Sozialstrukturanalyse Vorlesung Wintersemester 2024/25 - Einheit 7 - PDF
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Universität Stuttgart
2024
Susanne Vogl
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These lecture notes cover the topic of social structure analysis for the winter semester 2024/25, from the Universität Stuttgart. The document includes various aspects of social inequality, such as occupations and gender. Note taking on the topics covered in the lecture series.
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Institut für Sozialwissenschaften Sozialstrukturanalyse Vorlesung Wintersemester 2024/25...
Institut für Sozialwissenschaften Sozialstrukturanalyse Vorlesung Wintersemester 2024/25 - Einheit 7 - © Prof. Dr. Susanne Vogl Lernziele Definition und Beispiele Determinanten sozialer Ungleichheit Erklärung des Effekts verschiedener Determinanten auf Dimensionen sozialer Ungleichheit © Prof. Dr. Susanne Vogl Determinanten © Prof. Dr. Susanne Vogl sozialer Ungleichheit Determinanten sozialer Ungleichheit Bedingungen und Ursachen für unterschiedliche Statuspositionen in Dimensionen sozialer Ungleichheit (= Lebenslagen) Wirkung von Determinanten theoretisch begründet Wie beeinflusst der Beruf das soziale Ansehen einer Person? Determinanten sozialer Ungleichheit: „Individuell zurechenbare Umstände und sozialstrukturelle Merkmale, welche die Chancen beeinflussen, bestimmte Statuspositionen in den Dimensionen sozialer Ungleichheit zu erreichen, und die selbst keine Ungleichheitsmerkmale (Dimensionen sozialer Ungleichheit) sind“ (Huinink/Schröder 2019: 151) kein Mehr oder Weniger an Mitteln zur Verfolgung allgemein anerkannter Lebensziele © Prof. Dr. Susanne Vogl Determinanten sozialer Ungleichheit Unterscheidung: Zugeschrieben oder erworbene Determinanten Wichtige Determinanten: Beruf Geschlecht Alter Wohnregion Familienverhältnisse/Lebensform Ethnische Zugehörigkeit, Staatsangehörigkeit, „Migrationshintergrund“ Determinanten verändern sich und werden vielfältiger Intersektionalität! © Prof. Dr. Susanne Vogl 6 Beruf als Determinante sozialer Ungleichheit © Prof. Dr. Susanne Vogl 7 Beruf als Determinante sozialer Ungleichheit Beruf als Bestimmungsfaktor der Lebenslage Grundlage für unterschiedliche Erwerbschancen und Einkommen Basiert auf unterschiedlichen Qualifikationsniveaus beeinflusst ökonomische Dimension sozialer Ungleichheit Beeinflusst Erwerbschancen, Arbeitsbedingungen, Arbeitsplatzsicherheit und Alterssicherung beeinflusst wohlfahrtsstaatliche Dimension sozialer Ungleichheit Soziale Beziehungen, Macht, Einfluss und Prestige unterscheidet sich beeinflusst soziale Dimension sozialer Ungleichheit Beeinflusst Möglichkeiten der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und Möglichkeiten der Selbstbestimmung beeinflusst emanzipatorische Dimension sozialer Ungleichheit sozialer Ungleichheit © Prof. Dr. Susanne Vogl 8 Allensbacher Berufsprestige-Skala (2013) Quelle: Huinink/Schröder (2019: 144) © Prof. Dr. Susanne Vogl 10 Geschlecht als Determinante sozialer Ungleichheit © Prof. Dr. Susanne Vogl 12 Geschlecht als Determinante Rechtliche Gleichstellung, aber Verdienstchancen und Aufteilung von Zuständigkeit für Kinder und Haushalt unterscheiden sich Ungleichheit in formalen Bildungs- und Ausbildungsabschlüssen nicht mehr vorhanden Segregierter Ausbildungs- und Arbeitsmarkt (horizontale Differenzierung) verbunden mit unterschiedlichen Karrierechancen (vertikale Differenzierung) Mutterschaft führt häufig zu Nachteilen in wohlfahrtstaatlicher Dimension (z.B. Rente und Freizeit) © Prof. Dr. Susanne Vogl 13 Zeitverwendung 2022 Durchschnittliche Zeitverwendung von Personen ab 10 Jahren nach Geschlecht insgesamt männlich weiblich Aktivitäten je Tag in Stunden/Minuten Persönlicher Bereich, Physiologische 11:10 11:03 11:17 Regeneration Erwerbstätigkeit 2:37 3:08 2:07 Qualifikation, Bildung 0:26 0:27 0:25 Haushaltsführung und Betreuung der Familie 3:12 2:33 3:49 Ehrenamt, freiwilliges Engagement, Unter- 0:23 0:22 0:23 stützung anderer Haushalte, Versammlungen Soziales Leben und Unterhaltung 1:49 1:45 1:54 Sport, Hobbys, Spiele 1:13 1:25 1:01 Mediennutzung 2:56 3:03 2:49 Quelle: Statistisches Bundesamt (2024, destatis); https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Einkommen-Konsum- Lebensbedingungen/Zeitverwendung/Tabellen/aktivitaeten-geschlecht-zve.html © Prof. Dr. Susanne Vogl 14 Frauen in Führungspositionen In Deutschland 2023 sind rund 28,7 % der Führungspositionen von Frauen besetzt. Im EU-Vergleich liegt Deutschland im unteren Drittel. Beispiele: Lettland: Frauenanteil in Führungspositionen von 45 % Polen: 43 % Schweden: 42 % Kroatien: 22 % EU-Durchschnitt: 35 %. © Prof. Dr. Susanne Vogl 15 Gender Pay Gap Gender Pay Gap: geschlechtsspezifischer Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern. Unbereinigter Gender Pay Gap: Verhältnis absoluter Bruttostunden- verdienste ((Durchschnittlicher Bruttostundenverdienst der Männer – durchschnittlicher Bruttostundenverdienst der Frauen) / durchschnittlicher Bruttostundenverdienst der Männer) * 100. Bereinigter Gender Pay Gap: Verdienstunterschied auf Basis struktureller Unterschiede herausgerechnet, z.B. Unterschiede bei Berufen, Beschäftigungsumfang, Bildungsstand, Berufserfahrung oder der geringere Anteil von Frauen in Führungspositionen © Prof. Dr. Susanne Vogl 17 Quelle: https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Verdienste/Verdienste-GenderPayGap/_inhalt.html © Prof. Dr. Susanne Vogl 18 © Prof. Dr. Susanne Vogl 19 Alter als Determinante © Prof. Dr. Susanne Vogl sozialer Ungleichheit 22 Alter als Determinante Veränderungen im Alter auf allen Dimensionen sozialer Ungleichheit äußerst vielfältig und abhängig vom bisherigen Lebenslauf kein pauschal höheres Risiko für Benachteiligung im Alter Intersektionalität mit Beruf, Geschlecht etc. © Prof. Dr. Susanne Vogl 23 Nettoäquivalenzeinkommen, Armutsgefährdungsquote (2019) Nettoäquivalenz- Armutsgefährdungsquote einkommen (EUR/Jahr) männlich weiblich Insges. männlich weiblich Insges. 16 bis unter 18 Jahre 22.330 21.551 21.826 14,2 / 12,7 18 bis unter 25 Jahre 23.223 21.097 22.099 16,4 21,2 18,8 25 bis unter 50 Jahre 25.739 24.711 25.188 12,3 12,4 12,3 50 bis unter 65 Jahre 26.351 24.649 25.537 15,5 16,7 16,1 65 Jahre und mehr 21.034 19.896 20.425 16 20 18 Insgesamt 24.039 22.979 23.515 13,9 15,7 14,8 ©©Statistisches Bundesamt Prof. Dr. Susanne Vogl (Destatis), 2021 24 Exkurs: Arbeitslosigkeit Erwerbstätige: Personen im erwerbsfähigen Alter (ab 15 Jahren), die gegen Entgelt oder im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit gearbeitet haben - auch Personen, die ihre Erwerbstätigkeit vorübergehend nicht ausgeübt haben oder in einem Familienbetrieb mithelfend tätig gewesen sind. Erwerbslose: Personen im Alter von 15 bis 74 Jahren, die keiner Beschäftigung nachgegangen sind und in den letzten vier Wochen vor der Befragung aktiv eine Tätigkeit gesucht haben. Sie müssen ggf. innerhalb von zwei Wochen eine Tätigkeit aufnehmen können. Arbeitslose: Personen, die nach sozialgesetzlichen Vorgaben amtlich als solche gemeldet sind und der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen (Bundesagentur für Arbeit). Arbeitslose können geringfügig beschäftigt sein (weniger als 15 Stunden pro Woche). Erwerbspersonen: alle Erwerbstätigen und Erwerbslosen; sie sind Grundlage für die Berechnung der Erwerbsquoten. Nichterwerbspersonen sind entsprechend alle, die nicht erwerbstätig sind und nicht zu den Erwerbslosen zählen. Dazu gehören zum Beispiel noch in Schulausbildung oder Studium befindliche Personen oder auch Rentner. © Prof. Dr. Susanne Vogl 27 Exkurs Arbeitslosigkeit Stille Reserve: Nichterwerbspersonen, die grundsätzlich bereit und in der Lage sind, eine Erwerbstätigkeit auszuüben, unter den gegebenen Lebensbedingungen aber nicht aktiv eine Beschäftigung suchen. Ein Beispiel sind Mütter, die zweitweise die Erwerbstätigkeit aufgegeben haben und dem Arbeitsmarkt erst wieder zu Verfügung stehen, wenn sie die Fürsorge für ihr Kind bzw. ihre Kinder mit einer Berufstätigkeit in befriedigender Weise vereinbaren können. Erwerbsquote: der prozentuale Anteil der Zahl der Erwerbspersonen in der Bevölkerung eines Landes oder in einem Teil dieser Bevölkerung (etwa unter den Männern) an der Zahl aller Mitglieder der Bevölkerung oder des Bevölkerungsteils. Erwerbstätigenquote: der prozentuale Anteil der Zahl der Erwerbstätigen in der Bevölkerung eines Landes oder in einem Teil dieser Bevölkerung an der Zahl aller Mitglieder der Bevölkerung oder des Bevölkerungsteils. © Prof. Dr. Susanne Vogl 28 Wohnregion als Determinante sozialer Ungleichheit © Prof. Dr. Susanne Vogl 29 Wohnregion als Determinante zitiert nach Datenreport 2021: 304 © Prof. Dr. Susanne Vogl 30 Quelle: https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Bevoelkerung- 33 Arbeit-Soziales/Soziales-Lebensbedingungen/_inhalt.html Armut und/oder soziale Ausgrenzung 2022 im europäischen Vergleich © Prof. Dr. Susanne Vogl Staatsangehörigkeit/Migrations- hintergrund als Determinanten © Prof. Dr. Susanne Vogl sozialer Ungleichheit34 Staatsangehörigkeit und Migrationshintergrund Eine Person hat Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt. Die Definition umfasst folgende Personen: zugewanderte und nicht zugewanderte Ausländerinnen und Ausländer; zugewanderte und nicht zugewanderte Eingebürgerte; (Spät- )Aussiedlerinnen und Aussiedler; mit deutscher Staatsangehörigkeit geborene Nachkommen der 3 zuvor genann- ten Gruppen. Unterscheidung zwischen Zuwanderungsstatus und Staatsangehörigkeit Zuwanderungsstatus hat Effekte auf alle Dimensionen sozialer Ungleichheit Unterschiede nach Herkunftsland und Migrationsgeneration! Bildungsbenachteiligung Erwerbsbeteiligung niedriger und mit niedrigerem Status © Prof. Dr. Susanne Vogl 35 Quelle: Datenreport 2021: 289 © Prof. Dr. Susanne Vogl 36 Wechselwirkungen unter © Prof. Dr. Susanne Vogl Dimensionen 37 Wechselwirkung zwischen Dimensionen Komplementaritäts- oder Matthäus-Prinzip: Vorteile bzw. Nachteile in Bezug auf einer Ungleichheitsdimension fördern/hindern die Verbesserung von Statuspositionen in Bezug auf diese und andere Ungleichheitsdimensionen Ungleichheitsdimensionen sind komplementär bzw. verstärken sich: „wer hat, dem wird gegeben“ Dominanzprinzip: Statuspositionen aller Dimensionen sozialer Ungleichheit durch den Status in einer Dimension bestimmt Bildung als zentrale Ressource Bedeutung der sozialen Herkunft Kompensations- oder Substitutionsprinzip: Fehlende Mittel, die für die Realisierung bestimmter Lebensziele notwendig sind, werden durch andere ersetzt © Prof. Dr. Susanne Vogl 38 Wohlfahrtsstaat © Prof. Dr. Susanne Vogl 39 Aktivitätsfelder und Aufgaben des Wohlfahrtsstaats Kontrollfunktionen und Steuerungsaufgaben: Beispiele sind die Möglichkeiten, auf den Wirtschaftsprozess einzuwirken, und die Bedeutung des Wohlfahrtsstaats als Globalsteuerungsinstanz der Wirtschaft. Anbieten von Dienstleistungen: Beispiele sind das Angebot im Bereich der Kinderbetreuung, das Bildungs- und Ausbildungswesen oder die Gewährleistung öffentlicher Sicherheit. Bereitstellung von Infrastruktur: Hier denke man etwa an die Bereiche Verkehr, Kommunikation und Energiewirtschaft. Maßnahmen zur sozialen Sicherheit: Zu nennen sind vor allem das Sozialversicherungssystem und das Gesundheitswesen. Auch die Zuständigkeit für die Sicherung vor wachsenden globalen Risiken und das Engagement im ökologischen Bereich und beim Umweltschutz gehören dazu. Regulierung von Interessenkonflikten: Gesellschaftliche Konflikte, wie der zwischen Kapital und Arbeit, sowie Interessenskonflikte auf lokaler und zwischenmenschlicher Ebene werden durch staatliche Gesetze reguliert. Quelle: Huinink/Schröder (2019: 272) © Prof. Dr. Susanne Vogl 40 Wohlfahrtsstaat Der moderne Wohlfahrtsstaat beeinflusst das Ausmaß sozialer Ungleichheit, indem er sich als Arbeitgeber betätigt; auf die sozioökonomische Entwicklung einer Gesellschaft Einfluss nimmt; gesellschaftliche und soziale Konflikte reguliert; sozialpolitische Maßnahmen zur sozialen Sicherheit und sozialen Gerechtigkeit einführt; gesellschaftliche Partikularinteressen unterschiedlich gut befriedigt. Quelle: Huinink/Schröder (2019: 281) © Prof. Dr. Susanne Vogl 41 Literatur Huinink, J., & Schröder, T. (2019). Sozialstruktur Deutschlands (3. Auflage); UVK/Lucius. © Prof. Dr. Susanne Vogl