Impulse und Emotionen - Borderline-Persönlichkeitsstörung - Universität Hildesheim PDF
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Universität Hildesheim
Prof. Dr. phil. Christoph Kröger
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Diese Präsentation von Prof. Dr. phil. Christoph Kröger, Universität Hildesheim, behandelt Impulse und Emotionen im Kontext der Borderline-Persönlichkeitsstörung. Sie beleuchtet Behandlungsansätze unter Berücksichtigung der aktuellen Leitlinien und Evidenzlage und beinhaltet Themen wie Metaanalysen, Einzelfallanalysen sowie frühzeitige Beendigung.
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Impulse und Emotionen. Behandlungen der Borderline-Persönlichkeitsstörung: Leitlinie und Evidenz Prof. Dr. phil. Christoph Kröger Universität Hildesheim Förderung psychischer Gesundheit nach traumatischen Themenüberblick...
Impulse und Emotionen. Behandlungen der Borderline-Persönlichkeitsstörung: Leitlinie und Evidenz Prof. Dr. phil. Christoph Kröger Universität Hildesheim Förderung psychischer Gesundheit nach traumatischen Themenüberblick Erfahrungen 1. Borderline-Persönlichkeitsstörung 2. Dialektisch-Behaviorale-Therapie 3. Leitlinie und Metaanalyse (n) 4. Einzelfallanalysen und frühzeitige Beendigung 2 Was ist eine „Declaration of Interest“? Definition: Offenlegung von Beispiel: Offenlegung von Interessen, die die Unabhängigkeit Interessen von CK: der Darstellung einschränken könnten (meist wirtschaftliche Interessen), die das Potential haben einen Interessenkonflikt herbeizurufen (z.B. durch Ausbildung) bzw. die von anderen als Konflikt wahrgenommen werden könnten (z.B. durch berufspolitisches Engagement und wissenschaftliche Veröffentlichungen) 3 Was sind Leitlinien? „... sind systematisch entwickelte Aussagen, die den gegenwärtigen Erkenntnisstand wiedergeben, um die Entscheidungsfindung von Ärzt*innen sowie Angehörigen von weiteren Gesundheitsberufen und Patient*innen/Bürger*innen für eine angemessene Versorgung bei spezifischen Gesundheitsproblemen zu unterstützen. Sie sollten auf einer systematischen Sichtung und Bewertung der Evidenz und einer Abwägung von Nutzen und Schaden alternativer Vorgehensweisen basieren.“ https://www.awmf.org/leitlinien 4 S3-Leitlinie „Borderline-Persönlichkeitsstörung“ Verfügbar unter: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/038-015 5 S3-Leitlinie „Borderline-Persönlichkeitsstörung“ 23 Fachgesellschaften und Verbände, inkl. Patient:innen und Angehörigenvertreter:innen Dokumentation der Interessenkonflikte Formalisierter moderierter Prozess zu einer evidenz- und konsensbasierten Leitlinie 54 Empfehlungen Inhalte u.a. zur Epidemiologie und Diagnostik, psychotherapeutischen und pharmakologischen Behandlung, auch zu besonderen Gruppen, z. B. Jugendliche, Angehörige, Betroffene, die Eltern sind, sowie Themen, z. B. traumatischen Ereignissen, Versorgung und Setting Verfügbar unter: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/038-015 6 Klassifizierung der Evidenzgrade z.B. nach Oxford Centre of Evidence Based Medicine (2001) Grad Studien zu Therapie/ Prävention / Ätiologie 1a Systematische Übersicht über randomisierte kontrollierte Studien (RCT) 1b Ein RCT (mit engem Konfidenzintervall) 1c Alle-oder-Keiner-Prinzip 2a Systematische Übersicht gut geplanter Kohortenstudien 2b Eine gut geplante Kohortenstudie oder ein RCT minderer Qualität 2c Outcome-Studien, Ökologische Studien 3a Systematische Übersicht über Fall-Kontrollstudien 3b Eine Fall-Kontroll-Studie 4 Fallserien oder Kohorten- / Fall-Kontroll-Studien minderer Qualität 5 Expertenmeinung ohne explizite Bewertung der Evidenz oder basierend auf physiologischen Modellen / Laborforschung 7 Meta-Analysen ▪... dienen der Zusammenfassung/Integration von Einzelstudien sowie der Abschätzung von Effektunterschieden zwischen zwei Behandlungsbedingungen (z.B. Psychotherapie vs. Wartekontrollgruppe oder zwei Behandlungsbedingungen) zur Erkennung von Gesamttrends ▪ Ergebnis einer Meta-Analyse ist die Schätzung eines Gesamteffektes und nicht der „wahre Wert“ 8 Netzwerk-Meta-Analyse Studienanzahl und - bedingungen, Selbstverletzendes Verhalten Konfidenzintervall- breite? IPT MBT DBT OST CBT SFT TFP STEPPS TAU OST = strukturierte, nicht-BPS-spezifische Behandlungsprogramme (k = 4) Setkowski et al., 2023; Strunk et al., in prep. 9 Allgemeine Kritik an Meta-Analysen ▪ Multiple Instrumente und Vorgehensweisen aus Studien mit unterschiedlicher Qualität werden in einer Analyse zu einem Kennwert zusammengefasst, der fachlich und politisch erhebliche Auswirkungen hat (z. B. auf die Empfehlung in Leitlinien). ▪ Eine sehr gute RCT mit kontrollierter Kontrollbedingung durch eine unabhängige Arbeitsgruppe sagt mehr aus als eine Meta-Analyse mit vielen schlechten Studien. ▪ Das Ergebnis darf nicht auf den Einzelfall angewendet werden (kann aber wohl zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden). ▪ Statistische Vorgehen inzwischen standardisiert (Meta-Analysis Reporting Standards, MARS), aber für die meisten Forscher:innen und Kliniker:innen nicht nachvollziehbar. 10 11 11 Vorgehen bei der Durchführung von Meta-Analysen 1. Definition der Ein- und Ausschlusskriterien für die Primärstudien 2. Literaturrecherche und Selektion der geeigneten Studien anhand der o.g. Kriterien 3. Kodierung der Primärstudien 4. Berechnung der Effektstärken und Schätzung möglicherweise fehlender Kennwerte auf der Basis der vorhandenen Daten mittels bestimmter Umrechnungsformeln 5. Gewichtung der Effektstärken entsprechend der Stichprobengröße 6. Ermittlung eines mittleren Effektstärkenmaßes über alle Studien hinweg (möglichst mit Konfidenzintervallen) 12 Vorgehen bei der Durchführung von Meta-Analysen 1. Definition der Ein- und Ausschlusskriterien für die Primärstudien 2. Literaturrecherche und Selektion der geeigneten Studien anhand der o.g. Kriterien 13 Literaturrecherche Ausschluss Einschluss Personen ohne BPS Nicht randomisiert- Keine DSM-Diagnose kontrollierten Studien Keine vollständige (nRCTs) Intervention laut DBT- RCTs mit anderen aktiven Manual oder Behandlungsarmen Keine Intervention nach stationärem Konzept (Swenson et al., 2001) N < 10 Personen eingeschlossen Kliem, Kröger, & Kosfelder, 2010 14 Rechercheergebnis − 75 empirische Studien, von denen (10/2009) − 26 Studien eingeschlossen werden, − basierend auf 16 Stichproben; davon 8 RCTs 7 Studien mit FU (davon 5 RCTs) 15 Vorgehen bei der Durchführung von Meta-Analysen 1. Definition der Ein- und Ausschlusskriterien für die Primärstudien 2. Literaturrecherche und Selektion der geeigneten Studien anhand der o.g. Kriterien 3. Kodierung der Primärstudien 16 Studienqualität als Moderator ▪ Ratingsystem (Downs & Black, 1998) » 27 Items auf 4 Skalen (Bericht, externale Validität, internale Validität, Power) » für RCTs (max. Punktwert = 32) und für nRCTs (max. Punktwert = 28) » 2 unabhängige Rater (ICC =.97) ▪ Ergebnis » M = 22.0 (SD = 2); » kein Unterschied zwischen RCTs und nRCTs Kliem, Kröger & Kosfelder, 2010 17 Vorgehen bei der Durchführung von Meta-Analysen 1. Definition der Ein- und Ausschlusskriterien für die Primärstudien 2. Literaturrecherche und Selektion der geeigneten Studien anhand der o.g. Kriterien 3. Kodierung der Primärstudien 18 Vorgehen bei der Durchführung von Meta-Analysen 1. Definition der Ein- und Ausschlusskriterien für die Primärstudien 2. Literaturrecherche und Selektion der geeigneten Studien anhand der o.g. Kriterien 3. Kodierung der Primärstudien 4. Berechnung der Effektstärken und Schätzung möglicherweise fehlender Kennwerte auf der Basis der vorhandenen Daten mittels bestimmter Umrechnungsformeln 19 Meta-Analysen: Möglichkeiten der Effektschätzung 1. Quantifizierung des Gruppe 1: Prä → Post Unterschiedes zwischen zwei Gruppe 2: Prä → Post Gruppen zu einem bestimmten Zeitpunkt, z.B. Behandlungs- und Kontrollgruppe oder zweier Behandlungsgruppen nach einer Therapie 2. Quantifizierung des Gruppe 1: Prä → Post Unterschiedes innerhalb einer Gruppe 2: Prä → Post Gruppe zu verschiedenen Zeitpunkten, z.B. vor und nach einer Therapie 20 Was bedeutet eine Effektstärke (ES)? Mittelwert Post (EX) – Mittelwert Post (KG) ES = Standardabweichung Post (KG) Idealisierte Darstellung einer ES = 1.0 bedeutet, dass eine durchschnittliche Effektstärke von ES = 1.0 Person aus der EXG einen Wert zeigt, der eine Standardabweichung über dem Durchschnittswert der KG liegt. Konvention nach Cohen‘s (1980) d: klein: 0.20 – 0.39 mittel: 0.40 – 0.79 groß: > 0.80 21 Effektstärken ▪ Varianzverbreiterungseffekt (hier im prä-post-Vergleich): einige Patient:innen profitieren, andere breiterung Varianzver- verschlechtern sich – differenzielle Treatment-Wirksamkeit ▪ Deutliche Unterschiede in den Effektstärken, je nachdem, ob die (geringere) Prä-Streuung oder die (höhere) Post-Streuung im Nenner Prä Post steht ▪ Lösung: Nutzung gepoolter Streuung (z.B. Hedges g) 22 Forest-Plot – globale Wirksamkeit 23 Kliem, Kröger, & Kosfelder, 2010 Vorgehen bei der Durchführung von Meta-Analysen 1. Definition der Ein- und Ausschlusskriterien für die Primärstudien 2. Literaturrecherche und Selektion der geeigneten Studien anhand der o.g. Kriterien 3. Kodierung der Primärstudien 4. Berechnung der Effektstärken und Schätzung möglicherweise fehlender Kennwerte auf der Basis der vorhandenen Daten mittels bestimmter Umrechnungsformeln 5. Gewichtung der Effektstärken entsprechend der Stichprobengröße 6. Ermittlung eines mittleren Effektstärkenmaßes über alle Studien hinweg (möglichst mit Konfidenzintervallen) 24 Vorgehen am Beispiel der globalen Wirksamkeit I ▪ RCTs (k = 8) im unkonditionierten Modell » ES = 0.39 (95% CI 0.10–0.68) ▪ Sensitivitätsanalyse: Einfluss aktiver Kontrollbedingungen (Clarkin et al., 2007; McMain et al., 2009) » ES = 0.51 (95% CI 0.38–0.64) » Moderator effect = -0.50 (95% CI -0.63 to -0.37, t = -7.68, approx. df = 6, p > 0.001) Kliem, Kröger & Kosfelder, 2010 25 Meta-Analyse zur DBT Funnel-Plot – globale Wirksamkeit 0.53 McMain et al., 2009 N = Stichprobengröße Linehan et al., 1991 (Fleischhaker et al., 2011) 26 Kliem, Kröger & Kosfelder, 2010 Förderung psychischer Gesundheit nach traumatischen Themenüberblick Erfahrungen 1. Borderline-Persönlichkeitsstörung 2. Dialektisch-Behaviorale-Therapie 3. Leitlinie und Metaanalyse (n) 4. Einzelfallanalysen und frühzeitige Beendigung 27 Statistische Einzelfallanalyse I Index für reliable Veränderung – RC = (X Post – X Prä)/ SEDiff – SEDiff = SDDys*√2(1-rtt) – Wird der Wert von 1,96 überschritten, liegt auf dem 5%-Niveau eine signifikante Verbesserung bzw. Verschlechterung vor. Klinische Signifikanz – Trennpunkt A = MDys – 2 *SD MDys = Mittelwert der Patientenpopulation Keine Aussage über Normalpopulation liegen vor. – Trennpunkt C = gewichteter Mittelwert = (MDys*SDNorm + MNorm*SDDys)/(SDDys+SDNorm) 28 „Clinically Significant Change“ ▪ Statistischer Kennwert zur Einschätzung, ab wann ein Veränderungswert eine klinisch signifikante Verbesserung darstellt ▪ Eine klinisch signifikante Veränderung liegt vor, wenn … - … sich ein:e Patient:in aus dem Wertebereich der klinischen Referenzstichprobe in Wertebereich einer normalen bzw. funktionalen Referenzgruppe bewegt - … eine reliable Mindestveränderung von Prä zu Post stattgefunden hat (Jacobson & Truax, 1991) 29 Evaluation einer dreimonatigen stationären DBT-Behandlung aus Sicht der PatientInnen (BSL-95) N = 1423 unverändert: 30% g = 0.54 verschlechtert: 10% Wert am Ende der Therapie verbessert: 45% 15% = verbessert und Belastung ambulanter Patienten 30 30 Wert zu Beginn der Therapie Kröger et al., 2013 Aussage einer Patientin „Abschließend kann ich sagen, war die Therapie die Rettung, noch nicht die Lösung, aber gibt es überhaupt die Lösung? Gelernt und dazu gewonnen habe ich sehr viel… Für manche Symptome habe ich aber bis heute nicht die geeigneten SKILL‘s und Strategien gefunden, um deren Herr zu werden.“ Kröger & Unkel (2006). Borderline-Störung. Wie mir die dialektisch- behaviorale Therapie geholfen hat. Göttingen: Hogrefe. 31 Prädiktion von Abbruch der stationären DBT Abbruchraten im Mittel RCT ambulant: DBT = 24.7% vs. KG = 27.3% (Kliem et al., 2010) Stationär: 12% bis 25.8%, Ausnahme: 46% (Rüsch et al., 2008) Mögliche Prädiktoren ▪ soziodemografische Merkmale: u.a. Alter, Geschlecht, Bildung, Familienstand ▪ Daten zum Krankheitsverlauf: Aufenthaltsdauer, vorherige Vorbehandlungen ▪ Ausprägung der Symptomatik zu Beginn der Therapie: Komorbiditätsraten, allgemeines und störungsspezifisches psychische Belastungsniveau Stat. Methode Non-parametrischer Entscheidungsbäume (multiple exakte Permutationstests) Hothorn et al., 2011 32 Abbruch einer psychiatrischen stationären Behandlung (11%) N = 541 33 Kröger, Röpke & Kliem, 2014 Ausweisung aus einer psychiatrischen Klinik (19%) 34 Kröger, Röpke & Kliem, 2014 Förderung psychischer Gesundheit nach traumatischen Wiederholung und Weiterführung Erfahrungen Was bedeutet eine Effektstärke? Wie berechnen Sie die klinische Signifikanz? Beschreiben Sie sechs wichtige Schritte bei der Erstellung einer Meta-Analyse? Erklären Sie Forest-Plot und Funnel-Plot einer Meta-Analyse? Nennen Sie Kritikpunkte an Meta-Analysen. Was sind Behandlungsleitlinien? Welche Bedeutung haben Sie? Welche Risikomerkmale für Suizid (Teil I) und für Abbruch (Teil III) sind Ihnen bekannt? Weshalb ist ein Monitoring (ggf. mit Feedback-System) bei schwerwiegenden Störungen (z. B. BPS und Schizophrenie) versorgungsrelevant? 35