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Asperger 1 WHO-Definition Asperger-Syndrom „Diese Störung von unsicherer nosologischer Validität ist durch dieselbe Form qualitativer Abweichungen der wechselseitigen sozialen Interaktionen, wie für den Autismus typisch, charakterisiert, zusammen mit einem eingeschränkten, stereotypen, sich wiederh...

Asperger 1 WHO-Definition Asperger-Syndrom „Diese Störung von unsicherer nosologischer Validität ist durch dieselbe Form qualitativer Abweichungen der wechselseitigen sozialen Interaktionen, wie für den Autismus typisch, charakterisiert, zusammen mit einem eingeschränkten, stereotypen, sich wiederholenden Repertoire von Interessen und Aktivitäten. Die Störung unterscheidet sich vom Autismus in erster Linie durch fehlende allgemeine Entwicklungsverzögerung bzw. den fehlenden Entwicklungsrückstand der Sprache und der kognitiven Entwicklung. Die Störung geht häufig mit einer auffallenden Ungeschicklichkeit einher. Die Abweichungen tendieren stark dazu, bis in die Adoleszenz und das Erwachsenenalter zu persistieren. Gelegentlich treten psychotische Episoden im frühen Erwachsenenleben auf.“ WHO 2012, ICD-10-GM-2012, F84.5 2 Merkmale „Das Krankheitsbild: ungewöhnlich, sonderbar, verschroben, verrückt.“ Faust, 2007, S. 5 ….das Asperger-Syndrom fällt in den Bereich der Autismus-Spektrums- Störungen bzw. der tief greifenden Entwicklungsstörungen (F84) gilt als eine Form des Autismus, bei der eine Diskrepanz zwischen den teilweise guten intellektuellen und sprachlichen Fertigkeiten und den schweren Beeinträchtigungen in der sozialen Interaktion besteht! EINORDNUNG Beim Asperger-Syndrom handelt es sich um eine tief greifende bis ins Erwachsenenalter hinein bestehende Entwicklungsstörung, bei der Probleme in der sozialen Interaktion, ähnlich wie beim Autismus, gemeinsam mit einer eingeschränkten, sich wiederholenden Palette von Interessen und Verhaltensweisen auftreten. oft wird eine auffallende Ungeschicklichkeit beschrieben im Gegensatz zu Autismus sind Personen mit dem Asperger-Syndrom nicht von Entwicklungsdefiziten der Sprache und der kognitiven Entwicklung betroffen EINORDNUNG im ICD-10 ist das Asperger-Syndrom als Unterkategorie der Entwicklungsstörungen aufgeführt (F 84.X) im DSM-5 hingegen als Teil der Autismus-Spektrum-Störung, neben frühkindlichem oder Kanner-Autismus und atypischem Autismus generell gibt es in der Forschung teilweise noch Uneinigkeit in den Diagnosekriterien, was auch die Bestimmung der Prävalenzrate erschwert jedoch gibt es eine ungefähre Rate, die besagt, dass circa 2 bis 4 Personen von 10.000 am Asperger-Syndrom erkranken EINORDNUNG Identifikation der Autismus-Spektrum-Störung ist durch die stetige Verbesserung der Diagnosemanuale in den letzten Jahren stark angestiegen Jungen werden öfter mit dem Asperger-Syndrom diagnostiziert auch das ICD-10 beschreibt ein überwiegendes Auftreten der tiefgreifenden Entwicklungsstörung bei Jungen Personen mit dem Asperger-Syndrom sind oftmals sozial isoliert: das liegt an ihrer teils seltsamen Ausdrucksweise (sprechen sehr förmlich, eigenartig im Rhythmus und haben oft Probleme, ihre Antworten zu formulieren) führen oft Monologe über ihr spezielles Interesse, unabhängig davon, ob dies auch auf Interesse im Gesprächspartner stößt EINORDNUNG hinzu kommt die eingeschränkte und sich wiederholende Palette an Verhaltensweisen: ▪ Unterteilung in stereotype motorische Bewegungen und in ritualisierte Verhaltensweisen und umschriebenen Interessen ▪ dieses Interesse wird sozialen Interaktionen übergestellt und ist oft sehr unterschiedlich zu den Interessen Gleichaltriger ▪ umschriebene Interessen und das Engagement daran steigert sich mit dem Alter, was als zusätzliche Belastung für Angehörige und dem Betroffenen selbst wahrgenommen werden kann 2 Merkmale Gestörte Unnatürliche Soziale Konkretisierung Interaktion Sprachliche Ritualisierte Auffälligkeite Handlungen n Ungewöhnliche Besonderheiten im und spezielle Spiel,- und Interessen Bewegungsverhalten EINORDNUNG Hauptursache für das Auftreten des Asperger-Syndroms ist der genetische Aspekt es gibt ein starkes Auftreten des Asperger-Syndroms bei Verwandten ersten Grades kaum Forschung, wie sich das Asperger-Syndrom mit steigendem Alter entwickelt Jedoch konnte man zeigen, dass sich bei Personen mit Autismus mit durchschnittlichem Intelligenzniveau die Symptomatik über die Zeit verbessert, jedoch Schwierigkeiten in Bezug auf Kommunikationsfähigkeiten, soziale Anpassung und Führung eines unabhängigen Lebens, bis ins Erwachsenenalter hinein bestehen bleiben KOMORBIDITÄTEN mit dem Syndrom gehen auch einige soziale, psychologische und medizinische Probleme einher: Kinder mit Asperger-Syndrom werden aufgrund ihrer teils exzentrischen Art oft von Gleichaltrigen geärgert und schikaniert Betroffene weisen vermehrt psychische Probleme, wie Depression und Angst auf medizinische Komplikationen, wie Krampfanfälle und Schlafprobleme sowie andere Entwicklungsstörungen, wie Tourette-Syndrom und die Aufmerksamkeitsdefizits- /Hyperaktivitätsstörung Diagnostische Kriterien (Remschmidt, 2008, S. 23) ICD-10 (WHO, 1993) Fehlen einer Sprachentwicklungsverzögerung oder einer Verzögerung der kognitiven Entwicklung. Gebrauch einzelner Worte im 2. Lebensjahr oder früher. Qualitative Beeinträchtigungen der gegenseitigen sozialen Interaktionen Ungewöhnliche und sehr ausgeprägte umschriebene Interessen und stereotype Verhaltensmuster Die Störung ist nicht einer anderen tiefgreifenden Entwicklungsstörung zuzuordnen. DIAGNOSTISCHE KRITERIEN Sowohl im DSM-V als auch im ICD-10 ist Asperger als Störungsbild definiert: in der DSM-V-Diagnostik (Code: 299.80) werden, genauso wie im ICD-10 (Code: F 84.5) folgende Kriterien abgefragt: qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion, die sich in mindestens zwei der folgenden Bereiche manifestieren: Beeinträchtigung im Gebrauch nonverbaler Verhaltensweisen wie zum Beispiel Blickkontakt, Gesichtsausdruck, Körperhaltung und Gestik zur Regulation sozialer Interaktionen Unfähigkeit, entwicklungsgemäße Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzubauen Mangel, spontan Freude, Interessen oder Erfolge mit anderen zu teilen Mangel an sozio-emotionaler Gegenseitigkeit DIAGNOSTISCHE KRITERIEN eingeschränkte repetitive oder stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten in mindestens einem der folgenden Bereiche: umfassende Beschäftigung mit einem oder mehreren stereotypen und begrenzten Interessen, wobei Inhalt und Intensität abnorm sind auffällig starres Festhalten an bestimmten, nicht-funktionalen, Gewohnheiten oder Ritualen stereotype und repetitive Manierismen ständige Beschäftigung mit Teilen von Objekten DIAGNOSTISCHE KRITERIEN Soziale oder berufliche Funktionsbereiche sind beeinträchtigt: Es gibt keinen klinisch bedeutsamen Sprachrückstand Es gibt keine Entwicklungsverzögerung (außer soziale Interaktion) Eine Schizophrenie oder eine andere tief greifende Entwicklungsstörung liegt nicht vor SYMPTOME die Fähigkeit zur sozialen Perspektivenübernahme ist bei Asperger-Patienten stark eingeschränkt Asperger-Patienten können das Verhalten anderer nicht vorhersagen = THEORY OF MIND und auch mentale Zustände anderer nur schwer erfassen TOM befähigt zu sozial angemessenem Verhalten und wirkt sich positiv auf die Kommunikation mit dem jeweiligen Gegenüber aus ermöglicht, eigenes und fremdes Verhalten und Erleben zu verstehen, zu beschreiben und vorherzusagen verschiedene Studien konnten zeigen, dass Kinder, die über eine hohe Ausprägung der TOM verfügen: ein besseres Konfliktverhalten zeigen, sich leichter in andere Rollen hineinversetzen können und bei der Bewertung verschiedener Dilemmata auf einem höheren moralischen Level argumentieren THEORY OF MIND abgesehen von der Bedeutung für zwischenmenschliche Interaktionen spielt die TOM auch für alltagspsychologische Vorstellungen eine fundamentale Rolle: z.B. können Schlüsse über die Beweggründe einer Person gezogen werden, sich in einer bestimmten Art und Weise zu verhalten es kann unterschieden werden zwischen: implizite Theory of Mind: umfasst primär unbewusste und intuitive Aspekte explizite Theory of Mind: setzt kognitive und sprachliche Handlungskompetenz voraus und befähigt uns zum Erkennen von Absichten, Gedanken, Wünschen und Gefühlen anderer in sozialen Interaktionen Film ab THEORY OF MIND Entwicklung der TOM: Babys mit ca. 1,5 Jahren: erkennen sich selbst im Spiegel (Versuch: Roten Punkt auf die Stirn geben und das Kind in den Spiegel schauen lassen, wischt das Kind bei sich selbst, ist diese Fähigkeit vorhanden) Erlernen Empathie für ihre Mitmenschen aufzubringen und die eigenen Emotionen und Wünsche von denen anderer Personen zu differenzieren verstehen zunehmend besser, dass das menschliche Verhalten von inneren Bedürfnissen und Zielen geleitet wird Kinder im Alter von 2 bis 3 Jahren: sind in der Lage, einfache mentale Zustände (Wünsche, Emotionen und Intentionen) zu deuten sie sind zu einer eingeschränkten Rollenübernahme fähig THEORY OF MIND Kinder mit etwa 4 Jahren: können zwischen ihrem eigenen mentalen Status und dem Status von anderen Menschen unterscheiden sie verstehen, dass jeder Mensch die Welt in einer anderen Art und Weise wahrnimmt und begreifen, dass sich das eigene Wissen von dem anderer unterscheiden kann sie wissen jetzt auch, dass sich mentale Repräsentationen der Realität verändern können und nicht immer richtig sein müssen damit verbunden ist die Fähigkeit, andere Personen absichtlich in die Irre zu führen, indem man bei ihnen absichtlich falsche Repräsentationen erzeugt diese Phase sich durch die folgenden Kompetenzen aus: das Verstehen falscher Überzeugungen (false beliefs), das Auseinanderhalten von Schein und Sein (appearance reality distinction) sowie die Fähigkeit zum repräsentationalen Wandel (representational change) diese drei Kompetenzen werden als Dimensionen der Theory of Mind bezeichnet THEORY OF MIND um vom Vorhandensein einer Theory of Mind sprechen zu können, müssen Kinder zudem mindestens sekundäre Repräsentationen bilden können: d.h., dass sie Emotionen nicht nur selbst erleben und bei anderen erkennen, sondern sie auch in Form von theoretischen Konzepten zum Teil ihrer Gedankengänge machen können magisches Denken verliert sich (z. B. „Ich weiß, dass Kuscheltiere Gefühle haben; sie können zwar nicht wachsen, aber dazulernen“ oder „Ein magischer Bus bringt meine Kuscheltiere jeden Tag in die Schule und wieder nach Hause“) spätestens im Grundschulalter gelingt den Kindern die soziale Perspektivenübernahme vollständig: sie sind nun auch fähig, sich vorzustellen, was ein anderer über einen Dritten oder über sich selbst denkt (z. B. „Der Vater will mit dem Kind baden gehen, weil das Kind sich darüber freut“) THEORY OF MIND Kinder ab etwa 10 Jahren können auch die Perspektive einer dritten Person einnehmen und daraus die Ansichten von zwei Personen vergleichen Kinder ab etwa 12 Jahren haben die Fähigkeit, noch einen Schritt weiter zu denken: z. B. „Ich denke, dass du denkst, dass ich denke…“. im Erwachsenenalter ist man im Normalfall dann fähig, verschiedene Perspektiven zu relativieren und zu erkennen, dass Beurteilungen von subjektiven Einstellungen mitbestimmt werden können ABLAUF DER DIAGNOSTIK 1. Durchführung eines langes Gespräches mit Eltern und ggf. Lehrerinnen/Lehrern, um das Verhalten des Kindes/Jugendlichen abzufragen 2. Beobachtung des Kindes über einen längeren Zeitraum: es werden soziale und emotionale Fertigkeiten durch einen Psychologen beobachtet und es wird mittels standardisierten Beobachtungsbögen analysiert, ob es dem Kind an Verständnis dafür fehlt, wie es mit anderen Kindern spielen kann, ob es den sozialen Kontakt vermeidet, wenn es die Möglichkeit hat, alleine zu sein oder ähnliches 3. Zusätzliche Durchführung einer Testdiagnostik (Entwicklungsdiagnostik, Intelligenzdiagnostik, Abprüfen der Theory of Mind) Prüfung einer qualitativen Beeinträchtigung der gegenseitigen sozialen Interaktion und Abfragung von Interessen und Verhaltensmuster DIAGNOSTIK Die SRS („Skala zur sozialen Reaktivität“) von Bölte und Poustka (2008): die eine dimensionale Diagnostik der Symptome ermöglicht und Soziale Bewusstheit/Soziale Kommunikation/Soziale Kognition/Soziale Motivation/Autistische Manierismen abfragt 65 Items, ab 4 Jahren, Dauer: 20 min DIAGNOSTIK Der FSK („Fragebogen zur sozialen Kommunikation“) von Bölte und Poustka (2005): der abnorme soziale Interaktions- und Kommunikationsmuster erfasst und auch Stereotypien abfragt 40 Items, ab 4 Jahren, Dauer: 20 min DIAGNOSTIK Die MBAS („Marburger Beurteilungsskala zum Asperger-Syndrom“) von Kamp- Becker et al. (2005): die ebenfalls Kommunikation und Interaktion über eine Fremdbeurteilung enthält 57 Items, ab 4 Jahren, Dauer: 20 min Das Diagnostische Interview für Autismus (ADI-R) von Bölte et al. (2006): das alle tiefgreifenden Entwicklungsstörungen abfragt 93 Items, ab 2 Jahren, Dauer: 25 min DIAGNOSTIK Verhaltensbeobachtung: die Diagnostische Beurteilungsskala für autistische Störungen (ADOS) von Lord et al. (2001): verschiedene Aufgaben, Aktivitäten und Interviewelemente schätzt Verhaltensweisen anhand von detaillierten Vorgaben ein Entwicklungsdiagnostische Abklärungen: die Diagnostischen Einschätzskalen (DES) von Barth, 2017 der ET 6–6 von Petermann & Macha, 2013 der Wiener Entwicklungstest von Kastner-Koller & Deimann, 2012 DIAGNOSTIK Bei kleineren Kindern gibt es einige Experimente, die durchgeführt werden können, um die Theory of Mind zu prüfen: ab dem 4. Lebensjahr: Vorhandensein von drei Dimensionen (Verstehen falscher Überzeugungen, Differenzieren zwischen Schein und Sein und Fähigkeit zum repräsentationalen Wandel) diese Ausprägung kann durch spezifische Fragen zur Fähigkeit zum Perspektivenwechsel erfasst werden (Bender & Beller, 2013; Bischof-Köhler, 2011; Förstl, 2012) Das 3-Berge Experiment DIAGNOSTIK Das 3-Berge-Experiment nach Piaget (1974): Einnahme von 3 Perspektiven Zur Verfügung stehen ein Modell mit drei Bergen sowie die dazugehörigen Fotos aus jeder Perspektive Kind wird an Position 1 gesetzt; es soll aus mehreren Fotos dasjenige aussuchen, das seine Perspektive darstellt; wenn man das Kind fragt, wie eine Person in Position 2 oder 3 die Berge sehen würde, wird es wahrscheinlich die Position 1 (eigene Perspektive) angeben; dies auch dann, wenn es zu den Positionen 2 und 3 geführt wird, um diese Perspektiven einmal selbst einzunehmen Kinder mit einer schwachen Theory of Mind oder Kinder, die unter 4 Jahre alt sind, werden mit hoher Wahrscheinlichkeit den Perspektivenwechsel nicht nachvollziehen können man kann das Modell zum Beispiel mit Knetmasse oder mit kinetischem Sand nachstellen und die Fotos für alle drei Perspektiven vorgeben Die Schkoladenfrage DIAGNOSTIK Das Schokoladenexperiment/Change of location task (CLT): mittels Puppenspiel wird die Geschichte von einem Jungen namens Maxi erzählt, der daheim auf die Ankunft seiner Mutter wartet. Als diese schließlich vom Einkauf zurückkehrt, hilft Maxi ihr beim Einräumen der Lebensmittel. Er legt u. a. eine Schokoladentafel in einen blauen Küchenschrank. Anschließend verlässt er das Haus, um draußen zu spielen. Währenddessen backt die Mutter einen Kuchen. Dazu verwendet sie einen Teil der Schokoladentafel. Den Rest der Tafel legt sie in einen grünen Küchenschrank. Danach verlässt die Mutter das Haus, um bei den Nachbarn nach Eiern zu fragen. In dieser Zeit kehrt Maxi zurück und geht mit dem Ziel in die Küche, ein Stück der leckeren Schokolade zu naschen. Die Geschichte endet an dieser Stelle und die Versuchsperson wird gefragt, in welchem Schrank Maxi nach der Schokolade suchen wird. DIAGNOSTIK Das Schokoladenexperiment/Change of location task (CLT): Wenn das befragte Kind trotz des Wissens darüber, dass die Schokolade sich nun im grünen Küchenschrank befindet, die richtige Antwort „im blauen Schrank“ gibt, scheint es zu verstehen, dass Maxi fälschlicherweise davon ausgeht, dass sich die Schokoladentafel noch an dem Ort befindet, wo er sie ursprünglich hingelegt hat. Nahezu alle 3-Jährigen antworten „im blauen Schrank“, während 40–80%der 4–5- Jährigen korrekt „im grünen“ antworten Kinder unter 4 Jahren können also noch nicht zwischen ihrem eigenen Wissen und dem von anderen unterscheiden und scheinen somit noch keine Theory of Mind zu haben. Geschichten  Man kann zum Beispiel erzählen von einem Kind, dass von einer Mauer fällt und von einem, das von der Mauer hinunter springt. Danach fragt man, welches Kind hinunter wollte…  Man kann auch von einem Kind erzählen, dass Karrussell fährt und einem das wartet und fragen, welches Karrussell fahren will… DIAGNOSTIK Soziale Fähigkeiten: der IDS-II von Grob und Hagman von Arx (2018): enthält eine Mappe zu Sozialkompetenzen, mit der einerseits das Emotionserkennen abgeprüft wird, andererseits das Verhalten in sozialen Situationen indem gefragt wird, „was soll das Kind am besten antworten“ (jemand braucht Hilfe, man soll sich entschuldigen,…) DIAGNOSTIK Theory of Mind-Fähigkeit: TOM (Schuhfried-Test) SON 5,5–17 von Snijders et al. (2005) K-ABC II von Kaufman und Kaufman (2015) TOM Bildgeschichten UNTERSTÜTZENDE MASSNAHMEN Theory of Mind-Programme sind z.B.: der FEFA („Frankfurter Test und Training des Erkennens von fazialem Affekt“) von Bölte et al. (2002) das Programm „Transporters“ (Golan et al., 2010): bei dem die Freude an gleichbleibenden Abläufen mit einem Emotionserkennungsprogramm verbunden wird Social Stories (Greenway, 2000): bei den konstruierte soziale Geschichten trainiert werden DIAGNOSTIK DIAGNOSTIK Der Smarties–Test/Deceptive container task (DCT): den Kindern wirdv eine typische Schachtel Smarties gezeigt wenn sie daraufhin gefragt werden, was sich in der Schachtel befindet, antworten sie „Smarties“ oder „Süßigkeiten“ dann wird die Schachtel vor ihren Augen geöffnet und die Kinder sehen zu ihrer Überraschung einen Bleistift anstelle der erwarteten Süßigkeiten; nach genauer Betrachtung des Inhaltes wird die Schachtelwieder geschlossen hiermit wird die Theory of Mind-Dimension false belief (falsche Überzeugung), ähnlich wie bereits beim change of location task mit der Frage geprüft, was andere Personen, die nicht in die Schachtel schauen konnten, über deren Inhalt sagen würden geben Kinder noch im Grundschulalter an, dass eine andere Person glauben würde, dass ein Bleistift in der Schachtel sei, ist die Theory of Mind unterdurchschnittlich entwickelt Das Smarties-Experiment DIAGNOSTIK Fotoversuch: wenn das räumliche Denken noch nicht so ausgebildet oder beeinträchtigt ist, kann überprüft werden, ob das Kind bereits die Fähigkeit der Perspektivenübernahme erworben hat: Das Kind bekommt ein Foto auf den Tisch gelegt, das es gut anschauen kann,während gegenüber eine andere Person sitzt. Geprüft wird: Ist es schon in der Lage zu erfassen, dass sein/ihr Gegenüber das Bild auf dem Kopf herum sieht? Zu erwarten ist diese Fähigkeit ab einem Alter von ca. 4 Jahren DIAGNOSTIK Bilder: möglich ist es auch, den Kindern Bilder zu zeigen, auf denen beispielsweise ein Kind auf einem Karussell sitzt und eines zum Karussell hinläuft man fragt das Kind, welches der Kinder Karussell fahren will und welches Kind Karussell fährt (Verständnis der Absicht prüfen) wenn Kinder antworten, dass nur das Kind, das die Handlung bereits ausführt, auch die Absicht dazu hat, dann ist die Theory of Mind noch nicht vollständig entwickelt DIAGNOSTIK Das rekursive Denken: unterschieden wird in diesem Stadium zwischen dem 1-Loop-Denken (z. B. „Max glaubt, dass Eva denkt…“) und dem 2-Loop-Denken (z. B. „Elke denkt, dass Peter von Maria denkt, sie würde an ihn denken“). ist zum Beispiel wichtig, um Spielstrategien zu durchschauen Am Beispiel eines Ratespiels mit UNO-Karten (immer 4 Kinder spielen gemeinsam) kann dies veranschaulicht werden: es geht darum, eine Treppe zu erklimmen; gewonnen hat, wer zuerst 20 Schritte gegangen ist; man kann die Eins, die Drei oder die Fünf wählen; ist man die einzige Person, die diese Zahl (1, 3 oder 5) wählt, darf man die den Punkten entsprechende Zahl auf der Treppe gehen DIAGNOSTIK Das rekursive Denken: Zu erwarten ist bei einem normalen Entwicklungsverlauf Folgendes: 6-jährige machen keine Vorhersage 7–10-jährige denken, dass der/die andere die 5 wählen wird, weil er/sie möglichst weit gehen will, ein Motiv wird unterstellt 11-jährige gehen davon aus, dass der/die andere die 3 wählen wird, weil er/sie sich denkt, dass er/sie ihn nicht gewinnen lassen will und deshalb den höheren Wert nehmen wird (bei 2 gleichen Werten darf die Figur nicht ziehen) 12-jährige gehen davon aus, dass der/die andere sich denkt, dass der/die die 3 wählen wird, weil er/sie sich denkt, dass er/sie ihn nicht gewinnen lassen will und wählt die 5 DIAGNOSTIK zusätzlich zur spezifischen Diagnostik sollte ein Intelligenztest (idealerweise sprachfrei) durchgeführt werden Hör- und Sehprüfungen sowie bildgebende Verfahren werden empfohlen; diese werden von anderen Institutionen durchgeführt MUSTERBEISPIEL DIAGNOSTIK MUSTERBEISPIEL DIAGNOSTIK EMPFEHLUNGEN Empfehlungen: eine Integrationsfachkraft für 20 h in der Grundschule wird dringend empfohlen Ergotherapie (20 h) wird dringend empfohlen Zusätzlich: THEORY OF MINDTASS-Programm TEACCH-Programm Social Stories (Grundschulalter, in den THEORY OF MINDTASS enthalten) FauxPass Geschichten (Grundschulalter UNTERSTÜTZENDE MASSNAHMEN Fördermaßnahmen zielen darauf ab: soziale Fähigkeiten zu entwickeln Problemlösestrategien zu fördern eingeschränkte und sich wiederholende Verhaltensmuster zu reduzieren und eine effektivere Kommunikation zu erlernen Social Stories: zeitintensiv, kann aber eine wirkungsvolle Ergänzung zur Verhaltenstherapie sein Situationen und mögliches Verhalten für die konkrete Geschichte werden aufgezeigt, das Kind wirkt bei den Geschichten (im Rahmen eines Rollenspiels) mit und identifiziert sich mit den Figuren zudem versuchen die PsychologInnen, räumliche Strukturen für das Kind zu schaffen, die zeitliche Strukturierung voranzutreiben und eine Struktur in der Beschäftigung vorzugeben („Wenn-Dann-Regeln“/„Fertig-Kiste“) UNTERSTÜTZENDE MASSNAHMEN verhaltenstherapeutisches Programm TEACCH-Programm („Treatment and Education of Autistic and related Communication-handicapped Children”): baut auf Bandura auf arbeitet mit Visualisierung und Strukturierung (räumliche Strukturierung, zeitliche Strukturierung, Aufgabenstrukturierung, Routinen) in der Frühförderung wird zudem die ABA („Applied Behaviour Analysis“) verwendet: belohnt gutes Verhalten mit operanter Konditionierung UNTERSTÜTZENDE MASSNAHMEN Das TOMTASS (Paschke-Müller et al., 2017): enthält Therapiemodule, Spielvorschläge und Geschichten, mit denen an der Theory of Mind (auch Freundschaften schließen…) und auch an der Stressverarbeitung Entspannung und Sprache gearbeitet werden kann (unter anderem „False-Belief-Aufgaben“, Comics, Bildkarten…) UNTERSTÜTZENDE MASSNAHMEN Gruppenverfahren: die unter anderem ein soziales Kompetenztraining zum Inhalt haben (SOKO-Autismus von Häußler et al. 2008; KONTAKT von Herbrecht et al., 2008; KOMPASS von Jenny et al., 2019) medikamentösen Behandlung: oft mit Methylphenidat-Präparaten, fallweise auch mit Aripiprazol oder Risperidon bei Stereotypien unstandardisierte Verfahren: wie zum Beispiel Faux-Pass-Geschichten UNTERSTÜTZENDE MASSNAHMEN mögliche Faux-Pas-Geschichte: Luis und Laurin spazieren gemeinsam von der Schule nach Hause. Luis erzählt von seinen Nachmittagsplänen, er ist nämlich bei Mias Geburtstagsfeier eingeladen. Er freut sich schon sehr darauf und berichtet Laurin von dem Bild, welches er für Mia gezeichnet hat. Es ist ein Bild mit einem Hund, Mias Lieblingstier. Laurin möchte das Bild gerne sehen und Luis zeigt es ihm stolz. Plötzlich hören beide ein Rufen und drehen sich um – sie sehen Mia daher laufen. Schnell packt Luis die Zeichnung wieder ein und bittet Laurin nichts zu verraten. Luis ist als erstes Zuhause angekommen und verabschiedet sich. Als Mia und Laurin allein sind, verrät Laurin Mia, dass Luis ein Geburtstagsbild mit einem Hund für sie gezeichnet hat. Als Luis später am Nachmittag zur Geburtstagsfeier erscheint, ruft Mia sofort als sie ihn erblickt: „Ich bin schon so gespannt wie der Hund aussieht, den du mir gezeichnet hast!“ UNTERSTÜTZENDE MASSNAHMEN Faux-Pas-Geschicht: Mögliche Fragen wären: Sagte irgendjemand etwas, das er oder sie nicht hätte sagen sollen? Wenn ja, Wer sagte etwas, das er oder sie nicht hätte sagen sollen? Warum hätte er oder sie dies nicht sagen sollen? Warum denkst du, hat er oder sie das gesagt? Wie hat sich Luis gefühlt? UNTERSTÜTZENDE MASSNAHMEN Auch Bilder dienen zum Üben: z. B. gibt es in Bild, bei dem die Eltern im Hintergrund streiten und ein Kind sitzt vorne im Bild mit seinem Teddy und ist traurig, man fragt dann, warum das Kind traurig sein könnte. Antworten wie „weil der Teddy kaputt ist“ kommen bei Kindern und Jugendlichen mit Asperger häufig) Einsatz von Emotionskärtchen oder das Buch „Ein Dino zeigt Gefühle“ (Löffel & Manske, 2018) Eltern und Lehrer können über Geschichten sprechen: Man kann bei den Diskussionen immer wieder Fragen einbauen: „Wie geht es dem Mädchen?“ oder „Was denkt der Bub und warum?“ man kann die oben angeführten Experimente durchführen, die Kinder im Grundschulalter bereits meistern sollten und im Falle von Verständnis- Problemen die richtigen Lösungen genau erklären und diese mit den Kindern besprechen Emotionskarten Emotionen Dino Karten Colines Welt Rekursives Denken UNTERSTÜTZENDE MASSNAHMEN Förderung (Gruppensetting) des rekursiven Denkens und der Theory of Mind: das Spiel Inkognito (Randolph & Colovini, 1988) erhältlich als Brettspiel (3 oder 4 Personen) und Kartenspiel (bis zu 5 Personen) in diesem Spiel geht es darum, durch geschicktes Agieren den Spielpartner/die Spielpartnerin zu finden und gleichzeitig die Gegner zu verwirren danach muss eine gemeinsame Mission ausgeführt werden sowohl bei der Partnersuche als auch beim Ausführen der Mission sind Kinder mit einer guten Theory of Mind klar im Vorteil durch das Spielen verbessert sich die Fähigkeit schnell (ausgenommen, es liegt eine psychische Erkrankung vor) das Kartenspiel ist in den Regeln und der Spielzeit einfacher und schneller und erfordert deutlich weniger Theory of Mind-Kompetenzen als das Brettspiel  Zudem ist es wichtig, räumliche Strukturen für das Kind zu schaffen, die zeitliche Strukturierung voranzutreiben und eine Struktur in der Beschäftigung vorzugeben („Wenn-Dann-Regeln“/ „Fertig-Kiste“).

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