Skript Weiterführende Mathematik PDF

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IU Internationale Hochschule

2024

Lothar Sebastian Krapp

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mathematics analysis linear algebra integral calculus

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Dieses Skript der IU Internationale Hochschule vermittelt mathematisches Hintergrundwissen für Ingenieur- und Naturwissenschaften. Es umfasst Themen wie Analysis, Integraltransformationen, Vektoralgebra, Vektoranalysis, Matrizen und Informationstheorie. Interactive Quizzes helfen beim Selbsttest.

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WEITERFÜHRENDE MATHEMATIK DLMDWWM01 WEITERFÜHRENDE MATHEMATIK IMPRESSUM Herausgeber: IU Internationale Hochschule GmbH IU International University of Applied Sciences Juri-Gagarin-Ring 152 D-99084 Erfurt Postanschrift: Albert-Proeller-Straße 15-19 D-86675 Buc...

WEITERFÜHRENDE MATHEMATIK DLMDWWM01 WEITERFÜHRENDE MATHEMATIK IMPRESSUM Herausgeber: IU Internationale Hochschule GmbH IU International University of Applied Sciences Juri-Gagarin-Ring 152 D-99084 Erfurt Postanschrift: Albert-Proeller-Straße 15-19 D-86675 Buchdorf [email protected] www.iu.de DLMDWWM01 Versionsnr.: 001-2024-0702 Lothar Sebastian Krapp © 2024 IU Internationale Hochschule GmbH Dieses Lernskript ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Dieses Lernskript darf in jeglicher Form ohne vorherige schriftliche Genehmigung der IU Internationale Hochschule GmbH (im Folgenden “IU”) nicht reproduziert und/oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Die Autor:innen/Herausgeber:innen haben sich nach bestem Wissen und Gewissen bemüht, die Urheber:innen und Quellen der verwendeten Abbildungen zu bestimmen. Sollte es dennoch zu irrtümlichen Angaben gekommen sein, bitten wir um eine dement- sprechende Nachricht. 2 INHALTSVERZEICHNIS WEITERFÜHRENDE MATHEMATIK Einleitung Wegweiser durch das Studienskript................................................. 6 Basisliteratur..................................................................... 7 Pflichtliteratur.................................................................... 8 Weiterführende Literatur......................................................... 10 Übergeordnete Lernziele......................................................... 11 Lektion 1 Analysis 13 1.1 Differenzieren und Integrieren................................................ 14 1.2 Partielle Ableitungen......................................................... 33 1.3 Mehrfachintegrale........................................................... 37 1.4 Variationsrechnung.......................................................... 40 Lektion 2 Integraltransformationen 47 2.1 Faltungen................................................................... 48 2.2 Fourier-Transformation....................................................... 54 Lektion 3 Vektoralgebra 63 3.1 Skalare und Vektoren........................................................ 64 3.2 Addition und Subtraktion von Vektoren........................................ 69 3.3 Multiplikation von Vektoren: Skalar- und Kreuzprodukt.......................... 78 Lektion 4 Vektoranalysis 89 4.1 Ableiten von Vektoren........................................................ 90 4.2 Integrieren von Vektoren..................................................... 94 4.3 Skalar- und Vektorfelder...................................................... 97 4.4 Vektor-Operationen......................................................... 100 3 Lektion 5 Matrizen und Vektorräume 103 5.1 Elementare Matrix-Algebra.................................................. 104 5.2 Determinanten, Spuren, Transponierte, komplex Konjugierte und hermitesch Trans- ponierte....................................................................... 107 5.3 Diagonalisierung........................................................... 115 5.4 Tensoren................................................................... 120 Lektion 6 Informationstheorie 125 6.1 Mittlere quadratische Abweichung (MSE)...................................... 126 6.2 Gini-Index.................................................................. 127 6.3 Entropie, Shannon-Entropie, Kullback-Leibler-Divergenz....................... 133 6.4 Kreuzentropie.............................................................. 139 Anhang Literaturverzeichnis............................................................. 144 Abbildungsverzeichnis.......................................................... 145 4 EINLEITUNG HERZLICH WILLKOMMEN WEGWEISER DURCH DAS STUDIENSKRIPT Dieses Studienskript bildet die Grundlage Ihres Kurses. Ergänzend zum Studienskript ste- hen Ihnen weitere Medien aus unserer Online-Bibliothek sowie Videos zur Verfügung, mit deren Hilfe Sie sich Ihren individuellen Lern-Mix zusammenstellen können. Auf diese Weise können Sie sich den Stoff in Ihrem eigenen Tempo aneignen und dabei auf lerntyp- spezifische Anforderungen Rücksicht nehmen. Die Inhalte sind nach didaktischen Kriterien in Lektionen aufgeteilt, wobei jede Lektion aus mehreren Lernzyklen besteht. Jeder Lernzyklus enthält jeweils nur einen neuen inhaltlichen Schwerpunkt. So können Sie neuen Lernstoff schnell und effektiv zu Ihrem bereits vorhandenen Wissen hinzufügen. In der IU Learn App befinden sich am Ende eines jeden Lernzyklus die Interactive Quizzes. Mithilfe dieser Fragen können Sie eigenständig und ohne jeden Druck überprüfen, ob Sie die neuen Inhalte schon verinnerlicht haben. Sobald Sie eine Lektion komplett bearbeitet haben, können Sie Ihr Wissen auf der Lern- plattform unter Beweis stellen. Über automatisch auswertbare Fragen erhalten Sie ein direktes Feedback zu Ihren Lernfortschritten. Die Wissenskontrolle gilt als bestanden, wenn Sie mindestens 80 % der Fragen richtig beantwortet haben. Sollte das einmal nicht auf Anhieb klappen, können Sie die Tests beliebig oft wiederholen. Wenn Sie die Wissenskontrolle für sämtliche Lektionen gemeistert haben, führen Sie bitte die abschließende Evaluierung des Kurses durch. Die IU Internationale Hochschule ist bestrebt, in ihren Skripten eine gendersensible und inklusive Sprache zu verwenden. Wir möchten jedoch hervorheben, dass auch in den Skripten, in denen das generische Maskulinum verwendet wird, immer Frauen und Män- ner, Inter- und Trans-Personen gemeint sind sowie auch jene, die sich keinem Geschlecht zuordnen wollen oder können. 6 BASISLITERATUR Hoever, G. V. (2020): Höhere Mathematik kompakt mit Erklärvideos und interaktiven Visuali- sierungen. Springer, Berlin/Heidelberg. Riley, K. F./Hobson, M. P./Bence, S. J. (2006): Mathematical methods for physics and engi- neering. 3. Auflage, University Press, Cambridge. Strang, G. (2003): Lineare Algebra. Springer, Berlin/Heidelberg. Weißgerber, W. (2018): Mathematik zu Elektrotechnik für Ingenieure. Lehr- und Arbeitsbuch für das Grundstudium. Springer Vieweg, Wiesbaden. 7 PFLICHTLITERATUR LEKTION 1 Papula, L. (2018): Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler: Band 1. Ein Lehr- und Arbeitsbuch für das Grundstudium. 15. Auflage, Springer Vieweg, Wiesbaden, S. 323–421 und 422–569. LEKTION 2 Dürrschnabel, K. V. (2021): Mathematik für Ingenieure – Eine Einführung mit Anwendungs- und Alltagsbeispielen. Springer Vieweg, Wiesbaden, Kapitel 19. Westermann, T. V. (2020): Mathematik für Ingenieure – Ein anwendungsorientiertes Lehr- buch. Springer Vieweg, Berlin/Heidelberg, Seiten 642-646, Kapitel 15 und 16. Papula, L. (2018): Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler: Band 1. Ein Lehr- und Arbeitsbuch für das Grundstudium. 15. Auflage, Springer Vieweg, Wiesbaden, S. 45–145. LEKTION 4 Guichard, R. D. (2019): Single and multivariable calculus. Selbstverlag. (Im Internet verfüg- bar). Westermann, T. V. (2020): Mathematik für Ingenieure – Ein anwendungsorientiertes Lehr- buch. Springer Vieweg, Berlin/Heidelberg, Kapitel 12. LEKTION 5 Lenze, B. (2020): Basiswissen Lineare Algebra. Eine Einführung mit Aufgaben, Lösungen, Selbsttests und interaktivem Online-Tool. 2. Auflage, Springer Vieweg, Wiesbaden, S. 49–76. Dürrschnabel, K. V. (2021): Mathematik für Ingenieure – Eine Einführung mit Anwendungs- und Alltagsbeispielen. Springer Vieweg, Wiesbaden, Kapitel 8 und 9. Riley, K. F./Hobson, M. P./Bence, S. J. (2006): Mathematical methods for physics and engi- neering. 3. Auflage, University Press, Cambridge. Kapitel 21, Abschnitte 21.4 und 21.5. 8 LEKTION 6 Bamberg, G./Baur, F./Krapp, M. (2017): Statistik. 18. Auflage, Oldenbourg, München, S. 20– 27. 9 WEITERFÜHRENDE LITERATUR LEKTION 1 Boelkins, M./Austin, D./Schlicker, S. (2018): Active calculus 2.1. Grand Valley State Univer- sity Libraries, Allendale (MI). Zakon, E. (2004): Mathematical analysis I. The Trillia Group, West Lafayette (IN). Zakon, E. (2009): Mathematical analysis II. The Trillia Group, West Lafayette (IN). (Im Inter- net verfügbar). LEKTION 2 Lange, J./Lange, T. (2019): Fourier-Transformation zur Signal- und Systembeschreibung. Kompakt, visuell, intuitiv verständlich. Springer Vieweg, Wiesbaden. LEKTION 3 Zakon, E. (2004): Mathematical analysis I. The Trillia Group, West Lafayette (IN). Zakon, E. (2009): Mathematical analysis II. The Trillia Group, West Lafayette (IN). (Im Inter- net verfügbar). LEKTION 4 Boelkins, M./Austin, D./Schlicker, S. (2018): Active calculus multivariable. Grand Valley State University Libraries, Allendale (MI). LEKTION 5 Cherney, D. et al. (2016): Linear algebra. University of California, Davis (CA). (Im Internet verfügbar). LEKTION 6 McKay, D. (2003): Information theory, inference and learning algorithms. University Press, Cambridge. (Im Internet verfügbar). 10 ÜBERGEORDNETE LERNZIELE Ziel des Kurses Weiterführende Mathematik ist es, den Studierenden das mathemati- sche Hintergrundwissen zu vermitteln, um aktuelle Methoden und Ansätze aus den Ingeni- eur- und Naturwissenschaften zu verstehen und anzuwenden. Zu diesem Zweck beginnt der Kurs mit einer Darlegung der Grundlagen der Analysis. Die Begriffe der Differential- und Integralrechnung werden zusammen mit wichtigen Verallge- meinerungen auf mehrere Dimensionen eingeführt. Darüber hinaus wird die weit verbrei- tete Optimierungsmethode der Variationsrechnung erläutert. Integraltransformationen, die in wissenschaftlichen und ingenieurtechnischen Anwendungen eine wichtige Rolle spielen, werden ebenfalls behandelt. Diese analytischen Techniken werden durch eine gründliche Einführung in mathemati- sche Methoden im Zusammenhang mit der linearen Algebra ergänzt. Hier lernen Sie die wichtigen Konzepte von Vektoren, Matrizen und dazugehörigen algebraischen Operatio- nen kennen. Darüber hinaus wird das Konzept eines Tensors vorgestellt, das in bekannten Ansätzen des maschinellen Lernens eine entscheidende Rolle spielt. Die Fachgebiete der linearen Algebra und der Analysis werden in der Einführung in die Vek- torrechnung zusammengeführt. Der Kurs schließt mit Erläuterungen wichtiger Konzepte aus dem Bereich der Informationstheorie, die praktisch alle Aspekte unserer heutigen Kommunikationssysteme untermauert. 11 LEKTION 1 ANALYSIS LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie in der Lage sein,... – Funktionen in einer einzelnen Variablen zu differenzieren und integrieren. – partielle Ableitungen und Mehrfachintegrale für Funktionen mit mehreren Variablen zu berechnen. – eine Funktion durch eine Taylor-Reihe zu approximieren. – die grundlegenden Konzepte der Variationsrechnung anzuwenden. 1. ANALYSIS Einführung Funktionen drücken Beziehungen zwischen Variablen aus. Zum Beispiel formalisiert die Funktion y = f(x) in der Standardnotation, wie sich ein Wert y, abhängige Variable genannt, in Bezug auf einen anderen Wert x, unabhängige Variable genannt, ändert. Der Buchstabe f ist der Name bzw. die Bezeichnung der Funktion. Die Rate, mit der sich die abhängige Variable gegenüber der unabhängigen Variable ändert, ist von besonderem Interesse, und zwar sowohl mathematisch als auch für Anwendungen. Ein Beispiel für eine solche Änderungsrate ist die Änderung des Weges in Bezug auf die Zeit – auch als Geschwindigkeit bekannt. Die Methode, diese Rate zu finden, wenn eine Funktion gegeben ist, nennt man Differentialrechnung, also das Rechnen mit Ableitungen. Die Differentialrechnung ist ein leistungsfähiges Werkzeug, das zum Verständnis der Bezie- hung zwischen Variablen verwendet wird. Im Falle mehrerer unabhängiger Variablen, z. B. z = f(x, y), erlaubt uns die partielle Ableitung, die Änderungsrate der Funktion in Bezug auf jede unabhängige Variable zu untersuchen. In der Variationsrechnung wird das Konzept der Ableitung auf Funktionale erweitert, d. h. auf Abbildungen von einer Menge von Funktionen auf die Menge der reellen Zahlen. In die- sem Sinne sind Funktionale Funktionen, die andere Funktionen auf Zahlen abbilden. Die Variationsrechnung hat zum Ziel, die Eingangsfunktion zu finden, welche die abhängige (Ausgangs-)Variable maximiert oder minimiert. Gute Lehrbücher, die diesen Themenbereich tiefergehend abdecken, sind Kapitel fünf der „Mathematics for machine learning“ (Deisenroth/Faisal/Ong 2020), Kapitel 13 und 14 der „Calculus“ (Strang 2017) sowie Kapitel drei und acht der „Advanced calculus“ (Loomis/ Sternberg 2014). 1.1 Differenzieren und Integrieren Ableitungen von Funktionen in einer einzelnen Variablen Funktion Oft interessiert uns, wie sich eine Funktion in Bezug auf ihr Argument verändert. Wir wis- Eine Funktion ist eine sen aus unserer täglichen Erfahrung, dass ein Auto zu jedem Zeitpunkt t eine Geschwin- Beziehung zwischen zwei Mengen, die jedes Ele- digkeit v(t) hat, die angibt, wie schnell das Auto zum Zeitpunkt t fährt. Über ein gegebe- ment der Definitions- nes Zeitintervall Δt be schre ibt die Durchschnittsge schwindigke it die Ge schwindigke it, menge genau einem Ele- ment der Zielmenge mit de r das Auto die Stre cke in die se m Ze itinte rvall zurückle gt: zuordnet. 14 Δs vt = Δt (1.1) wobei Δs die Positionsänderung des Fahrzeugs bzw. die von ihm zurückgelegte Strecke ist. In Gleichung 1.1 ist die Zeit t das Argument der Funktion v, die eine Beziehung herstellt zwischen der vom Auto zurückgelegten Strecke und der Zeit, die es braucht, um diese Strecke zurückzulegen. Ganz allgemein möchten wir oft die Änderungsrate einer allgemeinen Funktion f(x) fin- den, wobei f von einem Argument x abhängt. Wir werden damit beginnen, Funktionen zu betrachten, die nur von einer einzigen Variablen abhängen, wie z. B. f(x) = x2, welche in der Grafik dargestellt ist, die dieser Erklärung folgt. Wir legen einen gegebenen Wert von x fest und betrachten den Wert der Funktion f(x), während wir die Eingangsvariable auf einen etwas anderen Wert ändern. Hierbei nehmen wir an, dass die Funktion stetig ist und keine „Zacken“ oder „Sprünge“ aufweist. Wenn wir z. B. bei x0 = 1 beginnen und uns zu x1 = 1,1 bewegen, ändert sich der Wert der Funktion f(x) = x2von f(x0) = 1 zu f(x1) = 1,21. Wir bezeichnen diese Änderung in x mit Δx und schreiben x → x + Δx, um anzuzeigen, dass sich x von x zu x + Δx ändert. Dann ist Δf = f(x + Δx) – f(x) die Änderung des Wertes der Funktion f. Indem wir diesen Anstieg Δx beliebig klein machen, können wir die Änderungsrate von f zu einem einzigen Zeitpunkt berechnen. Das ist die Idee einer Ablei- tung – einer momentanen Änderungsrate – und der Grenzwert erlaubt es uns, diesen intui- tiven Sachverhalt formal zu beschreiben. Wenn wir x immer weniger verändern, geschrie- ben Δx → 0, können wir den Gradienten oder die erste Ableitung der Funktion f als df x f x + Δx − f x f′ x )≡ dx ≡ lim Δx (1.2) ∆x 0 definieren. Die Funktion ist genau dann in xa differenzierbar, wenn dieser Grenzwert im Punkt x = xaexistiert. Beachten Sie, dass die Funktion in diesem Punkt xa nicht differenz- ierbar ist, wenn der Grenzwert bei x = xanicht existiert. Definition 1.2 gibt nicht an, ob wir uns x von kleineren Werten aus nähern (sodass Δx negativ ist) oder von größeren (in wel- chem Fall Δx positiv ist). Das liegt daran, dass die Definition des obigen Grenzwerts, damit f x + Δx − f x dieser existiert, verlangt, dass der Quotient Δx sich dem gleichen Wert fʹ(x) nähert, egal ob wir uns von der linken oder der rechten Seite an x annähern. 15 Abbildung 1: Eine Parabel: f(x) = x2 Quelle: Shiela Miller 2020. Geometrisch kann die Ableitung fʹ(x) als die Steigung der Geraden interpretiert werden, die die Funktion f(x) an der Stelle x tangiert. BEISPIEL Finden Sie die erste Ableitung von f(x) = x2. Unter Verwendung von Definition 1.2 erhalten wir 16 f x + Δx − f x f′ x = lim Δx Δx 0 2 x + Δx − x2 = lim Δx Δx 0 2 x2 + 2xΔx + Δx − x2 = lim Δx Δx 0 2 2xΔx + Δx = lim Δx Δx 0 Δx 2x + Δx = lim Δx Δx 0 = lim 2x + Δx Δx 0 = 2x Hier haben wir beobachtet, dass Δx unendlich klein wird, wenn es sich dem Nullpunkt nähert, aber immer ungleich Null ist und sich Zähler und Nenner daher kürzen. Einerseits sollte man sich bewusst sein, dass eine Funktion, damit sie in xadifferenzierbar ist, in diesem Punkt auch stetig sein muss (andernfalls existiert der Grenzwert an diesem Punkt nicht). Andererseits ist eine Funktion, nur weil sie überall stetig ist, nicht notwendi- gerweise überall differenzierbar, wie in der folgenden Abbildung gezeigt wird. Wenn sich x von links an die 0 annähert, ist die Ableitung (die in diesem Fall die Steigung ist) –1, aber wenn wir uns x = 0 von re chts nähe rn, ist +1 der Grenzwert des Quotienten f x + Δx − f x Δx. Rechter und linker Grenzwert stimmen nicht überein, sodass der Grenz- wert und damit die Ableitung von f(x) =|x| in x = 0 nicht definiert ist. Unter Verwendung von Definition 1.2 in Kombination mit den Grenzwertgesetzen lassen sich Ableitungen vieler elementarer Funktionen finden. Zur Referenz sind hier die Ablei- tungen einiger wichtiger Funktionen aufgeführt, wobei n > 0 eine natürliche Zahl und a eine reelle Konstante ist. 17 Abbildung 2: f x = x Quelle: Shiela Miller 2020. d n d ax x = nxn − 1 dx e = aeax dx d d 1 d sin ax = acos ax dx ln ax = dx ln a + ln x = x dx d d a cos ax = − asin ax dx tan ax = dx cos2 ax Ableitungen höherer Ordnung Ableitungen sind selbst Funktionen, daher können wir ihre Änderungsraten betrachten. Wir nennen Ableitungen von Ableitungen einer Funktion f Ableitungen höherer Ordnung von f. Diese werden unter Verwendung der Definition der Ableitung auf die gleiche Weise berechnet. Für die zweite Ableitung verwenden wir Definition 1.2, ersetzen aber die Funk- tion f(x) durch die erste Ableitung fʹ(x) wie folgt: df′ x f′ x + Δx − f′ x f″ x ≡ dx ≡ lim Δx , (1.3) Δx 0 wobei wiederum fʹʹ genau dann definiert ist, falls (nicht: wenn) der obige Grenzwert exis- tiert. Allgemeiner können wir die n-te Ableitung von f(x) wie folgt definieren: n−1 n−1 n−1 n df x f x + Δx − f x f x ≡ dx ≡ lim Δx , (1.4) Δx 0 18 wann immer der Grenzwert existiert. Stationäre Punkte Betrachtet man erneut Abbildung 2, so stellt man fest, dass der Punkt (0, 0) eine Beson- derheit hat; der Wert der Funktion ist beiderseits der Stelle x = 0 größer als bei x = 0. Dies bedeutet, dass f bei x = 0 ein lokales Minimum annimmt. Grafisch betrachtet ist die Tangente am Graphen von f an diesem Punkt also waagerecht – sie hat eine Steigung von Null. Anders formuliert: Die Steigung der Tangente an f bei x = 0 ist gleich Null, d. h. fʹ(0), der Wert der Ableitung an diesem Punkt, ist gleich Null. Solche Punkte – also Punkte, an denen die Ableitung gleich Null ist – werden als stationäre Punkte bezeichnet. Nach der Untersuchung einiger Beispiele werden wir sehen, dass fʹ häufig, aber nicht zwangsläufig bei einem lokalen Minimum gleich Null ist. Die andere, in der obigen Abbildung dargestellte Möglichkeit besteht darin, dass die Ableitung, also die Steigung der Tangente, an den lokalen Extremstellen undefiniert ist. So hat z. B. die Betragsfunktion f(x) = |x| in (0, 0) einen kritischen Punkt, d. h. einen Punkt, in dem die Ableitung gleich Null ist oder nicht existiert, aber es ist kein stationärer Punkt. Man muss also beachten, dass es drei verschiedene Arten stationärer Punkte gibt: Die Funktion f hat ein Maximum an einem stationären Punkt bei x = a, wenn fʹ(a) = 0 und fʹʹ(a) < 0, die Funktion f hat ein Minimum an einem stationären Punkt bei x = a, wenn fʹ(a) = 0 und fʹʹ(a) > 0 und ein stationärer Punkt bei wird als Sattelpunkt bezeichnet, wenn fʹ(a) = 0 gilt und fʹʹ an diesem Punkt das Vorzeichen wechselt. Man bemerke, dass ein Maximum oder Minimum, das auf diese Weise ermittelt wurde, nicht zwingend das globale Maximum bzw. Minimum der Funktion sein muss. Es ist ledig- lich ein lokales Extremum am stationären Punkt. Ableitungsregeln Ableitungen von Funktionen mit einer Konstanten Einige Funktionen bestehen aus einem konstanten und einem variablen Teil, z. B. f(x) = a · g(x), wobei a eine beliebige Konstante und g(x) eine von x abhängige Funktion ist. Die Ableitung ist durch: d d dx f x = f′ x = a dx g x = ag′ x gegeben. 19 Ableitungen von Produkten Der vorige Abschnitt enthielt Ableitungsregeln für einige Funktionen einfacher Form. In vielen Fällen sind wir jedoch auch an den Änderungsraten von Funktionen interessiert, die komplexer aufgebaut sind. Als erstes Beispiel wird untersucht, wie Funktionen abgeleitet werden können, die als Pro- dukte zweier anderer Funktionen geschrieben werden, also Funktionen der Form f x = u x · v x. Die Idee hierbei ist die folgende: Wenn wir wissen, wie u und v abgelei- tet werden, und eine Regel für die Ableitung von Produkten kennen, müssen wir nicht mehr die Definition der Ableitung verwenden, um die Ableitung von f zu finden. So könn- ten wir beispielsweise erneut f(x) = x2 betrachten, wobei wir es als Produkt f(x) = x · x schreiben. Ein anderes, etwas komplizierteres Beispiel ist g(x) = x2 · sin(x), was sich in g x = u x · v x zerlegen lässt, wobei u(x) = x2 und v(x) = sin(x). Eine solche Zerle- gung ist jedoch nicht eindeutig, da wir alle Funktionen u und v wählen könnten, deren Produkt x2 · sin(x) ist. Die Idee hinter der Zerlegung der ursprünglichen Funktion f(x) in zwei Funktionen u und v besteht also darin, u und v so zu wählen, dass sie leichter abzu- leiten sind als f. Sobald wir dann über eine allgemeine Methode zur Berechnung der Ablei- tung eines Produktes verfügen, können wir diese Methode auf f anwenden, um die Ablei- tung einfacher zu berechnen als mit der Definition und Gleichung 1.2. Diese allgemeine Methode, die als Produktregel bezeichnet wird, ergibt sich wie folgt aus der Definition (siehe Gleichung 1.2). Zunächst vereinfachen wir die Differenz f(x + Δx) – f(x): f x + Δx − f x = u x + Δx · v x + Δx − u x · v x = u x + Δx v x + Δx − v x + v x u x + Δx − u x In diesem Schritt haben wir v(x)u(x+Δx) addiert und wieder subtrahiert, um den Aus- druck anschließend zu faktorisieren. Wenn wir das Ergebnis unserer Vereinfachung in die Definition der Ableitung einsetzen, erhalten wir als Ergebnis: df x f x + Δx − f x dx = lim Δx Δx 0 v x + Δx − v x u x + Δx − u x = lim u x + Δx Δx +v x Δx Δx 0 Läuft Δx gegen Null, so läuft u(x + Δx) gegen u(x). Damit werden die Ausdrücke in den eckigen Klammern zu den Ableitungen der Funktionen u bzw. v. Die Formel für die Ablei- tung eines Produktes von Funktionen, die sogenannte Produktregel, ist also df x d dv x du x f′ x ≡ dx ≡ dx u x v x =u x dx +v x dx (1.5) In Kurzschreibweise lautet die Produktregel also: f′ = uv′ + vu′ 20 Bei wiederholter Anwendung dieser Regel kann die Ableitung von Produkten mit drei oder mehr differenzierbaren Funktionen wie folgt ermittelt werden. Für f(x) = u(x)v(x)w(x) e rhalte n wir: df d d f′ = dx = u dx vw + vw dx u dw dv du = uv dx + uw dx + vw dx In Kurzschre ibwe ise e rhalte n wir also: f′ = uvw′ + uwv′ + vwu′ BEISPIEL Finden Sie die Ableitung von f(x) = x2 sin(x). Unter Verwendung von Definition 1.5 mit u(x) = x2und v(x) = sin(x) erhalten wir: d 2 d d 2 dx x sin x = x2 dx sin x + sin x dx x = x2cos x + 2xsin x Die Kettenregel Viele Funktionen können als Kompositionen von Funktionen geschrieben werden, nämlich als Funktionen, in die selbst Funktionen eingesetzt werden. Beispielsweise kann f(x) = (x – 1)2 als f(x) = u2(x) geschrieben werden, wobei u(x) = x – 1. Wir schreiben dies als f(u(x)). Der Grundgedanke der Kettenregel besteht darin, dass wir die äußere Funktion f in Bezug auf die innere Funktion u differenzieren, um fʹ(u) zu erhalten, wobei wir die innere Funk- tion unverändert lassen. Anschließend differenzieren wir die innere Funktion u bezüglich x, um uʹ(x) zu erhalten, und multiplizieren die beiden Ergebnisse miteinander: df df du dx = du · dx (1.6) Dies wird als Kettenregel bezeichnet, weil wir die Ableitungen miteinander „verketten“. Das Konzept lässt sich leicht auf Funktionen von Funktionen von Funktionen usw. erwei- tern. Wir brauchen die Kettenregel nur so oft anzuwenden, bis wir die unabhängige Vari- able erreichen. 21 BEISPIEL Finden Sie die Ableitung von f(x) = (x – 1)2. Wir können dies so schreiben: f(x) = u2(x), wobei u(x) = x – 1. Unter Verwen- dung von Gleichung 1.6 erhalten wir: df df du dx = du · dx du = 2u dx = 2u · 1 = 2 x−1 Die Kettenregel kann auch zur Berechnung der Ableitung von Funktionen der Form f(x) = 1/v(x) verwendet werden. Anstatt dies als Quotient zu schreiben, können wir es als eine Verkettung von Funktionen ausdrücken, f(x) = v–1(x) (wobei zu beachten ist, dass dies die Potenz –1 und nicht die Inverse ist, also 1 f= ), und dann die Kettenregel anwenden: v df df dv dx = dv dx dv = −v−2 dx 1 dv = − , v2 dx d n wobei wir die elementare Ableitung x = nxn − 1 verwendet haben. dx In Kurzschreibweise erhalten wir also: v′ f′ = − v2 Ableitungen von Quotienten In einigen Fällen kann die Funktion, von der wir die Ableitung berechnen wollen, in Form ux eines Quotienten aus zwei Funktionen geschrieben werden, z. B. f x = v x. Eine Mög- lichkeit, eine Regel zur Berechnung von Ableitungen für solche Funktionen herzuleiten, besteht darin, die Produktregel in Gleichung 1.5 mit der Kettenregel zu kombinieren und 1 das Produkt als f x = u x ⋅ vx zu schreiben. Wenn wir die Produktregel anwenden, erhalten wir 22 df x d ux dx = dx v x d 1 1 d =ux dx v x + v x dx u x d 1 Unter Verwendung der Kettenregel zur Berechnung von dx v x wie oben, erhalten wir: dv x du x df x dx dx dx =u x − 2 + vx vx Die vereinfachte Notation für die Ableitung ergibt einen Ausdruck, der leichter zu lesen ist: f′ = u ′= vu′ − uv′ , (1.7) v v2 wobei u = u(x) und v = v(x). Integrale von Funktionen in einer einzelnen Variablen Integrale als Fläche unter dem Graphen Im ersten Teil dieser Lektion haben wir uns auf die Änderungsraten von Funktionen in einer einzelnen Variablen konzentriert und die erste Ableitung (oder den ersten Gradien- ten) als ein Werkzeug zur mathematischen Untersuchung von Änderungsraten entwickelt. Um auf das Beispiel des auf einer Straße fahrenden Autos zurückzukommen, haben wir festgestellt, dass wir die durchschnittliche Geschwindigkeit als die vom Auto in einer bestimmten Zeit zurückgelegte Strecke ausdrücken konnten: Δs v= Δt , wobei Δs die Veränderung der Position (die Entfernung) über ein Zeitintervall Δt ist. Wir haben zunehmend kürzere Zeitintervalle betrachtet, um die momentane Änderungsrate zu untersuchen: ds vt = dt 23 Abbildung 3: Konstante Geschwindigkeit bzgl. der Zeit Quelle: Shiela Miller 2020. Die erste Ableitung der Position in Bezug auf die Zeit ist die momentane Geschwindigkeit. Wenn wir eine Funktion für die Geschwindigkeit v(t) kennen, stellt sich natürlich die Frage, ob es möglich ist, die Entfernung Δs zu berechnen, die das Auto in einem bestimm- ten Zeitintervall Δt zurückgelegt hat. Wenn die Geschwindigkeit konstant ist, so ist dies intuitiv klar. Wir haben, wie in der obi- gen Abbildung dargestellt, Δs = vΔt. Beachten Sie, dass die Fläche des Rechtecks v · Δt der Veränderung der Position Δs entspricht. In den meisten Fällen wird die Geschwindig- keit eines Autos nicht konstant sein, weshalb wir uns eine allgemeinere Methode wün- schen, um die zurückgelegte Entfernung als (stetige) Funktion in Abhängigkeit von Geschwindigkeit und Zeit ausdrücken zu können. Informell können wir dies tun, indem wir sehr kleine Teilintervalle betrachten anstatt das gesamte Intervall Δt auf einmal. Wir nehmen dann an, dass die Geschwindigkeit über diese kleinen Rechtecke konstant ist, um eine Annäherung an die Entfernung zu erhalten, die das Auto über jedes kleine Intervall zurücklegt. Jedes Mal verwenden wir unsere kon- stante Approximation der Geschwindigkeit multipliziert mit der Zeitdauer, um die Fläche des kleinen Rechtecks zu erhalten, wie in der folgenden Abbildung dargestellt wird. Wir wissen, dass wir in jedem Intervall einen kleinen Fehler haben, doch je kleiner die Inter- valle sind, desto kleiner wird auch der Fehler. Um die Gesamtstrecke zu ermitteln, die das Fahrzeug zurückgelegt hat, kombinieren wir die Gesamtflächen aller Rechtecke, die die Beiträge aus jedem kleinen Zeitintervall darstellen. 24 Abbildung 4: Variable Geschwindigkeit bzgl. der Zeit Quelle: Shiela Miller 2020. Formeller betrachtet man eine beliebige Funktion f(x) ineiner einzelnen Variablen x, die über das Intervall a≤ x ≤ b definiert ist. Dem obigen Ansatz folgend teilen wir das Inter- vall [a, b] in viele Teilintervalle, indem wir Zwischenpunkte ξieinführen, sodass a = ξ0 < ξ1 < ξ2 <... < ξn = b. Die Längen (ξi – ξi–1)der Intervalle sind die Längen der Seiten der Rechtecke auf der x-Achse und f(ξi) die Höhen der Rechtecke. Die Summe ist die Fläche aller Rechtecke: n S= i = 1f ξi ξi − ξi − 1 (1.8) Die Fläche unter einigen Graphen über bestimmte Intervalle ist nicht endlich; betrachten 1 Sie hierfür beispielsweise f x = x auf dem Intervall [0, 1]. Wenn wir dieses Intervall in immer mehr kleine Teilintervalle einteilen, also den Grenzwert der Summe von S betrach- ten, während n sich ∞ nähert, kann S zu einem endlichen Grenzwert konvergieren oder auch nicht. Wenn dieser Wert existiert, ist der Grenzwert der Summe das bestimmte Integ- ral I der Funktion f(x) im Intervall [a, b], in Zeichen: b I= af x dx (1.9) Wenn der Grenzwert nicht existiert, ist das Integral nicht definiert. Bei abgeschlossenen, endlichen Intervallen hängt die Frage, ob dieser Grenzwert existiert – also ob die Funktion f über das gegebene Intervall integrierbar ist – davon ab, ob die Funktion f über dieses Intervall stetig ist. 25 Für stetige Funktionen über ein endliches Intervall [a, b] existie rt die se r Gre nzwe rt, also das Integral, imme r. BEISPIEL Berechnen Sie das Integral. f(x) = x2, der sogenannte Integrand, ist unten dargestellt. Abbildung 5: Parabel für x>0 Quelle: Shiela Miller 2020. Der erste Schritt zur Berechnung dieses Integrals bzw. zur Bestimmung, ob die- ser Grenzwert existiert, besteht darin, das Intervall [0, b] in n Teilintervalle ein- heitlicher Breite w zu unterteilen. Als nächstes werten wir die Funktion f(x) = x2 am linken Endpunkt jedes Teilintervalls aus, um die Höhe jedes Rechtecks zu bestimmen. Wir hätten auch den Wert am rechten Endpunkt oder einen beliebi- gen Wert in der Mitte nehmen können – der Grenzwert hängt nicht von dieser Wahl ab. Die Fläche des i-ten Rechtecks ist dann w · (iw)2 = i2w3. Die Gesamt- fläche A unserer Approximation ist dann gegeben durch: n A= i2w3 i=1 Der Ausdruck w3 ist eine Konstante in Bezug auf den Summenindex i, sodass wir ihn wie folgt aus dem Summenoperator herausziehen können: 26 n A = w3 i2 i=1 n Erinnern wir uns, dass die Summe i2 durch die Formel i=1 n 1 i2 = 6 n n + 1 2n + 1 i=1 gegeben ist, und daher ist der Flächeninhalt unserer Annäherung: 1 A = w3 6 n n + 1 2n + 1 Bei der Konstruktion der Rechtecke haben wir das Intervall [0, b] in gleich lange Intervalle b unterteilt, nämlich w = n. Daher können wir dies in unserem Ausdruck A einsetzen und erhalten durch Vereinfachung folgendes Ergebnis: b 31 A= n 6 n n + 1 2n + 1 b3 n n + 1 2n + 1 = 6 n3 b3 n + 1 2n + 1 = 6 n2 2 b3 2n + 3n + 1 = 6 n2 b3 3 1 = 6 2+ n + n2 Wenn wir die Anzahl n der Intervalle unbeschränkt, also mit n → ∞ erhöhen, nähert sich b3 der Wert der eingeklammerten Summe im obigen Ausdruck 2 an. Damit ist 3 de r We rt de s be stimmte n Integrals: b 2 1 I= 0 x dx = 3 b3 Anhand de r Eige nschafte n von Gre nzwe rte n und e ndliche n Summe n, wie obe n be schrie - be n, kann man se he n, dass Integrale die folge nde n Eige nschafte n aufwe ise n: b a 0dx = 0 (1.10) a af x dx = 0 (1.11) 27 b b b a f x + g x dx = af x dx + ag x dx (1.12) c b c af x dx = af x dx + bf x dx, für alle b ∈ a, c (1.13) Wenn wir im letzten Ausdruck c = a setzen, können wir die folgende Identität herleiten: b a af x dx = − bf x dx Integration als Umkehrung des Ableitens Bislang haben wir Integrale über endliche Intervalle [a, b] behandelt, bei denen die Gren- zen a und b fixiert sind. Wir können eine Stammfunktion F(x) von f formal definieren als: x Fx = af u du (1.14) Um zu sehen, wie Integration mit Differentiation zusammenhängt, werten wir die Funktion F an der Stelle x + Δx aus und wenden Gleichung 1.13 an, um x + Δx F x + Δx = a f u du x x + Δx = af u du + x f u du x + Δx = Fx + x f u du zu erhalten. Wenn wir beide Seiten durch Δx teilen und F(x) auf die linke Seite bringen, lautet die Gleichung: F x + Δx − F x 1 x + Δx Δx = Δx x f u du Betrachtet man den Grenzwert, wenn Δx sich von beiden Seiten Null nähert, wird dies dF x dx =f x (1.15) oder, mit der Definition von F(x) eingesetzt, d x dx af u du = f x (1.16) Dies besagt, dass die Ableitung des Integrals den ursprünglichen Integranden zurückgibt. Dieses sehr wichtige Ergebnis wird als Fundamentalsatz der Analysis (auch: Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung) bezeichnet. Er hat einen zweiten Teil, der das bestimmte Integral mit der Ableitung des unbestimmten Integrals in Beziehung setzt. Die- sen Teil wollen wir nun untersuchen. 28 Die obige Betrachtung hing nicht von irgendeiner Eigenschaft der beliebig gewählten Kon- stante a ab. Daher ist die Umkehrung der Ableitung nicht eindeutig. Allerdings unterschei- den sich zwei beliebige Stammfunktionen F1(x) und F2(x) der Ableitunghöchstens durch eine Konstante, sodass wir für die Familie der Funktionen mit der Ableitung f(x) schreiben können: ∫f x dx = F x + c (1.17) d Wir erinnern uns, dass dx c = 0 ist. Der Ausdruck 1.17 ist das unbestimmte Integral von f(x), und c wird die Konstante der Integration genannt. Die Stammfunktion F(x) kann auch zur Berechnung bestimmter Integrale verwendet wer- den. Sei x0 ein beliebiger Punkt in (a, b), erhalten wir aus Gleichung 1.13: b x0 b af x dx = a f x dx + x0 f x dx (1.18) b x0 = x0 f x dx + a f x dx (1.19) b b a af x dx = x0 f x dx − x0 f x dx (1.20) = F b −F a. (1.21) Integrale mit unendlichen Integrationsgrenzen Die etwas intuitive Definition des Integrals als Fläche unter einem Graphen oder als Umkehrung der Ableitung lässt keine unendlichen Integrationsgrenzen zu. Wir können die Definition jedoch auf diese Fälle ausweiten, indem wir beobachten, dass ∞ b f x dx = lim f x dx = lim F b − F a (1.22) a b ∞ a b ∞ gilt, wobei der Grenzwert für b gegen ∞ erst nach der Berechnung des Integrals ausgewer- tet wird. Berechnung von Integralen Leider lassen sich im Gegensatz zur Ableitung viele Integrale nicht einfach berechnen und es gibt nur wenige einfache Regeln, die angewendet werden können. Im Folgenden sind einige Beispiele für unbestimmte Integrale aufgeführt. Beachten Sie, dass u typischer- weise eine Funktion u(x) ist, und du = u'(x)dx gilt: 29 un + 1 ∫undu = n+1 +c n≠ −1 du ∫ u = ln u + c au ∫audu = lna +c ∫eudu = eu + c ∫cos udu = sin u + c ∫sin udu = −cos u + c ∫cosh udu = sinh u + c ∫sinh udu = cosh u + c du ∫ = tan u + c cos2u du ∫ = −cot + c sin2u du 1 u ∫ = arctan a +c u + a2 2 a du 1 u ∫ = − a arccot a + c u2 + a2 du u ∫ = arcsin a +c 2 a − u2 du u ∫ = −arccos a + c a2 − u2 Formeln für eine große Auswahl von Integralen sind in Integraltabellen zu finden. Um unbekannte Integrale zu berechnen, versuchen wir in der Regel, Integrale in leichtere For- men zu überführen. Als Referenz sind hier einige Integrationstechniken aufgeführt, die hilf- reich sein könnten: logarithmische Integration: Integrale, bei denen der Integrand als Quotient einer f′ x Funktion und ihrer Ableitung geschrieben wird, können durch ∫ f x dx = ln f x + c berechnet werden. Zerlegung: Wenn der Integrand eine Linearkombination von integrierbaren Funktionen ist, können wir das Integral der Summe in eine Summe von einfacheren Integralen zer- legen: n n ∫ aif i x dx = ai∫f i x dx i=1 i=1 Substitution: Wenn der Integrand in Bezug auf eine andere Variable oder Funktion x = u(t) parametrisiert werden kann, können wir oft die Substitution verwenden: ub b du t ua f x dx = f ut dt dt. a Der Schlüssel zum Erkennen von Integralen dieser Form liegt darin, eine geeignete Sub- stitutionsfunktion zu finden. partielle Integration: Wir erinnern uns zunächst an die Produktregel: d dx u ⋅ v = uv′ + u′v 30 Die partielle Integration ermöglicht es uns, das Integral in leichter lösbare Teile zu zerle- gen. Ordnen wir Gleichung 1.5 (die Produktregel) d dv du dx uv = u dx + v dx neu an, führt dies zu: dv d du u dx = dx uv − v dx Durch die Integration beider Seiten erhalten wir ∫uv′dx = uv − ∫vu′dx Die „Kunst“, das Integral zu berechnen, besteht darin, die Funktionen u und v so zu wählen, dass das zuletzt verbleibende Integral leichter zu lösen ist. BEISPIEL b Berechnen Sie das Integral a xcos xdx. Da der Integrand ein Produkt von x und cos x ist, lösen wir dieses Integral durch partielle Integration und wählen dafür u = x und v' = cosx. Mit dieser Funkti- onswahl haben wir v = sinx und du = dx. Durch Einsetzen in die Formel erhal- ten wir b b a xcos xdx = ax sin x ′dx b b = xsin x a − a sin xdx b = xsin x + cos x a = bsin b + cos b − asin a + cos a BEISPIEL 1 Berechnen Sie das Integral ∫ dx. x2 + x Zunächst stellen wir fest, dass der Nenner x2 + x als x(x + 1) ausgedrückt wer- den kann. Unter Verwendung einer Partialbruchzerlegung erhalten wir: 1 1 ∫ dx = ∫ x dx x2 + x x+1 1 1 = ∫ x − x+1 dx = ln x − ln x + 1 + c x = ln x+1 +c 31 für x > 0, wobe i wir die Diffe re nz inne rhalb de s Inte grals in e ine Summe von Inte grale n aufge te ilt habe n und die Tatsache ve rwe nde n, dass a ln = ln a − ln b gilt. Im Allge me ine n müsse n wir je doch darauf achte n, dass b das Argume nt de s Logarithmus für ne gative Zahle n nicht de finie rt ist. Taylor-Approximation Eine se hr nützliche Anwe ndung von Able itunge n und Integrale n ist das Taylor-The ore m. Die se s lie fe rt e ine Summe , die e ine gege be ne Funktion in de r Nähe e ine s fixie rte n Punkte s x0 annähert. Das Taylor-Theorem erfordert, dass die Funktion f(x) stetig ist und alle Ablei- tungen f'(x), f''(x),..., bis zur Ordnung f(n)(x) existieren, um eine Polynomnäherung n-ten Grades an f(x) in der Nähe von x0zu erzeugen. Mit Gleichung 1.21 können wir f(x) als a+ϵ a f′ x dx = f a + ϵ − f a (1.23) ausdrücken, wobei x und x – ϵ in der Nähe von a liegen. Dies kann geschrieben werden als: a+ϵ f a+ϵ =f a + a f′ x dx (1.24) Unter der Annahme, dass ϵ sehr klein ist, ist f'(x) ungefähr f'(a), und daher: f a + ϵ ≈ f a + ϵf′ a (1.25) Wir können dies nun abhängig von x und a ausdrücken, wieder unter der Annahme, dass wir nahe am Punkt a bleiben, um die folgende Annäherung zu erhalten: f x ≈ f a + x − a f′ a (1.26) Die durch Gleichung 1.26 gegebene Approximation wird als lineare Approximation an f(x) nahe x = a bezeichnet. Es handelt sich um die Tangentenapproximation an die Funktion f. Durch die Verwendung von weiteren Informationen über f, also durch die Konstruktion einer Funktion, die mit f bei x = a auch in Ableitungen höherer Ordnung übereinstimmt, können wir eine noch bessere Annäherung erhalten. Dies ist die allgemeine Idee der Tay- lor-Approximation des Grades n. Da f eine n-mal differenzierbare Funktion ist, können wir die Approximation auf jede der Ableitungen von f anwenden, um f′ x ≈ f′ a + x − a f″ a f″ x ≈ f″ a + x − a f″′ a zu erhalten sowie, in ähnlicher Weise: n−1 n−1 n f x ≈ f a + x−a f a Wir können nun die Abschätzung von f'(x) in Gleichung 1.24 einsetzen und erhalten 32 a+ϵ f a+ϵ ≈ f a + a f′ a + x − a f″ a dx ϵ2 = f a + ϵf′ a + 2 f″ a Dieser Prozess kann iterativ wiederholt werden, solange Ableitungen höherer Ordnung existieren, woraus sich die Taylor-Approximation n-ten Grades ergibt. Nochmals ausge- drückt in Abhängigkeit von x und a, können wir schreiben: 2 n x−a x−a n (1.27) f x ≈ f a + x − a f′ a + 2! f′′ a + ⋯ + n! f a. 1.2 Partielle Ableitungen Im vorigen Abschnitt haben wir die Ableitungen von Funktionen einer einzelnen Variablen betrachtet, d. h. n dn f x = f x dxn Ganz allgemein können wir Änderungsraten von Funktionen betrachten, die von mehr als einer Variablen abhängen. Wir können f(x1, x2,... ,xn) für eine Funktion schreiben, die von n Variablen x1, x2,... , xn abhängt. Ein Beispiel für eine Funktion, die von zwei Variablen x und y abhängt, f(x, y) = x2 + y2, ist in der folgenden Abbildung dargestellt. Die Funktion ist für jedes Paar (x, y) wohldefiniert, z. B. f(1, 1) = 2. 33 Abbildung 6: Eine Funktion in Abhängigkeit von zwei Variablen f(x,y) = x2 + y2 Quelle: Shiela Miller 2020. Zuvor haben wir diskutiert, dass die Ableitung einer Funktion einer einzelnen Variablen mit der Änderung oder dem Gradienten dieser Funktion zusammenhängt. Wenn wir wei- tere Variablen betrachten, möchten wir wissen, wie sich die Funktion ändert, wenn sich jede der Variablen einzeln ändert, indem wir uns z. B. vorstellen, wie sich x ändert, wenn y konstant gehalten wird. Betrachten wir erneut die Funktion f(x, y) = x2 + y2, so hat sie einen spezifischen Gradienten in alle Richtungen der xy-Ebene. Als Sonderfall betrachten wir sie, wenn wir uns entweder in der x- oder in der y-Richtung bewegen, z. B. entlang der x- oder y-Achse. Wir bewegen uns entlang einer Richtung, z. B. der x-Achse, und halten den Wert der anderen Variablen, in diesem Fall y, konstant, wäh- rend wir die Änderung der Funktion beobachten. Diese Ableitungen werden partielle Ableitungen genannt, die anzeigen, dass wir nur die „partielle“, also teilweise Änderung der Funktion entlang einer der Variablen beobachten. Ähnlich wie bei der Definition der Ableitung in Bezug auf eine einzelne Variable (Gleichung 1.2) definieren wir die partielle Ableitung als: ∂f f x + Δx, y − f x, y ∂x = lim Δx (1.28) Δx 0 34 und ∂f f x, y + Δy − f x, y ∂y = lim Δy , (1.29) Δy 0 wobei das Symbol ∂ anzeigt, dass diese Ableitung partiell in Bezug auf eine einzelne Vari- able durchgeführt wird, während die anderen Variablen konstant gehalten werden. Um dies deutlich zu machen, wird die partielle Ableitung oft als ∂f ∂f ∂x y und ∂y (1.30) x geschrieben, um anzugeben, welche Variable in der Ableitung berücksichtigt wird (näm- lich diejenige im Ausdruck der partiellen Ableitung) und welche konstant gehalten wird (diejenige außerhalb der Klammern). Genauso, wie es viele Notationen für die Ableitung im Fall einer einzelnen Variablen gibt, existieren auch zahlreiche Möglichkeiten, partielle Ableitungen anzugeben. Im Folgenden sind einige gebräuchliche Kurznotationen für die partielle Ableitung von f in Bezug auf x aufgeführt: ∂f ∂x = f x = ∂x f (1.31) Man kann Ableitungen höherer Ordnung berechnen, wenn die entsprechenden Grenz- werte existieren und auf die gleiche Weise berechnet werden. Einige Möglichkeiten im Falle von zwei Variablen sind: 2 ∂ ∂f ∂ f ∂x ∂x = = f xx, ∂x2 2 ∂ ∂f ∂ f ∂y ∂y = = f yy, ∂y2 2 ∂ ∂f ∂ f ∂x ∂y = ∂x ∂y = f yx, und 2 ∂ ∂f ∂ f ∂y ∂x = ∂y ∂x = f xy Beachten Sie, dass unter ausreichenden Stetigkeitsbedingungen die Beziehung 2 2 ∂ f ∂ f ∂x ∂y = ∂y ∂x gilt. BEISPIEL Finden Sie fx und fy, die ersten partiellen Ableitungen von f(x, y) = 3x2y2 + y. 35 Zunächst berechnen wir die partielle Ableitung in Bezug auf x, wobei y als Kon- stante behandelt wird, um ∂f ∂x = 6xy2 zu erhalten. Für die partielle Ableitung nach y behandeln wir nun x als eine Konstante und finden ∂f ∂y = 6x2y + 1 Totale Ableitung Die Definition der partiellen Ableitungen erlaubt es uns, die Änderungsgeschwindigkeit einer Funktion beispielsweise entlang der x- oder y-Achse zu untersuchen. Wir wollen nun die Änderungsrate untersuchen, wenn wir uns in irgendeiner Richtung in der Definitions- menge bewegen. Im Fall, dass wir Funktionen von zwei Variablen x und y haben, bewegen wir Δx in die x- Richtung und Δy in die y-Richtung. Nach dem Ansatz, den wir zuvor verfolgt haben, kön- nen wir schreiben: Δf = f x + Δx, y + Δy − f x, y = f x + Δx, y + Δy − f x, y + Δy + f x, y + Δy − f x, y f x + Δx, y + Δy − f x, y + Δy = Δx Δx + f x, y + Δy − f x, y Δy Δy, wobei wir im Zwischenschritt denselben Ausdruck subtrahiert und addiert haben, also – f(x, y + Δy) + f(x, y + Δy) = 0 hinzugefügt haben, um die gewünschten Quotienten Δx Δy einzubeziehen. Zudem haben wir mit Δx = 1und Δy = 1 multipliziert. Der Ausdruck in der ersten eckigen Klammer beschreibt die Änderung der Funktion f(x, y), we nn wir e ine n Schritt Δx in x-Richtung gehen, der Ausdruck in der zweiten eckigen Klammer entspricht der y-Richtung. Wenn wir Δx → 0 und Δy → 0 auf beiden Seiten lassen, sind die Terme in den eckigen Klammern die in Gleichung 1.28 definierten partiellen Ableitungen und wir erhalten die totale Ableitung (auch: totales Differential) einer Funktion f(x, y), das dann gegeben ist durch: ∂f ∂f df = ∂x dx + ∂y dy (1.32) Für Funktionen in n Variablen wird die obige Formel entsprechend erweitert auf: 36 ∂f ∂f ∂f df = dx + ∂x dx2 + ⋯ + ∂x dxn ∂x1 1 (1.33) 2 n Kettenregel Wenn eine Funktion in einer einzelnen Variablen als eine Verkettung von Funktionen aus- gedrückt werden konnte, haben wir die Kettenregel (Gleichung 1.6) verwendet, um sie zu differenzieren. Der gleiche Ansatz kann auf Funktionen mit mehreren Variablen angewen- det werden. Beispielsweise sind im Fall einer Funktion f(x, y) die Variablen x und y jetzt Funktionen df einer anderen Variablen u und wir wolle n die Able itung nach u finden, d. h. du. Ausge- hend von der totalen Ableitung in Gleichung 1.32 erhalten wir: df ∂f dx ∂f dy du = ∂x du + ∂y du Der gleiche Ansatz kann gewählt werden, wenn die Funktionen tiefer verschachtelt sind, d. h., anstelle von f(u(x)) könnte man f(u(v(x))) haben und die Kettenregel kann zur Berechnung der Ableitung verwendet werden, z. B.: df u v x ∂f ∂u dv dx = ∂u ∂v dx (1.34) 1.3 Mehrfachintegrale Mehrfachintegrale Zuvor haben wir in dieser Lektion Integrale über Funktionen in einer einzelnen Variablen eingeführt. Wir erinnern uns, dass das bestimmte Integral den Flächeninhalt zwischen dem Graphen einer Funktion f(x) und einem Intervall [a,b] angibt. Später erweiterten wir diese Erklärung auf unbestimmte Integrale. Darüber hinaus interpretierten wir die Integra- tion als Umkehrung des Ableitens. 37 Abbildung 7: Schematische Darstellung einer Funktion f(x, y), die integriert werden soll Quelle: Shiela Miller 2020. Auch hier werden wir im Fall mehrerer Variablen die Integration als einen Grenzwert von Annäherungen betrachten und uns zunächst auf den Fall von zwei Variablen x und y kon- zentrieren. Wir möchten das von der xy-Ebene und der Funktion f(x, y) eingeschlossene Volumen mit spezifischen Grenzen in x- und y-Richtung finden, dargestellt durch ein Gebiet R, das von einer Kontur C eingeschlossen ist. Dem zuvor in dieser Lektion beschriebenen Ansatz folgend, teilen wir die Fläche R innerhalb der Kurve in N Bereiche mit Flächeninhalten ΔAp, wobei p = 1, 2,... , N, und definieren die Summe N S= f xp, yp ΔAp, p=1 um das ungefähre Volumen auszudrücken, wobei ΔApdie Fläche der Basis und f(xp, yp) die Höhe der Zelle p ist. Wiederum betrachten wir unbeschränkt viele Bereiche wie diesen, d. h. wir nehmen N → ∞, was ΔAp → 0 impliziert. Ähnlich wie im Fall einer einzelnen Variablen, sagen wir, falls die obige Summe einen endlichen Grenzwert hat, dass dieser der Wert des Doppelintegrals von f(x, y) über ein Gebiet R ist: I= Rf x, y dA, (1.35) wobei dA ein infinitesimal kleiner Bereich in der x,y-Ebene ist, in dem die Funktion f(x, y) ausgewertet wird. Bisher haben wir keine Annahme über die kleine Fläche ΔA getroffen, die in der obigen Summe berücksichtigt wurde. Wenn wir kleine Rechtecke in x- und y- Richtung wählen, können wir ΔA = ΔxΔy schreiben, und wenn Δx → 0 und Δy → 0, können wir schreiben 38 I= Rf x, y dxdy, (1.36) was als Doppelintegral bezeichnet wird. Bei solchen Integralen kommt es manchmal darauf an, ob wir zuerst nach x oder nach y integrieren. Häufig ist es hilfreich, ein Bild zu zeichnen, um zu sehen, welche Variable leichter von der anderen abhängig ausgedrückt werden könnte. Wenn x leicht als Funktion von y ausgedrückt werden kann, könnten wir uns dafür entscheiden, zuerst kleine Bereiche in Richtung der Breite dy zu nehmen. Das gibt uns: y=d x = x2 y I= f x, y dx dy (1.37) y=c x = x1 y In diesem Fall sind die Grenzen des inneren Integrals die Parametrisierung der Grenzkurve C, ausgedrückt als x = x1(y) und x = x2(y). Im ersten Schritt wird y als eine Konstante behandelt, da das innere Integral über x ausgewertet wird. Der nächste Schritt der Berech- nung, das äußere Integral, wird mit den Grenzen y = c und y= d ausgewertet, genauso wie im Fall einer einzelnen Variablen, da im Ausdruck kein x mehr vorkommt. Alternativ können wir zuerst das Integral über y und dann über x auswerten, wie: x=b y = y2 x I= y = y1 x f x, y dy dx (1.38) x=a BEISPIEL Berechnen Sie das Integral I = ∫ R x2ydxdy, wobei R durch eine dreieckige Flä- che gegeben ist, die durch x = 0, y = 0, x + y = 1 begrenzt ist. Zunächst führen wir die Integration nach y durch, d. h. wir halten x fest. In die- sem Fall sind y = 0 und y = 1 – x die Grenzen von y. Unter der Bedingung x+y = 1 ist x = 1 de r Maximalwe rt von x, der für y = 0 ange nomme n wird. Das Inte gral wird dann ge schrie be n als: x=1 y=1−x 2 I= y=0 x ydy dx x=0 Wir be re chne n zue rst das inne re Inte gral, wobe i wir x als eine Konstante behan- deln, um y=1−x 2 1 y=1−x 1 2 y=0 x ydy = 2 x2y2 y=0 = 2 x2 1 − x zu erhalten. Dieses Ergebnis wird nun wie folgt in das äußere Integral eingefügt: 39 x = 11 2 2 x=0 2 x 1 − x dx 1 x=1 2 1 x=1 1 x=1 = 2 x=0 x dx − 2 x = 0 2x3dx + 2 x = 0 x4dx 11 3 1 1 1 11 51 = 23 x 0 − 4 x4 0 + 25 x 0 1 1 1 = 6 − 4 + 10 1 = 60. Im Falle von mehr als zwei Variablen kann die gleiche Notation entsprechend erweitert werden, z. B.: Vf x, y, z dxdydz, (1.39) wobei wir im Falle von drei Variablen eher über ein bestimmtes Volumen als über einen Bereich integrieren. 1.4 Variationsrechnung Variationsrechnung Zuvor stellten wir die Idee der lokalen Extrema vor und haben erklärt, wie man stationäre Punkte verwendet, um sie zu finden. Wir können die gleichen Ideen auf mehr als nur vari- able Funktionen anwenden. Tatsächlich können wir die Idee sogar so erweitern, dass wir nach Eingangsfunktionen suchen, die Extrema (Maxima und Minima) ergeben, anstatt nach Eingangswerten, die Extrema ergeben. Dies ist die Idee hinter der Variationsrechnung. In den meisten Fällen wollen wir eine gege- bene Größe, die von einer Familie von Eingangsfunktionen abhängt, minimieren oder maximieren; die Variationsrechnung bietet eine Methode, um eine Funktion f(x) zu finden, die den Extremwert liefert. Als konkretes Beispiel könnten wir uns ein Seil vorstellen, das, wie in der folgenden Abbil- dung gezeigt, an zwei Punkten A und B befestigt ist, ansonsten aber unter dem Einfluss Schwerkraft der Schwerkraft frei hängt. Wir erwarten, dass das Seil in einer bestimmten Form herun- Die Schwerkraft ist eine terhängt, wie durch die durchgezogene Linie in grau dargestellt wird, und keine andere der natürlichen Kräfte, die durch die Masse von Form annimmt (wie durch die beiden gestrichelten Linien angedeutet) – zumindest Objekten verursacht wird solange keine andere äußere Kraft als die Schwerkraft einwirkt und alle anfänglichen und dazu führt, dass Bewegungen zum Stillstand gekommen sind. In diesem Beispiel ist das Seil an den Punk- diese voneinander ange- zogen werden. ten A und B fixiert, sodass wir zwei Einschränkungen haben, wobei die Länge des Seils, die wir als konstant ansehen, nicht eingeschlossen ist. Da die Gravitationskraft auf jeden Teil des Seils wirkt, nimmt das Seil die Form an, bei der die gesamte potenzielle Energie, 40 ausgedrückt durch das Integral über alle kleinen Teile des Seils, minimal ist. Sei f(x) die Funktion, die die Form des hängenden Seils mit der minimalen potenziellen Energie beschreibt. Wir möchten f(x) finden. Abbildung 8: Veranschaulichung des Konzepts der Variationsrechnung mit einem an den Punkten A und B hängenden Seil Quelle: Shiela Miller 2020. Um die Variationsrechnung einzuführen, beginnen wir mit dem Integral: b I= aF y, y′, x dx, (1.40) wobei a, b und F durch die Art des Problems, das wir betrachten wollen, gegeben sind. Das Integral hängt dann von der Funktion y(x) ab. Wir nennen solche Funktionen Funktio- nale; hier ist I eine Funktion von y(x), die wir mit I=Iy x (1.41) bezeichnen. Wir verwenden eckige Klammern, um anzuzeigen, dass I ein Funktional und nicht etwa eine Funktion mit Definitionsmenge ℝn ist. Dann suchen wir nach den Kurven y(x), die stationäre Werte des Integrals I sind, und bestimmen, ob solche Kurven Extrema des Integrals sind. Um einen stationären Punkt des Funktionals I [y(x)] zu finde n, suche n wir nach de m Punkt, an de m sich das Funktional I nicht ändert, wenn y(x) um einen kleinen Betrag gestört wird. Wenn wir also die Änderung yx y x + ϵη x (1.42) 41 um einen kleinen Betrag ϵ unter Verwendung einer beliebigen Funktion η(x) durchführen, verlangen wir, dass sich der Wert von I nicht ändert, also: dI dϵ ϵ = 0 = 0 ∀η x (1.43) Wir fügen nun die obige Gleichung 1.42 in das Integral in Gleichung 1.40 ein: b I y x ,ϵ = aF y + ϵη, y′ + ϵη′, x dx Im Allgemeinen gehen wir davon aus, dass sich alle Funktionen gut verhalten, insbeson- dere in Situationen, die sich auf physikalische Beispiele beziehen. Wir können dies in einer Taylor-Reihe nach Gleichung 1.27 entwickeln und das Integral wird näherungsweise: b b ∂F ∂F I y x ,ϵ = F y, y′, x dx + ϵη + ∂y′ ϵη′ dx + ⋯ (1.44) a a ∂y Wir verwenden jetzt wieder Gleichung 1.43, in der wir fordern, dass sich das Integral I nicht ändert, wenn wir y um den kleinen Wert ϵη(x) für jede beliebige Wahl von η ändern. Der erste Term in der Taylor-Entwicklung hängt nicht von η ab und hat daher die Ableitung 0 in Bezug auf η. Dies impliziert dann, dass der zweite Term bei jeder Wahl von η(x) gleich Null sein muss, nämlich: b ∂F ∂F δI = ϵη + ∂y′ ϵη′ dx = 0, (1.45) a ∂y wobei die Notation δI verwendet wird, um die Variation des Funktionals I[y(x)] aufgrund der Änderung von y(x)→ y(x)+ϵη(x) anzugeben. Darüber hinaus ist ϵ eine kleine, aber von Null verschiedene Zahl und kann daher in der obigen Gleichung weggelassen werden. Wir berechnen nun den zweiten Teil des Integrals durch partielle Integration, was zu fol- genden Ergebnissen führt: b ∂F ∂F b b d ∂F η′dx = η − η dx (1.46) a ∂y′ ∂y′ a a ∂y′ Und so wird dies zur Integralgleichung: ∂F b b ∂F d ∂F η + − η x dx = 0 (1.47) ∂y′ a a ∂y dx ∂y′ Wir gehen nun davon aus, dass die Endpunkte a und b sowie y(a) und y(b) fixiert sind – wenn wir uns an unser erstes Beispiel des frei hängenden Seils unter dem Einfluss der Schwerkraft erinnern, sehen wir, dass das Seil an seinen beiden Befestigungspunkten fixiert war. 42 Da y(a) und y(b) fixiert sind, bedeutet dies, dass an diesen Punkten η(a) = 0 und η(b) = 0 ist: Wenn wir das Seil wackeln lassen, d. h. y(x) ändern, bleiben die Endpunkte unverän- dert und der erste Term in der obigen Gleichung verschwindet. Da Gleichung 1.47 für jede Wahl von η(x) gleich Null sein muss, bedeutet dies, dass die Funktion im Integral ebenfalls Null sein muss, also: ∂F d ∂F ∂y = dx ∂y′ (1.48) Gleichung 1.48 ist als Euler-Lagrange-Gleichung bekannt. BEISPIEL Zeigen Sie, dass der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten eine gerade Linie ist. Wir beginnen damit, die Anfangs- und Endpunkte anzugeben, die durch einen beliebigen Weg verbunden werden; der Anfangspunkt A ist durch die Koordina- ten (a, y(a)) und der Endpunkt B durch die Koordinaten (b, y(b)) gegeben, wie unten dargestellt: Abbildung 9: Zwei Punkte A, B, die durch einen Weg verbunden sind Quelle: Shiela Miller 2020. Für jedes kleine Segment des Wegs kann die Länge durch eine gerade Linie unter Verwendung der Abstandsformel 2 2 ds = dx + dy angenähert werden, wobei wir annehmen, dass dx und dy klein genug sind, um die Annäherung des kleinen Dreiecks für ds zu rechtfertigen. Wenn wir nun dx ausklammern, wird die obige Gleichung zu: 43 2 (1.49) ds = 1 + y′ dx Die Gesamtlänge der Weglinie ist durch das Integral b b 2 L= ds = 1 + y′ dx (1.50) a a gegeben, wobei die Integration auf dem Weg zwischen den beiden Punkten stattfindet. Wir berechnen nun den Weg, der zu einem stationären Punkt für L führt, was in diesem Fall ein Minimum, also die kürzeste Verbindung zwischen den Punkten A und B, ergibt. Wir gehen von der Euler-Lagrange-Gleichung 1.48 aus und stellen fest, dass die Funktion im Integral L nicht explizit von y abhängt. Dies impliziert, dass ∂F ∂y =0 sodass die Euler-Langrange-Gleichung als d ∂F = 0, (1.51) dx ∂y′ geschrieben werden kann. Dies wiederum bedeutet gleichzeitig, dass ∂F =c (1.52) ∂y′ 2 für eine Konstante c. Wir berechnen nun die Ableitung der Funktion 1 + y′ nach y' und erhalten ∂F y′ c= = , (1.53) ∂y′ 2 1 + y′ unter Verwendung der Tatsache, dass w als w1/2 geschrieben werden kann. Wir lösen nun die Gleichung y′ c= 2 1 + y′ für dy, sodass wir beide Seiten integrieren können und eine explizite Formel für y wie folgt erhalten: y′ c= (1.54) 2 1 + y′ 2 y′ c2 = (1.55) 2 1 + y′ 44 2 2 c2 1 + y′ = y′ (1.56) 2 2 (1.57) c2 = y′ − c2 y′ 2 (1.58) = 1 − c2 y′ dy c= 1 − c2 (1.59) dx c dx = dy (1.60) 1 − c2 Indem wir beide Seiten integrieren, erhalten wir c y= x+k (1.61) 1 − c2 für eine Konstante k. Man bemerke hierfür, dass der Ausdruck c 1 − c2 konstant ist und ∫ dx = x. Wie erwartet, ist die obige Gleichung tatsächlich eine c Gerade der Form y = mx + b mit m = und Konstante k = b. 1 − c2 ZUSAMMENFASSUNG In dieser Lektion haben wir sowohl Funktionen in einer einzelnen Vari- ablen f(x) als auch multivariate Funktionen gesehen, also solche, die von mehreren Variablen abhängen, wie f(x, y). Die Able itung ist e in We rkze ug zur Unte rsuchung de r Ände rungsrate e ine r Funktion in Be zug auf e ine ge ge be ne Variable. Be i multivariate n Funktione n ge be n die par- tie lle n Able itunge n an, wie stark sich die Funktion be ispie lswe ise e nt- lang der x- oder y-Achse ändert, während die totale Ableitung diese Idee auf die Änderungsrate einer Funktion in einer beliebigen Richtung erwei- tert. Die Integration von Funktionen in einer Variablen wurde als die Berech- nung der Fläche unter ihrem Graphen eingeführt und kann als die Umkehrung der Ableitung interpretiert werden. Die Taylor-Entwicklung kann verwendet werden, um eine gegebene Funktion an einem 45 bestimmten Punkt zu approximieren. Schließlich erweitert die Variati- onsrechnung die Konzepte der Differentiation und Integration auf Funk- tionen, deren Argumente selbst Funktionen sind. 46 LEKTION 2 INTEGRALTRANSFORMATIONEN LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie in der Lage sein, … – Integraltransformationen zu verstehen. – die Wirkung von zwei Funktionen mithilfe eines Faltungsintegrals zu kombinieren. – Faltungen zur Beschreibung realer Anwendungen wie endliche Sensorauflösungen oder Bildbearbeitung zu verwenden. – periodische Signale als Fourier-Reihe auszudrücken. – Zeitbereichs- und Frequenzbereichsfunktionen mithilfe von Fourier-Transformationen auszudrücken. 2. INTEGRALTRANSFORMATIONEN Einführung Integraltransformationen spielen eine wichtige Rolle bei der Analyse, Weiterverarbeitung und Transformation von Signalen. Diese Lektion konzentriert sich auf zwei Transformatio- nen, die für praktische Anwendungen von großer Bedeutung sind, nämlich Faltungen und Fourier-Transformationen. Faltungen beschreiben, wie zwei Funktionen miteinander inter- agieren, z. B. wie die endliche Auflösung eines Sensors oder Messgeräts den Wert der von diesem Gerät gemessenen Größe beeinflusst. Fourier-Reihen und Fourier-Transformationen werden zur Analyse und Beschreibung peri- odischer Signale verwendet. Dieser Formalismus erlaubt es uns, die beobachteten Signale als Überlagerung von Signalen unterschiedlicher Frequenzen und Intensitäten auszudrü- cken und zwischen äquivalenten Beschreibungen im (beobachteten) Zeitbereich und im Frequenzbereich zu wechseln. Dies kann die Behandlung von Signalen sehr viel einfacher machen, da einige Transformationen oder Filter in einem Bereich leichter angewendet werden können als im anderen. Ein Lehrbuch, das diesen Themenbereich gut abdeckt, ist „Signals & Systems“ (Oppen- heim/Willsky/Nawab 1997). 2.1 Faltungen Definition der Faltung Um eine bestimmte Größe zu messen, sind wir auf ein Messgerät angewiesen. Um eine Temperatur zu messen, benutzen wir beispielsweise ein Thermometer, das uns die Tem- peratur der Substanz angibt, die wir untersuchen wollen. Dieses einfache Bild ist jedoch nicht ganz korrekt. Die Messung gibt nicht die tatsächliche „wahre“ physikalische Größe Auflösung (wie z. B. die Temperatur) wieder, sondern wird durch die intrinsische Auflösung des Mes- Detektoren sind nicht sinstruments verzerrt. unendlich genau, sondern können eine Größe nur bis zu einer bestimmten, Es ist wichtig, sich vor Augen zu halten, dass die gemessene Größe, etwa die Temperatur, durch die Auflösung des nicht als abstrakte Größe existiert, sondern immer auf ein reales, physikalisches System Detektors bestimmten Genauigkeit messen. bezogen ist. Als solches ist mit dieser Eigenschaft im mathematischen Sinne letztlich kein Einzelwert verbunden; sie wird stattdessen immer von Wahrscheinlichkeiten und Wahr- scheinlichkeitsverteilungen bestimmt. Das bedeutet, dass wir, wenn wir immer wieder dieselbe Messung wiederholen, leicht unterschiedliche numerische Werte für dieselben „wahren“ physikalischen Werte erhalten, die durch die spezifische Auflösung des Geräts bestimmt werden. Beispiele, die diese Möglichkeiten für solche Auflösungen veranschauli- chen, sind in der folgenden Abbildung dargestellt. 48 Abbildung 10: Drei Beispiele für verzerrte und unverzerrte Auflösungsfunktionen Quelle: Shiela Miller 2020. Ein gutes Thermometer kann eine hohe Auflösung haben und eine unverzerrte Messung liefern. Das bedeutet, dass das Thermometer den „wahren“ Wert nicht verschiebt, son- dern einen Wert zurückgibt, der zufällig leicht um den wahren Wert schwankt. Die Mess- werte eines Thermometers mit dieser Eigenschaft werden durch die rot gestrichelte Linie angezeigt. Durch mehrmaliges Wiederholen der Messung ist es möglich, die Auflösung des Instruments und damit die spezifische Schwankungsbreite der mit diesem Thermometer durchgeführten Messungen zu bestimmen. Die schwarze durchgezogene Linie hingegen illustriert die Messwerte eines Thermometers mit geringerer Auflösung; die Werte schwanken noch immer zufällig um den „wahren“ Wert, aufgrund der geringeren Auflösung des Instruments sind die Schwankungen jedoch stärker. Die blau gestrichelte Linie schließlich veranschaulicht, was passiert, wenn das Messinstru- ment selbst eine Verzerrung einführt. In diesem Fall sind die gemessenen Werte nicht mehr „treu“ zu den erwarteten bzw. „wahren“ Werten; die Auflösung des Instruments ist asymmetrisch mit langen Enden, was darauf hinweist, dass die spezifischen Messungen zu höheren Werten hin verzerrt werden. Um die Vorstellungen von „treu“ und „wahr“ mathematischer auszudrücken, stellen wir fest, dass wir eine Funktion f(x) benötigen, welche die wahren Werte der zu messenden Substanz repräsentiert. Es ist wichtig zu beachten, dass die große Mehrheit der Systeme, 49 Stochastisch Objekte und Prozesse in unserer Welt stochastisch ist. Das bedeutet, dass jeder Wert oder Die stochastischen Sys- jede Zahl, die wir beobachten, zufällig ist, aber einer bestimmten Wahrscheinlichkeitsver- teme unterliegen den Gesetzen der Wahrschein- teilung folgt, die durch einen für dieses System relevanten Prozess bestimmt wird. lichkeit, im Gegensatz zu deterministi

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