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These notes cover comparative politics, discussing various government systems, regime measurements, parties, interest groups, and elections. The document outlines research methods like qualitative and quantitative approaches with examples and also explores the historical development of institutionalism in political science.

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Vergleichende Politikwissenschaften Organisatorisches - Multiple Choice (06.02.2025, 08:00 – 10:00) - 70 Fragen zum Inhalt der Vorlesung - 3-5 Fragen zum „aktuellen Zeitgeschehen“ Forschungsbereiche - Herrschafts- und Regierungssysteme o Demokratische Systeme...

Vergleichende Politikwissenschaften Organisatorisches - Multiple Choice (06.02.2025, 08:00 – 10:00) - 70 Fragen zum Inhalt der Vorlesung - 3-5 Fragen zum „aktuellen Zeitgeschehen“ Forschungsbereiche - Herrschafts- und Regierungssysteme o Demokratische Systeme ▪ Institutionelle Muster in verschiedenen Typen demokratischer Regierungssysteme o Autoritäre Systeme o Totalitäre Systeme - Systemwechsel- und Transformationsforschung o Stabilität/Zusammenbrüche autokratischer Herrschaftssysteme o Übergänge zur Demokratie - Regimemessung o Modelle o Empirische Bestimmung der Qualität von Demokratie - Parteien und Parteiensysteme o Entstehung, Funktion, Bedeutung o Typologien o Klassifikation von Parteiensystemen - Verbände und Interessensgruppen o Entstehung, Funktion, Bedeutung o Interessenvermittlung zwischen Staat und Zivilgesellschaft o Lobbyismus, soziale Bewegungen - Wahlen und Wahlsysteme o Auswirkung auf politische Willensbildung o Parteienwettbewerb - Politische Kultur und Wertewandel o Einstellungen der Bevölkerung o Veränderung der Politischen Kultur und Auswirkung auf Politik und Gesellschaft - Gender-Studies o Geschlechtsspezifische Different von Politik (Partizipationsmöglichkeit) o Geschlechtsdifferenzierende Rolle von Institutionen - Politikfelder o Gestaltung, Steuerung, Wirkung von Wirtschafts- und Sozialpolitik o Umweltpolitik o Bildungspolitik - 3 Dimensionen o Polity ▪ Rahmenbedingungen von Politik ▪ Institutionenorientiert ▪ Verfassungen, Gesetze, Normen, formale und informelle Spielregeln ▪ Verfassungsrecht, Regimetypen, Institutionen o Politics ▪ Funktionsweise politischer Prozesse ▪ Input-orientiert ▪ Einstellungen, Interessen, Verhalten, Konflikte, Entscheidungsfindung- und Durchsetzung ▪ Parteien, Interessengruppen, Verbände, Wahlen, politische Kultur & Prozesse o Policy ▪ Inhalte von Politik ▪ Output-orientiert ▪ Ziele, Aufgaben, Politische Steuerung und Zielerreichung ▪ Politikfelder (Wirtschaftspolitik, Bildungspolitik, etc.) Ziele des Vergleiches - Beobachtungen beschreiben und systematisieren o Gemeinsamkeiten + Unterschiede → Zusammenhänge verstehen - Klassifikationen erstellen o Komplexität reduzieren, Typologien bilden - Erklärung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden o Hypothesen entwickeln & prüfen - Voraussagen treffen o Anhang von Modellen Entwicklungen prognostizieren o Diese Modelle ergeben sich aus Hypothesen etc. - → generalisierbare Aussagen treffen können Kriterien des wissenschaftlichen Vergleiches - Orientiert an theoretisch begründeten Forschungsfrage → Warum ist Merkmal relevant? - Logik, Möglichkeiten und Grenzen reflektieren - Vergleichsfälle nicht zu ähnlich aber auch nicht zu verschieden o Müssen in manchen Merkmals-Dimensionen gleichen Methoden - Qualitative Methoden (geringe Fallzahl) o Offene Antworten werden genutzt, um Hypothese zu bilden/Gemeinsamkeit zu erkennen o Vergleich: Welche Faktoren bedingen den Aufstieg rechts-populistischer Parteien in Westeuropa? - Quantitative Methoden (hohe Fallzahl) o Umfragewerte/Empirische Zahlen werden genutzt, um Hypothese zu beantworten o Untersuchung: Besteht ein Zusammenhang zwischen Wohlstandsniveau und Demokratie? o Untersuchung 2: Ändert sich das Abstimmungsverhalten von Abgeordneten, wenn die Abstimmung namentlich erfolgt? Historische Entwicklung 3 Entwicklungsphasen - Klassischer/Alter Institutionalismus (vor 1950) o Geographische und inhaltliche Beschränkung auf westliche Systeme und Institutionen o Zentrale Begriffe ▪ Staat, Verfassung, Parlament o Forschungsinteresse ▪ Wirkung von Institutionen o Merkmale ▪ Legalistisch ▪ Strukturalistisch ▪ Monographisch-holistisch ▪ Historisch-deskriptiv ▪ Geringer Theoriebezug ▪ Regional begrenzt - Struktur-Funktionalismus (1950 – 1980) o Wichtigste Vertreter ▪ Gabriel Almond ▪ David Easton o Suche nach Kategorien für einen universellen Vergleich ▪ Größere geographische Reichweite erfordert höheren Abstraktionsgrad o Vereinheitlichung der Disziplin o Zentrale Begriffe ▪ System, Rolle, Funktion o Forschungsinteresse ▪ Frage nach den kulturellen und sozialen Determinanten politischer Systeme → Strukturen und Institutionen werden ausgeblendet o Probleme ▪ Geringe Erklärungskraft ▪ Vernachlässigung des Kontexts o Durch den Behaviorismus wurde das Fach „Verwissenschaftlicht“ ▪ In der Wahlforschung und dem Studium der parlamentarischen Eliten können große Datensammlungen und quantitative Methoden zu Ergebnissen führen - → New Institutionalism/Neo-Institutionalismus (ab 1980) o Motto: “Bringing the state back in” o Erweitertes Verständnis von Staat und Institutionen (Douglas North) o Geringere geographische Reichweite, geringerer Abstraktionsgrad o Rückbesinnung auf die Bedeutung des Kontexts o Verstärktes Interesse an Politikinhalten und Politikergebnissen Methoden Arten von Daten - Individualdaten o Daten, die Personen zugerechnet werden können ▪ Name, Alter, ledig/verheiratet, Kinder, Beruf, etc. - Aggregatdaten o Informationen über Gruppen/Kollektive o Beruhen auf Zusammenfassung (Aggregation) von Messwerten der Mitglieder des Kollektivs ▪ BIP, Gini-Koeffizient, Demokratieniveau, Umfrageergebnisse - Kategoriale Daten o Nicht numerisch mit identischen Intervallen angebbar ▪ Mehrheits/Verhältniswahlrecht, Wohnort, persönliche Zufriedenheit (gar nicht, eher nicht, teils, sehr, etc.) - Metrische Daten o Numerische Werte die intervallskaliert sind o Abstand zwischen allen einfachen, ganzzahligen Werten immer gleich groß ▪ Gleich viel Abstand zwischen 5 und 6 wie zwischen 97 und 98 ▪ Nettoeinkommen, Wahlbeteiligung, Alter Arten von Variablen Variable = Merkmale, die zwischen 2 oder mehr Untersuchungsgegenständen variieren - Abhängige Variable o Variable, deren Ursache erklärt werden soll - Unabhängige Variable o Variable, deren Wirkung erklärt werden soll - Latente Variable o Abstrakt/nicht direkt beobachtbar o Muss zunächst operationalisiert werden → in beobachtbare Größe „übersetzen“ o Demokratiequalität, Legitimität, Wohlstand - Manifeste Variable o Identisch mit beobachtbaren Daten o Wirtschaftswachstum, Bevölkerungszahl, Zahl der Parteien Kategorien und Typologien - Kategorien o Zwischenschritt auf dem Weg zum Vergleich → Aufbereitung der Daten o Ordnung eines Untersuchungsgegenstandes o Bewegen sich auf Abstaktionsleiter ▪ Je größer die Extension (Reichweite), desto geringer die Intension (Zahl der gemeinsamen Merkmale) - Typologien o Beschreibt ein Muster spezifischer Ausprägungen von mehr als einem Merkmal o Mindestens 2 Merkmale mit verschiedenen Ausprägungen werden kombiniert, um auf einen „Typus“ zu schließen o → ist komplexer als Kategorien o Zweck von Typologien ▪ Reduktion von Komplexität durch Auswahl ▪ Strukturierung der Wirklichkeit ▪ Identifizierung von zentralen Variablen ▪ Klärung von Funktionszusammenhängen ▪ Schaffung von Vergleichsstandards: Modell vs. Wirklichkeit ▪ Beitrag zur Theoriebildung: implizieren Kausalzusammenhänge o Beispiele komplexer Typisierungen ▪ Typus der Massenpartei (Maurice Duverger) ▪ Drei Typen des Wohlfahrtsstaats (Esping-Anderson) Liberal (USA) Konservativ (Deutschland) Sozialdemokratisch (Skandinavien) ▪ Typus der Konkordanzdemokratie (Arent Lijphart) Schweiz, Libanon (→ ethnische Vielfalt?) ▪ Typus des bürokratischen Autoritarismus (Guillermo O’Donnell) o Identifikation relevanter Merkmale ▪ Deduktiv Ableitung aus der Theorie ▪ Induktiv Durch Beobachtung empirischer Phänomene ▪ ________ (Hypothese?) Lücke (Hurensohn) Abgeleitet aus empirischen Beobachtungen o Typus Arten ▪ Idealtypus Übersteigerung eines oder mehrerer Merkmale In Realität nicht vorzufinden → stattdessen Suche nach Annäherungen ▪ Regulärer Subtypus Gebildet durch Hinzufügen eines weiteren Merkmals am entsprechenden Haupttypus o An den Grundtypus(Haupttypus) Autoritärer Herrschaft wird bürokratisch angehängt, wodurch bürokratisch-autoritäre Herrschaft entsteht ▪ Verminderter Subtypus Grundlegende Merkmale des Haupttypus sind nicht ganz ausgeprägt → es wird kein neues Merkmal hinzugefügt Delegative/exklusive/illiberale Demokratie Es wird zwar auch ein Subtypus an den Haupttypus angehängt, diese sind aber nicht möglich → Demokratie weist immer das Merkmal der Menschenrechte auf, wodurch es keine „illiberale Demokratie“ geben kann Quantitative vs. Qualitative Methoden Inferenz = folgern, schließen → muss aus der Beobachtung und der Datenlage ausgehen (Was lässt sich aus den Daten schließen?: Das ist der Zweck des Vergleichs) - Deskriptive Inferenz o Von beobachteten Phänomenen auf unbeobachtete Phänomene schließen - Kausale Inferenz o Von beobachtbaren Phänomenen auf kausale Zusammenhänge schließen Quantitative Methoden - Logisches Prinzip: Korrelation (Je mehr A, desto mehr B) - Regressionsverfahren o Analyseverfahren zur Feststellung einer Beziehung zwischen einer abhängigen Variablen (Effekt) und einer oder mehreren unabhängigen Variablen (Ursachen) o Wenn eine Variable y und viele variablen x vorliegen ▪ Dann werden Regressionsverfahren angewandt, um Stärke des Zusammenhangs herauszufinden ▪ Dann kann ermittelt werden, welches x wie viel Zusammenhang mit y hat - Probleme der Quantitativen Methoden o Objektivität nicht immer gewährleistet o Data-driven (not problem-driven) o Korrelation ist nicht gleich Kausalität → wird hier nicht unbedingt ersichtlich ▪ Korrelation zeigt sich nur aus großer Distanz, Kausalität hingegen aus geringer Distanz o Ideale Experimentalsituation in Sozialwissenschaften nicht herstellbar → kein „Counterfactual“ Qualitative Methoden Arten der Methoden - Method of Difference/Method of Agreement (Differenzmethode/Konkordanzmethode) o Method of Difference o Abhängige Variable (AV) variiert in ähnlichen Kontexten o Ursache für diese Differenz wird bei vermuteten unabhängigen Variablen (UV) gesucht o Problem: binäre Rigidität der Merkmalsausprägung o Method of Agreement o Abhängige Variable besitzt trotz Unterschiedlichkeit der Fälle einen oder wenige gemeinsame Faktoren o Diese Faktoren sind ursächlich im Sinne einer hinreichenden Bedingung für das Phänomen o Problem: selection bias o Notwendige und hinreichende Bedingung ▪ Notwendige Bedingung = Abitur ▪ Abhängige Variable = Studium ▪ → Studium nur möglich, wenn die notwendige Bedingung erfüllt ist ▪ Hinreichende Bedingung = Studium ▪ Abhängige Variable = Sozialer Status ▪ → Die Bedingung impliziert die Konsequenz/das Vorhandensein der AV - Qualitative Comparative Analysis bzw. Komparative Fallstudien (Charles Ragin) o Komparativ sind Fallstudien, wenn sie einen „comparative merit“ besitzen o Typen von Fallstudien und Erkenntnisinteresse ▪ Erkenntnisinteresse: konzeptbildend/spezifizierende Repräsentativ Prototypisch/paradigmatisch Deviant cases (abweichende Fälle) ▪ Erkenntnisinteresse: Theorie testend Crucial cases o Most likely o Least likely o Logisches Prinzip ▪ Falsifizierung und Verifizierung o Beispiele ▪ Robert Michels‘ Oligarchie ▪ Demokratie in Singapur o Vor- und Nachteile ▪ Pro Einbeziehung neuer Variablen Analyse komplexer Zusammenhänge Aufdeckung von Kausalitäten ▪ Contra Begrenzte Generalisierbarkeit Gefahr der Parochialismus Gefahr von Ad-Hoc-Erklärungen und mangelndem Theoriebezug - Process Tracing o Diagnostische Beweise in einem Fall beobachten o → tragen diese dazu bei, eine alternative Hypothese zu falsifizieren oder zu bestätigen? - Least-likely-case-studies/Most-likely-case-studies o Logisches Prinzip der Falsifizierung Regimetypen 1 Definition Regime - Politische Herrschaftsform (auf Ebene von Staaten) - Definiert Zugänge zur politischen Herrschaft und Machtbeziehungen zwischen den Herrschaftseliten - Außerdem Verhältnis zwischen Herrschaftsträger zu den Herrschaftsunterworfenen - Definition Herrschaft o Die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden (Weber, 1980) Wozu dient Typisierung von Regimen? - Erinnerung o Typologie = Zuordnung von mindestens 2 Merkmalen mit min. 2 Ausprägung o Typologien sind die Kombinationen dieser Merkmale und Ausprägungen - Normative Gründe einer Typisierung o Aristoteles ▪ Frage nach dem guten Leben (Eudoaimonia) → Politie o Jeremy Bentham ▪ Größtmögliches Glück für die größtmögliche Zahl ▪ Utilitarismus o John Rawls ▪ Frage nach legitimer und gerechter Herrschaft ▪ Freiheit und Gleichheit aller Bürger ▪ Gewährleistung der Menschenrechte - Empirische und theoretische Gründe einer Typisierung o Frage nach Stabilität von Regimen o Frage nach Leistungsfähigkeit von Regimen in unterschiedlichen Politikbereichen o Frage nach Einflussfaktoren für die Entstehung unterschiedlicher Regime Klassische Typologien - Regimetypen nach Aristoteles ➔ Darauf bauen auf: o Die Idee des Verfassungszyklus (Polybius) o Idee der Mischverfassung (John Adams) o → Balance zwischen monarchischen, aristokratischen und demokratischen Elementen - Regimetypen nach Machiavelli o Monarchie vs. Republik - Regimetypen nach Max Weber (3 reine Typen legitimer Herrschaft) o Legitime Herrschaft rationalen Charakters ▪ Ordnung aus dem Glauben an Legalität ▪ Jene, die an Herrschaft berufen sind, üben dieses Recht aus ▪ Legale Herrschaft o Legitime Herrschaft traditionalen Charakters ▪ Basiert auf Alltagsglauben an die Heiligkeit und die von jeher geltenden Traditionen ▪ Traditionale Herrschaft o Legitime Herrschaft charismatischen Charakters ▪ Außeralltägliche Hingabe an die Heiligkeit oder Heldenkraft oder Vorbildlichkeit einer Person ▪ Glauben an die durch diese Person offenbarten und geschaffenen Ordnung ▪ Charismatische Herrschaft Moderne Typologien - Demokratie, Autoritarismus und Totalitarismus - Die Regimetypen stehen in einem Kontinuum Demokratie - Demos (Volk) + kratein (herrschen) - Entwicklungsetappen der modernen Demokratie 1. Parlamentarismus in GB 2. Amerikanische und Französische Revolution 3. Die Federalist Papers 4. Durchsetzung von Volkssouveränität und Repräsentativverfassung 5. Ab ca. 1920: Universelles Wahlrecht - Lincolns Definition der Demokratie (1863) o „government of the people, by the people, and for the people” → but who is the people? - Lauths Definition von Demokratie (2004) o Rechtstaatliche Herrschaftsform o Selbstbestimmung der Bürger im Sinne der Volkssouveränität o Beteiligung aller bei der Besetzung der politischen Entscheidungspositionen (Wahlen) o Es ist jedem möglich, selbst in eine politische Entscheidungspositionen zu kommen o Politische Freiheit, politische Gleichheit und politische und rechtliche Kontrolle - Elemente (Dimensionen) des Demokratiekonzepts o Konstitutionalismus ▪ Begrenzung der Herrschaftsgewalt durch konstitutionelle Regeln und Garantien → Grundrechte (Grundlage von Rechtsstaatlichkeit) ▪ Meilenstein: Bill of Rights (1689) o Gewaltenteilung ▪ Teilung der Herrschaftsgewalt (Englisches Vorbild) Exekutive und Legislative ▪ Wichtigste Vertreter der Teilung Locke, Montesquieu, Madison o Volkssouveränität ▪ Legitimation von Herrschaft durch Volk ▪ Keine dauerhafte Übertragung von Herrschaftsgewalt (Rousseau) o Materielle Gleichheit der Bürger (Gerechtigkeit) ▪ Politikergebnisse als Essenz der Demokratie o → Gegensatz zwischen materiellen und prozeduralen Demokratiekonzeptionen o → Spannungsverhältnis zwischen Repräsentation und Partizipation - Prozedurale Konzepte der Demokratie o Elitäre Demokratie ▪ Demokratie als ein System ▪ Individuen stehen im Wettbewerb um die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger, um an die Macht zu kommen o Liberale Demokratie ▪ Repräsentation und Schutz der individuellen Freiheiten o Direkte Demokratie o Rätedemokratie o Deliberative Demokratie o Cyberdemokratie - Robert Dahl: Polyarchie o 2 zentrale Dimensionen ▪ Opposition und Partizipation ▪ → entspricht einer elitären Demokratiekonzeption o Democracy and its critics (1989), Charakteristika der Demokratie ▪ Gewählte Vertreter sind für die Verabschiedung von Policy zuständig ▪ Diese sind friedlich gewählt und werden regelmäßig, fair und frei gewählt/abgewählt ▪ Quasi alle Erwachsenen dürfen wählen ▪ Quasi alle Erwachsenen dürfen die pol. Positionen besetzen ▪ Freiheitsrechte für alle Bürger ▪ Pressefreiheit ▪ Versammlungsrecht - Totalitarismus - Erstmals verwendet von Giovanni Avendola (1923) - Totalitarismus als extremer Gegenpol zur liberalen Demokratie o Aufhebung der Trennung zwischen Staat und Gesellschaft o Rechtsstaatlichkeit wird negiert: Prinzip der Willkür und des Terrors o Keine individuellen Freiheitsrechte: Durchdringung aller Bereiche des öffentlichen und des privaten Lebens - Totalitarismus als Herrschaftsform sui generis. Merkmale o Eine umfassende Ideologie o Eine hierarchisch organisierte Massenpartei o Terror durch eine Geheimpolizei o Staatliches Monopol über die Massenkommunikationsmittel o Staatliches Waffenmonopol o Staatlich gelenkte Wirtschaft - Hannah Arendt: nicht nur politische Kontrolle, sondern auch beeinflussen des Denkens und Fühlens der Menschen o Ideologie ▪ Realität interpretiert, um Handeln des Staates zu legitimieren ▪ Radikale Umgestaltung der Gesellschaft o Monopol auf Macht ▪ Monopol politischer Macht – Unterdrückung der Opposition ▪ Parteien, die nicht der Ideologie entsprechen, werden verfolgt oder aufgelöst o Terror ▪ Einsatz staatlichen Terrors ▪ Angst und Gewalt zur Kontrolle und zum Brechen des Widerstandes o Totaler Anspruch ▪ Alle Bereiche, einschließlich privaten Lebens, Kultur, Wirtschaft, kontrollieren ▪ Individuen sind Mitglieder einer bestimmten Gruppe (Rasse, Klasse, etc.) o Kollektivismus ▪ Fokus auf Kollektiv, das über Individuum steht ▪ Persönliche Freiheiten zugunsten des „Allgemeinwohls“ eingeschränkt o Propaganda ▪ Zur Verbreitung der Ideologie und Kontrolle der öffentlichen Meinung ▪ Manipulation von Informationen zur Legitimierung der Herrschaft Autoritarismus - Begriffliche Abgrenzung zur Autokratie o Autokratie meint sowohl Totalitarismus als auch Autoritarismus - Autoritarismus ist eigenständiger Typus zwischen Demokratie und Totalitarismus - Definition Juan Linz (2000) o Politisches System mit nicht verantwortlichem, begrenzten politischen Pluralismus o Keine ausgearbeitete und leitende Ideologie, dafür aber ausgeprägte Mentalitäten o Keine extensive oder intensive politische Mobilisierung o Machtausübung einer Person oder einer kleinen Gruppe innerhalb formal kaum definierter, aber vorhersagbarer Grenzen - Subtypen o Bürokratischer Autoritarismus (technokratische Militärregime) ▪ Z.B. Brasilien, Argentinien, Uruguay o Militärregime o Personalistisches Regime o Ein-Parteien-Regime o Sultanistische Regime (extreme Form des Personalismus) o Neopatrimoniale Regime (umfassender _____) o Dynastisch-autoritäre Regime (halb-konstitutionelle Monarchien) Regimetypen 2- Konzeptualisierung und Operationalisierung Vorüberlegungen - Politisches System als Kontinuum zweier Polarer Typen (Ideale Demokratie als ein Pol, perfektes totalitäres System als ein anderes Pol) - 2 Typen von Realtypen der Demokratie o Embedded Democracy ▪ Mehrheitsdemokratie ▪ Präsidentiell ▪ Parlamentarisch ▪ Konsensdemokratie o Defekte Demokratie ▪ Illiberal, delegativ, exklusiv, Militärregime - 2 Typen von Realtypen der Autokratie o Autoritäre Regime ▪ Kommunistisch-autorit. Regime ▪ Korporatistisch-autoritär, etc. etc. o Totalitäre Regime ▪ Kommunistische Regime ▪ Faschistische Regime ▪ Theokratische Regime - Messung der Qualität von Regime hat folgende Gründe o Objektivierung diffuser Konzepte o Schaffung einer diachronen Vergleichsgrundlage o Schaffung von Grundlagen für regionale und interregionale Vergleiche - Art der Variable von Regimequalität: Mehrdimensional + latent - Mögliche Skalen zur Messung Systematik der Messung Konzeptualisierung - Vom Background concept (oder Root-Konzept) zum systematisierten Konzept - Auffächerung in Dimensionen und Komponenten - Root Concept → Dimension 1 → Komponente 1, Komponente 2, … - Root Concept → Dimension 2 → Komponente 1, Komponente 2, … - Dadurch werden Überschneidungen vermieden und Konzept-Validität gewährleistet Verschiedene Autoren haben verschiedene Methoden zur Konzeptualisierung Dahl Bühlmann et al. Freedom House Operationalisierung - Nachdem die Komponenten ermittelt werden sind (in der Konzeptualisierung) wird operationalisiert - Übertragung der Komponenten in beobachtbare Größen (Indikatoren) - Indikatoren o Manifeste Variablen, die zur Messung eines theoretischen Begriffs dienen - Reliabilität (Zuverlässigkeit) o Genauigkeit/Präzision einer Messung o Bei Messwiederholung sollten sich gleiche Werte ergeben wir bei Erstmessung o Zufallsfehler (Übersetzungsfehler, unzuverlässige Quellen) rufen mangelnde Reliabilität hervor - Validität (Gültigkeit) o Wird wirklich das gemessen, was inhaltlich gemessen werden soll? o Wenn Befragter sozial erwünschte Antworten gibt/tendenziell allen Fragen zustimmt, gibt sie keine inhaltlichen Informationen Beispiel: Rechtsstaatlichkeit bei Bühlmann et al. ➔ Diese einzelnen Faktoren werden dann in Studien ermittelt, um einen Wert zu erlangen Beispiele für die Regimemessung Freedom House Democratic Audit - Entwickelt von David Beethman für GB - Maßstab: Modell der liberalen Demokratie - Verfassungswirklichkeit wird untersucht - Rein qualitative Bewertung → dadurch nur begrenzte Vergleichbarkeit der Länder Polity (Jaggers/Gurr 1995) - Dimensionen o Wettbewerbsgrad der politischen Partizipation o Wettbewerbsgrad und die Offenheit der pol. Rekrutierung o Begrenzung der Exekutive - Skala von 0-10 für jeden der beiden Regimetypen (also -10 bis +10) Vanhanen - 2 Dimensionen o Wettbewerbsgrad o Inklusion - Nur ein Indikator pro Dimension o Ausmaß der Partizipation ▪ Anteil der Wähler an der Gesamtbevölkerung (z.B. 50%) o Wettbewerbsgrad ▪ Anteil auf die stärkste Partei entfallenden Stimmen von 100 subtrahiert ▪ Siegreiche Partei hat 43% → Wettbewerbsindex = 100-43 = 57 - → diese beiden Werte multiplizieren und durch 100 teilen: o 50 * 43 / 100 = 28.5 → Der Demokratiescore Bertelsmann Transformation Index - Misst Status-Index und Governance-Index o Status-Index ▪ Stand der pol. Und wirtschaftlichen Transformation Politische Transformation (5 Kriterien) Wirtschaftliche Transformation (7 Kriterien) o Governance Index ▪ Politische Gestaltung auf dem Weg zu Demokratie und Marktwirtschaft Governanceleistung (5 Kriterien) ➔ Bei dem Bertelsmann Transformation Index sind westliche Staaten ausgenommen, da diese bereits Demokratien sind V-Dem - Misst ebenfalls Demokratie - 2 Dimensionen o Liberal Democracy Index (LDI) ▪ Elemente der Gewaltenteilung ▪ Gesetzmäßigkeit, Unabhängigkeit von Justiz und Legislative o Electoral Democracy Index (EDI) ▪ Wie sehr sind die Elemente von Dahls „Polyarchie“ vorhanden? Wahlrecht, Freiheitsrechte - Berücksichtigt verschiedene Subtypen von Demokratie o Elektive Demokratie o Deliberative Demokratie o Partizipatorische Demokratie o Liberale Demokratie o Egalitäre Demokratie Regierungssysteme 1 Vorüberlegungen - Moderne Demokratien sind repräsentative Demokratien - Formen der Repräsentation und des Mandats o Direkt/-indirekt o Personenbezogen/parteienstaatlich (Präsidial vs. parlamentarisch) o Delegate (imperatives Mandat) vs. Trustee (freies Mandat) - Funktionsprinzip: Horizontale und vertikale Kontrolle - Repräsentative Demokratien können unterschiedlich organisiert sein Parlamente und parlamentarische Regierungssysteme - Parlamente sind Vertretungen der Gesamtbürgerschaft – aber was heißt das? o Repräsentationen durch Parteien und Personen o Spiegelbild der Gesellschaft ▪ „in miniature an exact portrait of the people at large, as it should think, feel, reason and act like them” o Oder Versammlung freier Abgeordneter ▪ „whose wisdom may best discern the true interest of their country, and whose patriotism and love of justice will be at least likely to sacrifice it to temporary or partial considerations” - Erscheinungsformen von Parlamenten o Organisation ▪ Eine oder 2 Kammern ▪ Fraktionen, Caucuses, Bancadas ▪ Regierung und Opposition ▪ Ausschüsse ▪ Präsidium ▪ Wissenschaftlicher Dienst o Unterscheidung Arbeitsparlament vs. Redeparlament o Unterschiede hinsichtlich Ressourcen und Personal o Unterschiedliche Stellung im Institutionengefüge o Verschiedene Faktoren, die die Arbeitsfähigkeit von Parlamenten kennzeichnen ▪ Professionalität der Parlamente ▪ Kontrollfähigkeit der Parlamente ▪ Durchsetzungsfähigkeit von Legislativen der Parlamente - Merkmale o The English Constitution, Walter Bagehot (1867) o Zentrales Kriterium: Abhängigkeit der Regierung vom Parlament ▪ → Auflösungsrecht der Regierung gegenüber dem Parlament o Prototyp: Großbritannien (Westminster Modell) ▪ Wähler wählen Legislative ▪ Die Legislative bestätigt und setzt die Regierung außer Kraft ▪ Regierung formell vom Staatsoberhaupt (z.B. Bundespräsident) ernannt o Dualismus zwischen Regierung und Opposition im Parlament → Opposition als Regierung im Wartestand o Machtfusion durch die Einheit von Regierungspartei, Mehrheitsfraktion und Exekutive o Bildung von Regierungskoalitionen ▪ Große Koalitionen ▪ Typus der Minimum Winning Coalition Nur knappe Mehrheiten im Parlament Die häufigste Form der Koalitionen im Nachkriegseuropa /bis heute? o Überwiegend parteienstaatliche Repräsentation, disziplinierte Parlamentsfraktionen o Vereinbarkeit von Regierungsamt und Parlamentsmandat o Doppelte Exekutive Präsidentielle Regierungssysteme - Zentrales Kriterium: Unabhängigkeit der Regierung vom Parlament - Prinzip der institutionellen Gewaltenteilung (separation of powers) - „Ambition must be made to counteract ambition” - Prototyp: USA - Merkmale o Wechselnde Mehrheiten im Parlament o Schwache Fraktionsdisziplin o Personalen Repräsentationsprinzip, freies Mandat o Parteien als „empty vessels“ o Geschlossene (einköpfige) Exekutive o Möglichkeit des Impeachment Sonderfall: Brasilien (Koalitionspräsidentialismus) - Verbindung von institutioneller Gewaltenteilung und parlamentarischen Koalitionen - Formale Kompetenzen des Präsidenten kommen nur teilweise zur Geltung - Etablierung eines informellen Verhandlungssystems - Bildung von Viel-Parteien-Koalition und -Kabinette - Herstellung von Mehrheiten durch Kooptation und Patronage Präsidentialisierungsthese - Regime werden de facto präsidentieller, obwohl sie ihre formale Struktur in Wirklichkeit nicht verändern (Poguntke/Webb, 2005) o Zunehmende Dominanz des Regierungschefs innerhalb der Exekutive o Zunehmende Dominanz des Regierungschefs innerhalb ihrer/seiner Partei o Zunehemnde Personalisierung der Wahlkämpfe Die Präsidentialismusdebatte Juan Linz: Argumente für parlamentarische, gegen präsidentielle Regierungssysteme - Parlamentarische Systeme haben mehr Parteien o Inklusivere und flexiblere Koalitionsbildung o Wichtig in ethisch, ökonomisch und ideologisch komplexen Gesellschaften - Regierungen in parlamentarischen Systemen haben stabile parlamentarische Mehrheiten o Präsident kann bei fehlender Mehrheit nicht mit Dekreten regieren ▪ → gilt als undemokratisch o Alternative zu Dekreten sind kurzfristige ad hoc Mehrheiten ▪ Erschwert Umsetzung langfristiger Reformprogramme - Wechselseitige Abhängigkeit von Legislative und Exekutive kann Regierungskrisen lösen o Konstitutionelle Verfahrensweisen, um Blockaden aufzulösen - Präsidentielle System fördern die politische Polarisierung (adversary politics) o Oft Zwei-Parteiensysteme nach dem Prinzip „the winner takes it all“ o Dadurch sind die verschiedenen Positionen oft polar unterschiedlich o Im Gegenteil zu consensus politics in parlamentarischen Systemen Semi-präsidentielle Regierungssysteme - Eingeführt von Maurice Duverger - Definition (O’Neill, 1993) o Executive power is divided between a prime minister as head of government and a president as head of state o Substantial executive power resides with the presidency - Merkmale (nach Duverger) o Direkt gewählter Staatspräsident o Bedeutende Kompetenzen des Staatspräsidenten o Doppelköpfige Exekutive mit einem dem Parlament verantwortlichen Premierminister - Realtyp: Frankreich o Grundlage: Verfassung von 1958 o Der Präsident ▪ Starke Stellung, geprägt durch ______ ▪ Verkörpert gesamte, unteilbare staatliche Autorität ▪ Kompetenzen Bestellung des Premierministers Auflösung der Nationalversammlung Anwendung des Notstandsartikels Botschaften an das Parlament Ernennung von 3 der 9 Verfassungsrichter Vorsitz im Ministerrat o Der Premierminister ▪ Formal weitreichende Kompetenzen aber de facto dem Staatspräsidenten untergeordnet ▪ Besondere Rolle in Zeiten der Krise ▪ → Ungleichgewicht innerhalb der doppelten Exekutive o Das Parlament ▪ Asymmetrischer Bikammeralismus (Senat & Ensemble) ▪ Organisatorische Schwäche der Parteien ▪ „rationalisierter Parlamentarismus“ Regierungsdominanz bei der Gesetzgebund (vote bloqué) Eingeschränkte Kontrollrechte (Untersuchungsausschüsse) Typologie von Regierungssystemen nach Shugart und Carey (1992) 1. Präsidentielle Systeme a. Wechselseitige Unabhängigkeit beider Organe b. Staatspräsident entscheidet innerhalb der geschlossenen Exekutive alleine 2. Präsidentiell-parlamentarisches System a. Doppelköpfige Exekutive b. Präsident ernennt und entlässt Kabinett bzw. Minister c. Premierminister kann vom Parlament aus pol. Gründen abberufen werden 3. Premier-präsidentielles System a. Präsident besitzt beachtliche exekutive Kompetenzen b. Teilt diese Kompetenzen mit Premierminister im Kabinett, abhängig vom Vertrauen des Parlaments c. Präsident nicht notwendig Chef der Exekutive und nicht unbedingt legislative Kompetenzen 4. Parlamentarisches System a. Staatsoberhaupt hat keine bedeutenden legislativen Kompetenzen und keine autonomen Befugnisse bei der Regierungsbildung 5. Versammlungsunabhängige Regierung a. Regierung besitzt legislative Kompetenzen b. Während der gesamten Dauer unabhängig vom Vertrauen des Parlaments Konsens- und Mehrheitsdemokratie - Zentrale Dimensionen o Mehrheitsdemokratie ▪ Machtkonzentration o Konsensdemokratie ▪ Machtdispersion - Realtyp der Mehrheitsdemokratie: Westminster Modell - Markmale o Mehrheitsdemokratie ▪ Betonung des Wettbewerbsaspekts ▪ Größere Entscheidungsfähigkeit der Regierung o Konsensdemokratie ▪ Betonung des Beteiligungsaspekts ▪ Tragfähiger Konsens Merkmale und Indikatoren 1. Konzentration exekutiver Macht oder exekutive Machtteilung a. Durchschnittlicher Zeitraum, in dem die kleinste mögliche Koalition regiert hat 2. Kabinettsdominanz gegenüber dem Parlament und Machtfusion oder Machtbalance und Gewaltenteilung a. Durchschnittliche Lebensdauer von Kabinetten in Monaten 3. Zweiparteien oder Mehrparteiensystem a. Effektive Zahl der Parteien basierend auf Mandatsverteilung zu Beginn der Legislatur 4. Mehrheitswahlsystem oder Verhältniswahlsystem a. Disproportionalität des Wahlsystems 5. Interessengruppenpluralismus oder Interessengruppenkorporatismus a. Pluralismusgrad 6. Unitarischer Staat mit Verwaltungszentralisation oder föderaler Staat mit Verwaltungsdezentralisation a. Zentralisierungsgrad 7. Einkammersystem vs. symmetrisches Zweikammersystem a. Parlamentstyp 8. Flexible Verfassung oder rigide Verfassung a. Rigidität der Verfassung 9. Fehlen von richterlicher Überprüfung pol. Entscheidungen oder judicial review a. Parlamentssouveränität 10. Regierungsabhängige Zentralbank oder autonome Zentralbank a. Zentralbankautonomie Typen von Regierungssystemen nach Lijphart Regierungssysteme 2 Typus der Konkordanzdemokratie nach Arend Lijphart (Consociational Democracy) - Ähnlich, aber nicht deckungsgleich mit Konsensdemokratie - Typisch für Gesellschaften mit hohem Konfliktpotenzial - „government by elite cartel designed to turn a democracy with a fragmented political culture into a stable democracy” - Merkmale o 4 Prinzipien 1. Regierung durch „Große Koalition“, sehr repräsentative Koalition aller signifikanter Gruppen 2. Gruppenautonomie durch territorialen und nicht-territorialen Föderalismus und Dezentralisierung 3. Proportionalität 4. Veto-Rechte für Minderheiten - Institutionelle Erscheinungsformen o Kollegiale Exekutiven (Schweizer Bundesrat, Kollegiale Präsidentschaften in Uruguay o Große Koalitionen (Österreich) o Frente Nacional (Kolumbien) - Nachteile o Mangelnde Verantwortlichkeit der Regierung o Konflikte werden nicht gelöst sondern verdrängt o Kein stabiler Typus, sondern ein vorübergehendes Phänomen Veto-Spieler-Ansatz nach George Tsebelis Definition winsets: Menge aller politischer Alternativen, die von allen relevanten Vetospielern im Vergleich zum Status quo bevorzugt werden - Ausgangspunkt o Weiterentwicklung von der Typologie zur Theorie o Kritik an Lijpharts Ansatz ▪ Problem der Operationalisierung ▪ Stellenwert des Konsenses in demokratischen Regierungssystemen ▪ Richtung der Kausalität bei der Frage der Leistungsfähigkeit von Konsensdemokratien ▪ → Defizite eines makro-strukturellen Erklärungsansatzes - Definition o Vetospieler sind jene individuellen oder kollektiven [und korporativen!] Akteuren, deren Zustimmung notwendig für einen Politikwechsel ist o Nicht verwechseln: Vetospieler – Vetomächte – Vetopunkte - Es soll das Potential für Politikwechsel bzw. policy-Stabilität in unterschiedlichen institutionellen settings als abhängige Variable erklärt werden - Policy-Stabilität nimmt zu, wenn 1. Die Zahl der Veto-Spieler zunimmt 2. Ihre Kongruenz (die Übereinstimmungen in ihren Positionen) abnimmt 3. Ihre interne Kohäsion zunimmt - 3 Arten von Vetospielern o Institutionelle Vetospieler ▪ Akteure im Bereich der Gesetzgebung ▪ Besitzen Formal institutionalisierte/konstitutionell gesicherte Vetorechte ▪ Zweite Parlamentskammern, Verfassungsgerichte, Staatsoberhäupter ▪ → effektives, formales Veto ist entscheidend o Parteiliche (partisan) Vetospieler ▪ Politische Parteien oder parteiähnliche Gruppierungen (auch Parteienkoalitionen) o Sonstige Spieler ▪ Gesellschaftliche Machtgruppen ▪ Verbände ▪ Militär - Bestimmung der Zahl der Vetospieler (Variable 1 siehe oben) o Absorptionsregel ▪ 2 institutionelle Vetospieler mit unterschiedlichen pol. Zusammensetzungen sollten als zwei unterschiedliche Vetospieler gezählt werden ▪ Wenn die pol. Zusammensetzung identisch ist, sind auch die beiden Vetospieler identisch und sollten als einer gezählt werden 2 Parteien mit Vetomacht sind als zwei Vetospieler zu betrachten ▪ Eine wichtige Rolle für die Größe des winsets spielt die programmatische Distanz bzw. Kongruenz zwischen den Vetospielern (Variable 2) → Variable 1 & 2 hängen also voneinander ab - Je größer die Kohäsion, desto kleiner der Radius der Indifferenzkurve des entsprechenden Vetospielers o Definition Kohäsion ▪ Differenz der Position innerhalb einer Partei bevor es eine Diskussion und eine Abstimmung in der Partei dazu gibt ▪ Parteidisziplin meint die Fähigkeit einer Partei, das Wahlverhalten der Abgeordneten im Parlament zu kontrollieren o Kohäsion abhängig von ▪ Numerischer Größe des Vetospielers (ein Vetospieler, z.B. Partei, der mehr Mitglieder hat, ist kohäsiver als ein Vetospieler mit weniger Mitgliedern) ▪ Ideologischer Heterogenität ▪ Ausmaß der internen hierarchischen Steuerung → Mehr Parteien = weniger Überschneidungen/mehr verschiedene Ansichten, wodurch Mehrheiten für Vorhaben weniger häufig zustande kommen → innerparteilich verschiedene Ansichten = man einigt sich nicht vereint auf Standpunkte, sondern versucht, seine eigenen Ansichten zu vertreten (Machtspiele?) → große Übereinstimmung verschiedener Parteien = große Mehrheit, um die aktuellen Policies beizubehalten - Kritik o Benennung der Vetospieler ist ungenau ▪ Was sind „andere Vetospieler?“ o Unklar, wie inhaltliche Kongruenz zwischen Vetospielern gemessen wird o Vetospieler-Theorie ungeeignet, um Kompromisse jenseits des Winsets zu erfassen o Präferenzen werden als statisch und exogen betrachtet o Einseitige Annahmen über die Handlungsmotivation der Akteure (policy seeking) o Mangelnde funktionale Unterscheidung zwischen parteilichen und institutionellen Vetospielern o Die unterschiedlichen Machtressourcen der Akteure nicht berücksichtigt o Verfassungsgerichte können nicht auf dieselbe Stufe wie parteiliche Akteure gestellt werden Konzept der Vetopunkte nach Ellen Immergut und André Kaiser Definition veto points (Vetopunkte) : structural incentives providing windows of influence - Vetopunkte sind institutionelle Mittel, welche von politischen Akteuren genutzt werden können (aber nicht müssen), je nachdem, ob sie mit deren Strategien zusammenpassen - Politische Entscheidung benötigen Zustimmung in mehreren Punkten in einer Kette von Entscheidungen die in verschiedenen Arenen getroffen werden. - Das Schicksal legislativer Vorschläge hängt von Zahl und Standort der Vetochancen innerhalb dieser Kette ab - Wie sehr Interessengruppen insofern Einfluss auf Legislative Entscheidungen nehmen können, hängt also davon ab, wie viel Zugriff/Einfluss sie auf politische Repräsentanten haben, die als „Schwachpunkt“ oder Vetopunkt innerhalb der Kette gelten 4 Typen von Vetopunkten 1. Consociational veto points a. Führen zu Machtteilung innerhalb der Exekutive 2. Delegatory veto points a. Aufgliederung des parlamentarischen Entscheidungsprozesses 3. Expert veto points a. Verlagerung von Entscheidungen in Expertengremien, Schiedsgerichten, o.Ä. 4. Legislatory veto points a. Spezielle Regelungen zum Schutz von Minderheiten Vertikale Gewaltenteilung und Föderalismus Föderalismus ist eine politische Organisation, in welcher die Regierungsaktivitäten in regionalen Regierungen und einer zentralen Regierung aufgeteilt werden, sodass jede Art der Regierung in manchen Gebieten die finalen Entscheidungen trifft - Strukturmerkmale föderaler Systeme o Zweite föderale Parlamentskammern auf zentralstaatlicher Ebene o Verfassungsgerichtsbarkeit - Unterscheidung o Einheitsstaat → Föderation → Konföderation´ Gründe für Föderalismus - Prinzip der Subsidiarität o So, wie man dem Individuum das lässt, was es aus eigenen Kräften leisten kann, sollte man den kleineren, untergeordneten Gemeinwesen auch das lassen, was sie selbst zu einem guten Ende führen können o Jede Gesellschaftstätigkeit ist ihrem Wesen nach subsidiär, soll die Glieder des Sozialkörpers unterstützen, darf sie aber nicht zerschlagen oder aufsaugen - Wirtschaftliche Gründe o Arbeitsteilung, Wettbewerb, politisches Lernen - Geographische Gründe o Organisation eines großen Territoriums - Ethnische und sozio-ökonomische Heterogenität - Demokratietheoretische Gründe o Machtteilung o Gegenseitige Kontrolle o Streuung von Machtzentren o Zusätzliche Beteiligungsebenen Vergleich von Föderationen - Mögliche Vergleichsdimensionen o Relatives Gewicht der staatlichen Ebenen gemessen an ihren Kompetenzen und Ressourcen - Verhältnis der föderalen Ebenen zueinander o Trennföderalismus (dualer Föderalismus) ▪ Trennung von Entscheidungskompetenzen und entsprechenden Verwaltungsorganen zwischen den staatlichen Ebenen o Verflechtungsföderalismus ▪ Entscheidung liegt bei zentralstaatlicher Ebene, die verwaltungstechnische Implementierung bei den Gliedstaaten o Beispiel BRD ▪ Länder führen Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, soweit GG nichts anderes bestimmt oder zulässt Probleme in föderalen Systemen - Politikverflechtungsfalle (Fritz Scharpf) o Ausgangspunkt: Notwendigkeit der Zusammenarbeit der staatlichen Ebenen bei bestimmten Aufgaben o Untere Ebenen akzeptieren Einschränkungen ihrer Kompetenzen im Tausch gegen ein Veto (Bundesrat?) → Konsens oder qualifizierte Mehrheiten als Entscheidungsregel o Folge: Blockaden und institutionelle Sackgassen, da sich die Kompetenzen nicht mehr entflechten lassen o Beispiel: Gemeinschaftsaufgaben (Hochschulbau, Küstenschutz, Strukturförderung) - → Also: Entscheidungsstruktur, die zwei oder mehr Ebenen verbindet und aus ihrer institutionellen Logik heraus systematisch ineffiziente und problem-unangemessene Entscheidungen erzeugt, und zugleich unfähig ist, die institutionellen Bedingungen ihrer Entscheidungslogik zu verändern - Spannungen zwischen föderalem Staatsaufbau und nationalem Parteiensystem „Strukturbruch“ o Problem der Gleichzeitigkeit von parteipolitischer und landespolitischer Interessenvertretung im Bundesrat o Spannungslage zwischen Länderinteresse und bundespolitischen Parteibindungen – Überlagerung des föderalen Interessenwettbewerbs durch parteipolitische Konfliktlinien - Subnationaler Autoritarismus o Günstige Bedingungen für klientelistische Strukturen auf regionaler Ebene ▪ Begrenzte Elite ▪ Fehlende Kontrolle ▪ Stimmenkauf und Machine-Politics o Regionale Machtbasis dient als Hebel für Verhandlungen auf nationaler Ebene → finanzielle Zugeständnisse und weiterer Ausbau eines dysfunktionalen Föderalismus Wahlen und Wahlsysteme Definitionen und Vorüberlegungen Definition Wahlen - Direkte Prozesse zur Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an der Politik - Mittels formalisierter Stimmabgabe im Rahmen eines Wahlverfahrens - Notwendiges Merkmal demokratischer Regime → einfachste und wichtigste Form demokratischer Beteiligung Definition Wahlsysteme - „The electoral system is the most fundamental element of representative democracy” - → a set of essentially unchanged election rules under which elections are conducted - Enges Verständnis o Art der Übertragung von Stimmen in Mandate - Weites Verständnis o Registrierung/Zulassung von Kandidaten o Wahlkalender o Wählerregistrierung o Wahlkampfkostenerstattung o Modus der Stimmabgabe o Stellung und Funktion der Wahlbehörde - In Verfassung verankert, schwierig zu ändern Bedeutung von Wahlen - Accountability (Rechenschaftspflicht) - Responsiveness o Beziehung zwischen Bürgern und Regierung o Bürger verlangen etwas und üben (z.B. durch die Wahl) Druck aus, dass diese policy umgesetzt wird → eine responsive Regierung versucht, diesem Verlangen nachzukommen - Das Wahlverfahren bestimmt die Form von Accountability und Responsiveness Wahlsysteme - Zentrale Aspekte o Zahl und Größe der Wahlkreise ▪ Einerwahlkreise, Mehrpersonenwahlkreise oder landesweite Wahlkreise o Kandidaturform ▪ Person oder Liste o Art der Stimmabgabe ▪ Einzelstimmabgabe, Präferenzstimme, Mehrfachstimme, Alternativstimme, Kumulieren, Onlinewahl? o Form der Stimmverrechnung - Global über 250 verschiedene Wahlverfahren - Verhältniswahl und Mehrheitswahl sind Grundtypen Verhältniswahlsysteme - Idealtyp o Uneingeschränkte proportionale Übertragung von Stimmen in Mandate in einem einzigen nationalen Parlament - Historische Entwicklung o Einfluss rechter Parteien gesichert trotz Ausweitung des Wahlrechts o In Deutschland 1919 erstmals angewandt - Varianten o Sperrklauseln ▪ Griechenland: 3% ▪ Österreich: 4% ▪ Deutschland: 5% o Verhältniswahl in kleinen Wahlkreisen ▪ Spanien: 1-33, Durchschnitt von 7 Mandaten ▪ Lettland: Durchschnitt von 20 Mandaten ▪ Ungarn: Durchschnitt von 8 Mandaten o Deutschland ▪ Personalisierte Verhältniswahl Auszählverfahren D’Hondt Hare-Niemeyer (Wahlzahlverfahren) 216 / 580 * 100 = 37,24 Die Quote bestimmt die Sitze Es wird aufgerundet bei C und D, deshalb jeweils ein zusätzlicher Sitz Sainte- Lague Mehrheitswahlsysteme - Relative Mehrheitswahl o Unterteilung des Wahlgebiets in so viele Wahlkreise wie Mandate zu vergeben sind o In jedem Wahlkreis wird ein Mandat an den Kandidaten mit der relativen Stimmmehrheit vergeben o Großbritannien, USA (Repräsentantenhaus) - Absolute Mehrheitswahl o Unterteilung des Wahlgebiets in so viele Wahlkreise wie Sitze zu vergeben sind o In jedem Wahlkreis ein Mandat an den Kandidaten mit der absoluten Stimmmehrheit o Wenn kein Kandidat im ersten Wahlgang über 50% erzielt, wird eine Stichwahl durchgeführt o Frankreich (Präsident) - Weitere Varianten o Frankreich (absolute Mehrheitswahl) ▪ Absolute Mehrheit oder Stichwahl zwischen Kandidaten mit min. 12,5% der Stimmen ▪ Relative Mehrheit im 2. Wahlgang o Argentinien ▪ 50% oder nur ein Kandidat mit mehr als 45% oder mehr als 40% und mehr als 10% Abstand zum nächsten Kandidaten o Nicaragua ▪ Mehr als 40% oder mehr als 35% und mehr als 5% Abstand zum nächsten Kandidaten Zwischenformen von Wahlsystemen - Relative Mehrheitswahl in Einerwahlkreisen o GB, Indien - Absolute Mehrheitswahl in Erwahlkreisen (bei Präsidentschaftswahlen) o Option auf einen 2. Wahlgang verändert das Wahlverhalten im 1. Wahlgang (bessere Chancen für Außenseiter) - Mehrheitswahl in Mehrpersonenwahlkreisen - Verhältniswahl in kleinen Wahlkreisen - Mehrheitswahl mit proportionaler Zusatzliste (Grabenwahlsystem) o Russland, Japan, Litauen - Verhältniswahl in Mehrpersonenwahlkreisen - Personalisierte Verhältniswahl mit Sperrklausel o Deutschland, Osteuropa - Single-transferable vote system (Präferenzwahlsystem) o Australien - Reine Verhältniswahl o 1 nationaler Wahlkreis ohne Sperrklausel Auswirkungen von Wahlsystemen - Duvergers Gesetz: relative Mehrheitswahl führt zu einem Zwei-Parteien-System - Coattail-Effekt (Rockzipfeleffekte): Wenn Wahlen gleichzeitig stattfinden, beeinflusst die Wahl mit größerer Aufmerksamkeit die kleinere - „Nützliche Stimme“, Wahlökonomie, Stimmsplitting - Leihstimmen - → Da die einzelne Stimme selbst quasi keinen Einfluss hat, ist die Wirksamkeit von taktischem Wählen zu vernachlässigen, da sie irrational und verschwendet ist. Wählen um eine Präferenz auszudrücken ist dagegen rational (Riker, 1982) Vor- und Nachteile von Verhältnis- und Mehrheitswahlsystemen - Vorteile der Mehrheitswahl o Verhinderung der Parteienzersplitterung o Förderung stabiler Regierungen o Förderung politischer Mäßigung o Alternation in der Regierungsführung o Direkter Einfluss auf die Regierungsbildung o ABER: Drohende Verödung in einzelnen Wahlkreisen - Vorteile der Verhältniswahl o Breite Repräsentation o Verhinderung künstlicher Mehrheiten o Förderung des Kompromisses o Kontinuität im Parteiensystem o Geringe Rigidität – niedrige Eintrittshürden o Verhinderung eines Parteienkartells ➔ Problem: keine eindeutige empirische Bestätigung dieser Zusammenhänge ➔ i.d.R. lassen sich nur _____ Aussagen über diese Zusammenhänge formulieren ➔ Wahlsysteme sind keine (vollständig) unabhängigen Variablen ➔ Funktionsweise eines Wahlsystems wird nur aus dem Kontext heraus ersichtlich – Auswahl relevanter Kontextfaktoren: o Gesellschaftliche Homogenität/Heterogenität o Zahl und Tiefe der Konfliktlinien o Qualität des Parteiensystems o Verteilung der Wählerschaft und Wahlverhalten o Informelle Institutionen (Klientelismus, Ungleichheit) Vergleich von Wahlsystemen - Normativ o Abhängig von der jeweiligen Demokratiekonzeption (und den zugrunde gelegten Normen [Accountability, Partizipation, Repräsentation] - Empirisch-statistisch o Identifiziert werden Korrelationen, aber keine Kausalzusammenhänge - Historisch-empirisch o Berücksichtigung des Kontextes Elektorale Disproportionalität: Der Gallagher-Index - Grad der Disproportionalität, wie sehr die Verteilung der Sitze im Parlament von der Verteilung der Stimmen bei der Wahl abweicht Manipulation von Wahlen Grundsätze demokratischer Wahlen (GG. Art 38) - Allgemein o Alle Bürgerinnen und Bürger sind wahlberechtigt - Unmittelbar o Die Wählerstimmen werden direkt für die Zuteilung der Abgeordnetensitze verwendet - Frei o Die Stimme kann frei von staatlichem Zwang oder sonstiger unzulässiger Beeinflussung abgegeben werden - Gleich o Alle Wahlberechtigten haben gleiches Gewicht - Geheim o Es darf nicht feststellbar sein, wie der einzelne Bürger gewählt hat Tatsächliche Verzerrung - Aufgrund Gesellschaftsstruktur o Wahlbeteiligung Geringverdienender sinkt stetig ▪ 2009 wählten in der untersten Einkommensschicht 19% weniger Menschen als in der obersten Einkommensschicht ▪ 1972 lag die Differenz bei 5% o Allgemein seit den 1980er Jahren weniger Wahlbeteiligung, vor allem bei Jüngeren gering - Verzerrungen im Wahlkampf o Ausgaben der Regierung steigen vor den Wahlen, um Image zu polieren - Manipulation des Wahlverfahrens o Gerrymandering → Verzerrung des Gleichheitsgrundsatzes - Manipulation der Stimmabgabe o Stimmenkauf (Voto Cadena in Argentinien) o Verletzung der Freiheit und des Wahlgeheimnisses - Manipulation bei der Auszählung o Wahlgeheimnis wird untergraben, indem das Wahlverhalten aktiv beobachtet wird o Offensichtlich Wahlfälschung Parteien- und Parteiensysteme Definition und Vorüberlegung Hans Kelsen: „Die Demokratie ist notwendig und unvermeidlich ein Parteienstaat“ Definition Partei nach Winkler - Gruppe gleichgesinnter Personen - Beteiligung an der pol. Willensbildung - Strebt nach der Besetzung pol. Positionen Definition nach Sartori - Eine pol. Gruppe, di sich mit dem Ziel an Wahlen beteiligt, Kandidaten in öffentlich Ämter zu bringen - → Wahlbeteiligung notwendiges und hinreichendes Kriterium? Klassifikation von Parteien - Mitgliederstruktur o Interessenparteien, Klassenparteien, Volksparteien - Soziale Merkmale der Parteibasis o Arbeiterpartei, Bauernpartei - Organisationsstruktur o Honoratioren/Kader/Massenpartei/Hierarchie oder Stratarchie (alle Ebenen unabhängig) - Programm o Rechts/links/konservativ/.. - Ziele o Office/votes/program - Systemkonform oder Anti-System - Institutionalisierungsgrad Funktionen - Elitenauslese und Rekrutierung - Formulierung pol. Ziele und Programme - Artikulation und Aggregation von Interessen - Kommunikation zwischen Eliten und Bürger „Übersetzung“ - Koordinierung des Regierungshandelns - Systemintegration - Allgemein: Stabilisierung/Legitimierung pol. Systeme - → empirisch beobachtbar oder normativ erwünscht? Parteienentwicklung und Parteitypen 1. Honoratiorenpartei a. Lockere Elitennetzwerke b. Honoratioren sind einflussreiche, kleinbürgerliche Menschen, die Partei repräsentieren 2. Massenpartei a. Entstehen mit Ausweitung des Wahlrechts und extern b. Homogene Massenbasis c. Hierarchische Organisation d. Bindung der Mitglieder durch Gewerkschaften, Kirchen, Vereine i. Massenparteien als Bindeglied zwischen Zivilgesellschaft und Staat e. Prototyp: Sozialdemokratische Parteien 3. Catch-All Partei a. Reaktion auf gesellschaftliche Heterogenität b. Integration heterogener Wählergruppen c. Entideologisierung d. Organisatorische Verschiebung hin zur Parteiführung e. Schwächere Bindung der Mitglieder f. Zunehmende Staatsnähe i. Eher „broker“/Verhandler zwischen Zivilgesellschaft und Staat g. Variante: Professionalisierte Wählerparteien 4. Kartellpartei a. Sinkende Mitgliederzahlen b. Verändertes Partizipationsverhalten c. Grenze zwischen Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern verschwimmt d. Abhängigkeit von staatl. Mitteln e. Reduzierung des pol. Wettbewerbs – Mechanismen statt konkreter Politikinhalte f. Effizienteres und effektiveres Management statt konkreter Politikinhalte g. Korrespondiert mit Phänomen der „Postdemokratie“ Weitere Parteitypen 1. Parteien neuen Typs a. Entstanden aus „Neuen sozialen Bewegungen“ in 1970 Jahren b. Vertretung post-materialistischer Anliegen i. Frauenrechte, Umwelt, Beteiligung c. Horizontale, beteiligungsorientierte Organisationsstruktur 2. Rechtsradikale und rechtspopulistische Parteien a. Bis 1980: orientiert an faschistischen Vorläufern b. Ab 1980 i. Neo-Konservatismus 1. Ablehnung der new politics, Betonung von Individualismus und nationaler Stärke ii. ____ 1. Verklärung der „natürlichen Gemeinschaft“ Typisierung von Parteiensysteme - Fragmentierung o Effektive Zahl der Parteien nach Laakso/Taagepera - Relative Stärke der Parteien (symmetrisch/asymmetrisch/hegemonial/multipolar) - Volatilität nach Pedersen (1979): TNC/2 - Segmentierung h = high (1), m = medium (0,5) Entstehung und Wandel von Parteiensystem Faktoren, die Struktur von Parteisystemen beeinflussen - Soziologische oder institutionelle Determinanten - Einfluss des Wahlsystems → Duvergers Gesetz - Soziologische Faktoren → Cleavage Strukturen - Krisen → Prozesse des Dealignment und des Realignment - Kovergenz-Hypothese Cleavage Strukturen - Cleavages sind stabile Meinungsverschiedenenheiten (Interessen/Orientierung) zwischen sozialen oder politischen Gruppen, die in Konflikt ausarten können - Cleavages das Ergebnis gemeinsamer „traits, attitudes und activities“ innerhalb gesellschaftlicher Großgruppen (Bartolini/Mair) Wurzeln der europäischen Cleavage-Strukturen in der nationalen und industriellen Revolution - Zentrum vs. Peripherie o Liberale, urbane Elite vs. regionale Minderheiten - Kirche vs. Staat - Stadt vs. Land - Arbeit vs. Kapital - → Freezing-Hypothese o Die cleavages sind größtenteils „frozen“, also geblieben aus Zeiten des 19. Jahrhunderts, denn Parteien sind verknüpft mit Institutionen o Reproduktionsmechanismen o Political Space Argumente - „If two cleavages, say class and religion, pit the same groups against each other and are thus reinforcing, they create only one dimension of competition” (Kitschelt, 1997) o 1-dimensionale Parteiensysteme ▪ GB, DK, FN, NR, SW, Südeuropa o 2-dimensionale Parteiensysteme ▪ AU, DE, NL, CH o Mehr-dimensionale Parteiensysteme ▪ Belgien Sozioökonomischer Wandel als Ursache des Parteiensystemwandels - Strategische Politiker in konventionellen Parteien wechseln ihr Image, um dem sozioökonomischen Wandel gerecht zu werden - Wenn dieser Imagewandel nicht gelingt, entstehen neue Parteien Wandel des sozioökonomischen Umfelds in Europa - Bis in 1970er Jahre: _______Konsens o Korporatismus, soz. Marktwirtschaft - 1970er Jahre o Wandel der Beschäftigungsstruktur o Zunehmende internationale Konkurrenz - Wandel des Wohlfahrtsstaats („Reform“) Verschiebungen in der Cleavage-Struktur Interessenvermittlung im intermediären System Das intermediäre System der Interessenvermittlung Begriffe der politikwissenschaftlichen Verbändeforschung - Lobbying o Schwerpunkt auf Interessenverfolgung im Vorfeld pol. Entscheidungsprozesse o Kann auch durch einzelne Personen oder Unternehmen erfolgen - Verband (association) o Organisierter Charakter der Interessenverfolgung im Mittelpunkt - Interessengruppe o Betont das (materielle) Motiv organisierten Handelns - Pressure Group o Schwerpunkt auf ganz bestimmter Art der Interessenverfolgung o Ausübung von Druck - Intermediäre Organisation o Betont die Funktion der Vermittlung zwischen Bürgern und Staat - Interessenverband/Interessenorganisation o Kombination aus Definition 2&3 (Verband+Interessengruppe) Merkmale von Verbänden - Freiwillige Mitgliedschaft - Dauerhafter Bestand - Formale Organisation und Mitgliedschaft - Autonom festgelegte programmatische Ziele - Vertretung von Mitgliedsinteressen nach außen, gegenüber Dritten (insb. Dem Staat) - Keine Beteiligung an Wahlen für öffentliche Ämter Pluralismus und Koporatismus Definition Korporatismus - System von Interessenrepräsentation, in welchem die betroffenen Akteure in einige eigenständige, verbindliche, nicht-rivalisierende, hierarchisch geordnete und funktional unterschiedliche Kategorien geordnet sind - Anerkannt oder lizensiert (oder kreiert) vom Staat und innerhalb seiner Kategorie als repräsentatives Monopol agierend o Im Gegenzug für das Monopol hat der Staat Kontrolle über manche Funktionen und Funktionäre, als auch bei der Artikulierung von Forderungen Staatskorporatismus - Ursprung im europäischen Faschismus - Zwangsweise hierarchische Organisation der maßgeblichen gesellschaftlichen Gruppen o Vor allem Arbeiterschaft und Unternehmen - Dominanz des Staates - Zweck o Mobilisierung, Steuerung der Wirtschaft und Kontrolle von oben Neo-Korporatismus/Gesellschaftlicher Korporatismus - Prinzip der Freiwilligkeit - Bündelung sektoraler Interessen „von unten“ - Zentrales Instrument des keynesianischen Wirtschaftsmodells o Steuerung von Löhnen und Preisen - Institutionalisierte Sozialpartnerschaft aus Staat, Gewerkschaften und Arbeitgebern - Beispiel o Konzentrierte Aktion (1967-1976) - Voraussetzungen o Hoher gewerkschaftlicher Organisationsgrad o Wirtschaftspolitischer Grundkonsens o Steuerungsfähiger Nationalstaat Seit 1991 schrumpfen die Mitgliederzahlen der Gewerkschaften (bis 2009 fast halbiert) Definition Pluralismus - System von Interessenrepräsentation, in der Einheiten in eine nicht spezifizierte Anzahl Kategorien unterteilt sind, die alle freiwillig sind, miteinander in Konkurrenz stehen, nicht- hierarchisch organisiert sind und aus eigenem Willen handeln - Diese sind nicht lizensiert (vom Staat), nicht offiziell anerkannt sind, nicht finanziert oder kontrolliert - Kein repräsentatives Monopol Merkmale Pluralismus - „Blick von unten“ auf System der Interessenvermittlung - Strikte Trennung zwischen staatlicher und gesellschaftlicher Sphäre - Keine institutionalisierte Beteiligung der organisierten Interessen - Keine Privilegierung einzelner Interessen - Größere Bedeutung des Lobbyismus o Lobbyismus ist systematische und ständige Versuch wirtschaftlicher, sozialer oder auch kultureller Interessen, auf den pol. Entscheidungsprozess Einfluss zu nehmen o Gezieltes Einwirken auf Entscheidungsträger durch Weitergabe nicht allgemein zugänglicher Informationen an pol. Akteure zur Durchsetzung von Interessen Neo-Pluralismus und Verbändepluralismus (Ernst Fraenkel) - Ausgangspunkt o Gegensatz zwischen Pluralismus und Totalitarismus - Gemeinwohl a priori vs. Gemeinwohl a posteriori o Hypothese, dass in einer differenzierten Gesellschaft im Bereich der Politik das Gemeinwohl lediglich a posteriori als das Ergebnis eines delikaten Prozesses der voneinander abweichenden Ideen und Interessen aller Interessengruppen erreicht werden kann o A posteriori = nachträglich - Besondere Bedeutung organisatorischer Strukturen für Vertretung gesellschaftlicher Interessen o Zentrale Rolle von Verbänden o Nach außen autonom und nach innen verpflichtungsfähig Operationalisierung und Messung von Korporatismus (Siaroff, 1999) Idealtypus einer korporatistischen politischen Ökonomie hätte folgende Strukturen 1. Hoher Grad von Vergewerkschaftung, vor allem bei der Arbeiterschaft 2. Wenige Gewerkschaften, „hoch institutionalisieret peak confederations“ a. Verhandeln Löhne, am besten eine Confederation für alle Arbeiter b. Wenig Autonomie für Kraftwerkangestellte 3. Unternehmerschaft aus Exportorientierten Firmen mit relativer starker und zentralisierter Arbeitergewerkschaft (confederation) a. Zentralisierung von Unternehmen habe zu Arbeiter Zentralisierung (von Gewerkschaften?) geführt 4. Hoch zentralisiertes Lohnverhandeln mit Branchenvereinbarungen a. Z.B. setzen die Metallarbeiter einen Standard für Löhne 5. Arbeitsräte in den größten Industrien 6. Zentralisierter, starker und aktiver Staat, der mindestens moderat in die Wirtschaft eingebunden ist Netzdemokratie Formen der digitalen Beteiligung - E-government o E-Verwaltung o E-Democracy - Horizontaler Austausch und Koordination - Soziale Medien - Monitoring - Digitale Petitionen - Liquid Democracy o Mischung aus direkter und repräsentativer Demokratie o Beteiligung der Bürger an Ausarbeitung + Verabschiedung von Gesetzen o Möglichkeit des delegated voting (Übertragung der digitalen Stimme) Soziale Bewegungen kollektive Herausforderungen die auf gemeinsamen Absichten und sozialen Netzwerken basiert und die mit dauernder Interaktion zwischen Eliten, Gegnern und Offiziellen Stellen gelöst werden Merkmale - Informelle Form der Partizipation - Claim-Making, meist mit begrenzter inhaltlicher Reichweite - Ausdruck sozio-ökonomischer Wandlungsprozesse - Meist dynamisch in ihrem Verlauf Entstehungsbedingungen - Demokratisierung - Urbanisierung - Ressourcen - Opportunity structures Historische Beispiele - Faschismus - Arbeiterbewegung - Civil Rights Movement (USA) - Anti-Atom-Bewegung, Frauenbewegung, Friedensbewegung - Globalisierungsgegner, Al-Quiada, etc. Typen sozialer Bewegungen - Reformbewegungen bzw. radikale Bewegungen - Ziele o Sozial, politisch, religiös - Alte vs. neue soziale Bewegungen - Neue soziale Bewegungen o Ab 1950 o Phänomene post-industrieller Gesellschaft o Betonung post-materialistischer Themen (Umwelt, Kultur, Identität) o In losen Netzwerken organisiert, Kern von Aktivisten und breiterem Unterstützungskreis o Getragen von „Insidern“ aus der Mittelschicht o Frauenbewegung, Friedensbewegung, Umweltbewegung o Teil und Ausdruck des Wertewandels ab 1960 er Jahre Mancur Olson und die Logik des kollektiven Handelns Klassiker des Rational Choice Ansatzes - Prämissen o Makrophänomene als Resultat aggregierter Individualentscheidungen o Individuen als rationale Nutzenmaximierer - Verhalten von Gruppen in Analogie zu individueller Nutzenmaximierung beschreibbar? o Folgerung, Gruppen würden in ihrem Eigeninteresse handeln, aus der Annahme heraus, dass Individuen in Eigeninteresse handeln, nicht richtig o Zwar kann es für jedes Individuum gut sein, dass Gruppenziel zu erreichen (rational), trotzdem kann es sein, dass nicht jeder darauf hinarbeitet, dieses Ziel zu erreichen o → Das Gegenteil ist der Fall: Aggregation rationaler Individualentscheidungen führt zu suboptimalen kollektiven Outcomes auf sozialer Makroebene - So wie ein Staat Probleme dabei hat, ohne Zwangsanwendung seine Mitglieder zu einem Verhalten zu motivieren, haben es auch private Organisationen, die Einzelnen zu motivieren Gemeinsamkeiten zwischen Staat und großen Organisationen - Bereitgestellten Güter sind kollektiv und nicht selektiv zuteilbar o Ein Gut, das den anderen Personen in einer Gruppe nicht vorenthalten werden kann, wenn irgendeine Person in einer Gruppe es konsumiert - Beitrag jedes Einzelnen zur Produktion des Kollektivguts fällt nicht ins Gewicht - → Freerider-Syndrom Warum dann Zusammenschluss von Individuen in Gruppen? - Klassische „Theorie der Gruppen“ → Herdentrieb (Behavioristisch) - Systemtheoretische Erklärung: Gesellschaftliche Ausdifferenzierung, Ablösung der Familie durch funktionale Äquivalente Olsons Lösung: Selektive Anreize - Anreiz muss selektiv sein insofern, dass jene, die auf das Gruppenziel hinarbeiten anders behandelt werden können als die, die es nicht tun Politische Kulturforschung und Wahlforschung Definitionen und Fragestellungen Definition pol. Kultur - Subjektive Dimension der gesellschaftlichen Grundlagen pol. Systeme - Alle politisch relevanten individuellen Persönlichkeitsmerkmale, latente in Einstellungen und Werten verankerte Prädispositionen zu politischem Handeln und konkretes pol. Verhalten - Orientierungsmuster gegenüber politischen Objekten - TLDR: politische Prädispositionen/Varianten von Individuen, die in der Gesellschaft als Variante auftreten Was will die politische Kulturforschung erklären? - Makrophänomene wie sozio-ökonomische Entwicklung oder Demokratie, Stabilität oder Krisen - Klientelismus oder Wahlverhalten - Grundannahme o Zwischen pol. Kultur und pol. Struktur muss Kongruenz bestehen - Ansatz auf Makroebene, Wurzeln im Strukturfunktionalismus - Methode: Umfrageforschung Almond/Verba: The Civic Culture - Begründung des klassischen Ansatzes der pol. Kulturforschung - 4 Objektbereiche politischer Einstellungen 1. Selbstbild des einzelnen Bürgers innerhalb des Systems 2. Einstellungen gegenüber den strukturellen Systemcharakteristika 3. Bewertung der Beziehung zwischen „Ich“ und System 4. Bewertungen des System-Outputs - Typen politischer Kultur o Reine Typen: Parochial Culture – Subject Culture – Participant Culture o Mischtypen: Parochial-Subject Culture – Subject-Participant Culture – Parochial- Participant Culture - Parochial Culture o Wenig politisches Bewusstsein und Interesse o Wenig politische Kenntnis und Engagement - Subject Culture o Bürger der pol. Strukturen bewusst, aber eigene Rolle als passiv wahrgenommen o Entscheidungen von oben werden akzeptiert und hingenommen o Bürger reagieren, aber agieren nicht - Participant Culture o Hohe Partizipation, o Aktives und breitgefächertes Engagement - → laut Verba und Almond braucht stabile Demokratie eine Mischung dieser 3 Kulturen (Civic Culture) - Parochial-Subjekt Culture o Geringes pol. Bewusstsein und Untertanenkultur o Frühe Phase von Nationalstaaten - Parochial-Participant Culture o Mischung aus lokalen, traditionellen Werten und aktivem pol. Engagement o Regionale oder föderale Gesellschaft, in denen lokale Politik große Rolle spielt - Subjekt-Participant Culture o Bürger akzeptiren Autorität des politischen Subjekts, engagieren sich aber auch in pol. Prozessen o Moderene Demokratien, in denen Bürger zwar wählen, aber zwischen den Wahlperioden weniger aktiv sind Civic Culture - Staatsbürgerkultur als Mischtyp der drei reinen Typen - Einstellungsmix auf Ebene einzelner Bürger – Wechsel aus Unterordnung und aktiver Einflussnahme - Positive Beziehungen der Bürger zu den Strukturen des pol. Systems und dem Input-Prozess - Kongruenz zwischen pol. Struktur und pol. Kultur - Civic Culture als normatives Leitbild – orientiert an den USA - „civic culture geeignet, um stabile und effektive demokratische politische Prozesse zu gewährleisten“ (Almond/Verba 1963) Putnam: Social Capital - Was ist Social Capital? o Komponenten ▪ Trust and engagement sind zwei Facetten des sozialen Kapitals o Eigenschaften sozialer Organisation (Vertrauen, Normen, Netzwerke), die die Effizienz von Gesellschaft verbessern - Relevanz für politisches Gesamtsystem? o „Networks of civic engagement foster sturdy norms reciprocity and encourage emergence of social trust.” o Menschen unterstützen sich gegenseitig und es besteht Erwartung auf Unterstützung, wodurch Kooperation und Vertrauen gefördert sind o Gut zur Lösung kollektiver Probleme Problem: Social Capital nimmt laut Putnam ab - Sinkende Wahlbeteiligung - Abnehmendes Engagement lokaler Ebene o Amerikanische, direkte Partizipation in Politik und Regierung ist immer mehr gesunken - Abnehmende Mitgliederzahlen bei Gewerkschaften - Abnehmende Mitgliederzahlen in Vereinen und zivilgesellschaftlichen Organisationen - Abnahme von social trust - Bessere Gesundheit - Kindern geht es besser - Weniger Kriminalität - Weniger Steuerbetrug Wahlforschung - Schlüsselstellung von Wahlen in demokratischen Systemen - Aufschwung der Wahlforschung im Zuge der behavioristischen Revolution o Methodologischer Individualismus o Wichtigste und erfolgreichste Bereiche ▪ Wahlforschung ▪ Studium der parlamentarischen Eliten o Bevorzugung großer Datensammlungen und quantitativer Methoden o Suche nach Überwindung der Fachgrenzen o Quantitative Methoden o Analytisch-rationale Orientierung Entwicklung der Wahlforschung - Frage nach Beweggründen und Bedingungskonstellationen für Wahlentscheidung - Klassische Studien o Lazarsfeld, Berelson, Gaudet (1944): The people’s choice. How the voter makes up his mind in a presidential campaign. o Campbell, Converse, Mller, Stokes (1960): The American Voter. - Ab 1970er Jahren Studien zur politischen Kultur und Wertewandel - Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Praxis Arten von Daten der Wahlforschung - Aggregatdaten o Gebietseinheiten (Wahlkreise) o Ökonomische & soziale Strukturmerkmale o Vorteil ▪ Hoher Grad an Verlässlichkeit - Umfragedaten o Repräsentative Stichproben o Einstellungen zu Parteien, Kandidaten und Sachfragen sowie zu grundsätzlichen Einstellungsmustern o Nachteil ▪ Kein Beleg für tatsächliches Verhalten, Verfälschung möglich - Repräsentative Wahlstatistik o Verwendung gekennzeichneter Stimmzettel o Geschlecht und Altersgruppe erhoben Erklärungsansätze für Wahlverhalten 1. Mikro-soziologischer Erklärungsansatz a. Bedeutung des sozialen Umfelds: Wählerverhalten ist Gruppenverhalten b. Einfluss gruppenspezifischer Merkmale i. Status, Religion, Wohnort c. „Eine Person denkt politisch so, wie er sozial ist. Soziale Eigenschaften beeinflussen politische Präferenzen.“ d. Möglichkeit von Widersprüchen i. Katholischer Arbeiter e. → Erklärt stabiles Wahlverhalten, aber kurzfristige Veränderungen nicht. 2. Makro-soziologischer Erklärungsansatz (Cleavages) a. Bedeutung sozialer Konfliktlinien b. Klassische Cleavages i. Stadt – Land ii. Zentrum – Peripherie iii. Staat – Kriche iv. Arbeit – Kapital v. → 1- und 2- und Mehrdimensionale Strukturen in Europa c. Neue Cleavages i. Materialismus – Postmaterialismus 3. Individualpsychologischer/Sozialpsychologischer Erklärungsansatz (Michigan-Modell) a. Wahlverhalten ist Ergebnis kurzfristiger und langfristiger Orientierung i. Langfristige, stabile Variable: Parteiidentifikation, während pol. Sozialisation erworben ii. Kurzfristige Variable: Kandidatenbewertung und Issueorientierung 4. Modell des rationalen Wählers (A. Downs) a. Wahlentscheidung bestimmt durch ihren maximalen Nutzen b. Orientiert am Bild des rationalen Wählers: Sachfragen an erster Stelle c. Parteiendifferential i. Differenz zwischen erwarteten Nutzen einer Regierungspartei A und Status Quo (B) d. Bounded rationality i. Zeit- und kosteneffiziente Entscheidungsstrategien unter der Bedingung begrenzter Information (Ideologie/Tradition) e. Paradox der Wahlbeteiligung Probleme der Wahlforschung - Erklärung der Wahlentscheidung im Spannungsfeld von kurzfristigen und langfristigen Einflüssen - Gewichtung individueller und gruppenspezifischer Motive für Wahlentscheidung - Zweifelhafte Prognosefähigkeit - → Es ist einfacher, Menschen danach zu befragen, wieso sie A oder B wählen, anstatt mit Makromodellen darauf zu schließen Cleavages (2) Cleavages (2) Transformationsforschung Einführung - Aufwärtstrend der Demokratien ab den 1990er Jahren (Fall der UdSSR) - Seitdem relativ stabil, wobei seit 2015 ein kleiner Abschwung des durchschnittlichen Demokratieindexes zu beobachten ist - Gegenstand der Transformationsforschung o Verlauf o Systematisierung o Erklärung o … von Systemwechseln Definitionen - Transformation o Oberbegriff für alle Formen, Zeitstrukturen und Aspekte des Systemwandels- und Wechsels - Transition o Zeitlich begrenzte Phase des unmittelbaren Systemwechsels - Systemwechsel o Übergang von einem Regimetyp zum anderen, also von der Demokratie zur Autokratie oder umgekehrt Theorien des Systemwechsels - Polybius o Idee des Verfassungszyklus - Rousseau o Einfache Sitten o Gleiche Vermögensverhältnisse o Wenig/kein Luxus + kleiner Staat o Häufige Versammlungen für Bevölkerung o → das sind Bedingungen für eine „echte“ Demokratie - Tocqueville o Diskussion der Funktionsbedingungen eines demokratischen Systems, anhand USA Modernisierungstheorie - These o Je entwickelter Wirtschaft & Gesellschaft, desto größer Chance für dauerhafte Demokratie - Hypothese o Positiver Einfluss der Wirtschaft auf die Demokratie Daniel Lerner (1958) (Modernisierungstheorie) - Gesellschaften folgen immer diesem Muster → automatische historische Logik - Mittelklasse spielt bei dieser Transformation große Rolle (und wahrscheinlich auch Eliten) - Die meisten Menschen stehen der politischen Mitte am nächsten, eine Demokratie kann dann entstehen Strukturtheorien - These o Ökonomische Veränderungen führen zu Machtverschiebungen innerhalb der Gesellschaft und im Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft - Führt zu o Kräfteverhältnisse zwischen demokratischen und antidemokratischen Kräften (Arbeiterschaft vs. Großgrundbesitzer) o Konflikt: Radikalisierung oder Mäßigung? - Hypothese o Je breiter die Streuung der Machtressourcen in einer Gesellschaft, umso höher ist deren Demokratisierungsgrad Vanhanens Machtressourcen-Ansatz (Strukturtheorie) - Ressourcenstreuung in einer Gesellschaft wird von Vanhanen durch 3 Teilindezes berechnet o Index für Heterogenität der Arbeitswelt ▪ Anteil der städtischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung ▪ Anteil der Beschäftigten außerhalb des Agrarsektors o Index für die Verbreitung von Bildung ▪ Studentenanteil in Bevölkerung ▪ Anteil derer in Bevölkerung, die lesen und schreiben können o Index für Dezentralisierung ökonomischer Machtressourcen ▪ Konzentration des Landeigentums ▪ Konzentration des Eigentums an nichtagrarischen Produktionsmitteln Kulturtheorien - Almond/Verba o Civic Culture o Mischung aus den reinen Typen pol. Kulturen als Idealbild des demokratischen Bürgers - Inglehart (1988) o Verbindung von pol. Kultur und ökonomischen Faktoren o Es braucht auch Kulturelle Faktoren, um Demokratie aus der Wirtschaft entstehen zu lassen - Religion und Demokratie o Max Weber → Protestantische Ethik o Amerikanische „Zivilreligion“ als Fundament der Demokratie o Islam und Demokratie → Säkularismus als Bedingung demokratischer Systeme? - Sozialkapital und Demokratie 3 Phasen des Systemwechsels („Zweite Generation“ von Transformationstheorien) Liberalisierung - Phase 1: Breakdown (1978) - Öffnung des autoritären Systems o Politischer und sozialer Wandel o Mehr Pressefreiheit, Mehr Versammlungs- und Organisationsfreiheit o Freilassen politischer Gefangener → Habeas Corpus ▪ Recht jedes Verhafteten auf Haftprüfung durch ein Gericht, um sich vor willkürlichem Freiheitsentzug zu schützen o Rechtsstaatlichkeit o Opposition wird legal o Gerechtere Verteilung von Machtressourcen Transition - Phase 2: Transitions (1986) - Etablierung demokratischer Verfahrensregeln o Gründungswahlen o Sobald eine Regierung an die Macht kommt, die demokratisch (frei, fair) gewählt ist, kann man von einer erfolgreichen Transition sprechen o Diese Regierung ist außerdem in der Lage, Gesetze zu beschließen, und Legislative, Exekutive, Judikative teilen sich Macht nicht mit weiteren players - Idealtypische Verlaufsformen o Gelenkter Systemwechsel ▪ Chile, Brasilien, Paraguay, Taiwan, Thailand, Bulgarien, Rumänien o Von unten erzwungener Systemwechsel ▪ Portugal, Argentinien, Philippinen o Ausgehandelte Systemwechsel ▪ Spanien, Uruguay, Südkorea, Polen, Ungarn o Regime-Kollaps ▪ Deutschland, Italien, Japan Konsolidierung - Phase 3: Consolidation (1996, 1999) - Minimaldefinition: Zweimaliger Machtwechsel - Einstellungen und Verhalten der maßgeblichen Akteure - 4-Ebenen-Modell (W. Merkel) 1. Institutionelle Konsolidierung a. Grundlegende Verfassungsstrukturen 2. Intermediäre Konsolidierung a. Parteien und Verbände 3. Akteurskonsolidierung a. Keine außerkonstitutionellen Veto-Akteure 4. Einstellungs- und Verhaltenskonsolodierung a. Politische Kultur und Zivilgesellschaft b. Von den Eliten zu intermediären Organisationen zur Bevölkerung Transformation in Lateinamerika - Wirtschaftskrise als Auslöser der Transition - Muster der gelenkten Demokratisierung - Zentrale Rolle des Militärs - Divergierende Konsolidierungswege ➔ Viele Demokratie in Lateinamerika, Uruguay ist die stabilste ➔ Gibt aber auch Probleme mit Demokratie, siehe Argentinien, Venezuela Transformation in Osteuropa - Problem o Zeitgleiche Transformation des Wirtschaftssystems und des pol. Systems o Stark divergierende Entwicklungen - Insgesamt Abwärtstrend bei democracy scores - Rolle der EU bei der Transformation in Osteuropa Kritik am Transformationsparadigma - Viele der „transitional countries“ haben eine politische Grauzone betreten und sind da festgefahren, entwickeln sich also weder zur vollen Demokratie noch zur Autokratie - Fehleinschätzung, dass Länder, die sich von Diktaturen wegbewegen, automatisch zu Demokratien werden → viele dieser Länder sind kaum demokratisiert - Konsolidierung, Entwicklung politischer Parteien, Stärkung der Zivielgesellschaft, Justizreform und Entwicklung von Massenmedien führen nicht zu der technokratischen Vorstellung derer, die diese als Voraussetzungen für Demokratie sehen → ungenaue Einheiten - Transitionsparadigma nicht mehr zeitgemäß Politikfeldanalyse/Policyforschung Gegenstand und zentrale Fragestellungen - Policy/Politikfeld o Inhalte von Politik o Gegenstände, Ziele, Wirkungen pol. Aktivitäten o Bindestrich-Politiken wie Bildungspolitik, Familienpolitik, Gesundheitspolitik, etc. o Resorts - Worum geht es? o 1. Was tun politische Akteure o 2. Warum tun sie es o 3. Was bewirken sie damit - Reichweite und Qualität der Policies - Ausprägung einzelner Politikfelder - Entstehung und Wandel einzelner Politikfelder - Wirkung staatlichen Handens - Lösungswege für soziale Probleme ➔ Eng am politischen Alltagsgeschehen, geringer Abstraktionsgrad ➔ Überschneidung mit dem Bereich Politics, also dem Akteurshandeln Akteure und Interaktionsformen Klassifizierung von Akteuren - Struktur und Organisationsgrad o Individuelle Akteure (einzelne Personen) o Kollektive Akteure ▪ Geringer formaler Organisationsgrad o Korporative Akteure ▪ Handlungsfähige Organisationen – Existenz eines Entscheidungszentrums - Staatliche und private Akteure ➔ Quasi-Gruppen besitzen keine Akteursqualitäten o Subkulturen, soziale Milieus, Bewegungen, Onlinegemeinschaften Handlungsorientierung von Akteuren (F. Scharpf) - Wahrnehmung von Entscheidungssituationen der Akteure - Abhängig von Kongruenz/Inkongruenz von Präferenzen ergeben sich diese Interaktionsmodi (Spielsituationen) o Reine Koordinationsspiele (?) ▪ Recht-/Linksverkehr o Koordinationsspiele mit Verteilungskonflikten ▪ Klärung von Rechtsverhältnissen o Dilemmaspiele ▪ Kartellrecht, EU-Steuerpolitik → social-choice Dilemma o Reine Konfliktspiele ▪ Nullsummenspiel Formen von Policies und staatlicher Steuerung (Theodore Lowi, 1972) - Distributiv o Teilbare Ressourcen, teilbare Leistungen o Ein Spiel, bei dem niemand verliert o Benzinsubventionen aus Rohstoffrenten - Redistributiv o Konflikthafte Politik der Umverteilung mit Verlierern und Gewinnern o Progressive Einkommenssteuer - Regulativ o Verhaltsnormierende Politik durch Informationen, Vorschriften oder Überzeugungen o Emissionsgrenzwerte - Konstitutiv o Eingriffe in den Staatsapparat selbst o Gründung eines neuen Ministeriums Barrieren der Politikgestaltung (R. Mayntz & F. Scharpf) - Formal-rechtliche ökonomische Beschränkungen o Verfassungsgarantien - Formal-rechtliche politische Beschränkungen o Verfassungsmäßige Kompetenzen - Materiell-faktische ökonomische Beschränkungen o Sparzwang - Materiell-faktische politische Schranken o Koalitionen, Vetoakteure Steuerungstheoretische Perspektiven The Iron Triangle (USA) - Stabiles Zusammenspiel aus Regierung/Kongress, Bürokratie und Interessengruppen - Gegenseitige Stärkung/Konsolidierung der Macht - Gefahr der Abschottung nach außen Iron Triangle (Adams, 1981) Policy Netzwerke: Dimensionen - Art der Akteure innerhalb des Netzwerks - Netzwerkfunktionen - Netzwerkstrukturen - Machtverteilung ➔ Steuerungstheoretisch relevant oder bloße Heuristik (Gewinnung neuer Erkenntnisse)? Steuerungstheoretische Perspektiven - Policy-Netzwerke sind zwischen Markt und Hierarchie angesiedelte Organisationsformen - Bestehen aus gesellschaftlichen und staatlichen Akteuren - Sind über informale und formale Austauschkänale dauerhaft miteinander verbunden - Zusammenarbeit, um ein gemeinsam definiertes Problem zu lösen o Jeder bringt Kernkompetenzen ein - „Geflecht sozialer, ökonomischer, politischer Beziehungen, das auf Dauerhaftigkeit, Freiwilligkeit und Gegenseitigkeit beruht“ (Schubert & Klein, 2006) Netzwerkanalyse - Analyse von Beziehungsmustern, Aufdeckung latenter Strukturmuster - David Truman: The Governmental Process (1951) Governance - Oberbegriff für sämtliche vorkommende Muster der Interdependenzbewältig

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