Diabetische Folgeerkrankungen DM2_Folgeko_2024 PDF
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Luzerner Kantonsspital
Stefan Fischli
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This presentation covers diabetic complications, including microvascular and macrovascular issues. It also includes case studies and potential treatment approaches. The document discusses various aspects of diabetes complications, including diagnosis and treatment implications.
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Diabetische Folgeerkrankungen Dr. med. Stefan Fischli Endokrinologie / Diabetologie Departement Innere Medizin Luzerner Kantonsspital 6000 Luzern 16 [email protected] Inhalt Fallbeispiel Allgemeines Mikrovaskuläre Folgeerkrankungen – Diabetische Nephropathie – Diab...
Diabetische Folgeerkrankungen Dr. med. Stefan Fischli Endokrinologie / Diabetologie Departement Innere Medizin Luzerner Kantonsspital 6000 Luzern 16 [email protected] Inhalt Fallbeispiel Allgemeines Mikrovaskuläre Folgeerkrankungen – Diabetische Nephropathie – Diabetische Retinopathie – Diabetische Neuropathie – Diabetischer Fuss Makrovaskuläre Folgeerkrankungen Fazit Take home messages 2 FALLBEISPIEL Fallbeispiel K. M. Ehem. Sachbearbeiter, geht selten bis nie zum Arzt Raucher (1 Pack / Tag seit 30 Jahren) Übergewicht, BMI 30 kg/m2 Keine körperliche Bewegung, Arbeitsweg per Auto Hobbies: Jassen, Modellbau 55-jährig: nachts plötzliche stechende Schmerzen im Brustbereich Diagnose: akuter Herzinfarkt 4 Fallbeispiel K. M. Anlässlich Spitalaufenthalt: erhöhte Blutzucker gemessen Bestätigung Diabetes mellitus Typ 2 beim Hausarzt (HbA1c 12%) Verordnung medikamentöse Therapie (orale Antidiabetika) Nimmt Medikamente nur ganz selten ein («Gift»), geht nicht zum Hausarzt, raucht weiter 5 Fallbeispiel K. M. 60-jährig: offene Stelle am Fuss (Druckstelle), die nicht abheilt; geht zum Hausarzt Blutzuckereinstellung nach wie vor schlecht (HbA1c 12.2%) Nachweis einer diabetischen Nierenschädigung (erhöhte Albuminausscheidung im Urin) Blutdruck nicht kontrolliert (150/90mmHg), raucht weiter Lipidprofil pathologisch 6 Fallbeispiel K. M. 65-jährig: Beinschmerzen; Diagnose arterielle Verschlusskrankheit, Katheterintervention; erneute offene Wunde im Fussbereich 66-jährig: Akuter Sehverlust auf einem Auge bei Glaskörperblutung Zunahme der Nierenfunktionseinschränkung, dialysepflichtig im 70. Lebensjahr... 7 ALLGEMEINES Mechanismen der Folgeerkrankungen Dauerhaft erhöhte Blutzuckerspiegel führen zu Folgeschäden – Besonders gefährdet: Zellen, die den Glukoseeinstrom nicht drosseln können (z. B. Augen, Nieren- und Nerven-Zellen) Verschiedene Mechanismen führen zu Schädigungen – Veränderungen des intrazellulären Kohlehydratstoffwechsel – „Verzuckerung“ (Glykierung) verschiedener Eiweisse Insulinresistenz und assoziierte Faktoren Andere kardiovaskuläre Risikofaktoren 9 Diabetes mellitus… … verkürzt die Lebenserwartung um durchschnittlich 25%. … ist eine der Hauptursachen für Erblindung, Einleitung einer Dialyse oder einer Extremitätenamputation. … ist in Industrienationen die viert- bis fünft-häufigste Todesursache. …verursacht 5% aller Gesundheitskosten 3/4 der Gesundheitskosten, die für Diabetiker aufgewendet werden entfallen auf die Behandlung der Folgeerkrankungen 10 Makroangiopathie Mikroangiopathie Retinopathie Zerebrovaskuläre Verschlusskrankheit („Hirnschlag“) Nephropathie Peripher-arterielle Verschlusskrankheit („Schaufensterkrankheit“) Neuropathie Metabolisch- toxische Schädigung 11 Koronare Herzkrankheit (Herzinfarkt) Diabetes-Therapie Komplikationen Nebenwirkungen Mikrovaskulär Hypoglykämie Makrovaskulär Gewichtszunahme HbA1c- Ziel MIKROVASKULÄRE FOLGEERKRANKUNGEN Mechanismen Plasmaproteine Glukose AGE Vorstufen AGE- Rezeptor Transkriptions- Moleküle für faktoren Signaltransduktion AGE- Rezeptor DNA Y Makrophage Extrazelluläre Mesangium Zelle Transkription Matrix Zytokine Wachstumsfaktoren Endothelzelle Entzündung Zellproliferation Neovaskularisation AGE: advanced glycosylated end 14 products Mikrovaskuläre Komplikationen (UKPDS-Studie) 30 Co-Risikofaktoren Mikrovaskuläre (z. B. BD) Endpunkte (p=0.0099) Konventionelle Therapie 20 Intensivierte Therapie 10 -25% 0 0 3 6 9 12 15 Zeitpunkt ab Randomisierung (Jahre) n=3867, Diabetes mellitus Typ 2, neudiagnostiziert Intensive (HbA1c 7.0%) vs. konventionelle (HbA1c 7.9%) Therapie 15 UKPDS study group, Lancet, 1998. HbA1c-Jahre Norm 6% HbA1c-Jahre 1 HbA1c-Jahr: 1 Jahr mit 7% (HbA1cPAT - HbA1cNORM) x Diabetesdauer (J) 2 HbA1c-Jahre: 1 Jahr mit 8% Mikrovaskuläre Komp. ca. 60 HbA1c-Jahre T2Dm ca. 12 HbA1c-J bis Diagnose 60 HbA1c-Jahre Hb1c 10.0% ca. 15 Jahre Hb1c 8.0% ca. 30 Jahre Hb1c 7.0% ca. 60 Jahre 16 nach Orchard TJ, Arch Int Med, 1997. Allgemeines Krankheitsdauer und Stoffwechseleinstellung sind entscheidende Faktoren bei der Entwicklung von mikrovaskulären Komplikationen Mikrovaskuläre Komplikationen werden in den ersten Jahren häufig nicht bemerkt, da sie wenig Symptome verursachen können Früherkennung ist wichtig (screening) 17 DIABETISCHE NEPHROPATHIE Diabetische Nephropathie Erstes Anzeichen: kleinste Mengen Albumin, die im Urin ausgeschieden werden Fortschreitender Prozess bis grosse Mengen an Proteinen (nephrotisches Syndrom) verloren werden Führt unbehandelt zu einer Einschränkung der Nierenfunktion bis zum kompletten Funktionsverlust Einer der häufigsten Gründe für die Einleitung eines Nierenersatzverfahren (Dialyse/ Nierentransplantation) 19 Hyperglykämie Hypertonie Dyslipidämie (AGEs, oxidativer Stress) Stoffwechseleinstellung Diabetesdauer Nikotinabusus Genetische Faktoren Wachstums-/Entzündungs-/Fibrose-Faktoren Ca. 30% Nephrotisches Syndrom Normoalbuminurie Mikroalbuminurie Proteinurie Terminales Kapillarlumen Nierenversagen Basalmembran Urinlumen Albumin Porengrösse + Grössermole- kulares Protein Albuminurie / Proteinurie + 20 Diabetische Nephropathie Behandlung / Prävention – Blutzuckerkontrolle – Blutdruckkontrolle – Rauchstopp – Ev. Medikamente (ACE-Hemmer/Angiotensin-Rezeptor- Antagonisten) – Ev. Proteinrestriktion (im Stadium der Proteinurie) 21 Diabetische Nephropathie ca. in 30-35% der Patienten mit D. mellitus Typ 2 22 Afkarian, J Am Soc Nephrol, 2013. Niere – Glukosemetabolismus Diabetes mellitus Typ 2 Rahmoune, Diabetes, 2005. 23 Fioretto, Diabetes Care, 2016. EMPA-REG Outcome 80% unter RAAS- Blockade mittlerer BD 135/77 mmHg 24 NEJM, July 2016. DIABETISCHE RETINOPATHIE Allgemeines Einer der häufigsten Gründe für eine Erblindung in westlichen Ländern Bis 50% der Typ 2-Diabetiker leiden unter einer Retinopathie, 20% bereits bei Diagnosestellung Entscheidende Faktoren für die Entwicklung einer Retinopathie: – Stoffwechselkontrolle – Dauer des Diabetes Früherkennung ist entscheidend! 26 Allgemeines Verläuft in mehreren Stadien, ev. reversibel Problematisch: Stadium mit Gefässneubildungen Früherkennung wichtig: Regelmässige Untersuchung des Augenhintergrundes (ab Diagnosestellung) Achtung: eine Retinopathie kann sich nach Beginn einer Insulintherapie verschlechtern 27 Unabhängig Präproliferative von Stadium Nicht-proliferative Proliferative Retinopathie ▪ Diabetische Retinopathie Retinopathie Makulopathie ▪ Diabetische Katarakt SCHWEREGRAD 28 29 30 Retinopathie Prävention: – Blutzuckerkontrolle – Blutdruckkontrolle Ev. Laserbehandlung Ev. direkte Injektion von Substanzen ins Auge (Hemmung der Bildung von neuen Blutgefässen) 31 DIABETISCHE NEUROPATHIE Allgemeines Eine der häufigsten Folgeerkrankungen Teilweise reversibel Verschiedene Formen und Ausprägungen Kann sämtliche Nervenstrukturen betreffen: – Sensible Nerven – Motorische Nerven – Hirnnerven – Autonomes Nervensystem 33 Diabetische Polyneuropathie Häufigste Form Füsse und Hände (socken- /handschuhförmig) Kribbeln, Brennen, Sensibilitätsverlust Prüfung mit Stimmgabel oder Monofilament 34 Neuropathie - andere Formen 35 Autonome Neuropathie Betrifft das autonome Nervensystem, das für die Regulation verschiedenster Funktionen zuständig ist: – Kreislaufregulation: Herzfrequenz, Blutdruck – Gastrointestinaltrakt: Magen-/Darmmotilität – Urogenitaltrakt: Blasenfunktion, Sexualfunktion Häufige Symptome: – Störungen der Herzfrequenz: zu hoher Puls – Blutdruckabfälle (z. B. nach dem Aufstehen) – Diabetische Magenentleerungsstörung, Verdauungsprobleme – Störungen der Blasenentleerung, Harnwegsinfekte 36 Neuropathie Prävention: Blutzuckereinstellung Therapie: – Schmerzmittel – Autonome Neuropathie sehr schwierig zu behandeln – Diabetische Gastropathie: ev. Medikamente die Motilität fördern, Anpassung der Nahrung (kleinere Mahlzeiten) 37 DIABETISCHER FUSS Allgemeines Zusammentreffen verschiedenster Faktoren: – Durchblutungsstörungen – Neuropathie – Äussere Verletzungen Einer der häufigsten Gründe für eine Fussamputation 39 NEUROPATHIE Autonom Motorisch Sensorisch Durchblutungsstörung Veränderte Statik Verminderte Schmerz- (Hohlfuss/Krallenzehe) wahrnehmung Druckstelle Kallus Infektion Ulzeration Trauma ISCHÄMIE Gewebeperfusion Mikroangiopathie Makroangiopathie Diabetischer Fuss 41 Diabetischer Fuss Prävention: Blutzuckerkontrolle Verbesserung der Durchblutungsverhältnisse Kontrolle der anderen Risikofaktoren (Blutdruck, Lipide, Rauchstopp!) Patientenschulung zentral: – Gutes Schuhwerk, weite bzw. breite Schuhe – Tgl. Inspektion der Füsse und Schuhe – Regelmässige Fusspflege (inkl. reg. Eincremen) – Evt. Podologie (Abtragen von Druckstellen) – Kein Barfusslaufen, keine Bettflaschen 42 MAKROVASKULÄRE FOLGEERKRANKUNGEN Allgemeines Risiko für makrovaskuläre Erkrankungen 2- bis 4- fach erhöht (verglichen mit Personen ohne Diabetes) Ca. 65% alles Todesfälle bei Typ 2-Diabetikern sind durch einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall bedingt! Prognose dieser Erkrankungen schlecht: – Ausgedehntere Veränderungen – Ev. wenig Symptome („stummer Herzinfarkt“) 44 Klinik Bestimmt durch Ort und Ausdehnung des Verschlusses – Beinarterien: peripher arterielle Verschlusskrankheit („Schaufensterkrankheit“), offenes Bein/diabetischer Fuss – Bauch-/Nierenarterien – Arterien des Gehirnkreislaufes: Hirnschlag (Insult) – Herzkranzgefässe: Koronare Herzkrankheit (Herzinfarkt) 45 Beinarterien 46 Beinarterien 47 Hirnarterien 48 Herzkranzgefässe 49 FAZIT Diabetische Folgeerkrankungen sind weitgehend verhinderbar oder können im Verlauf aufgehalten werden. Diabetische Folgeerkrankungen müssen früh und regelmässig gesucht werden. Diabetische Folgeerkrankungen müssen gezielt und aggressiv therapiert werden. Fallbeispiel K. M. Ehem. Sachbearbeiter, geht selten bis nie zum Arzt Raucher (1 Pack / Tag seit 30 Jahren) Übergewicht, BMI 30 kg/m2 Keine körperliche Bewegung, Arbeitsweg per Auto Hobbies: Jassen, Modellbau 55-jährig: nachts plötzliche stechende Schmerzen im Brustbereich Diagnose: akuter Herzinfarkt 52 Fallbeispiel K. M. Anlässlich Spitalaufenthalt: erhöhte Blutzucker gemessen Bestätigung Diabetes mellitus Typ 2 beim Hausarzt (HbA1c 12%) Verordnung medikamentöse Therapie (orale Antidiabetika) Nimmt Medikamente nur ganz selten ein («Gift»), geht nicht zum Hausarzt, raucht weiter 53 Take home messages Diabetische Folgeerkrankungen verursachen beträchtliche Kosten und sind zum grossen Teil für die erhöhte Sterblichkeit bei Diabetespatienten verantwortlich Diabetische Folgeerkrankungen werden unterteilt in: – Makrovaskuläre Folgeerkrankungen – Mikrovaskuläre Folgeerkrankungen Eine Prävention ist möglich (BZ-/BD-Einstellung, Kontrolle der anderen Risikofaktoren) 54