Werkstoffe I - Lernskript 3 - Maschinentechnik PDF
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DAA-Technikum Essen
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Summary
Dieses Lernskript 3 (M2_MT_LSK3) befasst sich mit Werkstoffen I im Kontext der Maschinentechnik. Es bietet einen Überblick über die Einteilung von Werkstoffen, ihre Eigenschaften (Mechanik, Physik, Chemie, Technologie und Ökologie) und die Auswahl von Werkstoffen für verschiedene technische Anwendungen. Der Fokus liegt auf Metallischen Werkstoffen und deren Legierungen, wobei auch andere Werkstoffe (Kunststoffe, Keramiken) angesprochen werden. Das Dokument gehört zu Modul 2 und ist Teil des DAA-Technikums Essen.
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Fachrichtung: Maschinentechnik Schwerpunkte: alle Schwerpunkte MODUL 2: Technische Lösungen erweitern Lernskript 3: Werkstoffe I Werkstoffe I Inhaltsverzeichnis Einleitung..................................................................................................................
Fachrichtung: Maschinentechnik Schwerpunkte: alle Schwerpunkte MODUL 2: Technische Lösungen erweitern Lernskript 3: Werkstoffe I Werkstoffe I Inhaltsverzeichnis Einleitung......................................................................................................................5 1 Einführung in die Werkstofftechnik....................................................................6 1.1 Einteilung der Werkstoffe................................................................................6 1.2 Mechanische Kenngrößen von Werkstoffen...................................................9 1.3 Einfluss von Lastfällen auf die Werkstoffauswahl.........................................18 1.4 Anforderungen und Kriterien zur Auswahl von Werkstoffen.........................19 Aufgaben zu Kapitel 1...........................................................................................22 2 Metallische Werkstoffe.......................................................................................23 2.1 Aufbau und Einteilung metallischer Werkstoffe............................................23 2.2 Anforderungen und Kriterien zur Auswahl metallischer Werkstoffe..............34 2.3 Eisenmetalle..................................................................................................39 2.3.1 Normierung und Bezeichnung von Stählen........................................39 2.3.2 Werkstoffkenngrößen von Stahlgruppen............................................44 2.3.3 Werkstoffkenngrößen von Gusseisen.................................................60 2.4 Nichteisenmetalle..........................................................................................74 2.4.1 Werkstoffkenngrößen von NE-Leichtmetallen....................................75 2.4.2 Werkstoffkenngrößen von NE-Schwermetallen..................................82 Aufgaben zu Kapitel 2...........................................................................................85 Lösungsanhang..........................................................................................................87 Lösungen zu Kapitel 1..........................................................................................87 Lösungen zu Kapitel 2..........................................................................................88 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 3 Werkstoffe I Kurze Lernsteuerung Die Inhalte dieses Lernskripts werden für die Bearbeitung der Lernsituationen 2 und 3 des Moduls 2 benötigt. Eine Zuordnung der Themen dieses Lernskriptes zu den jeweiligen Lernsituationen kann mithilfe der zugehörigen Lernsituationsskripte erarbeitet werden. Der Lernaufwand des gesamten Lernskripts entspricht in etwa 22 Unterrichtsein- heiten à 45 Minuten. 4 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 Werkstoffe I Einleitung Die Lerninhalte der Werkstoffkunde lehnen sich an mehrere Wissensgebiete, wie z.B. der Chemie und der Physik an. Außerdem stellt die Werkstoffkunde oder moderner die Werkstofftechnik, das Grundwissen für die Konstruktion und der gesamten Fertigungs- technik zur Verfügung. Die Weiterentwicklung um technische Probleme aber auch Probleme im Energie- und Umweltbereich zu lösen, hängt sehr stark von der Entwicklung neuer Werkstoffe und der Verbesserung der vorhandenen Materialien ab. Werkstoffe sollen nicht nur über die jeweilig geforderten Kennwerte verfügen, sondern müssen in zunehmendem Maße wirtschaftlichen und ökologischen Gesichtspunkten genügen. Die Fragen, die dabei beantwortet werden müssen, sind z.B.: ▪ steht der Werkstoff in ausreichender Menge und Qualität zur Verfügung? ▪ kann er kostengünstig abgebaut, beziehungsweise erzeugt werden? ▪ wieviel Energie ist zur Erzeugung und Verarbeitung notwendig? ▪ ist der Werkstoff umweltverträglich, erfüllt er die gesetzlichen Bestimmungen? ▪ kann der Werkstoff recycelt werden? Technikerinnen und Techniker müssen sich mit diesem grundlegenden Wissen über die Anforderungen, Eigenschaften und den Aufbau von Werkstoffen auseinandersetzen, um in der Lage zu sein, eine sichere Auswahl von geeigneten Materialien z.B. für die Konstruktion treffen zu können. Außerdem benötigen sie dieses Wissensgebiet, um geeignete Fertigungsverfahren auszuwählen und Probleme, die während der Fertigung auftreten, einschätzen bzw. beheben zu können. © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 5 Werkstoffe I 1 Einführung in die Werkstofftechnik Werkstoffe sind Stoffe, die auf Grund ihrer Eigenschaften zur Fertigung von Fertiger- zeugnissen, Bauteilen und Werkzeugen geeignet sind. Hierzu werden Rohstoffe durch verschiedene Aufbereitungsverfahren verarbeitet und eignen sich erst dann zum Werk- stoff und zur Weiterverarbeitung. Um die Qualität eines Werkstoffes sicherzustellen, werden die Stoffe durch geeignete Werkstoffprüfverfahren kontrolliert und anschließend z.B. in Güteklassen unterteilt 1.1 Einteilung der Werkstoffe Abbildung 1: Einteilung der Werkstoffe Wie in Abbildung 1 dargestellt, werden Werkstoffe z.B. in Metalle, Nichtmetalle und Ver- bundwerkstoffe eingeteilt oder nach unterschiedlichen Gesichtspunkten, z.B. nach der Verarbeitbarkeit in Gusseisenwerkstoffe oder Stahl bzw. nach dem spezifischen Ge- wicht in Schwer- und Leichtmetalle. Außerdem besteht eine Einteilung der Nichtmetalle in Naturwerkstoffe wie Gestein und Holz, beziehungsweise die künstlich erzeugten Werkstoffe in Kunststoffe, Glas und Ke- ramik. Um am Anfang des Lernskriptes einen besseren Überblick zu erhalten, wird die Eintei- lung der Werkstoffe nach ihrer chemischen Bindungsart (Abbildung 2) dargestellt. Dabei wird dem Gesichtspunkt Rechnung getragen, dass Werkstoffe mit gleichen Bindungs- arten auch ähnliche Eigenschaften aufweisen. So können z.B. Metalle, ohne dass sie Schaden nehmen, in den flüssigen Zustand überführt werden (z.B. beim Gießen oder Schweißen). Allerdings können zwischen den Schmelztemperaturen der einzelnen Metalle große Temperaturspannen liegen. So wird Quecksilber schon bei -38,83 °C flüssig, wo hinge- gen Wolfram erst bei 3422 °C in den flüssigen Zustand übergeht. Werkstoffe Nichtmetallisch Nichtmetallisch Metalle anorganisch organisch Metallbindung z.B. Ionenbindung Elektronenpaarbindung Metallatome untereinan- Metallatome mit Nichtmetallatome der Nichtmetallatomen (C-Atome) Metalle und ihre Glas, Keramik z. B. Kunststoffe Legierungen Abbildung 2: Einteilung der Werkstoffe nach ihrer Bindungsart 6 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 Werkstoffe I Laut Abbildung 2 werden drei Werkstoffgruppierungen unterschieden. Die Gruppe der Metalle und ihre Legierungen stellt dabei eine der wichtigsten Werkstoffgruppen dar. Es wird davon ausgegangen, dass mehrere Tausend (siehe auch Tabellenbuch Ma- schinentechnik) verschiedene Metalllegierungen mit unterschiedlichen Eigenschaften weltweit als Konstruktionswerkstoffe im Einsatz sind. Daneben spielen jedoch Kunst- stoffe, Keramiken und Verbundwerkstoffe eine immer wichtigere Rolle. In der Folge werden in diesem Lernskript die Gruppe der Metalle und ihre Legierungen ausführlicher dargestellt. Die anderen Werkstoffgruppen wie Kunststoffe und Verbund- werkstoffe werden in einem weiteren Lernskript besprochen. Da sich die einzelnen Werkstoffe durch ihre Verarbeitbarkeit, z.B. durch Gießen oder Schmieden, aber auch in ihrem Einsatzgebiet als Werkzeug oder aufgrund des gerin- gen spezifischen Gewichtes im Flugzeugbau (z.B. Verbundwerkstoffe) sehr stark unter- scheiden, bietet sich eine weitere Unterteilung an. Siehe auch Tabellenbuch Maschinentechnik Seite 81-150‚ Kapitel 3 – Werkstoff- technik Funktionswerkstoffe Auf Grund ihrer oft speziellen chemischen und physikalischen Eigenschaften überneh- men Werkstoffe bestimmte Aufgaben (Funktionen), so wird z.B. im Katalysator einer Autoabgasanlage Platin (Pt) eingesetzt. Platin beschleunigt die chemische Aufspaltung der Abgase. Ein weiteres Beispiel ist Zink (Zn). Zink wird als aktiver Oberflächenschutz auf Stahl- bauteile aufgebracht. Zink ist unedler als Stahl und opfert sich im Falle einer elektro- chemischen Korrosion für den Stahl. Zink wird dabei zersetzt. Die verzinkte Oberfläche schützt somit das Bauteil aus Stahl vor Korrosion, damit das Bauteil z.B. seine Festig- keit behält. Strukturwerkstoffe Strukturwerkstoffe haben die Aufgabe, Bauteilen die jeweilige Form bzw. Festigkeit zu geben. So werden z.B. Aluminium und seine Legierungen im Flugzeugbau eingesetzt, da aus Aluminiumwerkstoffen durch Gießen oder Umformung die jeweilige Form der Bauteile gefertigt werden kann. Auf Grund des günstigen Gewichts-Festigkeits-Verhält- nisses können die Bauteile in Leichtbauweise hergestellt werden. Kunststoffe besitzen häufig sehr gute Gleiteigenschaften (tribologische Eigenschaften). So kann zum Beispiel durch den Einsatz von PA6.6 (Polyamid 6.6) der Reibwert zwi- schen zwei Führungen stark reduziert und so Verschleiß und Reibkräfte an den Füh- rungen verkleinert werden. © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 7 Werkstoffe I Durch diese Unterteilung wird die Auswahl der Werkstoffe für den Anwender weiter er- leichtert. In der Folge werden wichtige Werkstoffeigenschaften dargestellt. Physikalische Eigenschaften ▪ Mechanische Eigenschaften ▪ Thermische Eigenschaften ▪ Tribologische Eigenschaften (Tribologie = Reibungslehre) ▪ Optische Eigenschaften ▪ Magnetische Eigenschaften ▪ Akustische Eigenschaften ▪ Elektrische Eigenschaften Chemische Eigenschaften ▪ Brennbarkeit ▪ Korrosionsbeständigkeit ▪ Säurebeständigkeit ▪ Laugenbeständigkeit Technologische Eigenschaften ▪ Gießbarkeit ▪ Verformbarkeit ▪ Schweißbarkeit ▪ Zerspanbarkeit ▪ Umformbarkeit Ökologische Eigenschaften ▪ Recyclingfähigkeit ▪ Giftigkeit ▪ Rohstoffverbrauch im Herstellungsprozess ▪ Emissionen im Herstellungsprozess ▪ Energieverbrauch im Herstellungsprozess 8 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 Werkstoffe I 1.2 Mechanische Kenngrößen von Werkstoffen Wird ein Gummiband mit einer Zugkraft belastet, dann kann eine elastische Verlänge- rung festgestellt werden. Bei den meisten Werkstoffen ist die elastische Verformung jedoch nicht so deutlich zu erkennen. Für die Berechnungen der Festigkeit ist das Ver- halten der Werkstoffe bei einer Belastung von Null bis zum Bruch von wesentlicher Be- deutung. Deshalb werden alle technischen Stoffe durch einen Zugversuch u.a. auf die- ses Verhalten hin geprüft. Um eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu erhalten, werden genormte Probestäbe, sogenannte Proportionalitätsstäbe (DIN 50125 2016-12) ver- wendet. Siehe Tabellenbuch Maschinentechnik Seite 142 ‚Zugversuch‘ Diese Probestäbe müssen sorgfältig hergestellt werden und sollen einen gleichmäßigen Kreisquerschnitt mit guten Abrundungen an den Querschnittsübergängen haben. Die Oberfläche soll poliert sein und es dürfen keine Nuten, Bohrungen oder sonstige Kerben vorhanden sein. Die Belastung der Zerreißproben findet in einer Zerreißmaschine statt. Der Zusammenhang zwischen belastender Kraft und zugehöriger Verlängerung wird dabei durch einen x-y-Schreiber während des Zugversuches aufgezeichnet. Arbeitskolben Hydrauliköl Druckprobe (Betonwürfel) Biegeprobe (Stahlbeton, Holz) unbelastet Dehnung Dehnung elastisch plastisch Bruch Zugprobe Zugproben Abbildung 3: Der Zugversuch nach DIN EN ISO 6892-1 (2017-02-00) © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 9 Werkstoffe I Die jeweiligen Kräfte F1, F2 bzw. F3 ergeben die Längenänderungen l1, l2 bzw. l3. Für den geprüften Werkstoff (einen Baustahl) wurde dabei eine Zerreißkurve aufge- zeichnet, die in Abbildung 4 dargestellt ist. F1 F2 F in N F3 F2 lo F1 l1 l2 l1 l in mm l2 F1 l3 F2 Abbildung 4: unterschiedlich belastete Proben mit dem aufgezeichneten Kraftverlängerungsdiagramm Aus der dargestellten Zerreißkurve in Abbildung 4 kann entnommen werden, dass durch die Kraft F1 die Probe eine Längenänderung l1 erfährt. Da der Schnittpunkt F1 und l1 an einer Geraden liegt, kann angenommen werden, dass sich im Bereich der Geraden die Längenänderung zur Steigerung der Kraft proportional verhält. Verdopplung der Kraft erzeugt auch eine doppelte Längenänderung. Bei der Geraden handelt es sich um die Hookesche Gerade. Im Verlauf der Geraden verformen sich die Metalle rein elastisch. Stellen wir uns nun die Frage, ob die Angaben Kraft F (in N) auf der y-Achse und die Verlängerung (in mm) auf der x-Achse sinnvoll ist. Würden zwei Zerreißstäbe mit unter- schiedlichen Querschnitten aber aus dem gleichen Werkstoff, z.B. S235, geprüft, bekä- men wir zwei unterschiedlich hohe Zerreißkurven. Eine Probe mit einem größeren Querschnitt benötigt auch eine größere Kraft, um zer- rissen zu werden. Um die jeweiligen Werkstoffe anhand ihrer Zerreißkurven vergleichen zu können, wer- den Proportionalitätsstäbe mit immer gleichen Abmessungen verwendet. Dabei ist das Verhältnis Durchmesser zu Länge des Stabes in einer Norm (z.B. DIN 50125-C, d0 = 8mm, L0 = 40mm) festgelegt. Abbildung 5: Proportionalitätsstab (DIN 50125-C16x80, Form C) 10 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 Werkstoffe I Tabelle 1: Abmessungen eines Proportionalitätsstabes (DIN 50125-C16x80, Form C) d0 Probendurchmesser h Kopfhöhe d1 Probenkopfdurchmesser L0 Anfangsmesslänge d2 Durchmesser des Ansatzes Lc Versuchslänge L1 Gesamtlänge d0 L0 d1 min d2 g h Lc min L1 min 8 mm 40 mm 14 mm 10 mm 8 mm 13 mm 48 mm Da in der Formel die Zugspannung R und die Längenänderung e immer aus den glei- chen Größen S0 und L0 berechnet werden, ergeben sich bei gleichen Werkstoffen auch immer gleich hohe Kurven und durch die Angabe Dehnung e in Prozent, gleich Deh- nungswert. F R= S0 L − L0 e= L0 Werden nun die Achsen der Zerreißkurve mit der Zugspannung R und der Dehnung e beschriftet, so ergibt sich das Spannungs-Dehnungs-Diagramm in Abbildung 6. R in N/mm2 Rm ReH RE ReL Spannung beim Zerreißen Proportionalitätsgrenze RP untere Streckgrenze obere Streckgrenze Elastizitätsgrenze Bruchgrenze a e in % Abbildung 6: Spannung-Dehnungsdiagramm mit den wichtigsten Werkstoffkenngrößen Anhand von Abbildung 6 kann die Zerreißkurve in verschiedene Bereiche unterteilt und Werkstoffkenngrößen ermittelt werden. Hookesche Gerade Für den Bereich der Kurve von Null bis zum Punkt RP liegt eine Gerade vor. Hier verläuft die Spannung zur Dehnung proportional. Bei diesem Teilstück handelt es sich um die Hooksche Gerade, in diesem Bereich gilt das Hookesche Gesetz. Der Engländer Ro- bert Hooke stellte bereits 1678 diese Zusammenhänge fest. © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 11 Werkstoffe I Proportionalitätsgrenze (σP) Das Ende der Geraden wird als Proportionalitätsgrenze bezeichnet. Nahe an diesem Punkt liegt die Elastizitätsgrenze. Elastizitätsgrenze (σE) Wird der Probestab mit einer Spannnung beansprucht, die an der Elastizitätsgrenze liegt, so wird die Probe gerade noch rein elastisch verformt. Entlastet man die Probe wieder, so geht die Längenänderung auf Null zurück. Streckgrenze (Re) An der Stelle, an der in der Kurve ein plötzlicher Spannungsabfall zu erkennen ist, liegt die Streckgrenze. Die Probe verlängert sich ab dieser Spannung plastisch sehr stark (das Material fließt), ohne dass die Spannung in der Probe weiter ansteigt. Diese plastische Verformung führt zu einer Kaltverfestigung im Metall, deshalb muss die Spannung in der Probe wieder erhöht werden, um die Probe weiter zu dehnen (die Zerreißkurve steigt wieder an). Zugfestigkeit (Rm) Die Spannung steigt weiter an, bis zu einem „Maximum der Zugfestigkeit“. Während sich die Probe bis zu diesem Punkt gleichmäßig gedehnt hat (Gleichmaßdehnung), beginnt die Probe sich ab dieser eingeleiteten Spannung in der Mitte des Probestabes einzuschnüren. Bruchdehnung (A) Anhand der Zerreißkurve kann festgestellt werden, dass die Kurve abfällt und ab einer bestimmten Dehnung reißt der Probestab ab. Längenänderung Bruchdehnung = 100 % Ursprungslänge L − L0 A= 100 % L0 Das Abfallen der Zerreißkurve im letzten Abschnitt entsteht dadurch, dass es mit jeder Verlängerung des Probestabes auf Grund der Volumeneigenschaften fester Stoffe auch zu einer Änderung der Querschnittsabmessungen kommt, der Querschnitt wird also kleiner. Durch die Zerreißmaschine muss deshalb nur noch eine kleinere Kraft in die Zerreißprobe eingeleitet werden, um die Probe weiter plastisch zu verformen. Siehe Tabellenbuch Maschinentechnik Seite 142 ‚Zugversuch‘ 12 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 Werkstoffe I Ermittelt wird aus d auf d0 ein weiterer Wert, der ebenfalls in Prozent angegeben wird, er wird als Querkürzung bezeichnet. Durchmesserveränderung Querkürzung = Ursprungsdurchmesser d eq = d0 Wird ein Bauteil elastisch verformt, so stehen Querkürzung und Dehnung immer in ei- nem bestimmten Verhältnis zueinander. Dieses Verhältnis nennt man Poissonsche Zahl oder Querzahl. Querkürzung Poissonsche Zahl = Dehnung eq = e Für Metalle liegt die Poissonsche Zahl (außer für Grauguss) zwischen 1/3 und 1/4, wie durch weitere Versuche ermittelt wurde. Der Einfluss der Querkürzung auf die Festigkeit ist im Allgemeinen bei zugbeanspruchten Bauteilen gering und braucht deshalb nur z.B. bei Passteilen (beispielsweise Schrumpfverbindungen) berücksichtigt zu werden. Neben der Zugfestigkeit Rm stellt die Streckgrenze Re eine wichtige Kenngröße für die Kostruktion und zur Festigkeitsberechnung dar. Maschinenbauteile und Maschinenelemente sollen möglichst nur elastisch verformt werden. Da die Elastizitätsgrenze schwer zu ermitteln ist und die Streckgrenze knapp darüber liegt, verwendet man zur Berechnung von zulässigen Spannungen σzul, die Streckgrenze. Im Abbildung 4 kann am Abfall der Spannung anschaulich erkannt werden, wo die Streckgrenze liegt. Diese ausgeprägte Streckgrenze haben allerdings viele Metalle und Metalllegierungen nicht. Für diese Metalle muss die sogenannte Ersatzstreckgrenze Rp 0,2 ermittelt werden. R in N/mm2 Rp0,2 e in % 0,2 0,5 0,75 1 Ausgangslänge 100 mm, 0,2 % bleibende Verformung = 0,2 mm Abbildung 7: zeichnerische Ermittlung der Ersatzstreckgrenze Rp 0,2 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 13 Werkstoffe I Die Ersatzstreckgrenze kann zeichnerisch ermittelt werden (Abbildung 7), indem eine Parallele zur Hookschen Geraden im Abstand von 0,2 % bleibender Dehnung gezogen wird. Die Spannung, die an der y-Achse abgelesen werden kann, wird als Ersatz- streckgrenze Rp 0,2 bezeichnet. Werden Zerreißproben aus unterschiedlichen Metallen und ihren Legierungen, die im Maschienenbau Verwendung finden, untersucht, so ergeben sich z.B. folgende Zerreißdiagramme. R in N/mm2 2000 gehärteter Stahl 1600 vergüteter Stahl 1200 800 Baustahl 400 Al Mg-Legierung Gusseisen e in % Abbildung 8: Spannungs-Dehnungs-Diagramme verschiedener Metalllegierungen Werden die unterschiedlichen Zerreißkurven betrachtet, dann zeigt sich, dass gehärte- ter Stahl eine steilansteigende Hookesche Gerade bis zum Bruch aufweist, aber dann ohne sich plastisch verformt zu haben, plötzlich abreißt. Der gehärtete Stahl zeigt eine hohe Zugfestigkeit und Härte aber keine plastische Verformung bis zum Bruch. Der Werkstoff ist hart, aber spröde. Der vergütete Stahl hat den gleichen Anstiegswinkel der Hookeschen Gerade wie der gehärtete Stahl, zeigt allerdings eine geringe Zugfestigkeit und weist einen relativen Anteil an Bruchdehnung auf. Der Baustahl zeigt dagegen eine große Bruchdehnung, allerdings liegen die Zugfestig- keit und ausgeprägte Streckgrenze sehr niedrig. Die Zerreißkurve von Grauguss hat einen flacheren Anstieg der Hookeschen Gerade und eine niedrige Zugfestigkeit. Die Bruchdehnung und damit plastische Verformung bis zum Bruch ist sehr gering. Als letzte Kurve wird die Aluminiumlegierung analysiert. Die Aluminiumlegierung weist den flachsten Anstieg der Hookeschen Gerade auf und zeigt eine mittlere Zugfestigkeit bei ausgeprägter Bruchdehnung. Siehe Tabellenbuch Maschinentechnik Seite 144 ‚Brucharten‘ 14 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 Werkstoffe I In Abbildung 9 wird ein Ausschnitt aus dem unteren Bereich zweier Zerreißdiagramme dargestellt. A B Hookesches Gesetz: R=e E 10 R E = e = tan a R in N/mm2 a2 a1 e in % Abbildung 9: Hookesche Gerade zweier verschiedener Werkstoffe In Abbildung 9 wird gezeigt, dass sich die beiden Werkstoffe im Wesentlichen darin unterscheiden, dass die Hookeschen Gerade in einem unterschiedlichen Winkel an- steigt. Daraus ergibt sich, wenn beide Werkstoffe mit einer bestimmten Belastung z.B. 10 N/mm2 beansprucht werden, dann dehnt sich der eine Werkstoff fast doppelt so stark rein elastisch wie der andere Werkstoff. Dieses Verhalten ist eine wichtige Information für den Konstrukteur, denn daraus kann er ableiten, wie stark sich z.B. eine Schraube bei Zugbelastung längt und ob dabei die Gefahr besteht, dass sich dabei die Schraub- verbindung lockert. Aus solchen Gründen wurde aus diesem Verhalten eine weitere Kenngröße abgeleitet, der Elastizitätsmodul. Der E-Modul ist eine gedachte Größe, bei der angenommen wird, dass sich ein Probe- stab bei Belastung, rein elastisch um das doppelte seiner Ursprungslänge dehnt, also um hundert Prozent. Bei den meisten Stahlsorten ergibt sich danach eine Spannung von 210.000 N/mm2, um diese Probe um 100 % rein elastisch zu verformen. Daraus kann aber abgeleitet werden, wenn die Probe mit 210 N/mm2 belastet wird, dann wird das jeweilige Bauteil um 0,1 %, bezogen auf die Werkstücklänge, elastisch verformt. Ausnahmen bestätigen die Regel, bei hochlegierten Stählen wie V2A oder V4A liegt der E-Modul bei 195.000 N/mm2. Alle anderen Metalle und Metalllegierungen haben einen niedrigeren E-Modul als Stahl, wie z.B. ▪ Kupfer (Cu) 125000 N/mm2 ▪ Aluminium (Al) 72000 N/mm2 ▪ Gusseisen mit Lamellengraphit (EN-GJL) 85000 N/mm2 Für alle anderen Werkstoffe sind die Festigkeitswerte und der jeweilige E-Modul aus einschlägigen Tabellen zu entnehmen. Für EN-GJL-200 wurde der E-Modul 103.000 N/mm2 aus einer Tabelle ermittelt. Das bedeutet, dass sich dieser Gusseisenwerkstoff im elastischen Bereich, bei gleicher Spannung, fast doppelt so stark elastisch verformt wie Stahl. Aufgrund des niedrigen E- Moduls verhält sich Grauguss sehr elastisch (eher wie Gummi) und kann dadurch Schwingungen dämpfen. Das ist auch ein Grund, weshalb Maschinengestelle meist aus Grauguss hergestellt werden, um Schwingungen zu dämpfen. © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 15 Werkstoffe I Das Ergebnis der werkstofftechnischen Betrachtungen ist, dass Festigkeitsberechnun- gen nur in dem Bereich durchgeführt werden sollen, in dem das Hookesche Gesetz gilt. Den Konstrukteur interessiert z.B. bei einer Entwurfsberechnung die zulässige Span- nung, die unterhalb der Streckgrenze liegt. Unter Berücksichtigung der zulässigen Spannung kann vermieden werden, dass sich ein Teil unzulässig plastisch verformt oder zu Bruch geht. Siehe auch Tabellenbuch Maschinentechnik Seite 140 ‚Elastizitätsmodul E und Schubmodul G in GPa‘ Siehe auch Tabellenbuch Maschinentechnik Seite 141 ‚Maximal zulässige Span- nungen (in MPa) für die geringsten Erzeugnisdicken mit Sicherheitszahl ν = 1‘ Tabelle 2: E-Modul verschiedener Werkstoffgruppen Werkstoff E-Modul N/mm2 Beton 25000 - 60000 Leichtbeton 1000 - 2000 Glas 50000 - 85000 Stahl 210000 Aluminium 60000 - 72000 Fichte (längs zur Faser) 11000 Buche (längs zur Faser) 16000 Polyvinylchlorid (hart) 3000 Polystyrol 3200 Tabelle 3: Zugfestigkeit verschiedener Werkstoffgruppen Werkstoff Zugfestigkeit N/mm2 Beton 2-5 Leichtbeton 1-2 Glas 50 - 80 Stahl 235 - 550 Aluminium 80 - 500 Fichte (längs zur Faser) 90 Buche (längs zur Faser) 135 Polyvinylchlorid (hart) 50 - 60 Polystyrol 30 - 60 Tabelle 4: Druckfestigkeit verschiedener Werkstoffgruppen Werkstoff Druckfestigkeit N/mm2 Beton 15 - 50 Leichtbeton 10 - 50 Glas 500 - 800 Stahl 235 - 550 Aluminium 80 Fichte (längs zur Faser) 50 Buche (längs zur Faser) 80 Polyvinylchlorid (hart) 80 Polystyrol 100 16 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 Werkstoffe I Vergleicht man die Werkstoffkenngrößen der verschiedenen Werkstoffgruppen, so ergibt sich: einige Werkstoffe haben eine hohe Steifigkeit (E-Modul) und eine hohe Fes- tigkeit, wobei Beton z.B. eine sehr geringe Zugfestigkeit aufweist, allerdings eine 10- mal höhere Druckfestigkeit zeigt. Auch Glas weist eine fast 10-mal höhere Druckfestig- keit auf. Für den Konstrukteur bedeuten diese Werkstoffkenngrößen, dass Bauteile aus Beton oder Glas nicht auf Zug belastet werden dürfen. Die Kräfte müssen so in die Bauteile eingeleitet werden, dass der Querschnitt auf Druck belastet wird. Biegespannung s b Wöhlerlinie Bruch kein Bruch s bW 104 105 106 107 108 Anzahl der Lastspiele Zeitfestigkeit Dauerschwingfestigkeit Abbildung 10: Schadenslinie nach Wöhler Bei den bisherigen Betrachtungen wurde angenommen, dass die Bauteile unter glei- chen Bedingungen und Betriebstemperaturen eingesetzt werden. Es wurde vorausge- setzt, dass es sich um eine ruhende, einachsige Belastung handelt, die gleichmäßig stetig ansteigt (Zugversuch, Abbildung 4). Die unter diesen Bedingungen ermittelte Fes- tigkeit wird als statische Festigkeit bezeichnet. Ändert sich die Art der Belastung, dann gehen die Bauteile eher zu Bruch. Ein Draht, der von Hand um einen Winkel von 180° hin- und hergebogen wird, zerbricht eher als bei einem Winkel von 90°. Dieser Wechsel der Beanspruchung, der Wechsel von Zug und Druck in den Randfasern, wurde in der statischen Festigkeit nicht berücksichtigt. Es gilt, die Festigkeit der Werkstoffe für diese veränderten Bedingungen zu ermitteln. Dabei spielen zwei Werkstoffkenngrößen eine wichtige Rolle: ▪ die Zeitfestigkeit ▪ die Dauerfestigkeit Diese beiden Spannungen können aus der Wöhlerkurve für den jeweiligen Werkstoff ermittelt werden. Dauerfestigkeit Wird ein Werkstoff unterhalb einer maximalen ermittelten Beanspruchung schwingend belastet, kann das Material theoretisch unendlich viele Schwingungen (Lastwechsel) ertragen. Das Bauteil ist dauerfest. Bei Stahl geht man davon aus, dass der Werkstoff nicht mehr versagt, wenn z.B. die Biegespannung mit 106 Lastwechseln ertragen wurde, dann ist er dauerfest. Zeitfestigkeit Wird der Werkstoff einer höheren Beanspruchung bei schwingender Belastung ausge- setzt, so versagt das Material schon bei einem geringeren Lastwechsel, z.B. schon bei 102 Lastspielen. Das beanspruchte Bauteil besitzt dann nur eine Zeitfestigkeit. Siehe auch Tabellenbuch Maschinentechnik Seite 144 ‚Dauerschwingversuch‘ © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 17 Werkstoffe I 1.3 Einfluss von Lastfällen auf die Werkstoffauswahl Bei der Belastung von Bauteilen und Werkstoffen wird in der Festigkeitslehre in drei Lastfälle und verschiedene Beanspruchungsarten unterschieden. Eine Werkstoffaus- wahl ist maßgeblich von der Belastung und der gewünschten Lebensdauer eines Bau- teils abhängig. In Lastfällen wird beschrieben, wie eine Last oder eine Kraft auf ein Bauteil wirkt. Bei der Auslegung muss der Lastfall festgelegt werden, der durch den Einsatz des Bauteils im Gewerk bestimmt ist. Durch die Festigkeitsbetrachtung werden sowohl die Sicher- heiten als auch die Geometrien, z.B. Mindestquerschnitte sowie die möglichen Werk- stoffe bestimmt. Weitere Anforderungen, wie z.B. Korrosions- und Säurebeständigkeit, sollten erst nach der Festigkeitsbetrachtung zur Auswahl des Werkstoffs beitragen. Folgende Lastfälle werden unterschieden: Lastfall 1: Statische oder ruhende Belastung – Die Kraft wird einmal aufgebaut und bleibt dann konstant – z.B. bei Auflagern von Bauteilen auf einem Tisch Lastfall 2: Dynamisch schwellende Belastung – Die Kraft baut sich auf und schwillt wieder ab – z.B. die Druckfeder eines Dämpfers Lastfall 3: Dynamisch wechselnde Belastung – Die Kraft wechselt über den Nullpunkt von Druck zu Zug – z.B. der Pleuel eines Verbrennungsmotors Folgende Beanspruchungsarten gibt es: ▪ Zug ▪ Druck ▪ Abscherung ▪ Biegung ▪ Verdrehung ▪ Knickung Siehe auch Tabellenbuch Maschinentechnik S. 139 „Spannungsarten“, „Grundbe- anspruchungsarten“ und „Sicherheitszahlen 𝜈“ Siehe auch Tabellenbuch Maschinentechnik S. 140 „Maximale Festigkeitswerte σmax bzw. τmax“ und „Zulässige Spannung“ Zur Berechnung von Lastfällen und Spannung im Rahmen einer Festigkeitsbe- trachtung und Werkstoffauswahl siehe Lernskript 2 – „Einführung in die Festigkeits- lehre“ 18 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 Werkstoffe I 1.4 Anforderungen und Kriterien zur Auswahl von Werkstoffen Neben den nun besprochenen technischen und technologischen Materialkennwerten spielen noch weitere Faktoren eine wichtige Rolle, damit ein Werkstoff für ein bestimm- tes Bauteil als geeignet gilt. Die Kosten für Werkstoffe werden in starkem Maße durch die Verfügbarkeit, Erschlie- ßungskosten und den damit verbundenen Energiekosten für den Transport und die Rohstofferzeugung beeinflusst. Auch wenn teilweise die Werkstoffpreise schwanken können, werden durch Erhöhung der Erschließungs- und Energiekosten die Werkstoff- kosten tendenziell ansteigen. Der Anteil der Werkstoffkosten an den Gesamtkosten eines Erzeugnisses ist zudem abhängig vom Automatisierungsgrad der Produktion. Im allgemeinen Maschinenbau beträgt der Anteil der Materialkosten ca. 50 %, bei der vollautomatisierten Fertigung von Normteilen liegt der Anteil der Werkstoffkosten wesentlich höher. Eine wichtige Quelle der Kostensenkung ist die Verwendung von Werkstoffen, die bei der Fertigung eine Form erreichen, die der endgültigen Form des Bauteils weitestgehend entspricht. In den Lernskripten 4 (Fertigungstechnik 1) und 5 (Fertigungstechnik 2) wird dieses Thema ausführlich behandelt. Die Frage, ob ein Werkstoff recycelt werden kann, wird in Zukunft immer mehr darüber entscheiden, ob er in zukünftigen Bauteilen eingesetzt wird oder nicht. Recycling im ganzheitlichen Umweltschutz bedeutet innerhalb eines ‚Produkt-Lebens- zyklus‘ geschlossene Werkstoffkreisläufe, sodass im Idealfall keine deponierungsbe- dürftigen Reste mehr auftreten. Aus Gründen des Leichtbaus spielt z.B. Magnesium eine zunehmend wichtigere Rolle, da es durch seine noch geringere Dichte gegenüber Aluminium eine weitere Ge- wichtseinsparung z.B. bei Fahrzeugen ergibt und damit eine Verringerung des Treib- stoffverbrauches erlaubt. Die ökologische Betrachtung erfordert auch eine Bilanz der CO2-Emissionen bei der Herstellung der Werkstoffe. Erst wenn ein Werkstoff in seiner Gesamtbetrachtung einen geringeren CO2-Ausstoß erzeugt, wird z.B. Magnesium andere etablierte Werkstoffe ersetzen. Schließlich ist bei den ökologischen Betrachtungen der Werkstoffe auch die Belastung von Boden und Landschaft zu berücksichtigen. Um die Werkstoffauswahl nicht dem Zufall zu überlassen, sollen die Anforderungen und Kriterien, die an den jeweiligen Werkstoff gestellt werden, methodisch ermittelt werden. Folgende drei Schritte sind festgelegt: ▪ Analyse der Bauteilanforderungen ▪ Festlegung der Projektorganisation ▪ Umsetzen der Bauteilanforderung in eine Materialanforderungsliste Durch die Projektorganisation wird die Stellung des Projektleiters und der Projektmitar- beiter festgelegt. Außerdem werden in der Planung Termine, Kosten und benötigte Sachmittel aufgelistet. Des Weiteren werden alle projektrelevanten Anforderungen vor- gegeben und in einem Projektauftrag definiert. © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 19 Werkstoffe I Dabei muss sich jede Werkstoffauswahl an bestimmten Zielen orientieren: ▪ Festlegen des Anforderungsprofils für die notwendigen Werkstoffeigenschaften ▪ Ermitteln der wirtschaftlichsten Lösung durch Auswahl kostengünstiger Werkstoffe und Fertigungsmethoden ▪ Anwenden von Gestaltungsprinzipien, die z.B. für Reparaturen und Recycling eine einfache Demontage möglich machen Wie am Anfang des Lernskriptes dargestellt, können Werkstoffe in Struktur- und Funk- tionswerkstoffe unterteilt werden. Dabei wird heute eine Menge funktioneller Eigenschaften wie z.B. elektrischer, korrosi- onshemmender, magnetischer, wärmeleitender und optischer Art benötigt. Wesentliche Anforderungen an Strukturwerkstoffe sind statische Steifigkeit und dyna- mische Dauerfestigkeit und z.B. Beständigkeit gegen korrosive und thermische Bean- spruchungen. Aufgrund der komplexen Anforderungen sollte eine systematische Auswahlmethodik folgende Schritte umfassen: ▪ Analyse des Werkstoffproblems Dabei müssen die wichtigsten Parameter des Bauteils aus den Bereichen Struktur, Funktion und Beanspruchung definiert und festgelegt werden. ▪ Beschreibung des Anforderungsprofiles für den Werkstoff wie Verfügbarkeit, Gebrauchsdauer und Fertigungsanforderungen sind in einem Pflichtenheft zu formulieren. ▪ Werkstoffauswahl Bewerten der Anforderungen und vergleichen dieser Anforderungen mit den Werk- stoffkennwerten möglicher Werkstoffe. Dazu können Daten der Werkstoffprüfung, Tabellenbücher, Handbücher und Datenbanken genutzt werden. 20 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 Werkstoffe I Systemanalyse des Werkstoffproblems technische-funktionelle Aufgaben des Bauteils, 1. Funktionen für das der Werkstoff gesucht wird Werkstoffeigenschaften, die für diese Funktionen gewährleistet sein müssen 2. Systemstruktur Systemkomponenten, mit denen das Bauteil Kontakt hat Wechselwirkung zwischen dem Bauteil und anderen Systemkomponenten Einwirkung auf das Bauteil z.B. durch mechanische, thermische, 3. Beanspruchungen chemische, strahlenphysikalische oder biologische Art Schädigungsprozesse und Versagenshypothese (z.B. für Festigkeit und Dehnung) Anforderungsprofil Systematische Anforderungen gemäß Systemanalyse 1-3 alle Anforderungen: Verfügbarkeit, Gebrauchsdauer, Fertigungserfordernisse, Energieerfordernisse, Sicherheits- aspekte, Umweltschutzerfordernisse und Wirtschaftlichkeit Kenndaten vorhandener Materialprüfdaten, Werkstoff- Werkstoffe tabellen, Handbücher, Datenbanken usw. Auswahlverfahren und -kriterien NEIN Anforderungen Werkstoffentwicklung erfüllbar? JA Auswahl des best- geeigneten Werkstoffes Abbildung 11: Systemanalyse zur Werkstoffauswahl © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 21 Werkstoffe I Aufgaben zu Kapitel 1 Aufgabe 1 Nennen Sie drei Oberbegriffe, nach denen Werkstoffe eingeteilt werden können! Aufgabe 2 Welche Bindungsart hat die Werkstoffgruppe der Kunststoffe? Aufgabe 3 Werkstoffe können in Struktur- und Funktionswerkstoffe unterschieden werden. Erläutern Sie, was jeweils darunter zu verstehen ist! Aufgabe 4 Erläutern Sie, was unter einer Proportionalitätsgrenze verstanden wird! Aufgabe 5 Welche Verformungsart beginnt ab der Streckgrenze? Erläutern Sie die inneren Vor- gänge! Aufgabe 6 Erläutern Sie, wie die Rp02 zeichnerisch ermittelt werden kann! Aufgabe 7 Wodurch werden die Kosten, die ein Werkstoff verursacht, maßgeblich beeinflusst? Aufgabe 8 Nennen Sie die drei Schritte, die eine systematische Werkstoff-Auswahlmethodik um- fasst! 22 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 Werkstoffe I 2 Metallische Werkstoffe 2.1 Aufbau und Einteilung metallischer Werkstoffe In Kapitel 1 dieses Lernskripts wurde geschlussfolgert, dass die Eigenschaft der Werk- stoffe von der jeweiligen Bindungsart und damit vom inneren Aufbau der Materialien abhängig ist. Da die Gruppe der Metalle im Maschinenbau als Struktur- und Funktionswerkstoff eine überaus wichtige Rolle spielt, sollen die wichtigsten Eigenschaften anhand der Bin- dungsart und dem strukturellen Aufbau der Metalle erläutert werden. Plastische Verformbarkeit, Wärmeleitfähigkeit, Zähigkeit, aber auch elektrische Leitfä- higkeit und der Magnetismus sind Eigenschaften, die im Wesentlichen den Metallen zugeschrieben werden können. Dass sie diese Eigenschaften haben, unterscheidet Metalle und ihre Legierungen von Kunstoffen und z.B. Keramik. Die bekannten chemischen Elemente sind aus Atomen aufgebaut. Der Durchmesser eines Atoms misst im Mittel 10 -8 cm, der Atomkern hat nur einen Durchmesser von 10-12 cm. Diese Atome bestehen aus einer Vielzahl noch kleinerer Teilchen. Dabei ist der Atomkern aus elektrisch positiv geladenen Protonen und den elektrisch neutralen Neutronen aufgebaut. Um den Kern bewegen sich die elektrisch negativ geladenen Elektronen. Die Anzahl der Protonen und der Elektronen in einem Atom ist gleich groß. Da sich die elektrisch positiven Ladungen mit den elektrisch negativen Ladungen auf- heben, erscheint das Atom nach Außen elektrisch neutral. Wird das Periodensystem herangezogen, in dem die bekannten chemischen Elemente aufgeführt und geordnet sind, so kann festgestellt werden, dass die Stellung des jewei- ligen Elements im Periodensystem mit der Struktur der äußeren Elektronenhülle eines Atoms einhergeht. Anhand des Bohrschen Atommodells kann erläutert werden, dass bei chemischen Ab- läufen nur Veränderungen in der Elektronenhülle entstehen. Der Atomkern bleibt un- verändert. Es wurde festgestellt, dass die chemischen Eigenschaften und die Bindungsarten, die Elemente untereinander oder mit anderen Elementen eingehen, von der Anzahl der Elektronen auf der jeweils äußeren Schale (den Valenzelektronen) abhängig sind. Eine besondere Stellung im Periodensystem nimmt die Gruppe der Edelgase (wie z.B. Helium und Argon) ein. Die Edelgase besitzen 8 Elektronen auf ihrer äußeren Schale (Edelgaskonfiguration). Betrachten wir die jeweiligen Bindungsarten, dann kann festgestellt werden, dass sich die jeweiligen Elemente so verhalten, dass sie Elektronen an den Bindungspartner ab- geben bzw. Elektronen von ihm aufnehmen, um wie die Edelgase 8 Elektronen auf der äußeren Schale – also eine Edelgaskonfiguration – zu besitzen. Bei Metallatomen befinden sich auf ihrer äußeren Schale sehr wenig Elektronen, meist nur eines oder zwei. Um mit anderen Metallatomen eine Bindung einzugehen, geben diese Atome Elektronen ab. Die abgegebenen Elektronen gehören nicht mehr zum je- weiligen Atom, diese Elektronen sind frei. Zurück bleibt ein Atomrumpf mit positivem Ladungsüberschuss (ein Metallion). Die freien Elektronen bewegen sich zwischen den Atomrümpfen wie Gasmoleküle, des- halb spricht man auch bildlich von einem Elektronengas. © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 23 Werkstoffe I Der Zusammenhalt der Ionen in einem Metall entsteht durch elektrostatische Kräfte. Die positiv geladenen Atomrümpfe sind von der negativ geladen Elektronwolke umgeben. Abbildung 12: Metallische Bindung Durch diese Kräfte werden die Metallionen in einer bestimmten Ordnung gehalten. Der Abstand der Ionen zueinander – bei einer bestimmten Temperatur – ist immer gleich, da sich die abstoßenden Kräfte der positiv geladenen Metallionen und die Kräfte der negativ geladenen Elektronengaswolke gegenseitig die Waage halten. Liegt bei einem Festkörper eine geordnete innere Struktur vor, so wird von einer kris- tallinen Struktur gesprochen (Abbildung 13), von einem Kristall. Aus Abbildung 15 kann anhand der abgebildeten Struktur ein Kugelmodell erkannt werden. Diese Darstellung wurde gewählt, um die nicht sichtbaren Strukturen zu visualisieren. Außerdem sind die Atome nicht nur flächenhaft, sondern räumlich angeordnet. Ein Kristall ist also eine dreidimensionale Anordnung mit immer gleichen Abständen z.B. der Metallionen zueinander. Versucht man, diese Struktur genauer zu beschreiben, so kann eine Schablone helfen, die kleinste räumliche Anordnung zu erkennen: eine Elementarzelle. Abbildung 13: Punktmodell eines Kristallgitters mit Elementarzelle 24 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 Werkstoffe I c a b g b a Abbildung 14: Elementarzelle kubisch primitiv Wird eine solche Elementarzelle betrachtet, dann zeigt sich, dass die Grundfigur ein Würfel, ein Kubus, ist. Die Kantenlänge „a“ des Würfels wird als Gitterkonstante oder Gitterparameter bezeichnet (siehe Abbildung 14). Aus diesem Grund wird von einem kubischen System des Kristalls gesprochen. In die- sem Fall handelt es sich um eine kubisch primitive Elementarzelle, da nur die Eckpunkte des Würfels mit Metallionen besetzt sind. Bei der Untersuchung von Festkörpern kön- nen insgesamt 14 verschiedene Kristallgittertypen unterschieden werden. Soll die Anzahl der Atome, die benötigt wird, um eine Elementarzelle aufzubauen, be- stimmt werden, so muss überlegt werden, dass sich ein Raumgitter von der Elementar- zelle aus in allen drei Raumrichtungen fortsetzt. Ein Eckpunkt der betrachteten Elemen- tarzelle gehört daher nicht nur zu dieser Elementarzelle, sondern gleichzeitig zu drei weiteren Würfeln in der gleichen Ebene. Außerdem zu vier Würfeln, die über dieser Ebene liegen. Ein Eckatom gehört also zu 8 Elementarzellen. Ein Atom, das sich z.B. in der Mitte einer Würfelfläche befindet, gehört nach dieser Betrachtung zu zwei Elementarzellen. Die Gesamtzahl der Atome, die notwendig sind, um die beschriebene Elementarzelle aufzubauen, beträgt demnach: 1 8∙ = 1 Atom 8 Da an dieser Stelle nicht das gesamte Spektrum der Werkstoffe behandelt werden soll, werden hier nur die Kristallgitterformen für die gebräuchlichsten Metalle näher betrach- tet werden. Die wichtigsten Kristallgitterformen sind: ▪ das kubisch-raumzentrierte Gitter (krz) ▪ das kubisch-flächenzentrierte Gitter (kfz) ▪ das hexagonale Gitter hdP (dichteste Packung) © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 25 Werkstoffe I Kubisch-raumzentriertes Gitter In Abbildung 15 befinden sich auf den Eckpunkten des Würfels je ein Atomrumpf, und ein weiteres Atom liegt im Zentrum des Würfels. Es handelt sich um eine kubisch-raum- zentrierte Elementarzelle (krz-Gitter). 1 8 ∙ + 1 ∙ 1 = 2 Atome 8 Tabelle 5: Typische Metalle mit krz-Gitter Gitterkonstante Metall in 10-8 cm Cr 2,88 Mo 3,15 Ta 3,30 W 3,16 α – Fe 2,86 Abbildung 15: krz-Elementarzelle bis 911 °C bei 20 °C Kubisch-flächenzentriertes Gitter Eine weitere Möglichkeit, wie sich Metallionen ordnen können, wird in Abbildung 16 dargestellt. Dabei sind die Eckpunkte des Würfels mit Ionen besetzt und im Zentrum der jeweiligen Würfelfläche befindet sich ein weiteres Ion. Daraus leitet sich die Be- zeichnung kubisch-flächenzentrierte Elementarzelle (kfz-Elementarzelle) ab. 1 1 8 ∙ + 6 ∙ = 4 Atome 8 2 Tabelle 6: Typische Metalle mit kfz-Gitter Gitterkonstante Metall in 10-8 cm Al 4,05 Ag 4,09 Au 4,08 Cu 3,62 Ni 3,52 Pb 4,95 Abbildung 16: kfz-Elementarzelle γ – Fe 3,64 beständig zwischen 911 °C und 1392 °C bei 911 °C 26 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 Werkstoffe I Hexagonales Gitter Hier bilden die Atomrümpfe eine sechseckige Säule (Abbildung 17) mit jeweils einem Metallion an den Ecken sowie einer Atomlage zwischen Deck- und Grundfläche und jeweils einem Atom in der Mitte der Deck- und Grundfläche. Es handelt sich dabei um das hexagonale Kristallgitter mit der dichtesten Kugelpackung. 1 1 12 ∙ + 2 ∙ + 3 ∙ 1 = 6 Atome 6 2 Tabelle 7: Typische Metalle mit hex.-Elementarzelle hdP Gitterkonstante Metall in 10-8 cm Be 2,29 Cd 2,98 Co 2,51 Mg 3,21 Os 2,73 Ti 2,96 Zn 2,66 Abbildung 17: hex-Elementarzelle hdP Zr 3,23 Werden z.B. mechanische Eigenschaften von Metall mit verschiedenen Kristallgitterty- pen verglichen, so kann festgestellt werden, dass die Anordnung der Metallionen in den verschiedenen Gittersystemen einen Einfluss auf die Festigkeit und die Verformungsei- genschaften dieser Metalle hat. Die Ursache liegt in der Packungsdichte des jeweiligen Kristallgittersystems. Abbildung 18: Kugelmodell Die Vorgänge sollen hier am Beispiel eines Kugelmodells (Abbildung 18) veranschau- licht werden. Die beiden Kugelschichten A und B unterscheiden sich in der Packungsdichte der un- teren Schicht. Wird eine zweite Schicht über diese erste Schicht gelegt, dann fallen die Kugeln in die jeweiligen Vertiefungen. Bei der Schicht A liegen die Kugeln in den Vertiefungen, wogegen bei der Schicht B die Schicht hoch oben auf der unteren Schicht zu liegen kommt. © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 27 Werkstoffe I Werden translatorische Kräfte eingeleitet, um die Kugelschichten gegeneinander zu verschieben, wird bei der Schicht A eine höhere Kraft benötigt, da die obere Schicht erst angehoben werden muss, um über die untere Schicht verschoben werden zu kön- nen. Werden die verschiedenen Kristallgittersysteme untersucht, ist zu erkennen, dass bei einem Schnitt unter verschiedenen Winkeln Schnittebenen entstehen, die eine unter- schiedliche Packungsdichte aufweisen. Die Schnittebene mit der jeweils höchsten Pa- ckungsdichte für ein Kristallgittersystem ist auch gleichzeitig die sogenannte Gleit- ebene, eine Vorzugsrichtung für den Verformungsprozess. Denn hier sind die gerings- ten Kräfte notwendig, um die Atomschichten gegeneinander zu verschieben. Abbildung 19: Abbildung 20: Abbildung 21: krz-Elementarzelle kfz-Elementarzelle hex-Elementarzelle Abbildung 19 bis Abbildung 21 stellen für das jeweilige Kristallgittersystem die Ebenen der dichtesten Atompackung dar. Im krz-Gittersystem entsteht die dichteste Kugelpackung beim Schnitt durch das Raum- atom. Diese Packungsdichte ist aber geringer als die dargestellte Schnittebene im kfz- Gittersystem. Hier liegt die höchste Packungsdichte vor und außerdem kann ein ver- gleichbarer Schnitt von jedem Eckpunkt des Würfels gelegt werden. Das kfz-Kristallgit- ter hat nicht nur die besten Gleitebenen, sondern auch die meisten Gleitmöglichkeiten. Bei der Einwirkung von äußeren Kräften kann sich das jeweilige Metall schon bei gerin- gen Kräften nach allen Seiten verformen. Das Metall ist duktil, das heißt weich und sehr gut verformbar. Typische Metalle, die im kfz-Gitter vorliegen, sind z.B. Kupfer, Alumi- nium, Gold und Blei, aber auch γ-Fe, das zwischen 911 °C und 1392 °C im kfz-Gitter vorliegt (siehe Tabelle 6). In diesem Temperaturbereich ist das Eisen und damit die meisten Stahlsorten besonders gut umformbar. In der Fertigungstechnik ergibt sich da- raus die Schmiedetemperatur. Das hexagonale Kristallgittersystem besitzt nur Gleitebenen in den Deck- und Boden- flächen. Dadurch ist die Anzahl der Gleitmöglichkeiten gering. Werden Kräfte in Rich- tung der Gleiteben eingeleitet, verformt sich der Werkstoff gut. Kommen die Kräfte quer dazu, besitzen die Metalle in dieser Richtung eine hohe Druckfestigkeit. Ein besonderes Augenmerk soll an dieser Stelle Eisen bekommen. Aus Tabelle 5 und Tabelle 6 ist ersichtlich, dass Eisen bis zu einer Temperatur von 911 °C als α–Fe das krz-Gittersystem aufweist und sich bei weiterer Temperaturerhöhung in das kfz-Kristall- gittersystem umwandelt. Dass Eisen temperaturabhängig in verschiedenen Gittersystemen vorkommt, wird als Polymorphie bezeichnet (Vielgestaltigkeit). Weitere polymorphe Metalle sind z.B. Ko- balt, Mangan und Zinn. 28 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 Werkstoffe I Metalle unterscheiden sich von den meisten Werkstoffen dadurch, dass sie sich nicht nur elastisch, sondern auch plastisch, also bleibend verformen lassen. Zur Erklärung der inneren Vorgänge soll wieder das Kugelmodell eines Idealkristalls (sämtliche Kris- tallgitterplätze sind mit Atomen besetzt) herangezogen werden. Elastische Verformung Abbildung 22: Elastische Verformung am Kugelmodell Bei der elastischen Verformung wird bei Einwirkung einer Kraft die obere Kugelschicht lediglich angehoben (siehe auch das Kapitel 1.2, Zugversuch). Wird die Kraft wieder entfernt, so fallen die Kugeln wieder in die Ausgangslage zurück. Konstruktionsteile dürfen nur so belastet werden. Plastische Verformung Abbildung 23: Plastische Verformung am Kugelmodell Erst wenn die Kräfte größer werden, kann die obere Schicht über den Berg geschoben werden und es entsteht eine bleibende, eine irreversible Verformung. Bei der plasti- schen Verformung gleiten die Kugelschichten aneinander vorbei, der Kristall wird län- ger, aber dünner. Hier stellt sich die Frage, wo beziehungsweis wie in die Gleitebenen eingegriffen wer- den kann, um z.B. die Verformbarkeit oder auch die Festigkeit, also den Widerstand gegen Verformung zu erhöhen. Dazu gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten, die auch entsprechend in der Fertigungstechnik angewandt werden. ▪ Einlagern von Fremdatomen, am besten direkt in die Gleitebenen, also Legieren, um die Gleitebenen zu blockieren. Legierungen haben immer eine höhere Festigkeit als das reine Metall ▪ Wärmebehandlung, Härten, Vergüten und die Glühverfahren (Grundlage ist meist die Polymorphie) ▪ Nutzung des Kaltverfestigungseffekts durch Kaltumformung © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 29 Werkstoffe I Schmelzen Im festen, kristallinen Zustand nehmen die Metallionen Kristallgitterplätze ein. Auf die- sen Gitterplätzen befinden sie sich aber nicht im Ruhezustand, sondern sie schwingen um diesen Gitterplatz nach allen Seiten. Die Schwingungen sind temperaturabhängig und erst beim absoluten Nullpunkt, 0 Kelvin, werden Schwingungen gleich Null. Er- wärmt man das Metall wieder, nimmt auch die Bewegungsenergie wieder zu. Das Metall dehnt sich aus. Wird das Metall bis zu seiner Schmelztemperatur erwärmt, ist die Bewegungsenergie so groß, dass die einzelnen Atome ihren Platz verlassen können; sie überwinden die elektrostatischen Anziehungskräfte. Das Metall wird flüssig, es schmilzt und geht in den amorphen Zustand über. Dabei bewegen sich die Atome willkürlich durcheinander und ändern ständig ihre Lage. Erstarren Nun wäre zu klären, wie aus einer solch ungeordneten Schmelze ein Kristallgitter ent- stehen kann. Wird ein Metallstück mit dem bloßen Auge betrachtet, dann sieht es glatt und homogen (einheitlich) aus. Unter dem Mikroskop zeigt sich jedoch, dass das Metall aus zahlreichen kleinen Kristalliten (Körnern) aufgebaut ist. Jedes Korn ist ein Kristall, genauer Kristallit (Kristallit - unregelmäßig, Kristall - regelmäßig). Die Kornstruktur be- zeichnet man als Gefüge. Sie kennen bestimmt die schön geformten regelmäßigen Quarzkristalle und Eisblumen. Auch Metalle haben solche eher regelmäßigen Formen. Allerdings entstehen während des Erstarrens einer Metallschmelze gleichzeitig sehr viele kleine Kristalle, die sich gegenseitig beim Wachstum so behindern, dass die re- gelmäßigen Formen nur in kleinsten Einheiten vorhanden sind. Durch die gegenseitige Behinderung während des Kristallbildungsvorganges entstehen keine arteigenen regel- mäßigen Begrenzungsebenen, sondern regellos begrenzte Vielflächner, eben soge- nannte Kristallite. Die Entstehung der Kristallite in der erstarrenden Schmelze beginnt an sogenannten Keimen. Diese können zufällige noch nicht geschmolzene Metallreste sein. Meist aber handelt es sich um Fremdkeime, d.h. feinste Schlacketeilchen oder absichtlich zugege- bene Impfkeime („Kornfeiner“). Von den Keimen wachsen die Kristalle in der Schmelze, bis sie sich gegenseitig berühren und die Schmelze restlos erstarrt ist. Das „Primärge- füge“ des Metalls ist entstanden. Abbildung 24: Entstehung eines Primärgefüges Abbildung 25: Primärgefüge feinkörnig (500:1) 30 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 Werkstoffe I Enthält eine Schmelze viele Fremdkeime wie z.B. Schlackereste bzw. absichtlich zuge- führte Impfkeime oder bilden sich gleichzeitig viele Eigenkeime bei schneller Abkühlung (Unterkühlung), dann erstarrt das Metall feinkörnig. Sind in der Schmelze dagegen we- nige Fremdkeime vorhanden oder wird die Schmelze langsam abgekühlt, entstehen gleichzeitig wenige Eigenkeime. So wachsen die einzelnen Kristalle sehr groß, bis sie sich gegenseitig behindern. Das Metall erstarrt grobkörnig (langsame Abkühlung). Ähn- liche Strukturen finden wir auf feuerverzinktem Stahlblech. Dabei spricht man in Anleh- nung an den Begriff Eisblumen von Zinkblumen. Die Einteilung in grobkörnig und feinkörnig wird im Allgemeinen anhand der Definition nach ASTM (American Society for Testing Materials) durchgeführt. Dabei wird unter dem Mikroskop die Anzahl der Körner pro mm 2 gezählt und dann einer Korngrößen- klasse zugeordnet. Tabelle 8: Korngrößenklassen nach ASTM Verschiedene Korngrößenklassen 1 6 Körner pro mm² Grobkorn 5 250 Körner pro mm² Grobkorn 6 512 Körner pro mm² Feinkorn 10 8192 Körner pro mm² Feinkorn In der Gießereitechnik wird z.B. zwischen Kokillenguss und Sandguss unterschieden. Kokillen sind Metallformen, die beim Gießen der Schmelze schnell die Wärmeenergie entziehen, was zur schnellen Abkühlung führt. Dabei entsteht ein feinkörniges Gefüge. Sandformen erzeugen eine langsame Abkühlung und damit eine grobkörnigere Gefü- gestruktur. Gegossene Werkstücke, die in einem feinkörnigen Gefüge erstarrt sind, haben grund- sätzlich eine höhere Zähigkeit als Gussteile mit grobkörnigem Gefüge. Grobkörnige Ge- fügestrukturen verhalten sich bei Überlastung spröde. Das heißt, sie brechen ohne plas- tische Verformung. Denken Sie dabei an die Zerreißkurve von Gusseisen im Kapitel 1.2, Zugversuch. Abbildung 26: Primärgefüge grobkörnig (500:1) © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 31 Werkstoffe I Realkristalle / Gitterfehler Der Kristallaufbau, wie er im vorigen Abschnitt beschrieben wurde, ist nicht vollkommen, denn es gibt praktisch keinen „Idealkristall“. Während der Erstarrung des Metalls, also dem Übergang des flüssigen, amorphen in den festen, kristallinen Zustand entstehen Kristallbaufehler, auch Gitterfehler genannt. Die wichtigsten seien kurz erläutert. Sie sind in Abbildung 27 schematisch dargestellt. Abbildung 27: Schematische Darstellung verschiedener Gitterbaufehler Leerstelle Eine Leerstelle ist ein Gitterplatz, der nicht von einem Atom besetzt ist. An dieser Stelle ist ein „Loch“. Realkristalle enthalten eine beträchtliche Anzahl solcher Leerstellen. Fremdatome Metalle sind nie vollkommen rein. Selbst sogenannte Reinstmetalle enthalten noch Fremdatome anderer Elemente. Da ihre Größe nicht mit der Größe der Grundmetalla- tome übereinstimmt, entstehen Gitterstörungen. Versetzungen Hierbei handelt es sich, vereinfacht dargestellt, um Atomgitterebenen, die mitten im Kristallgitter aufhören, oder dreidimensionale Schraubenversetzungen, die sich wie eine Wendeltreppe im Kristall fortpflanzen (siehe Abbildung 28). Abbildung 28: Versetzungen und Schraubenversetzungen 20000:1 32 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 Werkstoffe I Versetzungen können sich unter der Einwirkung einer äußeren Kraft (z.B. Druck auf das Metall) im Kristall bewegen. Ihre Wanderung durch das Kristallgitter erleichtert das Ab- gleiten der Gleitebenen und damit die plastische Verformung des Metalls. Idealkristalle würden eine ca. 500-fache Kraft benötigen, damit sie sich plastisch verformen. Während der plastischen Verformung kommt es zu einer Verfestigung des Metalls (Kaltverfesti- gung). Da sich während der plastischen Verformung in Richtung der angreifenden Kraft weitere Versetzungen bilden, wird eine weitere Verformung erschwert, siehe auch Ka- pitel 1.2, Zugversuch. Diese inneren Vorgänge sind eine Grundvoraussetzung für Fer- tigungsverfahren wie Kaltfließpressen oder Tiefziehen. Korngrenzen Unter normalen Bedingungen bestehen Metalle nicht nur aus einem Kristall, einem „Ein- kristall“, sondern aus vielen, meist sehr kleinen Kristalliten (siehe Abbildung 25). Sie werden in der Technik Körner genannt. Wo solche Körner zusammengewachsen sind, liegt eine Gitterstörung vor, eine Korngrenze. Sie stellt die innere Grenzfläche der Kör- ner zueinander dar. Mischkristalle und Kristallgemische In den vorhergehenden Abschnitten wurde der Aufbau eines reinen Metalls beschrie- ben. Nun sind aber die technischen Metalle meist durch Fremdatome verunreinigt oder liegen als „Legierungen“ vor. Sie enthalten Begleitelemente, die von den Ausgangsstof- fen und von der Herstellung herrühren, oder oft absichtlich zugesetzte Legierungsstoffe. Es ergibt sich nun die Frage, wie diese Fremdatome im Kristallgitter integriert werden können. Es werden grundsätzlich zwei Möglichkeiten unterschieden: ▪ Das Raumgitter ist in der Lage, fremde Atome aufzunehmen. Es wird dann von Mischkristallen gesprochen. Beide Atomarten sind selbst bei stärkster Vergrößerung nicht zu erkennen. Dabei können die Fremdatome Gitterplätze des Grundmetalls einnehmen (Austauschmischkristall wie in Abbildung 29), oder sie setzen sich in die Lücken des Raumgitters (Einlagerungsmischkristall wie in Abbildung 30). Abbildung 29: Austauschmischkristall Abbildung 30: Einlagerungsmischkristall Beim Einlagerungsmischkristall ist Voraussetzung, dass die Fremdatome sehr klein sind; es kommen nur die Elemente z.B. Kohlenstoff und Stickstoff in Frage. Für das Zustandekommen gelten zwei Regeln: ▪ Das Verhältnis des Atomdurchmessers des eingelagerten Elements zu dem des Grundmetalls muss kleiner sein als 0,58. ▪ Beide Metalle müssen im gleichen Gittertyp erstarren, und die Gitterkonstanten dür- fen sich höchstens um 14 % unterscheiden. © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 33 Werkstoffe I Die andere Möglichkeit ergibt sich dadurch, dass der zweite Stoff als eigene Kristallart auftritt. Es sind also zwei oder mehr Stoffarten in mehr oder weniger feiner Verteilung als kristalline Struktur nebeneinander vorhanden. Bei vergrößerter Betrachtung, manch- mal sogar mit bloßem Auge, ist es als Gemisch aus zwei oder mehreren Kristallarten, als Kristallgemisch erkennbar. Abbildung 31: Kristallgemisch 2.2 Anforderungen und Kriterien zur Auswahl metallischer Werkstoffe In Kapitel 1.4 wurde behandelt, dass neben den technischen und technologischen Ma- terialkennwerten noch weitere Faktoren eine wichtige Rolle spielen, damit ein Werkstoff für ein bestimmtes Bauteil als geeignet gilt. Um die Werkstoffauswahl nicht dem Zufall zu überlassen, sollen die Anforderungen und Kriterien, die an den jeweiligen Werkstoff gestellt werden, methodisch ermittelt werden. Folgende drei Schritte wurden dafür festgelegt: ▪ Analyse der Bauteilanforderungen ▪ Festlegung der Projektorganisation ▪ Umsetzen der Bauteilanforderung in eine Materialanforderungsliste Diese methodische Vorgehensweise soll an einem Beispiel erläutert werden. Sie sind Mitarbeiterin/Mitarbeiter der Firma Techno 4.0, die sich mit Produkten im Be- reich der Automatisierungstechnik schon einen guten Namen gemacht hat. Neben Ein- legegeräten für den Bau von Transferstraßen stellt die Firma auch NC-Rundtische für Werkzeugmaschinen her. Im Zuge des Umbaus der Industrie zu Industrie 4.0 sieht Ihre Firma einen steigenden Bedarf an Industrierobotern. Um sich diesen Markt zu erschließen, hat die Entwick- lungsabteilung den Auftrag, einen Industrieroboter zu entwickeln. 34 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 Werkstoffe I Eine Konzeptstudie liegt vor und die Me- chanik-Kinematik wurde auf einem 3-D- Drucker bereits ausgedruckt (siehe ne- benstehendes Bild). Es handelt sich dabei um einen Knick- armroboter mit insgesamt sechs rotatori- schen Achsen (Drehachsen). In Bewe- gung beschreibt der Roboter einen kugel- förmigen Arbeitsraum. Die Achsantriebe (schwarz) sollen direkt an den bewegten Achsen angeflanscht werden. Von der Entwicklungsabteilung wurden in einer Brainstorming-Sitzung folgende An- forderungen skizziert. Abbildung 32: Mechanik-Kinematik des Knickarmroboters Analyse der Bauteilanforderungen Die einzelnen Baugruppen müssen sehr leicht ausgeführt werden, da die Achsen schnell beschleunigt und positionsgenau wieder abgebremst werden müssen. Die Achsen sollen, wo möglich, innen hohl ausgeführt werden, um Versorgungsleitun- gen wie z.B. Stromkabel und Pneumatikschläuche für die Betätigung der Greifer aufzu- nehmen. Außerdem wird beabsichtigt, die jeweiligen Achsbauteile als Profile anzufertigen, um bei Bedarf das Widerstandsmoment anpassen zu können. Die Antriebe sollen direkt an die bewegten Achsen angeflanscht werden, damit sie im Schadensfall schnell ausgetauscht werden können, um so die Stillstandzeiten für den Roboterbetrieb zu minimieren. Damit die Forderung nach Leichtbau erfüllt werden kann, müssen die Antriebsmotoren besonders leicht ausgeführt werden. Da im Bereich der Automatisierungstechnik in der Regel im Mehrschichtbetrieb gear- beitet wird, müssen die verwendeten Materialien eine hohe Dauer- und Verschleißfes- tigkeit besitzen. Alle Bauteile sollen möglichst langlebig und recycelbar sein. Festlegung der Projektorganisation Vom Leiter der Entwicklung wurde ein Projektteam initiiert. Das Projektteam setzt sich aus Projektmitarbeitern verschiedener Abteilungen des Betriebes zusammen. Die Mitarbeiter kommen aus der Konstruktion, der Fertigung, dem Einkauf und der Werkstoffprüfung. Als Projektleiter ist Herr Schmitt benannt. © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 35 Werkstoffe I Umsetzen der Bauteilanforderung in eine Materialanforderungsliste ▪ die eingesetzten Materialien müssen besonders leicht sein ▪ es muss gewährleistet werden, dass die Werkstoffe gut bearbeitet werden können ▪ die eingesetzten Materialien müssen sortenrein getrennt und recycelt werden kön- nen ▪ die Materialien sollen korrosionsbeständig sein ▪ die Werkstoffe müssen für eine Serienfertigung geeignet sein ▪ möglichst nur Metalle einsetzen, die eine gute Wärmeleitfähigkeit besitzen ▪ die Werkstoffe müssen am Markt in der notwendigen Menge zur Verfügung stehen ▪ für die Herstellung der Wellen für die Antriebsmotoren müssen Materialien einge- setzt werden, die eine hohe Dauer- und Verschleißfestigkeit gewährleisten ▪ die Materialen für die Roboterachsen müssen schweißgeeignet sein Anschließend setzt sich das Projektteam folgende Ziele für die Werkstoffauswahl: ▪ Anforderungsprofil für die notwendigen Werkstoffeigenschaften festgelegt ▪ Wirtschaftlichste Lösung durch Auswahl kostengünstiger Werkstoffe und Ferti- gungsmethoden ermittelt ▪ Gestaltungsprinzipien, die z.B. für Reparaturen und Recycling eine einfache Demon- tage möglich machen, angewandt Anforderungsprofil für die notwendigen Werkstoffeigenschaften festgelegt Materialanforderung für die Roboterachsen festgelegt ▪ die eingesetzten Materialien müssen besonders leicht sein ▪ es muss gewährleistet werden, dass die Werkstoffe gut bearbeitet werden können ▪ die eingesetzten Materialien müssen sortenrein getrennt und recycelt werden kön- nen ▪ die Materialien sollen korrosionsbeständig sein ▪ die Werkstoffe müssen für eine Serienfertigung geeignet sein ▪ möglichst nur Metalle einsetzen, die eine gute Wärmeleitfähigkeit besitzen ▪ die Werkstoffe müssen am Markt in der notwendigen Menge zur Verfügung stehen ▪ die Materialen für die Achsen müssen schweißgeeignet sein Materialanforderung für die Antriebsmotoren festgelegt Elektromotorengehäuse ▪ die eingesetzten Materialien müssen besonders leicht sein ▪ es muss gewährleistet werden, dass die Werkstoffe gut bearbeitet werden können ▪ die eingesetzten Materialien müssen sortenrein getrennt und recycelt werden kön- nen ▪ die Materialien sollen korrosionsbeständig sein ▪ die Werkstoffe müssen für eine Serienfertigung geeignet sein ▪ möglichst nur Metalle einsetzen, die eine gute Wärmeleitfähigkeit besitzen ▪ die Werkstoffe müssen am Markt in der notwendigen Menge zur Verfügung stehen Antriebswelle ▪ für die Herstellung der Wellen für die Antriebsmotoren müssen Materialien einge- setzt werden, die eine hohe Dauer- und Verschleißfestigkeit gewährleisten ▪ die Werkstoffe müssen für eine Serienfertigung geeignet sein ▪ es muss gewährleistet werden, dass die Werkstoffe gut bearbeitet werden können 36 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 Werkstoffe I Wirtschaftlichste Lösung durch Auswahl kostengünstiger Werkstoffe und Ferti- gungsmethoden ermittelt Roboterachsen 3.5312 EN-MgAl3Zn (siehe Tabelle 36) Rp0,2 = 155 N/mm2 Rm = 240 N/mm2 Bei dem ausgewählten Werkstoff handelt es sich um eine Magnesium-Aluminiumguss- legierung mit folgenden Eigenschaften: ▪ geringes Gewicht (Dichte mit 1,7 g/cm3 fast die halbe Dichte des AI) ▪ gute Gießbarkeit (Schmelztemperatur 640 °C) ▪ sehr gut spanbar ▪ gut wärmeleitend (Motorenbau) ▪ Legierungen aushärtbar ▪ einfaches Recycling ▪ schweißbar ▪ korrosionsbeständig Damit sind die gestellten Anforderungen erfüllt. Die Bauteile können zudem durch Gieß- verfahren innen hohl oder als Profil in der Serienproduktion maßhaltig und kostengüns- tig hergestellt werden. Motorengehäuse Bei dem ausgewählten Werkstoff handelt es sich um eine Aluminium-Siliziumgusslegie- rung AC-ALSi7Mg (siehe Tabelle 36) Rp0,2 = 190 N/mm² Rm = 240 N/mm² mit folgenden Eigenschaften: ▪ leicht (Dichte 2,7 g/cm3, das ist 1/3 der Dichte von Stahl; Verwendung daher insbe- sondere im Flugzeug- und Fahrzeugbau) ▪ korrosionsbeständig (Bauwesen, Fahrzeugbau) ▪ gut wärmeleitend (Motorenbau, z.B. Zylinderköpfe) ▪ gut spanbar, gut umformbar, gut schweißbar, gut gießbar ▪ leicht zu recyceln (gute Wiederverwertbarkeit) Die Auswahl wurde getroffen, da das Gesamtgewicht des Elektroantriebs im Wesentli- chen von der Motorwicklung und der Antriebswelle und nicht nur durch das Gehäuse beeinflusst wird. Außerdem sind Aluminiumlegierungen kostengünstiger im Einkauf als Magnesiumlegierungen. © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 37 Werkstoffe I Antriebswelle Für die Antriebswelle wurde ein niedriglegierter Vergütungsstahl gewählt. 42CrMo4 (siehe Tabelle 16) 1.7225 Rp0,2 = 650N/mm² Rm = 900 bis 1100 N/mm² Dieser Stahl kann zum Vergüten in Öl abgeschreckt werden. So ist gewährleistet, dass das Vergütungsgefüge im gesamten Querschnitt gleichmäßig entsteht. Außerdem liegt die Streckgrenze Rp0,2 bei 650 N/mm2 und die Zugfestigkeit Rm bei 900-1000N/mm2, wodurch die Dauer- und Verschleißfestigkeit positiv beeinflusst wird. Und durch ein günstiges Festigkeits-Gewichtsverhältnis wird die geforderte Leichtbauweise berück- sichtigt. Gestaltungsprinzipien, die z.B. für Reparaturen und Recycling eine einfache De- montage möglich machen, angewandt Roboterachsen Durch die Verwendung der Magnesium-Aluminiumlegierung ist es möglich, an beschä- digten Roboterachsen Bauteile, die z.B. Risse aufweisen, durch Schweißen zu reparie- ren. Die Ausführung der Roboterachsen als Hohlstruktur ermöglicht es, Versorgungs- leitungen für Reparaturen einfach zu demontieren. Für die Widerverwendung der Mag- nesium-Aluminiumlegierung durch Recycling können die einzelnen Werkstoffe außer- dem besser sortenrein getrennt werden. Antriebsmotoren Durch das Anflanschen der Antriebe können für Reparaturen die Antriebe einfach de- montiert und im Bedarfsfall repariert werden. 38 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 Werkstoffe I 2.3 Eisenmetalle Wird Abbildung 1 betrachtet, ist zu erkennen, dass Eisenwerkstoffe in zwei Gruppen unterteilt sind: Stähle und Eisengusswerkstoffe. Diese Unterscheidung ist wichtig. Es handelt sich zwar jeweils um einen Eisen-Kohlenstoffwerkstoff. Stähle werden aber nach der Stahlerzeugung und Vergießen in Teilmengen durch Warm- oder Kaltumfor- mung zu Halbzeugen weiterverarbeitet. Die Gusseisensorten werden nach dem Er- schmelzen in der Gießerei meist direkt zu Werkstücken vergossen. Die Definition von Stahl lautet: Stahl ist jede Eisen-Kohlenstofflegierung, die ohne Nachbehandlung plastisch umform- bar ist, mit einem C-Gehalt von weniger als 2,06 % C. Gusseisen hat einen höheren C-Gehalt. Außerdem liegt ein Teil des Kohlenstoffs in Form von Graphit vor, also nicht nur atomar gelöst im Eisenkristallgitter oder als Fe3C wie bei Stahl. Aus diesen Gründen besitzt das Gusseisen eine sehr gute Gießbarkeit. Siehe Tabellenbuch Maschinentechnik Seite 256 ff. „Eisen-Kohlenstoffdiagramm“ 2.3.1 Normierung und Bezeichnung von Stählen Stähle können nach unterschiedlichen Gesichtspunkten unterteilt werden. Dabei spielt es eine Rolle, ob der Stahl nur aus Eisen und Kohlenstoff besteht, also unlegiert ist, oder ob Legierungsbestandteile erst die jeweiligen Eigenschaften bestimmen. Eine weitere Unterteilung betrachtet das jeweilige Einsatzgebiet für bestimmte Bauteile, für die sich die jeweilige Stahlgruppe bewährt hat: z.B. Feder-, Wälzlager- und Werk- zeugstähle. Im Folgenden sind die gängigen Einteilungsmöglichkeiten dargestellt. Dieser Überblick ist notwendig, um die Normung und Bezeichnung der Stähle zu verstehen. Siehe auch Tabellenbuch Maschinentechnik Seite 81-150, Kapitel 3 – Werkstoff- technik‘ Einteilung nach DIN EN 10020/00 Bei dieser Gruppierung wird der Reinheitsgrad in Bezug auf Phosphor und Schwefel als Grundlage genommen. Ein hoher Reinheitsgrad an P und S beeinflusst wesentlich die Zähigkeit des Stahls und damit die Eignung z.B. für eine Wärmebehandlung oder zur Schweißeignung. Qualitäts- stähle sind im Allgemeinen nicht für eine Wärmebehandlung vorgesehen. ▪ Qualitätsstähle ▪ Edelstähle Siehe auch Tabellenbuch Maschinentechnik Seite 82 ‚Einteilung der Stähle‘ © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 39 Werkstoffe I Tabelle 9: Stahlarten und Beispiele nach DIN EN 10020/00 (Auswahl) Stahlart %P %S Beispiel Qualitätsstahl Baustahl S355JR 0,045 … 0,035 0,045 … 0.035 unlegiert Vergütungsstahl C35 Qualitätsstahl Schienenstahl R260/Mn 0,030 … 0,025 0,030 … 0,015 legiert Elektroblech M250-50A Edelstahl Einsatzstahl C15E 0,035 … 0,020 0,035 … 0,025 unlegiert Vergütungsstahl C45E Edelstahl Einsatzstahl 16MnCr5 0,035 … 0,020 0,035 … 0,015 legiert Vergütungsstahl 42CrMo4 Bezeichnung der Stähle nach DIN EN 10027-1 und 10027-2 Die Normung der Stähle gliedert sich in zwei Teilbereiche: ▪ Bezeichnung der Stähle nach dem Verwendungszweck ▪ Bezeichnung der Stähle nach der chemischen Zusammensetzung Für die Bezeichnung der Stähle werden grundsätzlich Werkstoffnummern oder Kurzna- men verwendet. Aufbau der Werkstoffnummern nach DIN EN 10027-2: Beispiel: 1.8507 1. 85 07 Werkstoffhauptgruppe: 1 für Stahl Stahlgruppennummer: 85 für die Gruppe der Nitrierstähle Sortennummer: 07 innerhalb der Stahlgruppe erhält jeder Stahl eine Zählnummer Siehe Tabellenbuch Maschinentechnik Seite 86 ‚Bezeichnungssystem für Stähle - Nummernsystem‘ Bezeichnung der Stähle nach dem Verwendungszweck (siehe dazu auch Tabelle 9) Da rein numerische Nummerierungssysteme für den Menschen nicht selbstredend sind, werden in der Praxis z.B. auf Zeichnungen alphanumerisch aufgebaute, genormte Kurz- namen verwendet – beispielsweise die beiden Kurznamen C15 und C45. Ist bekannt, dass durch das „C“ ein unlegierter Kohlenstoffstahl bezeichnet wird und die nachfolgende Zahl 15 den Kohlenstoffgehalt angibt (15/100 = 0,15, also 0,15 % Koh- lenstoff), dann kann auch der Kurzname C45 schnell entschlüsselt werden. Die Kurznamen bestehen nach DIN EN 10027-2 aus einem Hauptsymbol und einem Zusatzsymbol. Hier Bezeichnungen nach dem Verwendungszweck für allgemeine Bau- stähle: Beispiel 1: S235 JR+AR S 235 JR AR 40 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 Werkstoffe I S Stahl für den Stahlbau 235 Angabe der Streckgrenze Re für die kleinste Erzeugnisdicke JR Kerbschlagarbeit in Joule bei einer bestimmten Temperatur AR Lieferzustand wie gewalzt Beispiel 2: E235+AR E 235 AR E Stahl für den Maschinenbau 235 Angabe der Streckgrenze Re für die kleinste Erzeugnisdicke AR Lieferzustand wie gewalzt Die Bedeutung der Kurzzeichen ist den einschlägigen Tabellen zu entnehmen. Siehe Tabellenbuch Maschinentechnik Seite 83-85 ‚Bezeichnungssystem für Stähle – Kurznamen‘ Siehe Tabellenbuch Maschinentechnik Seite 87-91 ‚Baustähle‘ Hier eine Auswahl: Tabelle 10: Hauptsymbole nach DIN EN 10027-2 (Auswahl) Verwendungszweck Hauptsymbol Stähle für den Stahlbau S 360 Streckgrenze für das kleinste Erzeugnis Stähle für den Maschinenbau E 235 Streckgrenze für das kleinste Erzeugnis Flacherzeugnisse zum D X52 Walzzustand Kaltumformen Schienenstähle R 260 Mindesthärte nach Brinell HBW Elektroblech und -band M 400-50 Höchstzulässiger Ummagnetisierungsverlust Bei Stahlguss ist dem Hauptsymbol ein „G“ vorangestellt Tabelle 11: Zusatzsymbole für Stähle für den Stahlbau nach DIN EN10027-2 (Auswahl) Erzeugnisgruppe Norm Zusatzsymbole C besondere Kalt- Kerbschlagarbeit in Joule bei °C umformbarkeit Warmgewalzte DIN EN unlegierte JR 27 20° J2 27 -20° +AR Lieferzustand 10025-2 Baustähle gewalzt J0 27 0° K2 40 -20° +N Normalgeglüht Normalgeglühter DIN EN Normalgeglüht oder normalisierend gewalzt. Feinkornbaustahl 10025-3 Werte für die Kerbschlagarbeit festgelegt bei -20° Stähle für JR, J0, C wie DIN EN 10025-2 (oben) DIN EN Blankstahl- +C kaltgezogen +SH gewalzt und geschält 10277 erzeugnisse +G geschliffen +PL poliert © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 41 Werkstoffe I Tabelle 12: Zusatzsymbole für Stähle für den Maschinenbau nach DIN EN 10027-1 (Auswahl) Erzeugnisgruppe Norm Zusatzsymbole C besondere Kaltumformbarkeit Warmgewalzte DIN EN 10025-2 +AR Lieferzustand wie gewalzt unlegierte Baustähle +N Normalgeglüht +A geglüht +LC zugblank/weich Rohre DIN EN 10305-1 +C zugblank/hart nahtlos kaltgezogen *N Normalgeglüht +SR zugblank und spannungsarmgeglüht Um die Stähle verarbeiten zu können, sind weitere Eigenschaften wichtig – zum Bei- spiel: ▪ Eignung zum Kaltumformen, z.B. Biegen, Walzen und Abkanten ▪ Eignung zum Schmelzschweißen ▪ Eignung zum Härten und Vergüten Bezeichnung der Stähle nach der chemischen Zusammensetzung (siehe dazu auch Tabelle 13) Die Kurznamen bestehen nach DIN EN 10027-1 aus einem Hauptsymbol und einem Zusatzsymbol. Bei der Bezeichnung der Stähle nach der chemischen Zusammensetzung werden drei Gruppen unterschieden: ▪ Unlegierte Stähle mit einem Mangangehalt < 1 % (eine Ausnahme bilden hier Automatenstähle) Beispiel: C45 E C 45 E C Kennbuchstabe für Kohlenstoffstahl 45 Kennzahl für den Kohlenstoffstahl (Cmittel = 45/100 = 0,45 %) E Kennbuchstabe maximal vorgeschriebener Schwefelgehalt ▪ Niedriglegierte Stähle mit einem Mangangehalt ≥ 1 % und weniger als 5% Legierungsbestandteilen Beispiel 1: 16 MnCr5 +TH 16 Mn, Cr 5 TH 16 Kennzahl für den Kohlenstoffstahl (Cmittel = 15/100 = 0,15 %) Mn, Cr Legierungselemente, geordnet nach Höhe des Anteils 5 Legierungsanteil des ersten Legierungselementes (Mnmittel = 5/4 = 1,25 %) TH behandelt auf Härtespanne Für den Kohlenstoff gilt weiter der Teiler 100. Alle anderen Legierungsbestandteile werden der folgenden Tabelle entnommen. 42 © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 Werkstoffe I Liegen keine weiteren Zahlen für Legierungsbestandteile vor, wie in Beispiel 1 für Cr, so liegen Cr oder weitere Legierungselemente nur in Spuren vor. Tabelle 13: Teilungsfaktoren für niedriglegierte Stähle Legierungselement Teilungsfaktor Mn,Co,Cr,Ni,W,Si 4 Be,Cu,Mo,Al,Nb,Pb,Ta,Ti,V,Zr 10 C,Ce,N,P,S, 100 B 1000 Beispiel 2: 22CrMoS3-5 +TH 22 Cr, Mo, S 3 5 TH 22 Kennzahl für den Kohlenstoffstahl (Cmittel = 22/100 = 0,22 %) Cr, Mo, S Legierungselemente, geordnet nach Höhe des Anteils 3 Legierungsanteil des ersten Legierungselementes (Crmittel = 3/4 = 0,75 %) 5 Legierungsanteil des zweiten Legierungselementes (Momittel = 5/10 = 0,5 %) TH behandelt auf Härtespanne ▪ Hochlegierte Stähle mit mehr als 5 % Anteil mindestens eines Legierungsele- ments Siehe Tabellenbuch Maschinentechnik Seite 92-93 ‚Nichtrostende Stähle‘ Beispiel: X10CrNi18-8 +1 X 10 Cr, Ni 18 8 +1 X Kennbuchstabe für hochlegierte Stähle 10 Kennzahl für den Kohlenstoffstahl (Cmittel = 10/100 = 0,1 %) Cr, Ni Legierungselemente, geordnet nach Höhe des Anteils 18 18 % Cr 8 8 % Ni +1 warmgewalztes Erzeugnis Der Teiler 100 für den Kohlenstoff bleibt auch bei dieser Stahlgruppe. Für alle ande- ren Legierungselemente wird der Prozentsatz in voller Höhe angegeben, - es sei denn, das Legierungselement kommt nur in Spuren vor. Unlegierte wie auch legierte Qualitäts- und Edelstähle, die für eine Wärmebehandlung vorgesehen sind, werden durch Kurznamen aufgebaut, die aus den jeweiligen Legie- rungsbestandteilen bestehen. Dabei ist der Kohlenstoff das chemische Element, das in jedem Stahl vorhanden ist (siehe auch die Definition von Stahl). Kohlenstoff beeinflusst die Stahleigenschaften maßgeblich. Mit zunehmendem Kohlenstoffgehalt bekommen die Stähle eine höhere Festigkeit, allerdings wird der Stahl auch spröder. © DAA-Technikum Essen / M2_MT_LSK3_01.01.02 43 Werkstoffe I Der Kohlenstoff beeinflusst aber auch die Härtbarkeit des Stahles. Stähle mit weniger als ≤ 0,2 % C-Gehalt sind in der Regel nicht härtbar. Das bedeutet, durch die Abkühlung mit kritischer Abkühlgeschwindigkeit entsteht kein Martensitgefüge. Diese Tatsache hat aber auch Einfluss auf die Schweißbarkeit. Denn wenn ein Stahl nicht härtbar ist, dann besteht auch keine Gefahr, dass sich bei der Abkühlung der flüs- sigen Schweißnaht in der Schweißnaht und im Bereich der Schweißnaht Martensit bil- det und die Schweißnaht versprödet. Stähle mit ≤ 0,2 % C-Gehalt sind deshalb schweißbar. 2.3.2 Werkstoffkenngrößen von Stahlgruppen Siehe Tabellenbuch Maschinentechnik Seite 87-91 ‚Baustähle‘ Allgemeine Baustähle Die beschriebenen Baustähle stellen die Masse der erzeugten Stähle dar, machen etwa 60 - 70 % der Weltproduktion an Stahl aus und werden im Wesentlichen auf Grund ihrer gewährleisteten Streckgrenze als Konstruktionswerkstoff eingesetzt. Allgemeine Baustähle werden nach der Auslieferung keiner Wärmebehandlung unter- zogen. Diese Stähle werden als warmgewalzte Stähle nach einem Normalglühen beim Herstel- ler oder als kaltgewalzte Stähle im Brücken-, Hoch-, Tief-, Behälter-, Fahrzeug- und Maschinenbau eingesetzt. Sie finden bei normaler Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit in geschweißten, genieteten und geschraubten Bauteilen Verwendung. (Lieferzustand N: Normalglühung möglich). Der Kohlenstoffgehalt beträgt bei diesen Stählen 0,19 - 0,27 %. Die Ziffern und Zahlen hinter der Kennzahl für die Mindeststreckgrenze kennzeichnen die Gütegruppe. Die Stähle der Gütegruppen JR, J0 und K2 sind zum Schweißen nach allen Verfahren ge- eignet. Die Schweißeignung steigt von JR bis K2. Siehe Tabellenbuch Maschinentechnik Seite 83 ‚Bezeichnungssystem für Stähle – Kurznamen‘ Tabelle 14: Die jeweiligen Stähle sind auch in weiteren Gütegruppen lieferbar Schlagarbeit K in Joule Prüftemperatur in °C 27 J 40 J 60 J JR KR LR +20 JO KO LO 0 J2 K2 L2 -20 J3 K3 L3 -30 J4 K4 L4