Partizipatives Wohnen – Cohousing PDF

Summary

This document explores co-housing, examining its historical roots in garden city and settlement movements. It discusses co-housing projects in Austria, highlighting the role of architects and the community's involvement in design and implementation. The document also briefly discusses collaborative living models and shared spaces.

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435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Partizipatives Wohnen – Cohousing …….Eine Wiederentdeckung der Gartenstadt‐ und Siedlerbewegung, das Lernen aus der Geschichte, hat in den letzten Jahrzehnten auch in Österreich zur Gründung von neuen Selbsthil...

435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Partizipatives Wohnen – Cohousing …….Eine Wiederentdeckung der Gartenstadt‐ und Siedlerbewegung, das Lernen aus der Geschichte, hat in den letzten Jahrzehnten auch in Österreich zur Gründung von neuen Selbsthilfegruppen geführt. Sie haben kleine Reihenhaussiedlungen errichtet, zum Teil mit tätiger Mitarbeit der späteren Bewohner. In diesem Zusammenhang ist vor allem der Linzer Architekt Fritz Matzinger zu nennen. …….Am stärksten haben sich Elemente des Gartenstadtgedankens in jener Strömung erhalten, die heute unter dem nüchternen Begriff „Verdichteter Flachbau“ zusammengefasst werden kann. Die Wurzeln gemeinschaftlicher Wohnprojekte reichen zurück auf die wohnungs‐ politische Reformbewegung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Diese erfuhren eine erste Renaissance in den 1960er‐ und 1970er‐Jahren und erfreuen sich seit einigen Jahren wieder einer starken Konjunktur. Gründe dafür sind meist die Sehnsucht nach engeren nachbarschaftlichen Strukturen, aber durchaus auch finanzielle Aspekte. Das große Potenzial gemeinschaftlicher Wohnprojekte als Strategie sozialer und ökologischer Stadtentwicklung wurde zum Teil auch schon von Seiten der Politik erkannt. Aus einer bereits 2009 von der Stadt Wien in Auftrag gegeben Studie geht mitunter hervor, dass die Bau‐ und Wohngemeinschaften der Gegenwart meist nicht auf einem festen ideologischen Fundament basieren, wie das in der Vergangenheit oft der Fall war, sondern sich einem Pragmatismus verschreiben, der es ermöglicht, die aufwändigen Entscheidungsfindungen in der Gruppe möglichst rationell durchzuführen und die Projekte auf eine ökonomisch vertretbare Weise umzusetzen. Aus diesem Grund gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Baugemeinschaftsprojekten, die weit über den Charakter des Pilotprojekts hinausgehen, wie die in der Vergangenheit entstandenen. Projekte Kooperative Wohnen, Pioniere der PKWs (=Projekte Kooperative Wohnen) sind die Terrassenhaussiedlung in Graz‐Raaba, die Ökosiedlung Gärtnerhof sowie die Siedlung Lebensraum im niederösterreichischen Gänserndorf, das „Wohnprojekt Wien“ und aus jüngster Zeit das Willy*Fred‐ Linz= Wohngemeinschaft in Selbstverwaltung. Baugruppenprojekte (Matzinger)= sind Mehr‐Generationen‐Modelle, mit ressourcen‐ schonendem Bauen für leistbares Wohnen. So unterschiedlich die Modelle, so verschieden sind auch die Ausgangssituationen und Beweggründe der einzelnen Bau‐ und Wohngemeinschaften. Während das 1978 fertig gestellte P.K.W – Projekt Kooperatives Wohnen in Graz‐Raaba aus der Privatinitiative mehrerer Familien hervorging, die zusammen mit dem oberösterreichischen NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Architekten Fritz Matzinger ihre Vorstellungen nach einer alternativen Wohnform verwirklichten, formierte sich die InteressenGemeinschaft Terrassenhaussiedlung in Graz von Architekt Eugen Gross (Werkgruppe Graz),→Österreichs größter eigentümerverwalteten Wohnanlage, zu Beginn der 1970er‐ Jahre, aus einer Notlage heraus. Als im Zuge der Errichtung der Bauträger pleite ging und das bereits einbezahlte Geld verloren schien, schlossen sich die über tausend zukünftigen Bewohner öffentlichkeitswirksam zusammen und erwirkten so die Fertigstellung der Wohnungen. Die Vision in Gemeinschaft ökologisch zu bauen und zu leben stand am Beginn der Ökosiedlung Gärtnerhof in Gänserndorf, in den 1980er‐ Jahren initiiert und geplant von Architekt Helmut Deubner, der auch für das 2005 in unmittelbarer Nachbarschaft errichtete Cohousing‐Projekt Lebensraum verantwortlich zeichnet. Das Wohnprojekt Wien, im Wiener Stadtentwicklungsgebiet Nordbahnhof angesiedelt, wurde nach soziokratischem Modell im Kollektiv geplant und gemeinsam mit dem Büro einszueins Architekten entlang von Kriterien wie Nachhaltigkeit und Solidarität umgesetzt. Der Wunsch nach eigenem Wohn‐ und Gestaltungsspielraum, ohne dafür Eigenkapital aufbringen zu müssen, führte die Akteure rund um das Linzer Projekt Willy*Fred (NS‐ Widerstandsgruppe‐ Salzkammergut) zusammen. Sie erwarben mithilfe eines wohl durchdachten Finanzierungskonzepts ein bestehendes Stadthaus, befreiten dieses mittels eines ausgefeilten Systems langfristig vom Immobilienmarkt und setzten damit ein weithin sichtbares Zeichen. Unter dem von ihnen gegründeten österreichischen Dachverband „habiTAT“ wurden bereits mehrere Nachfolgeprojekte umgesetzt bzw. sind aktuell in Planung. Was ist Cohousing? Cohousing ist eine gemeinschaftliche Siedlungsform und besteht aus privaten Wohnungen oder Häusern, die durch umfangreiche Gemeinschaftseinrichtungen ergänzt werden. Ein Cohousing ist meistens im Eigentum seiner Bewohner:innen und wird von diesen gemeinsam geplant, betrieben, erhalten und verwaltet. Zentrales Anliegen ist die Gemeinschaftsbildung zwischen den Bewohner:innen, sowie die Verwirklichung wirtschaftlicher und sozialer Vorteile. Die Gemeinschafts‐ einrichtungen umfassen beispielsweise Waschküchen, Kindertagesstätten, Büros, Heimkinos, Bibliotheken, Werkstätten und Hobbyräume etc., und vor allem große gemeinschaftliche Küchen, in denen die BewohnerInnen abwechselnd für die Gemeinschaft kochen können, sowie Speiseräume für die gemeinsamen Mahlzeiten. →Der architektonische Grundansatz ist vor allem der Entwicklung und Förderung einer starken Bewohnergemeinschaft verpflichtet. NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Ganz allgemein könnte man „Cohousing“ irgendwo zwischen „Wohngemeinschaft“ und „gemeinsame Nachbarschaft“ positionieren: Das Cohousing im engeren Sinn ist charakterisiert durch ein Höchstmaß an jenen Gemeinschaftseinrichtungen, welche die Rationalisierung und Vereinfachung alltäglicher Verrichtungen und Haushaltsaufgaben gemeinschaftlich ermöglichen. Dadurch soll eine wesentliche Einsparung beim individuellen Zeit‐ und Geldaufwand für ARCHITEKTUR U WOHNEN erzielt werden, was natürlich auch eine entsprechende Nutzung dieser Einrichtungen voraussetzt. Bei Cohousing im weiteren Sinn sind die Gemeinschaftseinrichtungen (soweit vorhanden) ganz vorwiegend bis ausschließlich freizeitorientiert. Eine Gemeinschaftsküche ist nicht vorhanden bzw. wird nicht genutzt, Zeit‐ und Geldersparnis durch gemeinschaftliche Erledigung von Haushaltsaufgaben spielen keine nennenswerte Rolle. (Errichtungsgemeinschaft) Gesellschaftlich ‐ soziale Betrachtung von Cohousing‐ alle BewohnerInnen fühlen sich geborgen und sicher, Solidargemeinschaft und Nachbarschaftshilfe wird aktiv gelebt und von den meisten BewohnerInnen auch wahrgenommen. Soziale Unterstützung entwickelt sich durch die zahlreichen Kontaktmöglichkeiten und die daraus gewachsene Gemeinschaft. Die besondere Qualität von Cohousing zeigt sich auch im Ausmaß der Kinderfreundlichkeit und in der enorm erleichterten Kinderbetreuung. Alleinerziehende profitieren besonders vom Leben im „Lebensraum“ Sicherheit, Geborgenheit, Kontaktmöglichkeiten, Solidargemeinschaft und Nachbarschaftshilfe, Kinderfreundlichkeit, Altenbetreuung, Initiativkräfte der Gemeinschaft (Demeter Landwirtschaft‐ die durch Mitbeteiligung der KundInnen, speziell die ganzjährige Frischgemüseversorgung in bester Bioqualität ermöglichen und sichern soll). „Häuser für Menschen“ , Reinhard Seiß *1970-‐ Stadtplaner Wien Der Traum nach dem eigenen Haus stellt sich vielfach als nur zeitlich begrenztes Ideal heraus, dass funktionieren kann, solange die Kinder im Haus und in die Familien intakt sind. Auch dann bedeutet das Häuschen im Grünen eine hohe Abhängigkeit vom Auto und dementsprechende Mobilitätskosten. Ganz zu schweigen von den Folgen für die Allgemeinheit und nachfolgende Generationen. Ein immenser Verbrauch an Grund und Boden, enorme öffentliche Kosten für die Siedlungsinfrastruktur und die Betreuung alter Menschen, ein hohes Verkehrsaufkommen sowie Zersiedelung unserer Landschaft gehen damit einher. NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Beispiele: Matzingers Les Palètuviers‐Projekte (..franz. die Mangroven….vernetzen) Les Palétuviers heißt wörtlich übersetzt „Baum mit Luftwurzeln“ die Hauptbestandteile dieses Konzepts von Architekt Matzinger: a) Partizipation b) Kostengünstigkeit der Bauform c) Aufhebung der Isolation der Kleinfamilie und Kinderfreundlichkeit d) Gemeinschaftsräume Wohnanlage in Bürmoos/Slbg. Um zwei typische Gemeinschaftsatrien, die Dächer mit elektrisch verschiebbaren Plexiglaskuppeln besitzen, sind je acht Wohneinheiten, angeordnet Harry Glück versuchte beim Wohnpark Alt Erlaa seine „Reihenhäuser“ 12 geschossig übereinander zu stapeln, mit begrünten Terrassen und Dachschwimmbäder mit Blick über ganz Wien. Foto: Wohnpark Alt Erlaa Wien‐ Arch Harry Glück, © Reinhard Seiß NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Roland Rainer gruppierte seine Wohnstätten in der Fläche‐ zu vollkommen autofreien und üppig begrünten Gartenstädten. (Vorbild: Westafrikanisch verdichtete Stadtstrukturen zb. Isfahan) Foto: Gartenstadt Puchena/ Linz‐ Arch Roland Rainer, © Reinhard Seiß Isfahan/ Iran Fritz Matzinger entwickelte, inspiriert von westafrikanischen Dörfern, sogenannte Atriumhäuser für ein gemeinschaftliches Wohnen, das Kindergärten und Seniorenheime weitgehend überflüssig machen soll, wie sein Baugruppen‐ Projekt Gugl Mugl eindrucksvoll zeigt. Foto: Guglmugl Linz‐ Arch Fritz Matzinger, © Reinhard Seiß NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Das Baukünstlerkollektiv BKK schuf gemeinsam mit Bewohnern der „Sargfabrik“ und der „Miss Sargfabrik“ mitten in Wien ein urbanes Biotop, das mit einem Kulturzentrum und einem Montessori‐ Kindergarten, einem Hallenbad und einem Dachgarten, einem Cafe`‐ Restaurant oder einer Bibliothek vor Augen führt, was alles zu einer ganzheitlichen Wohnqualität im 21. Jahrhundert gehören sollte. Foto: Sargfabrik Wien‐ Arch Baukünstlerkollektiv BKK, © Reinhard Seiß Architekt Helmut Deubner - Die Vision in Gemeinschaft ökologisch zu bauen und zu leben stand am Beginn der Ökosiedlung Gärtnerhof in Gänserndorf. Bach läuft durch die Wohnanlage. Foto: Ökosiedlung Gärtnerhof‐ Gänserndorf, Arch Helmut Deubner, © Lower Austrian Film Commission‐ Hubert Deubner NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen eins : eins architekten- am ehemaligen Nordbahnhofgelände Wien, entstand 2013 unter dem Motto „wohnen mit uns!“ ein außergewöhnliches Wohnheim mit vielen gemeinsam verwalteten, gemeinsam getragenen Extras, die sich auch in der Freiraumplanung wiederfinden. Der Freiraum, insbesondere der Markt- und Eingangsplatz und der Innenhof, bilden die verbindenden Elemente zweier Baublöcke. Hier ist Platz für Begegnung und Interkulturalität, schafft den Raum für gemeinsames Gärtnern und Ernten, für Spiele und Feste. Foto: Wohnprojekt Wien, Arch einszueins, © Wolfang Leeb Willy*Fred Linz- es befinden sich im Haus momentan 14 Wohnungen in verschiedenen Größen zwischen 20 und 200m² für unterschiedlichste Lebensmodelle. Zudem gibt es Vereinsräumlichkeiten sowie die Gemeinschaftsflächen: ein Gassenlokal im Erdgeschoss, einen Keller mit Werkstatt und Proberaum sowie einen immer grüner werdenden Innenhof. Foto: Willy*Fred Linz‐ Haus am Graben 3, © lenagerhard.files.wordpress.com/2015/11/img_7874.jpg NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Quelle: Architektur & Bau Forum: „Der Stoff aus dem die Träume sind“, © 2019 Wohnbauforschung Niederösterreich; Wohnbauforschungserfassung 2010 - Projektbeschreibung ; Evaluierung der Wohnform „Cohousing“ am Beispiel bestehender Projekte in Niederösterreich „Häuser für Menschen- Humaner Wohnbau in Österreich“: Reinhard Seiß- Stadtplaner Wien Hausprojekt Willy*Fred | selbstorganisiert wohnen – solidarisch wirtschaften Bilder: „Häuser für Menschen“: Reinhard Seiß- Stadtplaner Wien „Häuser für Menschen- Humaner Wohnbau in Österreich“: Reinhard Seiß- Stadtplaner Wien Dtv-Hausprojekt Willy*Fred | selbstorganisiert wohnen – solidarisch wirtschaften Empfohlene Fachliteratur: Reiterer, Eva-Maria, 2003: Wohnzufriedenheit: Qualitätsverbesserungen durch Übersiedlung – eine Untersuchung am Beispiel der gesprengten Hochhäuser am Harter Plateau, OÖ. Diplomarbeit, Wien Eisenmenger, H.; Haider, E.; Kleindienst, G.; Karasz, J., 1983: Kollektives Wohnen in der Großstadt. Wien: ARGE Kollektives Wohnen (Hg.). Stephanie Weiss -Zürich: Quartiere für Alle, Städtebauliche Strategien sozialer Inklusion in der Planung von Wohnquartieren; Zugl. Dissertation Tübingen 2017; © 2019 Springer VS Burgard, Roland (Hg.): Standards der Zukunft – Wohnbau neu gedacht. Wien 2008 Ring, Christian: auf.einander.bauen – Baugruppen in der Stadt. Deutsches Architekturzentrum, Katalog, Berlin 2007 Gutmann, Raimund/Havel, Margarete: 20 Jahre Atrium-Wohnhöfe Les Paletuviers. Dokumentation und Evaluation von 20 Jahren Wohnerfahrung in den Wohnhöfen von Arch. Fritz Matzinger. Forschungsprojekt im Auftrag des BM f. wirt. Angelegenheiten u. mehreren Bundesländern, Wien 1997 NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN

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