Essstörungsbehandlung an der UK fr Kinder- & Jugendpsychiatrie Salzburg PDF
Document Details

Uploaded by MarvelousEnlightenment9979
Universitätsklinikum Salzburg
Julia Trost-Schrems
Tags
Summary
Dieses Dokument behandelt Essstörungen und deren Behandlung an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Salzburg. Es umfasst Themen wie Zahlen, Fakten, Diagnostik, Therapieangebote und das Refeeding-Syndrom. Die Inhalte richten sich an Fachleute und Interessierte im Bereich Essstörungen.
Full Transcript
Essstörungsbehandlung an der UK für Kinder- & Jugendpsychiatrie Salzburg OÄ Dr. med. univ. Julia Trost-Schrems Übersicht Zahlen, Fakten und Daten Einteilung, Definition u. Kriterien Ursachen...
Essstörungsbehandlung an der UK für Kinder- & Jugendpsychiatrie Salzburg OÄ Dr. med. univ. Julia Trost-Schrems Übersicht Zahlen, Fakten und Daten Einteilung, Definition u. Kriterien Ursachen und Häufigkeiten Warnhinweise und Symptome Diagnostik, Komorbiditäten, Differentialdiagnosen Behandlung und Prognose Konzept der Abteilung 18.02.2025 Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsges.m.b.H 2 Zahlen, Fakten und Daten UK f. Kinder- und Jugendpsychiatrie Salzburg Diagnosen 2010-2019 Station 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 3 Kriterien für Anorexie (F50.0) n. ICD 10/MAS Selbstinduzierte Gewichtsverlust > 15 % oder BMI < 3.Perz. für Alter; (EW BMI40% oder 25-30% innerh. von 3 Mon) Somatische Komplikationen Verweigerung/Unfähigkeit der Nahrungs-Flüssigkeitsaufnahme Psychiatrische Kriterien Suizidale Krise Selbstverletzendes Verhalten Massive Komorbidität Soziale Kriterien Ungünstige intrafamiliäre Interaktion, Dekompensation der Eltern Verdacht auf Missbrauch, Misshandlung Soziale Isolation Fehlende oder insuffiziente ambulante Behandlungsmöglichkeiten Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsges.m.b.H 18.02.2025 | Seite 37 COMPLIANCE/Adherence: In meisten Fällen anfänglich gering Besondere Herausforderung: weder bei Eltern noch bei Patienten vorhanden CAVE! Überschätzung der Fähigkeit der Patientinnen zur Compliance/Adherence!!! Psychoedukation, Vertrauen, Aufklärung Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsges.m.b.H 18.02.2025 | Seite 38 Therapieangebote: medizinische Abklärung, Psychoedukation Refeeding / Gewichtsmanagement m. Gewichtskontrollen, Essbegleitung Ernährungsmed. Beratung/Ernährungstherapie Psychotherapie, FBT, Psychodrama-Gruppe Körperbildgruppe Entspannung / Yoga Schule Haptikanzug (Neopren) sozialpäd./soziotherapeutische Angebote Somatische Rehabilitation und Ernährungstherapie Überwachung und Behandlung somatischer Komplikationen Gewichtsrehabilitation: Ziel bis 25-er Perz. BMI (bzw. bis zum Erreichen der Menstruation/Wachstumskurve) bei starker Kachexie langsamer Nahrungsaufbau (cave: Refeeding-Syndrom) – enge internist. Überwachung ev. vorsichtige Rehydratation (cave: card. Dekompensation) Normalisierung des Essverhaltens Abfolge in Stufen (Haupt-MZ, Zw- u. Zusatz-MZ,WE, eigenverantwort. Essen) Essbegleitung/“Modellessen“ ev. Kochgruppen Refeeding-Syndrom potentiell lebensbedrohliches Zustandsbild nach Wiederbeginn einer adäquaten Nährstoffzufuhr schwere Elektrolytstörungen, Vitaminmangelzustände, Wasser und Natriumretention können zu Organfunktionsstörungen führen Langsamer Beginn der Nährstoffzufuhr und schrittweise Steigerung Engmaschiges metabolisches Monitoring mit Kontrolle der Serumelektrolyte (Na, K, Mg, Ph), BZ-Spiegel, Harnelektrolyte Kontrolle der Flüssigkeitsbilanzen und der Vitalparameter Gewichtsmanagement: Gewichtskontrolle 1-2 x pro Woche per Zufall (immer auf derselben Waage, in Unterhose, Harn: spez. Gewicht; evtl. Restharn-Bestimmung) Gewichtszunahme: 500g(700g)-2 kg/Woche Kostaufbau Zusatznahrung: als zusätzliche Trinknahrung bei < als 1 kg unter dem Soll Magensonde: bei einem Gewicht von > 1 kg unter dem Soll u. Nahrungsverweigerung Ernährungsberatung/therapie, enger Informationsaustausch ultima ratio: UBG und Zwangsbehandlung Regeln im Alltag auf Station: Aktivitäten abhängig vom erreichten Gewicht Zimmerruhe/Rollstuhl Aktivitäten innerhalb des Spitals/ begrenzte Ausgänge im Klinikgelände mit Begleitung: bis 1.BMI-Perzentile Wochenend-Ausgang und Aktivitäten außerhalb des Spitals in Begleitung: 1.-3.BMI-Perzentilen Wochenenden und Ausgänge alleine: ab 3.BMI-Perzentilen Therapievertrag Maßnahmen eines multimodalen Therapiekonzeptes gruppentherapeutische Verfahren körperorientierte Verfahren ( Körperbildgruppen, Entspannung, Ergo, Kunst- Musiktherapie, tiergestützte Therapien.........) Psychosoziale Integration und Rehabilitation Schule, Arbeit, Soziotherapie,...... Der Spiegel der verhängnis- vollen Subjektivität Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsges.m.b.H 18.02.2025 | Seite 45 Medikamentöse Therapie Bulimie: SSRI.; 1.Wahl Fluoxetin ; 3x20mg (60mg) Prophylaxe bei langwierigen/rezid. Verlaufsformen Anorexie: SSRI kein signifikanter Effekt auf Gewichts- stabilisierung, ev. bei ausgeprägter Depression/Zwang SSRI bei anhaltender Depression nach Gewichtsstabilisierung Olanzapin (5-10mg): bei starker Gewichtsphobie, wahnhaft anmutender Körperschemastörung, Hyperaktivität andere: Osteoporose: Calcium, Vit D bei Malabsorption: Fe, Spurenelemente (Zink),..... CAVE: Hormonsubstitution, dermatologische Behandlung Nachsorge kinderpsychiatrische Nachsorge (Case-Manager) regelmäßige Gewichtskontrollen (initial wöchentlich) ambulante Psychotherapie EMB, ev. Ernährungsprotokolle, „Hausaufgaben“ regelmäßige Einbeziehung der Eltern Mindestens 12 Monate (2 Jahre); empfohlen bis 6 Jahre Ambulante Behandlung Case Management durch den Kinder/Jugendpsychiater somatische Abklärung durch niedergelassenen Arzt Gewichtsmanagement: + initial wöchentliche Gewichtskontrollen + Gewichtszunahme mind. 0,2 kg/Woche (0,2-0,5 kg) + ambulante Ernährungsmedizinische Behandlung Psychoedukation ambulanter Therapievertrag Psychotherapie enge Kooperation mit Niedergelassenen, Schulärzten, Jugendamt, Therapeuten und anderen externen Einrichtungen Tagesklinik: nur in Tageskliniken mit spezifischen Konzepten bei chronischen Verläufen mit wiederholten stationären Aufenthalten Verbesserung der sozialen Einbindung, Tagesstrukturierung bei gut motivierten Patientinnen ohne Komorbidität und nur mäßigem Untergewicht, ambulante Therapie nicht ausreichend Nach stationären Behandlung: Übergang in die ambulante Situation („Transfer“ der erreichten Veränderungen in die Alltagssituation; „Step-down“-Approach) bei Kindern und Jugendlichen, bei denen die Familie engmaschig in den Behandlungsprozess mit eingebunden werden kann Verlauf und Prognose Anorexie: Prognose mittlerweile verbessert Mortalitätsrate 5% (2,16-10%) Heilung 90% IBW = 25. BMI- Perzentile Wiedererlangung der Fähigkeit, eigenständig zuhause das Gewicht halten zu können Klare Empfehlung, dass eine stationäre oder teilstationäre Behandlung bis zu diesem Zeitpunkt erfolgen soll 18.02.2025 Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsges.m.b.H 55 THERAPIE UK für KJP Stationär: („Fast-track“- Akut: UBB/offen INFOGESPRÄCH) Kinder: 2 Betten ab 1. BMI-Perzentile Therapie: 3 - max. 4 Betten (bzw. nach Rücksprache) Tagesklinisc h: Max. 3 Patient*innen ab 3. BMI- Perzentile Nachsorge Therapie nach Konzept KJP Ambulant: Family Based Treatment (FBT) (Hometreatment) Gesprächsstruktur Aufnahmegespräch innerhalb 1 Woche nach Aufnahme 2 psychoedukative Gespräche Vorbild „Funeralsession“ n. J. Lock, 1x ärztlich,1x psychotherapeutisch/klinisch-psychologisch Stufenplan und Jokerliste Management von Gewichtsverlauf und Aktivitäten, im Aufnahmegespräch erklärt und ausgehändigt Im weiteren Verlauf etwa alle 2 Wochen Reflexionsgespräche Prozess reflektieren, Ziele bis zum nächsten Reflexionsgespräch, wichtige Vereinbarungen 18.02.2025 Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsges.m.b.H 57 ESSSTÖRUNGSKONZEPT STUFENPLAN Stufe 0 Stufe I Stufe II Stufe III (bisunterster Wert lt. Tabelle) (unterster Wert bis1er Perzentile) (1er bis 3er Perzentile) (3er bis 10er Perzentile) Verfügen über eines Jokers fix Verfügen über zwei Jokern fix Jokerregelung: Verdienen von drei Jokern möglich Verdienen von zwei Jokern möglich Verdienen von einem Joker möglich Verdienen von einem Joker möglich (gekoppelt an Gewichtszunahme) (gekoppelt an Gewichtszunahme) (gekoppelt an Gewichtszunahme) (gekoppelt an Gewichtszunahme) Ausgänge extern in Begleitung Ausgänge extern alleine 1x täglich 30 Minuten Ausgang am (Besuchszeit 17 – 19 Uhr) (ab 14 J.) Bewegung/ Ausgang: Je nach medizinischer Verordnung Klinikgelände in Begleitung Wochenendbeurlaubung möglich TNA möglich Essbegleitung Essbegleitung Essbegleitung (stufenweise Reduktion) Ausschleichen der Essbegleitung Essen: Menü wird gem. mit EMB in Menü wird gem. mit EMB ausgewählt Menü wird gem. mit EMB ausgewählt Zusammenarbeit mit Eltern ausgewählt Menü wird gem. mit EMB ausgewählt Einzelbetreuung, Gespräche, bisherige Programme Teilnahme an allen bisherigen Teilnahme an allen Aktivitäten (Gültigkeit Beziehungsaufbau Programmen und Gruppenangebote mit der allgemeinen Stationsregeln): Teilnahme an Gruppenangeboten ohne max. 30 Minuten Bewegung: Teilnahme an Gruppenangeboten ohne BewegungimSitzen, minimaler - Pferde hautnah BewegungimSitzen, ohne Ortswechsel: Ortswechsel erlaubt - Kibello (Kinder) - Klettern - Clowndoctors - Sportnachmittag - Teilnahme am zusätzlich: - aktivierende Gruppenspiele (z.B. - Ausflug Aktivitäten: Stationsforum / Kinderforum - Kognitive Spiele ohne Activity) - … - Teilnahme an der SOKO Bewegungselemente - gelenkte Aktivität bis 30 Minuten (z.B. Spaziergang, - Kreativangebote Bibliotheksbesuch, Einkauf,…) - Gesellschaftsspiele Verpflichtende Teilnahme an der Haushaltskompetenzgruppe (inkl. - Verwöhnprogramm / Entspannung Einkauf) bei ärztl. Verordnung Besuch der Heilstättenschule von 09:00 Besuch der Heilstättenschule Besuch von Schule / Arbeitstraining bis 11:30 Uhr extern HIS und Lernzeiten werden individuell Schule / Arbeit: Unterricht durch HIS in 2 Fächern pro vereinbart (max. 2 Stunden täglich) Woche oder 2 Lernzeiten à 2 Stunden pro Woche Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken 18.02.202 58 Betriebsges.m.b.H 5 Therapie – angepasst an Fortschritt der Behandlung Familientherapie orientiert an J. Lock Gruppen: Soziale Kompetenz, Körperbild, Haushaltskompetenz Ernährungstherapie: Kostaufbau Beratung/Selbständigkeit Tagesstrukturierung, Kreativangebote, Entspannung, Erlebnispädagogik Ergotherapie: Körperwahrnehmung, Reflexion von Arbeitshaltung, Freizeitverhalten Physiotherapie: passive Bewegungstherapie und Kreislaufaktivierung gezielte sportliche Aktivität mit Kontrolle durch Bioimpedanzanalyse Yoga Tiergestützte Therapie Therapeutisches Klettern Therapeutisches Laufen Alltagserprobung zuhause ab Stufe II Schrittweiser Beginn mit interner Beschulung ab Stufe I, extern ab Stufe II Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsges.m.b.H 18.02.2025 | Seite 59 Stufe 0 Stufe I Stufe II Stufe III 15 Minuten Ausgang am Klinikgelände in 30 Minuten Ausgang extern in Begleitung 15 Min. Ausgang alleine im Gelände (ab 14 J) Joker werden in Stufe III individuell mit Begleitung PatientIn besprochen und vereinbart Wochenendbeurlaubung möglich (TNA nach Teilnahme an einem pädagogischen Teilnahme an kognitiven Spielen ohne Abendessen am Sa bis vor Mittagessen am Angebot: Beispiele: Bewegungselemente So) - Schnuppern bei Pferde hautnah - 30 Min. Sport Essen auswählen gelenkte Aktivität bis 30 Minuten (z.B. - Schnuppern bei Klettern - Zeit für Kinobesuch Spaziergang, Bibliotheksbesuch, Einkauf,…) - 30 Min. Sport (im Rahmen des Besuche von z.B. Freunden ermöglichen - verlängerter Ausgang Sportnachmittags) für Kinder Kibello ermöglichen - Laptopzeit vereinbaren eine 2-stündige Lernzeit - Ausflug Clowndoctors - verlängerte Besuchszeit - zusätzlicher TNA - ausschlafen Teilnahme an einem aktivierenden - Essbegleitung für einen Tag pausieren Gruppenangebot - Besuche vereinbaren - Schulbesuch extern - eigener Vorschlag Zusätzliche Lernzeit kann individuell - … vereinbart werden - … „Joker“ zur Zusätzliche Joker bei Fixe Joker ausreichender Gewichtszunahme Verbesserung der Stufe 0 0 3 Stufe 1 1 2 Stufe 2 Stufe 3 2 0 1 1 Motivationslage Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsges.m.b.H 18.02.2025 | Seite 60 Grundsätze Verlässlichkeit, Klarheit, Transparenz, Konzepttreue Essbegleitung nach allgemeingültigen und transparenten Regeln Ziel: Reduktion anhand Stufenplan Zusätzliche hochkalorische Trinknahrung bei Unterschreiten definierter Gewichtsziele Vegane Kost wird nicht ermöglicht; vegetarische Kost ist möglich Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsges.m.b.H 18.02.2025 | Seite 61 EKG/ECHO (Erguss, Arrhythmien, Ventrikelfunktion?) Abdomen-Sono (Tumor? A. mesenterica sup. Syndrom?) c-MRI (Atrophie? Tumor?) Knochendichtemessung CBCL, YSR, JTCI, MINI-KID, OPD-KJ (Achse Behandlungsbereitschaft) EDI-2, TAP (4 Subtests), VLMT, PSSI. Seiltest, SI-Diagnostik. Bioimpedanzanalyse (BIA) Zeitpunkte für Wiederholung Diagnostik: bei Überschreiten der 3. und der 10. BMI-Perzentile (wenn bei der Aufnahme das Gewicht unterhalb der 3. BMI-Perzentile liegt, auch nach der Aufnahme) Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsges.m.b.H 18.02.2025 | Seite 62 Risikopatient*innen erfüllen ein Kriterium der folgenden: BMI < 0,5. Perzentile mehr als 10 Tage keine Nahrungsaufnahme auffällige Elektrolyte vor dem Start des Refeedings 15% Gewichtsabnahme innerhalb von 3 Monaten oder zwei der folgenden Kriterien: BMI < 1. Perzentile Abusus von Diuretika, Alkohol/Drogen oder Medikamenten (z.B. Antacida) 10 % Gewichtsabnahme innerhalb von 3 Monaten mehr als 5 Tage keine Nahrungsaufnahme Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken 18.02.202 63 Betriebsges.m.b.H 5 Ernährungsaufbau: 1. Tag 30 kcal/kg Ist-Gewicht 2. Tag 40 kcal/kg Ist-Gewicht 3. Tag 50 kcal/kg Ist-Gewicht 4. Tag 60 kcal/kg Ist-Gewicht ab 5. Tag Täglich in 10 kcal/kg Ist-Gewicht schrittweise steigern bis 60 kcal/kg Ziel-Gewicht (25.P. BMI) erreicht sind 1.+ 2. Tag wie zu Hause bzw. 10 kcal/kg Ist-Gewicht 3. Tag 20 kcal/kg Ist-Gewicht Risikogruppe 4. Tag 30 kcal/kg Ist-Gewicht 5. Tag 40 kcal/kg Ist-Gewicht Je nach Risiko, 6. Tag 50 kcal/kg Ist-Gewicht progressive Steigerung 7. Tag 60 kcal/kg Ist-Gewicht der Kalorienmenge ab 8. Tag Täglich in 10 kcal/kg Ist-Gewicht schrittweise steigern bis 60 kcal/kg Ziel-Gewicht (25.P. BMI) erreicht sind Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken 18.02.202 64 Betriebsges.m.b.H 5 Supplementierung 1. Vitamine: a) Bion3 oder Multibionta energy fix 1x1 Tablette täglich b) Thiamin 100 mg / Tag: während Refeedingphase (nur Risikogruppe) 2. Elektrolyte: a) Phosphatsubstitution: Risikogruppe während Refeedingphase; Erhaltungsdosis 0.3-0.6 mmol / kg / Tag oral (ANZJP 2014) b) Kaliumsubstitution: nur auf Indikation; 0,2-0,4 mmol/kg/Tag c) Magnesiumsubstitution: nur auf Indikation: 0,3-0,6 mmol/kg/Tag 3. Sonstiges: Völlegefühl - SAB-simplex, Fencheltee; Bauchschmerzen - Wärme; Aromatherapie, Obstipation - Molaxole®, Optixpress® Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsges.m.b.H 18.02.2025 | Seite 65 Zielkriterien für die Behandlung 1. Gewichtszunahme zwischen 700 - 2000 g pro Woche 2. Minimalgewicht, ab dem eine Entlassung ohne Revers denkbar ist > 10. BMI - Perzentile bei Entlassung mind. 2 Wochen gehalten 3. Verbesserung des Essverhaltens 4. Verminderung der Essstörungsgedanken mittels EDI gemessen 5. Veränderung des Körperbildes, gemessen mit dem Seiltest 6. Behandlung/Reduzierung der Komorbidität gemessen mittels YSR und JTCI 7. Erreichung von Krankheits-/Behandlungseinsicht 8. Konstruktiver Umgang der Eltern/Angehörigen mit der Essstörungsproblematik Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken 18.02.202 66 Betriebsges.m.b.H 5 Vorbereitung auf die Entlassung Die Entlassung und Fortführung der Therapie im ambulanten oder teilstationären Setting ist nur bei ausreichender körperlicher Stabilität (Fähigkeit zur Fortführung des Alltagslebens mit den alterstypischen Belastungen) und Compliance (Zuverlässigkeit, Mitarbeit an Therapieinhalten, Einhalten getroffener Absprachen, Mitarbeit der Eltern) möglich. Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsges.m.b.H 18.02.2025 | Seite 67 Vorbereitung auf die Entlassung - Minimumkriterien fixe Kriterien: o 10. BMI-Perzentile mindestens 2 Wochen gehalten o Verbesserung des Essverhaltens aus den folgenden Kriterien müssen 2 erfüllt sein: o Verminderung der Essstörungsgedanken (EDI-2) o Veränderung des Körperbildes: (Seiltest) o Reduzierung der Komorbidität (YSR und JTCI) o Erreichung von Krankheits-/Behandlungseinsicht (OPD-KJ/Behandlungsvoraussetzungen) o Konstruktiver Umgang der Eltern / Angehörigen mit der Essstörungsproblematik Nachbetreuung: o feste Vereinbarungen o Wiederaufnahmegewicht (maximal 2 kg unter Entlassungsgewicht) Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsges.m.b.H 18.02.2025 | Seite 68 Essverhalten: Selbst- und Fremdbeobachtung Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsges.m.b.H 18.02.2025 | Seite 69 Entlassung in vier Schritten Vorbereitung: 1 Monat vor Entlassung Alltagserprobung: mindestens 2 Wochen, parallel Abschlussdiagnostik (s.o.) Entlassung: Entlassungsgespräch, Abschiedsritual Nachsorge inklusive Follow-up-Gespräch 18.02.2025 Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsges.m.b.H 70 Familiy-based Therapy Systemischer Therapieansatz für Kinder und Jugendliche mit Anorexie Familien-Basierte Behandlung „Family-based therapy“ (FBT) ist ein ambulantes Modell mit Teamzugang, d.h. dass primäre Berater (Behandlung, Koordination der Betreuung), FA für Kinder- und Jugendheilkunde (medizinische Belange) und FA für Kinder und Jugendpsychiatrie (managt komorbide Störungen) zusammenarbeiten Grundlagen nach dem Maudsley-Modell aus London (Le Grange, 2005) und dem Modell der Stanford-University (Lock & Le Grange, 2009) Dr. James Lock ist Professor für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Pädiatrie am Department für Psychiatrie und Verhaltensforschung an der Stanford University School of Medicine. Dort ist er auch Leiter des Essstörungsprogramms für Kinder und Jugendliche. 18.02.2025 Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsges.m.b.H 72 Familien-Basierte Behandlung bei Anorexie Entwickelt am Maudsley Hospital in London in den 1980ern Verfeinert an der University of Chicago und Stanford University Behandlungsmanual nach Lock et al. Einschulung von mehreren Personen unserer Abteilung aus verschiedenen Berufsgruppen von Prof. Lock 2012 18.02.2025 Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsges.m.b.H 73 Grundlegende Annahmen in der Praxis Agnostik Therapeutische Haltung Stärkung Externalisieren der Krankheit Venn Diagram 18.02.2025 Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsges.m.b.H 74 Fokussierung anfangs auf Symptome Erstes Augenmerk liegt auf der Verhaltensänderung: Anstreben eines normalen Essverhaltens (ohne Erbrechen oder Abführen) Gewichtszunahme: Zielgewicht 50. BMI Perzentile = 100% IBW Beziehungsdynamiken rund um Essen und Gewicht Andere Themen werden vorerst verschoben bis die Patient*in psychisch als auch verhaltensmäßig weniger mit AN befasst ist Keine direkte kognitive Fokussierung auf die/den Jugendliche/n Drei Phasen von FBT Phase 1 Eltern sind verantwortlich für die (Sitzung 1-10) Gewichtszunahme Eltern übergeben die Kontrolle über Phase 2 das Essen wieder an die/den (Sitzung 11-16) Jugendliche/n Bearbeiten von Themen, die für die Phase 3 Entwicklung der/des Jugendlichen (Sitzung 17-20) wichtig sind 18.02.2025 Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsges.m.b.H 76 Erste Sitzung – „Funeral Session“ Familie kennenlernen und erfragen wie die Krankheit die Familie beeinflusst - „Geschichte der AN” Gewinnen aller Familienmitglieder und versuchen, die Eltern für eine Zusammenarbeit & Verantwortungsübernahme zu gewinnen Information über die Schwere der Krankheit und über konkrete Auswirkungen Vorstellen des Konzepts mit den drei Phasen und kurze Erläuterung der Grundhaltungen Erklärung, dass die Methode für die gesamte Familie sehr fordernd und zeitaufwendig ist Family meal vorstellen Zusammenfassen der Sitzung Family meal Abwiegen Durch Beobachtung und Nachfragen versuchen für die Familie und für uns transparent zu machen, wo die Krankheit Angriffspunkte finden kann Herausarbeiten, wo die Eltern schon ein gut funktionierendes Team gegen den Einfluss der Krankheit bilden Ermutigung der Eltern (und konkrete Hilfestellungen) ihre/n Tochter/Sohn dazu zu bringen, etwas mehr als geplant zu essen Geschwister von Verantwortung für das Essen befreien. Erfragen wie sie die/den Jugendliche/n in ihrer Rolle als Schwester/Bruder unterstützen können Zusammenfassen der Sitzung Erkenntnisse aus FBT – auch gültig für andere Therapieformen bei Anorexie Einbezug der Familie bzw. naher Bezugspersonen (wie auch des Partners) erhöhen Heilungschancen signifikant Erst bei Erreichen eines stabilen, mittleren gesunden Gewichtsbereichs (50. Perzentile) kann sich die Essstörungsdynamik wirklich und nachhaltig verändern Gesundheit geht vor Ausbildung, Studium und Beruf Die Verantwortung für die medizinischen Belange liegt nach wie vor beim Arzt/der Ärztin, aber: Es kann Sinn machen, das Wiegen als Ritual einzuführen, um gemeinsam mit der/dem Patient*in Überblick über den Gewichtsverlauf zu haben und dadurch die körperliche Gesundung nicht von anderen Themen abzukoppeln „Family meal“ verschafft gemeinsamen Überblick und erhöht Handlungsorientierung Die Rolle der Geschwister im Auge behalten - sie sind massiv in die Dynamik rund um die Anorexie eingebunden Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Christian-Doppler-Klinik Salzburg | Universitätsklinikum der PMU | 19.01.2016 | Seite 80