Kokain und Stimulantien PDF

Document Details

AdaptableOak1405

Uploaded by AdaptableOak1405

MSB Medical School Berlin

Tags

Kokain Stimulantien Psychische Erkrankungen Medizin

Summary

Dieses Dokument ist eine Zusammenfassung zu Kokain und Stimulanzien. Es beleuchtet die chemische Klassifizierung verschiedener Substanzen, die Einführung und Verwendung, die Epidemiologie und langfristige Folgen der Substanznutzung, sowie Therapiemöglichkeiten.

Full Transcript

# 5. Kokain und Stimulantien ## Chemische Klassifikation - **Stimulantien** - **Amphetamin-Derivate** - Dexamfetamin - Lisdexamfetamin - Methamphetamin - 3,4-Methylendioxy-methamphetamin (MDMA / Ecstasy) - einheitliche chemische Struktur - **Nichtamph...

# 5. Kokain und Stimulantien ## Chemische Klassifikation - **Stimulantien** - **Amphetamin-Derivate** - Dexamfetamin - Lisdexamfetamin - Methamphetamin - 3,4-Methylendioxy-methamphetamin (MDMA / Ecstasy) - einheitliche chemische Struktur - **Nichtamphetamine** - Methylphenidat - Modafinil - Nikotin - Koffein - Kokain - Khat - (GHB) - haben eine andere Struktur ## Kokain: Einführung - Gewinnung aus Blättern des Kokastrauches; in den Anden Kauen der Koka-Blätter gegen Ermüdung - **Formen:** - **Crack:** mit Bikarbonat versetzt; beim Rauchinhalieren sofortiger Kick → extreme Suchtentwicklung - **Freebase:** reine Form ohne organische Lösungsmittel - **Konsum:** oral, intranasal (Schnupfen), intravenös (Crack), inhalativ (Rauchen) - keine körperliche aber starke psychische Abhängigkeit - bei regelmäßigem Konsum Zunahme der stimulierenden Wirkung, ergo, kein Toleranzeffekt, wie bei anderen Substanzen, bei denen die Menge erhöht werden muss, um dieselbe Wirkung zu erfahren ## Kokain: Epidemiologie und Pharmakologie - **Prävalenz der Abhängigkeit:** Gesamtbevölkerung 0,2%, Altersgruppe 18–29 Jahre 1% - **Lebenszeitprävalenz des Kokainkonsums:** Gesamtbevölkerung 3,8%, junge Erwachsene in Großstädten: 5-10% - **Pharmakologie:** - **Bioverfügbarkeit:** intravenös 100%, alle anderen Formen ca. 25% - **Wirkdauer:** inhalativ, intravenös 10 Minuten, intranasal 30 Minuten, oral 60 Minuten - **Wirkmechanismus:** Hemmung der Wiederaufnahme von Serotonin > Dopamin > Noradrenalin, lokalanästhetische Wirkung, kommt es zur Erhöhung der Konzentration dieser Transmittersubstanzen im synaptischen Spalt, welches wiederum zu einer erhöhten Erregung von Rezeptoren führt ## Kokain: Komplikationen und Langzeitfolgen - **akute Komplikationen:** - **körperlich:** Herzrhythmusstörungen, Myokardinfarkt, maligne Hyperthermie, Tachypnoe bis zum Atemstillstand, Tremor, Ataxie, epileptische Anfälle, Hirninfarkt, Störung der Bewegungskoordination und Haltungsinnervation. Sie äußert sich in unkontrollierten und überschüssigen Bewegungen - **psychisch:** Angst, Agitation, Aggression, Delir, Kokainpsychose (Verfolgungswahn, taktile Halluzinationen (Würmer), i.d.R. Tage bis Wochen) - **Langzeitfolgen:** - **körperlich:** Gewichtsverlust, Leberschädigung, Nekrotisierung der Nasenschleimhaut, bei intravenöser Anwendung Endokarditis, Abszesse, etc., Infektion der Herzinnenhaut, unter der vor allem die Herzklappen leiden - **psychisch:** kognitive Störungen, affektive und psychotische Zustände ## Kokain: Therapie von Intoxikation und Abhängigkeit - **Intoxikation:** - Überwachung und Kontrolle der Vitalfunktionen, Rehydrierung, Ausgleich von Elektrolytstörungen, Behandlung vegetativer Symptome - bei Agitation, Unruhe, epileptischen Anfällen → Diazepam - bei Psychosen → Antipsychotika, insbesondere Haloperidol - bei hypertensiver Entgleisung (wenn persistierend trotz Gabe von Benzodiazepinen) → Nitrate sublingual, ggf. Urapidil - **Abhängigkeit:** - ambulante, teilstationäre oder stationäre Entzugs- und Entwöhnungstherapie - symptomatische Therapie bei Entzugssyndromen, z.B. mit Benzodiazepinen, Doxepin, Haloperidol - Selbsthilfegruppen ## Stimulantien: Epidemiologie - Lebenszeitprävalenz für Amphetamin- und MDMA-Konsum jeweils 3,3%; bei Metamphetamin 0,6% - 12-Monatsprävalenz 1% bei Amphetamin, 0,6% bei MDMA - bei Besuchern von elektronischen Musikveranstaltungen jedoch bei ca. 60% ## Stimulantien: Anwendung und Wirkmechanismus (ohne GHB) - **Anwendung:** - **Amphetamin:** Einnahme intravenös, intranasal oder oral; Wirkdauer ca. 6–8 Stunden - **MDMA:** Einnahme oral, Wirkdauer 3–6 Stunden - **Metamphetamin:** Einnahme oral, intranasal, inhalativ, intravenös; Wirkdauer bis 20 Stunden - **Wirkmechanismus:** Transmitter werden durch Transporter wieder recyclet in den Synapsen, Können den Transporter umschreiben und einen Ausstoß von Transmittern aktivieren, vermehrte Ausschüttung und Hemmung der Wiederaufnahme von Noradrenalin und Dopamin, teils auch Serotonin, sympathomimetische und zentral stimulierende Wirkung, Erhöhung des Blutdruckes und der Herzfrequenz, eine Erweiterung der Atemwege, eine allgemeine Leistungssteigerung und ein erhöhter Energieverbrauch, Euphorie, Verminderung des Appetits, MDMA auch entaktogen (Verstärkung eigener Gefühle) und empathogen (verbesserter Zugang zu Gefühlen anderer) → aktuell laufende Studien zum Einsatz v.a. bei PTSD ## Stimulantien: Komplikationen - **akute paranoid-halluzinatorische Psychosen:** Angst, Verfolgungswahn, haptische Halluzinationen (Mikrohalluzinationen, ähnlich wie bei Kokainpsychosen) - **kognitive Beeinträchtigung bei längerem Gebrauch** - **Schlafstörungen (REM-Deprivation):** als Folge abends Hypnotika, morgens Stimulanzien - **weiterhin:** Gastritis, Hyperthermie, Krampfanfälle, Flüssigkeitsverlust, Herzrhythmusstörungen, hypertensive Krisen; **Gefahr eines Serotonin-Syndroms speziell bei MDMA = Vergiftung, Lebensgefahr!** - **bei Metamphetamin:** extrem schnelle Suchtentwicklung, rasche Dosissteigerung, Verelendung, starker Rebound nach Konsum, langfristig Kachexie, Zahnschäden, Immunschwäche, Kardiotoxizität - **bei MDMA:** Tod durch Exsikkose (Austrocknung) und Herzversagen, **Gefahr eines Serotonin-Syndroms, Vergiftung, Lebensgefahr!** ## Verfall unter Methamphetamin - 6 images showing the effects of methamphetamin on people, before and after use ## Stimulantien: Therapie der Intoxikation - Reizabschirmung, Beruhigung, Stabilisierung der Vitalparameter, der Temperatur und der Elektrolyte - auf Mischintoxikationen achten - bei Psychosen hochpotente Antipsychotika (Olanzapin = 1. Wahl bei Metamphetamin) - bei Schlafstörungen niedrigpotente Antipsychotika - ggf. bei starker Angst/Unruhe und bei Krampfanfällen Benzodiazepine (Vorsicht: Suchtgefahr) - **bei Metamphetamin oft intensivmedizinische Behandlung aufgrund der starken sympathomimetischen Wirkung nötig, zudem oft Gefährdung → dann akutpsychiatrische Therapie vorrangig, sofern keine unmittelbar behandlungsbedürftige somatische Symptomatik vorliegt** ## Stimulantien: Therapie der Abhängigkeit - **Abhängigkeitspotential MDMA < Amphetamin < Metamphetamin** - Therapiegesuch meist bei Polytoxikomanie - **kaum wissenschaftliche Erkenntnisse bzgl. einer Arzneimitteltherapie zur Abstinenzförderung** - bei Entzugssyndrom symptomatische Therapie (Antidepressiva, Antipsychotika, Benzodiazepine), ggf. bei Metamphetamin Einsatz von Dexamphetamin unter langsamer Abdosierung - **gute Evidenz für VT zur Motivationsförderung** ## Stimulantien bei ADHS: Nebenwirkungen im Vergleich - Diagram showing the comparison of side effects of Lisdexamfetamin, Methylphenidat and Modafinil - 1: verminderter Appetit, 2: Schlafstörungen, 3: Euphorie, 4: Halluzinationen, 5: Krampfanfälle, 6: Tachykardie, 7: Dyspnoe, 8: Mundtrockenheit - Häufigkeiten von außen nach innen: sehr häufig, häufig, gelegentlich, selten, sehr selten, nicht bekannt oder nicht gelistet; gemäß der Fachinformationen von Elvanse adult, Ritalin adult und Vigil, **im Kontext der Appetitstörungen ggf. auch Wachstumsverzögerung im Kindesalter** ## Atomoxetin und Guanfacin - zählen nicht zu den Psychostimulantien, werden aber bei der ADHS eingesetzt - haben noradrenerge, aber keine dopaminerge Wirkung - Atomoxetin hemmt v.a. die Wiederaufnahme von Noradrenalin und schwächer auch die von Serotonin, zudem blockiert es NMDA-Rezeptoren - Guanfacin aktiviert a2A-Rezeptoren - Diagram showing the comparison of side effects of Atomoxetin and Guanfacin, gemäß der Fachinformationen von Strattera und Intuiv ## Wirksamkeit der ADHS-Therapeutika - Netzwerk-Meta-Analyse von Cortese et al. (2018); Vergleich der Wirksamkeit von ADHS-Medikamenten bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen - Analyse enthält 133 randomisierte, kontrollierte Studien - Diagram showing the comparison of effectiveness of drugs in children and adults - **Amphetamines** - Children and adolescents: -1.02 (-1.19 to -0.85) - Adults: -0.79 (-0.99 to -0.58) - **Atomoxetine** - Children and adolescents: -0.56 (-0.66 to -0.45) - Adults: -0.45 (-0.58 to -0.32) - **Bupropion** - Children and adolescents: -0.96 (-1.69 to -0.22) - Adults: -0.46 (-0.85 to -0.07) - **Clonidine** - Children and adolescents: -0.71 (-1.17 to -0.24) - Adults: -0.49 (-0.64 to -0.35) - **Guanfacine** - Children and adolescents: -0.67 (-0.85 to -0.50) - Adults: 0.16 (-0.28 to 0.59) - **Methylphenidate** - Children and adolescents: -0.78 (-0.93 to -0.62) - **Modafinil** - Children and adolescents: -0.62 (-0.84 to -0.41) - **KIs sollten sich nicht überschneiden, sonst keinen statistische Signifikanz, bsp. Bupropion**, - **Je breiter KI, desto weniger Daten dazu**, - **Alle ADHS Medikamente in Kindheit wirksam**, - **Modafinil nicht besser als Placebo, im Erwachsenenalter nicht wirksam**, - **KI schneidet mittellinie, kein statistischer Effekt** ## Zulassung der ADHS-Therapeutika - Table showing the approval status of drugs in children and adults - **Atomoxetin**: 6-17J / yes - **Dexamfetamin**: 6-17J / no (due to quick release and potential for abuse) - **Guanfacin**: 6-17J / no (no studies exist) - **Lisdexamfetamin**: 6-17J / yes (special adult forms) - **Methylphenidat**: 6-17J / yes (special adult forms) ## Behandlungsrichtlinien bei ADHS - Pharmakotherapie im Kontext eines Gesamtbehandlungsplan! - Dauer: langfristig angelegte Therapie (einige Jahre); Auslassversuch einmal im Jahr bedenken - **Risiko für Substanzmissbrauch:** - Patienten mit unbehandelter ADHS entwickeln häufiger Suchterkrankungen als behandelte Patienten - **Amphetamine & Methylphenidat: peroral sicherer und nicht zu Abhängigkeit führender Arzneistoff,** bei parenteraler Gabe hohes Abhängigkeitspotential - Routineuntersuchungen (Blutbild, Puls, Körpergewicht, Längenwachstum) und EKG-Ableitung empfohlen ## Auswahlstrategien bei ADHS - meist initial Einsatz von Psychostimulantien, - Amphetaminpräparate sollten aber nur eingesetzt werden, wenn initial ein Behandlungsversuch mit Methylphenidat erfolglos war, - Guanfacin oder Atomoxetin werden bei Non-Response auf Psychostimulantien eingesetzt; kommt es weiterhin nicht zum Ansprechen, sind Kombinationen möglich, - bei bestimmten Patient*innengruppen sind Guanfacin und Atomoxetin auch bei der Erstlinientherapie einsetzbar, - komorbide Tic-Störungen (vokale und motorische Tics), - komorbider Substanzgebrauch ## Betäubungsmittel-Rezept - Amphetamin-Derivate sind Betäubungsmittel (BTM) und erfordern ein spezielles Rezept - **wichtige Unterschiede zum normalen Rezept:** - Rezepte werden personenbezogen an den Arzt / die Ärztin ausgegeben - sind nach dem Ausstelldatum nur 7 (nicht 28) Tage gültig - **Deckblatt und zwei Durchschläge:** - Deckblatt dient der Abrechnung mit der Kasse - Durchschlag 1 wird in der Apotheke aufbewahrt - Durchschlag 2 wird in der Praxis aufbewahrt ## GHB Gammahydroxybuttersäure - Botenstoff im Körper - **γ-Hydroxybuttersäure:** wirkt agonistisch an GHB-Rezeptoren; physiologisch im ZNS von Säugetieren - in der Szene als Liquid Ecstasy bezeichnet - **in geringen Dosierungen:** Wohlempfinden, erhöhtes Kontaktbedürfnis - **in höheren Dosierungen:** Benommenheit und Bewusstseinsverlust, ggf. Amnesie - **vegetative Symptome:** Schwitzen, Erregung, Übelkeit - Nachweis im Blut oder Urin, jedoch nur wenige Stunden, da kurze Halbwertszeit (30 min!) - sehr schwieriger Entzug

Use Quizgecko on...
Browser
Browser