmten Gruppe -> gesteigerte E zienz Nachteile und Kritik: - Interventionen sind aufwendiger - Nachweis erforderlich, dass Stadien wirklich existieren Kontinuierliche Modelle vs. Stadienmodelle - zur Erklärung von Änderung des Gesundheitsverhaltens - Theoretische Implikationen (z.B. für die Erklärung der Verhaltensänderung) - Praktische Implikationen (z.B. für die Entwicklung und Wirksamkeit von Interventionen) 4. Kontinuierliche Modelle der Gesundheitsveränderung Sozial-kognitive Theorie (Bandura) “People's level of motivation, a ective states, and actions are based more on what they believe than on what is objectively the case.” Zentrale Konstrukte Selbstwirksamkeitserwartung Handlungsergebniserwartungen Ziele / Intentionen wahrgenommene Hindernisse (engl.: impediments) wahrgenommene begünstigende Faktoren (engl.: facilitators) Selbstwirksamkeitserwartung = subjektive Gewissheit, dass man ein Verhalten, das erforderlich ist, um gewünschte Ergebnisse zu erzielen, erfolgreich ausführen kann. - fester Bestandteil von gesundheitspsychologischen Theorien - Wichtige Rolle bei Vorhersage und Erklärung von Zielbildung und Verhaltensänderung Quellen der Selbstwirksamkeit - Erfolgreicher Handlungsvollzug - Stellvertretende Erfahrungen - Symbolische Erfahrung - Emotionale Erregung Handlungsergebniserwartungen (HEE) = erwartete Konsequenz des eigenen Verhaltens - pos. Oder neg. - soziale, körperliche und selbstbewertende HEEs Ziele ff fi ffi - proximale Ziele = short term goals, Intentionen - Distale Ziele = weiter entfernte Ziele/ allgemeine Lebensziele Wahrgenommene Hindernisse - integraler Bestandteil bei der Erfassung von Selbstwirksamkeit - Persönlich (Lustlosigkeit, Müdigkeit), situational (keine Möglichkeiten ein Verhalten auszuführen) Begünstigende Faktoren - z.B. förderliche Umweltbedingungen, günstige Gelegenheiten, soziale Unterstützung Zusammenfassung zur SCT - gehört zu den wichtigsten Theorien der Gesundheitsveränderung - Empirisch gut bestätigt - Selbstwirksamkeit = wichtige Rolle bei Verhaltensänderung - Spezi ziert mögliche Techniken wie ein Verhalten verändert werden kann Unterschiede zu anderen Theorien - spezi ziert mögliche Techniken wie verhalten geändert werden kann - Theorie der Verhaltensänderung Theorie of reasons action (TRA)/Theory of planned behavior (TPB) - TPB -> Erweiterung der TRA mit Aspekt der Verhaltenskontrolle Erfassung der Konstrukte der TPB - direkte (Vorteil: ökonomisch und reliabel) oder indirekte Erfassung (Vorteil: bessere Interventionsmöglichkeiten) Einstellung = a ektive Bewertung des Verhaltens - Operationalisierung direkt oder - Indirekt als Produkt aus Überzeugungen über Verhaltenskonsequenzen und den jeweiligen Bewertungen dieser Konsequenzen Subjektive Norm = Wahrnehmung einer Person dessen, was andere von ihr erwarten. - Operationalisierung direkt oder ff fi fi - indirekt als Produkt aus wahrgenommener normativer Überzeugung (signi kanter) Personen und Einwilligungsbereitschaft (=Bereitschaft, der vermuteten Erwartung dieser Personen auch gerecht zu werden) Wahrgenommene Verhaltenskontrolle = subjektiv wahrgenommene Schwierigkeit, ein Verhalten auszuführen - Operationalisierung direkt oder - indirekt als Produkt aus Kontrollüberzeugung (wahrgenommene Kontrollierbarkeit, control beliefs) und der subjektiven Stärke, mit der ein Kontrollfaktor das Verhalten erleichtert oder erschwert Selbstwirksamkeit und wahrgenommene Verhaltenskontrolle - wahrgenommene Verhaltenskontrolle = Selbstwirksamkeit + Kontrollüberzeugung Intentionen = Bewusste und spezi sche Verhaltensabsicht, durch die Personen Zielzustände de nieren, welche durch das eigene Handeln realisiert werden sollen Empirischer Gehalt der TPB - zur Vorhersage und Erklärung verschiedener Gesundheitsverhaltensweisen - Empirisch gut belegt Vorhersage von Intentionen in der TPB - etwa 40-50% aufgeklärte Varianz in den Intentionen durch Einstellung, subjektive Norm, wahrgenommene Verhaltenskontrolle (Meta-Analyse) - Einstellung = bester Prädiktor der Intentionen - Subjektive Norm: schlechtester Prädiktor von Intentionen - Möglicherweise üblicher Erfassung per Einzelitems geschuldet (->geringere Reliabilität?) Vorhersage von Verhalten - Prädiktoren von Verhalten in der TPB: wahrgenommene Verhaltenskontrolle und Intention - Varianzaufklärung im Verhalten zwischen 20-30% Grenzen der TPB Methodisch - Lange eher korrelative weniger experimentelle Überprüfung - Oft keine Verhaltenskriterien und oft nur selbstberichtete Kriterien: 11 % weniger Varianz erklärt, wenn objektive Verhaltensmaße Theoretisch/Konzeptuell: - Möglicherweise wichtige Aspekte vernachlässigt (z.B. post- intentionale Variablen, A ekt) - Ansatzpunkte für Verhaltensänderung eher indirekt 5. Die Intentions-Verhaltenslücke und Versuche ihrer Überbrückung Bedeutung von Zielintentionen = wichtige Voraussetzungen für eine Verhaltensänderung - aberrr Meta-Analysen nden keine allzu großen Zusammenhänge zwischen Intentionen und Verhalten fi fi fi fi ff - d.h. Zielintentionen alleine reichen für eine erfolgreiche Verhaltensänderung nicht aus —> Intentions-Verhaltens-Lücke Unterscheidung von Mustern der Intentions-Verhaltens- Konsistenz - inclined abstainers unterscheiden sich in ihrer Motivation nicht von inclined actors. - Traditionelle gesundheitspsychologische Modelle können nicht unterscheiden - Problem ist nicht motivatonaler, sondern volitionaler Art (durch den Willen bestimmt) Vorhersage der Veränderung gesundheitsrelevanten Verhaltens: Intention ist schon mal gut, aber reicht nicht aus Was nun? —> Trennung zwischen motivationaler (vor dem Rubikon) und volitionaler Phase (nach dem Rubikon) und Einbezug volitionaler Konstrukte Health Action Process Approach (HAPA-dynamisches Modell) Hybridmodell zur Vorhersage gesundheitsrelevanter Verhaltensänderung Nutzung als kontinuierliches Modell bei Verhaltensvorhersage Nutzung als Stadienmodell bei Interventionen zur Verhaltensänderung (2-3 Stadien) Beinhaltet Teile von anderen Theorien: − Rubikonmodell der Handlungsphasen (Heckhausen, 1989) − Sozial-kognitive Theorie (Bandura, 1997) − Health Belief Model (Rosenstock, 1966; Becker, 1974) Ausführungsplanung oder Handlungsplanung (action planning; implementation intentions) und Bewältigungsplanung (coping planning) Zielintention im Handeln übersetzen - Wann werde ich handeln? - Wo werde ich handeln? - Wie werde ich handeln? -> Wenn-dann Struktur: „Wenn Situation Y auftritt, werde ich Handlung Z ausführen.” - Ausführungspläne/Implementation Intentions scha en Situations-Verhaltens-Kontingenzen Ausführungspläne vs. Zielintentionen Ausführungspläne: „Wenn Situation Y auftritt, werde ich Handlung Z ausführen.” Zielintentionen: „Ich will den gewünschten Zustand X erreichen” Beispiel: „Ich will regelmäßig sportlich aktiv sein.“ Ausführungsplanung bei der Gesundheitsverhaltensänderung - Personen mit Ausführungsplänen handeln schneller und häu ger im Sinne ihrer Zielintentionen - Über verschiedene Verhaltensweisen und verschiedene Populationen hinweg gezeigt Bewältigungsplanung Zielintentionen gegen Hindernisse abschirmen: - Antizipation von Barrieren und Schwierigkeiten ff fi - Vorbereiten von Bewältigungsstrategien - mentale Simulation erfolgreicher Szenarien - Bspl: „Wenn ich keine Lust habe, Sport zu treiben, dann denke ich an meine schwere Krankheit und motiviere mich dadurch.“ - auch bei Bewältigungsplanung werden Situations-Verhaltens- Kontingenzen gescha en - konkrete Bewältigungshandlungen stehen in den persönlichen „Risikosituationen“ zur Verfügung Handlungskontrolle (Action Control) … enthält drei Subfacetten Bewusstheit der eigenen Standards – „Was ist mein Ziel?“ – Voraussetzung für den erfolgreichen Vergleich von tatsächlichem mit intendiertem Verhalten Selbstbeobachtung/Self-monitoring – „Was mache ich tatsächlich?“ – Voraussetzung für den erfolgreichen Vergleich von tatsächlichen mit intendierten Verhalten Regulationsbemühen – wenn Diskrepanz zwischen tatsächlichem und intendiertem Verhalten: -> Anstrengung zur Verringerung dieser Diskrepanz Empirische Befunde zur Wirksamkeit von Handlungskontrolle - Ergebnisse aus quer- und längsschnittlichen, korrelativen Studien: Handlungskontrolle als wichtiger Prädiktor für Verhaltensänderung - Ergebnisse aus randomisierten kontrollierten Interventionsstudien: Handlungskontrolle e ektiv in der Steigerung der Verhaltensänderung Zusammenfassung HAPA HAPA bildet einen guten Rahmen zur Untersuchung der E ektivität (auch) volitionaler Selbstregulationsstrategien auf die Verhaltensänderung Postintentionale / volitionale Konstrukte Ausführungs- und Bewältigungsplanung, Handlungskontrolle und volitionale Selbstwirksamkeitserwartungen können die Intentions- Verhaltens-Lücke verringern - ABER: Einmalige Ausführungsplanungsinterventionen zeigen kaum Langzeite ekte, Kombination mit anderen volitionalen Strategien (z.B. Bewältigungsplanung, Handlungskontrolle) wichtig. Kritik am HAPA - Hybridmodell: Möglich? - Verletzt Sparsamkeitsprinzip - Risikowahrnehmung kann vernachlässigt werden - Einige Konstrukte zeigen starke empirische Überlappungen (z.B. verschiedene stadienspezi sche Selbstwirksamkeitserwartungen) - E ekte des HAPA in Meta-Analysen schwer feststellbar, weil je unterschiedliche Ausschnitte bzw. Versionen des Modells in empirischen Studien überprüft 6. & 7. Stadienmodelle der Gesundheitsverhaltensänderung 1. Health Action Process Approach (HAPA; Schwarzer, 1992, 2008) 2. Transtheoretisches Modell der Verhaltensänderung (TTM; Prochaska & DiClemente, 1983) 3. Precaution Adoption Process Model (PAPM; Weinstein, 1988; Weinstein & Sandman, 1992) Grundannahmen des TTM (Transtheoretisches Modell der Verhaltensänderung) - Keine einzelne Theorie kann Komplexität der Verhaltensänderung erklären und vorhersagen - Verhaltensänderung = Sequenz von Stadien - Stadien der Verhaltensänderung sind qualitativ unterschiedlich voneinander - Interventionsprogramme müssen zu den jeweiligen Stadien, in denen sich die Personen be nden, passen (stage-matching intervention; tailored intervention) Zentrale Konstrukte des TTM 1. Stadien der Verhaltensänderung (Stages of change): 5-6 ff fi fi ff ff ff ff 2. Prozesse der Verhaltensänderung (Processes of change): 10 3. Intermediäre Kriterien (Intermediate Outcomes): 2-4 2. Die Prozesse der Verhaltensänderung im TTM schulenübergreifende Wirkvariablen psychotherapeutischer Interventionen identi zierte Prozesse wurden auch von Personen eingesetzt, die eigenständig ihr Verhalten geändert haben 5 kognitiv-a ektive (experiential) und 5 verhaltensorientierte (behavioral) Strategien/Prozesse Anwendung der Prozesse über die Stadien im TTM Kognitiv(-a ektive) Prozesse hilfreicher für die ersten beiden Stadienübergänge Verhaltensorientierte Prozesse hilfreicher für Stadienübergänge ab Handlung - Behandlung/Therapie soll die persönliche Verhaltensänderung unterstützen 3. Intermediäre Kriterien 1. Entscheidungsbalance/ Decisional Balance Vor- und Nachteile eines Verhaltens/einer Verhaltensänderung (vgl. z.B. HBM, SCT, HAPA) fi ff ff - Abwägen der positiven und negativen Handlungsergebniserwartungen für das Gesundheitsverhalten - In den präaktionalen Stadien überwiegen die Cons - In den aktionalen Stadien überwiegen die Pros - 2. Selbstwirksamkeit/ Self-E cacy Con dence/Zuversicht: Zuversicht, dass man gesundes Verhalten (z.B. Nichtrauchen) auch in verschiedenen herausfordernden Situationen ausführen kann. Temptation/Versuchung: Erwarteter Drang/Versuchung, in herausfordernden Situationen wieder in Risikoverhalten (z.B. Rauchen) überzugehen (vgl. z.B. SCT, TPB, HAPA) - linearer positiver Verlauf von Selbstwirksamkeit entlang der Stages of Change Empirische Befunde zum TTM liefert theoretische Basis zur Untersuchung verschiedenster Gesundheitsverhalten: Rauchen und körperliche Aktivität am häu gsten untersucht Querschnittliche, längsschnittliche und experimentelle Studien - querschnittlicht Studien untersuchten Unterschiede in Ausprägung von Konstrukten über Stadien hinweg -> teils nicht-modellkonforme Ergebnisse: oft linearer Anstieg der Ausprägung der Konstrukte (spricht eher gegen Stadienmodell) Kritik am TTM Zeitliche Kriterien -> willkürliche Einteilung in die Stadien Stadieneinteilung sollte eher auf psychologischen Kriterien basieren Prozesse der Verhaltensänderung haben sich als Prädiktoren für die Stadienübergänge nicht gut bewährt Verortung der intermediären Kriterien im Modell nicht so ganz geklärt Empirische Befundlage für die Validität der Stadien unentschieden Precaution Adoption Process Model (PAPM; Weinstein, 1988; Weinstein & Sandman, 1992) Prozesse der Verhaltensänderung: 1. Information über Risiko, mögliche Gegenmaßnahmen 2. Gespräche mit Anderen; persönliche Erfahrung mit Risikofaktor 3. 3/4/5 Veränderung von: Risikowahrnehmung, Nutzen und Kosten protektiver Maßnahmen, Auskunft über anderer Leute Verhalten, soziale Normen, Angst und Besorgnis 4. 5/6 Veränderung: des wahrgenommenen Zeitaufwands, Anstrengung, Ressourcen, die notwendig sind, um zur Tat zu schreiten; detaillierte Handlungsinformationen, Hinweisreize, soziale Unterstützung Beispiel Stadienzugehörigkeit Radonstudie „What are your thoughts about testing your home for Radon?“ - I have never thought about testing my home (“unengaged”) - I’m undecided about testing (“undecided”) - I’ve decided I don’t want to test (“decided not to act”) - I’ve decided I do want to test (“decided to act”) - I have already completed a test, have a test in progress, or have purchased a test (“acting”) 4x Bedingungen: 1. Kontrollgruppe: Kurzinfo über Radon 2. High likelihood, hauptsächlich: Erhöhung der wahrgenommenen Wahrscheinlichkeit, Radongas zu Hause zu haben -> Matched für die „unentschiedenen/undecided“ Personen fi ffi fi -> Mismatched für die „entschiedenen/decided“ Personen 3. Low e ort, hauptsächlich: Verringerung der wahrgenommenen Anstrengung, die zum Testen nötig ist -> Matched für die „entschiedenen/decided“ Personen -> Mismatched für die „unentschiedenen/undecided“ Personen 4. Kombination: high likelihood und low e ort Fazit zum PAPM - Im Vergleich zum TTM hat das PAPM eine eher psychologische Stadiende nition -> PAPM gute Alternative zum TTM - Nur wenige empirische Studien - Aber Hinweise auf Validität der Stadien - Kritik: Die Determinanten zur Stadientransition sind ungenügend beschrieben 8. Reaktionsorientierte und stimulusorientierte Stresstheorien Stress - unterschiedliche De nitionen (hängen von zugrundeliegenden Theorien ab) - Stress als Reaktion/Reiz (Stimulus)/Transaktion Stress als Reaktion - Stress als (körperliches) Reaktionsmuster auf belastende Ereignisse Theorie der Notfallfunktion: Fight-Flight (Walter B. Cannon, 1932) = Eine verstärkte Belastung des Organismus ist mit einer erhöhten Aktivität des Nebennierenmarks verbunden. Es werden vermehrt Katecholamine (vorwiegend Adrenalin, Noradrenalin) ausgeschüttet, die ein bestimmtes körperliches Reaktionsmuster erzeugen, das den Organismus auf eine Kampf- oder Fluchtsituation vorbereiten soll. Stress: Generelles Adaptations-Syndrom (Hans Selye) = “Stress is the state manifested by a speci c syndrome which consists of all the nonspeci cally- induced changes within a biologic system.“ (Selye, 1984, p. 64) - „Unspezi sch“: Egal welcher langanhaltende und intensive Stressor,.. - „Spezi sch“: …es kommt immer zur gleichen Reaktion(-sabfolge). fi fi ff fi ff fi fi fi 1. Alarm Reaction Stage (Alarmreaktion): - Schockphase: u.a.Tachykardie (Herzrasen), Absinken des Muskeltonus und der Körpertemperatur, Beginn der Entstehung von Geschwüren im Magen-Darmbereich, Unterzuckerung und allgemein verringerte Widerstandskraft. Schneller Anstieg der Adrenalin- und Noradrenalinausschüttung aus dem Nebennierenmark. - Gegenschockphase: u.a. Sekretionssteigerung der Nebennierenrindenhormone (v.a. Kortisol), Vergrößerung der Nebennierenrinde, Verkleinerung der lymphatischen Organe. Zusätzlich Umkehr einiger Symptome der Schockphase (erneute Erhöhung des Blutzuckerspiegels und/ oder der Körpertemperatur). 2. Resistance Stage (Resistenz-/Widerstandsstadium): - Individuum setzt sich dem anhaltenden Stressor gezielt und scheinbar erfolgreich zur Wehr. Die in der Alarmphase entstandenen Symptome bilden sich zurück. 3. Exhaustion Stage (Erschöpfungsstadium): - Körpereigenen Reserven, die für die Aufrechterhaltung der Abwehr notwendig sind, sind aufgebraucht. Adaptation an den Stressor bricht zusammen - Einige frühere Symptome treten wieder auf: z.B. Verkleinerung der lymphatischen Organe, Vergrößerung der Nebennierenrinde, Geschwürbildung im Magen-Darmbereich - Besteht der Stressor weiterhin, kann das zum Tod führen. Kritik an Selye - Stressoren weisen übereinstimmende emotional-relevante Aspekte auf - Tiere wurden mit neuen, intensiven, schlecht vorhersagbaren negativen Stressoren konfrontiert - Als Folge seien die Tiere hil os, unsicher, ohne Kontrolle - In Studien, bei denen z.B. keine Unsicherheit über den Stressor = kaum/kein Kortisolanstieg oder GAS zu beobachten - Bei Menschen: Physiologische Reaktionen auf Stressoren nicht so unspezi sch und homogen wie von Selye angenommen - Bedeutsame Kortisolanstiege bei Menschen vorwiegend in unkontrollierbaren und sozial evaluativen Situationen beobachtet - Auch nicht berücksichtigt: Menschen bewerten ihre Erfahrungen Allostasis & allostatische Belastung (McEwen, 2000) - Akuter Stress ist erstmal nicht gefährlich (z.B. Immunfunktion wird erhöht, Bildung von gefahrenrelevanten Gedächtnisinhalten wird gefördert) - Hält Stress an oder schlägt Stressregulation fehl: negative Konsequenzen - Allostasis: kurzfristige Veränderung zugunsten der Stabilität (-> Aktive Reaktion biologischer Vermittler, die den Organismus zum „Gleichgewicht“ zurückführen sollen; Physiologische „Bewältigung“ von Stress) - Allostatische Belastung: physiologische Kosten, die dem Körper durch Exposition mit dauerhaften oder wiederholten stresshaften Anforderungen entstehen (-> Organismus leidet an Folgen seiner aktiven Anpassung; Gefahr der „Abnutzungserscheinungen”) Allostatische Systeme ermöglichen adäquate Anpassungsreaktion an Vielzahl von Veränderungen in der sozialen und physischen Welt Sichern damit kurzfristig das Funktionieren des Organismus Langfristig können körperliche Reaktionen auf Stress schädlich sein und Krankheitsprozesse fördern fi fl Kritik an der Theorie der Allostasis und allostatischen Belastung - Primär: Beschreibung und Erklärung von kurz- und langfristigen körperlichen Stressreaktionen und ihren Folgen - Kaum Berücksichtigung weiterer stressmodulierender Faktoren (z.B. Bewertung, Bewältigung) - Schwierigkeiten bei der Operationalisierung von Allostasis allostatischer Belastung Stress als Reiz/Stimulus Kritische Lebensereignisse Grundidee: Veränderungen im Leben fordern Anpassungsleistungen und können zu Belastung und zur Entstehung von Krankheiten beitragen Ausmaß der (sozialen) Anpassungsleistung, die mit der Veränderung verbunden ist, sollte für die Bestimmung der Stressbelastung genügen Individuelle Einschätzung/Bewertung der Situationsreize spielt in diesem Modell ersteinmal keine wichtige Rolle Situationsreize = kritische Lebensereignisse (engl.: critical life events) Kritische Lebensereignisse/critical life events = einschneidende (nicht unbedingt negative) Konfrontationen im Leben eines Menschen Erfordern hohes Maß an (sozialer) Reorientierung / Anpassung Interesse an längerfristigen Konsequenzen (z.B. allgemeine Stressbelastung, psychische, physische Erkrankung) Operationalisierung: Kritische Lebensereignisse 1. In einer „Normstichprobe“: Ermitteln des mittleren sozialen Anpassungs-/ Reorientierungsaufwands pro kritische Lebensereignis -> „life-changing unit“ 2. Ab da: Ausschließlich Messung des Vorkommens kritischer Lebensereignisse (jetzt mit festen Gewichten/life-changing units) im letzten Jahr, Addition der life-changing units -> z.B. Social Readjustment Rating Scale (SRRS; Holmes & Rahe 1967) Social Readjustment Rating Scale: Auszug Alltagsschwierigkeiten Verbunden mit neuerem Lazarus-Ansatz (siehe nächste Session) Alltagsschwierigkeiten daily hassles (Kanner et al. 1981) Annahme: es sind nicht die selteneren schwerwiegenden Lebensereignisse, die hauptsächlich zum Stresserleben beitragen, sondern die kleinen alltäglichen Schwierigkeiten Gegenspieler: daily uplifts (Freuden des Alltags) Messung von Alltagsschwierigkeiten - „daily hassles/daily uplifts“ -Skala - Zentrale Alltagsschwierigkeiten = regelmässig wiederkehrende Probleme (z.B. Auseinandersetzungen in der Partnerschaft) - Periphere Alltagsschwierigkeiten = geringere Auftretenswahrscheinlichkeit und zeitlich begrenzt belastend Empirische Befunde der stimulusorientierten Stresstheorien Stärkere Zusammenhänge zwischen negativen (als positiven) Lebensereignissen und psychophysiologischem Be nden (z.B. Cohen et al., 1998) Im Bereich Alltagsstress -> z.B. positiver Zusammenhang zwischen Alltagsschwierigkeiten und infektiösen Atemwegserkrankungssymptomen (Treharne, Lyons & Tupling, 2001) Positiver Zusammenhang zwischen Alltagsstress und Depression (Bouteyre, Maurel & Bernaud, 2007; Jung & Khalsa, 1989) Negativer Zusammenhang zwischen Alltagsstress und Lebenszufriedenheit (Charvoz, Bodenmann & Hermann, 2003) Kritik an stimulusorientierten Stresstheorien Vernachlässigung von interindividuellen Unterschieden bei der Wahrnehmung der Stressoren (-> vor allem bei der klassischen Erfassung der kritischen Lebensereignisse/ critical life events) Retrospektive Erhebung der einzelnen Stressauslöser, teilweise lange nachdem sie auftraten -> Gefahr der Verzerrung / Ungenauigkeit (Schwarzer & Schulz 2003) Gemeinsame Kritik an bisher kennengelernten Stresstheorien - Sowohl reaktionsorientierte als auch stimulusorientierte Stresstheorien: Individuum häu g als passives Opfer von situativen Umständen - Viele kritische Lebensereignisse und der Umgang mit ihnen fügen sich nicht in dieses Bild 9. & 10. Komplexere Stressmodelle 1. Kognitiv-transaktionale Stresstheorie (Lazarus & Folkman, 1986, 1987) 2. Modell der Salutogenese (Antonovsky, 1979, 1987 3. Theorie der Ressourcenerhaltung (Hobfoll, 1989) -> Stress als Transaktion 1. Kognitiv-transaktionale Stresstheorie (Lazarus & Folkman, 1986, 1987) Psychologischer Stress = „Beziehung mit der Umwelt, die vom Individuum im Hinblick auf sein Wohlergehen als bedeutsam bewertet wird, aber zugleich Anforderungen an das Individuum stellt, die dessen Bewältigungsmöglichkeiten beanspruchen oder überfordern.“ zentral: kognitive Bewertungen (cognitive appraisals) – Primärbewertungen (Situationsbewertungen; primary appraisals) - Relevanz für das Wohlbe nden? - What is at stake? - Beurteilung anhand verschiedener Charakteristiken, die die Vorhersagbarkeit, Kontrollierbarkeit und zeitliche Erstreckung der Reizgegebenheiten betre en - Zielrelevant? (Günstig? Bedrohlich/ belastend? Nicht zielrelevant: neutral) - Wenn zielrelevant und bedrohlich/ belastend, drei Möglichkeiten: 1. Schaden/Verlust -> Traurigkeit, Ärger 2. Bedrohung -> Angst, Furcht fi ff fi fi 3. Herausforderung -> positiver A ekt (z.B. freudig erregt, interessiert, ho nungsvoll, angeregt), aber auch negativer A ekt (z.B. Furcht) – Sekundärbewertungen (Ressourcenbewertungen; secondary appraisals) Welche Ressourcen sind da zum Bewältigen und reichen sie aus? - Ressourcen: z.B. Verfügbarkeit eines Unterstützungsnetzwerks, Mastery oder Selbstwirksamkeitserwartung Wie kann die Situation bewältigt werden? - Kann das Problem direkt angegangen werden? - Kann mit entstehenden Emotionen umgegangen werden? - Bewertungsformen müssen nicht unbedingt nacheinander ablaufen - Meistens parallel zueinander - Nicht unabhängig voneinander - Anhaltender Prozess der Wahrnehmung und Bewertung der Situation, also nicht statisch - Abgleich zwischen Situationsanforderungen und Ressourcen: - Stress entsteht, wenn Bewältigung als unsicher eingeschätzt wird und negative Konsequenzen zu erwarten sind, wenn die Situation nicht bewältigt wird - „Stress is a postappraisal state“ - weitere Bewertungsform: Neubewertung (re-appraisal) - nach subjektiv wahrgenommener Veränderung der Situation (Umweltvariablen) oder als Ergebnis von Bewältigungsprozessen Bewältigung (Coping) in der kognitiv-transaktionalen Stresstheorie = Diskrepanz zwischen Anforderung und Ressourcen managen -> Ändert den Stress verursachenden Umstand (problemorientierte Bewältigung) ODER reguliert die emotionale Reaktion darauf (emotionsorientierte Bewältigung) Empirische Forschung zur kognitiv-transaktionalen Stresstheorie hauptsächlich wird Bewältigung/Coping untersucht relativ weniger Forschung zu den Bewertungen Gute Passung zwischen den Vorhersagen der Theorie und den empirischen Befunden bezüglich Bewertung Emotion-Assoziationen meist korrelative, wenig(er) experimentelle Studien Kritik an der kognitiv-transaktionalen Stresstheorie - Bewertungsprozesse zu stark konfundiert -> Primär- und Sekundärbewertung funktionieren nicht ohne einander ff ff ff - Bislang kein strenger experimenteller Test der Theorie (wg. Komplexität, Dynamik) - Keine zufriedenstellenden Messinstrumente für die Bewertungsvorgänge (Schwarzer, 2000) - zentrale Stellung der subjektiven Sichtweise eines Individuums bei der De nition von Stress - Schwerpunkt auf subjektiver Sichtweise: unmöglich, Stressor von der emotionalen Reaktion darauf zu trennen - Evtl. bleiben Bewältigungsvorgänge unbemerkt, wenn Bewältigung erfolgreich - Homöostase als Endpunkt einer erfolgreichen Bewältigung als Grundannahme des transaktionalen Modells von Lazarus und Folkman - Einwand: Streben nach Wachstum in belastungsfreier Zeit (Hobfoll & Freedy 1990) -> weitere, ressourcenorientierte Stresstheorien… Das Modell der Salutogenese (Antonovsky, 1979, 1997) „Menschen sind wie alle Lebewesen inhärent fehlerhafte, dem Abbau anheimfallende und dem Tod entgegenstrebende biologischen Systeme, die sich allgegenwärtiger Bedrohung und Chaos gegenübersehen.“ Gefragt ist nicht: Was macht Menschen krank? Sondern: Wie scha en es Menschen, gesund zu sein/zu werden? Salutogenese, etwa: Gesundheitsentstehung (salus: Gesundheit, genesis: Entstehung); Gegenbegri zur Pathogenese Determinanten von Gesundheit und weitere wichtige Konstrukte im Modell: Gesundheit -- Krankheitskontinuum allgemeine und spezi sche Widerstandsressourcen Kohärenzsinn (potentielle) Stressoren Spannung Spannungsmanagement (Bewältigung) Stress Allgemeine (generalisierte) Widerstandsressourcen (generalized resistance resources, GRRs): „jedes Merkmal einer Person, Gruppe oder Umwelt, das eine wirksame Spannungsbewältigung erleichtern kann“ - genetisch-konstitutionelle Ressourcen (z.B. hohe Immunkompetenz) - psychosoziale Ressourcen: Psychische Ressourcen (z.B. Wissen), materielle Ressourcen (z.B. Besitz), soziale Ressourcen (z.B. soziales Netzwerk) - werden in vielen unterschiedlichen Belastungssituationen wirksam (d.h. generalisiert) Spezi sche Widerstandsressourcen (speci c resistance resources, SRRs) Sind nur bei spezi schen Belastungssituationen wirksam, z.B.: Telefonseelsorge, bestimmtes Medikament etc. Annahmen: Abhängig von: gesellschaftlich-historischem Kontext, Erziehungspraktiken, sozialen Rollen, individuellen Faktoren und dem Zufall Über positive Lebenserfahrungen- die Erfahrungen von sozialer Teilhabe, Konsistenz (etwa: Vorhersagbarkeit, persönliche Kontrolle) und ein Gleichgewicht von Unter- und Überforderung, helfen Widerstandsressourcen, gemachte Lebenserfahrungen als sinnvoll und kohärent zu erleben (d.h. steigern den Kohärenzsinn –siehe folgende Folien) Kohärenzsinn („Sense of Coherence“, SOC) - Beschreibt tiefe Überzeugung oder beständiges Grundvertrauen, dass das eigene Leben im Prinzip verstehbar, sinnvoll und bewältigbar ist. Annahmen: - Grundlage: Viele Widerstandsressourcen und dadurch gemachte positive Lebenserfahrungen fi ff fi fi fi ff fi - Entwicklung: Kindheit bis in das frühe Erwachsenenalter (etwa 30 Jahre), danach stabile Disposition - Hoher Kohärenzsinn hilft dem Individuum -- indirekt über die Mobilisierung von Widerstandsressourcen und die davon abhängige Ausprägung von Stressprozessen -- die Position auf dem Gesundheits-Krankheits-Kontinuum zu halten oder befördert Individuum in Richtung auf den Gesundheitspol Kohärenzsinn als beständiges Grundvertrauen, bestehend aus: 1. Verstehbarkeit: Internale und externale Stimuli sind strukturiert, vorhersagbar und erklärbar 2. Handhabbarkeit: Ressourcen zur Bewältigung stressreicher Situationen stehen zur Verfügung 3. Sinnhaftigkeit: Anforderungen aus der Umwelt stellen Herausforderungen dar, die es wert sind, dass man sich ihnen stellt Kohärenzsinn Messinstrument: SOC-29 (Antonovsky, 1993) 29 Items mit 3 Subskalen keine gute Faktorvalidität -> Generalfaktor „Kohärenzsinn“ im dt. Instrument sonst gute psychometrische Eigenschaften (potentielle, allgegenwärtige) Stressoren: endogene (z.B. intrapsychische Kon ikte; genetische Erkrankungsdisposition) VS. exogene (z.B. anderer Leute Erfahrungen; Verletzung) psychosoziale (z.B. intrapsychische Kon ikte; anderer Leute Erfahrungen) VS. physikalische/biochemische (z.B. genetische Erkrankungsdisposition; Verletzung) - Erfassung von potentiellen Stressoren im Modell: meist als kritische Lebensereignisse - Aber auch: Bewertung der Stressoren als solche durch das Individuum Spannung: Stressoren, die als solche bewertet werden, lösen einen Spannungszustand (engl. „state of tension“) aus. Annahme: Mobilisierte Widerstandsressourcen (generalisierte, spezi sche) interagieren mit dem Spannungszustand und halten ihn an oder tragen zur Überwindung der Stressoren bei Spannungsmanagement (Bewältigung): Mobilisierung der Widerstandsressourcen, um Spannungszustand zu begegnen Annahmen: - Erfolgreiches Spannungsmanagement stärkt den Kohärenzsinn - Erfolgreiches Spannungsmanagement stabilisiert die Position auf dem Gesundheits- Krankheits-Kontinuum oder befördert Individuum in Richtung auf Gesundheitspol Stress: Nicht-erfolgreiches Spannungsmanagement resultiert im Stress Annahme: Stress und Pathogene interagieren und befördern das Individuum in Richtung des Krankheitpols Empirische Ergebnisse Komplexes Modell, oft nur in Teilen untersucht Kohärenzsinn und Gesundheit: - hohe Zusammenhänge vor allem mit psychischer Gesundheit, weniger konsistent jedoch mit Indikatoren körperlicher Gesundheit - geringeres Mortalitätsrisiko bei hohem (vs. niedrigem) Kohärenzsinn - wenig konsistente Zusammenhänge des Kohärenzsinns mit anderen Risikofaktoren (z.B. Rauchen, Blutdruck, BMI, Inaktivität) der Gesamtmortalität fl fl fi Kritik Soziale Determinanten von Gesundheit nicht hinreichend berücksichtigt Wenig ausgeprägte Subjektebene: Gesundheit kann auch durch das aktive Handeln des Individuums hergestellt werden (z.B. Gesundheitsverhalten)? Kohärenzsinn verändert sich auch nach dem 30. Lebensjahr noch Konstrukt des Kohärenzsinns trotz weiter Verbreitung umstritten: Brauchen wir den Kohärenzsinn? -> große Überlappung mit anderen etablierten Konstrukten wie Optimismus, Selbstwirksamkeitserwartungen, Kontrollüberzeugungen, negativer A ektivität Enorme Reichweite und großer Ein uss des Modells: Die von der WHO 1986 formulierte Ottawa‐Charta zur Gesundheitsförderung trägt ganz wesentliche Züge der Salutogenese. Sie setzt auf die: - Förderung von Ressourcen - Positive Gesundheitsziele - Beteiligung (Partizipation) - Befähigung („Empowerment“) zur Stärkung der Gesundheit. Theorie der Ressourcenerhaltung Hobfoll (1989, 2001, 2018) Aufbau der Theorie: 1x Prämisse (Voraussetzung/Annahme) 4x Prinzipien (etwa: übergeordnete Gesetzmäßigkeit) 3x Korollarien (Ableitungen) + 2x Zusatzprinzipien Prämisse: „Menschen streben danach, das zu bekommen, zu bewahren, fort zu entwickeln und zu schützen was sie zentral wertschätzen.“ «Was sie zentral wertschätzen» -> Ressourcen: Ressourcen sind direkt oder indirekt zum Überleben notwendig oder dienen zur Bescha ung weiterer Ressourcen Ressourcen: übereinstimmend wertgeschätzt und als wichtig für Menschen generell wie auch für die eigene Person angesehen Ressourcenkategorien bei Hobfoll 1. Objektressourcen: Physikalische Objekte, die aufgrund ihrer Eigenschaften wertgeschätzt werden oder die sekundären Wert besitzen, weil sie z.B. selten oder mit dem sozioökonomischen Status einer Person verbunden sind. Z. B. Haus, Auto, Kleidung, Schmuck oder andere Wertsachen. 2. Bedingungsressourcen: Nicht materielle Gegebenheiten, die wertgeschätzt werden oder nachgefragt sind, wie z. B. eine Ehe oder stabile Beziehung, Staatsbürgerschaft, Wahlrecht, Karriere oder Gesundheit. 3. Personale Ressourcen: Eigenschaften oder Fertigkeiten, die die Menschen widerstandsfähiger gegenüber Stress machen, wie z. B. ein hoher Selbstwert, Optimismus, eine internale Kontrollüberzeugung oder Selbstwirksamkeit. 4. Energie Ressourcen erlangen ihren Wert dadurch, dass ihr Besitz es erlaubt, andere Ressourcen zu bekommen: Zeit, Information, Geld etc. De nition von Stress Tritt auf, wenn… (a) Ressourcen bedroht sind (b) Ressourcen tatsächlich verloren gehen. (c) nach einer Ressourceninvestition kein adäquater Gewinn eintritt. Stressbewältigung: Wenn Personen gestresst sind, streben sie danach, den fi ff fl ff anstehenden oder bereits eingetretenen Ressourcenverlust zu minimieren. Wachstum und Vorsorge: In stressfreien Zeiten sind Menschen darauf bedacht, Ressourcen anzuhäufen, z. B. um zu wachsen oder um künftigen Ressourceneinschränkungen vorzubauen. Prinzip 1: Das Primat des Ressourcenverlustes: Der Verlust von Ressourcen ist schwerwiegender als der Gewinn von Ressourcen. (a) bei gleicher Menge an Gewinnen und Verlusten, Verluste wesentlich stärkere Auswirkungen auf subjektives Wohlbe nden als Gewinne (b) Vermeiden von Verlusten wichtiger als Streben nach Gewinnen (c) Schutz vor Verlusten hat unmittelbaren Überlebenswert (d) Wert von Gewinnen: a) Abpu ern von Verlusten, b) Emp ndung von Freude -> Freude hat keinen unmittelbaren Überlebenswert. - Verluste zeigten stärkeren Zusammenhang mit Stress als Gewinne - Gewinne wurden erst dann relevant, wenn die Personen auch Verluste erfahren hatten -> siehe auch Prinzip 3 - Absolute Ausprägung des Zusammenhangs der Gewinne mit Stress dennoch geringer als mit Verlusten Prinzip 2: Ressourceninvestition: Individuen müssen Ressourcen investieren, um sich vor Verlust zu schützen, um sich von ihm zu erholen und um neue Ressourcen erwerben zu können. -> Beinhaltet auch das Ersetzen verlorener Ressourcen mit anderen Ressourcen (z.B. Erspartes bei Verlust von Einkommen einsetzen) oder indirekte Ressourceninvestitionen (z.B. Fertigkeiten erweitern, um mit schwierigen Zeiten umgehen zu können) -> Aber Investition vorhandener Ressourcen auch stressreich (da Verbrauch von Ressourcen) Prinzip 3: Das paradoxe Prinzip des Gewinns: Ressourcengewinne werden im Kontext von Ressourcenverlusten salienter. - Paradox: Erst im Fall von hohen Ressourcenverlusten gewinnen Ressourcengewinne an Wert, werden wichtiger. Prinzip 4 (Verzwei ungsprinzip): Wenn Ressourcen sehr beansprucht oder erschöpft sind, gehen Menschen in eine defensive Haltung über, um ihr Selbst zu schützen, das dann oft defensiv, aber auch aggressiv oder irrational werden kann. - Relativ neueres Prinzip, am wenigsten beforscht. - Hobfoll (2018) vermutet einen evolutionären Mechanismus dahinter. - Sowohl defensive (z.B. Rückzug, Ressourcen sparen) als auch aggressiv- irrational explorative Strategien (z.B. alternative, zunächst unvernünftig anmutende Überlebensstrategien ausmachen und verfolgen) können hilfreich sein. Korollarium 1: Personen, die viele Ressourcen besitzen, sind im Vergleich zu „ressourcenarmen“ Personen weniger anfällig für Verlust von Ressourcen und eher in der Lage, neue Ressourcen hinzuzugewinnen. Korollarium 2: Durch vorangegangene Ressourcenverluste erhöht sich die Anfälligkeit gegenüber neuen Verlusten. Dies kann zu einer „Verlust-Spirale“ führen. - Bei jedem neuen Verlust entsteht Stress und die Ressourcen werden weiter dezimiert. Mit jeder „Verlust-Iteration“ gewinnt der Prozess an Wirkung und Dynamik. - z.B. empirische Befunde zur zunehmenden Belastung unter anhaltendem Stress Korollarium 3: Eine „Gewinnspirale“ entwickelt sich dadurch, dass Ressourcengewinne es den Personen ermöglichen, immer mehr Ressourcen zu erwerben. - Nicht als direkter Gegensatz zur Verlustspirale zu sehen, da Verluste schwerer wiegen (s. Prinzip 1) fl fi ff fi - Im Vergleich zu Verlustspiralen sind Gewinnspiralen weniger salient und gehen langsamer vonstatten Zusatzprinzip 1: Ressourcenkaravanen: Ressourcen existieren nicht in Isolation, sondern häufen sich bzw. treten gemeinsam auf. - Selbstwertgefühl, Optimismus und Selbstwirksamkeit entwickeln sich aus gemeinsamen Umwelt- und Entwicklungsbedingungen heraus und korrelieren Zusatzprinzip 2: Korridore der Ressourcenkaravanen: Ressourcen existieren in ökologischen Kontexten („Korridore“), die die Entstehung und den Erhalt von Ressourcen befördern oder aber einschränken. - Soziale und Umweltbedingungen können bei Menschen, die ihnen ausgesetzt sind, zu größerer Widerstandsfähigkeit oder zu größerer Verletzlichkeit beitragen. Ob das eine oder das andere zutri t, hängt mit übergeordneten sozialen Regelwerken wie z. B. der Kultur zusammen und betri t Gruppen von Menschen Bewertung der Theorie der Ressourcenerhaltung Theorie der Ressourcenerhaltung als Alternative zur kognitiv transaktionalen Stresstheorie entwickelt Weniger abhängig von subjektiven, schwer messbaren kognitiven Bewertungsprozessen, erkennt sie aber an Hauptkritikpunkt: Ressourcenverlust selbst sei schon Ergebnis subjektiver Bewertungsprozesse (z. B. Lazarus, 1991) - Hobfoll hält dagegen, dass auch objektiver Ressourcenverlust prädiktiv für stressbezogene Kriterien ist Mangelnde bzw. unscharfe De nition der „Ressourcen“ 11. Stressbewältigung Klassi kation 1. mikro- und makroanalytische Ansätze - beziehen sich auf den Grad der Di erenziertheit bei der Konzeption und Erfassung der Stressbewältigung (a) mikroanalytische Ansätze: spezi sche Bewältigungsstrategien (z. B. Planung, Humor oder Unterstützung mobilisieren) (b) makroanalytische Ansätze: weniger verhaltensnahe/abstraktere/umfassendere Stressbewältigungskonstrukte (z. B. Repression und Sensitization) 2. Dispositionelle Ansätze - identi zieren stabile Stressbewältigungsneigungen bei Personen - Persönlichkeitsmerkmale, die in Stresssituationen in Form charakteristischer Handlungen konsistent beobachtet werden können 3. „aktuelle“ Stressbewältigungsansätze - Bewältigung von Stress hängt maßgeblich von den subjektiv wahrgenommenen Charakteristiken der Situation ab (weniger von stabilen Persönlichkeitseigenschaften) - “state coping“, instabil, veränderlich, situationsangepasst Integration: Mikro- und makroanalytische Ansätze und «aktuelle» vs. dispositionelle Bewältigung (a) mikroanalytische Ansätze - eher aktuelle Stressbewältigungstheorien (b) makroanalytische Ansätze - eher dispositionelle Stressbewältigungstheorien Dispositionelle Stressbewältigungstheorien: Zwei Beispiele (Repression - Sensitization) = klassischer makroanalytisch-dispositioneller Ansatz - Ursprünge in den Abwehrmechanismen (Byrne, 1961) - Stressbewältigung als unidimensional-bipolares Persönlichkeitsmerkmal Repression ----------------------------------- Sensitization Represser: Vermeidung der Stressquelle, schlechtere Erinnerung daran, keine Verbalisierung der Angst, denken nicht über weiteren Verlauf der Situation nach. ff ff fi fi fi fi ff Sensitizer: Wenden sich der Stressquelle vermehrt zu, bessere Erinnerung daran, Verbalisierung der Angst. - Sensitizer geben höhere subjektive Ängstlichkeit/Depression/Belastung an als Represser. - Represser weisen bei weniger berichteter subjektiver Belastung trotzdem höhere Anstiege der physiologischen Stressindikatoren auf (z.B. Herzrate, Kortisol) -> Diskrepanzhypothese Kritik: Byrne nimmt eigentlich an, dass Personen im mittleren Wertebereich der R-S-Skala die beste Anpassung aufweisen sollten. Aber: Empirie weist eher auf linearen Zusammenhang zwischen Repression- Sensitization und emotionaler Anpassung hin - also: hohe Korrelationen von Sensitization (d. h. hohe Ausprägungen auf der R-S-Skala) und dispositioneller Ängstlichkeit Daher: Weiterentwicklung des ursprünglichen Repression- Sensitization Modells (unidimensional) zu zweidimensionalen Modellen, z.B. Modell der Angstbewältigungsmodi Das Modell der Angstbewältigungsmodi (Krohne, 1996, 2010) Zwei (relativ) unabhängige Dimensionen: 1. Vigilanz: verstärktes Aufsuchen und Verarbeiten bedrohungsbezogener Information, d.h. Hinwendung zur Stressquelle, mit dem Ziel, subjektive Unsicherheit zu reduzieren. => unsicherheitsmotiviert (in mehrdeutigen Situationen) 2. Kognitive Vermeidung: Abwendung von bedrohungsrelevanten Hinweisreizen: Organismus wird gegen erregungsinduzierende Reize abgeschirmt. => arousal-motiviert (in emotional- erregenden Situationen) Typische ABI Bewältigungsstrategien (ABI = AngstBewältigungsInventar, s. später; Beispiele) (a) Vigilante Bewältigungsstrategien - Antizipieren von negativen Ereignissen - Informationssuche - Vergleich mit anderen (b) Kognitiv vermeidende Bewältigungsstrategien - Ablenkung - Verleugnung - Bagatellisierung Sensitization: hohe Ausprägung auf Vigilanz, niedrige Ausprägung auf kognitiver Vermeidung hohe Unsicherheitsintoleranz niedrige Erregungsintoleranz Aufmerksamkeit richtet sich auf gefahrenrelevante Information in der Stresssituation konsistente Überwachung – auch wenn Situation an sich kontrollierbar -> wenig situationsgemäße Anpassung Repression: hohe Ausprägung auf kognitiver Vermeidung niedrige Ausprägung auf Vigilanz niedrige Unsicherheitsintoleranz hohe Erregungsintoleranz in aversiven Situationen Abwenden von der Stressquelle (Emotionalitätsregulation) akzeptieren dabei ein gesteigertes Maß an Unsicherheit bezüglich der Entwicklung des Stressors Represser versuchen die aversiven Charakteristika einer Situation zu ignorieren Hochängstlichkeit: hohe Ausprägungen auf beiden Bewältigungsdimensionen sowohl hohe Intoleranz gegenüber Unsicherheit als auch Erregung Stresssituationen: sowohl immerzu mit der Gefahr beschäftigt, negativ überrascht zu werden, als auch mit der Wahrscheinlichkeit, von starken Emotionen überwältigt zu werden uktuierendes Bewältigungsverhalten Nichtdefensivität: niedrige Ausprägung auf Vigilanz niedrige Ausprägung auf kognitiver Vermeidung geringe Intoleranzen gegenüber Erregung wie auch gegenüber Unsicherheit situationsbezogene instrumentelle Bewältigung können sich an besondere Erfordernisse der Stresssituationen anpassen und sind fähig, einzelne Strategien lange genug anzuwenden, um letztlich über deren E ektivität entscheiden zu können Erfassung der Angstbewältigungsmodi Angstbewältigungsinventar ABI = Stimulus-Response-Inventar 8 hypothetische Stresssituationen, die selbstwertrelevante oder physisch-bedrohliche Aspekte enthalten Zu jeder Situation werden je 5 kognitiv vermeidende (KOV) und vigilante (VIG) Strategien angegeben, die von den Probanden/innen mit „stimmt“ oder „stimmt nicht“ beantwortet werden. In vielen empirischen Studien überprüft -- Bsp: (a) OP Vorbereitung korrelative Designs (de Bruin et al., 2001); matched mismatched Designs bei prä-OP Interventionen (Krohne & El Giamal, 2008) eher inkonsistente Befundlage (z.B. Krohne, 2010; Krohne & El Giamal, 2008; de Bruin et al., 2001) (b) Kognition experimentell im Labor z.B. Gedächtnisleistung bei furchterregenden Stimuli (z.B. Peters et al., 2012; Hock et al., 2017) eher konsistentere Befundlage für KOV und VIG Dimensionen, aber nicht immer Unterschiede zwischen allen 4 Angstbewältigungsmodi «Aktuelle» Stressbewältigung (state coping) -> Bewältigung von Stress hängt maßgeblich von den subjektiv wahrgenommenen Charakteristiken der Situation ab, weniger von stabilen Persönlichkeitseigenschaften - Bspl. emotionsorientierte und problemorientierte Bewältigungsformen in der kognitiv- transaktionalen Stresstheorie fl ff Stressbewältigung (Coping) in der kognitiv- transaktionalen Stresstheorie = „Der Prozess der Handhabung jener externen und internen Anforderungen, die vom Individuum als die eigenen Ressourcen beanspruchend oder übersteigend bewertet werden.“ - Ändert den Stress verursachenden Umstand/erhöht Ressourcen (problemorientierte Bewältigung) ODER reguliert die emotionale Reaktion auf Stressor (emotionsorientierte Bewältigung) Problemorientiertes Coping Ziel: die Anforderung der Situation zu reduzieren oder die Bewältigungsressourcen zu verbessern (… wenn man den Eindruck hat, die Situation ändern zu können) - Bspl. Planful Problem-Solving – Analyse der Situation um zu einer Lösung zu kommen, danach Ausführen der Aktion, um das Problem anzugehen Emotionsorientiertes Coping Ziel: emotionale Reaktion kontrollieren behavioral (Drogen, Alkohol, soziale Unterstützung, Ablenkung) kognitiv (Änderung der Bedeutung des Stressors) …wenn man den Stressor nicht ändern kann (z.B. Verwitwung). …wenn man nicht die Ressourcen hat, mit dem Stressor umzugehen. - Bspl. Positive Umdeutung – Positive Neubewertung der Situation. Coping in der kognitiv- transaktionalen Stresstheorie Bewältigungsverhalten ist stark situationsabhängig, variabel, exibel und eingebettet in einen Prozess, in dessen Verlauf Personen Strategien mehr oder weniger stark einsetzen oder auch wechseln können. keine an sich adaptiven oder maladaptiven Bewältigungsformen wann, welche Form angewendet wird und Erfolg hat, hängt ab von subjektiv wahrgenommenen Situationsparametern (z.B. wahrgenommene Kontrolle über die Situation) -> Goodness-of-Fit Hypothese Ways of Coping Questionnaire 8 Subskalen: 1. Confrontative Coping 2. Distancing 3. Self Control 4. Seeking Social Support 5. Taking Responsibility 6. Avoidance 7. Planful Problem Solving 8. Positive Reappraisal COPE (Carver et al., 1989); Brief COPE (Carver, 1997) mikroanalytische Verfahren zur Messung von Stressbewältigung (Carver et al. 1989) COPE misst auch Bewältigungsstrategien, die von den Autor:innen a-priori als dysfunktional eingestuft werden (z.B. Verleugnung) ursprünglich dispositionell, mittlerweile aber auch „aktuell“ und situationsspezi sch eingesetzt Generelle Kritik an der fi fl Stressbewältigungsforschung Weder für die Erfassung verschiedener Stressoren noch für die Erfassung der Bewältigung konnte man sich bislang auf eine Taxonomie einigen Wirksamkeit von Bewältigung: Was soll Bewältigung leisten: Erhöhtes Wohlbe nden? Bessere Leistung? Kriterien oft global und nicht angemessen durchdacht Soziale Kontrolle der Bewältigung eines Individuums in einem bestimmten Kontext wird nicht adäquat berücksichtigt. Soziale Normen bestimmen Verhalten (Weber, 1997) Problem Operationalisierung: Items zur Messung von Bewältigungsstrategien sind oft mit Outcomes (meistens das Wohlbe nden betre end) konfundiert (Stanton et al., 1994). -> „Ich habe o en gezeigt, wie schlecht ich mich fühle“ 12. Stressbewältigung II: Krankheitsbewältigung – Common Sense Model of Illness Representation/of Danger Representation/of Illness Cognition/ of Self Regulation (z.B. Diefenbach & Leventhal, 1996) - “The patient‘s symptoms, his beliefs about their determinants, and his beliefs about treatment form an organized and more or less coherent theory of illness.“ (Leventhal et al., 1980, S. 16) Grundidee = ”..identi es the factors involved in the processing of information by a patient regarding their disease or illness, how this information is integrated to provide a ‘lay’ view of the illness and how this lay view guides coping behaviours and outcomes” - Common Sense Model (CSM) versucht zu erklären, wie kognitive und emotionale Faktoren Krankheitsbewältigung und –kriterien (outcomes) beein ussen - Unterschiede zu den bisher besprochenen Stress/Coping-Theorien: -> CSM setzt Erkrankungssymptome oder die Antizipation von Symptomen voraus Annahmen: Individuen sind motiviert, gesundheitliche Risiken zu minimieren Individuen handeln entsprechend ihrer Wahrnehmung dieser Risiken Patienten/innen streben nach Symptomfreiheit Stage 1: Interpretation der Krankheitssymptome bedingt weiteres Vorgehen Quellen zur Interpretation: 1. Bereits vorhandene Laieninformationen über Krankheiten 2. Sozialer Austausch 3. Momentane (und frühere) Erfahrung mit den Krankheitssymptomen Kognitive Repräsentationen von Krankheit: 1. Identität (Identity) Was ist es? – Label, Symptome Symmetrie Regel: Konkrete (erlebte Symptome) und abstrakte Komponenten (Labels) werden integriert, um der wahrgenommenen körperlichen Beeinträchtigung eine Identität zu geben 2. Ursache (Cause) Wie ist es entstanden? Was ist die Ursache? umfasst verschiedene (subjektive) Kausalattributionen darüber, wie die Erkrankung oder Gesundheitsbedrohung zustande gekommen ist (z.B. Vererbung, Umwelt, Risikoverhalten, Stress, Zufall, Muss nicht notwendigerweise mit dem medizinischen Erkrankungsmodell fi ff fi ff fl fi übereinstimmen. 3. Verlauf (Timeline) (akut/chronisch, zyklisch) Wie lange wird es dauern? subjektive Überzeugungen über die Dauer und den Verlauf einer Erkrankung 4. Konsequenzen (Consequences) Was sind die (erwarteten) Konsequenzen? subjektive Überzeugungen über die Folgen der Erkrankung für das eigene Leben, z.B. auf sozialer, körperlicher oder nanzieller Ebene. 5. Kontrolle/Heilung (Control) Wie kann ich damit umgehen, es kontrollieren, heilen? (a) Treatment/Behandlung Kontrolle (b)Persönliche Kontrolle 6. NEU: Kohärenz (Coherence) „Logik der Erkrankung Neue Dimension im IPQ-Revised Verstehbarkeit/wahrgenommene inhärente Logik der Erkrankung Messinstrument: Illness Perception Questionnaire –R (IPQ-R) Ausgewählte empirische Befunde zum Common-Sense Model Bewertung des Common-Sense Modell I Bisher viele querschnittliche Studien, mehr und mehr auch längsschnittliche Betrachtung, relativ weniger Interventionsstudien - Keine stringente Testung der Modellannahmen (Mediatormodell impliziert Kausalzusammenhänge) - Mehr Interventionsstudien vonnöten Zusammenhänge zwischen Illness Representation-Dimensionen und Bewältigung sowie Kriterien/abhängige Variablen sind hypothesengemäß und erstaunlich groß (auch bei Kontrolle der „objektiven“ Krankheitsschwere) Bezüglich Gesundheitsverhalten (z.B. Compliance/Adherence) spielen die subjektiven Krankheitstheorien auch eine wichtige Rolle Emotionale Prozesse zwar im Modell enthalten, aber seltener untersucht als kognitive Prozesse Auch Ergebnisse qualitativer Studien unterstützen Theorie Krankheitsbezogenes Gesundheitsverhalten (z.B. Compliance/Adherence) im Modell nicht so sehr im Fokus Modell gilt für Symptome und deren Antizipation Praktische Implikationen: Messung der subjektiven Krankheitstheorien ermöglicht evtl. auch Veränderung derselben -> bessere Bewältigung 13. Soziale Integration und Gesundheit fi Abgrenzung soziale Integration & soziale Unterstützung 1. Soziale Integration = Ausmaß der Einbettung in ein soziales Netzwerk - vorwiegend strukturelle, quantitative Netzwerkaspekte - am häu gsten: Familienstand - aber auch: Größe und Spanne von Netzwerken, Dichte, Verp ichtetheit, Homogenität, Reziprozität, etc. (Stokes, 1983; Berkman et al., 2000) - Qualität der Beziehungen steht nicht im Mittelpunkt - Gegenpol = soziale Isolation - Messung sozialer Integration („Schreiben Sie bis zu 20 wichtige Personen in Ihrem Leben auf und zeichnen Sie beziehungsbezogenen Verbindungslinien)(nach Stokes, 1983; Social Network List) - Empirische Befunde: Verheiratete Personen im Vergleich zu alleinstehenden Personen: Mortalitätsrisiko ↓ psychisches Wohlbe nden ↑ körperliches Wohlbe nden ↑ Glück ↑ 2. Soziale Unterstützung = „Soziale Ressourcen, die Personen als verfügbar wahrnehmen oder die ihnen von Nicht-Professionellen im Kontext formeller Selbsthilfegruppen oder informeller helfender Beziehungen bereitgestellt werden.“ (Cohen et al., 2001, S. 129; frei übersetzt) Formen sozialer Unterstützung: wahrgenommen vs. Erhalten 1. wahrgenommene soziale Unterstützung = Unterstützung, die ein Individuum in seinem sozialen Netzwerk für grundsätzlich verfügbar hält - eher stabile Erwartungshaltung 2. erhaltene soziale Unterstützung = retrospektive Mitteilung vergangener Unterstützungsleistungen - abhängig(er) von den Unterstützungsleistungen des sozialen Netzwerks - wird vom*n Empfänger*in der Unterstützungsepisode berichtet Nur moderate Zusammenhänge zwischen wahrgenommener und (tatsächlich) erhaltener Unterstützung Tatsächlicher Unterstützungserhalt geht in Stresssituationen nicht immer mit höherem Wohlbe nden einher Wahrgenommene Unterstützung ist in Stresssituationen überwiegend mit besserem Wohlbe nden assoziiert Unterschiedliche Funktionen sozialer Unterstützung (a) intrumentelle Unterstützung = Hilfemaßnahmen bei zu erledigenden Arbeiten, Besorgung von Gütern oder Bereitstellung nanzieller Ressourcen (b) Emotionale Unterstützung = bspl. Mitteilung von Wärme, Trost oder Mitleid fi fi fi fi fi fi fl (c) Informationelle Unterstützung = liefert relevante Informationen und Ratschläge durch die Unterstützungsquelle Erfassung sozialer Unterstützung (objektiv) - Bspl. Ein uss erhaltener Krankenhausbesuche auf die prä- und postoperative Anpassung von Bypasspatienten (Kulik & Mahler, 1989) - Ergebnis: mehr Krankenhausbesuche -> schnellere Genesung und weniger Schmerzmittel Erfassung sozialer Unterstützung (Andere Ansätze) Systematische De nition der Unterstützungsinteraktion von Dunkel- Schetter et al. (1992): Übereinstimmung dreier Parteien hinsichtlich der Unterstützungsinteraktion 1. Unterstützungsempfänger:in 2. Quelle der Unterstützung 3. Beobachter:in Ergebnis: Übereinstimmung gegebener (Quelle) und erhaltener Unterstützung (Empfänger:in) aus zwei Perspektiven nur moderat Beobachter:in müsste eigentlich Kognitionen der anderen Parteien in der Interaktion erschließen, um etwas als Unterstützungsinteraktion bewerten zu können. Vorschlag: Priorität auf Sicht des:r Empfängers:in -> Wirksame Unterstützungstransaktion dann, wenn Empfänger:in den Unterstützungsversuch als wirksam oder hilfreich einschätzt (Dunkel-Schetter et al.,1992). -> Wenn Quelle Unterstützungsleistung gibt, aber das von Empfänger:in nicht so enkodiert wird: Unterstützungsversuch, protektives Abfedern oder unsichtbare Unterstützung Warum könnte die objektive Erfassung der sozialen Unterstützung problematisch sein? - Bei objektiver Erfassung sozialer Unterstützung wissen wir nicht genau, was wir da messen. - Priorität auf Sicht der Empfänger:in bei selbstberichtetem Unterstützungserhalt Prädiktoren sozialer Unterstützungsinteraktionen 1. Merkmale der Situation: - es wird mehr Unterstützung geleistet, bei… (a) Eindeutigkeit der Situation (b) Abwesenheit anderer (Verantwortungsdi usion, pluralistische Ignoranz, Bewertungsangt) 2. Merkmale der Unterstützungs-Quelle: - es wird mehr Unterstützung geleistet, bei… (a) guter Stimmung (b) antizipierter potentieller Verbesserung der Stimmung durch die Unterstützungsleistung (c) Keiner antizipierten potenziellen Verschlechterung der Stimmung durch Unterstützung (d) Wahrgenommener Kompetenz, Unterstützung zu leisten (e) Ausgeprägten prosozialen Persönlichkeitseigenschaften (insbes. Empathie) (f) Wenn Nutzen überwiegen fl fi ff (g) Geringem Belastungsgrad der helfenden Person 3. Merkmale des*r Unterstützungsempfängers*in - Situationsspezi sches Verhalten des*r Empfängers*in: (a) aktives Bemühen um Hilfe (Mobilisierung) (b) Aktive Bewältigung de Situation - Persönlichkeitseigenschaften des*r Empfängers*in (a) Kompetenzerwartung/Selbstwirksamkeit (b) Hohes Selbstwertgefühl (c) Optimismus (d) Internale Kontrollüberzeugung - Wahrgenommene Ursache für die belastende Situation außerhalb der Kontrolle des*r (i.d.R. unbekannten) Betro enen -> experimentelle Studien mit Vignetten (a) unkontrollierbare Faktoren: Hilfeintention ↑, Mitleid ↑ (b) kontrollierbare Faktoren: Hilfeintention ↓, Ärger ↑, Gereiztheit ↑ 4. Merkmale der Dyade - Unterstützungsdienliche Dyadenmerkmale: (a) hoher Bekanntschaftsgrad (b) Hohe Beziehungszufriedenheit (c) Positive und gerechte Unterstützungsgeschichte zwischen den Partnern*innen (Reziprozität) (d) gewisses Maß an Intimität in der Unterstützungsdyade fi ff

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