Summary

This document provides an overview of developmental psychology, including definitions, theories (endogenous, exogenous, interactionist), and key figures (Freud, Erikson). It covers various aspects of development across the lifespan, such as physical, cognitive, emotional, and social development, and examines different approaches to understanding these processes.

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EC Entwicklungspsychologie 1: Montag, 9. Oktober 2023: Inhalte Entwicklungspsychologie: Begriffsbestimmung (Gegenstand, Phasen, Verläufe, Mechanismen) Entwicklungstheorien: Typologie 1. Endogenistische Theorien (= Entwicklung d. Menschen wird auf Entfaltung genetischer Veranlagungen und Rei...

EC Entwicklungspsychologie 1: Montag, 9. Oktober 2023: Inhalte Entwicklungspsychologie: Begriffsbestimmung (Gegenstand, Phasen, Verläufe, Mechanismen) Entwicklungstheorien: Typologie 1. Endogenistische Theorien (= Entwicklung d. Menschen wird auf Entfaltung genetischer Veranlagungen und Reifungsprozesse zurückgeführt) 2. Exogenistische Theorien (= Entwicklung ausschließlich durch äußere Reize ausgelöst) 3. Selbstgestaltungstheorien 4. Interaktionistische Theorien Hauptströmungen (Auswahl) 1. Psychoanalyse 2. Behaviorismus 3. Konstruktivismus 4. Ökologische Entwicklungstheorien Was ist Entwicklungspsychologie? Eine Begriffsbestimmung Die Entwicklungspsychologie ist eine Wissenschaft, die zum Ziel hat, Veränderungen im menschlichen Erleben und Verhalten über die Lebensspanne zu beschreiben und zu erklären. Ihre Erkenntnisse sollen in der Praxis helfen, Entwicklungsverläufe vorherzusagen und günstig zu beeinflussen. Beschreiben: Erfassung von Veränderungen im Erleben und Verhalten Erklären: Identifizieren der Bedingungen für das Auftreten von Entwicklungsphänomen Vorhersagen: Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung eines Merkmales anhand früherer Entwicklungsbedingungen Beeinflussen: Prävention oder Intervention von unerwünschten Entwicklungsmerkmalen Grundlagenwissenschaft: Beschreibung und Erklärung von menschlicher Entwicklung Anwendungswissenschaft: Prognose (Vorhersage), Intervention (Beeinflussung) und Diagnostik von menschlicher Entwicklung Was ist Entwicklungspsychologie? Eine Begriffsbestimmung: Entwicklungsgegenstand: Funktionsbereiche: → Was? 1. Körperliche und motorische Entwicklung 2. Entwicklung der Wahrnehmung 3. Entwicklung des Denkens (kognitive Entwicklung) 4. Entwicklung der Emotion und Emotionsregulation 5. Entwicklung der Sprache 6. Entwicklung von Aufmerksamkeit und Motivation 7. Entwicklung des Sozialverhalten 8. Moralische Entwicklung Entwicklungsphasen: Altersbereiche → Wann? Entwicklungsphasen: Altersbereiche Entwicklungsverlauf: Einzelne Entwicklungsschritte → Wie? Individuelle Unterschiede z.B. wann ein Kind mit dem Laufen beginnt: die einen starten bereits mit 10 Monaten, andere erst mit 18 Monaten Entwicklungsverläufe: Vergleiche der Entwicklungsschritte Intraindividuelle Perspektive: 1. Querschnitt: Lisa kann mit drei Jahren bis 10 zählen. 2. Längsschnitt: Lisa kann mit drei Jahren bis 10 zählen und ein Jahr später bis 25. Interindividuelle Perspektive 1. Querschnitt: Im Vergleich zu Lisa kann Benn mit drei Jahren bis 5 zählen. 2. Längsschnitt: Im Vergleich zu Lisa kann Benn mit drei Jahren bis 5 zählen und ein Jahr später bis 10. Entwicklungsmechanismen: → Warum? Motoren & Mechanismen von Entwicklung → Beispiel: Gehirnreifung Was ist die Differentielle Entwicklungspsychologie? Die differentielle Entwicklungspsychologie beschäftigt sich mit Unterschieden zwischen einzelnen Personen im Hinblick auf psychologische Eigenschaften und Zustände und ihren Ursachen. Beispiele: 1. Warum entwickeln manche Kinder mit verzögerter Wortschatzzunahme im Alter von 2-3 Jahren später eine Sprachentwicklungsstörung und andere nicht? 2. Warum entwickeln sich manche Kinder trotz nachteiliger Sozialisationsbedingungen normgerecht und andere dagegen nicht? Entwicklungstheorien: Typologie Entwicklungstheorien bieten einen Rahmen, um wichtige Phänomene in der Entwicklung des Menschen zu verstehen, ein tieferes Verständnis für Entwicklungsprozesse, deren Ursachen und Beeinflussungsmöglichkeiten zu erhalten Endogenistische Theorien (Nativismus) 1. Entwicklung aufgrund von biologischen Reifungsprozessen im Menschen und durch Erbanlagen gesteuert 2. Der phasenweise Verlauf der Entwicklung ist deterministisch, unveränderlich und irreversibel 3. Entwicklung realisiert sich unter geeigneten Umweltkonstellationen: genetischer Bauplan schafft sensible Phasen, in denen der Mensch offen für äußere Einflüsse wird Exogenistische Theorien (Milieutheorie) 1. Entwicklung allein durch Umwelt und durch externe Reize kontrollierbar (Kontext): Entwicklung und Verhalten kann in jede gewünschte Richtung gebracht werden 2. Entwicklung ist damit hoch abhängig von den Wünschen, Zielen, Vorstellungen und Handeln des Erziehenden Selbstgestaltungstheorien 1. Mensch ist aktiver Mitgestalter seiner eigenen Entwicklung 2. Mensch verfolgt Ziele und nimmt so handelnd Einfluss auf seine physische und soziale Umwelt 3. Auf der Basis von Erfahrungen macht der Mensch sich ein Bild von sich selbst und von seiner Umwelt 4. Sucht sich selbst entwicklungsbeeinflussende Umwelten Interaktionistische Theorien 1. Mensch als auch Umwelt nehmen aktiv Einfluss auf die Entwicklung 2. Entwicklung als wechselseitige Anpassung von Individuum und Umwelt 3. Prinzip der Transaktion: Entwicklungssubjekt und Entwicklungskontext bedingen und beeinflussen sich gegenseitig; verändert sich das eine, verändert sich auch das andere Welche entwicklungspsychologische Hauptströmungen gibt es? 1. Psychoanalyse: psychodynamische Ansätze 2. Behaviorismus: (soziale) Lerntheorien 3. Konstruktivismus 4. Ökologische Entwicklungstheorie: Kontextualistische Ansätze Psychoanalyse: psychodynamische Ansätze Grundannahmen 1. Psychodynamik: für die psychischen Vorgänge ist psychische Energie (= Triebenergie) grundlegend, die Verhalten, Gedanken und Gefühle antreiben 2. psychische Triebenergie löst "Bedürfnisse" aus → innere Spannungen: Abfuhr dieser Spannungen führt zu Lustgefühlen 3. Lustprinzip: Lustgefühle werden angestrebt, Unlustgefühle vermieden 4. Der Psyche unerträgliche oder schmerzhafte Erfahrungen werden durch Abwehrmechanismen vom bewussten Erleben ferngehalten 5. Denken und Handeln werden nicht nur von bewussten psychischen Vorgängen, sondern insbesondere durch unbewusste psychische Prozesse beeinflusst 6. Ursache aktueller Entwicklungsstörungen sind bewusste und unbewusste (Kindheits)- Erlebnisse (psychischer Determinismus) Wie findet Entwicklung statt? 1. Entwicklung wird durch biologische Reifungsprozesse, innere Triebkräfte und subjektive (soziale) Erfahrungen bestimmt 2. Überzeugung, dass der Mensch eine Reihe von Stadien durchläuft, in denen er sich mit inneren psychischen Konflikten konfrontiert sieht, sich zwischen seinen biologischen Trieben (Bedürfnissen) und den Erwartungen seiner Umwelt entscheiden zu müssen: a. Werden diese Konflikte gelöst, entwickelt die Person bestimmte Fähigkeiten, die sie darin unterstützen, mit anderen Menschen auszukommen und Ängste zu bewältigen. b. Bleiben die Konflikte ungelöst, bleiben sie im Unterbewussten bestehen und beeinflussen das Denken und Handeln der Person. Wichtigste Vertreter Sigmund Freud (1856-1939): Begründer der Psychoanalyse 1. psychosexuelle Entwicklungstheorie: für eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung ist entscheidend, wie die Eltern mit den sexuellen und aggressiven Trieben in den ersten Lebensjahren ihres Kindes umgehen 2. Theorie der Instanzen der Persönlichkeit: Ich, Es, Überich Erik Erikson (1902-1994): Neo-Analytiker 1. Strukturelles Entwicklungsverständnis: neben angeborenen Eigenschaften auch soziale Umwelt und Interaktion für die Herausbildung des Ichs, Überichs und Es verantwortlich 2. Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung: in jeder Entwicklungsstufe erwirbt der Mensch durch Bewältigung von Krisen Haltungen und Fertigkeiten, die ihm zu einem aktiven, nützlichen Mitglied der Gesellschaft werden lässt → Lebensspannenperspektive Beitrag zur Entwicklungspsychologie 1. Blick auf das psychische Innenleben eines Menschen 2. Beschreibung von innerpsychischen Phänomenen und deren Entwicklung 3. Betonung der Einzigartigkeit der Lebensgeschichte eines Menschen 4. Forschungsbeiträge zur sozialen und emotionalen Entwicklung, u.a. Bindungsverhalten von Eltern und Kindern, der Aggression, Methoden der Kindererziehung, Geschlechterrollen und Identität des Jugendlichen 5. Introspektion als therapeutisches Mittel (Psychoanalyse, Tiefenpsychologie) Behaviorismus: (soziale) Lerntheorien: Grundannahmen: 1. Erklärung der menschlichen Entwicklung über äußere Faktoren, insbesondere Lernmechanismen 2. Untersuchung des menschlichen Verhaltens: beobachtbare Verhalten und dessen Anpassung/Veränderung steht im Vordergrund 3. Psychische und kognitive Vorgänge als „Black Box“ (= Metapher f. psychische & kognitive Prozesse, die sich (noch) nicht mit naturwissenschaftlichen Methoden objektiv messen, beschreiben und reproduzieren lassen) 4. Grundlage von Verhalten: Reiz-Reaktion-Schema → auf einen bestimmten Reiz („Stimuli“) erfolgt eine bestimmte Reaktion Wie findet Entwicklung statt? 1. Entwicklung als kontinuierlicher Prozess: Zunahme der Anzahl und Stärke von Assoziationen zwischen einem Reiz und daraus resultierenden Verhalten 2. Umwelt als wichtigster Einfluss auf die Entwicklung: Erwachsene können das Verhalten von Kindern formen und damit ihre Entwicklung bestimmen 3. Entwicklung als Lernprozess: a. Klassische Lerntheorie: Lernen als Verstärkung (durch Belohnung) oder Abschwächung (durch Bestrafung) von Verhaltensweisen b. soziale Lerntheorie: Lernen über Beobachtung und Nachahmung “Give me a dozen healthy infants, well-formed, and my own specified world to bring them up in and I'll guarantee to take any one at random and train him to become any type of specialist I might select - doctor, lawyer, artist, merchant (= Kaufmann/frau) -chief, and, yes, even beggar-man and thief, regardless of his talents, penchants (= Vorlieben), tendencies, abilities, vocations (= Berufungen; Bestimmungen) , and race of his ancestors.” - Watson (1924) Behaviorismus: (soziale) Lerntheorien - Wichtigste Vertreter: Klassische Lerntheorie Wichtigste Vertreter: soziale Lerntheorie Albert Bandura (1925-): Lernen am Modell: Bedeutung von Vorbildern für das Erlernen von Verhaltensweisen → Beobachtung und Nachahmung Beitrag zur Entwicklungspsychologie 1. Bedeutung des Lernens am Modell (z.B. in der Familie) 2. Rolle von Verstärkern/ Verstärkersystemen im pädagogischen und therapeutischen Kontext (Verhaltenstherapie) 3. Verhaltenstherapie (VT): Kombination von Konditionierung und Modelllernen zur Behandlung eines breiten Spektrums von Verhaltensproblemen und Anpassungsproblemen Konstruktivismus -Grundannahmen 1. Mensch wird als aktiver Gestalter seiner Wahrnehmung und Wirklichkeit gesehen 2. anhand von Sinneseindrücken wird eine subjektive Realität erzeugt 3. Menschen konstruieren ihr Wissen selbst, indem sie aktiv auf ihre Umwelt einwirken, sie erkunden und in ihrem Bewusstsein abbilden (mental repräsentieren) Konstruktivismus - Wie findet Entwicklung statt? 1. Vorstellung von der Entwicklung des Denkens in aktiver Auseinandersetzung mit der Umwelt → intrinsische Neugier des Kindes als Entwicklungsmotor → Wissenserwerb als aktiver, erfahrungsgetriebener Konstruktionsprozess 2. Wissen kann nicht vermittelt werden, sondern muss selbstständig konstruiert werden: Konstruktionsprozesse sind erfahrungsabhängig und daher individuell 3. Neues Wissen wird durch Umstrukturierung von bereits vorhandenem Wissen erworben: Was genau gelernt wird, hängt vom Vorwissen und der Lernsituation ab 4. Interaktion und Kommunikation mit anderen Menschen dienen dazu, in komplexen Situationen gemeinsam Zusammenhänge zu erkennen und Lösungen für Probleme zu erarbeiten Konstruktivismus - Wichtigste Vertreter: Jean Piaget (1896-1980): Begründer der „genetischen Epistemologie“ (Entwicklung des Erkennens) basierend auf Beobachtung von Kindern verschiedenen Alters → Stufenmodell der kognitiven Entwicklung Konstruktivismus - Beitrag zur Entwicklungspsychologie: 1. Kinder sind aktiv Lernende und nicht passive Empfänger 2. Lernen als konstruktiver Prozess 3. Auf der Basis der Erkenntnisse des Kognitivismus/Konstruktivismus: Entwicklung neuer Erziehungsmethoden und -programme an, bei denen Lernen durch selbstständiges Entdecken und direkter Kontakt mit der Umwelt im Vordergrund stehen Ökologische Entwicklungstheorien & Kontextualistische Ansätze: Grundannahmen 1. Mensch ist aktiv an seinem Entwicklungsprozess beteiligt 2. Untersuchungseinheit ist nicht der Mensch, sondern der Mensch im sozialen Umfeld: wer Entwicklung verstehen will, muss die Sozialisations- und Kontextbedingungen berücksichtigen 3. Jeder Mensch entwickelt sich in einem sozialen Kontext: Entscheidend für die Betrachtung der individuellen Entwicklung sind weniger die objektiven Lebensraumbedingungen, sondern vielmehr deren subjektive Repräsentation durch das Individuum Ökologische Entwicklungstheorien & Kontextualistische Ansätze - Wie findet Entwicklung statt? 1. Denk- und Verhaltensmuster werden über Sozialisationsprozesse in verschiedenen Sozialisationskontexten erworben –Sprache erhält dabei eine besondere Bedeutung 2. soziale Interaktion - insbesondere der kooperative Austausch mit kenntnisreicheren Mitgliedern der Gesellschaft -für Kinder notwendig, um sich die Formen des Denkens und Verhaltens anzueignen, die die kognitive Orientierung einer kulturellen Gemeinschaft/eines Sozialisationskontextes ausmachen 3. Entwicklung als gesellschaftlich vermittelter Prozess: Kind erhält Unterstützung von Erwachsenen und älteren Peers bei der Bewältigung von aktuellen Entwicklungsaufgaben (soziale Unterstützung) 4. Der Mensch ist aktiv an seiner Lernentwicklung beteiligt, indem es sich selbst Lernkontexte und Hilfestellungen sucht. Ökologische Entwicklungstheorien & Kontextualistische Ansätze – Wichtigste Vertreter: Uri Bronfenbrenner (1917-2005): Ökologische Systemtheorie: gesamte materielle und soziale Umwelt eines Menschen beeinflussen seine Entwicklung Ökologische Entwicklungstheorien & Kontextualistische Ansätze - Beitrag zur Entwicklungspsychologie: 1. Ganzheitliche Perspektive auf die Einflussfaktoren kindlicher Entwicklung 2. Erweitert die entwicklungspsychologische Perspektive um den Einfluss verschiedener soziokultureller Praktiken und Lebensräume 3. Mechanismen entwicklungsbedingter Veränderungen: soziale Unterstützung, Partizipation 4. Bedeutung für die therapeutische Behandlung von psychischen Störung Montag, 16. Oktober 2023: Entwicklung als Gegenstand: Was ist Entwicklung? Inhalte: 1. Evolutionsbiologische Perspektive 2. Was wird unter Entwicklung verstanden? → Quantitative Veränderung; Qualitative Veränderung; Kontinuität vs. Diskontinuität; Psychische Entwicklung 3. Was gehört zu Entwicklung? → Lernen; Sensible Phasen; Sozialisation 4. Konzeptionen von Entwicklung → Enger Entwicklungsbegriff; Weiter Entwicklungsbegriff 5. Anlage-Umwelt-Debatte Evolutionsbiologische Perspektive nach Charles Darwin Prozess der Ausdifferenzierung und Entfaltung der Lebewesen, wobei die endgültige Gestalt eines Organismus das Ergebnis der Stammesentwicklung (Phylogenese) und der Individualentwicklung (Ontogenese) ist. Ontogenese = Entwicklung des Individuums über die Lebensspanne; Phylogenese = Stammesgeschichtliche Entwicklung im Verlauf der Evolution Entwicklung: Was man sehen kann - Größen- und Gewichtzunahme Entwicklung: Was man sehen kann – Motorikentwicklung: Entwicklung: Was man nicht so gut sehen kann 1. Entwicklung des Denkens 2. Gehirnentwicklung Entwicklung als Gegenstand: Was wird unter Entwicklung verstanden? Was gehört zur Entwicklung? Was wird unter Entwicklung verstanden? Entwicklung als quantitative Veränderung → z.B. Zunahme an Körpergröße und –Gewicht; Zunahme an Gedächtniskapazität; Zunahme der Wortschatzgröße Entwicklung als qualitative Veränderung: z.B. Greifreflex wird zum gezielten Greifen beim Säugling; Veränderte Gedächtnisstrategien im Vor- und Grundschulalter; Auslöser von Ängsten in der frühen Kindheit vs. Jugendalter Entwicklung als kontinuierlicher od. diskontinuierlicher Prozess Definition: Was wird unter Entwicklung verstanden? Psychische Entwicklung Die psychische Entwicklung umfasst nachhaltige, längerfristige Veränderungen im Verhalten und Erleben von Personen über die gesamte Lebensspanne und welche systematischen Zusammenhänge mit dem Lebensalter aufweisen. Aber: Systematische Zusammenhänge von Entwicklungsprozessen mit dem Alter bedeuten jedoch nicht, dass das Lebensalter selbst diese Veränderungen kausal bedingt oder erklären kann (siehe Beispiel: fluide Intelligenz)! Was gehört zur Entwicklung? Lernen 1. Veränderungen im Wissen und den Kompetenzen des Individuums, die nicht zwingend an ein bestimmtes Alter oder einen Lebensabschnitt gebunden sind, in der Praxis aber häufig in spezifischen Altersfenstern auftreten (z.B. Lesen lernen). 2. Anhängig von Lerngelegenheiten (Umweltfaktoren) 3. Ziel: längerfristige Veränderungen (nachhaltiges Lernen); mitunter aber auch Lernen als vorrübergehende Veränderung Sensible Phasen 1. Entwicklungsabschnitte, in denen – im Vergleich zu vorangehenden und nachfolgenden Perioden – spezifische Erfahrungen maximale Wirkungen haben. 2. besondere Entwicklungschancen und Risiken in Abhängigkeit der Umwelt 3. Beginn und Ende weitgehend biologisch determiniert Beispiel: Oksana –aufgewachsen mit Hunden Sozialisation 1. Entwicklungsprozesse, die von kulturspezifischen Entwicklungszielen, Erziehungsmethoden sowie Umweltfaktoren abhängen 2. Hochgradig von der Umwelt abhängig 3. Beispiel: Vorrang geozentrischer gegenüber egozentrischen Raumbegriffen bei balinesischen Kindern Konzeption v. Entwicklung: Enger Entwicklungsbegriff Entwicklung auf Kindheit, Jugendalter bis frühe Erwachsenenalter beschränkt Entwicklung als Stufenabfolge: Entwicklungsmechanismen: biologistische Erklärungskonzepte für Veränderungen Erklärungsmechanismen: Reifung 1. vorwiegend biologisch (genetisch) determinierte Prozesse 2. häufig gebunden an spezifisches Alter 3. universelles Auftreten 4. nicht umkehrbar Erklärungsmechanismen: Wachstum 1. Quantitative Veränderung 2. Eindimensional: es geht um Zunahme 3. Funktion des Alters 4. Von Genen und Umweltfaktoren abhängig (z.B. Ernährung) Stufenmodelle 1. Veränderungsreihe mit mehreren Stufen: Entfaltung eines inneren Bauplans 2. Stufen als universelles Phänomen: kulturunabhängig 3. Richtung auf einen End- oder Reifezustand, der gegenüber dem Ausgangszustand höherwertig ist: frühere Stufen als Voraussetzung der jeweils nachfolgenden 4. Stufen sind unumkehrbar (irreversibel) 5. Stufen sind als qualitative, strukturelle Transformationen im Unterschied zu nur quantitativem Wachstum Kritik am engen Entwicklungsbegriff 1. Viele Entwicklungsphänomene nicht als Stufenabfolge beschreibbar: Entwicklungswege sind heterogen 2. Durch biologistische Betrachtungsweise wird passive Beteiligung des Individuums am eigenen Entwicklungsprozess angenommen (Biologismus =philosophische & weltanschauliche Position, die menschl. Verhaltensweisen & gesellschaftliche Zusammenhänge vordringlich durch biologische Gesetzesmäßigkeiten zu erklären versucht) 3. Reifeendzustand zu einschränkend: lebenslanges Lernen 4. Annahme von universellem Auftreten der Stufen schließt nicht-universelle Einflüsse auf die Entwicklung aus (z.B. Kultur) Konzeptionen von Entwicklung: Weiter Entwicklungsbegriff 1. Entwicklung über die Lebensspanne 2. Entwicklung als Gewinn und Verlust 3. Entwicklung als transaktionaler Prozess 4. Entwicklung als multidirektionales Geschehen 5. Entwicklung als systemisches Geschehen Entwicklung als lebenslanger Prozess: Menschen sind aktive Mitgestalter ihrer eigenen Entwicklung – von Geburt an. Entwicklung findet über die gesamte Lebensspanne eines Menschen statt –von der Befruchtung bis zum Tod. (Baltes et al., 2006) Multidirektionales Verstehen: Eine Person kann sich in mehrere Richtungen entwickeln. Ein und dasselbe Entwicklungsziel kann auf unterschiedlichen Wegen erreicht werden. Gewonnene Kompetenzen können sich wieder abschwächen und wiedererlangt werden. Gewinn und Verlust: Aufbau (Gewinn) als auch den Abbau (Verlust) von Fähigkeiten tritt oft nebeneinander auf → Multidirektionalität der Entwicklung (Baltes, Lindenberger & Staudinger, 2006) Beispiel: Veränderung neuronaler Strukturen (Synapsenverbindung) im Babyalter Beispiel: Strukturveränderung der Intelligenz mit dem Alter der Person Systemisches Verstehen Bioökologisches Modell von Urie Bronfenbrenner (1979): Entwicklung des Menschen ist ein einen soziokulturellen Kontext, bestehend aus verschiedenen Umwelten, eingebettet → Mikrosystem (= jene Lebensbereiche, in denen Menschen leicht direkte Interaktionen mit anderen aufnehmen können, z.B. Schule od. Familie); Mesosystem (= System aus 2 od. mehr Settings z.B. Familie od. Peer- Group); Exosystem (= Beziehungsgeflecht, dem Person nicht direkt angehört → nur beschränkten oder gar keinen Einfluss auf dessen Gestaltung); Makrosystem (= Gemeinsamkeiten u. Ähnlichkeiten d. untergeordneten Systeme einer Subkultur bzw. einer Kultur → wirken als gemeinsame Einflüsse auf alle Mitglieder einer Kultur oder Subkultur) Systemisches Verstehen – Kontextualismus (vgl. Baltes & Nesselroade, 1979) Jeder individuelle Entwicklungsverlauf resultiert aus der Wechselwirkung von 1. Altersbedingten Veränderungen (Organismus) 2. Geschichtlich bedingten Veränderungen (Generation) 3. Nicht-normativen Veränderungen (individuelle Erfahrungen) Transaktionaler Prozess: Entwicklung als Produkt der Interaktion dreier Faktoren: 1. Gene/ Biologie 2. individuelle Erfahrungen 3. aktuelle Situation Konzept der Passung: Interaktion und Kovariation zwischen Biologie und Umwelt → Entwicklungsprobleme = Passungsprobleme Kovariation = gemeinsames Variieren zweier od. mehrerer Merkmale Transaktionaler Prozess - Probabilistische Epigenese: Vorbestimmte Anlagen werden nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit wirksam. Bsp.: Gezielte Züchtung von Verhaltensmerkmalen bei Ratten (Tryon, 1934) → ABER: Einfluss der Umgebung auf die Ausprägung von gezielt gezüchteten Verhaltensmerkmalen → Signifikante Unterschiede zwischen gezüchteten Stämmen nur in verarmter Umgebung (Cooper & Zubeck, 1958) → Interaktion zw. Genen & Umweltbedingungen Epigenetik = Erforschung der bleibenden Veränderungen bei der Genexpression, die durch Umwelteinflüsse bewirkt werden können Transaktionaler Prozess - Menschliche Entwicklung: Wie kovariieren Gene & Umweltfaktoren? 1. Passive Gene-Umwelt-Kovariation: Ein musikalischer Vater vererbt seine Musikalität an seine Kinder. Zugleich gestaltet er auch das Zuhause mit Musik und Instrumenten entsprechend seiner Neigung. 2. Reaktive Gene-Umwelt-Kovariation: Wenn Eltern erkennen, dass ihr Kind musikalisch ist, werden sie diese Musikalität eventuell fördern, indem sie gemeinsam Musik hören oder das Kind in eine Musikschule schicken. 3. Aktive Gene-Umwelt-Kovariation: Ein Kind, das Musik mag, interessiert sich vermehrt für Musikinstrumente, schlägt beim gemeinsamen Spiel vor, Musik zu machen oder zu hören und drückt vielleicht schon früh den Wunsch aus, ein Instrument lernen zu wollen. Menschliche Entwicklung: Wie kovariieren Gene & Umweltfaktoren? Beispiel Schüchternheit/soziale Angst: Ein vom Temperament her (Biologie/ Gene) ängstliches Kind sucht von sich aus weniger soziale Interaktionen mit anderen Menschen (= aktiv) 1. weniger Gelegenheit für positive soziale Erfahrungen (= reaktiv) 2. Mitmenschen passen ihr Verhalten an (= reaktiv) 3. Wenn auch die Eltern ängstlich sind, werden sie dem Kind weniger soziale Interaktionen ermöglichen, weniger Vorbild sein und es weniger ermutigen, sich seinen Ängsten zu stellen (= passiv) Anlage-Umwelt-Debatte: Was beeinflusst Entwicklung stärker? Montag, 23. Oktober 2023: Von der mittleren Kindheit zum Jugendalter: Eine Einführung Inhalte: 1. Körperliche Entwicklung und Entwicklung des Gehirns 2. Kognitive und sozial-kognitive Entwicklung 3. Sozial-emotionale Entwicklung 4. Entwicklungsaufgaben Definition: Körperliche Entwicklung - Bereiche der körperlichen Entwicklung 1. Körperwachstum (Körpergröße und Proportionen); Gewichtsentwicklung 2. Körperfunktionen 3. Perzeptive & motorische Fähigkeiten 4. Körperliche Gesundheit Definition: Körperliche Entwicklung - Entwicklung des Gehirns Bei der Entwicklung des Gehirns sind einige Veränderungsprozesse entscheidend, wie sich Gehirnstrukturen formen und verändern: 1. Neurogenese: 2. Synaptogenese (Spreading): findet ein Leben lang statt, weil wir sonst ohne Synaptogenese und Bildung neuer Synapsenverbindungen nicht mehr neue Sachen lernen oder uns neues Wissen aneignen könnten 3. Myelinisierung: Fettschicht, die zum Schutz dient und erst im frühen Erwachsenenalter ist das Gehirn fertig myelinisiert 4. Abbauprozesse, betreffend Neuronen (Apoptose = genetisch vorprogrammierter Neuronenabbau, v.a. von Neuronen, die nicht mehr benutzt werden bzw. Nekrose = typisch für Alzheimer, häufig mit Entzündungsprozessen); Synapsen (Pruning = anfangs ein Überschuss an Synapsen, wobei später gezielt jene verstärkt werden können, die für aktuelle Lebensumstände notwendig sind → Feinabstimmung d. synaptischen Verbindungen → Dabei werden Verbindungen, die redundant bzw. nicht mehr funktional sind, abgebaut) Definition: Kognitive Entwicklung Kognitionen werden in der Psychologie sämtliche Prozesse der Erkenntnis- und Informationsverarbeitung verstanden, in denen Neues gelernt und Wissen verarbeitet wird. Wichtige Elemente der kognitiven Entwicklung bleiben dabei das Denken und Problemlösen, welches sich zunehmend zum systematischen, wissenschaftlichen Denken entwickelt. Dazu zählen … Induktives Denken = von einer Sache auf die Allgemeinheit schließen! Deduktives Denken = Allgemeine Regel auf Einzelfall anwenden → Ist Grundlage v. wissenschaftlichen Denken! Hypothetisch-Deduktives Denken = klassisches Vorgehen bei quantitativer Forschung → man erstellt Hypothesen und überprüft diese, ob diese übereinstimmt mit den gesammelten Daten und Fakten, oder nicht! Definition: Sozial-kognitive Entwicklung Soziale Kognitionen umfassen die Art und Weise, wie wir Informationen über die soziale Realität interpretieren, analysieren, erinnern und verwenden, wie diese Informationsverarbeitung durch den sozialen Kontext beeinflusst wird und wie dies wiederum unser Erleben und Verhalten beeinflusst. Meilensteine der sozial-kognitiven Entwicklung sind … 1. Selbstkonzept: umfasst alle Kognitionen, die uns selbst umfassen → z.B. Emotionen, Eigenschaften, etc. → Jeder hat 1 eigenes Selbstkonzept entwickelt → erstes Selbstkonzept, das man entwickelt, ist das Erkennen von sich selbst im Spiegel → erst in einem gewissen Alter erkennen Babys, dass sie sich selbst im Spiegel erkennen und dass sie sich selbst darin sehen und keine andere Person! 2. Egozentrismus: Kinder sind anfangs noch nicht in der Lage, sich in die Perspektive eines Gegenübers reinzusetzen → z.B. Abbildung: Kind links erkennt Zahl am Boden als 6, während Kind gegenüber es als 9 erkennt → Können sich noch nicht in die andere Person reinversetzen 3. Perspektivenübernahme: Passiert dann, wenn Kinder lernen zu begreifen, dass die Ansichten anderer Personen auch korrekt sein können, z.B. Dilemma mit Zahl am Boden → Rechte Person erkennt an, dass Zahl aus Perspektive der linken Person wie eine 6 und nicht wie eine 9 aussieht 4. Moralische Entwicklung: Entwicklung v. moralischen Vorstellung von was gut und was böse ist! Definition: Sozial-emotionale Entwicklung Unter sozial-emotionaler Entwicklung werden Veränderungen im emotionalen Erleben und Verhalten zusammengefasst, die sich in sozialen Kontexten maßgeblich entwickeln und zur sozialen Kompetenz einer Person nachhaltig beiträgt. 1. Familiäre Beziehungen: 2. Freundschaften: v.a. im Jugendalter sind Freundschaften sehr wichtig für die Selbstentwicklung und zum Ausprobieren verschiedener Verhaltensweisen Entwicklungsaufgaben: Das Konzept der Entwicklungsaufgaben geht auf Robert J. Havighurst zurück, der Entwicklungsaufgaben als gesellschaftlich und kulturell geprägten Erwartungen verstand, die sich in der Entwicklung von spezifischen Fertigkeiten oder dem Erreichen bestimmter Ziele zeigen (Entwicklungsziele). 1. Frühe Kindheit (bis 6 Jahre) 2. Mittlere Kindheit (6 - 11 Jahre) 3. Adoleszenz (12 - 18 Jahre) 4. Frühes Erwachsenenalter (19 - 30 Jahre) 5. Mittleres Erwachsenenalter (31 - 60 Jahre) 6. Höheres Erwachsenenalter (ab 60 Jahre) Werden diese Entwicklungsaufgaben erfolgreich bewältigt, d.h. die Entwicklungsziele erreicht, ist dies mit Erfolg und gelungener Entwicklung verbunden „Sie definieren für jedes Individuum in bestimmten situativen Lebenslagen objektiv vorgegebene Handlungsprobleme, denen es sich stellen muss.“ Robert J. Havighurst, 1976 Mittlere Kindheit (6-11 Jahre): Mittlere Kindheit: Körperliche Entwicklung – Entwicklung des Körpers: 1. Langsames, aber gleichmäßiges Wachstum und Gewichtszunahme (ca. 5-8 cm pro Jahr, ca. 2-3 kg pro Jahr): Mädchen etwas kleiner & leichter als Jungen bis ca. zum Alter von 9 Jahren 2. Veränderung der Körperproportionen: Beine wachsen schneller als oberer Körperbereich 3. Muskelkraft erhöht sich bei bleibender hoher Bewegungsflexibilität → verbesserte Grobmotorik 4. Verbesserte Feinmotorik: präziseres Schreiben 5. Ersetzen der Milchzähne mit den bleibenden Zähnen Mittlere Kindheit: Körperliche Entwicklung – Entwicklung d. Gehirns Die Entwicklung des Gehirns in der mittleren Kindheit ist geprägt durch gleichbleibende … 1. Langsame Reifung des Cortex: Cortex sind oberste Schichten des Gehirns, die wir u.a. zum Lesen und Schreiben etc. brauchen 2. Myelinisierung der Axone von innen nach außen → von inneren Hirnbereichen zu den äußeren Bereichen 3. „Stutzen“ überschüssiger Synapsen (Pruning) → Entfernung nicht genützter Synapsen → „Use it or lose it“ Umwelterfahrungen spielen bei der Entwicklung des Gehirns eine besondere Rolle. Mittlere Kindheit: Kognitive Entwicklung In der mittleren Kindheit wird das Denken komplexer, flexibler und organisierter: Denkfehler werden überwunden, da konkrete gedankliche Operationen vollzogen werden können und logische Schlussfolgerungen daraus abgeleitet werden können: 1. Bilden von Analogien = Bildung von Logischen Schrittfolgen 2. Hierarchische Klassifizierung = Unterteilung in Hierarchien z.B. Pflanzen in Blumen und Bäume bzw. Bäume in Nadel- und Laubbäume 3. Schnellere Informationsverarbeitung (Gedächtnisleistung / Konzentration / Aufmerksamkeit steigt, mehrere Lernstrategien) ABER das Denken bleibt in der Realität verhaftet: Komplexe Aufgaben, bei denen mehrere gedankliche Schritte gleichzeitig vollzogen werden müssen, können noch nicht gelöst werden. Sozial-kognitive Entwicklung: 1. Realistischeres, differenzierteres Selbstkonzept: Überwinden des Überoptimismus → Kinder haben im jüngeren Alter surrealistisches Weltbild und Selbstkonzept → z.B. „ich kann diesen Baum mit bloßer Hand ausreißen“ od. „mein Papa kann bis zum Mond fliegen“ → Im Laufe der Zeit erkennt jedoch das Kind an, dass viele seiner Denkweisen nicht realitätsgetreu sind und optimistischer als in Wahrheit sind → Lernen, Sachen richtiger einzuschätzen und zu beurteilen 2. Überwinden des Egozentrismus 3. (Weiter-)Entwicklung der Perspektivenübernahme 4. Moralische Entwicklung ist abhängig von den Umwelterfahrungen: Meist beurteilen Kinder in diesem Alter das Verhalten anderer auf der Basis des Einhaltens gesellschaftlicher Gesetze oder Verträge. Mittlere Kindheit: Sozial-emotionale Entwicklung Beziehungen zu den Eltern Eigenständigkeit in Verbundenheit: Rückhalt der Eltern bei unangenehmen Gefühlen, Situationen oder Gefahren notwendig, auch wenn die Kinder sonst selbstständig und eigenständig agieren Freundschaften: Selektiver, aber stabiler und zunehmend gleichgeschlechtlich LehrerIn-SchülerIn-Beziehung: Verständnis, persönliche Zuwendung und pädagogisch- psychologische Unterstützung; Positive Beziehungen führen zu höherer Lernleistung und besserem Schulerfolg Mittlere Kindheit: Entwicklungsaufgaben 1. Erlernen körperlicher Geschicklichkeit, die für gewöhnliche Spiele notwendig ist 2. Aufbau einer positiven Einstellung zu sich als einem wachsenden Organismus 3. Erlernen eines angemessenen weiblichen/männlichen sozialen Rollenverhaltens 4. Lernen, mit Altersgenossen zurechtzukommen 5. Entwicklung grundlegender Fertigkeiten im Lesen, Schreiben und Rechnen 6. Entwicklung von Konzepten und Denkschemata, die für das Alltagsleben notwendig sind 7. Entwicklung von Gewissen und Moral und einer Wertskala 8. Entwicklung von Einstellungen gegenüber sozialen Gruppen und Institutionen Jugendalter (12 - 18/21 Jahre): Frühe Adoleszenz (11/12 - 13/14 Jahre) 1. Beginn mit Pubertät 2. Eigenes Aussehen und der eigene Körper 3. Freundschaften in geschlechtsheterogenen Cliquen Mittlere Adoleszenz (14 – 17 Jahre) 1. Kreieren eines eigenen Lebensstils 2. Beschleunigte Identitätsentwicklung 3. Jugendliches Probierverhalten bis erhöhtes Risikoverhalten 4. Erste Liebesbeziehungen, erste sexuelle Kontakte Späte Adoleszenz (18 - 20/21 Jahre): Vorbereitung auf spätere berufliche Tätigkeit bzw. Ausübung einer beruflichen Tätigkeit Emerging Adulthood (bis ca. 25 Jahre): 1. Eigenes Leben organisieren: Eigenständigkeit, Ausziehen aus dem Elternhaus, Berufliche Tätigkeit 2. Festigen der Identität, besonders in Partnerschaft und Beruf Jugendalter: Körperliche Entwicklung Hormonelle Veränderungen sorgen für eine Reihe an körperlichen Veränderungen (Pubertät), wobei zwischen Jungen und Mädchen deutliche Unterschiede auftreten: 1. Körperwachstum (deutlicher Wachstumsschub) 2. Körperproportionen (schlacksiges, unproportioniertes Aussehen, Muskelmasse, Verhältnis Muskel- zu Fettgewebe) 3. Körperfunktionen und motorische Fähigkeiten (erhöhte Muskelkraft, Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit durch höheres Herz-Lungenvolumen, Schlaf-Wach-Rhythmus, Stimmbruch) Veränderungen sorgen für eine Reihe an körperlichen Veränderungen, die die primären und sekundären Geschlechtsorgane betreffen: 1. Menarche (erste Regelblutung) 2. Thelarche (Entwicklung der weiblichen Brust) 3. Pubarche (Schambehaarung) 4. Spermarche (Produktion der Spermien, erster Samenerguss) Frühreife, aber auch spätreife Jugendliche können Probleme aufgrund der zu frühen oder zu spät einsetzenden Pubertät entwickeln. Jugendalter: Körperliche Entwicklung - Gehirnentwicklung Umfassende Umstrukturierungs- und Veränderungsprozesse, die mit denen in den ersten Lebensjahren vergleichbar sind: 1. zunehmende Myelinisierung der äußeren Hirnbereiche 2. Rückgang der grauen Hirnsubstanz mit dem gleichzeitigen Zunehmen der weißen Hirnsubstanz 3. Pruning Diese Veränderungen gehen mit einer effizienteren Informationsverarbeitung sowie Verbesserungen in der Aufmerksamkeit, im Arbeitsgedächtnis, der Gedächtnisleistung, beim räumlichen Denken und Fortschritten in der kognitiven Entwicklung einher. Erst im Jugendalter wird die graue Substanz durch weiße Substanz (dunkelbau) in den frontalen Gebieten, die an der exekutiven Kontrolle beteiligt sind, ersetzt (Gogtay et al., 2004). Heterochronizität: Mit grundlegenderen Funktionen zusammenhängenden Teile des Cortex (das sind die weiter hinten liegenden sensorischen und motorischen Bereiche) reifen bereits früher aus. → Von hinten nach vorne reifen die Teile des Cortex aus → Hinten: eher sensomotorische Bereiche! Umstrukturierung des Frontallappens durch Eliminierung von Synapsen findet vor allem im Jugendalter statt. → Pruning Gehirnentwicklung und Risikoverhalten: 1. Langsame Reifung der Impulskontrolle (Präfrontalcortex) 2. gleichzeitig: Hypersensibilität des Belohnungssystems (dopaminergen und serotenergen System) Risikobereitschaft wird durch die Anwesenheit eines Peers erhöht: Jugendliche überschätzen sich nicht nur, sondern neigen auch dazu, vor ihren Peers besonders hohe Risiken einzugehen! Ventral striatium = vorderer Stratium (= Streifenkörper bzw. Streifenhügel) = Teil d. Basalganglien, die zum Großhirn gehören; anterior insula = vordere Inselrinde = Teil d. Großhirnrinde; vmPFC = ventromedialer präfrontaler Cortex; rostral anterior cingulate = schnabelförmiger vorderer cingulärer (= Gyrus cingulia betreffend = Gehirnwindung im medialen Abschnitt des Gehirns → gehört zum limbischen System) Cortex Gehirnentwicklung und soziale Orientierung (Abrams et al. 2022) 1. Kindesalter (7-12 Jahre) ist die soziale Orientierung auf die Eltern fokussiert: Nucleus Accumbens (= Kerngebiet im basalen Prosencephalon = Vorderhirn) und ventromedialer präfrontaler Cortex (Belohnungssystem / Aufmerksamkeit) reagieren stärker auf die Stimme der Mutter als auf die Stimme einer unbekannten Frau 2. Jugendalter (13-16 Jahre) findet ein Shift statt in Richtung sozialer Orientierung hin zum Unbekannten / Fremden: nun reagieren diese Gehirnbereiche stärker auf die Stimme der unbekannten Frau Die soziale Orientierung im Jugendalter, die sich zunehmend auf nicht-familiäre Personen ausrichtet, wird durch belohnende und aufmerksamkeitsfokussierende neuronale Prozesse getriggert und unterstützt Jugendalter: Kognitive und sozial-kognitive Entwicklung Kognitive Entwicklung: Strategisches, abstraktes und logisches Denken durch: 1. Entwicklung vom proportionalen Denken 2. Verbesserung des induktiven Denkens 3. Entwicklung des systematisch-wissenschaftlichen Denken 4. Abstraktes Denken sowie Metakognitionen (= Fähigkeit, eigenen Denkprozesse zu reflektieren und Entscheidungen zu hinterfragen) entwickeln sich Sozial-kognitive Entwicklung 1. Realistischeres, konsistenteres Selbstkonzept, aber mehrere „Selbst“, die noch nicht integriert werden können → innere Konflikte, Identitätsfrage 2. Perspektivenübernahme: jugendlicher Egozentrismus 3. Moralische Entwicklung ist weiterhin abhängig von den Umwelterfahrungen: welche moralische Stufe Jugendliche erreichen, hängt davon ab, wieviel Erfahrung sie mit höherwertigen moralischen Entscheidungen haben Jugendalter: Sozial-emotionale Entwicklung: Eigene Identität entwickeln: 1. Ausprobieren von verschiedenen Identitäten 2. Ablösung vom Elternhaus Beziehung zu den Eltern 1. häufigere Konflikte 2. Ablösung in Verbundenheit: Individuation im Wissen, dass die Eltern Halt und Geborgenheit geben, wenn die Jugendlichen dies benötigen 3. Präsente und verständnisvolle Eltern Freundschaften 1. Ausleben des Jugendegozentrismus 2. Raum für Experimentieren mit neuem Verhalten 3. Rückmeldungen für Verhalten 4. Orientierung und Stabilisierung der heranreifenden Identitäten 5. Vermittlung von emotionaler Geborgenheit Jugendalter: Entwicklungsaufgaben 1. Neue und reifere Beziehungen zu Altersgenossen beiderlei Geschlechts aufbauen 2. Übernahme der (männlichen oder weiblichen) Geschlechtsrolle 3. Akzeptieren der eigenen körperlichen Erscheinung und effektive Nutzung des Körpers 4. Emotionale Unabhängigkeit von den Eltern und von anderen Erwachsenen erreichen 5. Vorbereitung auf Ehe und Familienleben 6. Vorbereitung auf eine berufliche Karriere 7. Werte und ein ethisches System erlangen, das als Leitfaden für das Verhalten dient - Entwicklung einer Ideologie 8. Sozial verantwortliches Verhalten erstreben und erreichen Montag, 6. November 2023: Kognitive Entwicklung: Frühe Kindheit Inhalte 1. Schemata 2. Adaptation | Assimilation | Akkommodation 3. Kategorisierung 4. Sensumotorisches Stadium 5. Präoperationales Stadium 6. Soziokulturelle Theorie Jean Piaget (1896-1980) 1. Theorie der „genetischen Epistemologie“ (Entwicklung des Erkennens) basierend auf Beobachtung von Kindern verschiedenen Alters 2. „Kind als Wissenschaftler“: Vorstellung von der Entwicklung des Denkens in aktiver Auseinandersetzung mit der Umwelt → intrinsische Neugier des Kindes als Entwicklungsmotor → Wissenserwerb als aktiver, erfahrungsgetriebener Konstruktionsprozess 3. Stufenmodell der kognitiven Entwicklung Denkentwicklung ist Adaption und Organisation der Schemata. Handlungs- und kognitive Schemata: psychologische Strukturen, die die Grundbausteine des menschlichen Wissens und Handelns beinhalten 1. Kognitives Schema = Prototypen des Handlungsschemas 2. Beinhaltet alles Wiederholbares und Generalisierbares 3. erfahrungsbasiert 4. Ordnen der Umwelt in leicht handbare Wissenseinheiten 5. Erleichtert die Wahrnehmung und Verarbeitung von Umweltreizen Denkentwicklung ist Adaptation und Organisation der Schemata. Adaptation durch 1. Assimilation: Anwendung des Schemas auf die Umwelt 2. Akkommodation: Anpassung mentaler Strukturen als Reaktion auf Umweltanforderungen durch Integration von Neuem in bestehende Schemata oder Schaffung neuer Schemata → z.B. Unterscheidung v. Hund und Katze Äquilibrium: kognitives Gleichgewicht (mehr Assimilation als Akkommodation) Denkentwicklung ist Adaptation und Organisation der Schemata. Organisation: kognitiver Prozess ohne direkten Kontakt mit der Umwelt durch 1. Neuordnung bestehender Schemata durch neue Schemata 2. Schaffung von über- und untergeordneten Kategorien Auch wenn diese 4 Tiere Similaritäten, wie z.B. Fell und 4 Beine haben, besitzen diese auch einige charakteristische Unterschiede Denkentwicklung ist Adaptation und Organisation der Schemata. Organisation: kognitiver Prozess ohne direkten Kontakt mit der Umwelt durch 1. Neuordnung bestehender Schemata durch neue Schemata 2. Schaffung von über- und untergeordneten Kategorien Untersuchungen mittels Habituationsparadigma: Habituation = Angewöhnung an bestimmte sensorische Reize → Wenn Kind was Neues entdeckt, dishabituiert (= entwöhnt, dehabituiert) dieses und schenkt der neuen Sache mehr Aufmerksamkeit 3-4 Monate alte Babys unterscheiden zwischen belebt (z.B. Katze) und unbelebt (z.B. Tisch), aber auch zwischen Hunden, Katzen, Löwen, Pferden, Zebras, Stühlen, Tischen, Betten, usw. (Quinn & Eimas, 1993) → z.B., wenn das Kind schon Katzen kennt, wird es sich an diesen „langweilen“, aber wenn z.B. als neue Information ein Hund erscheint, dann schenkt es diesem mehr Aufmerksamkeit → Neue Schemata werden angelegt! Prinzip der Neuheitspräferenz: Kategorisierung findet statt, wenn das Bild der neuen Kategorie bevorzugt angeschaut wird. Untersuchungen mittels Habituationsparadigma Erklärung: Während der Habituationsphase abstrahiert das Kind perzeptuelle Gemeinsamkeiten (= Prototyp) zwischen den gezeigten Stimuli und erkennt dann, dass das Testexemplar nicht zu den vorher gebildeten Prototypen passt. Kind erkennt, dass Katze kein Hund ist und lernt, zu unterscheiden! Entwicklungsverlauf: Erst Global, dann Basic Level Kategorisierung Zunächst unterscheiden Säuglinge zwischen belebten und unbelebten Entitäten (= einzelnes, individuelles Seiendes oder auch sein geistiges Wesen) (Pauen, 2002). → Evolutionäre Relevanz der Detektion von Lebewesen → Bedeutung der Unterscheidung im Alltag Erst allmählich werden globale Kategorien zunehmend in Basislevel und den darunter gehörenden ungeordneten Kategorien differenziert – abhängig von der Umwelt und den Erfahrungen des Kindes. Stadienmodell der kognitiven Entwicklung nach Jean Piaget: Sensumotorisches Stadium (Geburt – 2 Jahre): Objektpermanenz bzw. –Konstanz: Kind kann anfangs das Spielzeug, nachdem Mama es unter Decke versteckt hat, nicht sofort finden → Aus den Augen aus dem Sinn! A-nicht B-Fehler → Kind wird z.B., wenn Mutter Gegenstand zuerst unter Decke A und dann unter Decke B versteckt, Gegenstand unter Decke A suchen → Kind schaut unter der Decke, wo es das Spielzeug zuerst gefunden hat, obwohl es gesehen hat, wie seine Mama beim 2. Versuch es unter der anderen Decke versteckt hat Präoperationales Stadium (2 bis 7 Jahre) 1. Bildung von stabilen mentalen Repräsentationen: Kinder nutzen Sprache, um Vorgänge, die nicht aktuell passieren, und Dinge, die nicht gerade anwesend sind, zu repräsentieren. 2. Sprache mit Denken eng verwoben: Kinder denken sprachlich und symbolisch Präoperationales Stadium (2 bis 7 Jahre) - Symbolspiel („Als-ob“): Piagets Sicht des Als-ob-Spiels: Üben repräsentierender Schemata → Entwicklung in diesem Stadium: 1. Das Spiel löst sich immer mehr von den realen Umständen, auf denen es basiert: Gegenstände zunehmend als Symbol. 2. Das Spiel wird immer weniger selbstbezogen. 3. Das Spiel enthält immer komplexere Kombinationen von Schemata. z.B. wird Puppe „Leben“ eingehaucht und spielt mit Gegenständen und denkt, dass diese ebenfalls Lebewesen seien! → Spiel wird immer komplizierter → Bevor ich meine Puppe füttern möchte, muss ich noch Brei herstellen und davor einkaufen gehen! → Rollenspiele! Präoperationales Stadium (2 bis 7 Jahre) Phase, die von Defiziten im logischen Denken geprägt ist, z.B. 1. Egozentrismus 2. Wahrnehmungsverhaftetes Denken 3. Unflexibles Denken: Zentrierung & Irreversibilität 4. Zustandsorientierung 5. fehlende Fähigkeit zur hierarchischen Klassifikation Präoperationales Stadium (2 bis 7 Jahre): Egozentrismus 1. Kinder können sich schlecht vorstellen, wie die Landschaft aus der Sicht der Puppe aussieht 2. Aber: Kinder können bereits mit 2-3 Jahren einschätzen, ob eine andere anwesende Person von ihrem Blickwinkel aus einem bestimmten Gegenstand sehen kann oder nicht (Moll & Kadipasaoglu 2013). 3. Die mentale Perspektivenübernahme funktioniert früher als die räumliche. Nach Piaget ist der Egozentrismus verantwortlich für das animistische Denken (magische Denken) präoperationaler Kinder 1. Glaube, dass unbelebte Dinge gewisse Eigenschaften von Lebewesen haben, zum Beispiel Gedanken, Wünsche, Gefühle und Absichten 2. Beispiel: Mann im Mond, der nachts das Licht anschaltet; die Wolken, die von Menschen hergestellt werden; Feen und Zwerge, die übernatürliche Kräfte besitzen; imaginärer Freund Präoperationales Stadium (2 bis 7 Jahre): Wahrnehmungsverhaftetes Denken Laut Piaget neigen Kinder dazu, einen Gegenstand vorwiegend in Bezug auf sein Äußeres und weniger in Bezug auf seine Funktion oder andere, wenig offensichtliche Charakteristika hin zu beurteilen. Beispiel 1. „Ist das ein Apfel? Ist das eine Kerze?“ 2. Mit drei Jahren beantworten Kinder beide Fragen meist mit der gleichen Antwort (Deak 2006). 3. Aber: Anders als von Piaget angenommen, antworten die meisten Kinder eher mit der tatsächlichen Identität des Objekts, als mit der scheinbaren Identität, wenn ihnen die Funktion des Objekts zuvor demonstriert wurde. Präoperationales Stadium (2 bis 7 Jahre): Wahrnehmungsverhaftetes Denken Trotzdem legt die Tatsache, dass kleine Kinder beide Fragen in der Regel gleich beantworten, nahe, dass sie Schwierigkeiten damit haben, Objekte flexibel zu repräsentieren, nämlich einmal nach dem Aussehen und einmal nach der Funktion. → Kinder im Vorschulalter tendieren dazu, zwei aufeinanderfolgende Fragen mit identischen, vorgegebenen Antwortalternativen immer gleich zu beantworten (Deak, 2006). → Wenn man die Fragen unterschiedlich stellt (z.B. „Wie heißt das?“ und „Wie nennt man etwas, mit dem man das hier machen kann?“) lösen Kinder die Aufgabe viel eher. Präoperationales Stadium (2 bis 7 Jahre): Unflexibles Denken - Zentrierung & Irreversibilität Konzentration auf nur einen Aspekt einer Situation und nur auf die aktuelle Situation (Endzustand). Konstanzaufgabe: „Umschüttversuch“ → In welchem Glas ist mehr Flüssigkeit? 1. Kinder „zentrieren“ auf den Pegelstand 2. Irreversibilität des Vorgangs des Umschüttens 3. Richtige Lösung mit Unterstützung mit 6- 7 Jahren Konstanzaufgabe: „Herzen-Versuch“ → Sind in beiden Reihen gleich viele Herzen? Vorschulkinder bis zu 5-6 Jahre meinen, dass in der oberen Reihe mehr Herzen seien → Zentrierung auf die Länge der Reihe Verschiedene Konstanzaufgaben zur Mengeninvarianz: Präoperationales Stadium (2 bis 7 Jahre): Zustandsorientierung Piaget: Kinder orientieren sich am Endzustand und antworten mit der unteren Lokomotive. Sie denken nicht darüber nach, wie es zu dem Zustand gekommen ist Alternative Interpretationen: A) Kind versteht Frage „falsch“: Nicht im Sinn von „Welche Lokomotive hat einen weiteren Weg zurückgelegt?“, sondern in dem Sinn von „Welche Lokomotive ist weiter gekommen?“ B) Kind erinnert sich nicht an erste Position Präoperationales Stadium (2 bis 7 Jahre): fehlende Fähigkeit zur hierarchischen Klassifikation Kindern fällt es schwer, Gegenstände gleichzeitig verschiedenen Kategorien zuzuordnen Beispiel „Blumen-Aufgabe“: „Sind hier mehr Blumen oder orange Blumen?" → Kinder sagen klar und überzeugt die orangenen Blumen sind mehr Kindern fällt es schwer, Gegenstände gleichzeitig verschiedenen Kategorien zuzuordnen. Beispiel „Blumen-Aufgabe“ Kritik: Kinder werden sprachlich „in die Falle“ geleitet Belege für die hierarchische Klassifikation: 1. Kinder können Tiere von Nicht-Tieren unterscheiden und gleichzeitig verschiedene Tierarten differenzieren. 2. Bei Verwendung von vertrauten inklusiven Kategorien (z.B. Kinder, Eltern, Familie) sind die Leistungen besser Soziokulturelle Perspektive 1. Kognitive Entwicklung geschieht in interpersoneller Interaktion 2. Kognitive Entwicklung impliziert Nutzung kultureller Werkzeuge (Symbolsysteme wie Sprache und Zahlen, Artefakte, Fertigkeiten, Werte) 3. Angeleitete Partizipation: Individuen mit Wissensvorsprung leiten Kinder an 4. Prozess der Internalisierung: „Alle höheren psychischen Funktionen, eingeschlossen das Sprechen und begriffliche Denken, haben einen sozialen Ursprung. Sie entstehen als Mittel zur gegenseitigen Hilfeleistung und werden schrittweise Teil des alltäglichen Verhaltens eines Menschen.“ (Wygotski, 1994) 5. Denken als sozial-vermittelter Prozess Soziokulturelle Perspektive Zone der proximalen Entwicklung: Differenz zwischen dem Niveau des selbstständigen Problemlösens und dem Niveau, das der Lernende unter Anleitung durch eine kompetente Person erreichen könnte. → Soziales Referenzieren: In unvertrauten Situationen Anleitung bei Bezugspersonen suchen. → Scaffolding (= Gerüst → sprachliche Gerüste bauen): Dem Kind wird Hilfe in Bereichen angeboten, die seine gegenwärtigen Kompetenzen übersteigen. Ziel ist es, ihm die Lösung eines Problems weitestgehend ohne Anleitung zu ermöglichen. Soziokulturelle Perspektive - Symbol- bzw. Als-Ob-Spiel: Funktion Kinder lernen im Symbolspiel sozialen Regeln zu folgen, sie üben diese ein, variieren sie und lernen darüber hinaus, dass andere Menschen (Kulturen) auch andere soziale Regeln haben. Selbstgespräche („Inneres Sprechen“) im Als-Ob-Spiel zum Erwerb kognitiver Kontrolle über das eigene Handeln (Selbstregulation). Kritik an Piagets und Wygotskis Perspektive auf die kognitive Entwicklung: Montag, 13. November 2023: Kognitive Entwicklung: Mittlere Kindheit und Jugendalter Inhalte 1. Konkret-operationales Stadium 2. Formal-operationales Stadium 3. Informationsverarbeitungstheorien Stadienmodell der kognitiven Entwicklung nach Jean Piaget: Konkret-operationales Stadium (7 bis 11 Jahre) 1. Das Kind lernt, mentale Repräsentationen zunehmend flexibel zu bilden; Denkfehler werden überwunden. 2. Zeigt man Grundschülern mehrdeutige Figuren und fragt sie, was sie sehen, so erkennen 6-jährige zumeist nur eine Art der Darstellung, während 8- jährige unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten nennen. 3. Kindergarten-Kinder sind nicht einmal dann in der Lage, eine alternative Interpretation zu geben, wenn man sie explizit auf diese Möglichkeit hinweist. Konkret-operationales Stadium (7 bis 11 Jahre): Dezentrierung & Reversibilität Reversibilität = Fähigkeit, eine Reihe von Schritten zu denken, dann gedanklich umzukehren und wieder an den Ausgangspunkt zurückzukommen Dezentrierung = Fähigkeit mehrere Aspekte eines Problems zu beachten und diese in Beziehung zueinander zu setzen Beispiel: „Umschüttversuch“ → In welchem Glas ist mehr Flüssigkeit? Prä-konkret-operationales Kind glaubt, dass Glas, das höher erscheint mehr Wasser beinhaltet, obwohl beide das gleiche Volumen haben → Wenn Kind konkret-operational denken kann, dann sagt das Kind, dass beide gleich viel Wasser beinhalten Konkret-operationales Stadium (7 bis 11 Jahre): Seriation = Fähigkeit, Gegenstände nach einer quantitativen Eigenschaft zu ordnen, etwa nach Länge oder Gewicht Beispiel: Sortieren von Holzstäbchen nach ihrer Größe 1. 5-Jährige können dies bereits, machen auf dem Weg zur richtigen Lösung zunächst viele Fehler 2. 6- bis 7-Jährige gehen geordnet vor: vom kleinsten zum größten Holzstab Konkret-operationales Stadium (7 bis 11 Jahre): Transitives Schlussfolgern = Fähigkeit, auch in Gedanken eine Reihe zu bilden Beispiel: Otto ist größer als Fritz. Fritz ist größer als Leon. Ist Otto größer als Leon? 1. Mit Unterstützung durch Versuchsleiter: 7-Jährige beantworten die Frage richtig 2. Ohne Unterstützung durch Versuchsleiter und bei abstrakter Aufgabenstellung: richtige Antwort erst gegen Ende des konkret-operationalen Stadiums Konkret-operationales Stadium (7 bis 11 Jahre): Hierarchische Klassifizierung 1. Klassifizierungshierarchien werden zwischen 7 und 11 Jahren bewusster 2. Fähigkeit, sich gleichzeitig auf Beziehungen zwischen einer allgemeinen Kategorie und zwei spezifischen Kategorien zu konzentrieren (= gleichzeitig auf drei Kategorien) 3. Leidenschaft, Dinge zu sammeln, beginnt Beispiel „Blumen-Aufgabe“: „Sind hier mehr Blumen oder orange Blumen?" Konkret-operationales Stadium (7 bis 11 Jahre): Bilden von Analogien = Erkennen der Transformation eines Objekts (A verhält sich zu B) und Übertragung des relationalen Wissens auf ein anderes Objekt (C verhält sich zu D wie A zu B) Grundlage für kausales, logisches Denken und Lösen von Problemen Konkret-operationales Stadium (7 bis 11 Jahre): Bilden von Analogien → Erste Analogien werden schon bei Kleinkindern im Alter von 12 Monaten ausgebildet und sind noch nicht sehr stark ausgeprägt Kleinkinder: Nachahmung Vorschulkinder: abhängig von der Vertrautheit & Hilfestellungen, bezogen auf physische Veränderung Volksschulkinder: ohne Hilfestellung, abstrakte Analogien Konkret-operationales Stadium (7 bis 11 Jahre): Kognitive Landkarten mentale Repräsentationen vertrauter, ausgedehnter Räume, etwa Wohnviertel oder Schule. 1. Komplexe Karten inkl. realistischer Orientierungspunkte zwischen 8-10 Jahren 2. Konzept des Maßstabes zwischen 11- 12 Jahren Orientierungspunkte: kulturelle Einflüsse! Beispiel: Weg zeichnen von ihrem Zuhause bis zur Schule! Konkret-operationales Stadium (7 bis 11 Jahre): Grenzen Das Kind denkt nur dann organisiert und logisch, wenn es um konkrete Informationen geht, die es direkt wahrnehmen kann. ABER 1. Konkrete Denkoperationen werden vor allem in Gegenwart derjenigen Objekte ausgeführt, auf die sie sich beziehen. 2. Das Kind hat noch Schwierigkeiten, die gleichen Operationen mit Gegenständen auszuführen oder auf Handlungen zu beziehen, die seiner unmittelbaren Wahrnehmung nicht zugänglich sind. 3. Kinder lösen konkret-operationale Aufgaben Schritt für Schritt und nicht gleichzeitig. 4. Kinder können noch keine allgemein-logischen Grundsätze aus einer Aufgabe ableiten. Formal-operationales Stadium (ab 12 Jahre) 1. Fähigkeit zum systematischen, wissenschaftlichen Denken 2. Jugendliche haben Interesse an abstrakten Gedanken und Überlegungen 3. Systematisches Vorgehen beim Hypothesentesten 4. Aber: Jugendliche können diese Art von Denken zeigen, aber sie tun es längst nicht in allen Aufgaben und unter allen Umständen. 5. Denkentwicklung findet über die Lebensspanne statt. Formal-operationales Stadium (ab 12 Jahre): hypothetisches-deduktives Denken = Fähigkeit, anhand von Hypothesen logische, überprüfbare Schlussfolgerungen zu ziehen „Pendelaufgabe“: Frage: Welche Variablen sind für die Zeit verantwortlich, die ein Pendel benötigt, um einmal hin- und herzuschwingen? Jugendliche im formal-operationalen Stadium versuchen systematisch den Einfluss der einzelnen Variablen zu isolieren (Schwere des Gewichts, Länge des Fadens, Höhe aus der das Gewicht losgelassen wird) Formal-operationales Stadium (ab 12 Jahre): deduktives Denken = schlussfolgerndes Denken durch Erkennen und Anwendung logischer Regeln Kartenwahlaufgabe: Jede dieser Karten enthält Informationen über eine Person, die an einem Tisch sitzt und etwas trinkt. Auf der einen Seite steht das Alter der Person und auf der anderen Seite, was sie trinkt. Aufgabe: Welche Karten muss man umdrehen, um zu testen, ob die folgende Regel gilt: Wenn eine Person Bier trinkt, ist sie älter als 18 Jahre. Man müsste Karten 1 und 3 umdrehen, um zu überprüfen, ob die Regeln stimmen oder doch nicht! Formal-operationales Stadium (ab 12 Jahre): propositionales Denken = Fähigkeit die Logik einer Proposition (verbalen Aussage) zu beurteilen, ohne sich auf Umstände der realen Welt zu beziehen. „Pokerchip-Aufgabe“ In einer Hand ist ein Chip versteckt. Der Versuchsleiter sagt eine der zwei Aussagen: 1. „Entweder ist der Chip in meiner Hand grün oder er ist nicht grün." 2. „Der Chip in meiner Hand ist grün und er ist nicht grün." Aufgabe: Ist die Aussage richtig, falsch oder ungewiss? Erste Aussage ist immer korrekt bzw. zweite Aussage kann nur falsch sein! Exkurs: Können bereits jüngere Kinder hypothetisch-deduktiv und propositional denken? 1. Volksschulkinder zeigen Ansätze vom hypothetisch-deduktivem Denken, aber mit weniger Kompetenz: für kausale Zusammenhänge mit nicht mehr als 2 Denkoperationen. 2. Propositionales Denken kaum möglich, da die aus Prämissen gezogenen Schlussfolgerungen auf den Regeln der Logik beruhen und nicht auf der Wirklichkeit (außer bei sehr einfachen Aussagen) → z.B. „Wenn Hunde größer sind als Elefanten und Elefanten größer sind als Mäuse, dann sind Hunde größer als Mäuse." Exkurs: Entwicklungsverlauf formaler Schlussfolgerungen Prozentsatz an Jugendlichen, die formale Probleme lösen können, steigt linear mit dem Alter an (nicht stufenweise). Beachte: nicht alle Jugendlichen sind auch gleich gut in dem Lösen formaler Problemstellungen. Die Leistungen Jugendlicher in formalen Denkaufgaben sind abhängig von der Erfahrung und können durch Training gezielt verbessert werden Kritik an Piagets Stufenmodell der kognitiven Entwicklung 1. Wenig empirische Bestätigung des Stufenmodells, geringe Konsistenz über Domänen hinweg 2. Frühe Kompetenzen werden unterschätzt 3. Soziale Komponenten wenig berücksichtigt 4. Wenig Verständnis über kognitive Prozesse und Mechanismen Unterrichtskonzepte auf der Basis von Piagets Stufenmodell der kognitiven Entwicklung 1. Entdeckungslernen: Kinder werden ermutigt, selbstständig Entdeckungen zu machen. 2. Sensibilität für die kindliche Lernbereitschaft: Lehrer und Lehrerinnen regen Aktivitäten an, die auf dem aktuellen Stand des Denkens der Kinder aufbauen. 3. Akzeptieren individueller Unterschiede: alle Kinder die gleiche Sequenz von Entwicklungsschritten durchlaufen, jedoch unterschiedlich schnell. Informationsverarbeitungstheorien: Aufgabenanalyse = Identifikation der Ziele und Teilziele, die zum Überwinden eines Problems notwendig sind, um Problemlösestrategien zu verstehen und vorherzusagen (Klahr, 1978) Informationsverarbeitungstheorien 1. Untersuchen die Informationsverarbeitung, die jeder kognitiven Operation zugrunde liegt 2. Betrachten Aspekte des Denkens und Problemlösens getrennt voneinander: Aufmerksamkeit und Gedächtnis 3. Beziehen die Entwicklung des Gehirns als Entwicklungsmotor von Aufmerksamkeit und Gedächtnis mit ein: Steigerung der Geschwindigkeit und Kapazität von Informationsverarbeitungsprozessen, verbesserte kognitive Hemmung 4. Kognitive Veränderungen verlaufen kontinuierlich Informationsverarbeitungstheorien: Aufmerksamkeit und Gedächtnis - In der mittleren Kindheit deutliche Verbesserungen in der bzw. im 1. Selektivität der Aufmerksamkeit: Ausblenden unwichtiger Reize 2. Flexibilität der Aufmerksamkeit: flexibles Anpassen der Aufmerksamkeit an die Anforderungen der jeweiligen Aufgabe 3. Planungsvermögen: Einzelschritte von Aufgaben können in einer Reihenfolge in einer zur Zielerreichung bestimmten Reihenfolge abgearbeitet werden Informationsverarbeitungstheorien: Aufmerksamkeit und Gedächtnis - In der mittleren Kindheit deutliche Verbesserungen in der bzw. im 1. Gedächtnisleistung, insbesondere dem Langzeitgedächtnis und der Anlage komplexer organisierter und hierarchisch strukturierter Netzwerke 2. Gedächtnisstrategien (Wiederholung, Organisation, Elaboration) Informationsverarbeitungstheorien: Aufmerksamkeit und Gedächtnis Im Jugendalter wird/werden … 1. die Aufmerksamkeit noch flexibler und selektiver. 2. die kognitive Hemmung verbessert. 3. Gedächtnisstrategien ausgereifter und das Wissen wächst rasant. 4. die kognitive Selbststeuerung ausgeprägter. 5. Denkgeschwindigkeit und Verarbeitungskapazität erhöht Jugendliche sind zu komplexeren Denkleistungen in der Lage als jüngere Kinder (Keating, 1980): 1. Sie beachten Alternativen. 2. Sie denken vorausschauend. 3. Sie denken hypothetisch-deduktiv und propositional. 4. Sie sind zu Metakognitionen fähig. 5. Sie denken unkonventionell. ABER der kognitive Fortschritt ist auch verbunden mit 1. Idealismus und Kritikfreudigkeit 2. Erschwerte Entscheidungsfindung bei Alltagsproblemen Montag, 4. Dezember 2023: Sozial-kognitive Entwicklung: Mittlere Kindheit und Jugendalter Inhalt 1. Selbstkonzept (= was denke ich über mich selbst? Meine Gefühle? Meine Fähigkeiten?) 2. Perspektivenübernahme nach Selman 3. Moralisches Verständnis nach Kohlberg (= Bewertung des Verhaltens von sich selbst od. des Gegenübers → ist es moralisch vertretbar oder nicht?) Selbstkonzept: mittlere Kindheit Realistischeres, differenzierteres und umfassenderes Selbstkonzept aufgrund 1. der Organisation von Verhaltensweisen und Befindlichkeiten zu allgemeinen Dispositionen. → Kategorisierung 2. dem Einbezug von Persönlichkeitseigenschaften. → Persönlichkeitseigenschaften werden erworben und verfestigen sich im Kinder- und Jugendalter 3. dem Einbezug von positiven wie auch negativen Eigenschaften, guten wie auch schlechten Fähigkeiten usw. 4. das Benennen von Stärken und Schwächen und deren Ursachen. 5. der Entwicklung der Fähigkeit zur Perspektivübernahme. Selbstkonzepte von Schulkindern basieren stärker auf den Bewertungen der eigenen Person durch andere Personen: Selbstbeschreibungen haben dabei einen sozialen Bezug. 1. Realistische Beschreibungen von a. Schulischen Kompetenzen und Fähigkeiten: „In Mathe bin ich ziemlich gut, aber in Singen bin ich nicht so gut wie die anderen in meiner Klasse.“ b. Körperlichen Attributen: „Ich bin hübsch, das sagt meine Mama, weil ich so schöne blaue Augen und Locken habe.“ c. Sozialen Beziehungen: „Ich bin sehr beliebt. Das ist so, weil ich nett bin und Geheimnisse für mich behalten kann.“ d. Psychischen Zuständen: „Meistens bin ich zu meinen Freundinnen nett, obwohl, wenn ich schlechte Laune habe, sage ich manchmal etwas, das ein bisschen gemein sein kann.“ 2. Benennungen von Persönlichkeitsmerkmalen: „Ich bin ehrlich.“ Selbstkonzept: Jugendalter Im Jugendalter verändert sich das Selbstkonzept grundlegend: es wird komplexer, besser organisiert und konsistenter. 1. Abstrakte Selbstbeschreibungen (wie z.B. extravertiert als Kombination von gesprächig, witzig, draufgängerisch) 2. Mehr als ein Selbst!? Psychische Eigenschaften sind situations- und kontextabhängig→ z.B. daheim hilfsbereit und freundlich und in der Peer Gruppe mutig und draufgängerisch 3. Widersprüche zwischen ihrem Selbst und ihrem Verhalten → Warum verhalte ich mich z.B. daheim ganz anders als unter meinen Freunden? Wer bin ich tatsächlich? 4. Starke Abhängigkeit des Selbst durch Bewertung von anderen Erst mit Beginn des frühen Erwachsenenalters (meistens im Alter von 18 bis 19) gelingt es dem Menschen ein kohärentes Selbst zu entwickeln: es ist weniger wichtig, was andere über einen denken, sondern mehr wichtig, den eigenen Überzeugungen und Werten zu entsprechen → Verständnis, warum man sich in dieser Situation so verhält! Imaginäres Publikum Annahme von Heranwachsenden, sie seien der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und Sorge anderer Menschen → Deswegen schminken sich z.B. gerne Mädchen, wenn sie unter anderen sind bzw. warum man sich hübsch vor den anderen macht → Man muss hübsch sein bzw. sich gut verhalten, damit die anderen mich beachten und mögen! → Kleine Sachen wie z.B. Wimmerl in Gesicht können dann schon den Personen Angst machen bzw. peinlich sein Persönliche Legende: Glaube an die Einzigartigkeit der eigenen Gefühle und Gedanken sowie übertriebene Vorstellung der eigenen Wichtigkeit — ein Gefühl, dass sie außergewöhnlich und einzigartig seien. → Wir wissen zwar, jeder ist einzigartig, aber Jugendliche haben das Gefühl, dass niemand sich in sie hineinversetzen können (höchstens noch bei Peer Gruppe Gefühl, dass diese sie verstehen können, aber nicht bei Erwachsenen z.B. Eltern od. Lehrer) 1. Nur man selbst kann das Glück, das Elend, die Einsamkeit, die Verwirrung in der Art empfinden 2. Gefühl, dass niemand einen verstehen kann 3. Man kann als Eltern zwar versuchen, sich in sie hineinzuversetzen, wird aber meistens nicht viel bringen, weil die Jugendliche von ihren Gefühlen so stark überzeugt sind Selbstkonzept Video: 5-Jähriger bezieht sich sehr auf seine körperlichen Eigenschaften z.B. Wackelzahn bzw. kleine Hände → Kinder wollen groß werden → Wackelzahn zu haben, bedeutet, groß zu werden! → ich gehöre jetzt zur sozialen Gruppe der großen Kinder! Beschreibung positive vs. Negative Eigenschaften bei interviewten Jugendlichen: Positive Eigenschaften bezogen sich meistens auf Eigenschaften wie z.B. großer Freundeskreis und Fähigkeiten; Bei den negativen Eigenschaften bezogen sich viele Eigenschaften auf sich selbst: „Ich bin etwas dickköpfig!“ bzw. „Ich hab zwar viele Hobbys, aber keines führe ich wirklich gscheid aus bzw. in keinem gehe ich vollkommen auf! Meine Freunde haben ein spezifisches Hobby, in denen sie aufgehen und ich habe viele Hobbys, in welchen ich nicht ganz aufgehe!“ Selbstkonzept: Selbstwertgefühl Selbstwertgefühl ist ein wichtiges Element des Selbstkonzepts: ab der mittleren Kindheit wird das Selbstwertgefühl hierarchisch strukturiert und dadurch differenzierter und realistisch Selbstkonzept: erlernte Hilflosigkeit (Seligman, 1975) = Erwartung zukünftige Situationen nicht beeinflussen zu können und diesen hilflos ausgeliefert zu sein Teufelskreis durchbrechen durch 1. Individuelle Unterstützung 2. Anstrengungsbezogene Unterstützung 3. Hilfsbereite Lernatmosphäre 4. Verzicht von einzelnen Fehlleistungen vor der gesamten Klasse Perspektivenübernahme nach Selman = Fähigkeit, den Blickwinkel einer anderen Person einzunehmen und über einen Sachverhalt aus der Sicht eines anderen nachzudenken Stufe 1: undifferenzierte Perspektivenübernahme (bis 4-6 Jahre) 1. Egozentrische Sichtweise des Kindes: es weiß, dass andere Menschen auch anders denken und fühlen können, kann dies aber noch nicht berücksichtigen 2. Eigene Perspektive ist vordergründig: andere denken, wie das Kind selbst denkt Stufe 2: sozial-informationale Perspektivenübernahme (4-9 Jahre) 1. Subjektivität von Perspektiven: Perspektiven anderer können von der eigenen abweichen 2. unterschiedliche Betrachtungsweisen resultieren daraus, dass den Betreffenden verschiedene Informationen zugänglich sind Stufe 3: selbstreflektierende Perspektivenübernahme (7-12 Jahre) 1. reziproken (= gegenseitig erfolgend bzw. aufeinander bezüglich) Perspektivenübernahme von Selbst und anderer Person 2. Nachdenken über die Perspektiven anderer Stufe 4: Perspektivenübernahme Dritter (10-15 Jahre) 1. Koordination wechselseitiger Perspektiven: gleichzeitiges Berücksichtigen der eigenen Perspektive und die des anderen 2. Einnehmen der Perspektive Dritter Stufe 5: sozial-orientierte Perspektivenübernahme (ab 14 Jahren) 1. gesellschaftlich-symbolische Perspektiven: Einbeziehen der Perspektive einer sozialen Gruppe 2. Perspektive eines Dritten durch höhere soziale Werte beeinflusst Entwicklung des moralischen Verständnisses nach Kohlberg = Verstehen, dass Handeln aufgrund der Internalisierung (= Verinnerlichung) von grundlegenden sozialen Normen und Regeln geleitet wird, in der Erwartung, dass soziale Normen und Regeln eingehalten werden → Bewertung von „richtigen“ und „falschen“ Handelns aufgrund sozialer Normen Beispiele: Ehrlich sein; Rücksicht auf andere nehmen; Anderen helfen Beispiele: lügen; stehlen; betrügen Entwicklung des moralischen Verständnisses nach Kohlberg: Heteronom = Abhängigkeit v. fremden Einflüssen Präkonventionelles Niveau: Stufe 1 und 2 Stufe 1: Heteronome Moralität 1. Moralisch ist: Befolgung strafbewehrter Regeln; Gehorsam als Selbstwert; keine physischen Schädigungen 2. Gründe für moralisches Handeln: Vermeiden von Bestrafung, überlegene Macht der Autoritäten Stufe 2: Individualismus, Zielbewusstsein und Austausch 1. Moralisch ist: Regelbefolgung, wenn es jemandes Interessen dient; Befriedigung eigener Bedürfnisse; egalitärer Austausch 2. Gründe für moralisches Handeln: Befriedigung eigener Interessen, wobei anerkannt wird, dass auch andere Interessen haben, Kosten-Nutzen-Prinzip Konventionelle Niveau: Stufe 3 und 4 Stufe 3: Gegenseitige Erwartungen, Beziehungen & interpersonelle Konformität 1. Moralisch ist: Rollenerwartungen erfüllen; gute Absichten haben, sich um andere sorgen; Beziehungen pflegen 2. Gründe für moralisches Handeln: In den Augen anderer als »gut« erscheinen; Zuneigung zu anderen; Goldene Regel Stufe 4: Soziales System und Gewissen 1. Moralisch ist: Erfüllung übernommener Aufgaben; Befolgung von Gesetzen 2. Gründe für moralisches Handeln: Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Institutionen und der gesellschaftlichen Ordnung; dem Gewissen folgen Post-konventionelle Niveau: Stufe 5 und 6 Stufe 5: Gesellschaftsvertrag 1. Moralisch ist: Den je spezifischen sozialen Kontrakt einhalten, zugleich absolute Werte (z. B. Leben, Freiheit) achten 2. Gründe für moralisches Handeln: Freiwillige vertragliche Bindung an Gesetze zum Schutz der Rechte; größtmöglicher Nutzen für größtmögliche Zahl (z.B. Amokläufer in Einkaufszentrum wird von Polizei erschossen → Es ist zwar moralisch falsch, Menschen zu töten, aber wenn der Attentäter nicht von der Polizei erschossen worden wäre, hätte es höchstwahrscheinlich noch mehr Opfer gegeben!) Stufe 6: Universale ethische Prinzipien 1. Moralisch ist: Selbst gewählten ethischen Prinzipien folgen → gleiche Rechte aller, Achtung der Würde des einzelnen 2. Gründe für moralisches Handeln: Persönliche Verpflichtung gegenüber universalen Moralprinzipien wie Gleichheit, Gerechtigkeit, Achtung vor der Würde der Person Heinz-Dilemma: Eine Frau in Europa war dem Tode nahe, da sie an Krebs litt. Es gab ein Medikament, von dem die Ärzte annahmen, dass es die Rettung bringen könnte. Ein Apotheker aus derselben Stadt hatte es jüngst entdeckt, aber er verlangte dafür das Zehnfache dessen, was ihn die Herstellung kostete. Der Ehemann der kranken Frau, Heinz, suchte alle auf, die er kannte, um sich das Geld zu leihen, doch er konnte nur etwa die Hälfte des Kaufpreises zusammenbringen. Der Apotheker weigerte sich, ihm das Mittel billiger zu verkaufen oder später bezahlen zu lassen. Heinz geriet in Verzweiflung und brach in die Apotheke ein, um das Medikament für seine Frau zu stehlen. Hätte er das tun sollen? Warum oder warum nicht? Entwicklung des moralischen Verständnisses nach Kohlberg - Heinz-Dilemma: Präkonventionelle Niveau | Stufe 1 und 2 Stufe 1: Heteronome Moralität: Pro Diebstahl: „Wenn er Ihre Frau sterben lässt, wird man ihn beschuldigen, das Geld nicht ausgegeben zu haben, um ihr zu helfen, und es wird Ermittlungen gegen ihn und den Apotheker wegen des Todes der Frau geben." Kontra Diebstahl: „Er sollte das Medikament nicht stehlen, weil man ihn erwischt und ins Gefängnis stecken wird, falls er das tut. Falls er nicht erwischt wird, hätte er ständig Angst, die Polizei würde ihm auf die Schliche kommen." Stufe 2: Individualismus, Zielbewusstsein und Austausch Pro Diebstahl: „Wenn Heinz sich dazu entschließt, eine Gefängnisstrafe zu riskieren, um seine Frau zu retten, riskiert er sein eigenes Leben; damit kann er machen, was er will. Das gleiche gilt für den Apotheker; er kann selbst entscheiden, was er tun will." Kontra Diebstahl: „Heinz riskiert mehr, als lohnenswert ist, um seine todkranke Frau zu retten. Niemand weiß, ob das Medikament überhaupt noch helfen kann." Heinz-Dilemma: Konventionelle Niveau | Stufe 3 und 4 Stufe 3: Gegenseitige Erwartungen, Beziehungen & interpersonelle Konformität Pro Diebstahl: „Niemand wird ihn für einen schlechten Menschen halten, wenn er das Medikament stiehlt, aber ihre Familie wird ihn als unmenschlichen Ehemann ansehen, wenn er es nicht tut." Kontra Diebstahl: „Nicht nur der Apotheker wird ihn für einen Kriminellen halten, sondern alle anderen auch.... Er wird sich schämen." Stufe 4: Soziales System und Gewissen Pro Diebstahl: „Heinz hat die Pflicht, das Leben seiner Frau zu schützen; das hat er ihr versprochen, als sie geheiratet haben. Aber es ist falsch zu stehlen, also müsste er das Medikament mit der Absicht nehmen, es dem Apotheker später zu bezahlen und die Strafe für die Missachtung des Gesetzes anzunehmen." Kontra Diebstahl: „Auch wenn seine Frau im Sterben liegt, ist es trotzdem seine Pflicht als Bürger, Recht und Gesetz zu achten. Wenn jeder Gesetze brechen würde, gäbe es nur Verbrechen und Gewalt." Heinz-Dilemma: Post-konventionelle Niveau | Stufe 5 und 6 Stufe 5: Gesellschaftsvertrag Pro Diebstahl: „Zwar gibt es ein Gesetz gegen Diebstahl, doch dieses Gesetz wurde nicht mit der Absicht gemacht, das Menschenrecht auf Leben zu verletzen.... Sollte Heinz wegen Diebstahls angeklagt werden, muss das Gesetz neu ausgelegt werden, um Situationen zu berücksichtigen, in denen es dem natürlichen Lebensrecht eines Menschen entgegensteht." Stufe 6: Universale ethische Prinzipien Pro Diebstahl: „Es ist nicht sinnvoll, den Respekt für fremdes Eigentum über die Achtung vor dem menschlichen Leben zu stellen. Die Menschen könnten auch völlig ohne privates Eigentum zusammenleben. Die Achtung für Leben und Persönlichkeit des Menschen ist absolut und entsprechend sind alle Menschen verpflichtet, einander vor dem Tod zu retten." Entwicklung des moralischen Verständnisses nach Kohlberg: Stärken und Schwächen Stärken: 1. Verdeutlichen den Beitrag kognitiver Prozesse zum moralischen Handeln 2. Systematische Veränderung des moralischen Urteilens in der Kindheit und im Jugendalter Schwächen: 1. Vernachlässigung kulturspezifischer moralischer Prinzipien 2. Annahme des diskontinuierlichen Entwicklungsverlauf 3. Vernachlässigung von geschlechtsbezogenen Unterschieden Montag, 11. Dezember 2023: Psychosoziale Entwicklung: Psychodynamische Entwicklungstheorien → Wie funktioniert die Psyche Warum? Unsere Psyche entwickelt sich immer im sozialen Kontext! → Muss immer im Kontext des sozialen Umfelds betrachtet werden! Inhalt 1. Topografisches Modell der Psyche 2. Strukturmodell der menschlichen Psyche 3. Entwicklung der Persönlichkeit: Sigmund Freud 4. Entwicklung der Identität: Erik Erickson Topographische Modell der Psyche - Das „Eisberg“-Modell Inhalte psychischer Prozesse können unterschiedliche Bewusstseinszustände haben, nämlich 1. Bewusst: Wahrnehmung und Denken, das der Person direkt zugänglich ist. 2. Vorbewusst: Wird nicht aktiv aus dem Bewusstsein ausgeschlossen, ist ihm also prinzipiell zugänglich. 3. Unbewusst: verdrängte Gedanken, Gefühle, Erlebnisse → größter Teil der Psyche Strukturmodell der menschlichen Psyche - Die drei Instanzen der Persönlichkeit: „[Das Es] ist der dunkle, unzugängliche Teil unserer Persönlichkeit; […] das meiste davon hat negativen Charakter, läßt sich nur als Gegensatz zum Ich beschreiben. Wir nähern uns dem Es mit Vergleichen, nennen es ein Chaos, einen Kessel voll brodelnder Erregungen.“ - Sigmund Freud (1944) Es = Bedürfnis nach Schlaf; Libido = Sexueller Trieb bzw. Geschlechtstrieb bzw. Lustgefühle → Es strebt nach Lustvollen, positiven Gefühlen; Destrudo = Todestrieb → Selbstverletzung, Selbstmassakrieren, Hungerstreik → Obwohl Seele nach lustvollen, positiven Erfahrungen strebt, gibt es auch diesen Gegenspieler! → Es ist angeboren, unbehalten, möchte sofort ihre Befriedigung haben Ich entwickelt sich laut Freud im 1. Lebensjahr! → Das Ich entscheidet, ob ich diesen Trieben, Bedürfnissen nachgebe oder nicht! → Ich kann sie ins Unbewusste zurückschieben, jedoch bleibt der Trieb dann nicht befriedigt und wird später wieder herauskommen! Über Ich: Entwickelt sich zwischen 3-6 Jahren! Gespeist durch Werte und Normvorstellungen → übernehmen wir von Eltern, Kindergarten, Schule, etc. → Gebote und Verbote und versucht, sich sozial der Norm und gerecht zu verhalten → Über-Ich handelt nach dem Moralitätsprinzip from the couch to the lab* oder: Psychoanalyse (neuro-)biologisch betrachtet → Psychoanalyse wurde lang „belächelt“, u.a. weil sie nach Selbstbestätigung ihrer Theorien gestrebt hat Es entspricht ungefähr dem limbischen System und wird dort lokalisiert Über-Ich könnte man im Präfrontalen Kortex verorten, da dieses für die Kontrollmechanismen und -Verhalten zuständig ist! Durst ist ein Bedürfnis, wenn wir zu wenig trinken → Neuronal wird das im Hypothalamus registriert! ADH = antidiuretisches Hormon Subfornikalorgan = liegt am Dach d. 3. Ventrikels unterhalb des Gewölbes (= fornix) → maßgeblich an Regulation d. Wasser- u. Elektrolythaushalts beteiligt Larger capacity for unconscious versus conscious episodic memory (Schneider et al. 2021): 1. Probanden wurden Kleine Filmchen gezeigt (ca. 5ms) → In dieser kurzen Zeit kann man diesen bewusst nicht wahrnehmen 2. Gedächtniskapazität für unbewusstes episodisches Gedächtnis größer als für das bewusste episodische Gedächtnis 3. Hippocampus ist sowohl für bewusste als auch unbewusste Prozesse beteiligt, aber bei bewussten Prozessen sind weitere Hirnareale involviert (z.B. visueller Cortex) – bei unbewussten nicht 4. „Interessanterweise können wir viele komplexe Sachverhalte unbewusst in unserem episodischen Gedächtnis langzeitspeichern, ohne etwas zu vergessen. Das ist beim bewussten Lernen im episodischen Gedächtnis noch nie beobachtet worden: Was man bewusst gelernt hat, vergisst man zumindest teilweise wieder.“ (Katharina Henke) Exkurs: Abwehrmechanismen Projektion = z.B., wenn ein Kind Angst im Dunkeln hat und es nicht zugeben möchte, schiebt es seine Angst auf anderes Kind Verleugnung ist dennoch im Unbewussten gespeichert! Wie Kiste, die man im Meer versenkt: sie mag zwar weg erscheinen, ist aber immer noch da! Idealisierung findet auch bei Verstorbenen statt: Bei Trauerreden wird man nicht über die negativen Eigenschaften des Verstorbenen sprechen, sondern seine positiven Eigenschaften und Taten hervorheben! Reaktionsbildung = wenn man negative, bedrohliche Einstellungen durch gegenteilige, positive Einstellungen gedanklich ersetzt, um diese zu verdrängen! Regression v.a. beim älterem Geschwisterkind → Tiefer Wunsch nach gleicher Anerkennung und Zuneigung wie zum jüngeren Kind, v.a. wenn es noch ganz jung ist! → Auch Erwachsene können Regressionen erleben! Intellektualisierung: bedrohliche affektive Anteile sind präemotionale Einstellungen → Man reflektiert diese Einstellungen und muss diese Emotionen nicht mehr fühlen → z.B., wenn eine beliebte Person verlässt Firma und man reflektiert und rationalisiert die Entscheidung (z.B. er wird schon seine Gründe haben, warum er die Firma verlassen hat!) Verdrängung: verdrängte Inhalte können zwar teilweise verdrängt werden, können aber immer wieder zum Vorschein kommen und sich am Verhalten von Personen erkennbar machen Entwicklung der Persönlichkeit nach Freud Psychosexuelle Entwicklungstheorie: Bedeutung verschiedener Körperzonen für die psychische Entwicklung im Rahmen der Triebtheorie (1905) 1. Sexualität = all jene Wünsche, Erfahrungen, Fantasien von Menschen, die nach körperlicher Lust oder Gefühlen der körperlichen Lust verlangen → nicht nur Sex, sondern alle schönen und positiven Erlebnisse und Triebe z.B. gutes Essen, am Strand liegen und entspannen 2. Kindliche Sexualität setzt nicht erst mit Pubertät ein, sondern ist bereits ab der Geburt vorhanden 3. Sexualität als Triebfeder der psychischen Entwicklung 4. Partialtriebe (= Teiltriebe) treten bei der Reifung der kindlichen Sexualität hervor: lustvolle Befriedigung durch Stimulation bestimmter erogener Zonen 5. Lösung der Konflikte vs. Fixierung der Konflikte → werden diese Konflikte gelöst, werden wir uns weiterentwickeln Entwicklung der Persönlichkeit nach Freud - Orale Phase (0-1 Jahre): 1. Erogene Zonen: Mundhöhle, Lippen, Mundschleimhaut 2. Saugen zur Nahrungsaufnahme, Belebte und unbelebte Welt wird mit dem Mund erkundet → Tastsinn und Finger reichen nicht aus! 3. Entstehung des Ichs 4. Fixierung: Narzissmus, niedrige Frustrationstoleranz, geringe Beharrlichkeit, Abhängigkeit, Egoismus, oral-fixierte Gewohnheiten wie Rauchen oder übermäßiges Essen Anale Phase (1-3 Jahre): Kinder werden „sauber“! 1. Erogene Zonen: Anus 2. Zurückhalten, Ausscheiden, Kontrollieren: Lustvolles Erleben von Zurückhalten und Ausscheiden von Kot und Urin 3. Ambivalenzkonflikt (Eltern haben andere Erwartungen an das Kind als das Kind selbst hat oder wenn es mal sauber ist, dass es auch sauber bleibt → Vom Kind wird erwartet, dass es was können muss, was noch nicht ganz selbstverständlich ist) 4. Fixierung: Zwanghafte Verhaltensweisen wie penibel, sparsam, ordnungs- und sauberkeitsliebend sein Phallische Phase (3-6 Jahre) 1. Erogene Zonen: Genitale Zone 2. Erforschung der eigenen Genitalen und die des anderen Geschlechtes 3. Ödipus- vs. Elektrakomplex (= bei weiblichen Personen auftretende zu starke Bindung an den Vater und umgekehrt bei Sohn und Mutter) 4. Entwicklung des Überichs 5. Fixierung: Nichtbejahung der eigenen Geschlechterrolle, übertriebene Geschlechterrolle, Identifizierung mit dem anderen Geschlecht oder Liebesunfähigkeit Latenzperiode (6-11 Jahre) 1. Erogene Zonen: Keine, Verdrängung der Sexualität („Ruhe vor dem Sturm“) 2. Sublimierung: Entwicklung der Fähigkeit auf sofortige Lustbefriedigung zu verzichten, auf später zu verschieben oder in andere Energien umzusetzen 3. Weiterentwicklung des Überichs → Nicht nur familiäre Werte, sondern gesellschaftliche Werte werden interessant 4. Fixierung: Keine Genitale Phase (Adoleszenz) 1. Erogene Zonen: Genitale Zone 2. Erwachen der sexuellen Triebe, die auf Personen außerhalb der Familie gerichtet werden → Elektra- bzw. Ödipus-Komplex kommen wieder zum Vorschein, werden jedoch durch die sexuelle Annäherung zu außerfamiliären Personen aufgegeben 3. Balance zwischen Ich, Es und Überich 4. Fixierung: Fixierung der früheren Phasen kommt zum Vorschein, im Idealfall keine Fixierung aus früheren Phasen vorhanden Reflexion der psychosexuellen Entwicklungstheorie Vorteile 1. Bildeten die ersten Meilensteine der wissenschaftlichen Psychologie 2. umfassendes Verständnis der Psyche und ihre Funktionsweise 3. Betonung der Einzigartigkeit des Menschen: Individuum und seine Entwicklung stehen im Vordergrund 4. Betonung der frühen Kindheit auf die Entwicklung der Persönlichkeit des Kindes 5. Erkennen von Entwicklungsproblemen und Aufzeigen von Psychopathologien Kritik 1. Retroperspektiv: Annahmen beruhen auf „Rückblicke“ und Erinnerungen seiner psychisch erkrankten Klienten, keine Beobachtungsdaten von Kindern → Kritik, ob diese Theorien tatsächlich auf alle Menschen übertragbar sind! 2. Übertreibung des Einflusses sexueller Triebe auf die Entwicklung des Kindes und gleichzeitig Abwertung gleichgeschlechtlicher Liebe und Sexualität als normative Entwicklung 3. Fehlende Perspektive auf die gesamte Lebensspanne 4. Empirische Überprüfung (selbst nach heutigem wissenschaftlichem Standard) kaum möglich Entwicklung der Identität Identität = für ein Individuum typische Wesenseigenschaften, die es einmalig und unverwechselbar machen 1. Besteht aus objektiv beobachtbaren Merkmalen „Welche Eigenschaften ordnen mir Wissenschaftler zu?“, das subjektive Empfinden anderer „Welche Eigenschaften sehen andere in mir?“ UND dem eigenen subjektiven Empfinden „Wer bin ich und was macht mich als Person aus?“ 2. Entwicklung der Identität eine der wichtigsten Entwicklungsaufgaben 3. Identitätsentwicklung schließt die Entwicklung des Selbstkonzeptes und Selbstwertgefühls mit ein Entwicklung der Identität - Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung nach Erik Erikson: Entwicklung der Identität im Lebensverlauf 1. Perspektive der Lebensspanne: Verständnis der Entwicklung des Ichs und Überichs als lebenslanger Prozess, der identitätsbildend ist 2. Betonung der sozialen und kulturellen Umwelt für die Entwicklung der Identität 3. Entwicklung = Bewältigung von psychosozialen Herausforderungen („Krisen“), mit der eine Neuorientierung des Ichs einhergeht → Lösung der Krisen sind identitätsbildend 4. Stufenabfolge in 8 Phasen: Krisen treten entwicklungsbedingt und altersabhängig auf, sind unumkehrbar Entwicklung der Identität - Urvertrauen vs. Urmisstrauen (0-1 Jahr): „Ich bin, was man mir gibt“: Inwieweit kann ich meiner (sozialen) Umwelt vertrauen? Abhängig von der Verlässlichkeit und Fürsorge der Bezugsperson: 1. Entwicklung von Urvertrauen: warme, fürsorgliche Atmosphäre durch unmittelbare Erfüllung der Bedürfnisse des Säuglings 2. Entwicklung von Urmisstrauen: Bedürfnisse des Säuglings werden nicht erfüllt, er muss lange auf Versorgung, Trost und Fürsorge warten oder erhält diese nur sporadisch oder gar nicht Identität: Stabiles Sicherheitsgefühl vs. Unsicherheit und Angst Autonomie vs. Scham und Zweifel (1-3 Jahre) „Ich bin, was ich will“: Inwieweit darf ich mich selbständig machen? Festes Vertrauen in die Bezugsperson und in sich selbst 1. Entwicklung von Autonomie: Kind darf autonom handeln, ohne dass seine Sicherheit, sein Vertrauen-Können und Gefühl der Geborgenheit in Gefahr gerät 2. Entwicklung von Scham und Zweifel: Autonome Handlungen des Kindes werden unterbunden, bestraft oder beschämt Identität: Selbstwahrnehmung als kompetente, handelnde Person vs. Zweifel an den eigenen Fähigkeiten bzw. der Kontrolle von Ereignissen Initiative vs. Schuld (3-6 Jahre) „Ich bin, was ich mir vorstellen kann, zu werden“: Wieweit darf ich die Umwelt erobern? Orientierung an den Bezugspersonen als Vorbilder 1. Entwicklung von Initiative: Kind erhält Unterstützung von seinen Eltern in dem Erreichen selbstgesetzter Ziele 2. Entwicklung von Schuld: fehlende Unterstützung, hohe elterliche Normen, übermäßige Kontrolle oder Bestrafung Identität: Vertrauen in die eigene Initiative vs. Gefühl fehlenden Selbstwerts Kompetenz vs. Minderwertigkeit (6-11 Jahre) „Ich bin, was ich lerne.“: Was kann ich mir zutrauen? Orientierung an das erweiterte soziale Umfeld 1. Entwicklung von Kompetenz: Erfolgreiches Meistern von eigens gesetzten Zielen oder Zielen von anderen 2. Entwicklung von Minderwertigkeit: Unterforderung und Überforderung Identität: Vertrauen in soziale und intellektuelle Fähigkeiten vs. mangelndes Selbstvertrauen und Versagensängste Identität vs. Rollendiffusion (Adoleszenz) „Ich bin, was ich bin.“: Wer bin ich? Welche Rolle spiele ich für mich und andere? Äußerst wichtige Phase der Identitätsentwicklung: Identitätsfindung mit Exploration und Erkundung verbunden 1. Entwicklung von Identität: einheitliches Selbst mit einem festen stabilen Kern, wer man ist → innere Verpflichtungen 2. Entwicklung von Rollendiffusion: wenig Vorbilder, wenig Unterstützung, unsicheres Selbst aus früheren Stufen Identität: festes Vertrauen in die eigene Person vs. bruchstückhaftes Selbst und unsicheres Selbstbewusstsein Der Weg zur Identitätsfindung: Identitätszustände (Marcia, 1980) 1. Diffuse Identität: eigene Rollen und Werte noch nicht festgelegt hat und auch noch keine Fortschritte bei dieser Festlegung erreicht 2. Übernommene Identität: Übernehmen einer beruflichen und weltanschaulichen Identität, die auf Entscheidungen und Werten anderer beruht 3. Identitätsmoratorium: verschiedene berufliche und weltanschauliche Möglichkeiten werden ausprobiert, aber noch keine klare Festlegung 4. Erarbeitete Identität: kohärente und gefestigte Identität erreicht, die auf eigenen Entscheidungen im Hinblick auf Beruf, Weltanschauung etc. beruht Intimität vs. Isolierung (frühes Erwachsenenalter): „Wir sind, was wir lieben.“: Wie nahe lasse ich andere Menschen an mich heran? Einlassen auf dauerhafte Verpflichtungen gegenüber intimem Partner/innen 1. Entwicklung der Intimität: Eingehen von zwischenmenschlichen Verpflichtungen zum Aufbau einer dauerhaften Partnerschaft 2. Entwicklung der Isolation: Angst vor Verlust der eigenen Identität, Konkurrenz anstatt Kooperation, Angst vor Nähe Identität: Fähigkeit zur Nähe und Bindung an jemanden vs. Gefühl der Einsamkeit und Leugnung des Nähebedürfnisses Generativität vs. Stagnation (Mittleres Erwachsenenalter): „Ich bin, was ich bereit bin zu geben.“: Was habe ich zu geben? gebendes und anleitendes Sich-Hinwenden zur nächsten Generation 1. Entwicklung von Generativität: Sich um andere Menschen kümmern, produktiv sein im Sinne eines gesellschaftlichen Beitrages, symbolische Unsterblichkeit 2. Entwicklung der Stagnation: sich nur um sich selbst kümmern Identität: Interesse an Familie, Gesellschaft, zukünftige Generationen vs. Selbstbezogenheit und fehlende Orientierung an der Zukunft Integrität vs. Verzweiflung (Hohes Erwachsenenalter): „Ich bin, was ich mir angeeignet habe.“: Wie bewerte ich mein Leben im Rückblick? Mit dem eigenen Leben ins Reine kommen 1. Entwicklung von Integrität: im Einklang mit sich selbst, erfüllt und zufrieden mit seinem Leben und was erreicht wurde, Weisheit 2. Entwicklung von Verzweiflung: Gefühl im Leben nichts erreicht zu haben, Bitterkeit, Hoffnungslosigkeit, Angst vor dem Tod Identität: Gefühl der Ganzheit und Zufriedenheit mit dem Leben vs. Gefühl der Vergeblichkeit und Enttäuschung Montag, 8.1.2024: Sozial-emotionale Entwicklung: Bindung und Freundschaften Inhalte 1. Die Anfänge der Bindungsforschung 2. Eltern-Kind-Bindung 3. Freundschaften Die Anfänge der Bindungsforschung - Robertson Films: A two-year old goes to hospital 1. Auswirkung früher vorübergehender Mutter-Kind-Trennung (Robertson & Bowlby, 1952) 2. Reaktionen von Kindern, die aufgrund der Angst vor Infektionen komplett auf ihre Eltern während eines Krankenhausaufenthaltes verzichten mussten (+ wechselnde Pflegekräfte) Die Anfänge der Bindungsforschung - Drei Stadien der Trennungsreaktion: Nach dem Krankenhausaufenthalt: Ablehnung (teilweise auch Nicht-Wiedererkennen der Eltern), wütende Angriffe gegenüber den Eltern oder übermäßiges Anklammern an den Eltern Präventives Handeln zur Verhinderung solcher Trennungsreaktionen 1. Vorbereitete Erkundungsbesuche vorm Aufenthalt 2. Regelmäßige Besuche der Eltern 3. Vertraute, trostspendende Übergangsobjekte 4. Bei Trennungen ohne Krankenhausaufenthalt: lieber Erwachsenen anvertrauen, die das Kind bereits kenn Eltern-Kind-Bindung: Edward John Mostyn Bowlby (1907-1990) „Deswegen ist der essentielle Faktor, der all diesen Trennungen zugrunde liegt, dass das Kind während der anfänglichen Entwicklung seiner Objektbeziehungen von vertrauten Leuten und Orten, die es liebt, weggenommen und zu Leuten und in eine Umgebung gebracht wird, die fremd und alarmierend sind.“ - John Bowlby, 1944 "Attachment is a deep and enduring emotional bond that connects one person to another across time and space.“ - John Bowlby (1969) Eltern-Kind-Bindung - Das Konzept des Bondings 1. Ethologischer Zugang: Konrad Lorenz & Nikolaas Tinbergen 2. Ab 1937: Untersuchungen von angeborenem Mechanismus bei Tieren – Nachfolgeprägung bei Graugänsen unmittelbar nach Geburt auf eine „Bezugsperson“ 3. Prägungslernen: irreversibles Lernen in einem meist kurzen, genetisch festgelegten Zeitfenster 4. Bindung ist ontogenetisch (= die Entwicklung des Individuums betreffend): biologische Veranlagung, Bindungen zu Bezugspersonen zu entwickeln, um die eigenen Überlebenschancen zu erhöhen „The propensity to make strong emotional bonds to particular individuals [is] a basic component of human nature, already present in germinal form in the neonate.” - John Bowlby (1988) Das Konzept des Bondings - Biologische Basis der Bindung: „Hormonelles Priming“: Fürsorgeverhalten durch Hormone wie Oxytocin, Prolactin und Vasopressin unterstützt (Rosenblatt, 1994) 1. Oxytocin = „Bindungshormon“, triggert Bindung und Exklusivität 2. Vasopressin = „Monogamiehormon“, triggert Beschützerinstinkt und reduziert Aggressionen 3. Prolaktin = „Stillhormon“, entspannende Wirkung, reduziert sexuelles Verlangen Bei Primaten und Menschen wirken soziale Faktoren ebenfalls auf das Fürsorgeverhalten! Eltern-Kind-Bindung - Das Konzept der Sicherheitsbasis Verhaltensbiologie: Harry Frederick Harlow → Ab 1957 Untersuchungen von Bindungsverhalten bei jungen Rhesusaffen: „Drahtmutter“ (Nahrung) vs. „Fellmutter“ (Wärme) Schutz durch Nähe: Drahtmutter nur zur Nahrungsaufnahme, Fellmutter die restliche Zeit sowie bei unangenehmen Reizen Exploration bei Sicherheit: verstärkte Exploration in der Nähe der Fellmutter, aber nicht in der Nähe der Drahtmutter Die zwei Verhaltenssysteme der Bindung: Bindungssystem: Sichere Basis 1. Aktiviert durch Belastung/Stress 2. Herstellen von (körperlicher) Nähe zu der vertrauten Bindungsperson durch Bindungsverhaltensweisen zur Minimierung negativer Emotionen 3. Basis für Verhaltensstrategien im Umgang mit Angst erzeugenden sowie emotional belastenden Situationen 4. Funktion: gewährt Schutz/Sicherheit, dient dem Überleben der Nachkommen, verhaltens- und emotionsregulierend Explorationssystem: Neugieriges Explorieren 1. Aktiviert bei Entspannung 2. neugieriges Explorieren der Umgebung, meist durch Entfernung von der Bindungsperson (sichere Basis) 3. Social Referencing: über Rückversicherungsblicke Sicherheit beim Explorieren erhalten 4. Funktion: Lernen Bindungs-Explorationsbalance - „Circle of Security“ - (Marvin, Coo

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