PAVK - Wahlfach Gefäßchirurgie WS 2024
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Kepler Universitätsklinikum
2024
JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ
Thomas Ratschiller
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This document is a past paper from the Johannes Kepler University Linz, focusing on Peripheral Arterial Disease (PAVK) from the vascular surgery department for the Winter Semester of 2024. It covers topics such as epidemiology, risk factors, and treatment options, including medical therapies, surgical interventions, and patient monitoring approaches.
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Wahlfach Gefäßchirurgie WS 2024 KS 30.10.2024 8:30-9:15 Uhr Durchblutungsstörungen der unteren Extremität Priv.-Doz. Dr. Thomas Ratschiller, FEBVS Klinik für Herz-, Gefäß- und Thoraxchirurgie Kepler Universitätsklinikum...
Wahlfach Gefäßchirurgie WS 2024 KS 30.10.2024 8:30-9:15 Uhr Durchblutungsstörungen der unteren Extremität Priv.-Doz. Dr. Thomas Ratschiller, FEBVS Klinik für Herz-, Gefäß- und Thoraxchirurgie Kepler Universitätsklinikum PAVK - Epidemiologie PAVK steht für periphere arterielle Verschlusskrankheit (engl. PAD, peripheral arterial disease) Ursache ist eine Arteriosklerose mit Stenose oder Verschluss der extremitätenversorgenden Arterien es ist überwiegend die untere Extremität betroffen die Prävalenz nimmt mit dem Alter zu 15 - 20% der Menschen >70 Jahre haben eine (symptomatische oder asymptomatische) PAVK Peter Anderson; PEIR Digital Library; 2018. 2 PAVK - Risikofaktoren Rauchen und Diabetes mellitus sind die wichtigsten Risikofaktoren Rauchen erhöht das Risiko gegenüber Nichtrauchern um das 3 - 4 x Diabeter haben ebenfalls ein 3 - 4 x erhöhtes Risiko als Patienten ohne Diabetes andere wichtige Risikofaktoren sind: Alter Arterielle Hypertonie Dyslipidämie (erhöhtes LDL, Lipoprotein A) Niereninsuffizienz / Dialyse chronische Inflammation Norgren L et al; JVS 2007 3 PAVK - Lebenserwartung Morbidität und Mortalität von Patienten mit Claudicatio intermittens (Stadium II): 6,8% Mortalität pro Jahr 2,0% Herzinfarkt pro Jahr 1.0% Interventionen pro Jahr 0,4% Amputationsrisiko pro Jahr die PAVK ist häufig (ca. 50%) assoziiert mit einer Koronaren Herzerkrankung (KHK) und einer zerebrovaskulären Erkrankung (Arteriosklerose der extra- und intrakraniellen Gefäße) 40 - 60% der Todesfälle bei PAVK Patienten sind durch kardiale Ereignisse bedingt. Der Herzinfarkt ist die häufigste Todesursache bei PAVK Patienten. In Folge eines Schlaganfalls versterben 10 - 20% der Patienten. Die durchschnittliche Lebenserwartung von Patienten mit einer PAVK ist aufgrund der systemische Arteriosklerose deutlich reduziert. Ouriel K et al; Lancet 2001 4 PAVK - Stadieneinteilung Die klinisch gebräuchlichste Einteilung der PAVK ist die Fontaine Klassifikation: I asymptomatisch (ABI < 0,9 u./o. Plaquebildung in einer Bildgebung) II Claudicatio intermittens (II a Gehstrecke > 200 m; II b Gehstrecke < 200 m ) III Ruheschmerz IV trophische Störungen (Nekrose, Ulzeration, Gangrän) Unter Belastung steigt die Durchblutung in der Muskulatur normalerweise um das 5 bis 10-fache an. Erstes Symptom einer PAVK sind typischerweise belastungsabhängige Schmerzen beim Gehen, die sog. Schaufensterkrankheit (Claudicatio intermittens). Die Durchblutung ist in Ruhe ausreichend, aber nicht bei Belastung. Ursache für die Schmerzen ist eine Ischämie der Muskulatur. Bleibt der Patient stehen, tritt innerhalb von wenigen Minuten eine Besserung ein. Die Symptome sind reproduzierbar. Schmerzen treten distal der Gefäßpathologie auf. Bei einem Verschluss der Arterie am Oberschenkel (A. femoralis superficialis; AFS) bestehen z.B. Schmerzen in der Wade. Im Stadium II der Erkrankung liegt das Amputationsrisiko bei 4 sec.), eine Muskelatrophie, Haarausfall, livides Hautkolorit, evtl. offene Läsionen oder akrale Nekrosen. Als erste nicht invasive Untersuchung wird bei jedem Patienten der ankle - brachial index (ABI; sog. Knöchel-Arm Index) gemessen. Beim Gesunden liegt der ABI bei 0,9 - 1,3, d.h. der Blutdruck am Knöchel (A. tibialis posterior oder A. dorsalis pedis) ist gleich oder geringfügig höher als am Arm (A. brachialis). Bei einer PAVK ist der ABI < 0,9. Die Diagnose ‘PAVK‘ kann bei Vorliegen typischer Symptome (Anamnese), wegweisender klinischer Befunde (abgeschwächte bzw. fehlende Pulse) und einem ABI < 0,9 gestellt werden. Vascular and Endovascular Surgery, Ian Loftus; 6th edition 7 PAVK - Diagnostik ABI = RRsystolisch am Knöchel / RRsystolisch am Arm Distal einer Stenose bzw. Gefäßverschlusses ist der Blutdruck reduziert. Der ABI korreliert mit der Schwere der Erkrankung. Bei einer kritischen Extremitätenischämie ist der ABI oft 1,4). Ursache ist eine Mediasklerose der cruralen Gefäße, die mit einer RR-Manschette nicht mehr komprimiert werden können. 8 PAVK - Diagnostik Der Ultraschall ist die erste apparative Untersuchung, die zur weiteren Abklärung durchgeführt wird. Im US kann die Arterie morphologisch dargestellt werden (auffällige Plaqueformationen bzw. Engstellen), der Blutfluss farblich dargestellt und auch eine Messung des Blutflusses mit dem Doppler erfolgen. Das normale Dopplersignal in einer Beinarterie ist triphasisch (A) mit einer Flussgeschwindigkeit von ca. 1 m/sec (Abnahme physiologisch nach distal). A A B Distal einer hochgradigen Stenose ist der Fluss monophasisch und die Flussgeschwindigkeit reduziert (B). Der US ermöglicht den Nachweis einer PAVK und die (ungefähre) Lokalisation der Pathologie (Becken, OS, US Etage). Yader Sandoval et al. JCIN 2017;10:2233-2241 9 PAVK - Diagnostik Eine Schnittbildgebung (MR - Angiographie oder CT - Angiographie) sollte nur dann durchgeführt werden, wenn eine Revaskularisierung geplant ist. Die genaue morphologische Darstellung ist Grundlage für die Entscheidung, ob eine Revaskularisierung überhaupt (anatomisch) möglich ist und ob eine interventionelle oder chirurgische Rekonstruktion zielführender sind. Die MRA (sh. Bilder) ist die bevorzugte Bildgebung. Kontraindikationen für eine MRA sind nicht MRT-tauglichen metallischen Implantaten, Schrittmachern bzw. ICDs, metallischen Fremdkörpern in der Nähe des Auges und eine Klaustrophobie. Bei der CTA wird iodhaltiges Kontrastmittel verabreicht. Bei Patienten mit vorbestehender Niereninsuffizienz kann es zu einer Verschlechterung der Nierenwerte kommen. Patienten mit einer GFR < 60 ml/min sollten ausreichend hydriert werden (Infusion von 1.000 - 1.500 ml kristalloide Lösung). Metformin sollte für 48 Stunden pausiert werden. Die CTA wird mit ionisierender Strahlung (Röntgenstrahlung) durchgeführt. 10 PAVK - Anatomie der Beinarterien Aorta Unterhalb des Leistenbandes teilt sich die A. femoralis communis (AFC) in die A. profunda femoris (APF; A. Iliaca communis versorgt v.a. den Oberschenkel) und in die A. femoralis superficialis (AFS; Leitgefäß für den Unterschenkel). A. Iliaca externa Die AFS setzt sich am Ende des Adduktorenkanals in die A. poplitea (AP) fort. Diese gliedert sich chirurgisch in 3 AFC Segmente: APF P1: über dem Kniegelenk (Vgl. Fem.pop. I Bypass) P2: Kniegelenksbereich AFS P3: unterhalb des Kniegelenks (Vgl. Fem.pop. III Bypass) Die A. poplitea teilt sich auf in die: A. poplitea A. tibialis anterior (ATA; erstes abgehendes Gefäß) und in den Truncus tibiofibularis ATA Truncus Der Truncus tibiofibulatis teilt sich weiter in die: ATP A. tibialis posterior (ATP; zieht zum Innenknöchel) + in die AF A. fibularis (AF) Zeichnung von Dr. Hannes Müller 11 PAVK - Chirurgischer Zugang zur A. femoralis Die A. iliaca externa setzt sich am Leistenband (Ligamentum inguinale) in die A. femoralis communis (AFC) fort. Medial der Arterie liegt die V. femoralis, lateral der N. femoralis (Merke ‘IVAN‘: innen – Vene – Arterie – Nerv). Die AFC teilt sich auf in die A. femoralis superficialis (AFS) und die A. profunda femoris (APF). Die AFS als Leitgefäß für den Unterschenkel verläuft durch den Adduktorenkanal und setzt sich in die A. poplitea fort. Die APF als Leitgefäß für den Oberschenkel zieht i.d.R. nach dorsolaterlal in die Tiefe. Abbildungen aus: Anatomic exposures in vascular surgery; 3. edition; GG Wind, RJ Valentine 12 PAVK - Chirurgischer Zugang zur A. femoralis Die Freilegung der AFC erfolgt i.d.R. über eine Längsinzision in der Leiste über oder knapp (1 – 2 cm) lateral des Pulses der A. femoralis (ca. 1/3 der Inzision über, 2/3 unter dem Leistenband). Bei nicht tastbarem Puls erfolgt die Inzision ca. oder leicht medial der Mitte des Leistenbandes. Nach Durchtrennen des s.c. Gewebes folgt die Präparation entlang der Faszie des M. sartoris nach medial. Die s.c. bzw. präfazial gelegenen Lymphknoten werden dadurch angehoben und geschont (cave: Lymphfisteln). Nach Darstellen der Gefäßvorderseite, wo es i.d.R. keine Abgänge gibt, erfolgt die Präparation scharf entlang der Gefäßwand nach proximal (bis bzw. ggf. auch etwas unter das Leistenband) und nach distal (Darstellen der Abgänge der APF und AFS). Abbildung li. oben aus: Anatomic exposures in vascular surgery; 3. edition; GG Wind, RJ Valentine 13 PAVK - Therapie Kontrolle der kardiovaskulären Risikofaktoren: Nikotinkarenz, gute Diabetes und RR Einstellung, Gewichtsreduktion, gesunde Ernährung, Bewegung Gehtraining (min. 3x pro Woche > 30 min): Bewegung verbessert die Durchblutung und fördert die Ausbildung von Kollateralkreisläufen. Bewegung hat eine positiven Einfluss auf bestehende Risikofaktoren (bessere BZ , RR, Lipide). Bei Patienten mit Claudicatio kann ein strukturiertes Gehtraining die schmerzfreie Gehstrecke verdoppeln. Thrombozytenaggregationshemmer (Thrombo-ASS 1x100 mg, alternativ Clopidogrel 1x75 mg): reduziert die Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse (Myokardinfarkt, stroke). Statine: alle symptomatische PAVK Patienten sollten mit einem Statin behandelt werden. Ziel-LDL ist