Mathematik Lernskript PDF

Summary

Dieses Lernskript, herausgegeben von der IU Internationale Hochschule GmbH, behandelt fortgeschrittene mathematische Themen wie Analysis, Vektoralgebra, Integraltransformationen und Vektoranalysis. Es ist speziell für das Studium von Mathematik konzipiert. Das Skript vermittelt die Grundlagen und Konzepte, die für ein vertieftes Verständnis von Mathematik unerlässlich sind.

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WEITERFÜHRENDE MATHEMATIK DLMDWWM01 WEITERFÜHRENDE MATHEMATIK IMPRESSUM Herausgeber: IU Internationale Hochschule GmbH IU International University of Applied Sciences Juri-Gagarin-Ring 152 D-99084 Erfurt Postanschriv: Albert-Proeller-Straße 15-19 D-86675 Buch...

WEITERFÜHRENDE MATHEMATIK DLMDWWM01 WEITERFÜHRENDE MATHEMATIK IMPRESSUM Herausgeber: IU Internationale Hochschule GmbH IU International University of Applied Sciences Juri-Gagarin-Ring 152 D-99084 Erfurt Postanschriv: Albert-Proeller-Straße 15-19 D-86675 Buchdorf [email protected] www.iu.de DLMDWWM01 Versionsnr.: 001-2024-0702 Lothar Sebastian Krapp © 2024 IU Internationale Hochschule GmbH Dieses Lernskript ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Dieses Lernskript darf in jeglicher Form ohne vorherige schrivliche Genehmigung der IU Internationale Hochschule GmbH (im Folgenden 0 eine natürliche Zahl und a eine reelle Konstante ist. 17 Abbildung 2: f x = x Quelle: Shiela Miller 2020. d n d ax x = nxn − 1 dx e = aeax dx d d 1 d sin ax = acos ax dx ln ax = dx ln a + ln x = x dx d d a cos ax = − asin ax dx tan ax = dx cos2 ax Ableitungen höherer Ordnung Ableitungen sind selbst Funktionen, daher können wir ihre Änderungsraten betrachten. Wir nennen Ableitungen von Ableitungen einer Funktion f Ableitungen höherer Ordnung von f. Diese werden unter Verwendung der Definition der Ableitung auf die gleiche Weise berechnet. Für die zweite Ableitung verwenden wir Definition 1.2, ersetzen aber die Funk- tion f(x) durch die erste Ableitung fʹ(x) wie folgt: df′ x f′ x + Δx − f′ x f″ x ≡ dx ≡ lim Δx , (1.3) Δx 0 wobei wiederum fʹʹ genau dann definiert ist, falls (nicht: wenn) der obige Grenzwert exis- tiert. Allgemeiner können wir die n-te Ableitung von f(x) wie folgt definieren: n−1 n−1 n−1 n df x f x + Δx − f x f x ≡ dx ≡ lim Δx , (1.4) Δx 0 18 wann immer der Grenzwert existiert. Stationäre Punkte Betrachtet man erneut Abbildung 2, so stellt man fest, dass der Punkt (0, 0) eine Beson- derheit hat; der Wert der Funktion ist beiderseits der Stelle x = 0 größer als bei x = 0. Dies bedeutet, dass f bei x = 0 ein lokales Minimum annimmt. Grafisch betrachtet ist die Tangente am Graphen von f an diesem Punkt also waagerecht – sie hat eine Steigung von Null. Anders formuliert: Die Steigung der Tangente an f bei x = 0 ist gleich Null, d. h. fʹ(0), der Wert der Ableitung an diesem Punkt, ist gleich Null. Solche Punkte – also Punkte, an denen die Ableitung gleich Null ist – werden als stationäre Punkte bezeichnet. Nach der Untersuchung einiger Beispiele werden wir sehen, dass fʹ häufig, aber nicht zwangsläufig bei einem lokalen Minimum gleich Null ist. Die andere, in der obigen Abbildung dargestellte Möglichkeit besteht darin, dass die Ableitung, also die Steigung der Tangente, an den lokalen Extremstellen undefiniert ist. So hat z. B. die Betragsfunktion f(x) = |x| in (0, 0) einen kritischen Punkt, d. h. einen Punkt, in dem die Ableitung gleich Null ist oder nicht existiert, aber es ist kein stationärer Punkt. Man muss also beachten, dass es drei verschiedene Arten stationärer Punkte gibt: Die Funktion f hat ein Maximum an einem stationären Punkt bei x = a, wenn fʹ(a) = 0 und fʹʹ(a) < 0, die Funktion f hat ein Minimum an einem stationären Punkt bei x = a, wenn fʹ(a) = 0 und fʹʹ(a) > 0 und ein stationärer Punkt bei wird als Sattelpunkt bezeichnet, wenn fʹ(a) = 0 gilt und fʹʹ an diesem Punkt das Vorzeichen wechselt. Man bemerke, dass ein Maximum oder Minimum, das auf diese Weise ermittelt wurde, nicht zwingend das globale Maximum bzw. Minimum der Funktion sein muss. Es ist ledig- lich ein lokales Extremum am stationären Punkt. Ableitungsregeln Ableitungen von Funktionen mit einer Konstanten Einige Funktionen bestehen aus einem konstanten und einem variablen Teil, z. B. f(x) = a · g(x), wobei a eine beliebige Konstante und g(x) eine von x abhängige Funktion ist. Die Ableitung ist durch: d d dx f x = f′ x = a dx g x = ag′ x gegeben. 19 Ableitungen von Produkten Der vorige Abschnitt enthielt Ableitungsregeln für einige Funktionen einfacher Form. In vielen Fällen sind wir jedoch auch an den Änderungsraten von Funktionen interessiert, die komplexer aufgebaut sind. Als erstes Beispiel wird untersucht, wie Funktionen abgeleitet werden können, die als Pro- dukte zweier anderer Funktionen geschrieben werden, also Funktionen der Form f x = u x · v x. Die Idee hierbei ist die folgende: Wenn wir wissen, wie u und v abgelei- tet werden, und eine Regel für die Ableitung von Produkten kennen, müssen wir nicht mehr die Definition der Ableitung verwenden, um die Ableitung von f zu finden. So könn- ten wir beispielsweise erneut f(x) = x2 betrachten, wobei wir es als Produkt f(x) = x · x schreiben. Ein anderes, etwas komplizierteres Beispiel ist g(x) = x2 · sin(x), was sich in g x = u x · v x zerlegen lässt, wobei u(x) = x2 und v(x) = sin(x). Eine solche Zerle- gung ist jedoch nicht eindeutig, da wir alle Funktionen u und v wählen könnten, deren Produkt x2 · sin(x) ist. Die Idee hinter der Zerlegung der ursprünglichen Funktion f(x) in zwei Funktionen u und v besteht also darin, u und v so zu wählen, dass sie leichter abzu- leiten sind als f. Sobald wir dann über eine allgemeine Methode zur Berechnung der Ablei- tung eines Produktes verfügen, können wir diese Methode auf f anwenden, um die Ablei- tung einfacher zu berechnen als mit der Definition und Gleichung 1.2. Diese allgemeine Methode, die als Produktregel bezeichnet wird, ergibt sich wie folgt aus der Definition (siehe Gleichung 1.2). Zunächst vereinfachen wir die Di昀昀erenz f(x + Δx) – f(x): f x + Δx − f x = u x + Δx · v x + Δx − u x · v x = u x + Δx v x + Δx − v x + v x u x + Δx − u x In diesem Schritt haben wir v(x)u(x+Δx) addiert und wieder subtrahiert, um den Aus- druck anschließend zu faktorisieren. Wenn wir das Ergebnis unserer Vereinfachung in die Definition der Ableitung einsetzen, erhalten wir als Ergebnis: df x f x + Δx − f x dx = lim Δx Δx 0 v x + Δx − v x u x + Δx − u x = lim u x + Δx Δx +v x Δx Δx 0 Läuv Δx gegen Null, so läuv u(x + Δx) gegen u(x). Damit werden die Ausdrücke in den eckigen Klammern zu den Ableitungen der Funktionen u bzw. v. Die Formel für die Ablei- tung eines Produktes von Funktionen, die sogenannte Produktregel, ist also df x d dv x du x f′ x ≡ dx ≡ dx u x v x =u x dx +v x dx (1.5) In Kurzschreibweise lautet die Produktregel also: f′ = uv′ + vu′ 20 Bei wiederholter Anwendung dieser Regel kann die Ableitung von Produkten mit drei oder mehr di昀昀erenzierbaren Funktionen wie folgt ermittelt werden. Für f(x) = u(x)v(x)w(x) e rhalte n wir: df d d f′ = dx = u dx vw + vw dx u dw dv du = uv dx + uw dx + vw dx In Kurzschre ibwe ise e rhalte n wir also: f′ = uvw′ + uwv′ + vwu′ BEISPIEL Finden Sie die Ableitung von f(x) = x2 sin(x). Unter Verwendung von Definition 1.5 mit u(x) = x2und v(x) = sin(x) erhalten wir: d 2 d d 2 dx x sin x = x2 dx sin x + sin x dx x = x2cos x + 2xsin x Die Kettenregel Viele Funktionen können als Kompositionen von Funktionen geschrieben werden, nämlich als Funktionen, in die selbst Funktionen eingesetzt werden. Beispielsweise kann f(x) = (x – 1)2 als f(x) = u2(x) geschrieben werden, wobei u(x) = x – 1. Wir schreiben dies als f(u(x)). Der Grundgedanke der Kettenregel besteht darin, dass wir die äußere Funktion f in Bezug auf die innere Funktion u di昀昀erenzieren, um fʹ(u) zu erhalten, wobei wir die innere Funk- tion unverändert lassen. Anschließend di昀昀erenzieren wir die innere Funktion u bezüglich x, um uʹ(x) zu erhalten, und multiplizieren die beiden Ergebnisse miteinander: df df du dx = du · dx (1.6) Dies wird als Kettenregel bezeichnet, weil wir die Ableitungen miteinander „verketten0 Quelle: Shiela Miller 2020. Der erste Schritt zur Berechnung dieses Integrals bzw. zur Bestimmung, ob die- ser Grenzwert existiert, besteht darin, das Intervall [0, b] in n Teilintervalle ein- heitlicher Breite w zu unterteilen. Als nächstes werten wir die Funktion f(x) = x2 am linken Endpunkt jedes Teilintervalls aus, um die Höhe jedes Rechtecks zu bestimmen. Wir hätten auch den Wert am rechten Endpunkt oder einen beliebi- gen Wert in der Mitte nehmen können – der Grenzwert hängt nicht von dieser Wahl ab. Die Fläche des i-ten Rechtecks ist dann w · (iw)2 = i2w3. Die Gesamt- fläche A unserer Approximation ist dann gegeben durch: n A= i2w3 i=1 Der Ausdruck w3 ist eine Konstante in Bezug auf den Summenindex i, sodass wir ihn wie folgt aus dem Summenoperator herausziehen können: 26 n A = w3 i2 i=1 n Erinnern wir uns, dass die Summe i2 durch die Formel i=1 n 1 i2 = 6 n n + 1 2n + 1 i=1 gegeben ist, und daher ist der Flächeninhalt unserer Annäherung: 1 A = w3 6 n n + 1 2n + 1 Bei der Konstruktion der Rechtecke haben wir das Intervall [0, b] in gleich lange Intervalle b unterteilt, nämlich w = n. Daher können wir dies in unserem Ausdruck A einsetzen und erhalten durch Vereinfachung folgendes Ergebnis: b 31 A = n 6 n n + 1 2n + 1 b3 n n + 1 2n + 1 = 6 n3 b3 n + 1 2n + 1 = 6 n2 2 b3 2n + 3n + 1 = 6 n2 b3 3 1 = 6 2+ n + n2 Wenn wir die Anzahl n der Intervalle unbeschränkt, also mit n → ∞ erhöhen, nähert sich b3 der Wert der eingeklammerten Summe im obigen Ausdruck 2 an. Damit ist 3 de r We rt de s be stimmte n Integrals: b 2 1 I= 0 x dx = 3 b3 Anhand de r Eige nschave n von Gre nzwe rte n und e ndliche n Summe n, wie obe n be schrie - be n, kann man se he n, dass Integrale die folge nde n Eige nschave n aufwe ise n: b a 0dx =0 (1.10) a af x dx = 0 (1.11) 27 b b b a f x + g x dx = af x dx + ag x dx (1.12) c b c af x dx = af x dx + bf x dx, für alle b ∈ a, c (1.13) Wenn wir im letzten Ausdruck c = a setzen, können wir die folgende Identität herleiten: b a af x dx = − bf x dx Integration als Umkehrung des Ableitens Bislang haben wir Integrale über endliche Intervalle [a, b] behandelt, bei denen die Gren- zen a und b fixiert sind. Wir können eine Stammfunktion F(x) von f formal definieren als: x Fx = af u du (1.14) Um zu sehen, wie Integration mit Di昀昀erentiation zusammenhängt, werten wir die Funktion F an der Stelle x + Δx aus und wenden Gleichung 1.13 an, um x + Δx F x + Δx = a f u du x x + Δx = af u du + x f u du x + Δx =Fx + x f u du zu erhalten. Wenn wir beide Seiten durch Δx teilen und F(x) auf die linke Seite bringen, lautet die Gleichung: F x + Δx − F x 1 x + Δx Δx = Δx x f u du Betrachtet man den Grenzwert, wenn Δx sich von beiden Seiten Null nähert, wird dies dF x dx =f x (1.15) oder, mit der Definition von F(x) eingesetzt, d x dx af u du = f x (1.16) Dies besagt, dass die Ableitung des Integrals den ursprünglichen Integranden zurückgibt. Dieses sehr wichtige Ergebnis wird als Fundamentalsatz der Analysis (auch: Hauptsatz der Di昀昀erential- und Integralrechnung) bezeichnet. Er hat einen zweiten Teil, der das bestimmte Integral mit der Ableitung des unbestimmten Integrals in Beziehung setzt. Die- sen Teil wollen wir nun untersuchen. 28 Die obige Betrachtung hing nicht von irgendeiner Eigenschav der beliebig gewählten Kon- stante a ab. Daher ist die Umkehrung der Ableitung nicht eindeutig. Allerdings unterschei- den sich zwei beliebige Stammfunktionen F1(x) und F2(x) der Ableitunghöchstens durch eine Konstante, sodass wir für die Familie der Funktionen mit der Ableitung f(x) schreiben können: ∫f x dx = F x + c (1.17) d Wir erinnern uns, dass dx c = 0 ist. Der Ausdruck 1.17 ist das unbestimmte Integral von f(x), und c wird die Konstante der Integration genannt. Die Stammfunktion F(x) kann auch zur Berechnung bestimmter Integrale verwendet wer- den. Sei x0 ein beliebiger Punkt in (a, b), erhalten wir aus Gleichung 1.13: b x0 b af x dx = a f x dx + x0 f x dx (1.18) b x0 = x0 f x dx + a f x dx (1.19) b b a af x dx = x0 f x dx − x0 f x dx (1.20) = F b −F a. (1.21) Integrale mit unendlichen Integrationsgrenzen Die etwas intuitive Definition des Integrals als Fläche unter einem Graphen oder als Umkehrung der Ableitung lässt keine unendlichen Integrationsgrenzen zu. Wir können die Definition jedoch auf diese Fälle ausweiten, indem wir beobachten, dass ∞ b f x dx = lim f x dx = lim F b − F a (1.22) a b ∞ a b ∞ gilt, wobei der Grenzwert für b gegen ∞ erst nach der Berechnung des Integrals ausgewer- tet wird. Berechnung von Integralen Leider lassen sich im Gegensatz zur Ableitung viele Integrale nicht einfach berechnen und es gibt nur wenige einfache Regeln, die angewendet werden können. Im Folgenden sind einige Beispiele für unbestimmte Integrale aufgeführt. Beachten Sie, dass u typischer- weise eine Funktion u(x) ist, und du = u'(x)dx gilt: 29 un + 1 ∫undu = n+1 +c n≠ −1 du ∫ u = ln u + c au ∫audu = lna +c ∫eudu = eu + c ∫cos udu = sin u + c ∫sin udu = −cos u + c ∫cosh udu = sinh u + c ∫sinh udu = cosh u + c du ∫ = tan u + c cos2u du ∫ = −cot + c sin2u du 1 u ∫ = arctan a +c u + a2 2 a du 1 u ∫ = − a arccot a + c u2 + a2 du u ∫ = arcsin a +c 2 a − u2 du u ∫ = −arccos a +c a2 − u2 Formeln für eine große Auswahl von Integralen sind in Integraltabellen zu finden. Um unbekannte Integrale zu berechnen, versuchen wir in der Regel, Integrale in leichtere For- men zu überführen. Als Referenz sind hier einige Integrationstechniken aufgeführt, die hilf- reich sein könnten: logarithmische Integration: Integrale, bei denen der Integrand als Quotient einer f′ x Funktion und ihrer Ableitung geschrieben wird, können durch ∫ f x dx = ln f x + c berechnet werden. Zerlegung: Wenn der Integrand eine Linearkombination von integrierbaren Funktionen ist, können wir das Integral der Summe in eine Summe von einfacheren Integralen zer- legen: n n ∫ aif i x dx = ai∫f i x dx i=1 i=1 Substitution: Wenn der Integrand in Bezug auf eine andere Variable oder Funktion x = u(t) parametrisiert werden kann, können wir ov die Substitution verwenden: ub b du t ua f x dx = f ut dt dt. a Der Schlüssel zum Erkennen von Integralen dieser Form liegt darin, eine geeignete Sub- stitutionsfunktion zu finden. partielle Integration: Wir erinnern uns zunächst an die Produktregel: d dx u ⋅ v = uv′ + u′v 30 Die partielle Integration ermöglicht es uns, das Integral in leichter lösbare Teile zu zerle- gen. Ordnen wir Gleichung 1.5 (die Produktregel) d dv du dx uv = u dx + v dx neu an, führt dies zu: dv d du u dx = dx uv − v dx Durch die Integration beider Seiten erhalten wir ∫uv′dx = uv − ∫vu′dx Die „Kunst 3. < c u + d v w > = c* < u w > + d* < v w > 4. < c u d v > = c*d < u v > sowie 5. Vektoren werden als orthogonal zueinander definiert, wenn u v = 0. 1 Die Norm eines Vektors ist definiert als ∥ u ∥ = u u 2. Dies ist eine Verallgemeine- rung der Länge eines Vektors, die wir bisher betrachtet haben. Allgemein kann u u sowohl positiv als auch negativ sein. In den meisten Fällen werden wir jedoch in Vektor- räumen mit u u ≥ 0 arbeiten, deshalb sagen wir, dass die Norm positiv semi-definitiv ist. Kreuzprodukt Das Kreuzprodukt (oder Vektorprodukt) wird allgemein nur im dreidimensionalen Raum ℝ3 definiert. Seien a = a1 i + a2 j + a3 k und b = b1 i + b2 j + b3 k. Für Vektoren in ℝ3, die nicht Null sind, ist das Kreuzprodukt von a und b ein Vektor, der senkrecht zu den beiden gegebenen Vektoren steht. Das Kreuz- oder Vektorprodukt ist definiert als: a × b = a2b3 − b2a3 i − a1b3 − b1a3 j + a1b2 − b1a2 k An dieser Stelle ist anzumerken, dass es eine elegantere Definition gibt, die Determinanten von Matrizen verwendet. Dann ist a × b der Vektor, der orthogonal zu der von den Vek- toren a und b aufgespannten Ebene liegt. Insbesondere steht a × b sowohl senkrecht zu a zu als auch zu b. Algebraische Eigenscha昀琀en des Kreuzprodukts Für Vektoren u und w in ℝ3 gelten die folgenden Eigenschaven: 1. u × v = − v × u ; 2. u × v +w = u × v + u ×w ; 3. u × u = 0; 4. u ⋅ v × w = u × v ⋅ w sowie 5. Das Kreuzprodukt ist nicht assoziativ, d. h. u × v × w ≠ u × v × w. 84 BEISPIEL Seien u = i − 2 j + k und v = 3 i + j − 2 k. Finden Sie u × v. Wir haben: u × v = i 4 − 1 − j −2 − 3 + k 1 + 6 = 3 i +5 j +7k Geometrische Eigenscha昀琀en des Kreuzprodukts Für Vektoren u , v und gelten w die folgenden Eigenschaven: 1. u × v = 0 gilt genau dann, wenn u = k v (also dann, wenn die Vektoren skalare Vielfache voneinander sind). 2. Der Vektor u × v steht orthogonal zu beiden Vektoren u und v wie im linken Teil der folgenden Abbildung dargestellt wird. 3. Die Länge ist gegeben durch u × v = u v sin θ und ist gleich dem Flächeninhalt des Parallelogramms mit den Seiten u und v. 85 Abbildung 28: Geometrische Interpretation des Kreuzprodukts von Vektoren Quelle: Johnson/Johnson 2012. Die obige Abbildung veranschaulicht die letzte Eigenschav: Dort haben wir zwei Vektoren v und w. Sei θ ein Winkel zwischen ihnen und h die Höhe des Parallelogramms mit den angrenzenden Seiten v und w. Die Höhe des Parallelogramms beträgt h = v sin θ, die Fläche des Parallelogramms ist: A = h w = v w sin θ BEISPIEL Finden Sie einen Einheitsvektor w , der orthogonal zu beiden Vektoren u = i − 4 j + k und v = 2 i + 3 j steht. 86 Wir finden zunächst das Kreuzprodukt von u und v , u × v = − 3 i + 2 j + 11 k mit der Länge: 2 u × v = −3 + 22 + 112 = 134 Das Kreuzprodukt gibt uns die gewünschte Richtung; wir normieren den Vektor auf einen Einheitsvektor (Länge Eins), indem wir das Kreuzprodukt durch seine Länge teilen: u × v 3 2 11 w = = − i + j + k u × v 134 134 134 ZUSAMMENFASSUNG In dieser Lektion lernten wir die Grundlagen der Interpretation und Rechenmethoden von Vektoren – mathematische Objekte, die mehr als eine Größe wie Geschwindigkeit und Richtung oder sogar n viele Eigen- schaven des Zustands eines Systems kodieren. Wir haben gelernt, Vek- toren zu addieren und zu subtrahieren und Vektoren mit Skalaren zu multiplizieren. Weiterhin wissen wir, wie man das Skalarprodukt (so genannt, weil die Ausgabe ein Skalar ist) sowie das Kreuzprodukt (des- sen Ausgabe ein Vektor senkrecht zu den beiden Vektoren ist, die das Produkt bilden) berechnet und verwendet werden. Die geometrische Interpretation von Vektoren ist besonders wichtig im zwei- und dreidi- mensionalen Raum. Einheitsvektoren sind Vektoren der Länge eins, und die Standard-Einheitsvektoren für das kartesische Koordinatensystem sind parallel zu den Koordinatenachsen und zeigen in die positive Rich- tung. Das Konzept der Basis spielt eine zentrale Rolle in der Vektorrech- nung; eine Basis ist eine minimale aufspannende Menge von Vektoren, also eine Menge der kleinsten Größe, sodass jeder Vektor im Raum als eine Linearkombination der Vektoren in der Basis gebildet werden kann. 87 LEKTION 4 VEKTORANALYSIS LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie in der Lage sein, … – Vektorfunktionen zu di昀昀erenzieren und integrieren. – entlang einer beliebigen Geraden zu di昀昀erenzieren. – über eine beliebige Oberfläche zu integrieren. – Skalar- und Vektorfelder zu erkennen und zu visualisieren. – Vektoroperatoren auf Skalar- und Vektorfeldern zu verwenden und interpretieren. 4. VEKTORANALYSIS Einführung Diese Lektion kombiniert die Konzepte der Di昀昀erenzierung und Integration mit Vektor- funktionen. Sie stellt die mathematischen Werkzeuge vor, die zur Untersuchung des Ver- haltens von Objekten in beliebigen Koordinatensystemen verwendet werden; wir werden z. B. erfahren, wie man die Änderungsrate einer Funktion bestimmt, die ein Objekt beschreibt, welches sich durch den dreidimensionalen Raum bewegt. Als konkretes Bei- spiel können wir uns ein Flugzeug vorstellen, das durch die Luv fliegt, wobei die Position des Flugzeugs relativ zu einem Beobachter oder einem festen Punkt als zeitabhängiger Vektor (x(t), y(t), z(t)) beschrieben wird. Die Änderungsrate dieses Positionsvektors in Bezug auf die Zeit gibt die Geschwindigkeit des Flugzeugs zur Zeit t an, und die Ände- rungsrate der Geschwindigkeit gibt die Beschleunigung des Flugzeugs zur Zeit t an. Zwei wichtige Konzepte der Vektorrechnung sind Skalar- und Vektorfelder. Ein Beispiel für ein Skalarfeld aus unserer allgemeinen physikalischen Erfahrung ist eine Funktion, die die Temperatur an jedem Punkt in einem Raum angibt: Wenn ein Punkt im Raum gegeben ist, gibt eine solche Funktion ein Skalar aus, das die Temperatur an diesem Punkt angibt. Um ein Vektorfeld zu visualisieren, können wir die Geschwindigkeit und Richtung des Wassers betrachten, wenn es einen Abfluss hinunterfließt; das Vektorfeld assoziiert den Vektor, der die Geschwindigkeit (Tempo und Richtung) des Wassers beschreibt, zu jedem Punkt im Raum. Für weitere Erläuterungen zu diesem Thema siehe Kapitel 15 des Lehrbuchs „Calculus< (Strang 2017). 4.1 Ableiten von Vektoren Ableitungen von Vektorfunktionen Das Konzept der Ableitung haben wir als Änderungsrate einer Funktion in Bezug auf die Änderungen ihrer Argumente eingeführt. Am Beispiel eines Autos können wir sehen, dass die Änderungsrate der zurückgelegten Strecke die Geschwindigkeit ist. In diesem einfa- chen Beispiel gehen wir implizit davon aus, dass das Auto auf einer langen, geraden Straße fahren würde, d. h. es geht uns nicht um seine Richtung. Im Allgemeinen kann das Auto nicht nur seine Geschwindigkeit ändern, sondern auch die Richtung, in die es fährt. Eine natürliche Art, die Position des Autos und seine Geschwindigkeit zu beschreiben, sind Vektoren. Insbesondere können wir die Position des Autos a als eine Vektorfunktion mit einem skalaren Argument, der Zeit, betrachten. 90 Allgemeiner gesagt, sei a = a u eine Vektorfunktion mit skalarem Argument u. Im drei- dimensionalen kartesischen Raum können wir a durch a = ax u i + ay u j + az u k ausdrücken, wobei i , j und k die Einheitsvektoren in den x-, y- und z-Richtungen und die skalaren Funktionen ax(u), ay(u) und az(u) die Komponenten des Vektors in jeder dieser Richtungen sind. Die allgemeine Idee der Ableitung als Grenzwert gilt auch für Vektorfunktionen. Wir kön- nen die Ableitung des Vektors a u definieren als: da a u + Δu − a u du = lim Δu (4.1) Δu 0 Die folgende Abbildung veranschaulicht eine kleine Änderung des Vektors a u , verur- sacht durch eine kleine Änderung im Argument u. Beachten Sie, dass die Ableitung einer Vektorfunktion ebenfalls eine Vektorfunktion ist. Die beiden Vektoren sind jedoch nicht unbedingt parallel, sondern können in verschiedene Richtungen zeigen. In kartesischen Koordinaten kann Gleichung 4.1 wie folgt geschrieben werden: dax day daz da = i + j + k (4.2) du du du du Dies bedeutet, dass wir jede Komponente der Vektorfunktion a u getrennt ableiten kön- nen. 91 Abbildung 29: Veranschaulichung der Änderungsrate der Vektorfunktion a u Quelle: Shiela Miller 2020. BEISPIEL Die Position eines Fahrzeugs zum Zeitpunkt t ist in kartesischen Koordinaten durch x t = t2 i + 3t j + t k gegeben. Berechnen Sie die Geschwindigkeit v t (und ihren Wert, d. h. das Tempo v t ) des Fahrzeugs zum Zeitpunkt t = 1. Zunächst finden wir die Ableitung von x t. Das Ergebnis ist: dx t (4.3) v t = = 2t i + 3 j + 1 k dt Zum Zeitpunkt t = 1 wiss e n wir, dass di e G e schwindigk e it v 1 = 2 i + 3 j + 1 k ist. Da das eT mpo di e Läng e d e sG e schwindigk e itsv e k- tors ist,e rhalt e n wir di e s eV ktors v 1 = 22 + 32 + 12 = 14. e Norm d 92 Ableitungsregeln für Vektorfunktionen Wie bei skalaren Funktionen ist es auch bei Vektorfunktionen nützlich, Ableitungsregeln zu betrachten. Wenn diese anwendbar sind, müssen wir nicht mehr direkt die Definition der Ableitung verwenden, um eine Funktion zu di昀昀erenzieren. Angenommen, a und b sind di昀昀erenzierbare Vektorfunktionen und Φ ist eine di昀昀erenzierbare skalare Funktion. Dann können wir Gleichung 4.1 verwenden und die folgenden nützlichen Regeln beweisen: d ϕa da = ϕ du + dϕ a (4.4) du du d a ⋅ b = a ⋅ db + da ⋅ b (4.5) du du du d a × b = a × db + da × b (4.6) du du du BEISPIEL Ein Punktteilchen umkreist einen fixen Mittelpunkt mit konstanter Geschwindig- keit und festem Radius. Zeigen Sie, dass der Geschwindigkeitsvektor zu jeder Zeit t senkrecht zum Positionsvektor steht. Es bezeichne r t die Positionsfunktion. Das Punktteilchen ist immer gleich weit vom Mittelpunkt des Kreises entfernt, sodass r ⋅ r = r2, eine Konstante. Beachten Sie, dass durch die Problemstellung v t eine konstante Länge hat, also v ⋅ v = v2. Daher gilt: d dt r ⋅ r = r ⋅ v + v ⋅ r = 2 r ⋅ v = 0, was bedeutet, dass r ⊥ v. Vektorfunktionen mit mehreren skalaren Argumenten Im Falle multivariabler skalarer Funktionen haben wir partielle Ableitungen verwendet, um die Änderungsrate einer Funktion in Bezug auf eine einzelne Variable auszudrücken. Analog dazu können wir die Idee der partiellen Ableitungen auf Vektorfunktionen erwei- tern, die von mehr als einer Variablen abhängen. Angenommen, dass a u1, u2, …, un eine Vektorfunktion mit skalaren Argumenten u1,..., un ist. Um ∂a ∂ui (4.7) 93 zu ermitteln, behandeln wir alle Variablen uj mit j ≠ i als konstant und di昀昀erenzieren a, während wir nur ui variieren. Mit partiellen Ableitungen kann man eine Version der Kettenregel beweisen, um Ableitun- gen von Vektorfunktionen a zu berechnen, deren Argumente u1, u2,..., un selbst Funktio- nen in mehreren Variablen vi sind, nämlich ui(v1, v2,..., vm), und erhalten: ∂a ∂ a ∂u1 ∂ a ∂u2 ∂ a ∂un ∂vi = ∂u1 ∂vi + ∂u2 ∂vi +⋯+ ∂un ∂vi (4.8) 4.2 Integrieren von Vektoren Integration von Vektorfunktionen Wir können die Integration von Vektorfunktionen analog zur Integration von Funktionen in einer einzelnen Variablen betrachten. Wenn wir die Vektorfunktion als Ableitung einer → → → Funktion A betrachten, also a = d A u /du, dann kann das unbestimmte Integral bzw. die Stammfunktion als ∫ a u du = A u + b (4.9) ausgedrückt werden, wobei b ein beliebiger konstanter Vektor ist. Das bestimmte Integral ist gegeben durch: u2 a u du = A u2 − A u1 (4.10) u1 Ebenso wie die Stammfunktion einer Skalarfunktion eine Skalarfunktion ist, so ist natür- lich auch die Stammfunktion einer Vektorfunktion wiederum eine Vektorfunktion und ihre Integrationskonstante ist eine Vektorkonstante. Integration entlang von Wegen Zuvor haben wir Funktionen entlang der Achsen integriert, z. B. ∫f x dx entlang der x- Achse oder im multivariaten Fall ∫∫f x, y dxdy zuerst entlang der x-Achse und dann ent- lang der y-Achse. Im Allgemeinen kann Integration jedoch entlang eines beliebigen Weges und nicht nur entlang einer der Koordinatenachsen durchgeführt werden. Ein intuitives Beispiel ist die physikalische Definition der Arbeit, die beim Aufbringen einer Krav entlang eines Weges ausgeführt wird. Im einfachsten Fall wird die Arbeit als W = F · r angegeben, wobei F die Krav entlang eines definierten Weges ist. Die Arbeit W selbst ist ein Skalar, jedoch sind der Weg r (nicht nur entlang der Achsen) und die Krav F im Allgemeinen 94 Vektoren, da wir eine Krav von bestimmter Stärke F in jede Richtung wirken lassen und uns in jede Richtung bewegen können. Daher ist die Definition der von einer Krav F geleisteten Arbeit W, wenn sich ein Teilchen entlang der Kurve C bewegt, W= F ⋅d r , (4.11) C wie in der folgenden Abbildung dargestellt ist. Nur die Komponente der Krav, die parallel zur Tangente an die Kurve verläuv, trägt zur geleisteten Arbeit bei, wenn ein Objekt ent- lang der Kurve C bewegt wird. Daher ist die Arbeit W durch das Skalarprodukt der Vekto- ren für die Krav und die Parametrisierung der Kurve gegeben. Der Weg r t parametri- siert den Weg, auf dem die Krav wirkt, z. B. in kartesischen Koordinaten r t = x t ,y t ,z t , (4.12) wobei wir eine Abhängigkeit von der Zeit t einbezogen haben, um anzugeben, wo sich das Objekt, auf das die Krav ausgeübt wird, zu einem bestimmten Zeitpunkt befindet. Das Dif- ferential d r ist dann dx dy dz d r t = dx, dy, dz = dt dt, dt dt, dt dt , (4.13) da x, y, z implizit von t abhängen und typischerweise als Funktionen mit Argument t para- metrisiert sind, wie in Gleichung 4.12 gezeigt. 95 Abbildung 30: Eine Kra昀琀 F wirkt entlang einer Kurve r Quelle: Shiela Miller 2020. Integrale über Flächen So wie wir die Integration entlang einer Koordinatenachse auf die Integration über belie- bige Kurven im Raum ausgeweitet haben, können wir auch die Doppelintegrale auf die Integration über beliebige Flächen verallgemeinern. Für eine feste Kurve kann ein einzel- ner freier Parameter zur Beschreibung der Bewegung entlang der Kurve verwendet wer- den. Im Falle einer Fläche benötigen wir zwei freie Variablen, um diese Fläche zu paramet- risieren. Zum Beispiel könnten wir durch r u, v = r 0 + u a + v b (4.14) parametrisieren, wobei r 0 ein fester Punkt auf der Oberfläche ist, der diese im Raum „ver- ankert

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