Angewandte Psychotherapie: Klausrrelevante Folien (Stächele, ohne Long Covid)

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Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

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Angewandte Psychotherapie ambulante Psychotherapie Psychotherapie klinische Psychologie

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Diese Folien behandeln die Angewandte Psychotherapie, insbesondere ambulante Psychotherapie. Sie befassen sich mit rechtlichen Grundlagen, Abrechnung und Indikationsstellung. Der Fokus liegt auf wissenschaftlich fundierten Verfahren und der Anerkennung durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV).

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Angewandte Psychotherapie Überblick und Organisation 3. Fachsemester M.Sc. Psychologie: Klinische Psychologie und Psychotherapie Vorlesung Angewandte Psychotherapie Termin 1 Institut für Psychologie Stächele Die Doppelverortung von Psychotherapie Psychotherapie ist aus (mindestens) zwei Perspekt...

Angewandte Psychotherapie Überblick und Organisation 3. Fachsemester M.Sc. Psychologie: Klinische Psychologie und Psychotherapie Vorlesung Angewandte Psychotherapie Termin 1 Institut für Psychologie Stächele Die Doppelverortung von Psychotherapie Psychotherapie ist aus (mindestens) zwei Perspektiven zu betrachten: 1. Welche individuelle Abweichung/ Störung/ Symptomatik bzw. Leiden bringt Pat. mit uns ein? 2. Welche gesellschaftlichen und strukturellen Bedingungen sind der Kontext einer Psychotherapie? → Kommunikation entwickelt Sinn in einem Kontext, um verständlich und anschlussfähig zu sein. Das gleiche Verhalten/ Erleben könnte hinweisen auf: Krankheit/ Hexerei/ Kriminalität/ Spiritualität → Psychotherapie ist als Krankenbehandlung gesellschaftlich definiert und findet in reglementierten und finanzierten Kontexten statt. Diagnosen sind verbunden mit Einschluss- und Ausschluss-Entscheidungen. -> wissenschaftliche Anerkennung und Konsequenzen bei Verständnis von Krankheit (Gesprächspsychotherapie z.B. war das schonmal Albert-Ludwigs-Universität nur im finanzierten Freiburg | Ambulante PsychotherapieRahmen nicht und 9 jetzt auch Anerkennung verloren nach Prüfungen) Ziele der Veranstaltung: Was bedeutet das für die Angewandte Psychotherapie? Wie ist ambulante Psychotherapie rechtlich verortet und reglementiert? -> Ergotherapie; psychiatrische Was darf ein Psychotherapeut/ eine Psychotherapeutin? Pflege dürfen wir verschreiben Welche Indikationsstellung ist für welche Art von Interventionssetting wichtig? Wer finanziert Psychotherapie unter welchen Bedingungen? Welche stationären Hilfen gibt es und für wen? Welche Kooperationen und interdisziplinären Strukturen sind mit Psychotherapie verbunden? Welche Besonderheiten bringen besondere Symptomkonstellationen (Komorbidität, Neurologie, Sucht…) oder verschiedene Kontexte (Arbeit, Paarbeziehung, Forensik) mit sich? → Im Zentrum stehen Aspekte, die das psychotherapeutisch Gespräch rahmen Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Ambulante Psychotherapie 10 Spannungsfelder der angewandten Psychotherapie: Es könnte alles auch anders sein… Buch: Rüdiger Wetzlaw (VT in system. integrieren) -> neurotische Konfliktbearbeitung (Stavos Menzos) Einblick für Denken von Psychodynamischer Therapie Patientin/ Patient mit Symptomatik und Behandlungsanliegen Spannungsfelder (Diagnostik, Prognose, Komorbiditäten) Indikationsstellung Interdisziplinarität Interdependenz Qualifikation Haltung des/ der Behandelnden (Wissenschaftlich fundierte) Gesellschaftliche Institutionen Behandlungsmöglichkeiten/ (u.a. Versorgungssystem/ Psychotherapieforschung/ Finanzierung/ Verwaltung) Grundlagenforschung Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Ambulante Psychotherapie 11 Ambulante Psychotherapie Rechtliche Grundlagen und Abrechnung von Leistungen 3. Fachsemester M.Sc. Psychologie: Klinische Psychologie und Psychotherapie Vorlesung Angewandte Psychotherapie Termin 2 Institut für Psychologie Stächele Agenda der beiden Sitzung zur ambulanten Psychotherapie 1. Wie wird ambulante Psychotherapie in Deutschland gesetzlich verankert? 2. Richtlinientherapien und ambulanter Versorgungsauftrag 3. Die Indikationsstellung in der ambulanten Psychotherapie 4. Abschluss/ Fallvorstellungen Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 2 Oberstes Gremium für die Regelungen zur gesetzlichen Krankenversorgung im Bereich Psychotherapie in Deutschland: Gemeinsamer Bundesausschuss „G-BA“ Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA) Der G-BA ist das oberste Gremium der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen und wird von vier großen Selbstverwaltungsorganisationen im deutschen Gesundheitssystem gebildet. Sie werden auch als Trägerorganisationen des G-BA bezeichnet: Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) Was wird von den KK als leitsungen finanziert und was nicht (Kassenleistung: Schematherapie nicht, EDMR ja) Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) -> 13 Sitze Das Bundesministerium für Gesundheit übt die Rechtsaufsicht aus. Patientenvertreter haben Mitberatungs- und Antragsrecht, aber kein Stimmrecht https://www.g-ba.de/ueber-den-gba/erklaerfilm/ Min: 2.48 → Zuständig für Psychotherapie: Unterausschuss Psychotherapie und psychiatrische Versorgung Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 8 Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung Leistungskatalog der GKV wird vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) rechtsverbindlich festgelegt G-BA definiert Richtlinien, was eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Gesundheitsversorgung beinhaltet. Ziel: Versicherte nach dem jeweils aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis zu untersuchen und zu behandeln. In Abstimmung zwischen den Organen verhandelter Rahmen mit Auswirkung auf die Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen und die Berufsausübung von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten: „Psychotherapie-Richtlinie“ (rechtsverbindlich erlaubte psychotherapeutische Behandlung) „Psychotherapie-Vereinbarung“ (konkrete Ausgestaltung von Genehmigungen und Formalia - PTV) -> Formulare „Bedarfsplanungs-Richtlinie“ (Planung des bundesweiten Bedarfs an Praxen) Leistungen, die psychotherapeutisch veranlasst werden dürfen Definition von Aufgaben der Qualitätssicherung Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 9 Das Kriterium der Wissenschaftlichkeit Gemäß § 1 Abs. 2 PsychThG ist Psychotherapie „jede mittels wissenschaftlich geprüfter und anerkannter psychotherapeutischer Verfahren oder Methoden berufs- oder geschäftsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Störungen mit Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziert ist“. Gremium zur Prüfung der Wissenschaftlichkeit ist der „Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie“ (WBP) Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 10 Der „Wissenschaftlicher Beirat Psychotherapie“ Wissenschaftlicher Beirat Psychotherapie (WB-P) Gremium zusammengesetzt aus Vertretern der BÄK und der BPTK, die von zuständiger Stelle (i.d.R. G-BA) beauftragt werden, Gutachten zur wissenschaftlichen Anerkennung von Psychotherapieverfahren und – methoden zu erstellen. Darüber hinaus greift der WB-Psychotherapie aus eigener Initiative bestimmte wissenschaftliche Fragen der Psychotherapieforschung auf und setzt Impulse für eine Förderung der Psychotherapieforschung und der Versorgungsforschung in diesem Bereich. https://www.wbpsychotherapie.de/ Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 11 Die berufsrechtliche vs. sozialrechtliche Anerkennung von Psychotherapieverfahren I Berufsrechtliche Anerkennung: Psychotherapieverfahren: ist das Psychotherapieverfahren wissenschaftlich fundiert als Heilbehandlung zugelassen. Dann kann eine Ausbildung/ Approbation in diesem Verfahren erfolgen (u.a. in Systemischer Therapie ist seit 2008 eine Ausbildung mit Approbation möglich) Studiengänge: Damit Masterabsolventen der Psychologie nach neuem P-Th Gesetz zur Approbationsprüfung zugelassen werden können, müssen die Studiengänge Bachelor und Master berufsrechtlich anerkannt sein. Die Prüfung übernimmt die zuständige Stelle beim Regierungspräsidium. https://rp.baden- wuerttemberg.de/themen/bildung/ausbildung/ausbildung-psychotherapeut/seiten/ausbildung/feststellung-der- gleichwertigkeit-des-bachelorstudiensabschlusses/ Anerkennung von Vorkenntnissen: Eine Psychologin hat in der Schweiz gearbeitet und die erforderlichen Nachweise und Kenntnisse für eine Approbation in Deutschland bereits erworben. Sie kann nach Anerkennung durch das Regierungspräsidium in Deutschland als Psychotherapeutin mit Approbation arbeiten. darf sich aber nicht niederlassen da keine Anerkennung einer Fachrichtung.- nur berufsrechtliche Heilerlaubnis Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 12 Die berufsrechtliche vs. sozialrechtliche Anerkennung von Psychotherapieverfahren I Sozialrechtliche Anerkennung: -> Abrechnungsgenehmigung im Sozialwesen - Ein Psychotherapieverfahren wird in die Psychotherapie-Richtlinie aufgenommen und bekommt die Genehmigung über die Krankenversicherungsträger abzurechnen. - Zusätzlich zur wissenschaftlichen Anerkennung muss das „Schwellenkriterium“ erfüllt sein. -> nützlichkeit und ökonomie des Verfahrens (bringt (Systemische Therapie seit 2018 für Erwachsene, für KiJu seit 2024) Mehrwert in Versrogung im Vergleich zu schon bestehenden Verfajhren) - Psychotherapeutinnen erwerben durch die Weiterbildung die Fachkunde in einem Richtlinienverfahren und sind dann berechtigt sich am Versorgungssystem zu beteiligen. U.a. auch einen Praxissitz erwerben. - Nach alter Regelung sind Approbation und Fachkunde (Vertiefte Ausbildung in einem Verfahren) mit der staatlichen Abschlussprüfung zeitglich erworben worde. Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 13 Überblick über die Abrechenbarkeit von Psychotherapie in der GKV Damit eine Psychotherapie in Deutschland mit den gesetzlichen Kassen abgerechnet werden kann, müssen unterschiedliche Voraussetzungen erfüllt sein: Das Therapieverfahren muss Vom „Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie“ (WBP) anerkannt sein Eine Nutzenbewertung („Schwellenkriterium“) erfüllen, um in die Psychotherapie-Richtlinen aufgenommen zu werden Der Psychotherapeut/ die Psychotherapeutin muss approbiert sein und in einem Richtlinien-Verfahren die Fachkunde nachweisen einen „Kassensitz“ haben, um mit der Kassenärztlichen Vereinigung abrechnen zu können Der Patient/ die Patientin muss unter einer psychischen Erkrankung, die durch Psychotherapie behandelbar ist leiden (u.a. keine Ehe-/ Familien-/ Lebens-/ Sexualberatung) und deren Behandlung nicht durch die Psychotherapie-Richtlinien ->ausgeschlossen (umgehen: Indexpatient in Paarberatung, aber schafft Asymmetrie (Behandlung weil du krank bist) begrenzt/ ausgeschlossen ist (u.a. Demenz, akute Suchterkrankung) Der Patient muss Psychotherapie beantragen und der Therapeut muss einen ökonomischen und zielführenden Behandlungsplan bezogen auf sein Richtlinien-Verfahren erstellen, der der Heilung/ Linderung der Erkrankung dient. Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 15 Umsetzung des Psychotherapeutengesetzes von 1998 in der Psychotherapierichtlinie 1998: 1. Psychotherapeutengesetz: Psychologische Psychotherapie und Kinder-Jugendlichenpsychotherapie werden selbständige und eigenverantwortliche Heilkunde für Therapieverfahren, die ihre wissenschaftliche Eignung nachgewiesen hatten. → Unterscheidung in Heilkunde (Approbation) und sozialrechtliche Anerkennung (Abrechnungserlaubnis) → Konsilverfahren wird eingeführt → Gutachtenpflicht auch bei KZT §11: Wissenschaftliche Anerkennung eines Verfahrens erforderlich. Basierend auf einem Gutachten. → In welchen Verfahren kann Psychotherapie als Heilberuf erlernt werden. ´§15: Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA) definiert in den Psychotherapierichtlinien welche Verfahren abgerechnet werden dürfen. Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologisch begründete Verfahren, Psychoanalyse werden in der Richtlinie benannt Gesprächspsychotherapie wurden wiss. anerkannt, aber nicht zugelassen (Nutzenbewertung) SGB V §117 2 Berücksichtigung von Ausbildungsambulanzen und Forschungsambulanzen, die nicht direkt in der Versorgung berücksichtigt wurden. Aber: „Ausbildung“ blieb bei privaten Instituten gemäß der Heilhilfsberufe. Nach dem Studium 3-jährige Ausbildung Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie -> weiter Status als 20 heilhilfsberuf im gesamten System Weitere Diskussion um Psychotherapie als Heilberuf 2006 Einführung der Bachelor-/ Masterstudiengänge: Diskussion über die Art der Ausbildung/ Weiterbildung in Psychotherapie 2019 2. Psychotherapeutengesetz: Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind akademischer Heilberuf (Approbation nach dem Studium; Weiterbildung zur sozialrechtlichen Anerkennung) Basiskompetenzen in Psychotherapie im Studium (Diskussion wie viel Verfahrensspezifität erforderlich ist) Vertiefte Ausbildung in einem Verfahren in der Weiterbildung 2024 Änderung der Psychotherapie-Richtlinien, so dass auch „Weiterbildung“ und nicht nur „Ausbildung“ bei „ausreichender Qualifikation zum Zeitpunkt der Leistungserbringung“ (alte Formulierung §8 nach der Hälfte die erlaubnis hat mit den Kassen abzurechneen (psychotherapeutische Aufgaben übernehmen, vorher nur unter Supervision) der Ausbildung) Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 21 Überblick über die aktuell zugelassenen Verfahren Richtlinienverfahren (stand 2024) in denen eine „Fachkunde“ erworben werden kann, sind Analytische Psychotherapie Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie Verhaltenstherapie Systemische Therapie →Verfahren, denen ein umfassendes Theoriesystem der Krankheitsentstehung zugrunde liegt und deren spezifische Behandlungsmethoden in ihrer therapeutischen Wirksamkeit belegt sind Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 26 Überblick über die aktuell zugelassenen Methoden Wissenschaftlich anerkannte Methoden (nach Weiterbildung ergänzend einsetzbar, keine Richtlinien-Verfahren, keine Fachkunde): Abrechnung mit Fachkunde und Zusatzqualifikation möglich (seit 2012) Teil der Psychosomatischen Grundversorgung Mit Fachkunde und Zusatzqualifikation wird ergänzende Abrechnungsgenehmigung erteilt Keine Abrechnungsmöglichkeit als getrennte Methode Methoden: Wiss. Anerkennung für Indikationsbereiche, nicht für Richtlinienverfahren. Psychotherapie-Vereinbarung definiert die Abrechenbarkeit der Methoden (u.a. über Abrechnungsziffern) Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 4 Für diese Methoden hat der WBP ein Gutachten über die wissenschaftliche Anekennung erstellt Anerkennung: Ablehnendes Gutachten: Gesprächspsychotherapie/ humanistische Verfahren; vor alle methodische Mängel → Neues Gutachten für Personzentriert-Experienzielle Psychotherapie -> Erfahrungen und Erlebensweisen (Gutachten läuft gerade) Ablehnendes Gutachten: Psychodrama; allerdings wiss. Anerkennung bei der Indikation Affektive Störungen bei Erwachsenen Kein Gutachten erstellt für: Dritte Welle Verfahren: Schematherapie, CBASP, DBT, ACT → Diese Verfahren werden nicht als formal wissenschaftlich anerkannte Psychotherapiemethoden verstanden → Kombination mit Richtlinienverfahren bedeutet, dass der Behandlungsplan Elemente davon beinhalten kann, sofern basierend auf dem ätiologischen Modell des Richtlinienverfahrens (! Nicht der Methode !) das entsprechende Vorgehen integriert werden kann. Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 5 2. Richtlinien Therapien und ambulanter Versorgungsumfang Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 29 EW -> Abrechnung über Gesprächsziffern -> selten eingesetzt, weil Sicherheit, dass es nichts körperliches ist liegt bie PT (kein Konsiliarbericht nötig) (12h) -> meistens zwei pro lieber Verfahrensspez. Woche abgerechnet (50 Min Sitzung) Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 36 wenn nicht in letzten 2 Jahren PTh -> danach LZT Fortführung -> Begründung antragspflichtiger KZT oder LZT -> wenn zwei Quartale kein Kontakt gilt Therapie als beendet abzüglich der KZT -> Stunden verfallen (ein Quartal nach letzem -> ab Ende der Therapie sehen gilt noch als aktive Therapie (?) (auch Gesprächsziffer, mit reduziertem Geld) -> Anträge müssen nicht auf maximal Stunden gestellt werden Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 8 KiJu weiter in Foliensatz Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie für Termin 3 :) 37 -> Reduzierter als bei EW -> mehr als EW Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 9 Sonderfall: Mehrpersonensettings (MPS) in der Systemischen Therapie (§21 Psychotherapie-Richtlinie) -> neu seit ST (vorher nur Einzel oder Gruppentherapie zur Abrechnung) Als spezifische Anwendungsform in der Systemischen Therapie wurde das Mehrpersonensetting als Einzel- und Gruppentherapie neu in die Psychotherapie-Richtlinie aufgenommen Bei der Systemischen Therapie kann es sinnvoll sein, auch Personen mit regelmäßigen Kontakt (Partner/innen, Familienangehörige oder andere wichtige Bezugspersonenaus dem weiteren Umfeld) einzubeziehen, sofern ein Einfluss auf die Aufrechterhaltung der Störung bestehen könnte. Das Mehrpersonensetting strebt dabei nicht vorrangig eine Änderung des Systems an; vielmehr soll die Patientin oder der Patient befähigt werden, aufgrund seiner Eigenkompetenz die Interaktionen des Systems neu/ hilfreich/ anders zu bewerten Unterschied zur Gruppentherapie: bei der Gruppentherapie kommen mehrere Personen, jede bezüglich ihrer individuellen Symptomatik, in einen Behandlungsraum MPS als Gruppentherapie: Mehrer Systeme kommen zusammen. Z.B. Multifamilientherapie Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 10 Beispiel Mehrpersonensetting in der Systemischen Therapie bei sozialer Angststörung Ätiologische Überlegungen beeinflussen die Art der Interventionen: Symptome sozialer Angststörungen schützen die Mitglieder eines betroffenen sozialen Systems davor, Freiheitswünsche offen zu kommunizieren, da sie erwarten, mit der Selbstöffnung, z. B. einzelner Mitglieder und auch des gesamten Systems, die Existenz dieses für sie bedeutsamen betroffenen sozialen Systems zu gefährden. Stattdessen schweißen sie alle Beteiligten zusammen. Der Wunsch nach angemessener Distanz besteht jedoch weiterhin und äußerst sich in (non)verbalen Handlungen (z. B. Beziehungsabbruch, Aggression). Die erfolgreiche „Entwicklung“ im Sinne von Lösung z. T. verstrickter sozialer Beziehungen gilt nicht als individueller, sondern stets koevolutiver Prozess aller bedeutsamen Mitglieder innerhalb des betroffenen sozialen Systems. → Therapie im MPS zur Beeinflussung der Balance von Autonomie, Freiheit, Verantwortungsübernahmen vs. Bezogenheit, Geborgenheit, Sicherheit innerhalb eines Systems. Hunger et al (2021). Systemische Therapie und soziale Ängste im Erwachsenenalter. Psychotherapeut 66:478–486 https://doi.org/10.1007/s00278-021-00539-w Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 11 Psychotherapeutische Praxis als Koordinationsstelle Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 40 3. Die Indikationsstellung in der ambulanten Psychotherapie Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 12 Verbindung Klassifikationssystem und Richtlinienpsychotherapie Die Psychotherapie-Richtlinie definiert, bei welchen „seelischen Krankheiten“ bzw. „psychischen Störungen“ Psychotherapie indiziert ist: §27 Abs.1: Positivkatalog an Störungen, bei denen Richtlinienpsychotherapie kurativ angewandt werden darf (u.a. Affektive Störungen, Angststörungen, nichtorganisch Schlafstörungen, Persönlichkeits- und Schlafstörungen) §27 Abs. 2: 4 Störungsbereiche, bei denen Psychotherapie nur „neben oder nach ärztlicher Behandlung“ indiziert ist Abhängigkeitserkrankungen -> Konsilbericht wegen Entzug/Abstinenz -> Therapie zusätzlich möglich (wünschenswert) Tiefgreifende Entwicklungsstörungen Schwere chronische Krankheitsverläufe Schizophrenie und affektive psychotische Störungen -> weil Medikation notwendig, darf also nicht nur Pth gemacht werden Ausschluss von Ehe-/ Familien-/ Lebens-/ Sexualberatung (keine Erkrankung; im Einzelfall knifflig zu lösen) -> schafft Dynamik in der eine Person gestört ist und eine gesund (deshalb einfach Bezugspersoenenstunden nicht so leicht) teilweise 1% Regel (Nettogehalt); Beratunsgangebot soll nicht an finanziellem scheitern, also größtenteils finanziert Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 13 Ablauf bei psychotherapeutischer Sprechstunde 2 Aufgaben Niedrigschwelliges Beratungs- und Behandlungsangebot Hohe Anforderungen an Therapeut:innen, da in kurzer Zeit und bei Erstkontakt: „Orientierende diagnostische Abklärung“ und „Differentialdiagnostische Abklärung“ zur Indikationsstellung ob behandlungsindizierende Symptome/ Störungen vorliegen welches Versorgungsangebote angemessen ist (u.a. Prävention, ambulante/ stationäre Pth, Facharzt) welche Fachrichtung für die Behandlung angemessen ist (PA/TP, VT/ ST) -> starke Verkörperlichung kann z.B. Indikation für Analyse sein (Leiden noch nicht in Worte fassbar, für VT zur Zielfinun /klärung kommt man dann noch gar nicht ran) Information/ Rückmeldung zur Symptomatik, Indikation und Behandlung Aufklärung über unterschiedliche Behandlungsoptionen und Nebenwirkungen (→ PTV 10) Einsatz standardisierter diagnostischer Instrumente; vor allem Symptomlisten/ verfahrensübergreifend Wenn keine Therapieplatz in der Praxis verfügbar → Weiterleitung an Terminservicestellen der KV Mit PTV 11 wir die Berichtspflicht an den Hausarzt erfüllt. Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 16 Wie geht es nach der Sprechstunde weiter? Gruppenpsychotherapeutische Grundversorgung Max 4 Stunden mit mind. 3 Personen Keine Vorentscheidung für Gruppenpsychotherapie, aber soll dafür motivieren A: Akutbehandlung B: Richtlinienpsychotherapie Probatorik zur verfahrensspezifischen Vertiefung von Ätiologiemodell und Biographie und zur gegenseitigen Entscheidungsfindung Einholen eines ärztlichen Konsiliarberichts Anzeige einer Kurzzeittherapie (KZT 1) Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 19 A. Psychotherapeutische Akutbehandlung -> geht auch schon 6 Monate nach vorherhier Behandlung (Warten von 2 Jahren umgehbar, wenn nötig!) Ziel: Besserung akuter psychischer Krisen- und Akutzustände U.a. akute Belastungsreaktionen, psychosomatische Krisen, Traumareaktionen, präsuzidalen Syndromen Bei drohenden krisenhaften Verläufen ist eine rasche fachärztliche (psychiatrische) Mitbehandlung erforderlich Einsatz von Gesprächsführungstechniken der Stabilisierung und Deeskalation, aber auch Methoden der Richtlinienpsychotherapie Dringlichkeit: spätestens 2 Wochen nach Sprechstunde muss begonnen werden – keine Probatorik (da Vorbereitung einer Richtlinienpsychotherapie) kein ärztliches Konsil. Nur ANZEIGE! -> trägt Verantwortung, dass organische Ursachen ausgeschlossen werden können -> wird angrechnet auf KZT-Stunden, wenn danach doch noch Pth indiziert Indikation daher anders als für Psychotherapie, bei der eine „umfassende Bearbeitung der zugrunde liegenden ätiopathogenetischen Faktoren“ das Ziel ist. -> Ursachen und Muster des Auftretens nud Aufrechterhaltens der Krankheit erarbeiten/behandeln Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 20 B. Richtlinienpsychotherapie Probatorik (mind. 2 – max. 4 x 50 min): Vertiefte diagnostische Abklärung, ggf. verfahrensspezifische Instrumente Komplexe Pathogenese des Gesamtfalls erfassen – auch wenn nur Teilaspekte behandelt werden können Besonderheiten des Krankheitsverlaufs beachten (Erstmanifestation, chronischer bzw. chronisch progred./ rezedivierender Verlauf) Prüfung von Motivation, Kooperations- und Veränderungsfähigkeiten mit dem Verfahren -> Prüfung der Passung des Psychotherapieverfahrens/schule Zielsetzung der Behandlung prüfen und beurteilen Aufbau eines ausreichenden Vertrauensverhältnisses Werden nicht auf das Kontingent der Therapie angerechnet Ärztlicher Konsiliarbericht: (Basiert auf der körperlichen Untersuchung) Kontraindikationen für ambulante Psychotherapie (u.a. Gewicht bei Anorexa Nervosa; somatische Ursache -> stationäre Behandlung indiziert wenn Gewicht zu gering der Beschwerden) Notwendigkeit einer ärztlichen Mitbehandlung Berücksichtigung der ärztlichen Angaben im „Bericht an den Gutachter“ → Konsistenz -> Diagnose sollte übereinstimmen (Anpassungsstörung und dann Depression, geht das schon -> Formulierung "Vermute depressive Episode und erbitte ein Konsil..." Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 21 Fazit Die Behandlung im ambulanten psychotherapeutischen Versorgungssystem beinhalten diagnostische und kurative Aufgaben. Die Aufgaben und Anforderungen an Psychotherapie sind je nach Behandlungsbereich unterschiedlich Sprechstunde (verfahrensübergreifende Indikation) Akutbehandlung (umgehende Stabilisierung) Probatorik (vertiefte Vorbereitung einer Richtlinienpsychotherapie) KZT und LZT (umfassende Bearbeitung der zugrunde liegenden ätiopathogenetischen Faktoren) Die Beantragung von Psychotherapie ist ein formalisierter und strukturierter Verwaltungsakt Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 27 Sonstige ambulante Hilfe Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 28 (psychosoziale) Beratung Gemeinsamkeiten: professionelle Beziehung, aus Hilfe ausgerichtet ist und (meist) auf wissenschaftlichen Konzepten basiert Einsatz von klinischen Gesprächsführungstechniken Prozessorientierung zur Unterstützung einer positiven Entwicklung (u.a. Wirkfaktoren) Unterschiede: Keine Krankenbehandlung Fokus auf Fragen und Problemstellungen (problematischen Situationen) zu spezifischen Themenfeldern Expertise der Beraterinnen und Berater im Beratungsfeld (u.a. Ehe, Erziehung, Sucht) Spezielle Beratungsangebote sehr nah an der Therapie (u.a. https://mano- beratung.de/index.html%3Fp=141.html - Suizidberatung) Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 30 Leitfaden Prävention §20 SGB (Präventionsleitfaden) → Was dürfen Krankenkassen bezahlen? 5.4 Handlungsfelder der verhaltensbezogenen Prävention Bewegungsgewohnheiten Ernährung Stress- und Ressourcenmanagement Multimodales Stressmanagement i.d.R. Gruppen-Kurse / Onlineverfahren Erholung/ Entspannung: PMR – Hatha Yoga – Autogenes Training – Tai Chi – QiGong Suchtmittelkonsum Rauchen Alkoholkonsum 7 Digitale Prävention und Gesundheitsförderung Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 31 Bei chronischer psychiatrischer Erkrankung Soziotherapie Ambulante Leistung, um Krankenhausaufenthalte zu vermeiden Soll Patient:innen in die Lage versetzen, ambulante Psychotherapie/ Medikation in Anspruch zu nehmen Wird verschrieben und über die Krankenkassen finanziert Häusliche Psychiatrische Pflege (bis 4 Monate, sehr hoher Verwaltungsaufwand) Betreutes Wohnen Fachintegrationsdienst Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 34 Rechtliche Ergänzungen zur Patientenbehandlung Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 35 Patientenrechtegesetz Patientenaufklärung: PTV 10 Therapiemöglichkeiten, indiziertes Verfahren, und Behandlungsalternativen Sachleistungsprinzip der GKV, Bewilligungsschritte und Leistungsgrenzen Erwünschte und mögliche unerwünschte Nebenwirkungen (vorübergehende Verschlechterung, Auswirkungen auf das soziale Umfeld) Behandlungsvertrag: Vereinbarung in Schriftform über die erfolgte Aufklärung Ergänzend, z.B. Ausfallhonorare und Prozedere bei Absagen -> Niedergelassene: "Bestellpraxis" -> Leistung die erbracht wird dadurch nicht z ustande kommt (theoretisch auch schon Nicht Erscheinen bei Erstgespräch) Dokumentation: Dokumentationspflicht für alle psychotherapeutischen Maßnahmen; unmittelbarer zeitl. Zusammenhang Anamnese, Diagnose, Untersuchungen und –ergebnisse, Befunde, Therapien und Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen Arztbriefe sind in die Akte aufzunehmen Einsichtnahme durch den Patienten: Auf Verlangen des Patienten unverzüglich vollständige Einsicht in die Patientenakte. Außer, es sprechen erhebliche therapeutische Gründe dagegen – bezieht sich nur auf einzelne Dokumente Stächele | Angewandte | Ambulante Psychotherapie 36 Stationäre Psychotherapie 3. Fachsemester M.Sc. Psychologie: Klinische Psychologie und Psychotherapie Vorlesung Angewandte Psychotherapie Termin 4 Institut für Psychologie Stächele Agenda der heutigen Sitzung 1. Wirkfaktorenmodell von Psychotherapie 2. Stationäre psychotherapeutische Versorgung – Versorgungsangebote 3. Settingspezifische Psychotherapie im voll- und teilstationären Kontext 4. Zwangsmaßnahmen im stationären Setting Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Logik des Medizinischen Diensts der Krankenkassen Pauschalierendes Entgeltsystem in der Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) -> stationsäquivalent: betreute therapeut. Wohngruppen, psychiatrische Krankenpflege etc. (PEPP Kompendium, 2024) Ein übergreifendes Wirkfaktorenmodell von Psychotherapie (nach Wampold und Imel, 2015) -> bezüglich Therapieerfolg Dyade Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Ein übergreifendes Wirkfaktorenmodell von Psychotherapie (nach Wampold und Imel, 2015) – Überlegungen zur stationären Therapie -> nicht einfach nur Ersetzung von ambulanten durch stationären Therapeuten, sondern es gibt auch wirklich andere Mechanismen/Setting Stationäre Psycho- therapie Stationäre Psychotherapie Mitpatient: innen Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Was unterscheidet (voll-)stationär von ambulant? Vollstationär: Übernachtung im Krankenhaus Überwachung der Symptomatik 24/7 – durchgehend Ansprechpersonen vorhanden Begrenzung und Intensivierung der Interaktionen auf Behandlungsteam und Mitpatient:Innen Interdisziplinarität unterschiedlicher therapeutischer Berufsgruppen (multiprofessionelles Team) Weitere Besonderheiten, die ambulant nicht herstellbar sind: geschlossene Station bei Selbst- und Fremdgefährdung Intensive Interventionen ggf. im Zwangssetting Überwachte Aufdosierung von Medikation mit Kontrolle der somatischen und psychischen Nebenwirkungen Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Unterschiedliche Settings von stationärer Psychotherapie (Zahlen von 2017) Psychiatrisch-psychotherapeutische Krankenhausversorgung: Grundorientierung eher FÄ Psychiatrisch VT ca. 55.000 Betten in über 400 Kliniken/ Fachabteilungen; ca. 800.000 Behandlungen/ Jahr; 24 Tage Verweildauer/ Patient Hauptdiagnosen: Abhängigkeitserkrankungen/Entzug (23,5%), Schizophrenie u.ä. (16,2%), unipolare Depression (24,6%) Psychosomatisch-psychotherapeutische Krankenhausversorgung (Akutpsychosomatik): Grundorientierung eher TP über 11.000 Betten in ca. 260 Kliniken. Ca. 90.000 Behandlungen/ Jahr; 43 Tage Verweildauer/ Patient. Hauptdiagnosen: unipolare Depression (59%), Angst- und Zwangsstörungen, somatoforme Störungen Kinder- und Jugendlichenpsychiatrie und –psychotherapie: ca. 6.000 Betten in 150 Kliniken/ Fachabteilungen; 61.000 Fälle; 36 Tage Verweildauer Hauptdiagnosen: Unipolare Depression (27,6%), hyperkinetische Störungen/ Störungen des Sozialverhaltens (25,9%), Reaktion auf schwere Belastungen/ Anpassungsstörungen (14,9%) -> Rentenversicherung Stationäre medizinische Rehabilitation von Patient:innen mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen Ca. 14.500 Betten in 213 Fachabteilungen für Psychiatrie und Psychotherapie; davon 10.000 Betten für Suchterkrankungen/ Entwöhnung 71 Tage Verweildauer auch nochmal stat. nach Entzug nicht ins Ca. 18.000 Betten in 179 Fachabteilungen für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, 35 Tage alte Setting direkt zurück Insgesamt 213.000 Behandlungsfälle Teilstationäre Behandlungen: ca. 700 tagesklinische Einrichtungen mit sehr unterschiedlicher Spezialisierung Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Stationäre Behandlungskonzepte Psychoanalytische bzw. psychodynamisch orientierte Ansätze Kognitiv-Behaviorale Behandlungskonzepte Integrative Modelle – unterschiedliche Verfahren werden kombiniert Störungsspezifische bzw. –orientierte Kozepte (Essstörungen, Borderline-PS, chronische Depression…) -> Spaltung vom Team bei dem Störungsbild wahrscheinlich(Lieblings und "gehasster" Therapeut) -> Patient:innenwohl benötigt DBT Konzept mit Supervision für Team (Abgewertete und Idealisiere kommen zusammen) Offene Stationen i.d.R. psychotherapeutisch ausgerichtete Konzepte, Patienten gehen selbstständig zu ihren Therapieangeboten; basieren auf Therapiemotivation und Freiwilligkeit Geschlossene Stationen i.d.R. pharmakologisch, biologisch-psychiatrisch ausgerichtet, Akutbehandlungen in Krisensituationen, Nutzung von Zwangsmaßnahmen, wenig psychotherapeutisch eher ärztlich besetzt (Diskussion u.a.: https://www.apk-ev.de/fileadmin/downloads/Band_25.pdf ) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Settingspezifische Psychotherapie im voll- und teilstationären Kontext Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Definitionsversuch stationärer Psychotherapie Stationäre Psychotherapie: Eigenständige Behandlungsform mit eigenen Gesetzmäßigkeiten und Wirkfaktoren. Definition: „einvernehmlich mit dem Patienten, der Therapieeinrichtung und der Bezugsgruppe geplante Anwendung verschiedenartiger, konzeptionell aufeinander bezogener therapeutischer Interventionen in einem hierfür in besonderer Weise organisierten Krankenhaussetting zwecks intensiver Behandlung psychischen und psychosomatischen Erkrankungen mit dem Ziel von Besserung oder Heilung“ (Hartkamp, 2006) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Definitionsversuch stationärer Psychotherapie Stationäre Psychotherapie: Eigenständige Behandlungsform mit eigenen Gesetzmäßigkeiten und Wirkfaktoren. Definition: „einvernehmlich mit dem Patienten, der Therapieeinrichtung und der Bezugsgruppe geplante Anwendung verschiedenartiger, konzeptionell aufeinander bezogener therapeutischer Interventionen in einem hierfür in besonderer Weise organisierten Krankenhaussetting zwecks intensiver Behandlung psychischen und psychosomatischen Erkrankungen mit dem Ziel von Besserung oder Heilung“ (Hartkamp, 2006) Gesamt- Aktive Multimodalität Multipersonalität behandlungsplan Milieugestaltung Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Multimodalität – Therapie forte Integration von unterschiedlichen therapeutischen Methoden: Gesprächsorientierte psychotherapeutische Einzel- und Gruppentherapie Integration von Ansätzen und Verfahren, die vorwiegend mit nonverbalen Ausdrucks- und Erlebensformen arbeiten, wie die Musik-, Gestaltungs-, Kunst- und Ergotherapie sowie körpertherapeutischen Methoden. Paar- und Familiengespräche, Entspannungsverfahren, Biofeedback, körperliche Aktivierung, Selbstbeobachtungsverfahren… traumatherapeutische Intensivtherapie Kranken- und Bezugspflege -> was aus ambulanter Sicht wünschenswert wäre, was dort passieren Leitlinienorientierte Psychopharmakotherapie soll (Erwartungen bei Übergängen sollten formuliert und mitgeteilt werden) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Gesamtbehandlungsplan Basierende auf ausführlicher Eingangs- und Verlaufsdiagnostik wird der individuelle Behandlungsplan für jede/n einzelne/n Patient/in. Kombination der Behandlungsoptionen hinsichtlich der zeitlichen Begrenzungen dass diese hilfreich und entwicklungsförderlich sind dass umschriebene Ziele erreicht werden können dass Behandlungsschwerpunkte für die individuelle Situation definiert werden Fokussierung der Behandlung auf vereinbarte Ziele/ Schwerpunkte Ausrichtung aller therapeutischer Aktivitäten und aller Beteiligten Dosierung, Kombination, Abfolge und thematische Ausgestaltung der unterschiedlichen Interventionen  Regelmäßige Überprüfung und Anpassung -> Visiten/Teams, etc Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Beispielhafter Behandlungsplan DBT stationär Varianten: - Phasenspezifische Anpassung - Mehr Einzeltherapie - Bezugspflege Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Multipersonalität Behandlung findet statt: in einer Gruppe von Mitpatient/innen von einer Gruppe von Behandelnden Erweiterung der individualpsychologischen Perspektive um eine sozialpsychologische Sicht. Auswirkungen u.a. Interaktionelle Auswirkungen der psychischen Störungen werden mit verschiedenen Personen spürbar Bei Patient/innen mit Persönlichkeitsstörungen kann die Symptomatik auch durch sehr verschiedenen Reaktionen der Interaktionspartner deutlich werden (u.a. Spaltungstendenzen im Team) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Aktive Milieugestaltung „Rund-um-die-Uhr-Psychotherapie“ Geplanter wohlorganisierter, koordinierter, theoretisch begründbarer, indizierter und individuelle dosierter Behandlungsplan aller Interventionen Organisation des „therapiefreien Raums“ Gesamtkonzept im Sinne eine „therapeutisches Felds“ wird gebildet vom gesamten Krankenhaus (inkl. Verwaltung, Essensversorgung, Haushaltsaufgaben, Alltagsleben) der Psychotherapiestation (inkl. Pflege, therapeutisches Miteinander im Team, Administration, Bad) Sozialer Mikrokosmos soll über die Umgebungsbedingungen therapieförderlich wirken -> wie fühlt sich Person da, Rückzugsmögl. etc Architektur (u.a. Anordnung und Gestaltung der Stationen, Patientenzimmer, Therapieräume, Sport) Verfügbarkeit von Begegnungsräumen und Rückzugsräumen (dysfunktionale Isolation begrenzen) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Aktive Milieugestaltung Das Zusammenleben in einer Gemeinschaft soll eine sichere, auf gegenseitige Unterstützung abzielende und zur Veränderung ermutigende Atmosphäre schaffen. Das Milieu soll Schutz und Halt bieten, positive Beziehungserfahrungen und Selbstwirksamkeitserleben ermöglichen sowie Selbstreflexion, Autonomie und Selbstverantwortung fördern.  Reflexion allen Geschehens im Gesamtteam, um soziales Lernen zu ermöglichen  offene Kommunikation und Partizipation (im Sinne von Mitentscheidungsmöglichkeiten, Mitverantwortung und Autonomie bei Patient:innen und Mitarbeitenden)  Diese zentrale Aufgabe des Gesamtbehandlungsteams wird ganz wesentlich vom Pflegepersonal getragen Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Das therapeutische Team Das Ge- und Misslingen einer stationären Psychotherapie hängt wesentlich von der (Dys-) Funktionalität des therapeutischen Teams ab: Aktive Milieugestaltung sowie Wahrung und Aufrechterhaltung der Rahmenbedingungen Zusammentragen der individuellen Beziehungs- und Behandlungserfahrungen der einzelnen Ps sowie der P-Gruppe, Abgleich im Hinblick auf Therapiefokus, Planung nächster Behandlungsschritte, Reflexion/ Anpassung der therapeutischen Haltung Gestaltung/ Sicherung der Therapieraumgrenzen Nähe-Distanz Regulation zwischen Ps und Teammitgliedern Schaffung einer entwicklungsförderlichen Atmosphäre Differenzierung der therapeutischen Interventionen (z.B. Skill vs. Einzel (im Skillteam wird Grundstein gelegt und dann in Einzelsitzung daraus Intervention gebildet/nachbesprochen/individualisiert) Aufrechterhaltung der Beziehungsgleichwertigkeit im Team  Regelmäßige Sitzungen und Selbstreflexion (u.a. Oberarztvisite/Teambesprechungen/ Teamsupervision)  Haltung: Auch wenn die hierarchische Eingliederung unterschiedlich ist, bleibt die therapeutische Beziehung gleichwertig Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Indikation – Kontraindikation und Ziele Versicherte haben „Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, eine Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst ärztliche einschließlich psychotherapeutische Behandlung“ (§ 27 SGB V). Die vollstationäre Krankenhausbehandlung ist dabei an die Notwendigkeit geknüpft, dass „das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung … erreicht werden kann“ (§ 39 SGB V). -> vor bzw. nach Anbindung an Klinik noch in engeren Kontakt (bei reizidiven7Krisen leichter wieder aufgenommen etc) -> SPZ; Soziotherapie; bei Medikationsabholung etc  Kategoriale Diagnostik reicht nicht aus, um eine Krankenhausbehandlung zu begründen -> Uniklink Freiburg z.B. hat keinen Versorgungsauftrag (muss nicht aufnehmen, kann forschungsspezifischer "wählen" (Lehre und Forschung) -> wie Hochschulambulanz so nicht im Versorgungssystem); hier in der Umgebung hat Emmendingen den Auftrag (auch so finanziert, dass sie Kapazitäten zur Verfügung stellen können) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Indikation für stationäre Psychotherapie So können die folgenden Kriterien maßgeblich die Notwendigkeit einer stationären psychosomatischen Krankenhausbehandlung anzeigen: Art (Diagnose), Chronizität, Kompelexität und Schweregrad der Störung Versagen ambulanter psychotherapeutischer Vorbehandlungen oder auch Fehlen ambulanter Psychotherapie als Alternativen. Therapieanbahnung ist stationär erforderlich, wenn der Patient aus in der Krankheit liegenden Gründen ambulante Psychotherapie als die eigentlich adäquate Versorgungsform noch nicht nutzen kann. Schützender Rahmen und vorgegebene Struktur erforderlich: Die Herausnahme aus dem pathogenen Milieu und dem symptomfördernden Kontext wird erforderlich. Der Patient bedarf der therapeutischen Gemeinschaft als Wirkfaktor. Erfordernis eines multimodalen und interdisziplinären stationären Therapieangebotes hinsichtlich Struktur, Frequenz, Dichte und Art der Behandlung in einem geschützten Rahmen unter ständiger ärztlicher Überwachung. Mehrfache psychosoziale Dekompensation des Patienten, krisenhafte Zuspitzung und konfliktbedingte Einschränkung der strukturierten Lebensführung Erhebliche somatische und/oder psychische Komorbiditäten Die Therapie erfordert aufdeckende, konfrontative Elemente, die nur im stationären Setting dosierbar sind. Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Indikation – Kontraindikation und Ziele Kontraindikationen gelten vor allem für offene, psychotherapeutisch ausgerichtete Stationen: -> für geschlossene gibt es das eigentlich nicht zusätzlich (Entwicklung dahingehend und dann Verlegung) Akute Selbst – und Fremdgefährdung ohne ausreichende Absprache- und Steuerungsfähigkeit Akute Psychosen mit Realitätsverlust und schweren formalen Denkstörungen Suchterkrankungen mit aktivem Konsum psychotroper Substanzen Hirnorganische Erkrankungen mit Beeinträchtigung der intellektiell-kognitiven Funktionen oder (schweren)Intelligenzminderungen Kontraindikationen können auch durch das störungsspezifische Therapiekonzept bedingt sein: (Beispiel DBT) Abstinenzphasen vor der Therapie Kein selbstverletzendes Verhalten / Bereitschaft zum Erlernen funktionaler Skills der Spannungsregulation Erfolgreiche Bewältigung von Therapieschritten Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Wirksamkeit, Therapieabbrüche und Non-Response Allgemeine Übersichtsarbeiten und Meta-Analysen zeigen hohe Wirksamkeit der stationären Psychotherapie Puschner et al. (2014): stationär behandelte Patienten 14 Mal schnellere Reduktion der psychischen Beeinträchtigung als in ambulanter Psychotherapie Liebherz und Rabung (2013): Metaanalyse n= 28.000 Patienten im deutschsprachigen Raum Prä-Post Effekt hedges g.71, Katamnese nach 12 Monaten stabile Besserung Wirkfaktoren: unklar! -> allgemeine Faktoren oder etwas spezifisches nicht klar Kein Einfluss der psychotherapeutischen Grundorientierung oder eines störungsspezifischen Behandlungskonzepts. Kösters et al. 2006: Gruppenpsychotherapie als bedeutsamer Faktor der stationären Therapie Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Wirksamkeit, Therapieabbrüche und Non-Response II Therapieabbrüche: Reuter et al. (2014), 12,5% beenden stat. Behandlung vorzeitig. Risikofaktoren: Junges Alter, erwerbslos, Diagnosen: Essstöung, somatoforme Störung, Persönlichkeitsstörung, (-> schwere Stötungen) geringe Symptombelastung zu Beginn der Therapie -> für Abbruch Non-Response: 20-30% keine positive Veränderung/ 5-10% Verschlechterung Prädiktoren für ungünstigen Verlauf: Hohe anfängliche Symptomatik, chronischer Verlauf Somatoforme Störung oder Persönlichkeitsstörung Schlechte therapeutische Beziehung -> Erwartungsbildung, die nicht entsteht und mehr Motivation, wenn schnelle Wins wahrgenommen werden Keine „early response“ Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Spezifika der teilstationären Psychotherapie Teilstationär = Tagesklinik = Drittes Modell der Psychotherapie Spezifische Wirkweisen: Weder erweiterte Form der ambulanten Psychotherapie noch Reduzierte stationäre Therapie Gemeinsamkeit mit stationär: Multimodale und intensive Therapie, Alltag im therapeutischen Setting nicht nur Zwischenschritt, sondern hat etwas von beidem! Gemeinsamkeit mit ambulant: Kontakt zu Familie und sozialer Umgebung bleibt bestehen Enge Verzahnung von intensiver Psychotherapie mit der Lebenssituation im üblichen Umfeld Tägliches Kommen und Gehen: Ständige Trennung- und Transfersituationen (u.a. Nähe-Distanzregulation, Erzählungen über Alltag) -> das zu besprechen kann Veränderung, Abschied, Alleinsein, Erholung von Therapie im familiären Umfeld Therapieerfolg fördern (nicht nur am ende der stat. Therapie Transfer sondern täglich)  Frühzeitige Förderung von Selbstständigkeit und Eigenverantwortung, weniger Wechsel bei Beedingung Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Spezifika der teilstationären Psychotherapie Indikation nicht eindeutig evidenbasiert klärbar, tendentiell: Koppelung der Symptomatik mit Auslösesituationen im Alltag Intensiver Therapiebedarf bei Verpflichtungen im Alltag (z.B. Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen) Besserer Einbezug der Angehörigen in den Therapieprozess -> Bezugspersonengespräche im Stationären sehr selten Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Spezifika der stationären Rehabilitationsbehandlung Ziel ist der Erhalt von Aktivität und Teilhabe der Betroffenen am Erwerbsleben und am gesellschaftlichen Leben. Psychische Erkrankungen sind die häufigste Ursache für ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben Wird vor allem als sinnvoll angesehen, wenn Teilhabe am Erwerbsleben durch längere Zeit der Arbeitsunfähigkeit (> 3 Monate ) gefährdet oder ein Rückzugs- und Vermeidungsverhalten durch die ambulante Therapie nicht gebessert werden kann. Sozialmedizinische Beurteilung und die Einleitung berufsfördernder Maßnahmen -> Belastungserprobung Arten von Rehabilitationsbehandlungen Medizinische Rehabilitation („psychosomatische Rehabilitation“) i.d.R. 5 Wochen Anschlussheilbehandlung (AHB) bei körperlichen Erkrankungen mit problematischer Krankheitsverarbeitung sowie Indikation zur Psychotherapie Berufliche Rehabilitation z.B. bei Unterstützung der Rückkehr in den Beruf oder Umschulungen (Im Vordergrund berufliche Qualifikation, nicht Psychotherapie) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Reha-Indikation >3 Monate krank z.B. -> aber nicht ganz Akut (keine geschlossene Station -> suizidale Krisen eher schwierig abzufangen in dem Setting) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Reha- Antragsverfahren Formalisierter Antrag wird von einem begutachtenden Arzt der Rentenversicherung geprüft: Rehabilitationsbedürftig (sind die Maßnahmen der kurativen Behandlung ausgeschöpft) Chronifiziertes Krankheitsgeschehen von wenigstens 6 Monaten Dauer Positive Prognose an den eher gruppentherapeutischen Angeboten teilzunehmen Sind die versicherungsrechtlichen Anforderungen erfüllt Antrag geht ca. 2-3 Monate, ggf. Eilverfahren Antrag stellt der Versicherte, Psychotherapeutin erstellt Befundbericht ergänzend zum Hausarzt Unterstützungsbedarf, wenn Patientinnen die Rückkehr an den Arbeitsplatz verzögern und die Krankschreibung die Vermeidung verstärkt. GGF. Wegfall von Sozialleistungen wenn einer Aufforderung zu einem Reha-Aufenthalt nicht nachgekommen -> Pat. wollen vielleicht nicht gehen, aber "müssen" dann, weil sonst Geld entzogen wird wird Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Häufig gestellte Frage zur psychosomatischen Rehabilitation -> notwendige Verschiebung begründen vor Rentenkasse(?) -> schwierig Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Kompetenzen für die Arbeit im stationären Setting Bereitschaft sich konstruktiv und zum Wohle der Patienten in das therapeutische Team einzubringen Umgang mit geringerer Anerkennung und Wertschätzung für die individuellen therapeutischen Kompetenzen, da Entscheidungen und Lösung schwieriger Situationen im Team gelöst werden Integration bzw. Zurückstellung der eigenen Meinung, Ansicht und Haltung und Handlungsimplikationen ins Teamurteil Therapeutische Fehler oder Entscheidungen haben Einfluss auf die Stimmung in anderen Therapien oder auf andere Mitpatientinnen. GGF. Klärung im Team, wie die Situation aufgegriffen und besprochen wird -> ambulant: eher häusliches Leben des Pat. betroffen -> nicht aber andere Therapeut:innen etc  Gefestigtes Maß an Autonomie, Selbstsicherheit einerseits und Anpassungs- und Kompromissbereitschaft sowie Kritikfähigkeit andererseits -> nicht Befindlichkeiten immer wieder im Team auszuhandeln  konstruktive sach- und beziehungsorientierte Zusammenarbeit mit Respekt vor der Andersartigkeit und Eigenständigkeit anderer Teammitglieder (ohne kritische Aspekte schwieriger Situationen und dysfunktionaler Teamdynamik zu verleugnen Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Besondere Interventionen Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Zwangsmaßnahmen im stationären Setting Wird eine Person gegen ihren Willen in eine geschlossene Abteilung einer psychiatrischen Klinik oder in eine Entzugsklinik eingewiesen, ist die Rede von einer Zwangseinweisung. Diese Art des Freiheitsbeschränkung ist nur bei akuter Selbst- oder Fremdgefährdung erlaubt und bedarf nach einer gewissen Zeit (i.d.R. 36 Stunden) eine richterliche Entscheidung. Die richterliche Entscheidung, ob eine Zwangsbehandlung zulässig ist, stützt sich auf ein psychiatrisches Sachverständigengutachten. Daraus muss eindeutig hervorgehen, dass ohne die empfohlene Behandlung ein erheblicher gesundheitlicher Schaden droht, Betroffene krankheitsbedingt die Notwendigkeit der Therapiemaßnahme nicht erkennen können, Erkrankte zuvor ausführlich aufgeklärt wurden und ohne Druck versucht wurde, sie zu einer freiwilligen Behandlung zu bewegen, es keine alternative Maßnahme gibt, um die gesundheitsgefährdende Lage abzuwenden, der Nutzen der Zwangsbehandlung deutlich höher ist als das zu erwartende Risiko.  Zwangsmedikation (u.a. bei Psychosen), Zwangsernährung (u.a. bei Essstörungen) -> ärtzliche Entscheidung aber mit richterlichem Beschluss (aus NS Zeit) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Zwangsmaßnahmen im stationären Setting: Fixierung Wann darf ein Patient durch Fixierung ruhiggestellt werden? Die Fixierung gilt als die gravierendste freiheitsbeschränkende Maßnahme und sollte daher nur als allerletztes Mittel der Wahl zum Einsatz kommen. Sie wird von der Mehrheit der Patienten als besonders traumatisierend erlebt. Sinnvoll ist es daher, zunächst alle anderen bekannten Mittel einzusetzen, um eine Eigen- oder Fremdgefährdung abzuwenden. Lässt sich die Notsituation auf keine andere Weise lösen, ist eine mechanische Fixierung zum Schutze der Betroffenen erlaubt. Die Fixierung sollte nicht länger als 30 Minuten dauern. Lässt sich dies nicht vermeiden, ist eine richterliche Genehmigung nötig. Theoretisch bedeutet das, dass ein Richter über die Fixierung informiert werden muss und innerhalb von 30 Minuten reagiert – in der Praxis schwer umzusetzen. Um sicherzustellen, dass sich der Patient durch die Fixierung keine zusätzlichen Verletzungen zuführt, ist es unerlässlich, dass über den gesamten Zeitraum der Fixierung medizinisches Personal anwesend ist. Unter keinen Umständen dürfen fixierte Patienten allein gelassen werden. Die Betroffenen haben außerdem das Recht zu erfahren, warum sie fixiert sind und wie lange die freiheitsbeschränkenden Maßnahmen andauern werden. Oft braucht es nach solchen gravierenden Freiheitsbeschränkungen psychologische Nachsorge. Die Patienten fühlen sich übergangen und zeigen daher eine größere Abneigung gegenüber folgenden Therapieversuchen. Die Fixierung sollte daher ausschließlich als letzte Maßnahme in absoluten Notsituationen zum Einsatz kommen -> auf Pat. zugehen, nicht im Nachhinein noch verurteilen sondern Kontakt suchen (für alle schwierige/intensive Zeit) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Fazit Im stationären Setting wir eine spezifische Form von Psychotherapie realisiert Zentral sind Multimodalität, Gesamtbehandlungsplan, Multipersonalität, aktive Milieugestaltung Dem sozialen Miteinander von Patient/in, Behandlungsteam, Mitpatient/innen kommt eine besondere Bedeutung zu, da die Interaktionen für die Dauer des Aufenthalts auf diese Personen begrenzt sind. Dies stellt besondere Anforderungen an die Teammitglieder. Besonderen Anliegen an der Schnittstelle von Alltag, Erkrankung und Therapie kann durch teilstationäre Settings begegnet werden Die Indikation für ein stationäres Setting ist vielfältig und nicht durch klassifikatorische Diagnosen begründbar Behandlungen sind unterschiedlich wirksam und können neben deutlicher Besserung auch eine Verschlechterung der Symptomatik bewirken. Einzelnen Diagnosen ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken, da sie mit erhöhtem Abbruchrisiko verbunden sind Reha ist eine Form der stationären Therapie und unterscheidet sich in Antragsstellung und Zielsetzung. Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Bis nächste Woche! Tobias Stächele [email protected] Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Stationäre Psychotherapie Kontextfaktoren psychischer Erkrankungen und Behandlungen 3. Fachsemester M.Sc. Psychologie: Klinische Psychologie und Psychotherapie Vorlesung Angewandte Psychotherapie Termin 5 Institut für Psychologie Stächele Einordnung des Themas Doppelverortung von Psychotherapie: Indikation für ein spezifisches psychotherapeutisches Vorgehen hängt an der Symptomatik bzw. dem Leiden/ Problem des Patienten/ der Patientin den Möglichkeiten/ Haltungen auf Seite TherapeutIn weiteren Einflussfaktoren, die den Fall bzw. die Behandlungsoptionen spezifisch machen Die weiteren Einflussfaktoren beeinflussen die Abweichung von einem Standardvorgehen und bestimmen als Kontext der Erkrankung bzw. der Behandlungsoptionen die Indikationsstellung und Behandlungsplanung Settingspezifische Psychotherapie und spezifische Therapieprogramme Einsatz bzw. Berücksichtigung technischer oder räumliche Besonderheiten Beachtung rechtlicher oder sicherheitspezifischer Rahmenvorgaben Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 3 Überblick Kontextfaktoren psychotherapeutischer Behandlungen Der Kontext einer Psychotherapie definiert unterschiedliche Rahmenbedingungen, die zu Anpassungen bzw. Limitationen einer Behandlung beitragen. Was ist der Standardkontext? (Beispielhaft für ambulante Psychotherapie) Normalintelligente Person ohne schwerwiegende körperliche Beeinträchtigungen kommt freiwillig in die Psychotherapie-Praxis und möchte eine Behandlung zu einem persönlich bedeutsamen Leidenszustand. Die therapierende Person ist für die Störung kompetent ausgebildet, kennt den kulturellen Hintergrund, spricht die selbe Sprache und ist nicht persönlich involviert. Abweichungen von diesem Standard führen zu Sonderfällen und können bedingt sein durch : Merkmale des/ der PatientIn: u.a. (1) geistige Behinderung, hohes Alter, neurologische Besonderheiten momentane Lebenssituation: u.a. (2) inhaftiert, schwer körperlich erkrankt (u.a. Therapie am Krankenbett) dysfunktional strukturierten Umwelt (verengtes Denken): u.a. (3) belastende Arbeitssituation, Paarbeziehung Therapiesetting: u.a. (4) Videotherapie (aber auch: Gruppentherapie, stationär…) TherapeutIn: u.a. fehlende Erfahrung, fehlende Distanz zu Thema oder PatientIn, Kultur/- Sprachbarrieren Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 4 Besonderheiten des Behandlungsrahmens Barrierefreiheit: körperlich: rollstuhlgerechte Zugänge, technische Hilfsmittel bei Hör- oder Sehbehinderungen Barrierefreie Kommunikation: Einsatz visueller/ auditiver Hilfsmittel, unterstützende Gestik und Mimik Leichte Sprache, ist für manche Klienten notwendig, um Inhalte verständlich zu vermitteln und zu diskutieren (reglementierter als „einfache“ Sprache) Die Leichte Sprache beruht zum Großteil auf den Regeln des Netzwerk Leichte Sprache e.V. An diesem Regelwerk haben unter anderem auch Menschen mit Lernschwierigkeiten mitgearbeitet. keine Fremdwörter kurze Sätze; möglichst nur eine Aussage pro Satz. Passiv und Genitiv sollten vermieden werden Sprache sollte positiv sein/ Verneinungen werden nur sparsam eingesetzt keine Metaphern / keine Ironie / keine Sprichwörter Schriftlayout: übersichtlich, große Schrift, eineinhalbfacher Zeilenabstand, serifenlose Schrift verwendet. Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 8 Besonderheiten im Therapieprozess 1. Umfassende Diagnostik: ggf. untypische Darstellung der Symptomatik, Fremdanamnesen 2. Verlängerte Behandlungszeit und Flexibilität: Anpassung von Dauer und Frequenz der Therapiesitzungen (z.B. kurzer aber häufiger) Tempo der Therapie anzupassen und Inhalte in kleineren Schritten vermitteln. 3. Einbeziehung des sozialen Umfelds: Soziales Netzwerk (Familie, Betreuer*innen) spielt oft eine zentrale Rolle → Einbezug Bezugspersonen Kooperation zwecks Hilfestellung im Alltag, Informationsquelle und Unterstützen therapeutischer Aufgaben (z.B. Alltagsstruktur, Hausaufgaben, Protokolle). 4. Interdisziplinäre Zusammenarbeit: Arbeit im Team mit ÄrztInnen, PädagogInnen und anderen TherapeutInnen → umfassende Betreuung Kooperation bzgl. Therapieplan, Therapiestatus Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 9 Therapeutische Ansätze bei geistiger Behinderung Angepasste Psychotherapie basierend auf Verhaltenstherapie: Anpassungen in der Kommunikation, z. B. Einsatz von Bildern oder einfacher Sprache. Kognitive Arbeit schwierig. Pharmakotherapie: Gezielte medikamentöse Behandlung, allerdings mit Vorsicht, da Nebenwirkungen schwer zu erkennen sein können. Multidisziplinäre Ansätze: Zusammenarbeit zwischen PsychiaterInnen, PsychologInnen, PädagogInnen und SozialarbeiterInnen (→ Telefonate, gemeinsame Termine, Dokumente austauschen) Einbindung des Umfelds: Die Unterstützung durch Familie und Betreuungspersonen ist essenziell für den Therapieerfolg. Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 10 2. Psychotherapie mit PatientInnen im Bereich Forensik Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 11 Grundlagen Psychische Erkrankungen sind unter Haftinsassen signifikant häufiger als in der Allgemeinbevölkerung. Verschiedene Studien zeigen, dass etwa 70–80 % der Gefangenen mindestens eine psychische Störung aufweisen. Besonders häufig sind: Substanzbezogene Störungen: Betrifft bis zu 77 % der Insassen. Antisoziale Persönlichkeitsstörung: Prävalenz liegt bei etwa 50 %. Depressive Störungen und Angststörungen: Ebenfalls deutlich erhöht. Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS): Besonders häufig nach traumatischen Erfahrungen in Kindheit und Jugend, wobei etwa ein Siebtel der Gefangenen betroffen ist. Darüber hinaus treten Suizidalität und selbstverletzendes Verhalten häufiger auf als in der Allgemeinbevölkerung. Europäische Studien zeigen, dass viele Gefangene durchschnittlich drei traumatische Erlebnisse in ihrer Lebensgeschichte berichten, was das Risiko für psychische Störungen zusätzlich erhöht. Die psychiatrische Versorgung in Gefängnissen wird oft als unzureichend beschrieben, was den Behandlungsbedarf nicht deckt und die Resozialisierung erschwert. Verbesserungen in der Diagnostik und Behandlung könnten sowohl die Gesundheit der Gefangenen als auch das Rückfallrisiko positiv beeinflussen Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 12 Therapeutische Besonderheiten Zielgruppe und Motivation: Meist wurde bereits eine Straftat begangen → gerichtlich oder behördlich zur Therapie verpflichtet externale Motivation beeinflusst häufig die therapeutische Beziehung und kann zu einer ambivalenten Haltung gegenüber der Therapie führen. Geringe Bereitschaft zur Selbstreflexion und zur Arbeit an problematischen Verhaltensmustern Therapieziele und Risikoabschätzung: Rückfallprävention. Risiko zukünftiger Straftaten verringern → insbesondere Arbeit an Impulskontrolle, Aggressionsbewältigung sowie Auseinandersetzung mit den Ursachen des Deliktverhaltens. Die Therapie beinhaltet oft eine kontinuierliche Einschätzung der Rückfallgefahr und kann spezifische Strategien zur Risikovermeidung umfassen. Zugrundliegende schwerwiegende Störung kann oftmals nicht zufriedenstellend therapiert werden (z.B. antisoziale PS, Traumafolgestörung, schizophrene Erkrankung) Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 13 Spezifische Therapieansätze Deliktorientierte Psychotherapie Stufenweise Konfrontation mit der Tat (u.a. Planung, Durchführung, Risikofaktoren, Opferperspektive) Einsicht und Erarbeitung alternative Verhaltensweisen, um nicht zum Täter zu werden bzw. Rückfälle/ Wiederholungstaten zu verhindern. U.a. durch Verhaltensanalysen, Analyse von Verhaltensketten, Erarbeitung von Skills) Sexualstraftätertherapie Einzel- oder Gruppentherapie zur Bearbeitung von Risikofaktoren und zur Erarbeitung von Strategien zur Vermeidung weiterer Taten. Biographische Einordnung der Taten und der eigenen Erfahrungen mit Grenzüberschreitungen/ Übergriffen Spezifische Therapieprogramme für bestimmte Tätergruppen (u.a. Konsum von Kinderpornographie, sexuelle Übergriffe, z.B. „Kein Täter werden“) Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 14 Therapeutische Besonderheiten II Multidisziplinäre Zusammenarbeit: Psychotherapie erfolgt häufig im Rahmen eines multidisziplinären Teams. Kooperation mit JuristInnen, SozialarbeiterInnen und medizinischem Personal. Zwischenberichte und Prognosen: verschiedenen Aspekte des Falles werden beleuchten, um eine umfassende Betreuung und Einschätzung zu gewährleisten. Im stationären Setting Zusammenarbeit mit Pflegepersonal u.a. um Einschränkungen sicherzustellen, Medikation auszugeben, Alltag zu dokumentieren Sicherheitsaspekte und Struktur: Forensische Setting haben meist erhöhte Sicherheitsvorkehrungen, die auch die Therapie beeinflussen. → Sitzungen finden oft in gesicherten Räumen statt → klare Regeln und Einschränkungen, die das Setting beeinflussen können (u.a. automatisierte Notfallmelder, Anwesenheit weiterer Personen) Die Therapeut*innen müssen sich dieser besonderen Rahmenbedingungen bewusst sein und entsprechend arbeiten. Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 15 Therapeutische Besonderheiten III Therapeutische Haltung und Abgrenzung: Emotionale Belastungen sind hoch professionelle und zugleich distanzierte Haltung bei gleichzeitiger Erfordernis einer authentischen und förderlichen therapeutischen Beziehung Täter sind oftmals auch angenehme, nette und freundliche Menschen, solange der Fokus nicht auf einem problematischen Thema liegt. Bei Tätern mit PS sind manipulative Kontaktversuche erwartbar und brauchen daher klare Regelungen Erfordernis von Supervision, Intervision und Teambesprechungen, um dysfunktionales eigenes Vergalten zu reflektieren und ggf. zu verändern. Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 16 3. Dysfunktionale Strukturen der Umwelt: Psychotherapie und Arbeitssetting Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 17 Verhältnis Arbeit, psychische Erkrankung und Psychotherapie Kausale Zusammenhänge sind schwer zu definieren Kranksein und Arbeit hat keine Arbeit trotz Arbeit sind Einfluss auf Krank ? Krank durch unabhängig ? Gesundheit? (Präsentismus) Arbeit ? Sonderfall psychische Erkrankungen im Arbeitsleben: Sorge nur bei kompletter Leistungsfähigkeit die Arbeit zufriedenstellend erledigen zu können Schlechtes Gewissen den Kolleginnen/ Vorgesetzten gegenüber, wenn Krankheitsausfälle auftreten Sorge wegen psychischer Auffälligkeiten stigmatisiert zu werden Kommunikation über Gesundheit bzw. Einschränkungen der Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz ist sehr schwierig Teufelskreismodelle bei sinkender Produktivität und reduzierter Erholung Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 18 b.) Erwerbsminderungsrente Ca. 1,7 Mio. Menschen erhalten in D Erwerbsminderungsrente (voll- oder teilerwerbsunfähig) Psychische Erkrankungen sind die weitaus häufigste Diagnose bei der Erwerbsminderungsrente. Knapp 40% aller Fälle; Anteil nahezu verdoppelt seit 1996. Insgesamt ca. 64.000 neue Fälle wegen psychischer Erkrankungen/ Jahr. Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 20 c.) Arbeit als „Faktor der Inanspruchnahme des Gesundheitssystems“ Zusatzkodierungen der ICD-10 Z56 Kontaktanlässe mit Bezug auf das Berufsleben (Arbeitslosigkeit, Arbeitsplatzwechsel, belastende Einteilung der Arbeitszeit, drohender Arbeitsplatzverlust, nicht zusagende Arbeit, Schichtarbeit, schwierige Arbeitsbedingungen) Z.B. Z56.4 Unstimmigkeiten mit Vorgesetzten oder Arbeitskollegen/ Mobbing → ICD-11 XE1822150408 bullying, Einschüchterung → Welche Zusammenhänge zwischen Arbeit und psychischer Erkrankung gibt es? Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 21 Psychosoziale Funktion von Arbeit Aktivität und Kompetenz: Entwicklung und Training von Selbstwirksamkeit und Handlungskompetenz, Möglichkeit Neues zu lernen, Kompetenzen auszuweiten, Erfahrungen zu sammeln Zeit- und Tagesstrukturierung: Orientierung im Alltag, Wochenrhythmus, Jahresplanung Kooperation und Kontakt: kooperative Fähigkeiten entwickeln und trainieren Soziale Anerkennung: Nützliches Einbringen, Zugehörigkeit zu einer Organisation, einem Team Persönliche Identität: Berufsrolle, Tätigkeit und Zugehörigkeit sind wichtige Bestandteile der Identität. Das Wissen und Können bei beruflichen Tätigkeit ist Quelle von Selbstwert. →Arbeitsgestaltung kann Gesundheits- und Persönlichkeitsförderlich sein! →Anlass für Psychotherapie bei dysfunktionalen Arbeitsstrukturen ist häufig Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 25 Arbeitstätigkeiten unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Belastung Körperliche Belastungen → Risiko für Rückenleiden, Muskel-Skeletterkrankungen → Sportangebote, Ergonomie Psychosoziale Belastungen/ emotionale Belastungen → Risiko für Depression, Abhängigkeit, Suizidalität → Präventionsprogramme, Psychotherapie Die Berufe mit dem höchsten Risiko eine psychischen Störung zu entwickeln: Psychosoziale Berufe mit direkten Kontakt mit Menschen (dialogisch-interaktive Erwerbsarbeit) (ÄrztInnen, PsychotherapeutInnen, LehrerInnen, ErzieherInnen, Call-Center-MitarbeiterInnen…) U.a. Depressionen, Abhängigkeitserkrankungen, Suizidalität → Was macht diese Berufe so belastend? Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 26 Settingspezifisch: Arbeitsplatzbezogene Psychotherapie Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 30 Psychotherapie in der Verantwortung Anpassung an bestehende dysfunktionale Strukturen vs. Unterstützung bei der Änderung/ Ablehnung dysfunktionaler Strukturen → wird Thema, wenn die Arbeitsfähigkeit naht → hohe Ambivalenz! → therapeutischer Prozess der Begleitung einer Entscheidung wird suggestiv, wenn TherapeutIn die „beste“ Lösung scheinbar kennt. Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 31 Therapeutische Arbeit mit der Entscheidung die Arbeit wieder aufzunehmen: Nutzen- und Kostenabwägungen Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 32 Ziele der Arbeitsbezogenen Psychotherapie Auftreten einer Arbeitsunfähigkeit verhindern Wiedereingliederung unterstützen auch bei evtl. Vermeidungstendenzen Rückfall-Prophylaxe Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 33 Arbeitsplatzbezogene Psychotherapie- Ansätze Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 34 Behandlungsphasen Motivationsaufbau Informationsvermittlung und spezifische Psychoedukation Wiederherstellung einer dauerhaften Arbeitsfähigkeit Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 35 Wiedereingliederung Stufenweise Wiedereingliederung auf den Arbeitsplatz nach dem „Hamburger Modell (SGB V §74/ SGB IX §28)“ Freiwilliges Stufenmodell, um sich in mehreren Schritten an die Belastungen des Arbeitsalltags zu gewöhnen Individuelles Rückkehrprogramm, dem Arbeitsgeber und betroffene Person müssen zustimmen Definition und Beantragung über Hausarzt und Reha-Träger Laufzeit ca. 2-3 Monate, kann max. 7 Tage unterbrochen werden, ansonsten Abbruch (z.B. weil schneller wieder in vollem Umfang gearbeitet werden kann). Bis zum Abschluss der Wiedereingliederung gilt die Arbeitsunfähigkeit, daher wird auch kein Arbeitslohn gezahlt, sondern Lohnersatzleistungen Betriebliches Wiedereingliederungsmanagement (BEM) in Deutschland rechtlich erforderlich Kontakt zum/ zur Erkrankten bei längerer krankheitsbedingter Abwesenheit als 6 Wochen Unterstützung durch unabhängige Stellen in der Organisation bei Problemen des Wiedereinstiegs Versuch weitere Ausfälle bzw. Rückfälle der Symptomatik zu vermeiden Option: andere Wiedereingliederungsmodelle erarbeiten (u.a. Arbeitsplatzwechsel, Homeoffice…) Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 36 4 Therapiesetting: Telemedizinisch gestützte Betreuung: Psychotherapie als Videosprechstunde (Videotherapie) Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 37 Grundlagen Psychotherapie ist auch über Videokommunikation möglich, sofern: bereits ein persönlicher Erstkontakt zur Eingangsdiagnostik, Indikationsstellung und Aufklärung stattgefunden hat und kein unmittelbarer persönlicher Kontakt mit der Patientin oder dem Patienten aus therapeutischer Sicht erforderlich ist (Patientenschutz!) die Kommunikation über einen von der KBV zertifizierten Videodienstanbieter stattfindet Berufsordnung: Vertraulichkeit! Es darf sich keine zweite Person im Raum befinden; Türe zu Videotherapie darf i.d.R. nur aus den Praxisräumen durchgeführt werden (kein mobiles Arbeiten) Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 38 Ausnahme- und Sonderregelungen Sprechstunde und Probatorik müssen im persönlichen Kontakt durchgeführt werden Möglich ist Gruppentherapie (max. 8 PatientInnen und max. 1 TherapeutIn) Möglich ist Akutbehandlung komplett über Video Möglich ist „standardisierte Testverfahren“ über Video Weitere Leistungen: Seit 1. Juli 2022 gilt die Obergrenze von 30 Prozent für alle per Video möglichen Leistungen nach der Psychotherapie-Richtlinie, die eine Psychotherapeutin oder ein Psychotherapeut in einem Quartal abrechnet, und nicht mehr je einzelner GOP. Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 39 Vorteiel und Problematik Fahrtzeit: Ersparnis, keine Kontakt zu anderen Personen auf dem Weg Bei Infekten, körperlichen Erkrankungen trotzdem Therapie möglich Vertrag und Information vor der ersten Videotherapiesitzung Patientenschutz: Umgang mit suizidalen Krisen Wie erreichbar, wenn die Verbindung gestört wird oder abbricht? (Handy und besser noch FestnetzNr.) Adresse für einen möglichen Polizeieinsatz Anwesenheit anderer Personen Sind die Gegebenheit so, dass Türe zu ist und keine anderen Personen in den Raum kommen Beispiel: Partner soll nichts von der Symptomatik mitbekommen, Baby unbeaufsichtigt am Spielen Klärung der Themen, die ohne persönlichen Kontakt bearbeitbar sind ggf. keine Traumatherapie/ destabilisierende Inhalte – Dissoziationsneigung ganz neue Themenfelder Stächele | Angewandte | Kontextfaktoren 40 Interdisziplinäres Schmerzzentrum (ISZ) Psychologische Aspekte bei der Behandlung von chronischen Schmerzpatient*innen im multimodalen teilstationären Setting Dipl.-Psych. Ilina Maier, Psychologische Psychotherapeutin (VT), Spezielle Schmerzpsychotherapie, Psychologische Leitung ISZ 25. November 2024 Chronische Schmerzstörung Zahlen und Fakten ca. 23 Mio. 14,5 – 25% der Gesamtbevölkerung mit chronischen Schmerzen 6 Mio. Menschen mit chronischen mittleren – starken Schmerzen 2,2 – 3,4 Mio. Menschen mit (behandlungsbedürftigen!) chronischen Schmerzen mit körperlichen und psychischen Auch in den Beeinträchtigungen (ICD-10: F45.41, Schmerzstörung) kommenden Jahrzehnten ein… gesundheits- Menschen mit chronischen Schmerzen… ökonomisches …sozial- …erhalten in 13 – 51% eine ungenügende Schmerzversorgung. medizinisches …psychiatrisches / …haben ein doppeltes Risiko für Suizid (5-14% Suizidversuch, 20% Suizidgedanken). psychisches …erleiden in 20 - 50% negative Auswirkung auf Beschäftigung (mittl. Lebensalter 44 J.). …existentielles Problem Eccleston etal., 2017; Breivik et al, Survey of chronic pain in Europe, Eur J Pain, 2006; Versorgungsatlas Schmerz, 2011 / www. sip-platform.eu; Tang et al., Psychol Med, 2006; Dietl / Korczak, HTA – Bericht 111, 2011; Europäisches Weißbuch Schmerz, 2010; Häuser et al., Clin J Pain, 2015; Weißbuch Schmerz, BVSD, 2019 (Revidierte) Definition des Schmerzes Schmerz ist… ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder potenzieller Gewebeschädigung verbunden ist, oder Ähnlichkeiten dafür aufweist, mit solch einer Gewebeschädigung verbunden zu sein.“ IASP / Merskey et al, 1979 ; Williams and Craig, Pain, 2016; Kosek et al., Pain 2016 / 2021; Raja et al., Pain, 2020 Schmerz ist auch… Eine hilfreiche Definition für den Arbeitsalltag „…das, was immer ein Mensch darunter versteht und Schmerz ist vorhanden, wann immer ein Mensch ihn wahrnimmt.“ McCaffery (1968) 7 | 25.11.2024 Akutschmerz – chronischer Schmerz Schmerzdifferenzierung – diagnostische und therapeutische Strategien akut chronisch Lebenserhaltendes Verlust der biologischen Warn- und Frühwarnsystem Schutzfunktion / bio-psycho-sozial < 12 Wochen > 12 Wochen (3 Monate) Nozizeptiver Schmerz Nozizeptiver Schmerz, „mixed pain“ (Gewebsschmerz) neuropathischer Schmerz, noziplastischer Schmerz Ursache Schmerzkrankheit - multifaktoriell und Mechanismen-basierte Symptom Therapie Lit: Arnold et al., 2014; Treede / Rief, Nicholas et al. / Smith et al., PAIN, 2019 Faktoren für Schmerzchronifizierung und Behandlungsresistenz Vielfältige Interaktionen: Erkrankungen Schmerz, Psyche, Immanente Effektoren Stress, Genetik, Externe Einflussfaktoren Umgebung, epigenetische Veränderungen, Alter, Immunantwort Lit: Borsook et al., Pain, 2018 Das Assessment aus psychologischer Sicht Anzahl: 5 psychologische diagnostische Gespräche täglich Dauer: je 1-1,5 Stunden Psychologische Bereiche Biographische Anamnese Schmerzspezifische Anamnese Psychopathologischer Befund Diagnosestellung Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (F45.41) überprüfen bezüglich: psychischen Faktoren sozialen Aspekte weitere F-Diagnosen als relevante psychische Komorbiditäten (u.a. BDI wird erfasst) Procedere Ambulante vs. stationäre psychotherapeutische/psychiatrische/psychosomatische Maßnahmen Rehabilitative Maßnahmen IMMST: 3 oder 5+1 Wochen  etwa 50% 19 | 25.11.2024 Diagnostische Herausforderungen Differentialdiagnostisch ausschließen: absichtlich erzeugter Schmerz, Simulation, Schmerz ausschließlich bei affektiver, Angst-, Somatisierungs- oder psychotischer Störung Komorbiditäten klären, denn somatisch Kranke mit einer zusätzlichen psychischen Störung weisen höhere Morbiditäts- und Mortalitätsraten, eine schlechtere Compliance und weniger Lebensqualität auf (u.a. Barth et al, 2004). 30 | 25.11.2024 Interdisziplinäre Multimodale Schmerztherapie IMMST  Die Interdisziplinäre Multimodale Schmerztherapie (IMMST) ist eine umfassende Behandlung komplexer Schmerzsyndrome unter Einbindung verschiedener medizinischer Disziplinen und Berufsgruppen. Eine medizinische Indikation bei Patienten mit therapieresistenten chronischen Schmerzsyndromen, aber auch bei erhöhtem Chronifizierungsrisiko mit dem Ziel, den Chronifizierungsprozess aufzuhalten.  Die Multimodale Therapieansätze versuchen, ausgehend von einer biopsychosozialen Perspektive, chronischen Schmerz in seiner multifaktoriellen Determination diagnostisch zu erfassen und die einzelnen Ebenen zielgerichtet therapeutisch zu beeinflussen. Behandlungsziel ist nicht nur die Schmerzlinderung, sondern die Verbesserung somatischer, psychischer und sozialer Funktionseinschränkungen. 37 | 25.11.2024 Psychotherapie in der multimodalen Schmerzbehandlung  Obligater Bestandteil der multimodalen Schmerztherapie  Einsatz (kognitiver) Verhaltenstherapie  tägliche psychologisch geleitete Gruppen (Gesprächsgruppen, Sozialkompetenztraining, Ressourcengruppe)  wöchentliche Einzelgespräche  Aufgaben:  Psychologische Diagnostik  Erfragen des zugrundeliegenden Patientenkrankheitsmodelles und im Verlauf die Erarbeitung eines idiosynkratrischen biopsychosozialen Schmerzmodells mit Integration der psychischen Komirbiditäten  Identifikation psychosozialer Einflussfaktoren  Zusammenhang zwischen Schmerzerleben und psychosozialen Belastungsfaktoren erarbeiten  Dysfunktionale Schmerzbewältigungsstrategien identifizieren und funktionale Alternativen erarbeiten 44 | 25.11.2024 Besonderheiten bei der Behandlung von Patienten mit chronischen Schmerzen  Somatisch orientierte subjektive Krankheitstheorie  Dysfunktionale Muster der Schmerzbewältigung  Störungen der Beziehungsgestaltung  Häufige psychische Komorbidität (Depression, Ängste, PTBS)  Sozialer Rückzug und andere Probleme im sozialen Bereich  Krankheitsgewinn -> Zielkonflikte  Einsatzpunkte/Therapieziele 45 | 25.11.2024 Detektivarbeit…  Was ist TROTZ des Schmerzes möglich?  Was ist NEBEN dem Schmerz möglich?  Was ist MIT dem Schmerz möglich? 46 | 25.11.2024 Entwicklung eines angemessenen Aktivitätsniveaus: Pacing Pacing in der Praxis:  Eine Aktivität wird dann beendet, wenn aus angemessener Erschöpfung eine unangenehme Erschöpfung wird und nicht nur in Zusammenhang

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