Sozialstrukturanalyse - Haushalte PDF
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Universität Konstanz
Prof. Dr. Claudia Diehl
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This document provides an analysis of households, families, and lifestyles. It covers topics such as population structure and the characteristics of households, including living arrangements, and how households have changed over time.
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Sozialstrukturanalyse BEVÖLKERUNGSSTRUKTUR: Haushalte, Familien und Lebensformen Prof. Dr. Claudia Diehl WS 2024/2025 Universität Konstanz Haushalte, Familien und Lebensformen (Huinink und Schröder 2008: 80ff.) 1. Was ist ein Haushalt? Nicht so einfach in Su...
Sozialstrukturanalyse BEVÖLKERUNGSSTRUKTUR: Haushalte, Familien und Lebensformen Prof. Dr. Claudia Diehl WS 2024/2025 Universität Konstanz Haushalte, Familien und Lebensformen (Huinink und Schröder 2008: 80ff.) 1. Was ist ein Haushalt? Nicht so einfach in Surveys Haushaltszusammensetzung zu erfragen. 2. Privathaushalt: Personen, die gemeinsam haushalten Als (Privat-)Haushalt zählt jede zusammen wohnende und eine wirtschaftliche Einheit bildende Personengemeinschaft (Mehrpersonenhaushalte) sowie Personen, die allein wohnen und wirtschaften (Einpersonenhaushalte, zum Beispiel auch Einzeluntermieter). BiB 2017 (Glossar). 3. Im Mikrozensus: OHNE Untermieter, Mitbewohner in Wohngemeinschaften, Hausangestellte, MIT aus beruflichen und gesundheitlichen Gründen Abwesende 2 1/14/2025 Universität Konstanz Aus dem Leben der Forschung: Was ist ein Haushalt? SCIP Projekt: Apart from yourself, is there anyone currently living in your household? By living with other people I mean that there are, in your current residence, family members, housemates or roommates (e.g., in one dormroom in a dormitory), foster children, roomers, boarders, or live-in employees, or persons who are temporarily away on a business trip, on vacation, or in a general hospital. DO NOT INCLUDE: college students living away while attending college; people in a correctional facility, nursing home, or mental hospital on the date of the interview; or people who live or stay at another place most of the time. DO INCLUDE: people staying here on date of interview who have no other permanent place to stay; people living here most of the time while working or studying, even if they have another place to live. 3 1/14/2025 Universität Konstanz Haushalte, Familien und Lebensformen (Huinink und Schröder 2008: 80ff.) 1. Zahl der Haushalte seit 1871 stetig gestiegen (von ca. 9 Mio. auf 40 Mio.) 2. Zahl der Personen pro Haushalt im selben Zeitraum stetig gesunken (von durchschnittlich knapp 5 Personen auf 2 Personen) 3. Ca. 40% Ein-Personenhaushalte 4 1/14/2025 Universität Konstanz Haushaltsgröße: Abbildungen: https://www.bib.bund.de/P ermalink.html?cms_permai d=1217938 5 1/14/2025 Universität Konstanz Haushaltsgröße: 6 1/14/2025 Universität Konstanz Haushaltsgröße: 7 1/14/2025 Universität Konstanz Haushalte: Generationenzusammensetzung: 8 1/14/2025 Universität Konstanz Haushalte, Familien und Lebensformen (Huinink und Schröder 2008, Brüderl 2013) 1. Trends für Westdeutschland: (a) mehr Alleinlebende (auch unter Jüngeren) (b) mehr NEL (c) mehr Alleinerziehende (d) weniger mit Partnern und Kindern Lebende 2. Wichtige Differenzierung bei der These von der Pluralisierung der Lebensformen (a) sind neue Lebensformen aufgetreten (z.B. sog. Regenbogenfamilien)? (b) hat sich die Verteilung der Individuen auf existierende Lebensformen verändert, so dass bestimmtes Modell an Dominanz verliert? 3. Ursachen: (a) steigender Wohlstand (b) steigende Bildung (c) zunehmende Arbeitsmarktintegration, gerade von Frauen (d) Wertewandel (Akzeptanz von Alternativrollen) (e) etc. 9 1/14/2025 Universität Konstanz Haushalte, Familien und Lebensformen (Huinink und Schröder 2008: 80ff.) 1. Definition Lebensformen (Destatis): „Unter Lebensformen werden hier relativ stabile Beziehungsmuster der Bevölkerung im privaten Bereich verstanden, die allgemein mit Formen des Alleinlebens oder Zusammenlebens (mit oder ohne Kinder) beschrieben werden können“ 2. Wie werden Beziehungsmuster in Deutschland erfasst – und welche? 10 1/14/2025 Universität Konstanz Lebensformen in der amtl. Statistik: Mikrozensus: - Verpflichtende Teil- nahme (aber nicht alle Fragen!) - Frage nach Lebenspartnerschaft seit 2017 verpflichtend - 1% der Privathaushalte - Flächenstichprobe 11 1/14/2025 Universität Konstanz Haushalte, Familien und Lebensformen (Huinink und Schröder 2008: 80ff.) 1. Wichtige Unterscheidungsmerkmale von Lebensformen: Haushaltsgröße, Anwesenheit von Kindern oder nicht, Institutionalisierungsgrad des Zusammenlebens (Ehe, NEL, partnerlos), Zahl der Generationen 2. Lebensformenkonzept berücksichtigt „neben den „traditionellen Lebensformen“ „alternative Lebensformen“, wie nichteheliche (gegengeschlechtliche) und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften sowie Alleinerziehende und Alleinstehende. 12 1/14/2025 Universität Konstanz Haushalte, Familien und Lebensformen in der amtlichen Statistik 4. Mit dem Lebensformenkonzept wird Bevölkerung entlang zweier „Achsen“ statistisch erfasst: Elternschaft und Partnerschaft. Anders als andere, z. B. netzwerkorientierte Erhebungen, konzentriert sich der Mikrozensus als Haushaltsbefragung auf das Beziehungsgefüge der befragten Menschen in den eigenen „vier Wänden“, d. h. in einem gemeinsamen Haushalt. Eltern-Kind-Beziehungen, die über Haushaltsgrenzen hinweg bestehen, oder Partnerschaften mit getrennter Haushaltsführung, das so genannte „Living-apart-together“, bleiben daher außerhalb der Betrachtung. (Leben und Arbeiten in Deutschland, Sonderheft 1: Familien und Lebensformen – Ergebnisse des Mikrozensus 1996-2004) 13 1/14/2025 Universität Konstanz Partnerschaft – Paare nach Bildungsstand (Datenreport 2021) 14 1/14/2025 Universität Konstanz Lebensformen im Mikrozensus (ab 1996 abbildbar, Datenreport 2021) 15 1/14/2025 Universität Konstanz Lebensformen in der amtl. Statistik: Teilen Sie die Bevölkerung entsprechend der in der amtlichen Statistik unterschiedenen Merkmale in Lebensformen auf, so dass alle Individuen einer Population diesen Lebensformen zugeordnet werden können (z.B. Alleinlebende mit Kindern, Ehepartner ohne Kinder). 16 1/14/2025 Universität Konstanz Lebensformen in der amtl. Statistik: Lebensformen spiegeln nicht nur Präferenzen… …sondern auch (z.B. ökonomische Opportunitäten und Restriktionen wider 17 1/14/2025 Universität Konstanz Gleichgeschlechtliche Lebensformen (Datenreport 2021) 1. Vollständiger Erfasst, auch wg. Auskunftspflicht für Lebensgemeinschaften (unabhängig vom Geschlechterzusammensetzung) 2. Durch gesellschaftliche Veränderungen stärker im Fokus auch der amtlichen Statistik und der Forschung 3. Amtliche Statistik spiegelt auch gesellschaftlichen Wandel wider 18 1/14/2025 Universität Konstanz Gleichgeschlechtliche Lebensformen (Fischer 2021) 1. Niederländische Daten zur Netzwerkkomposition (Artikel: Social Exclusion and Resilience: Examining Social Network Stratification among People in Same-Sex and Different-Sex Relationships. Social Forces 2021) 2. Netzwerkgröße: ca. 5 Personen, weniger für Männer in “mixed-sex” Beziehungen 3. Keinerlei Nahbeziehungen (gerne und viel Zeit verbringen, über wichtige Dinge sprechen) haben 18% bzw. 8% der Männer (diff bzw. same sex); 5% versus 3% der Frauen (diff bzw. same sex) 4. Frauen haben mehr Beziehungen, die aus Herkunftsfamilie stammen 5. Männer und Frauen aus same sex Beziehungen haben höheren Anteil von Freundinnen und Freunden im Netzwerk 6. Zahl der sexual minority-Freundinnen/Freunde im Netzwerke ist bei same sex höher als bei diff sex 19 1/14/2025 Universität Konstanz Haushalte, Familien und Lebensformen in der amtlichen Statistik 1. Alle Lebensformen mit mindestens einem Erwachsenen und einem Kind nennt man „Familien“ 2. Die Familie im „statistischen“ Sinn umfasst – abweichend von früheren Veröffentlichungen zum Mikrozensus – im Lebensformenkonzept alle Eltern-Kind- Gemeinschaften, d. h. Ehepaare, nichteheliche und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften sowie allein erziehende Mütter und Väter mit ledigen Kindern im befragten Haushalt (früher: Ehepartner mit und ohne Kinder, Alleinerziehende). 3. Einbezogen sind in diesen (statistischen) Familienbegriff – neben leiblichen Kindern – auch Stief-, Pflege- und Adoptivkinder.“ → Nach Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Das Grundgesetz gibt aber keine Begriffsbestimmung der Familie! 20 1/14/2025 Universität Konstanz Haushalte, Familien und Lebensformen in der Familiensoziologie (Nave-Herz 2004: 30) Familie auch nach funktionalen und sozialen Aspekten bestimmbar: 1. Reproduktions- und Sozialisationsfunktion 2. Einheit, deren Mitglieder in spezifischem Kooperations- und Solidaritätsverhältnis stehen 21 1/14/2025 Universität Konstanz Zerfall der Familie? (Brüderl 2013) 1. Frage ist unpräzise und normativ 2. Dominanz der Kleinfamilie war historisch sehr begrenztes Zeitfenster „Golden Age of Marriage“ in 1950er und 1960er Jahren 3. In dieser Zeit gipfelte Entwicklung der „bürgerlichen Familie“ während der Industrialisierung, die geprägt war durch: - Trennung von Haushalt und Produktion - romantische Liebe als Grundlage für Ehe - Rollenteilung im Haushalt (Mann Erwerbsarbeit, Frau Haushaltsarbeit) - Reduktion in Kinderzahl durch Wandel in der Rolle von Kindern 22 1/14/2025 Universität Konstanz Zerfall der Familie? (Brüderl 2013) 1. Zweiter großer Wandel seit den 1960er Jahren: 2. Zahl der Eheschließungen ist (ähnlich wie Geburtenhäufigkeit) seit den 1960er Jahren deutlich gesunken, spiegelt neben sinkender Heiratsneigung auch Rückgang von Personen in entsprechenden Altersjahren bei 3. Eng verbunden mit der sinkenden Heiratsneigung ist die Verschiebung der Eheschließung in ein immer höheres Lebensalter 4. Ehelösungen: „Im Durchschnitt der letzten Jahre überstieg die Zahl der Ehelösungen die der Eheschließungen um 150.000. Etwa 70 Prozent aller Ehelösungen sind auf den Tod eines Partners zurückzuführen, rund 30 Prozent enden durch Scheidung“ (BiB 2017) 23 1/14/2025 Universität Konstanz Ehescheidungen (Scheidungsziffer: Geschiedene 24 1/14/2025 Universität Konstanz Einstellungen zu Ehe und Familie (Datenreport 2021) 25 1/14/2025 Universität Konstanz Einstellungen zu Ehe und Familie 26 1/14/2025 Universität Konstanz Einstellungen zu Kindern (Pollmann-Schult 2013) 1. Set-point Theory (Lucas et al. 2003): Kinder erhöhen Lebenszufriedenheit temporär (wie andere einschneidende Erlebnisse) 2. Bereichsspezische Lebenszufriedenheit unterscheidet sich von allgemeiner! 27 1/14/2025 Universität Konstanz Haushalte, Familien und Lebensformen (Huinink und Schröder 2008) 1. Familie und Elternschaft sind immer noch attraktive und zentrale Lebensziele 2. Aber die ökonomischen und sozialen Kosten des Verzichts darauf sind gesunken (größere Toleranz gegenüber Kinder- und Partnerlosigkeit) 3. Das Ziel der Familiengründung konkurriert mit anderen Lebenszielen (Berufstätigkeit, Unabhängigkeit, finanzieller Sicherung, Freizeitorientierung) 4. Zentrales Hindernis: Partnerlosigkeit: „das freiwillige oder unfreiwillige Fehlen einer Paarbeziehung“ (Eckhard 2014). Neben verminderten Beziehungsgewinnen und steigenden Opportunitätskosten der Partnerbindung [existieren] variierende Transaktionskosten der Partnerschaftsgründung, d.h. … ungleiche Möglichkeiten, einen Partner zu finden. (ibid.: 357). Entscheidend: Availability Ratio, Frauen haben nach Geburtenanstieg z.B. schlechtere Möglichkeiten Partner zu finden; Alters- und Bildungspräferenzen müssen berücksichtigt werden 28 1/14/2025 Universität Konstanz