Kultur & Soziale Ungleichheit PDF
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This document is a lecture summarizing different perspectives on concepts of culture, especially the modern view of culture as a social field and its various dimensions. It provides historical context, theories by various scholars like Niklas Luhmann and Friedrich H. Tenbruck, including research findings about cultural practices and public engagement.
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Vorlesung (20.11.24) - Kultur I) Kulturbegriff - historische Semantik und wichtige Beiträge schillernd, da vielschichtig verständlich -> gibt es schon lange (vor wissenschaftlicher Beschäftigung) Begriffsgeschichte/ historische Semantik: „colere“ (lat.) -> im Sinne von anbauen, bearbeiten,...
Vorlesung (20.11.24) - Kultur I) Kulturbegriff - historische Semantik und wichtige Beiträge schillernd, da vielschichtig verständlich -> gibt es schon lange (vor wissenschaftlicher Beschäftigung) Begriffsgeschichte/ historische Semantik: „colere“ (lat.) -> im Sinne von anbauen, bearbeiten, Ackerbau betreiben, sowie im Sinne von ausbilden, veredeln -> Kultivieren -> im Sinne von schmücken, putzen, Körperpflege, Kleiderputz -> Kultivieren, Stilisieren -> im Sinne von hoch-halten, verehren, anbeten, feiern, huldigen -> Kult (vom heutigen Begriff eher ausgelagert) Drei Verwendungsweisen des Kulturbegriffs: Niklas Luhmann (1995): Kultur in einem modernen Sinne - als Kollektivsingular „die Kultur“ - ist ein Vergleichbegriff; Er ist Ergebnis eines zunehmenden Kontakts mit anderen Gesellschaften und ermöglicht Öffnung & Abgrenzung Siehe zb Johann Gottfried Herders Überlegungen (1800): -> betont Andersartigkeit von Kulturen; verweist auf Gefahren von Migration; fordert Anerkennung von Diversität; lehnt Vermischung von Kulturen ab Norbert Elias (1985): Kulturbegriff des deutschen Bürgertums ist ganz besonders mit Bedeutung aufgeladen (i.S. Gefühlskultur, innere Werte, Selbstbildung) Fungierte im 18. Jh. Als Abgrenzungsbegriff gegenüber dem Adel und dessen (Selbst-) Verständnis als Repräsentanten einer „Civilisation“ (kritisiert als oberflächlich, rein äußerlich) Friedrich H. Tenbruck: Kultur ist Ergebnis der Herauslösung der symbolischen Ordnung aus religiöser Dominanz Moderne Kultur ist Reflexionskultur (Modus des ständigen Hinterfragens, Kritisierens, Suchens -> immer neue Werke) Entstehung einer eigenständigen kulturellen Sphäre mit -> professionellen Akteuren (Kunstschaffende, Kritiker:innen) -> eigenen Initiativen & Organisationen (Museen, Theater) -> Interessiertes Publikum Vier Varianten des Kulturbegriffs: 1. Kultur als zweite Natur des Menschen 2. Kultur als Sinn sozialer Phänomene 3. Kultur als soziales Feld 4. Kultur als Erfahrungsgemeinschaft (entspricht Luhmann & Herder) II) Kulturbegriff - Systematik II.I) Kultur als soziales Feld Kultur resp. Kunst als soziales Feld ist ein Produkt der Moderne Wichtige Prozesse (18./19. Jh.) -> Säkularisierungsprozess: Kultur schält sich aus religiöser Dominanz heraus, Kirchen treten als Auftraggeber zurück, Bildthemen, literarische Motive etc. profanisieren sich -> Professionalisierungsprozess: akademische Ausbildung von Künstler:innen, Etablierung von Kunsttheorien, Kunst als freier Beruf, Entstehung einer bürgerlichen Publikums -> Organisationsbildung: Entstehung einer Vielzahl unterschiedlichster Vereine & Gesellschaften, Gründung von Museen, Theatern, Opernhäusern, Bibliotheken etc. Typische Konfliktlinien: etablierte VS. Neue Akteure Hoch VS. Populärkultur (Unterhaltungs- VS. Ernste Kunst) Expert:innen VS. Laien/Publikum Ebenen: Produktion: Urheber künstlerischer Werke (Kunstschaffende) Distribution: Kultureinrichtungen, Agenturen, Festivals (zur Verfügung stellende) Rezeption: Publikum, Geschmack 11 Mögliche Forschungsschwerpunkte und -Interessen: Vermessung kultureller Praxis (Ebene der Produktion, Distribution, Rezeption) -> Beispiele: Gunnar Otte, Ulrich Dolata, Larissa Buchholz Rekonstruktion von Aushandlungsprozessen, Bedeutungsverschiebungen, Bewertungen, Konflikten -> Beispiele: Jana-Maria Weiss (Das Gedicht über Frauen), Anja Frank Studie: Gunnar Otte - Das Publikum für Kunst und Kunsthandwerk Frage: Wie lässt sich das Publikum der bildenden Künste in Deutschland beschreiben? Und wie lässt sich das Zustandekommen seiner sozialen Zusammensetzung erklären? Operationalisierung/ Methode: Operationalisierung über die quantitative Erfassunf von Ausstellungsbesuchen, daneben Angaben zu Bildungsniveau, Einkommen, Migrationshintergrund, Haushaltsgröße, Freizietverhalten der Eltern, Erwerbsstatus, Gesundheit etc. Vergleichspublikum: Besucher:innen von Kunsthandwerksmärlten Zufallsstichprobe der Bevölkerung: ca. 2600 Personen aus 183 Gemeinden über 15 Jahre alt Theoretische Annahmen: Pierre Bourdieus Theorie sozialer Ungleichiet und kulturellen Geschmacks Annahme, dass Kunstinteresse klassenspezifisch ist (vermittelt v.a. Durch Elternhaus -> „kulturelles Kapital“) Dass Kunst unterschiedliche anspruchsvoll dekodiert werden kann (vorrangig sinnlich oder eher intellektuell) Hypothesen: Publikum in Kunstauststellungen verfügt über mehr kulturelles Kapital als dasjenige von Kunsthandwerkermärkten Personen mit Migrationshintergurnd fehlt tendenziell sozialisationsbedingt das entsprechende kulturelle Kapital Kunstrezeption verlangt Sonderwissen, das v.a. In Gymnasien vermittelt wird Sinderwissen nimmt im Alter zu /Erfahrungen mit Ausstellungen) Befunde: Anwendung einer Negativ-Binominalregressionen (Ziel ist es, die Verteilung der abhängigen Variablen durch einen Satz Variablen zu erklären) 37,4% der Befragten über 15 haben im vergangenen Jahr mdst. Eine Kunstaustellung besucht (58,7% besuchten mdst. Einmal im Jahr einen Kunsthandwerkermarkt) Bildungsniveau einer der stärksten Determinanten (unter den Ausstellungsbesucher:innen haben 21% einen Hauptschulabschluss, 68% Abitur) Studie: Anja Frank - große Gesellschaft Frage: Theater und Oper stehen als öffentlich geförderte Kultureinrichtungen vor zunehmendem Legitimitationsdruck. Welche Selbst- und Gesellschaftsentwürfe stehen hinter dem Bemühen um diese Kunstgattung durch Fördervereine? Operationalisierung/ Methode: kulturelles Engagement in einem Verein = gemeinschaftliche Praxis Gruppendiskussion mit Vereinsmitgliedern, um kollektive Orientierungsmuster und Sinnbezüge herausarbeiten zu können Offenes Verfahren, d.h. relevante und thematische Schwerpunkte werden von Gruppe selbst in Diskussion gesetzt Im gemeinsamen Diskutieren reproduzieren Teilnehmende nicht nur kollektive Orientierungsmuster, sonder konstituieren sich auch als Gruppe Befunde: Fördervereine engagieren sich keineswegs nur aus ästhetischen Motiven heraus für Theater und Oper; diesen Typus gibt es auch, aber er ist nicht der einzige „Weltstadt in der kleinen Stadt“ - Verein begreift sich als Anwalt lokaler Identität „Kämpfer“, „Freude“, „Mittler“ - Verein begreift sich als Anwalt des Hauses „Vertreter der Besucherschaft“ - Verein begreift sich als Anwalt des Publikums „Die höchste Form der Entwicklung“ - Verein begreift sich als Anwalt von Kunst und Ästhetik II.II) Kultur als Sinn sozialer Phänomene „Ein Sachverhalt wird zu Kultur, weil er für Menschen Bedeutung hat, weil sie ihm einen Sinn zuweisen. Kultur existiert als nicht an sich, sondern nur dadurch, dass wir ein Phänomen - egal ob positiv oder negativ - mit Bedeutung, aufladen“ Max Weber: Kultur hat eine Bedeutungszuweisung. Verläuft nicht nach Gesetzen, sondern orientiert an Wertideen. Kultur ist ein vom Standpunkt des Menschen aus mit Sinn und Bedeutung bedachter endlicher Ausschnitt aus der sinnlosen Unendlichkeit des Weltgeschehens. Kulturmenschen = bewusst zur Welt Stellung nehmen. Kultur nicht im normativen Sinne. Auch Prostitution kann unter Kultur gefasst werden => weiter Kulturbegriff Mögliche Forschungsschwerpunkte und -Interessen: Rekonstruktion von Aushandlungsprozessen, Bedeutungsverschiebungen, Bewertungen, Konflikten im Hinblick auf soziale Phänomene Analyse des Wertewandels (Kulturvergleich) Studie: Schmidt-Lux - Gerecht Strafe. Legitimitationskonflikte um vigilante Gewalt Frage: Wie werden angesichts des Gewaltmonopols des Staates Formen von Selbstjustiz legitimiert bzw. Gerechtfertigt Operationalisierung/ Methode: Die Taten vigilanter Akteure müssen zu offiziellem Gewaltmonopol und Verhältnis gesetzt werden, es müssen sich also Spuren der (Selbst-) Rechtfertigung für die Anwendung von Gewalt finden lassen Untersuchung von 31 Dikussionen in Online-Foren (natürliches Material, selbstläufig entstanden) Befunde: Vigilantismus ist nicht mit anderen Formen von Kriminalität oder Gewaltanwendung gleichzusetzen; es geht hier primär um eine Steuerung des Verhaltens von Anderen im Namen von Recht und Ordnung -> normative Spielart von Gewalt Legimitationen vigilanter Gewalt haben kognitive, normative und emotionale Dimensionen Legitimitationsformeln (Beispiele): -> man habe ein Recht auf „Verteidigung“ bei Angriff -> Die Justiz ist abwesend (weil sie überfordert bzw. Weil nicht Willens sei) -> Es brauche Wiederherstellung von „Gerechtigkeit“ -> Die Täter haben sich mit ihren Taten aus sozialer Gemeinschaft ausgeschlossen, ihnen kann mit Gewalt begegnet werden (kein Anspruch mehr auf Fairness -> Form der Entmenschlichung) Gegenseite: Gewaltmonopols des Staates, Gefahren & Risiken, Einhaltung der Menschenrechte Studie: Inglehardt, Ron und Wayne Baker - Modernization, cultural change Anspruch/Vorhaben: Langzeitbeobachtung von Wertewandel weltweit Operationalisierung/Methode: WVS wird seit 1981 durchgeführt repräsentative nationale Umfragen in derzeit 80 Ländern (Welle 7 lief von 2017-2021) Themen: Unterstützung für Demokratie, Toleranz für Zugewanderte und ethnische Minderheiten, Unterstützung für Geschlechtergerechtigkeit, Rolle von Religion und veränderte Religiosität, Einfluss von Globalisierung, Einstellungen gegenüber Umwelt, Arbeit, Familie, Politik, nationale Identität, Diversität, Unsicherheit, subjektives Wohlbefinden 2 Dimensionen kultureller Variationen in der Welt: traditionelle versus säkular-rationale Werte und Überlebenswerte versus Selbstverwirklichung 2008 2020 Kultur = Sinn & Bedeutung Die Industrialisierung bringt den Wechseln von traditionellen zur säkular-rationalen Werten Postindustrielle Gesellschaften wenden sich von absoluten Werten ab und orientieren sich an vertrauen, Toleranz, Wohlergehen und postmateriellen Werten Die Werte wandeln sich mit wachsendem gesellschaftlichen Wohlstand, aber Pfadabhänigkeiten entlang der definierten Cluster bleiben erkennbar: die Länder bewegen sich in dieselbe Richtung, aber konvergieren nicht Vorlesung (27.11.24) - Soziale Ungleichheit, soziale klasse, Milieu I) Soziale Ungleichheit - Grundlagen zusammen mit „soziale Differenzierung“ ein Kernthema/Kernkompetenz der Soziologie Thematisierung und Analyse sozialer Ungleichheit setzt voraus, dass soziale Unterschiede zwischen Menschen nicht mehr einfach als gottgegeben angesehen werden (nicht mehr legitim & gerechtfertigt) -> vgl. Aristoteles: Ungleichheit sei Ausdruck einer natürlichen Ordnung -> Vgl. dagegen Jean-Jaques Rousseau: Unterscheidung von natürlicher und sozialer Ungleich Thematisierung sozialer Ungleichheit in modernen Gesellschaften hat Werte der Gerechtigkeit & Gleichheit im Gepäck (F.R.; amerikanische Erklärung der Menschenrechte) Drei Hauptinteressen der Soziologie: -> Vermessung empirisch bestehender Formen von Ungleichheit (Sozialsturkturanalyse) -> Verstehen und Erklären der Persistenz, Reproduktion, aber auch des Wandels von Formen sozialer Ungleichheit -> Analyse und Abschätzung der Folgen „Als soziale Ungleichheit bezeichnet man (1) wertvolle, (2) nicht absolut gleich und (3) systematisch aufgrund von Positionen in gesellschaftlichen Beziehungsgefügen verteilte, vorteilhafte bzw. Nachteilige Lebensbedingungen von Menschen“ (Stefan Hradil) 1) knappe und begehrte Güter („das gute Leben“) haben einen Wert, Menschen streben danach 2) umfasst sowohl „gerechte“ als auch „ungerechte“ Ungleichverteilung -> nicht immer als ungerecht empfunden 3) es muss Hypothesen über sozial strukturierte Ursachen geben Jede Zeit & Gesellschaftsform hat ihre eigenen Ungleichheitsstrukturen entlang der jeweils erstrebenswerten Güter (z.B. nomadische Gesellschaften: Besitz von Weidevieh; europäische Gesellschaften: Besitz, Einkommen, Bildungstitel) „Soziale Ungleichheit“ ist nicht gleichbedeutend mit „sozialer Ungerechtigkeit“ (z.B. wird in einer Meritokratie Verteilungsungleichheit aktzeptiert, Chancengleichheit abgelehnt; Menschen, die glauben, dass individuelle Leistung für das Vorankommen zählt, akzeptieren Ungleichheit leichter) Haupterkenntnisinteressen: welches sind die Erschienungsformen sozialer Ungleichheit und wie verändern sie sich im Zeitverlauf? (Z.B. ungleiche Verteilung von Bildung, materieller Wohlstand, Macht & Prestige) Welche Faktoren beeinflussen die Position von Individuen oder sozialen Gruppen in einem Ungleichheitsgefüge und welche Zuweisungsmechanismen werden dabei wirksam? -> wichtige Determinanten: Region, Geschlecht, Migrationshintergrund, Religion, Familienstand Welches sind die Folgen sozialer Ungleichheit? (Z.B. geringere Lebenserwartung, soziale Segregation in Städten) Ungleichheitstheorien & Konzepte Ökonomische Klassentheorie (z.B. Karl Marx) Einteilung entlang des (Nicht-)Besitzes von Produktionsmitteln/ ökonomischem Kapital Kritik: zu starr Kultursoziologische Klassentheorie (z.B. Pierre Bourdieu) Einteilung entlang von Umfang und Zusammensetzung von verschiedenen Kapitalsortenn (ökonomisch, sozial, kulturell) und damit korrespondierendem Lebensstil Sozialer Stand/ Statustheorie (z.B. Max Weber) Einteilung entlang des gesellschaftlichen Ansehens/ Prestige (heutzutage meist über Ansehen des Berufes ermittelt) Schichttheorie(n) (z.B. Karl Martin Bolte) Einteilung über Kombination von Merkmalen (ökonomisches Kapital, Macht, Prestige) Soziale Lagen (z.B. Stefan Hradil) Erwerbsstatus, Einkommen, wohlfahrtsstaatliche Absicherungen, Beziehungsverhältnisse, Diskriminierungen, subjektive Faktoren (Lebenszufriedenheit) Theorien sozialer Milieus (z.B. Gerhard Schulze, SINUS Milieus) Einteilung über ökonomische und kulturelle (Einstellungen, Werte, Lebensstil) Merkmale konomische Faktoren kulturelle Faktoren Pierre Bourdieu (1930 - 2002) interessiert sich für die Reproduktionsmechanismen sozialer Ungleichheit Kritisiert bestehende Theorien & such nach besseren Erklärungsansätze Kombiniert dafür Theorieelemente von Karl Marx, Max Weber und Emmile Durkheim -> von Marx übernimmt er die Klassentheorie und den Kapitalbegriff (erweitert: ökonomisch, kulturell und soziales Kapital) -> von Weber: symbolisch-kulturelle Dimension sozialer Unterschiede -> von Durkheim: Einsicht, dass unser Denken von kognitiven und moralischen Klassifikationen abhängig ist (wir werden gedacht & wir denken) Erweiterung des Marxschen Kapitalbegriffs: ökonomisches Kapital: Besitz, Vermögen, Einkommen Soziales Kapital: mobilisierungsfähige Beziehungen, die sich in handfeste Vorteile umwandeln lassen - „Vitamin B“ Kulturelles Kapital: Wissen und Bildung -> inkorporiertes kulturelles Kapital: Geschmack, Lebensstil, Urteilsvermögen, Fähigkeiten -> diffiziler Prozess -> objektiviertes kulturelles Kapital: Bücher, Bilder, Instrumente, Designermöbel -> institutionalisiertes Bildungskapital (Bildungstitel) übergeordnet ist das symbolische Kapital i.S.v. Anerkennung, Prestige -> Verteilung dieser Kapitalien über die verschiedenen sozialen Klassen Konzept des sozialen Raumes, in dem Klassen je nach Umfang des Kapitalbesitzes und je nach konkreter Zusammensetzung der Kapitalsorten verortet werden können Annahme, dass sich die sozialen Klassen in einem ständigen „Spiel“ von Abgrenzung und Integration befinden, das vor allem auch über die kulturell-expressive Dimension ausgetragen wird Bourdieu unterschiedet drei Klassen und verschiedene Klassenfraktionen, die je nach gesellschaftlicher Situation auf ihren Positionen verbleiben, auf- oder absteigen (Oberklasse, Mittelklasse, Volksklasse) Pierre Bourdieu (1987): Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Frage?: Wie lässt sich die relative Stabilität dieser Ungleichheit erklären? Operationalisierung/ Methode: Umfangreiches Datenmaterial über ökonomische Lebensbedingungen und Lebensstil der frz. Bevölrerung in den 1970er Jahren (Statistiken, Fotographien, Interviews) Argumentation: soziale Positionen vermitteln sich über einen Lebensstil und drücken sich in ihm aus; Dem Raum sozialer Positionen entspricht ein Raum der Lebensstile Der Habitus als ein inneres System von Wahrnehmungs-, Denk- und Bewertungsschemata vermittelt zwischen der sozialen Position und der Wahl des Lebensstils (Kleidung, Essgewohnheiten, Bildungsaspirationen,…) Definition Habitus: „Systeme dauerhafter Dispositionen, die als Erzeugungsprinzipien und zugleich Klassifikationssysteme individueller und kollektiver Praktiken wirksam sind. Habitusformen sind inkorporierte soziale Strukturen, die ihrerseits als Ergebnis sozialer Praktiken begriffen werden. Im Nomalfall funktioniert der Habitus als unbewusst wirkendes Klassifikationsschema, mit dessen Hilfe die Handelnden Gegenstände, Situationen und Personen klassifizieren und sich (…) zugleich selbst klassifizieren“ Der Habitus sorgt dafür, dass ich mag, was ich bin und objektiv erreichen kann und dass ich ablehne, was mir fremd ist - auch für meine Kinder Er sorgt auch dafür, dass ich „erkannt“ werde und andere „erkenne“ (d.h. Sozial zuordnen/einordnen) kann und dass ich Nähe zu meinesgleichen bzw. Abstand zu Anderen empfinde Wie kann der Habitus unbewusst wirken? Zum Beispiel über den Geschmack: Neigung und Fähigkeit zur Aneignung einer bestimmten Klasse klassifizierter und klassifizierender Gegenstände und Praktiken Erzeugt den einheitlichen Gesamtkomplex distinktiver Präferenzen System von Klassifikationsschemata, die nur höchst bruchstückhaft dem Bewusstsein zugänglich sind Aufeinander abgestimmte Eigenschaften, die sich wechselseitig verstärken -> der jeweilige Geschmack bestimmt den Lebensstil II) Soziale Schicht/ Klasse Diskussion in den 1980er und 1990er Jahren: Befinden wir uns in einer Zeit, in der Klasse und Schicht an Bedeutung verlieren? Kritiker wie Ulrich Beck und Ronald Hitzler argumentieren: Klasse und Schicht seien statistische Artefakte, Verteilungsrelationen zwar ziemlich konstant, aber es gäbe allgemeiner Wohlstandsgewinne, das Geld mischt die sozialen Kreise neu Individualisierung und Diversifizierung von Lebensstilen weichen Klassendifferenzen auf: Mesnchen sind immer weniger schicksalshaft an ihre Klasse oder Schicht gebunden, es gibt Zunahme von Wahlmöglichkeiten, Bastelidentitäten etc. -> Neuere Mobilitätsforschung widerspricht! -> Aber: weitere Kulturalsieirung der Ungleichhietsforschung, siebe Verbeitung der Milieustudien Ab den späten 1980er Jahren vermehr Erforschung von Milieus als alltagsweltlichen Zusammenhängen und Vergemeinschaftungen, aber weiterhin Berücksichtigung von ökonomischen Kriterien Innerhalb von Milieus werden Sinnstrukturen herausgebildet, es kommen bestimmte kulturelle Repertoites zum Einsatz Milieusturien zb die SINUS-Milieus (kommerziell), Studie von Gerhard Schule „Erlebnisgesellschaft“ Milieu der Performer (die effizienzorienterte Leistungselite) Leitmotiv: „Leistung aus Leidenschaft“ Bürgerliche Mitte (Der bürgerliche Mainstream) Leitmotiv: „Das Erreichte sichern“ Hedonistisches Milieu (die spaß- und erlebnisorientierte moderne Unterschicht/ untere Mitte) Leitmotiv: „Fun & Action & Entertainment“