AIB1_Grundlagen_PsychInfo_5 PDF
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Hochschule Heilbronn
Alex Reichenbach
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These are lecture notes from a course on the psychology of information technology. The notes cover topics such as learning, classical and operant conditioning, and their applications.
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Grundlagen von Psychologie in der Informatik 5 Lernen Prof. Dr. rer. nat. Alex Reichenbach Thema der Vorlesung Lernen Klassische Konditionierung Operante Konditionierung Lernziel Die grundlegenden Arten des Lernens kennen Psychologische Lernprinzipien anwenden können Info...
Grundlagen von Psychologie in der Informatik 5 Lernen Prof. Dr. rer. nat. Alex Reichenbach Thema der Vorlesung Lernen Klassische Konditionierung Operante Konditionierung Lernziel Die grundlegenden Arten des Lernens kennen Psychologische Lernprinzipien anwenden können Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 2 Was ist Lernen? Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 3 Was ist Lernen? Definition Lernen ist ein Prozess, der in einer relativ konsistenten Änderung des Verhaltens oder des Verhaltenspotentials resultiert und auf Erfahrung basiert. Veränderung im Verhalten oder Verhaltenspotential Relativ nachhaltige Veränderung Erfahrungsbasierter Prozess Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 4 Was ist Lernen? Veränderung im Verhalten oder Verhaltenspotential Lernen kann sich in der „Leistung“ zeigen direkte Änderung des Verhaltens zB Auto fahren Tennis spielen „Haare aufstellen“ bei bedrohlicher Musik Wissensabruf in einer Prüfung etc Lernen kann aber auch indirektere Auswirkungen haben Änderung des Verhaltenspotentials zB Verständnis einer Lebensphilosophie Wertschätzung bestimmter Dinge Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 5 Was ist Lernen? Relativ nachhaltige Veränderung „Fahrradfahren verlernt man nicht“ Gelernte (motorische) Fertigkeiten können uU wieder auf das Ausgangsniveau zurückkehren – ABER: leichteres Wieder-Lernen Verständnis für mathematischen / naturwissenschaftlichen /... Sachverhalt / Methodik /... entwickeln „Binge Learning“ vor einer Prüfung Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 6 Was ist Lernen? Erfahrungsbasierter Prozess Erfahrung Informationen aufnehmen + bewerten + transformieren + Reaktionen zeigen Lernen Änderung der Reaktionen Kann in Wechselwirkung mit physischen Reifungsprozessen stehen, zB während der Entwicklung (Spracherwerb etc) Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 7 Was ist Lernen? Habituation Habituation ist eine einfache Form des Lernens: Gewöhnung. Definition: Nachlassen einer Verhaltensreaktion bei Wiederholung des Stimulus. Beispiel Erschreckensreaktion bei den ersten Böllern an Silvester. Nach mehreren Böllern erschrecken Sie nicht mehr (Verhaltensänderung), da die Böller keine Gefahr darstellen (Erfahrung während der ersten Böller). Sie erschrecken wahrscheinlich die ganze Nacht nicht mehr (Nachhaltigkeit). Aber: Nächstes Silvester werden Sie die ersten paar Böller wieder erschrecken (keine permanente Änderung) Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 8 Lernen und Behaviorismus Sehen das Hauptziel der Psychologie als „die Vorhersage und Kontrolle des Verhaltens“ (Watson, 1913). Gegenentwurf zur „Introspektion“ (Wundt, Freud) Anfang bis Mitte des 20. Jhd vorherrschende psychologische Richtung, die viele grundlegende Lernprinzipien formulierte und experimentell untersuchte. Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 9 Klassische Konditionierung Pawlow und seine Hunde Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 10 Klassische Konditionierung unkonditionierter unkonditionierte Stimulus Reaktion Reflex (unconditioned (unconditioned stimulus, UCS) reaction, UCR) neutraler Stimulus keine/irrelevante (neutral Reaktion stimulus, NS) konditionierter Stimulus UCS UCR (conditioned stimulus, CS) konditionierter konditionierte Stimulus Reaktion (conditioned (conditioned stimulus, CS) reaction, CR) Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 11 Diskussion Was bringt dem Körper die klassische Konditionierung? Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 12 Klassische Konditionierung Erwerb, Löschung und Spontanremission mehrfaches systematische Paaren von konditioniertem und unkonditioniertem Stimulus nötig für den Erwerb mehrfache Präsentation des unkonditionierten Stimulus nötig für Löschung (Extinktion) Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 13 Klassische Konditionierung Zeitliche Varianten in der klassischen Konditionierung Optimales Zeitfenster bei verzögerter Konditionierung: Abhängig von der Reaktion zB muskuläre Reaktionen wie Lidschluß: ca. 1 Sekunde viszerale Reaktionen wie Speichelfluß oder Pulsschlag: ca. 5-15 Sekunden Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 14 Klassische Konditionierung Reizgeneralisierung Wie variabel darf der konditionierte Stimulus sein, um noch einen konditionierten Reiz auszulösen? Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 15 Klassische Konditionierung Reizgeneralisierung Flacher Steiler Stimulus- Generalisierungs- Generalisierungs- diskrimination gradient gradient erlernbar stark stark stark konditionierte Reaktion konditionierte Reaktion konditionierte Reaktion schwach schwach schwach CS CS CS (Stimulus- (Stimulus- (Stimulus- dimension) dimension) dimension) Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 16 Klassische Konditionierung Kontingenz Ist die zeitliche Paarung ausreichend, um eine konditionierte Reaktion auszulösen? Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 17 Klassische Konditionierung Kontingenz ctd Experimentalgruppen Der Stimulus muß den UCS zuverlässig voraussagen, um zum CS zu werden. Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 18 Klassische Konditionierung Ein Reiz muß zudem informativ sein, um als CS zu dienen. konditionierte Reaktion + ? Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 19 Klassische Konditionierung Anwendungen Wo begegnet Ihnen klassische Konditionierung im Alltag? Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 20 Klassische Konditionierung Anwendungen Emotionen und Vorlieben Würden Sie Bonbons essen, die die Form eines Hundehaufen haben? Würden Sie Limonade aus einem Behälter trinken, von dem Sie wissen, dass er fälscherlicherweise mit „Gift“ beschriftet ist? Würden Sie Saft trinken, in den eine sterile Kakerlake eingetaucht wurde? die Reaktion des Ekels gewinnt über das Wissen Furchtkonditionierung Teilweise reicht eine einzige Paarung! Verhaltenstherapie: Gegenkonditionierung Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 21 Klassische Konditionierung Anwendungen Verhaltenstherapie: Gegenkonditionierung Systematische Desensibilisierung: Aufbau einer Angst-Hierarchie Lernen einer Entspannungstechnik Stufenweise Aussetzen der Angstsituation mit begleitender Anleitung zum Entspannen Nächste Stufe sobald Entspannung Flooding direktes Aussetzen der angstauslösenden Situation – „ins kalte Wasser schmeißen“ Einsatz von VR in der Gegenkonditionierung, zB bei Höhenangst Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 22 Klassische Konditionierung Anwendungen Einsatz von Virtual Reality in der Verhaltenstherapie Krijn et al (2004) Virtual reality exposure therapy of anxiety disorders: A review. Clin Psych Rev Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 23 Klassische Konditionierung Anwendungen Werbung Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 24 Operante Konditionierung Das Gesetz des Effekts Entkommen aus der Box durch „Versuch und Irrtum“ Erfolgreiche Aktionen wurden häufiger ausgeführt, nicht erfolgreiche seltener allmähliches Lernen von Verhalten und Konsequenzen: Gesetz des Effekts Thorndike (1898) Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 25 Operante Konditionierung Experimentelle Verhaltensanalyse Skinner entwickelte aus Thorndikes ersten Beobachtungen ein Forschungsprogramm: Untersuchung der Auftretenswahrscheinlichkeit von Reaktionen durch systematische Variation der Reizbedingungen, dh der Umgebung. Manipulation der Konsequenzen des Verhaltens zur Abschätzung des Effekts der Konsequenzen auf das Folgeverhalten. Operantes Verhalten wird nicht durch einen Reiz ausgelöst, sondern besteht im natürlichen Verhaltensrepertoire eines Wesens, zB Tauben picken Ratten suchen Futter Babys lächeln Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 26 Operante Konditionierung experimentelle Untersuchung Auf Hebeldruck folgt eine Belohnung (Futter-Pellet) ... wenn das Tier das gewünschte Verhalten zuvor gezeigt hat zB 1x im Kreis laufen Die Belohnung muß ausschließlich kontingent zu der gewünschten Verhaltensweise sein. Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 27 Operante Konditionierung Verstärker Was dient bei der operanten Konditionierung als „Belohnung“? Reize werden inter-individuell wahrgenommen als Angenehm - verstärkend Neutral Aversiv - bestrafend Bsp: Primäre Verstärker (klassisch) konditionierte Verstärker Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 28 Operante Konditionierung Verstärkung Verstärkung: Erhöhung der Wahrscheinlichkeit eines Verhaltens Positive Verstärkung Hinzufügen eines angenehmen Reizes zur Verstärkung des Verhaltens Negative Verstärkung Wegfall eines aversiven Reizes zur Verstärkung des Verhaltens Analog zur klassischen Konditionierung tritt Extinktion ein, wenn die Verstärkung längere Zeit ausbleibt. Genauso triff aber auch Spontanremission ein das gelernte Verhalten tritt ggf nach einer Weile wieder auf. Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 29 Operante Konditionierung Bestrafung Bestrafung: Erniedrigung der Wahrscheinlichkeit eines Verhaltens Bestrafung 1. Grades Hinzufügen eines aversiven Reizes zur Abschwächung des Verhaltens Bestrafung 2. Grades Wegfall eines angenehmen Reizes zur Abschwächung des Verhaltens Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 30 Operante Konditionierung Kontingenzen bei der Verstärkung Zusammenfassung... durch... durch hinzufügen entfernen Erhöhung der positive negative Wahrscheinlichkeit Verstärkung Verstärkung des Verhaltens Erniedrigung der Bestrafung 1. Bestrafung 2. Wahrscheinlichkeit Grades Grades des Verhaltens Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 31 Operante Konditionierung Kontingenzen bei der Verstärkung Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 32 Operante Konditionierung Kontingenzen bei der Verstärkung ctd Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 33 Operante Konditionierung Nutzung von Kontingenzen Wie kann man das Verhalten definieren, das man verstärken oder löschen will? Verstärker sollten ausschließlich zum gewünschten Zielverhalten kontingent sein Wie kann man den Kontext definieren, in dem ein Verhalten angemessen oder unangemessen ist? Wie weit generalisiert das Verhalten? Haben Sie schon einmal unbeabsichtigt eine Verhaltensweise verstärkt? Verstärkung von Quengelverhalten, gelernte Hilflosigkeit Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 34 Operante Konditionierung Wie kann man einer „Übersättigung“ mit positiven Verstärkern entgegenwirken? vorherige Deprivation eines eher neutralen Reizes Theorie des Reaktionsentzugs: ein Reiz / eine Verhaltensweise die jemandem entzogen wird, wird begehrenswerter. Konditionierung sekundärer Verstärker Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 35 Operante Konditionierung Partielle Verstärkung Verstärkung jedes x-ten Verhaltens Konsequenz lösch-resistenteres Verhalten verschiedene Verstärkerpläne Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 36 Operante Konditionierung Verstärkerpläne Quotenpläne Der Verstärker wird nach einer bestimmten Anzahl n von Verhaltensweisen gegeben Fix: jedes n-te Verhalten wird belohnt Variabel: im Durchschnitt wird jedes n-te Verhalten belohnt höchste Reaktionsrate & größter Löschungswiderstand Intervallpläne Der Verstärker wird nach einem bestimmten Zeitintervall t gegeben Fix: alle t Sekunden wird eine Belohnung gegeben Variabel: im Durchschnitt wird alle t Sekunden eine Belohnung gegeben mäßiger aber stetig Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 37 Operante Konditionierung Shaping Schrittweises Hinführen zu einem gewünschten Verhalten durch Verstärkung natürlicher Verhaltensweisen, die in Richtung des gewünschten Verhaltens gehen. Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 38 Operante Konditionierung Anwendungen Erziehung jeglicher Art Sozialisation Verhalten in sozialen Beziehungen Abergläubisches Verhalten Verhaltenstherapie Bonus Systeme in Firmen Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 39 Physiologische Grundlagen des Lernens Neurone Aplysia Häufige gemeinsame Aktivierung Verstärkung der Verbindungen Synapse Anzahl von ausgeschütteten Neurotransmittern und Anzahl Rezeptoren steigen. Hebb‘sche Regel Eric Kandel „fire together, wire together“ Erforschung der neuronalen Schaltkreise für Lernen. Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 40 Zusammenfassung Lernen ist ein erfahrungsbasiert Prozess, der in einer relativ konsistenten Änderung des Verhaltens oder des Verhaltenspotentials resultiert. Bei der Habituation läßt eine (reflexive) Verhaltensreaktion bei Wiederholung des Stimulus nach. Bei der klassischen Konditionierung werden vorhersagbare Signale gelernt und diese mit der (reflexiven) Reaktion auf den Ursprungsreiz verbunden. Bei der operanten Konditionierung werden Verhaltensweisen durch Verstärkung gestärkt und durch Bestrafung abgeschwächt. Durch Shaping lassen sich sukzessive komplexe Verhalten erwerben. Informatik, AIB, Grundlagen PsychInfo, A. Reichenbach, Veranstaltung 5 Seite 41