Einführung in die Emotionspsychologie (PDF) #1 Einführung

Summary

This document is a lecture on Emotionspsychologie. It introduces Emotionspsychologie, giving a summary of the key subjects.

Full Transcript

Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #1 Einführung Prof. Dr. Udo Rudolph...

Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #1 Einführung Prof. Dr. Udo Rudolph Allgemeine & Biopsychologie Institut für Psychologie | TU Chemnitz Einführung in die Emotionspsychologie Foliensatz #2: Grundlagen, oder: Wie alles anfängt... Udo Rudolph | Technische Universität Chemnitz 1 www.allpsy2.de Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #2 Einführung „Der Anfang ist die Hälfte von allem.“ Aristoteles (384 – 322 BC) Udo Rudolph | Technische Universität Chemnitz 2 www.allpsy2.de Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #2 Wie alles anfing Überblick zur heutigen Sitzung: 1. Die Sprache der Gefühle... die wir verstehen? 2. Unterschiedliche Zugänge... zur Sprache der Gefühle 3. Antike: Aristoteles und die Stoiker 4. Aufklärung: René Descartes und Baruch Spinoza 5. Neuzeit: Erste Schritte und Beiträge durch die Medizin: Der Fall Phineas Gage und die Arbeiten von Walter Rudolf Hess 6. Schlussfolgerungen: Was wir aus all dem lernen.... Udo Rudolph | Technische Universität Chemnitz 3 www.allpsy2.de Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #2 Wie alles anfing Die Sprache der Gefühle: Welche Elemente gehören zu einer Emotion unbedingt dazu? Anders gefragt: Sie wollen verstehen, wie Sie selbst sich fühlen oder jemand anderes sich fühlt... was sollten Sie also wissen? Wie fühlt sich das an? à eine bestimmte „Qualität“ der Emotion Wie intensiv ist dieses Gefühl? à eine Intensität (und mitunter auch die Dauer) Worauf richtet sich das Gefühl? à der Gegenstand der Emotion Wie kam das? à der/die Auslöser des Gefühls Was mache ich jetzt? à die (handlungsbezogenen) Folgen Udo Rudolph | Technische Universität Chemnitz 4 www.allpsy2.de Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #2 Wie alles anfing Die Sprache der Gefühle: Es gibt im Alltag verschiedene Wege, um zu verstehen, was Emotionen sind, eine wichtige davon: Sich selbst und andere beobachten... anhand vielerlei Methoden, so etwa: Selbstbeobachtung Beobachtungen Beobachtungsprotokolle Tagebuchverfahren... Poesie und Weltliteratur... Begriffe, die nicht als Emotionen zählen: Hunger, Durst, Erregung, Lust-Unlust, Schmerz, Stimmung Udo Rudolph | Technische Universität Chemnitz 5 www.allpsy2.de Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #2 Wie alles anfing Die Sprache der Gefühle: Warum sind Emotionen (für unsere Zwecke zunächst einmal synonym: Gefühle) so zentral für das menschliche Erleben und Verhalten? Hierfür gibt es viele Gründe – hier erst einmal drei davon: 1. Gefühlen haben wir im Alltag sehr oft, sie „begegnen“ uns Tag für Tag, bei anderen wie auch bei uns selbst. 2. Wenn wir ein Gefühl erleben, so ist es kaum möglich, etwas anderes zu erleben: Gefühle sind „aktuelle Zustände von Personen“, und sie sind in aller Regel unentrinnbar. 3. Gefühle lösen Handeln aus (oder zumindest Handlungstendenzen / Handlungsimpulse): wir bezeichnen dies als „handlungsleitende Funktion“ von Gefühlen. Udo Rudolph | Technische Universität Chemnitz 6 www.allpsy2.de Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #2 Wie alles anfing Antike I: Aristoteles (384 – 322 v.Chr.) hatte bereits einige erste Ideen zu unseren Gefühlen. Wohl nur ein kleiner Teil der Werke von Aristoteles ist erhalten. Er behandelt die Emotionen zunächst in seinem Werk über „Rhetorik“ (die Kunst des Redens), weil er glaubt, dass ein guter Redner nicht nur die Wahrheit finden, sondern auch die Emotionen der Zuhörer wachrufen muss. Seine zentrale Ideen: 1. Gefühle führen zu Verhalten / Handlungen. 2. Gefühle „passieren nicht einfach so“ – es ist keinesfalls so, dass diese „uns einfach zustoßen“ (etwa so, wie jemand nießen muss). 3. Gefühle basieren auf dem, was wir denken. Beispiel: „Ärger kann als ein Impuls angesehen werden, begleitet von einem bestimmten Schmerz, der uns zu einer wahrgenommenen (subjektiven) Rache drängt für etwas, das uns in unseren Augen Schaden zugefügt hat.“ Udo Rudolph | Technische Universität Chemnitz 7 www.allpsy2.de Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #2 Wie alles anfing... In einem weiteren Werk, der Poetik, entwickelte Aristoteles seine Auffassung noch weiter. Hier geht es um die Wirkung von literarischen Werken (einem Roman, Gedicht oder Theaterstück) auf die Leser / Zuschauer. Wie schon bei der Rhetorik geht Aristoteles auch hier davon aus, dass die Emotionen entscheidend sind, wenn es darum geht, den Leser / Zuschauer zu verändern. Er prägt hier den Begriff der Katharsis – man erlebt die beobachtete Emotion (auch die anderer Personen), als würden sie einem selbst zustoßen. Ein Aspekt der Katharsis könnte sein, dass das stellvertretende Erleben zu einer Art „Reinigung“ führt – so als würde man weniger aggressiv werden, wenn man Aggressionen beobachtet. Für Aristoteles war die Katharsis vor allem eine Klärung, ein besseres Verständnis der eigenen Emotionen und Motive, und vor allem auch der Handlungen, die aus unseren Emotionen entstehen. Udo Rudolph | Technische Universität Chemnitz 8 www.allpsy2.de Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #2 Wie alles anfing Antike II: Die Stoiker: In die Fußstapfen von Aristoteles traten die Stoiker. Epiktet (im 1. Jhdt. n. Chr.) und andere Schüler von Aristoteles, die man als die „Stoiker“ bezeichnet, entwickelten seine Gedanken weiter. In gewisser Weise sind die Stoiker die abendländische Variante des Buddhismus. Berühmtes Zitat der Stoiker: Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Art und Weise, wie wir die Dinge sehen (wahrnehmen). Oder, wie Shakespeare es ausdrückt, in ‚HAMLET‘: „… es gibt nicht Gutes und nichts Schlechtes, sondern unsere Gedanken machen es dazu.“ Die Stoiker sind bis heute höchst einflussreich. Um nur ein Beispiel zu nennen: Ihre Ideen sind ein Grundpfeiler der kognitiven Verhaltenstherapie und der rational-emotiven Therapie. Udo Rudolph | Technische Universität Chemnitz 9 www.allpsy2.de Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #2 Wie alles anfing Aufklärung: René Descartes und Baruch Spinoza (17. Jahrhundert). Betrachten wir zunächst die Überlegungen von René Descartes. In einem seiner Werke, den „Leidenschaften der Seele“, schreibt er: „Es gibt kein anderes Thema, anhand dessen der unzulängliche Stand der Wissenschaften (…) so gut deutlich wird wie in den Schriften über die Emotionen.“ Diese Unzulänglichkeiten wollte Descartes gerne überwinden. Und in der Tat wurde er der erste moderne Philosoph und Wissenschaftler in einem bestimmten Sinne: René Descartes war der erste, der den menschlichen Körper als eine Maschine beschrieb, von der wir möglichst genau wissen sollten, wie sie funktioniert. Udo Rudolph | Technische Universität Chemnitz 10 www.allpsy2.de Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #2 Wie alles anfing Aufklärung: René Descartes und Baruch Spinoza (17. Jahrhundert). Zu diesem Zeck teilte Descartes sein Werk in drei Teile: 1. Descartes sammelte alles, was wir über die körperlichen Vorgänge wissen. 2. Er behandelte 6 „fundamentale Emotionen“, nämlich Erstaunen, Verlangen, Freude, Liebe, Hass und Traurigkeit. Hierzu diskutierte er auch deren körperliche Begleiterscheinungen. 3. Descartes vertrat die Auffassung, dass sich Kombinationen dieser grundlegenden Emotionen wiederum zu anderen Emotionen verbinden, so etwa Vergebung, Stolz, Hoffnung, Furcht, Eifersucht, Neid, Reue (und viele weitere Emotionen). Udo Rudolph | Technische Universität Chemnitz 11 www.allpsy2.de Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #2 Wie alles anfing Aufklärung: René Descartes und Baruch Spinoza (17. Jahrhundert). Descartes verband seine Gedanken zu Emotionen mit einer übergreifenden Idee. Dies kommt schon im Titel seines Werkes zum Ausdruck: Emotionen als „Leidenschaften der Seele“. Er meint damit, dass Emotionen uns etwas über unser „Innerstes“ (die Seele) mitteilen. Er ist überzeugt, dass darin deren Hauptfunktion besteht. Dieser Gedanke ist neu: Emotionen führen nicht nur (fast automatisch) zum Handeln, sondern sie informieren uns über uns selbst und unseren Zustand. Und das – Descartes zufolge – macht sie so besonders wertvoll. Wie Aristoteles denkt auch Descartes, dass wir unsere Emotionen ändern können, da sie auf unseren subjektiven Wahrnehmungen basieren. Und oftmals – laut Descartes – SOLLTEN wir unsere Emotionen ändern, da sie sonst gravierende negative Konsequenzen haben. Udo Rudolph | Technische Universität Chemnitz 12 www.allpsy2.de Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #2 Wie alles anfing Aufklärung: René Descartes und Baruch Spinoza (17. Jahrhundert). Baruch Spinoza war ein sehr religiöser Philosoph – so nahm er Folgendes an: Wenn es etwas Göttliches gibt, dann ist Gott wohl perfekt und vollständig. Wenn Gott vollständig („all- unfassend“) ist, dann sind wir Menschen ein Teil von ihm. Das Göttliche ist also in uns. Aus diesem Grunde sind wir - die Menschen, so jedenfalls Spinoza - zu großartigen Emotionen fähig, insbesondere der Liebe. Andererseits ist offensichtlich, dass uns Menschen die Freiheit gegeben ist, uns zu irren, und daraus resultieren auch negative Emotionen (Neid, Hass, Ärger, Verachtung, und so weiter). Mit anderen Worten: Viele Emotionen machen uns ganz schön zu schaffen. Und unsere Aufgabe ist es, Spinoza zufolge, daran zu arbeiten. In Spinozas Ethik sind jene Gefühle gut, die wir aktiv gestalten. Und jene Gefühle, die wir nur (passiv) erleiden, sind in seinen Augen schlecht. Udo Rudolph | Technische Universität Chemnitz 13 www.allpsy2.de Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #2 Wie alles anfing Neuzeit – erste Schritte und Meilensteine der Medizin: Der Fall des Phineas Gage (1823 - 1860) Phineas Gage war ein amerikanischer Eisenbahnarbeiter, der sich 1848 beim Vorbereiten von Sprengladungen versehentlich einen Eisenstab durch den Kopf schoss (siehe Abbildung), wobei der linke (und teilweise auch der rechte) Frontallappen seines Gehirns beschädigt wurde. Udo Rudolph | Technische Universität Chemnitz 14 www.allpsy2.de Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #2 Wie alles anfing Neuzeit – erste Schritte und Meilensteine der Medizin: Der Fall des Phineas Gage (1823 - 1860) Der „Fall“ Phineas Gage erregte schon damals Aufsehen; sein Schädel wurde exhumiert und sogar vor einigen Jahren nochmals untersucht. Die erste systematische Zusammenstellung von anatomischen Befunden und den Persönlichkeits- veränderungen des Betroffenen machte der Mediziner John M. Harlow (1819 – 1907). Auffällig ist insbesondere, dass sich der Charakter von Phineas Gage änderte, und zwar von einem sehr umgänglichen und verantwortungsbewussten Menschen zu einem launischen und reizbaren Charakter. Nach dem Unglück fiel es Gage sehr schwer, seine Emotionen zu kontrollieren. Wie seine Freunde sagten: „Gage was no longer Gage“... Udo Rudolph | Technische Universität Chemnitz 15 www.allpsy2.de Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #2 Wie alles anfing Die Arbeiten des Schweizer Mediziners Walter Rudolf Hess (1881 – 1973) Walter Hess entdeckte, dass er mithilfe elektrische Stimulation im Gehirn von Katzen Zustände auslösen konnte, die einem arttypischen Verhalten und arttypischen Ausdruck von Emotionen recht genau entsprechen (phänotypisch). Das Verblüffende: Es sieht aus, als gäbe es im Gehirn des Tiers geradezu einen Schalter, der wie auf Knopfdruck ein Verhalten auslöst. Hess erhielt 1949 für diese Arbeiten zur elektrischen Stimulation des Gehirns den Nobelpreis. Udo Rudolph | Technische Universität Chemnitz 16 www.allpsy2.de Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #2 Wie alles anfing Zusammenfassung und Fazit Was lernen wir aus all dem? Drei Aspekte sind wichtig, die wir für den Rest der Vorlesung brauchen werden: Udo Rudolph | Technische Universität Chemnitz 17 www.allpsy2.de Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #2 Wie alles anfing 1. Emotionspsychologie: Eine lange Tradition und viele Disziplinen Die Untersuchung von Emotionen und Gefühle hat nicht nur eine lange Tradition – zudem haben daran Philosophen, Mediziner, Neurologen, Pädagogen und Psychologen mitgewirkt. Obwohl wir hier nur eine sehr kleine Auswahl betrachtet haben, ist klar: In diesem Feld ist es wirklich wichtig, dass wir über den Tellerrand hinausschauen – also interdisziplinär vorgehen. Das machen wir in diesem Semester. Udo Rudolph | Technische Universität Chemnitz 18 www.allpsy2.de Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #2 Wie alles anfing 2. Zur „Definition“ von Emotion und der leidigen Diskussion um „Listen“ von Emotionen: Die Diskussion von möglichst vollständigen oder „richtigen“ Listen von Emotionen hat leider eine schier endlose Tradition in der Emotionspsychologie. Für uns hier gilt: Wir brauchen keine ‚endgültige Liste‘ aller Emotionen oder „Basis-Emotionen“. Sondern: Für Sie ist es eine extrem hilfreiche Hausaufgabe und Übung, selbst einmal eine Liste von Gefühlen zu erstellen, wie Sie Ihnen etwa im Laufe eines Tages oder einer Woche begegnen. Sie werden ähnliche (und weitere) Erfahrungen machen wie wir hier mit unsere Sammlung auf Folie 4. Udo Rudolph | Technische Universität Chemnitz 19 www.allpsy2.de Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #2 Wie alles anfing 3. Was sind Merkmale von Gefühlen, wie wir sie bis hierher kennen gelernt haben? Valenz: Gefühle können sich gut oder schlecht (positiv oder negativ) anfühlen. Objekt-Gerichtetheit: Gefühle können auf uns selbst oder auf andere Menschen gerichtet sein. Denken-Fühlen- Handeln: Unser Denken löst oftmals Gefühle aus, und diese Gefühle wiederum Handlungen. Gefühle als Information: Gefühle sagen uns etwas über uns selbst und unsere Beziehung zu unserer Umwelt. Udo Rudolph | Technische Universität Chemnitz 20 www.allpsy2.de Vorlesung: Einführung in die Emotionspsychologie #2 Wie alles anfing Wie geht es weiter? Fühlen wir wie Steinzeit-Menschen? Wie unser evolutionäres Erbe unsere Gefühle prägt... die Beiträge von Charles Darwin und William McDougall. Udo Rudolph | Technische Universität Chemnitz 21 www.allpsy2.de

Use Quizgecko on...
Browser
Browser