Macht & Diskriminierung PDF
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This document discusses various concepts related to power, authority, and discourse in the context of social studies and political science.
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Vorlesung (18.12.24) - Macht, Autorität, Herrschaft, Disziplinierung 1) Gewalt Gewalt als Option Der Mensch als instinktarmes, nicht festgestelltes und ergänzungsbedürftiges Lebewesen schafft sich "zweite Kultur", um soziales Miteinander zu regeln (vgl. Philosophische Anthro...
Vorlesung (18.12.24) - Macht, Autorität, Herrschaft, Disziplinierung 1) Gewalt Gewalt als Option Der Mensch als instinktarmes, nicht festgestelltes und ergänzungsbedürftiges Lebewesen schafft sich "zweite Kultur", um soziales Miteinander zu regeln (vgl. Philosophische Anthropologie) Institutionelle Ordnung ist Ergebnis von Aushandlung - selbst da wo mächtige Traditionen/Legitimitationen sie schützen und stützen wird sie immer wieder zum Gegenstand von Kritik und Angriff -> Gesellschaft = fragile Wirklichkeit, bei der Konflikte zur Tagesordnung gehören Gewalt ist dabei immer eine Option: sie wird mit Hilfe von Institutionen wirkungsvoll verhindert, kann aber auch gezielt kanalisiert und explizit befördert werden Gewalterfahrung in europäischen Religionskonflikten als Ursprung moderner Macht- und Herrschaftsvorstellungen Dreißigjähriger Krieg (1618-1648) im Anschuss an die Reformation: Suche nach Grundlagen für stabile Ordnung, Entstehung erster Vertragstheorien Thomas Hobbes (1588-1679): Naturzustand des Menschen: Krieg gegen alle; "Leviathan" = allmächtiger Herrscher, der Gewalt regelt, dafür geben Menschen Macht an ihn ab John Locke (1632-1704): Regierung braucht Zustimmung der Regierten, deren Recht auf Leben, Freiheit und Eigentum sie beschützen soll; Unterscheidung von legitimen und illegitimen Regierungen, Recht auf Widerstand 2) Macht Maurer: "Mit Gewalt wird die Androhung oder der tatsächliche Einsatz von Zwang gegen andere bezeichnet. Gewalt beruht im Unterschied zu anderen Formen der Über- und Unterordnung allein auf der glaubhaft zu machenden Verfügung bzw. Anwendung physischer, psychischer oder sozialer Zwangsmittel." -> immer wenn Menschen etwas machen, was sie freiwillig nicht machen würde Popitz: Unterscheidung grundlegender (anthropologischer) Machtformen Aktionsmacht (äußere Macht) Gewaltanwendung: Möglichkeit der Verletzung, der Beraubung existenzieller Grundlagen, des sozialen Ausschlusses Instrumentelle Macht (äußere Macht) Mechanismen der Bestrafung und Belohnung bzw. Der Drohung und des Versprechens (Situationsdefinition liegt beim Übermächtigen, Menschen werden zu Werkzeugen fremden Willens) Autoritative Macht (innere Macht) ? Schenken oder Entziehen von Anerkennung, es gibt Folgebereitschaft gegenüber Autorität und Suche nach Anerkennung durch Autorität Datensetzende Macht (äußere Macht) Wissen, Macht des Herstellens (z.B. Maschinen) und Bearbeitens ("Fakten schaffen") 3) Exkurs: Autorität Arendt: "Der moderne Autoritätsverlust, die Tatsache nämlich, dass wir in der modernen Welt kaum noch Gelegenheit haben zu erfahren, was Autorität eigentlich ist, hat natürlicherweise zu einer gewissen Begriffsverwirrung geführt. Da Autorität immer mit dem Anspruch des Gehorsams auftritt, wird sie gemeinhin für eine Form der Macht, für einen Zwang besonderer Art gehalten. Autorität jedoch schließt gerade den Gebrauch jeglichen Zwangs aus, und wo Gewalt gebraucht wird, um Gehorsam zu erzwingen, hat Autorität immer schon versagt.“ Arendts Machtbegriff Positiver Machtbegriff - am Beispiel der griechischen Polis Entwicklung eines kommunikativen Handlungsmodells, in dem sich formal gleiche freie Bürger über ihre Anglegenheiten verstndigen, dabei werden ein gemeinsamer Wille der Verständigung sichtbar und zum Selbstzweck "Keine politische Führung kann ungestraft Macht durch Gewalt ersetzen; und Macht kann sie einzig aus einer nicht deformierten Öffentlichkeit gewinnen." 2) Macht Institutionalisierung von Macht -> Herrschaft (Popitz) Herrschaft = institutionalisierte Macht; setzt Prozess der Institutionalisierung voraus Institutionalisierungsprozess: Entpersonalisierung von Macht; Formalisierung von Macht; Integrierung des Machtverhältnisses in übergreifende gesell. Ordnung Institutionalisierung von Herrschaft führt zu Stabilisierung und Konsolidierung von Macht Geht häufig zudem mit Machtsteigerung einher -> Erhöhung der Reichweite -> Verstärkung der Wirkungsintensität 4) Herrschaft Max Weber: Herrschaft soll "die Chance heißen, für spezifische (oder: für alle) für spezielle (oder alle) Befehle bei einer angebbare Gruppe von Menschen Gehorsam zu finden" Jede Herrschaft versucht dabei früher oder später, "den Glauben an ihre Legitimität zu erwecken und zu pflegen", also für die in Anspruch genommenen Werte und Ordnungsprinzipien ein Mindestmaß an Anerkennung zu finden Gehorchenwollen/ Interesse (äußeres oder inneres) gehört zu jedem echten Herrschaftsverhältnis Jede Herrschaft braucht einen Verwaltungsstab Herrschaft: Die Legitimitätsgeltung Legitmitätsglaube ist differenziert nach Art beanspruchten Legitimität nach Art der beanspruchten Legitimität, was Einfluss hat auf: Typ des gehorchend, Charakter der Ausübung der Herrschaft, Wirkung -> Herrschaft ist nach jeweiligem Legitimitätsanspruch zu unterscheiden Drei Typen legitimer Herrschaft 1) rationalen Charakters (legale Herrschaft): ruht auf dem Glauben an die Legalität gesetzter Ordnungenund des Anweisungsrechts der durch sie zur Ausführung Berufenen 2) traditionellen Charakters (traditionelle Herrshcaft): ruht auf dem Alltagsglauben an die Heiligkeit von jeher geltender Traditionen und die Legitimität der durch sie zur Autorität Berufenen 3) charismatischen Charakters (charismatische Herrschaft): ruht auf der außergewöhnlichen Hingabe an die Heiligkeit oder Heldenkraft oder Vorbildlichkeit einer Person und der durch sie offenbarten oder geschaffenen Ordnung 3) Charismatische Legitimität -> die charismatische Herrschaft beruht auf der Anerkennung von außergewöhnlichen Qualitäten einer Persönlichkeit durch dessen Gefolgschaft - Anerkennung als Führungsfigur Typische Beispiele: Kriegsherren, Propheten, politische Anfphrer Außergewöhnliche Qualitäten unterliegen der ständigen Bewährung - bleibt Bewährung aus, schwindet charismatische Autorität Herschaftsverband: Gemeinde, Gefolgschaft Es gibt keine feststehende Behörden, sondern spontane Beauftragung enger Gefolgsleute Es gibt kein Rgelement, keine Rechtssätze, auch keine traditionellen Weisheiten und Rechtssprüche Führungsfiguren verkünden neue Ordnung und Gebote: "Es steht geschrieben, ich aber sage euch..." Form hält nicht lange (z.B. bei Ableben der Führungsperson) außer sie wird institutionalisiert 2) Traditionale Legitimität -> die traditionale Herrschaft auf dem Glauben an die Heiligkeit altüberkommender Ordnungen und Herrengewalten Typische Beispiele: Hausvorstand, Fürst Gehorsam beruht auf der den Führenden zugeschriebenen Eigenwürde Herrschaftsverband: Hausstand, Hofstaat Es gibt keine feststehende Behörde, sondern persönlich unterstellte Hausangestellte (Familienangehörige, Sklaven, Günstlinge) - keine sachliche Amtspflicht, sondern persönliche Diensttreue Es gelten Traditionen und die Autorität des sie repräsentierenden (in der Regel patriarchalen) Herrschenden, oft gepaart mit Willkür 1) Rationale Legitimität -> die legale Herrschaft beruht auf der Anerkennung formaler Regeln und Satzungen (auch für die Führungsposition) Typische Beispiele: Parteien, Gewerkschaften, Behörden etc. gehorsam beruht auf Glauben an die Legitimität der Regeln, Genossen gehorchen dem Herrn nur im Rahmen seiner Zuständigkeit, der typische legale Herr/ Vorgesetzte gehorcht seinerseits der unpersönlichen Ordnung Beliebiges Recht kann durch Paktierung oder Oktroyierung gesetzt werden mit Anspruch auf Nachachtung durch die Genossen des Verbandes/ Personen im Machtbereich Jedes Recht besteht aus Regeln, die auf den Einzelfall angewendet werden und den Interessen von Verbänden Grenzen aufzeigen Herrschaftsverband: Organisation Typisch ist nicht Außeralltäglichkeit, sondern ein kontinuierlicher regelgebundener Betrieb von Amtsgeschäften Zudem das Prinzip der Amtshierarchie (eine Ordnung fester Kontroll- und Aufsichtsbehörden mit Beschwerderecht) Mitglieder des Verbandes / der Organisation sind fachlich geschult Volle Trennung des Verwaltungsstabs von den Mitteln Keine Appropriation des Amtes durch den Beamten Prinzip der Aktenmäßigkeit (schriftlich fixiert, Büro/Amtsstube als Kern) -> Die Einzelbeamten des Verwaltungsstabes: 1. gehorchen nur sachlichen Amtspflichten 2. Agieren in Amtshierarchie 3. Haben feste Amtskompetenzen 4. Werden kraft Kontrakts, also frei ausgewählt 5. Nach Fachqualifikation angestellt 6. werden mit festen Gehältern in Geld entgolten, Pensionsrecht 7. Sind hauptberuflich 8. Verfolgen eine Laufbahn 9. Sind getrennt von Verwaltungssitzen und ohne Appropriation der Amtsstelle 10. Unterliegen einer Amtsdisziplin und Kontrolle Staat Moderne Staaten sind Max Weber zufolge eine Form primär rationaler Herrschaft Staat: -> Zweckverband, der auf einer formal korrekten, zweckrational gesetzten Ordnung beruht -> Über einen anerkannten verwaltungs- und Erzwingungsstab zur Drchsetzung seiner Ordnung verfügt -> In hohem Maße berechenbar ist -> Legitimität (und damit Autorität) bei Bürger:innen besitzt => "institutionell-normatives" Herrschaftsmodell Dagegen: "kritisches" Herrschaftsmofell Neomarxistische Ansätze: weitere Diskussionen um Verhältnis von "Basis" (ökonomische Verhältnisse) und "Überbau" (Politik, Recht, Kultur etc.) Bsp. Antonio Gramsci "hegemonietheorie" (beeinflusste wiederum u.a. Michel Foucault) Poststrukturalistische Ansätze Bsp. Pierre Bourdieu Bsp. Michel Foucault Pierre Bourdieu: Staat Hervorgegangen aus Konzentrationsprozess verschiedener Kapitalsorten Besitzer einer Art "Metakapital", das ihm Macht über die gesellschaftlichen Teilbereiche und deren Verhältnis zueinander verleiht (über rechtliche Regelungen, finanzielle Zuschüsse) Produziert nicht zuletzt mit Hilde des Bildungssystems Denkkategorien, die wir auch auf den Staat selbst anwenden -> schafft sich darüber seine Legitimität/Autorität "Bank" für symbolisches Kapital durch die Verleihung von Titeln und Ämtern "Als Orgnisationsstruktur und Regulierungsinstanz der Praktiken übt der Staat, vermittel über die körperlichen und mentalen Twänge und Disziplinierungen, die er allen Akteuren gleichermaßen auferlegt, permanent eine Wirkung aus, die zur Bildung dauerhafter Dispositionen führt" 5) Disziplinierung Michel Foucault: Staat Ist eine Kombination von individualisierenden und totalisierenden Herrschaftsmechanismen "Ich glaube, dass es niemals in der Geschichte der menschlichen Gesellschaften eine so verwickelte Kombination von Individualisierungstechniken und Totalisierungsverfahren innerhalb ein und derselben politischen Struktur gegeben hat wie in der westlichen Moderne Wechselverhältnis von Disziplinierung und Selbstdisziplin Foucault untersucht die Veränderungen von Strafroutinen (von der Marter zum Gefängnis) Zweck der modernen Strafe ist nicht mehr die Rache und Machtwiederherstellung des Herrschenden im Absolitismus, sondern die Besserung der Gesellschaft Das Gefängnis bietet die Möglichkeiten, den Gefangenen zu disziplinieren und so "vor sich selbst zu schützen" Mit Bezug auf Humanität und Aufklärung wurden qualvolle öffentliche Bestrafungen abgeschafft und ersetzt durch vielfältige kleine Züchtigungen Damit beobachtet Foucault eine Ausweitung des Überwachens und Strafens an sich in der Gesellschaft "kleine Hinterlistigkeiten von großer Verbreitungsmacht; subtile Maßnahmen von scheinbar Unschuld, aber tiefem Misstrauen, Einrichtungen, die uneingestehlichen Ökonomien gehorchen oder Zwänge ohne Grße ausüben - sie sind es, welche die Mutation des Strafwesens an der Schwelle zur Moderne durchgesetzt haben. Will man sie beschreiben, so muss man bereit sein, im Detaila für der Stelle zu treten und auf Kleinigkeiten zu achten. (…) Es handelt sich nicht um die List der großen Vernunft, die noch in ihrem Schlaf am Werk ist (…) sondern um die Listen der aufmerksamen „Böswilligkeit“, die alle Wässerchen auf ihre Mühlen leitet.“ Beispiele für Disziplinartechniken räumliche Konzentration zu kontrollierenden Gruppen (z.B. während einer Klausur) Räumliche Anordnungen als Interaktionsordnungen (hierarchisch, mit Zugangsbarrieren) Sichtbarkeiten (z.B. in Großraumbüros) Training und Drill (z.B. bei der Armee oder Polizei) Zeitreise (z.B. Stundenpläne in der Schule, Arbeitstakt in Fabrik) Herrschaft (verschiedene Theorien) Normativ-institutionelles Modell (z.B. Max Weber) -> Herrschaft als soziale Regelungs- und Beziehungsform kritisches Modelle (z.B. Antonio Gramsci, Pierre Bourdieu, Frankfurter Schule) -> Herrschaft als ein Ungleichheit stabilisierender Konfliktregelungsmechanismus Rationales Modell -> (z.B. James Coleman, Thomas Hobbes) Herrschaft als (individuell) vorteilhafter Ordnungs- und Koordinationsmechanismus Vorlesung (08.01.25) - soziale Grenzen, Ein-& Ausschluss, Diskriminierung I) Soziale und symbolische Grenzen Rückblick sozial Ungleichheit Konzept des sozialen Raumes, in dem Klassen je nach umfang des Kapitalbesitzes und je nach konkreter Zusammensetzung der Kapitalsorten verortet werden können Annahme, dass sich die sozialen Klassen in einem ständigen "Spiel" von Abgrenzunh und Integration befinden, das vor allem auch über die kulturell-expressive Dimension ausgetragen wird Bourdieu definiert Habitusformationen als „Systeme dauerhafter Dispositionen, die als Erzeugungsprinzipien und zugleich Klassifikationssysteme individueller und kollektiver Praktiken wirksam sind. [… im Normalfall funktioniert der Habitus als] unbewusst wirkendes Klassifikationsschema, mit dessen Hilfe die Handelnden Gegenstände, Situationen und Personen klassifizieren und sich […] zugleich selbst klassifizieren“ Der Habitus sorgt dafür, dass ich mag, was ich bin und objektiv erreichen kann und dass ich ablehne, was mir fremd ist – auch für meine Kinder (amor fati = Liebe zum Schicksal) Veranlasst die Neigung und Fähigkeit zur Aneignung einer bestimmten Klasse klassifizierter und klassifizierender Gegenstände und Praktiken Ausbildung eines spezifischen Lebensstils er sorgt also insgesamt dafür, dass ich ‚erkannt‘ werde und andere ‚erkenne‘ (d.h. sozial zuordnen/einordnen) kann und dass ich Nähe zu meinesgleichen bzw. Abstand zu Anderen empfinde -> Sowohl Gruppen als auch Lebensstile gehen mit Grenzziehung einher -> soziale Grenzen werden dabei in symbolische Grenzen übersetzt, diese wiederum stabilisieren und legitimieren soziale Grenzen Symbolische Grenzen = die sozialen Klassifizierungen von Personen, Praktiken und Gegenständen, die in alltäglichen Praktiken zum Ausdruck kommen; objektivierte soziale Differenzen, zb ungleiche Verteilung von Ressourcen Studie: Michele Lamont Analyse von Grenzziehungen in oberer Mittelklasse in USA und Frankreich Personen wurden mittels Leitfadeninterviews u.a. -> nach Qualitäten, die sie am Arbeitsplatz schätzen und -> wie sie Freunde auswählen, befragt Ziel war, kulturelle Kategorien zu identifizieren, mit denen die Befragten andere Personen wahrnehmen -> Überlegenheitsgefühle -> Unterlegenheitsgefühle -> Gleichgültigkeitsgefühle 3 Arten symbolischer Grenzen Rückblick: Sozialstrukturanalyse Soziale Positionen und damit verknüpfte Lebensstile sowie auch Gruppenzugehörigkeiten sind greprägt durch weitere Differenzierungslinien bzw. Merkmale (Geschlecht, Migrationshintergrund, Religion, regionale Herkunft, Familienstand) Diese Faktoren sind nicht immer eindeutig verknüpft mit einer bestimmten sozialen Lage; oft liegen sie quer dazu -> Frauen gibt es in allen gesellschaftlichen Positionen -> nicht alle Muslime betreiben ein kleines Gewerbe oder arbeiten in der Automobilindustrie Allerdings gibt es auch sich wechselseitig verstärkende Effekte -> vgl. Kunstfigur aus der Sozialstrukturanalyse zur Erklärung von Bildungsbenachteiligung -> 1960er Jahre "die katholische Arbeitertochter vom Lande" -> Heute: "der türkische Jugendliche aus dem Problemviertel" Diese Effekte haben Einfluss auf soziale und symbolische Grenzziehungen Intersektionalität Intersektionalitätsansätze stellen in Rechnung, dass auch (scheinbar) askriptive Merkmale wie Geschlecht und Ethnizität weiterhin eine Rolle spielen Intersection = Schnittpunkt, Kreuzung -> verschiedene Dimensionen (Geschlecht, Ethnizität, Alter, Nationalität, ökonomischer Status) wirken zusammen und verstärken sich wechselseitig Ansatz stammt ursprünglich aus schwarzen Feminismus Starke Nähe zur Diskriminierungs- und Rassismusforschung und zur aktivistischen Szene In Ungleichheitstheorien gibt es eine idealtypische Unterscheidung zwischen: askriptiven (zugeschriebene) Eigenschaften, die durch eigenes Zutun nicht veränderbar sind zb ethnische Zugehörigkeit, Geschlecht Erworbene (achieved) Eigenschaften zb Bildung Annahme, dass Bedeutung von zugeschriebenen Merkmalen tendenziell abnimmt, hat sich nicht bestätigt Annahme, dass zugeschriebene Merkmale nicht durch eigenes Zutun verändert werden können, stimmt so nicht -> Gesclechtszugehörigkeit lässt sich ändern, auch ethnische Zugehörigkeit ist nicht immer einfach III) Diskriminierung und Rassismus Setzen häufig an askriptiven Merkmalen an, denen ein bestimmter etatisier Wert zugeschrieben wird (symbolische Grenzziehung) Diese Abwertung führt dazu, dass die entsprechenden Personengruppen benachteiligt oder ausgeschlossen werden (soziale Grenzziehung) -> Diskriminierung Um -> Rassismuss handelt es sich, wenn diese Abwertung zugleich naturalisiert werden, rassistische Vorurteile beziehen sich dabei v.a. Auf ethnokulturelle und ethnosomatische Merkmale wie Sprache, Herkunft und Hautfarbe „Wollten wir eine knappe Formulierung wagen, so könnten wir sagen, dass Rassismus vorliegt, wenn eine ethnische Gruppe oder ein historisches Kollektiv auf der Grundlage von Differenzen, die sie für erblich und unveränderlich hält, eine andere Gruppe beherrscht, ausschließt oder zu eliminieren versucht“ Fragen nach symbolischen und sozialen Grenzziehungen entlang ethnokultureller Merkmale hat im Zeitalter von Globalisierung und Migration zugenommen Konzept "Ethnizität"/ ethnische Gruppen relevante Forschungsgröße Politische Konsequenzen werden unter den Stichworten "Multikulturalismus", "Kreolisierung", "Kosmopolitismus" oder "Transkulturalität" diskutiert, betont kritische Töne finden sich in den Debatten um "Rassismus" und "Kolonialismus" Vgl. schon Kulturbegriff von Herder -> betont Andersartigkeit von Kulturen. Verstanden als ethnische Einheiten mit einer kulturellen Identität -> verweist auf Gefahren von Migration (Entwurzelung) -> fordert Anerkennung von Diversität (Konzept des Multikulturalismus knüpft hieran an) Lehnt Vermischung von Kultur ab (rassistisches Konzept des Ethnopluralismus knüpft hieran an) Andreas Wimmer setzt isch kritisch mit dem Erbe Herders in Forschungen zu Ethnizität und den damit verknüpften Annahmen über symbolische und soziale Grenzen auseinander Grundlage: Max Webers Definition von Ethnizität „Wir wollen solche Menschengruppen, welche auf Grund von Ähnlichkeiten des äußeren Habitus oder der Sitten oder beider oder von Erinnerungen an Kolonisation und Wanderung einen subjektiven Glauben an eine Abstammungsgemeinsamkeit hegen, derart, daß dieser für die Propagierung von Vergemeinschaftungen wichtig wird, (…), ’ethnische’ Gruppen nennen, ganz einerlei, ob eine Blutsgemeinsamkeit objektiv vorliegt oder nicht.“ -> betont den subjektiven Glauben, faktische Zugehörigkeit ist nicht wichtig/ hat keine realie Konsequenzen, sondern das subjektive Zugehörigkeitsgefühl Unterscheidung von zwei Ansätzen in Ethnizitätsforschung Essentialistische Ansatz (in Fortführung von Herder): ethnische Gruppen (Kulturen) sind gegebene (taken for Garanten) unveränderliche EInheiten, Zugehörigkeit ist Teil der eigenen Identität und unhintergehbar (askriptiven) Konstruktivistisch Ansatz: ethnische Gruppen (Kulturen) werden in sozialen Prozessen hergestellt und sind veränderlich, Zugehörigkeit wird situativ und je nach Interesse relevant gemacht Wimmer will über diese Dichotomie hinaus und fragt, warum ethnische Grenzziehungen so unterschiedlich aussehen können (d.h mal unhintergehbar scheinen und mal "nur" strategisch gewählt) Definition von Grenzen & Grenzziehung: „A boundary displays on both a categorial and a social or behavioral dimension. The former refers to acts of classification and collecitv representation; the latter to everyday networks of relationships that result from individual acts of connecting and distancing“ Symbolische Ebene: klassifiziert zwischen "wir" und "sie" Soziale Verhaltensebene: liefert Handlungsmuster Ethnische Grenzziehungen erfolgen entlang von vier Dimensionen 1. Politische Relevanz: ein ndividuum kann verschiedene ethnische Grenzziehungen vornehmen oder erfahren, doch nur manche solcher Grenzziehungen werden politisch relevant 2. Soziale Schließung und Gruppenbildung: Ethnizität kann von der Gruppe selbst gewählt werden oder von außen auferlegt sein; soziale Schließung kann unterschiedlich stark sein; manche Gruppen sind lose verbunden, andere kennen einen starken Zusammenhalt 3. Kulturelle Unterscheidung: manchmal, aber nicht immer (!) sind ethnische und kulturelle Grenzen deckungsgleich 4. Stabilität über die Zeit: Manche Grenzen werden über Generationen hinweg tradiert (sie sind stabiler), andere definieren sich eher über ein bestimmtes Verhalten Unterscheidung von fünf Strategien der Grenzziehung ? 1. Shifting boundaries through Expansion (Kolonialismus, "Nation-Building") 2. Shifting boundaries through contraction (Korean/Chinese-Americans statt Asians) 3. Inversion (the excluded become a Chosen people, e.g. Nation of Islam) 4. Repositioning (individuelle und kollektive Assimilation) 5. Blurring Boundaries (Cosmopolitans) Unterscheidung von Typen und Grenzen: IV) Studie - Formen des Kosmopolitismus 150 Interviews (à 2 Std.) mit männlichen Arbeitern mit Abitur aber ohne Studium, die in den letzten 5 Jahren durchgehend und Vollzeit gearbeitet haben, aufgeteilt wie folgt: -> USA: 30 afro-amerikanische Arbeiter (Blue-collar) -> FRA: 30 nordafrikanische zugewanderte Arbeiter (Blue-collar) -> je 30 weiße französische/amerikanische Arbeiter (Blue-collar) Je 15 weiße französische/amerikanische Angestellte (niedrige weite-collar) => Forschungsfrage: Wie Framen die verschiedenen Gruppen Anti-Rassismus? Situation in Amerika White American Anti-Racism: 1. Die Mechanismen des Marktes machen alle gleich, es herrscht Meritokratie 2. Kein Multikulturalismus, kein kultureller Relativismus African-American Responses to Racism 1. Arbeit und Konsum dienen als Strategie gegen Rassismus 2. Betonung der Gleichheit aller Menschen (Gott hat alle Menschen gleich geschafft, Wiege der Herkunft in Afrika, Intelligenz unt. Verteilt, Rassismus gibt es in allen Gruppen, Wir sind alle Amerikaner, uns allen gehört dieses Land) -> gleichmachende Eigenschaften werden hervorgekehrt; Grenzen werden nicht adressiert Situation in Frankreich Anti-Rassismus der französischen, weißen Arbeiter: 1. Gleichheit und Solidarität (basierend auf Republikanismus, Sozialismus und Katholizismus) -> Gleichheit trotz materieller Unterschiede -> Gleichheit trotz verschiedener Positionen im Arbeitsmarkt 2. Arbeitsethik un dstrukturelle Erklärungen -> Nordafrikaner arbeiten hart -> Herkunft aus einem weniger entwickelten Land mit weniger schulischen Bildungsmöglichkeiten Anti-Rassismus der französischen, nordafrikanischen Afrikaner 1. Der gerade Weg (Askese, Arbeit) lässt einen ein guter Mensch sein, der keinen Rassismus erfährt 2. Menschliche Gemeinsamkeiten -> religiöse Bezüge: am Ende werden alle vor Gott stehen 3. Besondere Verbindungen und Mythos Republikanismus -> Verweis auf koloniale Verbindungen/kulturelle Gemeinsamkeiten -> Verweis, dass die einzige im Koran anerkannte Unterscheidung über Weisheit und WIssen erfolgen soll Diskussion Ergebnisse: in den USA sind marktbasierte Argumente stark, die in Frankreich fehlen Solidarität und Gleichheit werden in Frankreich, aber nicht in den USA betont In beiden Ländern verwenden die Minderheiten mehr Argumente, um Rassismus zurückzuweisen Keine der vier Gruppen stützt sich auf Multikulturalismus/Kulturrelativismus Afro-Amerikaner und Franzosen mit maghrebinischem Migrationshintergrund verweisen auf gemeinsame Physiologie und universelle Unterschiede in der Intelligenz, um Gleichheit zu betonen -> Es lässt sich durchaus echter Kosmopolitismus unter den französischen und US-amerikanischen Arbeitern beobachten