Nachhaltigkeitsbildung - Eine Herausforderung für die Schule (PDF)

Summary

Die PDF-Datei befasst sich mit der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in deutschen Schulen. Sie diskutiert verschiedene Aspekte der Implementierung von BNE, einschließlich der normativen Grundlagen und der Debatten um die Zielsetzungen. Die Datei erörtert auch verschiedene Herausforderungen und Kontroversen im Zusammenhang mit BNE.

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Mandy Singer-Brodowski & Helge Kminek Zu den Zielen von Bildung für nachhaltige Entwicklung und dem Stand der Implementierung im deutschen Schulsystem Zusammenfassung -Text diskutiert Nachhaltigkeit und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) und skizziert ausgewählte kontroverse Diskussionen zu...

Mandy Singer-Brodowski & Helge Kminek Zu den Zielen von Bildung für nachhaltige Entwicklung und dem Stand der Implementierung im deutschen Schulsystem Zusammenfassung -Text diskutiert Nachhaltigkeit und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) und skizziert ausgewählte kontroverse Diskussionen zu Zielstellungen von BNE -Verankerung von BNE im deutschen Schulsystem -zur Strukturierung der Erkenntnisse werden die drei Ebenen Input, Prozess und Output/Outcome aus dem Bildungsmonitoring genutzt -vier Ideen für die Weiterentwicklung von BNE in der Schul- und Unterrichtspraxis 1.1 Zur Entwicklung von Nachhaltigkeit und BNE -Ergebnisse der Nachhaltigkeitsforschung: materiell-wohlhabenden und konsumorientierten Bevölkerungsgruppen in den westlichen Gesellschaften tragen wesentlich dazu bei planetare Grenzen zu überschreiten → sicheres Überleben der Menschheit wird gefährdet -Frage wie gesellschaftliche Strukturen und Institutionen transformiert werden können um gutes Leben für heute und Zukunft an planetaren Grenzen zu konzipieren -Diskurs über Nachhaltigkeit ist präsenter geworden ABER schon mindestens 50 Jahre alt - 1987, Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen : eine erste international anerkannte Definition von nachhaltiger Entwicklung verweist auf Anspruch intergenerationaler Gerechtigkeit → Dauerhafte Entwicklung ist eine Entwicklung, wo Bedürfnisse der Gegenwart und Zukunft befriedigt werden -politische Fragen zur globalen Gerechtigkeit beziehen sich auf intragenerationale Gerechtigkeit -UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992: Konzept der nachhaltigen Entwicklung wurde als internationales Leitbild anerkannt und die „Agenda 21“ wurde ausgerufen → weltbezogene und gerechtigkeitsbezogene soziale Fragen wurden erstmal systematisch aufeinander bezogen → auch erster Aufschub von Nachhaltiger Entwicklung → Fokus auf Aktivitäten zur Aufklärung von Problemstellungen über die Nicht- Nachhaltigkeit und Lösungsmöglichkeiten zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele → diese Debatte seit 1990er Jahren zunehmend auf die nationalen Bildungssysteme bezogen, der außerschulische Bereich mit einer Vorreiterrolle -UN-Konferenz 2002 in Johannesburg → Mangel an Aufklärung und Bildung für die globale Nachhaltigkeitsagenda wurde attestiert und aus diesem Grund die „UN-Dekade BNE“ (2005–2015) ausgerufen -mit UNESCO-Programmen: Weltaktionsprogramm BNE“ (2015–2019) und „ESD for 2030“ (2020–2030)” (die sich an der Agenda 2030 orientiert) : Ziel Stärkung von der globalen Nachhaltigkeitsagenda über Bildungsaktivitäten -BNE werden wichtige aber auch umstrittene Aufgaben zugeschrieben: Auseinandersetzung mit den einzelnen SDGs auf kognitiver, sozio-emotionaler und verhaltensbezogener Ebene befördern, die Umsetzung der SDGs beschleunigen und die Zielkonflikte zwischen einzelnen SDGs bearbeiten -Nachhaltigkeit/ nachhaltige Entwicklung sind voller Kontroversen: unterschiedliche Nachhaltigkeitskonzepte & Strategien mit unterschiedlichen Implikationen auch für Bildungspraxis → z.B die Frage: sind zentrale Ziele der Nachhaltigkeitsagenda mit wirtschaftlichem Wachstum vereinbar -unterschiedliche inhaltliche Akzentuierungen spiegeln sich in verschiedenen Bildungskonzepten, (z.B Globales Lernen oder Klimabildung) wider -Diskussion vor dem Hintergrund der Polarisierung von Nachhaltigkeitsfragen : Verbindung von BNE und politischer Bildung (Macht und Herrschaftsverhältnisse, Geschichte der Kolonialisierung durch Länder des Globalen Nordens) diskutiert 1.2 Zu grundlegenden Zielstellungen der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung -pädagogische Praxis von BNE enthält normative Aussagen und Werturteile (zu welchen Zielen wird gebildet), jede pädagogische Praxis ist normativ -Ausrichtung der BNE-Praxis kontrovers: eine BNE gibt es nicht -instrumentelle BNE1 und emanzipatorische BNE2 exemplarisch für Kontroverse -BNE1: Kinder & Jugendliche werden gezielt zu bestimmten Handlungsmuster erzogen -->Vorteil: im Hinblick auf anvisiertes Ziel empirisch überprüfbar & möglicherweise Erfolgsversprechender -->Nachteil: das seit der Aufklärung normativ-strukturbildende Selbstver- ständnis von mündigen Subjekten wird implizit untergraben -BNE2:Kinder.. Werden zu Subjekten gebildet die mündig Entscheidungen treffen und Handlungsmuster selbst bestimmen -->Vorteil: kritische Denken und das mündige Subjekt im Zentrum -->Nachteil: nicht ausreichend um zu Transformation beizutragen -Beer albers argumentiert beiden BNE- Typen miteinander dialektisch zusammenzuführen -Problemstellung nach der normativen Ausrichtung von BNE: stellt Frage, was Inhalt in der Praxis sein soll → (präskriptive Fragen: wie Praxis ausgerichtet werden soll) -deskriptive Frage: wie ist die normative Ausrichtung der BNE tatsächlich, welche Bildungsresultate? -empirische Studien geben Informationen ob die BNE- Praxis den Erwartungen der normativen BNE- Konzeptionen gerecht wird und gibt Aufschluss welche Ziele die BNE-Praxis für die gesellschaftliche Transformation erreichen kann (das heißt welche Ziele sind unrealistisch) -->empirische Studien als Korrektiv zu normativen Erwartungen der Konzeption, nicht mehr unrealisierbar -Diese Frageperspektive ist zukünftig relevant: ihre Bearbeitung begründet die Grenzen zwischen dem Potenzial und den Möglichkeiten von BNE auf der einen Seite und die Überforderung der Praxis wie auch die Gefahr der Pädagogisierung gesellschaftlicher generationaler Konflikte auf der anderen Seite 2.Zur Implementation von BNE im deutschen Schulsystem -trotz wissenschaftlicher Kontroversen über normative Konzeptualisierung und gesellschaftliche Funktion von BNE stellt sich die Frage wie es im deutschen Schulsystem implementiert wird -Für Deutschland wurde die Programmatik „Vom Projekt zur Struktur” entwickelt, um BNE im ganzen Bildungssystem zu verankern -Vor dem Hintergrund einer Vielzahl von Projekten (vor allem zivilgesellschaftliche Akteure aus den Bereichen Umweltbildung, der entwicklungspolitischen Bildung und des Globalen Lernens (später auch BNE)) versuchten die Akteure mit dieser Programmatik die Implementation im Bildungssystem zu stärken -seit 2015 wird der zunächst zivilgesellschaftlich getragene Prozess von BNE vom BMBF koordiniert -in einem Multi Akteur Prozess mit Organisationen aus Administration, der verschiedenen politischen Ebenen, der Bildungspraxis, der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft und der Wissenschaft wurde der Nationale Aktionsplan (NAP) BNE entwickelt --> adressiert Ziele und Maßnahmen zur Stärkung von BNE in allen Bildungsbereichen -->begleitet wird der Prozess von einem unabhängigen Monitoring an der Arbeitsstelle des wissenschaftlichen Beraters der Nationalen Plattform. -wird bei der evidenzorientierten Bildungssteuerung auf die auch im NAP BNE formulierte stärkere Implementation von BNE angelegt, kann es hilfreich sein grundlegende Unterscheidung aufzugreifen im Kontext des Bildungsmonitorings und der Bildungsberichterstattung --> Input-, Prozess-, und Output/Outcome-Indikatoren -->so eine Unterscheidung findet sich auch in vielen der Referenzdokumenten zur Schulqualität der Bundesländer --> Einteilung als Grundlage der Systematisierung der Forschungsstands zu Implementation von BNE im deutschen Schulwesen 2.1 Input-Ebene: Grundlagen zur Auseinandersetzung mit BNE -BNE wird auf Ebene der Grundlagen und Voraussetzungen für Bildungsprozesse im Trend stärker berücksichtigt -zentrale Dokumente weisen leichte Tendenzen zur Verankerung von Nachhaltigkeit ,BNE etc. auf allerdings mit Varianzen im Hinblick auf verschiedene Bundesländer & Fächer -nachhaltigkeitsaffine Fächer wie Geographie und Sachunterricht greifen BNE systematischer auf als andere Fächer -die Verankerung von BNE in Curricula der Bundesländer zeigt sich querschnitt haft über alle Fächer auch wenn die Qualität der Verankerung variiert -Wesentliche Hinweise für fächerspezifische Konkretisierungen gibt der „Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung im Rahmen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung“ der Kultusminister*innenkonferenz und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung -einzelne Initiativen auf Landesebene (z.B BNE-Erlass Niedersachsen) zeigt den Versuch, BNE über die Ebene der Input-Steuerung mit Aspekten der Schulentwicklung zu verknüpfen -Bereich der Weiterentwicklung stellt die Verankerung von BNE in der Aus- und Weiterbildung des pädagogischen Personals dar -->z.B Lehrkräftebildung an Universitäten: noch keine systematische Aufnahme von BNE aber einige Universitäten ergreifen Vorreiterrolle -->Initiativen wie das Hochschulnetzwerk zu BNE in der Lehrkräftebildung als besonders relevant 2.2 Prozess-Ebene: Pfade zur Implementation von BNE -mit Blick auf die Prozesse zur Stärkung von BNE im deutschen Bildungssystem als Mehrebenensystem sind verschiedene Foki- organisationale und die verschiedene Ebenen der Administration des Mehrebenensystems der Bildung betreffende- zu unterscheiden -organisationale Ebene bietet viel Potenzial für die Verbesserung von Schulqualität, da Einzelschulen und die Beteiligten mehr Einflussmöglichkeiten auf Prozessgestaltung haben -Implementation an Schulen nicht nur eine Frage von fachbezogener Thematisierung im Unterricht, sondern auch ganzheitliche Transformation der Lernumgebungen im Sinne des Whole Instruction Approach --> Debatten: Kooperationen mit außerschulischen Kooperationspartnern und Ganztagsorientierung --->mit dem Ziel: Der WIA (Whole Institution Approach) im BNE (Bildung für nachhaltige Entwicklung)-Diskurs betont die Bedeutung der Integration formaler und informeller Lernprozesse in Bildungsorganisationen, um nachhaltiges Management von Gebäuden und Infrastrukturen zu fördern und die Nachhaltigkeitstransformation zu unterstützen. -Jüngste Arbeiten (z. B. Holst, 2023) zur Operationalisierung von BNE zeigen, dass organisationskulturelle Aspekte und Prinzipien wie Partizipation entscheidend für die erfolgreiche Implementierung von BNE in Organisationen sind. -Sechs Strategien für Schulentwicklung auf Basis von einer Interviewstudie: Grundmann (2017) 1) Leitbilder, Schulprofile, Schulprogramme und Schulcurricula, 2) Teilnahme an Wettbewerben,Programmen und Projekten, 3) Öko- und Nachhaltigkeitsaudits, 4) Personalmanagement, 5) Steuergruppen und„BNE-Teams“ 6) Öffnung der Schule und Kooperationen mit außerschulischePartner*innen -Auf der Prozessebene: Qualifikation des pädagogischen Personals als entscheidender Faktor --> in 2018 haben 80% der Lehrkräfte noch nie BNE thematisert (im Studium) -Wunsch nach Vervielfachung auf Seite der Lehrkräfte und Schüler -auf Prozessebene führt die Ebene der "Steuerung" von BNE auf kommunaler, landesweiter und bundesweiter Ebene eine Rolle -->Statt einfacher Top-down-Steuerung wird wegen der Komplexität von Reformprozessen mehr Wert darauf gelegt, wie verschiedene Akteure ihre Handlungsroutinen einbringen und abstimmen. Deshalb sind Educational Governance-Fragen wichtig für die BNE-Forschung. -konkrete Prozess zur Stärkung von BNE ist als Multi-Akteurs-Prozess konzeptualisiert -Qualitative Studien zeigen, dass der Transfer von BNE in verschiedene Bildungsbereiche unterschiedlichen Transformationspfaden folgt -->Im Schulbereich zeigt sich ein reaktiver Pfad, bei dem Akteure auf bildungspolitische Vorgaben zur Stärkung von BNE warten. 2.3 Output/Outcome-Ebene: Ergebnisse der Implementation von BNE -auf der Output/Outcome-Ebene: Lernergebnisse der Implementation von BNE sowohl bei Lernenden als auch beim pädagogischen Personal im Mittelpunkt. -Diskussionen von Kompetenzen im Kontext von BNE ist zentral -spezifische Kompetenzmodelle mit ihren Teilkompetenzen zu definieren, (z.B wie etwa die Gestaltungskompetenz oder die Bewertungskompetenz) haben maßgeblich zum Bekanntwerden von BNE im Bereich Schule beigetragen -Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung im Rahmen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung nennt drei zentrale Kompetenzen: →Erkennen, Bewerten, und Handeln -Outcome-Ebene als zentraler Bereich, um den Erfolg der BNE-Implementation auch im Längsschnitt nachzuvollziehen. -Ergebnis quantitative Studie: junge Menschen, die in Bildungseinrichtungen BNE erfahren haben,berichten stärker über nachhaltigkeitsbezogenes Handeln, wobei BNE der drittwichtigste Einflussfaktor ist; jedoch fühlen sich weniger als ein Viertel der Befragten durch ihre Bildungseinrichtungen befähigt, effektiv Nachhaltigkeitsprobleme zu lösen → Lehrende als auch Lernende wünschen sich mehr Zeit für BNE im Unterricht Zusammenfassung: -auf allen drei Ebenen der Bildungssteuerung: die curricularen Voraussetzungen als auch die Bereitschaft der Lehrkräfte, BNE zu realisieren ist in den letzten Jahren zunehmend gestiegen - inhaltlichen, methodischen und didaktischen Anforderungen des Bildungskonzeptes sind anspruchsvoll. - eine Verbesserung der Rahmenbedingungen zur notwendigen Professionalisierung der Lehrkräfte eine wesentliche Aufgabe der kommenden Jahre 3.Ausblick -Was bedeutet BNE konkret für die Schule und den Unterricht in den kommenden Jahren? 4 Ideen 1. konsequente Problemorientierung in der Bildungspraxis, die die vielfältigen und komplexen Fragestellungen der Nachhaltigkeit nicht für die Schüler im Sinne einer BNE 1 löst, sondern im Sinne einer BNE 2 entfaltet, aufschlüsselt, versteht und lehrt. 2. nicht nur das isolierte Individuum und dessen Handlungsroutinen und Handlungsmöglichkeiten in den Fokus zu rücken, sondern gerade auch strukturelle Transformationsprozesse →Notwendigkeit über Legitimität und die pädagogischen Möglichkeiten nachzudenken, die die Fähigkeiten zur Kooperation fördern, um kollektive Transformationsprozesse zu unterstützen 3. Schule und Unterricht sowie Tests und Prüfungen wären viel stärker und fundamentaler auf Kooperation auszulegen 4. Schulen und alle in und an ihr Beteiligten sollten mehr Freiheiten im Hinblick darauf erhalten, wie sie ihre Bildungseinrichtung und gemeinsamen Bildungsprozesse organisieren (im Sinne des Whole Institution Approach) um kollektive Transformationsprozesse für alle erlebbar zu machen. 5. → Diese organisationale Transformation als guter Ausgangspunkt um zu verstehen, das für eine nachhaltige Gesellschaft benötigte Transformationen über den unmittelbaren Nahbereich hinausgehen

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