Sozialstrukturanalyse - Past Lecture Notes (PDF)
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Universität Konstanz
Prof. Dr. Claudia Diehl
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Summary
These notes cover social structure and its analysis. They include discussions of classes, social stratification, and social lifestyles. The author is Prof. Dr. Claudia Diehl from Universität Konstanz.
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Sozialstrukturanalyse Strukturen sozialer Ungleichheit: Klassen, Schichten, Milieus, Lebensstile Prof. Dr. Claudia Diehl WS 2024/2025 Universität Konstanz Aktuelle Stunde: Sozialstruktur der Trump Wähler*innen 2 Diehl, Vorlesung Sozialstru...
Sozialstrukturanalyse Strukturen sozialer Ungleichheit: Klassen, Schichten, Milieus, Lebensstile Prof. Dr. Claudia Diehl WS 2024/2025 Universität Konstanz Aktuelle Stunde: Sozialstruktur der Trump Wähler*innen 2 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2017/2018 Universität Konstanz Aktuelle Stunde: Sozialstruktur der Trump Wähler*innen 3 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2017/2018 Universität Konstanz Strukturen sozialer Ungleichheit (Rössel 2009: 103f) 1. Wie lässt sich das Muster sozialer Ungleichheit beschreiben, das sich aus Verteilung von Ressourcen und Handlungsrestriktionen ergibt? 2. Heute: Beschreibungen vertikaler Dimension sozialer Ungleichheit und Kritik daran 3. Zentrale Frage: wie erklärungskräftig sind diese verschiedenen Beschreibungen? 4 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2017/2018 Universität Konstanz Soziale Klassen und Schichten Kerngedanken des Klassenbegriffs: − Einteilung / Schichtung der Gesellschaftsmitglieder nach ökonomischen Kriterien − gewisse Konflikthaftigkeit zwischen den Klassen − Klassen recht undurchlässig Kerngedanken des Schichtbegriffes: − Klare hierarchische Anordnung der Gesellschaftsmitglieder − Nicht nur ökonomische Verhältnisse bestimmen soziale Position − Schichtzugehörigkeit geht weniger mit bestimmten Interessen einher 5 28.10.201 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2017/2018 Universität Konstanz Soziale Klassen Der Marx‘sche Klassenbegriff: − Klassen definiert durch Stellung im Produktionsprozess: Kapitalisten besitzen Produktionsmittel und Arbeiter nicht − Verhältnis Arbeiter : Kapitalisten: Ausbeutungsbeziehungen − Daher: konträre Interessen − Im Zeitverlauf kommt es zu einer immer stärkeren Polarisierung dieser beiden Klassen 6 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2017/2018 Universität Konstanz Soziale Klassen Der Weber‘sche Klassenbegriff (Weber 1972) : − Die Klassenlage bestimmt Verwertungschancen der Akteure auf Märkten − Zentrale Unterscheidung zwischen Erwerbsklassen (Chancen der Marktverwertung von Gütern oder Leistungen bestimmen Klassenlage) und Besitzklassen (Besitzunterschiede bestimmen Klassenlage) − Klassenlagen, zwischen denen man leicht wechseln kann, gehören zu einer „sozialen Klasse“, soziale Mobilität zwischen sozialen Klassen ist gering − Soziale Klassen: Arbeiter, Qualifizierte, besitzlose Mittelklasse, Kleinbürgertum, Oberklasse − Große Varianz innerhalb der Klassenlagen: je nach Qualifikation unterscheiden sich innerhalb der Erwerbsklasse Chancen auf Märkten − keine Polarisierung oder gemeinsamen Interessen („Klassenbewusstsein“) 7 28.10.2014 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2017/2018 Universität Konstanz Soziale Klassen Neuere Klassenkonzepte: − Ausgangsproblem: Klassen zu stark differenziert, um Erklärungskraft zu besitzen, daher Berücksichtigung weiterer Strukturdimensionen nötig! − Andere Kritiker verweisen auf grundsätzliche Unmöglichkeit, moderne Gesellschaften anhand eines Konzepts zu klassifizieren und verwenden daher Einzeldmensionen wie Bildung, Einkommen etc. − Beispiel: Mikroklassen nach David Grusky, die Berufe klassifiziert, resultiert in 126 Mikroklassen, die erklärungskräftiger sein sollen, da Mikroklassen aufgrund von drei Mechanismen homogen sind: a) Selbstselektion und Selektion durch Arbeitgeber b) Homogenisierung durch gemeinsame Ausbildung c) Interaktionsnetzwerke und Arbeitsbedingungen sowie institutionalisierte Regeln, denen alle unterliegen 8 2810.2014 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2017/2018 Universität Konstanz Soziale Klassen Erik O Wright: − Mittelklasse mit widersprüchlicher Lage (z.B. Manager) − Autoritätsposition („Personalverantwortung“) und Qualifikation als wichtige zusätzliche Dimension; Autoritätspositionen werden höher entlohnt, um Inhaber an Unternehmensziele zu binden − „Marxistische Tradition“: Ausbeutung immer noch wichtig, beruht auf drei Ressourcen: Qualifikation, Organisationsmacht, Produktionsmittelbesitz − Kapitalisten besitzen alles drei, Proletarier nichts, aber: Zwischenformen 9 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2017/2018 Universität Konstanz Soziale Klassen John Goldthorpe: − Gegen Idee, dass durch Globalisierung und Arbeitslosigkeit Klassen aufgeweicht wurden − Klassenzugehörigkeit ist nach wie vor ungleichheitsrelevant, gerade für Arbeitslosigkeitsrisiko! − EGP Schema (Ericson, Goldthorpe, Portocarero): fasst Berufsgruppen mit ähnlichen Marktchancen und Arbeitsbedingungen zusammen, diese sind in „typische Beziehungen“ auf Arbeitsmarkt involviert − wichtig: Besitz von Produktionsmitteln, Arbeitsbeziehungen (Kontrolle und Überwachung) und Qualifikation - ähnliche Grundgedanken wie Wright, aber andere Zusammenfassung in Klassen − Wird in abgewandelter Form in vielen empirischen Analysen verwendet um soziale Phänomene zu erklären (Wahlverhalten, Konsumverhalten etc.) 10 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2017/2018 Universität Konstanz Soziale Klassen John Goldthorpe (Klassenschema, sozialstrukturanalysen.de): 11 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2017/2018 Universität Konstanz Status und Schicht Der Schichtbegriff: − Weniger stark an ökonomischen Kriterien orientiert − Beruf und nicht länger Besitztum als wichtigste Statusdeterminante (da Unterschiede zwischen Unselbständigen fundamental sind) − Schichten als „Gruppierungen von Menschen mit ähnlich hohem Status innerhalb einer oder mehrerer berufsnaher Ungleichheitsdimensionen“ (Hradil 1999: 36) − Z.B. Einkommensschichten, Berufsprestigeschichten, Bildungsschichten − Mobilität zwischen Schichten eher möglich als zwischen Klassen oder Ständen − weniger stark an Konsequenzen im Sinne kollektivem Handeln interessiert 12 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2017/2018 Universität Konstanz Status und Schicht − Sozialer Status bezeichnet Stellung einer Person auf Verteilungsstruktur einer Ressource wie Bildung oder Einkommen − Faktisch oft sozialversicherungsrechtliche Stellung eines Berufs: Selbständige, Beamte, Angestellte und Arbeiter; rein berufliche Skalen zielen oft auf Berufsprestige ab − Multiple Indikatoren, z.B. ISEI (International Socio-Economic Index of Occupational Status), leitet aus Bildung und Einkommen den Status ab 13 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2017/2018 Universität Konstanz Kritik an Klassen- und Schichtmodellen: Die nivellierte Mittelstandsgesellschaft In diesem Sinne liegt in der industriellen Massenproduktion von Konsum- Komfort- und Unterhaltungsgütern, deren sich auch die ehemals oberen, bürgerlichen Schichten heute schon voll bedienen, die wirksamste Überwindung des Klassenzustandes der industriellen Gesellschaft selbst begründet, allerdings auch ihre Uniformierung in Lebensstil und sozialen Bedürfnissen. Diese verhältnismäßige Nivellierung ehemals schichttypischer Verhaltensstrukturen des Familienlebens, der Berufs- und Ausbildungswünsche der Kinder, der Wohn-, Verbrauchs- und Unterhaltungsformen, ja, der kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Reaktionen, ist der vielleicht dominierendste Vorgang in der Dynamik der gegenwärtigen deutschen Gesellschaft.“ Helmut Schelsky 1965 : 331ff. 14 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2017/2018 Universität Konstanz Kritik an Klassen- und Schichtmodellen − Seit den 1950er Jahren Kritik am Klassen- und Schichtmodellen (→ Ulrich Beck) − Hauptthese: Klassen und Schichten lösen sich auf bzw. sind keine zentralen Determinanten sozialer Ungleichheit mehr − Ökonomische Kriterien besitzen nicht mehr die gleiche Relevanz wie früher, sind zu erwerbszentriert − Ursachen: Wohlstand und soziale Mobilität haben zugenommen − Keine systematische Erklärung von Wandel möglich, da Fokus auf Reproduktion von Schichten liegt 15 28.10.204 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2017/2018 Universität Konstanz Kritik an Klassen- und Schichtmodellen − Helmut Schelsky: kollektiver Aufstieg der Industriearbeiterschaft und der technischen und Verwaltungsangestellten in den neuen Mittelstand und gleichzeitiger Abstieg des Besitz- und Bildungsbürgertums − In dieser „nivellierten Mittelstandsgesellschaft“ haben sich neue soziale und kulturell Verhaltensformen herausgebildet, v.a. das kleinbürgerlich- mittelständische Milieu − Primäre Dynamik: nicht Mobilität zwischen Schichten sondern „Entschichtung“ (Abbau der Bedeutung von Schichten überhaupt) →Aber wie untersucht man das empirisch? 16 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2017/2018 Universität Konstanz Die Individualisierungshypothese (Kohler 2004) Variante De-institutionalisierungsthese: 17 28.10.2014 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2017/2018 Universität Konstanz Die Individualisierungshypothese (Kohler 2004) Variante De-institutionalisierungsthese: 18 28.10.2014 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2017/2018 Universität Konstanz Die Individualisierungshypothese (Kohler 2004) Variante De-institutionalisierungsthese: 19 28.10.2014 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2017/2018 Universität Konstanz Die Individualisierungshypothese (Kohler 2004) Variante De-institutionalisierungsthese: 20 28.10.2014 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2017/2018 Universität Konstanz Die Individualisierungshypothese (Kohler 2004) 0= ungelernte Arbeiter 21 28.10.2014 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2017/2018 Universität Konstanz Die Individualisierungshypothese (Kohler 2004) Zusammenfassung: − Mit steigendem Wohlstand verringert sich Abstand zwischen Selbständigen und „höheren white collars“ und ungelernten Arbeitern, v.a. in Bereichen Lebenszufriedenheit, Geldprobleme und Wohnqualitätsprobleme! − In wohlhabenden Gesellschaften ist die Zugehörigkeit zu diesen Gruppen für viele „abhängigen Variablen“ nicht mehr sehr erklärungskräftig 22 28.10.2014 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2014/15 Universität Konstanz Milieus und Lebensstile Kritik an Klassen- und Schichtmodellen: − Nachlassende Bedeutung des Klassen- und Schichtkonzepts − Fokus auf ökonomisch erzeugter Ungleichheit − Ausschließliche Berücksichtigung der Erwerbstätigen (aber: Berücksichtigung des Haushaltsvorstands) − Statuskonsistenz ist Voraussetzung für Funktionieren der Modelle (aber: Statuskonsistenz nimmt eher zu als ab), Ungleichheit nimmt ab (aber: empirisch falsch! − Entkoppelung von Klassen- und Schichtzugehörigkeit und Einstellungen und sozialem Handeln (z.B. Wahl-, Konsum-, Freizeitverhalten, aber: „mixed evidence“) 23 28.10.2014 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2014/15 Universität Konstanz Milieus und Lebensstile Ist die Schichtzugehörigkeit im Zeitverlauf weniger gut erkennbar (Pape, Rössel, Solga 2008)? − Empirie: Von Hochzeitsfotos auf Schichtzugehörigkeit schließen − These: Stilunterschiede innerhalb einer Schicht werden im Zeitverlauf größer, von Aussehen lässt sich nicht mehr auf Position in vertikaler Verteilung schließen − Aber: 1970er Jahre eher die Ausnahme als Beginn eines Trends 24 28.10.2014 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2014/15 Universität Konstanz Milieus und Lebensstile Pape, Rössel, Solga 2008 25 28.10.2014 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2014/15 Universität Konstanz Milieus und Lebensstile Kritik an Klassen- und Schichtmodellen: − Herausforderung: Beschreibung der Strukturen sozialer Ungleichheit liefern, die für den/die Einzelne/n wirklich erfahrbar sind und soziale Stellung im Vergleich zu anderen bestimmen − → Vertikalität fraglich: Man sollte sich „von der Denkschablone der Vertikalität freimachen“ (Hradil 2009: 301) − Alternative Konzepte: Lebensstile, soziale Lagen, Milieus 26 28.10.2014 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2014/15 Universität Konstanz Milieus und Lebensstile (Solga et al 2009: 38ff; (Huinink/Schröder 2008: 194ff.) − Seit 1980er Jahren prominent − Abkehr von Annahme der Korrespondenz zwischen objektiven Lebensbedingungen und subjektiven Lebenseinstellungen und Haltungen − Ziel: Alltagshandeln aller Gesellschaftsmitglieder erfassen, auch der ökonomisch nicht Aktiven − Mehrdimensionalität des Alltagshandeln erfassen und nicht nur ökonomische Aspekte − Menschen können trotz gleicher äußerer Lebensbedingungen sehr unterschiedliche Ziele im Leben verfolgen 27 28.10.2014 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2014/15 Universität Konstanz Wiederholung: Ein handlungstheoretischer Bezugsrahmen (Rössel 2009: 18) Werte Normen Handlungsmittel Ziele Akteur Situation Handlungsbedingungen − Drei Determinanten menschlichen Handelns: (a) Handlungsziele („Wollen“), (b) Handlungsmittel („Können“), Ressourcen bzw. Kapitalien (c) Handlungsbedingungen („Dürfen“), Restriktionen/Opportunitäten Universität Konstanz Milieus und Lebensstile (Rössel 2008: 149ff) Milieus: − Milieu: Menschengruppen, „die solche äußeren Lebensbedingungen und /oder inneren Haltungen aufweisen, aus denen sich gemeinsame Lebensstile herausbilden“ (Hradil 1987: 165) − Je nach Referenzstandard bewerten Personen ihre Lebensbedingungen ganz anders − Michael Vester et al. (2001): „Milieus bezeichnen Gruppen mit ähnlichem Habitus, die durch Verwandtschaft, Arbeit oder Lernen zusammenkommen und eine ähnliche Alltagskultur entwickeln. Sie sind einander durch soziale Kohäsion oder auch nur durch ähnliche Gerichtetheit des Habitus verbunden. Insofern sie ähnliche Orte im sozialen Raum einnehmen, sind sie die historischen Nachfahren der sozialen Klassen, Stände und Schichten“. 29 28.10.2014 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2014/15 Universität Konstanz Milieus und Lebensstile (Rössel 2008: 149ff) Milieus: − Was haben Milieus mit sozialer Ungleichheit zu tun? − Objektive Lebensbedingungen führen zu ganz unterschiedlichen Lebensstilen, z.B. Umgang mit beruflicher Unsicherheit bei Künstlern versus Arbeitern, Lebensstile regulieren also Umgang mit objektiven Lebensbedingungen − Beispiele für Milieus: kleinbürgerliches Milieu, traditionelles Arbeitermilieu, Hedonistisches Milieu, Alternativ-linkes Milieu − Milieukonzept verhilft Strukturmodell sozialer Ungleichheit zu mehr Lebensnähe (ebd.: 310) 30 28.10.2014 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2014/15 Universität Konstanz 31 28.10.2014 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2014/15 Universität Konstanz Bsp. Expeditives Milieu: Die ambitionierte kreative Bohème: Urban, hip, digital, kosmopolitisch und vernetzt; auf der Suche nach neuen Grenzen und unkonventionellen Erfahrungen, Lösungen und Erfolgen; ausgeprägte Selbstdarstellungskompetenz, Selbstbild als postmoderne Elite Bsp. Prekäres Milieu: Die um Orientierung und Teilhabe bemühte Unterschicht: Dazugehören und Anschlusshalten an den Lebensstandard der breiten Mitte – aber Häufung sozialer Benachteiligungen und Ausgrenzungen; Gefühl des Abgehängtseins, Verbitterung und Ressentiments; Selbstbild als 32 28.10.2014 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2014/15 Universität Konstanz robuste Durchbeißer Milieus und Lebensstile (Rössel 2008: 149ff, 303ff.) Lebensstile: − Milieus unterscheiden sich durch Lebensstile − Lebensstile sind Vermittlungskategorien zwischen objektiven Lebensbedingungen (Struktur) und subjektiven Einstellungen und Verhaltensweisen (Praxis) (Hradil 2009: 308) − Lebensstilforschung als Alternative zur klassischen Ungleichheitsforschung: − Lebensstile sind „ein Ensemble von Wertorientierungen, Einstellungen, Deutungen und Geschmacksdifferenzen, das in relativ stabile Muster der alltäglichen Lebensführung mündet (Solga et al 2009: 39) − „gruppenspezifische Formen der Alltagsorganisation und –gestaltung, die auf der Ebene des kulturellen Geschmacks und der Freizeitaktivitäten symbolisch zum Ausdruck kommen“ (Spellerberg 1996) − „Soziale Milieus werden daher über die Kriterien von Wertorientierungen, dem Alltagsbewusstsein und dem sozialen Status erfasst“ (Müller in: Solga et al. 2009: 338) 33 28.10.2014 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2014/15 Universität Konstanz Milieus und Lebensstile (Rössel 2008: 149ff, 303ff.) Lebensstile: − Methodisch: Clusterbildung und -benennung („Lebensstiltypologien“) − Vorteile: (a) Fokus auf Ressourcennutzung und nicht auf Ressourcenkontrolle (b) Lebensstile entstehen, wenn Handeln Optionen und nicht nur Zwänge widerspiegelt (c) Abkehr von Fokus auf Bedeutung ökonomischer „Basis“ (d) berücksichtigt verschiedene Lebensstile von Personen, die ähnliche Klassenlage teilen − Kritik: neue Ungleichheitsdimensionen korrelieren durchaus deutlich mit klassischen Dimensionen: Empirisch keine vollständige Abkoppelung von objektiven Lebensbedingungen − Hoher Aufwand bei beschränktem Erklärungsgewinn? 34 28.10.2014 Diehl, Vorlesung Sozialstrukturanalyse, WS 2014/15 Universität Konstanz