Summary

This document provides an overview of critical thinking, specifically focusing on argumentation, different types of arguments, and how to evaluate arguments. The Toulmin model serves as a framework for analyzing arguments in detail, complete with examples. The material is relevant for university-level study focusing on logic and philosophy and useful for critical analysis, both oral and written.

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Critical Thinking-49-67.pdf Kapitel 3: Argumente und Argumentieren Das Kapitel 3 des Skriptums “Critical Thinking” behandelt die Themen Argumente und Argument. Die Lernziele des Kapitels umfassen die Erläuterung des Begriffs des Arguments, die Notwendigkeit, Prämissen, Konklusion und Arg...

Critical Thinking-49-67.pdf Kapitel 3: Argumente und Argumentieren Das Kapitel 3 des Skriptums “Critical Thinking” behandelt die Themen Argumente und Argument. Die Lernziele des Kapitels umfassen die Erläuterung des Begriffs des Arguments, die Notwendigkeit, Prämissen, Konklusion und Argument voneinander zu trennen, und die Anwendung des Schemas der Argument- form nach Toulmin. Ein Argument besteht aus drei Teilen: einer oder mehreren Prämissen, der Konklusion und der Verbindung von Prämissen zur Konklusion. Prämissen, Konklusion und Argument sind strikt voneinander zu trennen, um eine sinnvolle Beurteilung von Argumenten zu ermöglichen. Ein Argument kann aus einer, zwei oder mehr Prämissen bestehen, aber immer nur genau eine Konklusion haben. Es ist möglich, dass dieselben Prämissen zu zwei oder mehr un- terschiedlichen Konklusionen führen können, was zu verschiedenen Argumenten führt. Die Konklusion kann Teil von verschiedenen Argumenten sein, wenn un- terschiedliche Prämissen zu derselben Schlussfolgerung führen. Das Kapitel behandelt auch die verschiedenen Arten von Argumenten, wie thesenbezogenes Argument, hypothetisches Argumentieren und Be- gründung von neuem Wissen. Die Begriffe Deduktion, Induktion und Abduktion werden erläutert und voneinander abgegrenzt. Die Beurteilung von Argumenten umfasst die Bewertung der Gültigkeit, Stichhaltigkeit und Stärke von Argumenten. Typische Fehler bei der induktiven Argumentation werden genannt und erläutert. Ein Argument kann trotz falscher Prämissen einen guten Übergang haben, und umgekehrt kann ein Argument mit wahren Prämissen einen schlechten Übergang haben. Es ist wichtig, zwischen drei Fragen zu unterscheiden: Sind die Prämissen wahr?, Ist die Konklusion wahr? und Ist der Übergang von den Prämissen zur Konklusion gut? Ein Übergang ist gut, wenn die Prämissen einen guten Grund für die Wahrheit der Konklusion liefern. Argumente und Argumentation sind das Herzstück jeder kritischen Au- seinandersetzung und haben eine Grundstruktur, die aus Prämissen, Kon- klusion und Verbindung besteht. Das Toulmin-Schema Es gibt umfangreichere Modelle, um Argumentformen zu analysieren und darzustellen, wie das Schema von Toulmin, das sechs Bestandteile hat: 1 Konklusion (claim): die zentrale These oder Idee (Empirische) Gründe (grounds, data): Aussagen, die sich auf Fakten oder Ergebnisse von empirischen Untersuchungen beziehen Unter Fundierung (warrants): Aussagen, die als allgemeine Hand- lungsregel, Gesetz oder moralische Regel aufgefasst werden Stützungen (backing): Aussagen, die Auskunft darüber geben, ob es angemessen ist, eine bestimmte Fundierung zu verwenden Operatoren (modal qualifier): dienen dazu, anzuzeigen, wie die Gründe die Konklusion stützen Ausnahmebedingungen: nicht explizit im Text erwähnt, aber Teil des Schemas von Toulmin Das Modell von Toulmin geht über die Zweiteilung von Argumenten in Prämissen und Konklusion hinaus und bietet eine detailliertere Analyse von Argumentformen. In den Sozialwissenschaften werden oft probabilistische Aussagen benötigt, da bestimmte Phänomene nicht auf alle Akteure zutreffen und die Kon- klusion mit einem “Es ist wahrscheinlich, dass…” versehen wird. Eine solche Qualifizierung ist nicht Bestandteil der Konklusion, sondern beschreibt die Beziehung zwischen den Gründen und der Konklusion. Ausnahmebedingungen (A) sind Gründe, die gegen die Konklusion sprechen und auf Bedingungen hinweisen, unter denen die Konklusion nicht gilt. Die drei Bestandteile - Gründe, Fundierung und Stützung - können als Prämissen aufgefasst werden, die die Konklusion stützen, während der Op- erator und die Ausnahmebedingung Auskunft über die Art der Beziehung zwischen den Gründen und der Konklusion geben. Beispiel: Finanzkrise 2007/2008 Ein Beispiel für die Anwendung des Schemas ist die Finanz- und Wirtschaftskrise von 2007/2008, bei der die Ursachen für die Krise umstritten sind. Hans-Werner Sinn schreibt in seinem Buch “Kasino-Kapitalismus”, dass das Problem nicht in der fehlenden Moral der Akteure liegt, sondern in den falschen Anreizen, die das Rechtsinstitut der Haftungsbeschränkung in Verbindung mit einer allzu laschen Regulierung liefert. Die Haftungsbeschränkung ist ein “Erfolgsgeheimnis des Kapitalismus”, aber erst ab einem gewissen Niveau kann sie als Problem angesehen wer- den. Sinn präzisiert seine Aussage, indem er angibt, dass Banken mit einer Eigenkapitalquote von unter 5% und einer laschen Regulierung die Krise wahrscheinlich machten. Die Formulierung “mit hoher Wahrscheinlichkeit” zeigt an, dass zwischen den Gründen und der Konklusion keine notwendige Beziehung besteht. Eine Fundierung des Schlusses beruht auf einer Theorie, wie Krisen im Bankensektor entstehen. 2 Die Finanzkrise kann durch verschiedene Faktoren wie Eigenkapita- lausstattung, lasche Regulierung und Entlohnung ausgelöst werden, wobei die Haftungsbeschränkung der Aktionäre eine ursächliche Rolle spielen kann. Arten des Argumentierens Argument kann in verschiedenen Situationen und unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen stattfinden, wobei die Grundstruktur der Argumente davon nicht direkt betroffen ist. Es gibt verschiedene Arten des Argumentierens, darunter: Thesenbezogenes Argumentieren, bei dem eine einzelne These im Mit- telpunkt steht und begründet wird. Hypothetisches Argumentieren. Begründung von neuem Wissen. Es gibt verschiedene Konzeptualisierungen von Argumentieren, darunter: Überzeugen, bei dem das Ziel darin besteht, die Adressaten von einer Meinung zu überzeugen. Vernunftgebrauch, bei dem vernünftige Gründe als Basis der Verständi- gung zwischen Menschen angegeben werden. Logik, bei der die Verknüpfung zwischen Behauptung und Argument nach den Gesetzen der Logik erfolgt. Diskurs, bei dem Geltungsansprüche und Interessenpositionen durch Ar- gumente aushandelt werden. Gerichtsmodell, bei dem normative Setzungen zur Entscheidung über Kon- flikte angeführt werden. Thesenbezogenes Argumentieren Eine These ist eine Behauptung, die ohne Beweis zur Grundlage weit- erer Behauptungen oder Argumentationen gemacht wird und durch eine Begründung oder einen Beweis zu einer geltenden oder wahren Aussage wird. Argumente können auf zwei Arten formuliert werden: entweder in der Form These – Argument oder in der Form Argument – These, wobei die These hinter das Argument gestellt wird. Die erste Formulierung macht von Anfang an deutlich, worauf man hin- auswill, während die zweite Formulierung die Aufmerksamkeit zunächst auf die Begründung richtet. Argumente sind in der Wissenschaft dann von großer Schlagkraft, wenn sie nicht nur plausibel sind, sondern sich auch durch Hinweise auf weitere Daten, Fakten oder Quellen stützen lassen. 3 Belege für Argumente (nach Kruse, 2017) Laut Kruse (2017) können Argumente auf verschiedene Arten belegt wer- den, wie zum Beispiel: Beispiele für diese Arten von Belegen sind: Hypothetisches Argumentieren Hypothetisches Argument ist ein wichtiger Teil des kritischen Denkens, insbesondere wenn es um das Nichtwissen geht. Da das Nichtwissen unser Wissen übersteigt, müssen wir uns in einer Sprache darüber austauschen, die als “hypothetisch” bezeichnet werden kann. Hypothetisches Argumentieren kann zum Anführen, Darstellen und Widerlegen von Argumenten führen, jedoch auf einer rein hypothetischen Basis. Ein Beispiel für hypothetisches Argumentieren ist die Vorlesung von Al- bert Einstein zur speziellen Relativitätstheorie, in der er die Frage disku- tiert, ob die Lichtgeschwindigkeit konstant ist oder nicht. Der Text beschreibt den Versuch der Wissenschaft, insbesondere durch Heinrich Hertz, die Lichtgeschwindigkeit im Aether zu erklären, indem man annimmt, dass das Licht sich relativ zum Aether und nicht relativ zum Raum ausbreitet. Hertz’ Hypothese war, dass der Aether an den Bewegungen der Materie teilnimmt, was jedoch zu begrifflichen Schwierigkeiten führt, insbesondere wenn man die Materie als Kontinuum oder als atomistisch konstituiert betrachtet. Ein wesentlicher Teil des hypothetischen Argumentierens ist das Reflek- tieren, bei dem die eigenen Gedanken und Vermutungen zum Thema gemacht werden, um plausible Zusammenhänge innerhalb der Materie zu erkunden. Reflektieren ist ein wichtiger Bestandteil des kritischen Denkens, bei dem die eigenen Gedanken, Erfahrungen und Einstellungen im Vordergrund stehen und zum Gegenstand des Denkens werden. Begründung von neuem Wissen Die Begründung von neuem Wissen ist hauptsächlich für die Darstellung und Rechtfertigung von neuen wissenschaftlichen Forschungsergebnissen relevant, wie im IMRD-Schema für den Aufbau eines Forschungsartikels dargestellt. Induktion und Deduktion sind zwei mögliche Vorgehensweisen bei der Schlussfolgerung, wobei Deduktion von einer Regel zu einem Fall führt, Induktion von einem Fall zu einer Regel führt und Abduktion von einem Resultat zu einer Regel führt. Die Tabelle 3 und die Abbildung 9 zeigen Beispiele und den typischen Auf- 4 bau eines Forschungsartikels gemäß IMRD-Schema, wie von Kruse (2017) dargestellt. Deduktion, Induktion und Abduktion Die Deduktion ist eine Methode, bei der vom Allgemeinen auf das Beson- dere geschlossen wird, und ist logisch zwingend und wahrheitserhaltend. Die Induktion ist eine Methode, bei der vom Besonderen auf das All- gemeine geschlossen wird, und ist ein Wahrscheinlichkeitsschluss, der informations- und wahrheitserweiternd ist. Die Abduktion ist eine Methode, bei der von einem singulären Einzelfall und einer hypothetischen Regel auf einen Einzelfall geschlossen wird, und ist ein Möglichkeitsschluss, der informations- und wahrheitserweiternd ist. Die Deduktion ist logisch unproblematisch, ein Fehler könnte nur den Sachgehalt betreffen, wenn z.B. eine der beiden Prämissen falsch wäre. Die Induktion ist problematisch, da der Schluss logisch unzulässig ist und nur Wahrscheinlichkeiten angegeben werden können. Die Abduktion ist problematisch, da die Schlussfolgerung nur zufällig sein kann, wie das Beispiel mit den Graustörchen, Wölfen und Waschbären zeigt. Die Tabelle 3 fasst die Eigenschaften von Deduktion, Induktion und Ab- duktion zusammen, basierend auf Kühne/Berr (2021, S. 38). Beispiele für Deduktion, Induktion und Abduktion werden gegeben, um die verschiedenen Methoden zu illustrieren. Eine wichtige Eigenschaft von deduktiven Schlüssen ist, dass sie wahrheit- serhaltend sind, im Gegensatz zu Induktion und Abduktion, die riskante Schlüsse sind. Beurteilung von Argumenten Beim kritischen Denken geht es darum, vorgebrachte Argumente zu beurteilen, wie in Abschnitt 3.4 diskutiert wird. Die Beurteilung von Argumenten kann laut Pfister (2020) aus mehreren Perspektiven stattfinden, und eine Differenzierung dieser Perspektiven ist bei einem Diskurs hilfreich. Ein Argument kann als deduktiv gültig bezeichnet werden, wenn aus den Prämissen logisch korrekt die Konklusion abgeleitet wurde, unabhängig von der Wahrheit der Prämissen. Ein Argument ist deduktiv stichhaltig, wenn die Konklusion korrekt abgeleitet wurde und die verwendeten Prämissen wahr sind. Es gibt auch Argumente, die nicht den Anspruch erheben, deduktiv gültig zu sein, sondern als stark bezeichnet werden, wenn die angeführten Prämis- sen die Konklusion wahrscheinlich machen. Ein Argument kann als schwach bezeichnet werden, wenn die angeführten Prämissen die Konklusion nicht wahrscheinlich machen. Bei nicht-deduktiv starken Argumenten sollte auch die Wahrheit der 5 Prämissen hinterfragt werden, um zu bestimmen, ob das Argument stichhaltig ist. Ein Argument kann als invalide bezeichnet werden, wenn es nur aus wahren Prämissen und einer falschen Konklusion besteht. Ein Argument gilt als stichhaltig, wenn es valide ist und alle Prämissen des Arguments wahr sind. Das Konsistenzprinzip besagt, dass Prämissen und Konklusionen nur wahr oder falsch sein können, aber nicht beides zugleich. Es gibt drei Arten von Argumenten: valide, invalide und stichhaltige Ar- gumente, die durch Beispiele illustriert werden können. Eine valide und stichhaltige Argumentation kann durch Überprüfung der Prämissen und der Gültigkeit der Verbindung überprüft werden, wie im Beispiel mit Ned, dem Bären, gezeigt wird. Typische Fehler bei der induktiven Argumentation Bei der induktiven Argumentation gibt es jedoch einige typische Fehler, die vermieden werden sollten. Ein Fehler ist das voreilige Generalisieren, bei dem die berücksichtigten Daten nicht genügen, um die argumentativen Folgerungen zu rechtfertigen, wie im Beispiel des mittelmäßigen Essens im Gourmet-Restaurant. Ein weiterer Fehler sind unpassende Erklärungen, bei denen gültige Regeln oder Gesetzmäßigkeiten auf spezielle Fälle angewendet werden, auf die sie nicht passen, wie im Beispiel der Geschichte vom Weihnachtsmann. Irrelevante Schlussfolgerungen sind Folgerungen, die fälschlich oder völlig unpassend aus vorhandenen Daten oder Belegen gezogen werden, wie im Beispiel des 17-jährigen Kurt, der prädestiniert für den Ingenieurberuf sein soll. Fehler durch Vernachlässigung von Informationen entstehen, wenn vorhan- dene Informationen ignoriert, unterdrückt oder vernachlässigt werden, ob- wohl sie für das Argument bedeutsam sind, wie im Beispiel der Stadt Berlin. Analogiefehler treten auf, wenn Analogien oder Metaphern irreführend sind und Eigenschaften eines Sachverhalts als Eigenschaften eines anderen Sachverhalts ausgegeben werden, um eine Schlussfolgerung zu rechtferti- gen, wie im Beispiel des Staates als Schiff. Die Autoren Walter und Wenzl (2016) werden als Quelle für weitere Infor- mationen zu diesen Fehlern genannt. Zusammenfassung Ein Argument ist eine Verknüpfung von Aussagen, bei der eine oder mehrere Prämissen eine Konklusion begründen, wobei dieselben Prämis- sen zu unterschiedlichen Konklusionen führen können und dieselbe Konklusion Teil von verschiedenen Argumenten sein kann. Bei der Überprüfung von Argumenten müssen die drei Teile auseinanderge- 6 halten werden: die Wahrheit der Prämissen, die Korrektheit der Konklu- sion und die Güte des Übergangs von den Prämissen zur Konklusion. Die Argumentform nach Toulmin besteht aus sechs Teilen: Konklusion, Gründe, Fundierung, Stützungen, Operatoren und Ausnahmebedingun- gen. Beim thesenbezogenen Argument steht eine These im Mittelpunkt, die durch Argumente untermauert wird und auf verschiedene Arten belegt werden kann, wie durch den Verweis auf Theorien oder Modelle, den Ver- weis auf Meinungen führender Vertreter oder durch den Hinweis auf ein Beispiel. Hypothetisches Argumentieren ist vor allem im Umgang mit Nichtwissen von großer Bedeutung und spielt auch bei der Reflexion der eigenen Gedanken eine große Rolle. Bei der Begründung von neuem wissenschaftlichem Wissen wird häufig das IMRD-Schema angewendet, das aus Introduction, Method, Results und Discussion besteht. Deduktion ist der Schluss vom Allgemeinen auf das Besondere und wahrheitserhaltend, während Induktion der Schluss vom Besonderen auf das Allgemeine ist. Die Analogie zwischen Staaten und Schiffen ist schwach und irreführend, da sich Staaten von Schiffen unterscheiden und die Situation auf Schif- fen nicht mit der Situation eines Landes zu vergleichen ist, insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit strikter Entscheidungen auf Schiffen versus der verfassungsmäßig geforderten und wünschenswerten Beachtung demokratischer Prinzipien durch einen Präsidenten. 7

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