Tourismusrecht - Lernmaterialien PDF
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This document is a course book on tourism law. It includes an introduction, table of contents, and a detailed outline of the course material. The book covers various aspects of tourism law, including, but not limited to, pauschalreise(package tours), contracts, amendments and rights and obligations in detail. It is designed for students and comes with recommended readings.
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TOURISMUSRECHT DLBTOTR01 TOURISMUSRECHT IMPRESSUM Herausgeber: IU Internationale Hochschule GmbH IU International University of Applied Sciences Juri-Gagarin-Ring 152 D-99084 Erfurt Postanschrift: Albert-Proeller-Straße 15-19 D-86675 Buchdorf [email protected]...
TOURISMUSRECHT DLBTOTR01 TOURISMUSRECHT IMPRESSUM Herausgeber: IU Internationale Hochschule GmbH IU International University of Applied Sciences Juri-Gagarin-Ring 152 D-99084 Erfurt Postanschrift: Albert-Proeller-Straße 15-19 D-86675 Buchdorf [email protected] www.iu.de DLBTOTR01 Versionsnr.: 002-2024-0612 Konzept: IU Internationale Hochschule GmbH © 2024 IU Internationale Hochschule GmbH Dieses Lernskript ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Dieses Lernskript darf in jeglicher Form ohne vorherige schriftliche Genehmigung der IU Internationale Hochschule GmbH (im Folgenden „IU“) nicht reproduziert und/oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet wer- den. Die Autor:innen/Herausgeber:innen haben sich nach bestem Wissen und Gewissen bemüht, die Urheber:innen und Quellen der verwendeten Abbildungen zu bestimmen. Sollte es dennoch zu irrtümlichen Angaben gekommen sein, bitten wir um eine dement- sprechende Nachricht. 2 INHALTSVERZEICHNIS TOURISMUSRECHT Einleitung Wegweiser durch das Lernskript.................................................... 6 Literaturempfehlungen............................................................ 7 Übergeordnete Lernziele.......................................................... 9 Lektion 1 Grundlagen des Rechts der Touristik 11 1.1 Die wichtigsten Akteure in der Touristik........................................ 12 1.2 Überblick über die wesentlichen Regelungen und weitere wichtige Rechtsgebiete.. 16 Lektion 2 Die Pauschalreise 19 2.1 Geschichte des Begriffs der Pauschalreise...................................... 20 2.2 Die Pauschalreise............................................................ 22 2.3 Arten von Reiseleistungen.................................................... 24 2.4 Keine Anwendbarkeit des Pauschalreiserechts.................................. 26 2.5 Verbundene Online-Buchungsverfahren....................................... 27 2.6 Abgrenzung: Vermittlung und Veranstaltung von Pauschalreisen................. 29 Lektion 3 Der Abschluss des Reisevertrages 31 3.1 Angebot auf Abschluss eines Pauschalreisevertrages............................ 32 3.2 Annahmeerklärung.......................................................... 33 3.3 Buchung für Dritte........................................................... 35 3.4 Allgemeine Geschäftsbedingungen............................................ 36 3.5 Pflichten aus dem Reisevertrag im Allgemeinen................................. 37 Lektion 4 Aufhebung und Änderungen des Reisevertrages 41 4.1 Vertragsänderungen......................................................... 42 4.2 Preisänderungen............................................................ 45 4.3 Aufhebung des Pauschalreisevertrages........................................ 46 3 Lektion 5 Reisemängel Teil I 51 5.1 Die Rechte des Reisenden bei Mängeln......................................... 52 5.2 Die Rechte des Reisenden bei Unannehmlichkeiten, Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos und Umfeldstörungen............................................... 56 Lektion 6 Reisemängel Teil II 59 6.1 Gewährleistungsrechte....................................................... 60 6.2 Verschuldensabhängige Mängelansprüche..................................... 65 Lektion 7 Reisevermittlung 71 7.1 Der Reisevermittlungsvertrag................................................. 73 7.2 Pflichten des Reisevermittlers................................................. 75 7.3 Haftung des Reisevermittlers.................................................. 77 7.4 Wichtige Änderungen für den Reisevermittler durch das neue Reiserecht.......... 77 Lektion 8 Der Beherbergungsvertrag 81 8.1 Abgrenzung vom Pauschalreisevertrag......................................... 82 8.2 Vertragsschluss, Vertragsaufhebung und Kündigung............................ 83 8.3 Haftung..................................................................... 84 8.4 Die Haftung des Gastwirts für eingebrachte Sachen nach §§ 701 ff. BGB............ 85 Lektion 9 Luftverkehrsrecht 89 9.1 Rechtsquellen im Luftverkehr................................................. 90 9.2 Fluggastrechte-Verordnung (VO (EG) 261/2004)................................. 92 9.3 Der Luftbeförderungsvertrag.................................................. 93 Lektion 10 Weitere für die Touristik bedeutsame Rechtsgebiete 95 10.1 AGB-Recht................................................................. 96 10.2 Wettbewerbsrecht.......................................................... 97 10.3 Recht der Reiseversicherungen............................................... 98 Verzeichnisse Literaturverzeichnis............................................................. 102 Abbildungsverzeichnis.......................................................... 106 4 EINLEITUNG HERZLICH WILLKOMMEN WEGWEISER DURCH DAS LERNSKRIPT Dieses Lernskript bildet die Grundlage Deines Kurses. Ergänzend zum Lernskript stehen Dir weitere Medien aus unserer Online-Bibliothek sowie Videos zur Verfügung, mit deren Hilfe Du Dir Deinen individuellen Lern-Mix zusammenstellen kannst. Auf diese Weise kannst Du Dir den Stoff in Deinem eigenen Tempo aneignen und dabei auf lerntypspezifi- sche Anforderungen Rücksicht nehmen. Die Inhalte sind nach didaktischen Kriterien in Lektionen aufgeteilt, wobei jede Lektion aus mehreren Lernzyklen besteht. Jeder Lernzyklus enthält jeweils nur einen neuen inhaltlichen Schwerpunkt. So kannst Du neuen Lernstoff schnell und effektiv zu Deinem bereits vorhandenen Wissen hinzufügen. In der IU Learn App befinden sich am Ende eines jeden Lernzyklus die Interactive Quizzes. Mithilfe dieser Fragen kannst Du eigenständig und ohne jeden Druck überprüfen, ob Du die neuen Inhalte schon verinnerlicht hast. Sobald Du eine Lektion komplett bearbeitet hast, kannst Du Dein Wissen auf der Lernplatt- form unter Beweis stellen. Über automatisch auswertbare Fragen erhältst Du ein direktes Feedback zu Deinen Lernfortschritten. Die Wissenskontrolle gilt als bestanden, wenn Du mindestens 80 % der Fragen richtig beantwortet hast. Sollte das einmal nicht auf Anhieb klappen, kannst Du die Tests beliebig oft wiederholen. Wenn Du die Wissenskontrolle für sämtliche Lektionen gemeistert hast, führe bitte die abschließende Evaluierung des Kurses durch. Die IU Internationale Hochschule ist bestrebt, in ihren Lernskripten eine gendersensible und inklusive Sprache zu verwenden. Wir möchten jedoch hervorheben, dass auch in den Lernskripten, in denen das generische Maskulinum verwendet wird, immer Frauen und Männer, Inter- und Trans-Personen gemeint sind sowie auch jene, die sich keinem Geschlecht zuordnen wollen oder können. 6 LITERATUREMPFEHLUNGEN ALLGEMEIN Bergmann, S. (2018): Das neue Reiserecht. C. H. Beck, München. Führich, E. & Achilles-Pujol, C. (2022): Basiswissen Reiserecht. Grundriss des Pauschal- und Individualreiserechts (5. Aufl.). Vahlen München. https://search.ebscohost.com/login.a spx?direct=true&AuthType=sso&db=cat09158a&AN=iuo.oai.edge.iu.folio.ebsco.com.fs 00001148.ad1aab22.1e2c.4237.a62b.6a4c09b433b6&site=eds-live&scope=site&custid =s6068579 Tonner, K./Bergmann, S./Blankenburg, D. (2018): Reiserecht. Nomos, Baden-Baden. Brenner, C. (2019): Gesetze im Tourismus. 5 Auflage, Tessa Verlag, Cape Town. LEKTION 1 Deutscher Bundestag (2017): Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften. BT-Drucksache 18/10822 vom 11.01.2017, S. 47 ff. (Im Internet verfügbar). Kirstges, T. (2014): Grundlagen des Reisemittler- und Reiseveranstaltermanagements. 2. Auflage, Oldenbourg, München, S. 1–9. https://search.ebscohost.com/login.aspx?dir ect=true&AuthType=sso&db=cat09158a&AN=iuo.oai.edge.iu.folio.ebsco.com.fs000011 48.74367522.90ef.537a.86c0.131fc24d9880&site=eds-live&scope=site&custid=s606857 9 LEKTION 2 Deutscher Bundestag (2017): Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften. BT-Drucksache 18/10822 vom 11.01.2017, S. 64 ff. (Im Internet verfügbar). Dörnberg v., A./Sülberg, W./Freyer, W. (2013): Reiseveranstalter-Management: Funktionen, Strukturen, Management. Teil II. Oldenbourg, München, S. 87–204. https://search.ebsc ohost.com/login.aspx?direct=true&AuthType=sso&db=nlebk&AN=758841&site=eds-liv e&scope=site&custid=s6068579 LEKTION 3 Deutscher Bundestag (2017): Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften. BT-Drucksache 18/10822 vom 11.01.2017, S. 69 ff. (Im Internet verfügbar). 7 LEKTION 4 Deutscher Bundestag (2017): Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften. BT-Drucksache 18/10822 vom 11.01.2017, S. 71 ff. (Im Internet verfügbar). LEKTION 5 Deutscher Bundestag (2017): Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften. BT-Drucksache 18/10822 vom 11.01.2017, S. 76 ff. (Im Internet verfügbar). LEKTION 6 Deutscher Bundestag (2017): Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften. BT-Drucksache 18/10822 vom 11.01.2017, S. 78 ff. (Im Internet verfügbar). LEKTION 7 Deutscher Bundestag (2017): Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften. BT-Drucksache 18/10822 vom 11.01.2017, S. 91 ff. (Im Internet verfügbar). LEKTION 8 Führich, E. & Achilles-Pujol, C. (2022): Basiswissen Reiserecht. Grundriss des Pauschal- und Individualreiserechts (5. Aufl.). Vahlen München, S. 237–241. https://search.ebscohost. com/login.aspx?direct=true&AuthType=sso&db=cat09158a&AN=iuo.oai.edge.iu.folio.e bsco.com.fs00001148.ad1aab22.1e2c.4237.a62b.6a4c09b433b6&site=eds-live&scope= site&custid=s6068579 LEKTION 9 EuGH (2009): Recht auf Entschädigung ab Flugverspätung von drei Stunden. Urteil vom 19.11.2009. (Im Internet verfügbar). LEKTION 10 Führich, E. & Achilles-Pujol, C. (2022): Basiswissen Reiserecht. Grundriss des Pauschal- und Individualreiserechts (5. Aufl.). Vahlen München, S. 39 f., S. 71. https://search.ebscohos t.com/login.aspx?direct=true&AuthType=sso&db=cat09158a&AN=iuo.oai.edge.iu.folio.ebsco.com.fs00001148.ad1aab22.1e2c.4237.a62b.6a4c09b433b6&site=eds-live&scop e=site&custid=s6068579 8 ÜBERGEORDNETE LERNZIELE Der Kurs Tourismusrecht vermittelt Dir zunächst einen Überblick über die wichtigsten Grundlagen dieses Fachgebiets. So wirst Du beispielsweise die wichtigsten Akteure und wesentliche Begrifflichkeiten wie „Pauschalreise“, „verbundene Reiseleistung“ und „Ein- zelleistung“ mit ihren Unterschieden kennenlernen. Du entwickelst ein Verständnis für die Rechtsbeziehungen in der Touristik und lernst die verschiedenen relevanten Vertragsty- pen kennen. Des Weiteren vermittelt Dir dieser Kurs einen Überblick über die rechtlichen Pflichten der wichtigen Akteure und die gesetzlichen Haftungsregelungen. Schließlich erhälst Du Einblicke in den Beherbergungsvertrag sowie das Luftverkehrsrecht. 9 LEKTION 1 GRUNDLAGEN DES RECHTS DER TOURISTIK LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion wirst Du in der Lage sein, … – grundlegende Rechtsregeln auf das Recht des Tourismus anzuwenden. – das Recht des Tourismus zu strukturieren. – die Rechtsbeziehungen, die zwischen den wesentlichen Akteuren im Tourismus beste- hen, zu erläutern. – die Rechte, die Verbraucher haben, darzustellen. – das Recht des Tourismus im nationalen und internationalen Rahmen einzuordnen. 1. GRUNDLAGEN DES RECHTS DER TOURISTIK Einführung Das Recht des Tourismus ist kein einheitliches Rechtsgebiet. Es gibt kein „Tourismusge- setzbuch“ oder eine Zusammenstellung darüber, welche Rechtsregeln auf den Tourismus Anwendung finden. Vielmehr werden einzelne Bereiche, die für den Tourismus von Bedeu- tung sind, in nationalen Gesetzen geregelt; manche speisen sich auch aus internationalen Rechtsquellen, wie etwa Verordnungen oder Richtlinien der Europäischen Union und andere schließlich aus internationalen Abkommen. Daneben findet noch eine Vielzahl anderer Rechtsregeln Anwendung, die keinen ausschließlich oder explizit touristischen Bezug haben: Die Antwort auf die Frage, welche allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Reiseveranstalter seinem Reisenden wirksam stellen kann, ergibt sich einerseits aus den Regeln über die Rechte des Reisenden, andererseits auch aus den allgemeinen Vorschrif- ten zur Regelung der allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB für das AGB- Recht, §§ 651a ff. BGB für das Reisevertragsrecht). Gleiches gilt beispielsweise für den Bereich des E-Commerce: Hier gibt es Sonderregelungen; für die Click-Through-Buchung (§ 651c BGB) im gleichen Maße finden allerdings die Vorschriften über den elektronischen Geschäftsverkehr, §§ 312a ff. BGB, und weitere Rechtsquellen Anwendung. Der Rechtsan- wender muss also stets unterschiedliche Rechtsquellen im Blick haben, um die konkrete Frage beantworten zu können, welche rechtlichen Inhalte für eine bestimmte Frage von Bedeutung sind. Die Unterscheidung der Akteure im Tourismus in groben Zügen wird im Folgenden erläu- tert. 1.1 Die wichtigsten Akteure in der Touristik Reiseveranstalter Reiseveranstalter Der Begriff des „Reiseveranstalters“, der eine Pauschalreise verschafft, ist nicht im Der Reiseveranstalter ist Gesetz festgelegt. Vielmehr definiert das Gesetz den Begriff des Pauschalreisevertrages derjenige, der eine Pau- schalreise in eigener Ver- und regelt überdies Fälle, in denen Regeln der Pauschalreise auch auf Nicht-Veranstalter antwortung erbringt. angewandt werden. Der Reiseveranstalter haftet in weitem Maße für die Qualität der von Pauschalreise ihm erbrachten Leistungen und zugleich auch für die von ihm eingeschalteten Dritten, die Dieser Begriff bezeichnet die Leistungen tatsächlich erbringen. Das Gesetz regelt in § 651a Abs. 1 S. 1 BGB, dass der ein Bündel von mehr als einer Reiseleistung. Unternehmer (Reiseveranstalter) verpflichtet ist, dem Reisenden eine Pauschalreise zu verschaffen. Hieraus können wir ableiten, dass der Reiseveranstalter eine natürliche oder juristische Person ist, die die (Pauschal-)Reise verschafft. Das „Verschaffen“ soll dabei die Tätigkeit des Veranstalters von der Organisation der Reise bis zur Leistung der Reise 12 umfassen. Nicht zum Reiseveranstalter werden dadurch solche Unternehmen oder Perso- Verschaffen nen, die eine Pauschalreise nur gelegentlich, nicht zum Zweck der Gewinnerzielung und Dieser Begriff soll klarstel- len, dass der Unterneh- nur für einen bestimmten Personenkreis anbieten, § 651a Abs. 5 Nr. 1 BGB. Das Gesetz mer in eigener Verantwor- nimmt also beispielsweise Jugendreisen von Kirchen, Reisen gemeinnütziger Organisatio- tung die Leistungen nen für ihre Mitglieder oder Reisen von Sportvereinen für ihre Mitglieder aus dem Anwen- (eigene und die Dritter) zusammenstellt (Deut- dungsbereich des Gesetzes aus. scher Bundestag 2017, S. 65). Die Leistungserbringer Reiseveranstalter erbringen nicht alle touristischen Leistungen selbst. Vielmehr schnüren sie aus einer Vielzahl von Leistungen Dritter ein Paket, die Pauschalreise, das sie dem Rei- senden anbieten. Diese Leistungserbringer, § 651b Abs. 1 S. 2 BGB, sind Vertragspartner Leistungserbringer des Reiseveranstalters. Beispiele solcher Leistungserbringer sind Fluggesellschaften, Miet- Das sind diejenigen, die eine Reiseleistung erbrin- wagenunternehmen, Hotels oder Incoming Agencies. Zwischen ihnen und dem Reisenden gen, z. B. der Hotelier besteht in den Fällen der Pauschalreise keine direkte vertragliche Beziehung – diese oder die Airline. besteht nur zwischen Veranstalter und Leistungserbringer einerseits, und zwischen Veran- stalter und Reisendem andererseits. Abbildung 1: Rechtsbeziehungen im Pauschalreiserecht Quelle: erstellt im Auftrag der IU, 2023. Der Reiseveranstalter beschafft so die Leistungen, die er gegenüber dem Reisenden bün- delt. Der Reiseveranstalter schaltet also Dritte in die Erfüllung seiner vertraglichen Pflich- ten gegenüber dem Reisenden ein. Die Leistungserbringer (und ihre Hilfspersonen) sind daher Erfüllungsgehilfen des Reiseveranstalters. Erfüllungsgehilfen Nach § 278 BGB sind Erfüllungsgehilfen Dritte, Die Leistungserbringer können andererseits aber auch einzelne Leistungen gegenüber die der Schuldner in die dem Kunden erbringen. Dies sind dann Individualreiseverträge. Hier liegt einer der gro- Erfüllung seiner Vertrags- ßen Unterschiede: Bucht der Reisende bei einem Hotelier vor Ort direkt, so handelt es sich pflichten gegenüber dem Gläubiger einschaltet. Er um einen Beherbergungsvertrag, der eigenen Regeln folgt. Bucht der Reisende hingegen haftet für ein Verschulden das gleiche Hotel als Bestandteil einer Pauschalreise, so bestehen Ansprüche in der Regel dieser Erfüllungsgehilfen wie für ein eigenes Ver- nur direkt gegenüber dem Reiseveranstalter. Für den Reiseveranstalter ist es daher immer schulden, ohne dass er notwendig, die möglichen Kundenrechte, denen er sich im Rahmen der Erbringung einer sich exkulpieren könnte. Pauschalreise ausgesetzt sieht, auch durch vertragliche Beziehungen zu seinen Leistungst- 13 Individualreiseverträge rägern abzubilden. Denn die Regeln des Pauschalreiserechts gelten nicht für den Beschaf- Das sind Verträge zwi- fungsvertrag zwischen Reiseveranstalter und Leistungserbringer. Es handelt sich hier um schen dem Reisenden und dem Leistungserbrin- allgemeines Vertragsrecht. ger über eine Reiseleis- tung. Anders sieht es indes im Verhältnis zwischen Reisendem und Leistungsträger aus. Hier können auch konkrete rechtliche Vorgaben bestehen. So wird etwa der Vertrag eines Rei- senden mit einem Hotel als Beherbergungsvertrag eingeordnet, der Vertrag zwischen einem Reisenden und einer Airline unterliegt z. B. den Anforderungen der sogenannten Fluggastrechteverordnung (EU-VO 261/04), die Rechte eines Bahnkunden gegenüber der Bahn speisen sich neben den Regeln über den Beförderungsvertrag auch aus Vorschriften des nationalen und internationalen Rechts (z. B. Personenbeförderungsgesetz). Derartige Verträge sind Verträge über eine Individualreise. Hierzu gehören die Beförderungsver- träge, Gastaufnahmeverträge, Mietverträge und Dienstverträge. Im Einzelnen gelten folgende Rechtsquellen für die Verträge des Individualreiserechts (Führich 2018, Kap. 1, Rn. 14): Luftbeförderung: ◦ §§ 631 ff. BGB (Werkvertrag) ◦ AGB/ABB des Luftverkehrsunternehmens – hierzu gehören z. B. auch Fare Rules ◦ EU-Fluggastrechte VO (VIO (EG) Nr. 261/04) ◦ Art. 17 ff. Montrealer Übereinkommen für individuelle Schadensersatzansprüche bei nationalen und internationalen Flügen Busbeförderung: ◦ §§ 631 ff. BGB (Werkvertrag) ◦ AGB des Busunternehmens ◦ Straßenverkehrsgesetz ◦ Personenbeförderungsgesetz ◦ EU-Fahrgastrechte im Kraftomnibusverkehr (VO (EG) Nr. 181/2011) Eisenbahnbeförderung: ◦ §§ 631 ff. BGB (Werkvertrag) ◦ national: Eisenbahnverkehrsordnung (EVO); international: COTIF/CIV Übereinkom- men ◦ EU-Fahrgastrechte (VO (EG) Nr. 1371/2007) ◦ Eisenbahnhaftpflichtgesetz bei Unfällen Schiffsbeförderung: ◦ §§ 631 ff. BGB (Werkvertrag) ◦ Athen-Verordnung (VO (EU) Nr. 392/2009) ◦ EU-Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr (VO (EU) Nr. 1177/2010) Beherbergungsvertrag: ◦ §§ 535 ff. BGB (Mietvertrag) in Deutschland ◦ §§ 701 ff. BGB (Gastwirtshaftung für eingebrachte Sachen) in Deutschland Ferienhaus/Ferienwohnung Inland: ◦ §§ 535 ff. BGB (Mietvertrag) Restaurantvertrag: ◦ Vertrag über die Erbringung einer Restaurantleistung, §§ 611, 650, 433 ff. BGB 14 Der Reisevermittler Eine Besonderheit der Reisebranche ist es, dass die Leistungsträger und Reiseveranstalter nicht notwendigerweise allein den Vertrieb ihrer Reiseleistungen übernehmen und der Reisende oft ein großes Interesse an einer Beratungsleistung hat. Diese Rolle übernimmt der Reisevermittler. Der Reisevermittler ist also einerseits Vertriebspartner des Leistungst- rägers oder Reiseveranstalters, andererseits ist er zugleich auch derjenige, der für den Kunden eine Buchung mit einem Leistungsträger oder Reiseveranstalter bewirkt. Der Reisende Das Reisevertragsrecht (§§ 651a ff. BGB) sowie einige Regelungen im Verhältnis insbeson- dere zu Fluggesellschaften (etwa EU-Passagierrechteverordnung, EU-VO 261/04) sind Ver- braucherschutzrechte. Ansatzpunkt des Verbraucherschutzrechts ist, dass der Verbrau- cher in einer strukturell unterlegenen Situation gegenüber seinem Vertragspartner ist. Daher ist das Recht bewusst so formuliert, dass es dieses strukturelle Defizit des Verbrau- chers gegenüber dem Anbieter ausräumt. So ist etwa das Reisevertragsrecht ausdrücklich als zwingendes Recht ausgestaltet (§ 651y BGB), d. h., es ist dem Anbieter verboten, von den Bestimmungen dieser Rechtsregeln zum Nachteil des Verbrauchers abzuweichen. Die EU-Pauschalreiserichtlinie EU-RL 2015/2302 gewährleistet für jeden Verbraucher in der EU ein festes Mindestmaß an Schutz. Dieser Schutz ist nicht zum Nachteil des Verbrauchers abzuändern; insoweit ist es zwingendes Recht. Der Reisende wird zudem davor bewahrt, nach fremdem Recht und im Ausland seine Rechte verfolgen zu müssen. Er muss sich nur mit seinem Reiseveranstalter auseinandersetzen, wenn es zu Mängeln bei der Reise kommt. Gerade vor diesem Hintergrund sind die Rechtsbeziehungen zwischen Reiseveranstalter und Kunden von ganz erheblicher Bedeutung: Die zwingenden Regeln, die der Reiseveran- stalter gegenüber dem Reisenden einzuhalten hat, nötigen ihn zugleich dazu, im Rechts- verhältnis zu seinen Leistungserbringern sicherzustellen, dass diese sich so verhalten, dass der Reiseveranstalter seinerseits die Ansprüche, die Kunden gegen ihn haben, durch die von ihm eingeschalteten Dritten erfüllen kann. Beispiel Der Kunde hat Anspruch auf eine unverzügliche Abhilfe bei Vorliegen eines Mangels. Ver- einbart der Reiseveranstalter im Hotelvertrag mit dem Leistungsträger, dass das Hotel mehrere Tage Zeit hat einem Mangel abzuhelfen, so würde der Reiseveranstalter einerseits für weitere Mängelansprüche gegenüber seinem Hotel haften, andererseits hätte er keine Möglichkeit des Rückgriffs, da sich das Hotel selbst vertragsgetreu verhalten hat. Hier ist also auf eine Synchronisierung Wert zu legen. Eine Kenntnis der Verbraucherschutzrechte ist daher erforderlich, um den notwendigen Inhalt von Verträgen zwischen den Akteuren im Bereich des Tourismus zu verstehen. Die Verbrauchereigenschaft (§ 13 BGB) des Reisenden ist aber nicht Voraussetzung für den Pauschalreisevertrag. Auch Unternehmen können Vertragspartner eines Pauschalreise- vertrages sein, etwa wenn das Unternehmen für seine Mitarbeiter eine Reise bucht (BGH 2002a, S. 2238) oder wenn für eine Geschäftsreise mehrere Reiseleistungen gebündelt wer- 15 den, ohne dass ein Rahmenvertrag zwischen dem Unternehmen und dem Veranstalter vorliegt, § 651a Abs. 5 Nr. 3 BGB. Reisender und damit Vertragspartner kann auch derje- nige sein, der für seine Familie eine Reise bucht (Führich 2018, Kap. 1, Rn. 9). Weitere Akteure Es gibt eine Vielzahl weiterer Akteure im Bereich des Tourismus, ob dies nun Destination Destination Management Companies (DMCs), Bedbanks, Anbieter von Central Reservation Systems Management Companies (CRS) und Internet Booking Engines (IBEs) oder andere sind. Für diese gibt es keine spezia- Hierbei handelt es sich um Unternehmen, die die lisierten rechtlichen Regelungen. Vielmehr ergibt sich aus den vorbenannten Rechtsbezie- touristische Vermarktung hungen und den vereinzelten durch Gesetz geregelten Rechtssituationen der Inhalt der einer Destination über- dort abzuschließenden Verträge. Wichtig ist des Weiteren: Auch im Bereich des Tourismus nehmen. ist die Funktion, die ein Akteur ausübt, entscheidend – nicht der Begriff, den er sich gibt. Central Reservation System So können Hotels einerseits bloße Partner eines Beherbergungsvertrages sein, sie können Dieses System wird auch aber andererseits auch gegenüber dem Kunden als Pauschalreiseveranstalter auftreten, GDS (Global Distribution System) genannt. wenn das Hotel mehr als eine Reiseleistung in eigener Verantwortung erbringt oder als Ursprünglich war es ein Vermittler verbundener Reiseleistungen, wenn das Hotel neben der Übernachtung auch von den Airlines entwi- noch eine weitere touristische Leistung vermittelt. Genauso können Fluggesellschaften ckeltes System, mit dem Flüge gebucht werden bloße Luftfrachtführer sein oder aber als Pauschalreiseveranstalter agieren. Auch DMCs konnten und das Auskunft können Vermittler von einzelnen oder verbundenen Reiseleistungen sein, indem sie über über Tarife und Verfüg- eine Website Kunden gezielt an mehrere Anbieter vermitteln. Dies gilt für den gesamten barkeiten gibt, z. B. Sabre, Galileo, Amadeus. Bereich des Tourismus: In jedem Fall ist nicht entscheidend, wie sich der Akteur bezeich- net oder wie seine eigene Wahrnehmung ist, sondern vielmehr kommt es darauf an, wel- che Funktion er ausübt. Die Anwendung der Rechtsregeln folgt dann der entsprechend ausgeübten Funktion. 1.2 Überblick über die wesentlichen Regelungen und weitere wichtige Rechtsgebiete Die wesentlichen, anwendbaren Rechtsregeln für den Bereich des Tourismus sind nachfol- gend zusammengestellt: Tabelle 1: Anwendbare Regelungen Vermittlung verbunde- ner Reiseleistungen Pauschalreise (VvRL) Reisevermittlung Individualreise Reisevertragsrecht, Reisevertragsrecht, Reisevertragsrecht, besonderes Schuld- §§ 651a BGB–651y § 651w BGB (Sondersi- § 651v BGB; besonde- recht, internationale BGB tuation der Vermittlung) res Schuldrecht, Abkommen, EU-Regeln §§ 675, 631 BGB 16 Vermittlung verbunde- ner Reiseleistungen Pauschalreise (VvRL) Reisevermittlung Individualreise Erweiterung der zeitlicher und sachli- Geschäftsbesorgung abhängig vom Leis- Anwendung durch cher Zusammenhang gegenüber dem Rei- tungszweck: Click-Through- der Buchung mehr als sendem, gegenüber Beförderung (z. B. Buchung, § 651c BGB einer Reiseleistung, Veranstalter/Leis- Flug, Schiff, Bus, ohne dass es sich um tungserbringer, Han- Zug): Werkvertrag, eine Pauschalreise han- delsvertreter (§§ 84 ff. § 631 BGB. delt HGB) oder Handels- Gastaufnahmevertrag makler (§ 93 HGB); (Hotel, Ferienwoh- bei Vermittlung ver- nung): Mietrecht, bundener Reiseleis- § 535 BGB. tungen (VvRL) Haf- Restaurantvertrag tungsrisiken (Dienstvertrag, Werk- lieferungsvertrag, als typengemischter Ver- trag, §§ 611, 650, 433 ff. BGB) Vermietung von Fahr- zeugen, Mietverträge, § 535 BGB Dienstvertrag, § 611 BGB Abgrenzung zur Ver- mittlung Anwendung der Regeln bei fehlender Information bei VvRL Quelle: erstellt im Auftrag der IU, 2023. Internationale Sachverhalte, internationales Recht Viele Bereiche des Tourismus sind zwangsläufig international. Sei es, dass ein deutscher Reiseveranstalter mit einem ausländischen Hotelier einen Vertrag abschließt oder dass ein deutscher Kunde eine Reise bei einem ausländischen Veranstalter, ein Hotelzimmer direkt im Ausland oder eine Ferienwohnung bei einem privaten Anbieter bucht. Bei solchen Sachverhalten geht es um zwei wesentliche Fragen: Welches Recht findet Anwendung und welcher Gerichtsstand ist begründet? Die erste Frage ist für die Mitgliedstaaten der EU in VO (EG) Nr. 563/2008 (sogenannte Rom I-Verordnung) für die vertraglichen Schuldverhältnisse und in der VO (EG) 864/2007 (soge- nannte Rom II-Verordnung) geregelt. In der sogenannten Brüssel Ia-Verordnung (VO (EU) Nr. 1215/2012), der EuGVVO, ist dage- gen der Gerichtsstand geregelt – also die Frage, wo eine Klage einzureichen ist. Primär richtet sich das anzuwendende Recht nach der Wahl der Parteien (Art. 3, 6 Abs. 2 Rom I-VO): Diese können in den allgemeinen Geschäftsbedingungen ausdrücklich, aber auch konkludent, eine Rechtswahl treffen. Fehlt es an einer Rechtswahl, dann wird die Rechtsordnung angewandt, die zu dem Vertrag die engste Beziehung aufweist. Typisch ist 17 das Recht am Sitz der Partei, die die charakteristische Leistung erbringt und bei einem Kaufvertrag das Recht am Sitz des Verkäufers. Da eine solche Rechtswahl für Verbraucher aber durchaus negative Konsequenzen haben kann, bestimmt die Rom I-VO in Art. 6 Abs. 1, 2, 4 lit. b eine andere, weitere Anknüpfung. Die günstigeren, verbraucherschützen- den Regeln am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts dürfen nicht durch die Rechtswahl aus- gehebelt werden, wenn der Anbieter seine Tätigkeit am Sitz des Verbrauchers ausübt oder dorthin ausrichtet. Für diese Ausrichtung gibt es eine Vielzahl von Kriterien wie etwa Spra- che, internationale Vorwahlen oder auch die Nennung von Abflughäfen im Land des Ver- brauchers (EuGH 2011, S. 505). Für Individualreiseverträge stellt die Rom I-VO in Vertiefung des Anknüpfungsprinzips „engste Beziehung“ weitere Regeln auf: Ein Dienstleistungsvertrag wie beispielsweise eine Tennisstunde richtet sich nach dem Recht des Staates, in dem der Dienstleister seinen Sitz hat (Art. 4 Abs. 1, 19 Rom-VO); für Beherbergungsverträge gilt das Recht am Belegenheits- ort (Art. 6 Abs. 6 lit. c) und für Beförderungen mangels einer Rechtswahl das Recht des Staates, an dem der Reisende seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn der Flug dort beginnt oder endet – sonst das Recht am Sitz des Beförderers. Für den Gerichtsstand gilt als Grundsatz Art. 7 Nr. 5 EuGVVO – der Sitz der Niederlassung des Beklagten bestimmt den Ort. Aber: Für Verbraucher gilt zusätzlich der Verbraucherge- richtsstand, Art. 17, 18 EuGVVO. Der Verbraucher kann daher den ausländischen Vertrags- partner im Inland verklagen. Umgekehrt muss der Unternehmer den Verbraucher immer an seinem Gerichtsstand verklagen. ZUSAMMENFASSUNG Die Hauptakteure in der Touristik sind Reiseveranstalter, Reisevermittler und Leistungsträger. Der Reiseveranstalter verschafft dem Kunden eine Pauschalreise. Er haftet für die Qualität der erbrachten Leistungen und für von ihm eingeschaltete Dritte. Die Leistungserbringer übernehmen für den Reiseveranstalter die Erbringung touristischer Leistungen. Leistungserbringer sind Erfüllungs- gehilfen des Reiseveranstalters. Der Reisevermittler unterstützt den Rei- severanstalter beim Vertrieb der Reiseleistungen. Weiterer Akteure im Tourismus sind beispielsweise DMCs, Bedbanks, Anbieter von CRS und IBEs. 18 LEKTION 2 DIE PAUSCHALREISE LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion wirst Du in der Lage sein, … – eine Pauschalreise oder eine veranstaltete Reise zu definieren. – die wesentlichen Rechtsregeln, die Anwendung finden, zu benennen. – die Pauschalreise von der bloßen Vermittlung mehrerer Bestandteile zu unterscheiden. – die grundsätzlichen Rechte und Pflichten der Reiseveranstalter zu erläutern. – eine Click-Through-Buchung zu erklären. – die Rechtsfolgen der Pauschalreise darzulegen. – die Informationspflichten der Pauschalreise darzustellen. 2. DIE PAUSCHALREISE Einführung Das Reiserecht teilt Reisen in drei verschiedene Kategorien ein: Pauschalreisen, verbun- dene Reiseleistungen und Einzelleistungen. Pauschalreisen sind seit jeher die am detail- liertesten geregelte Reisekategorie. Die entsprechenden Regelungen finden sich in den §§ 651a ff. BGB. Die Kategorie der verbundenen Reiseleistung wurde erst mit dem dritten Gesetz zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften vom 17. Juli 2017 in das deutsche Gesetz eingeführt. Die entsprechenden Regelungen finden sich in § 651w BGB. Die unter- schiedlichen Reisekategorien unterscheiden sich durch das Schutzniveau, das sie dem Reisenden gewähren. Die Pauschalreise gewährt das höchste Schutzniveau und räumt dem Kunden umfangreiche Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Reiseveranstalter ein. Die neu eingeführte Kategorie der verbundenen Reiseleistungen bietet zumindest einen reiserechtlichen Basisschutz, indem sie mit Informationspflichten und Insolvenzab- sicherungspflichten verbunden ist. Die Einzelleistung gewährt dem Reisenden hingegen keinen besonderen reiserechtlichen Schutz. Im Folgenden wird der Fokus insbesondere auf die Pauschalreise gelegt. 2.1 Geschichte des Begriffs der Pauschalreise Die Anfänge des Pauschalreiserechts Das Pauschalreiserecht nahm seine Anfänge in den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts, insbesondere in Deutschland. Denn die Gerichte waren der Auffassung, dass es nicht hin- nehmbar wäre, wenn Kunden bei einem Unternehmen mehrere Reiseleistungen buchen, bei Mängeln während der Reise oder anderen Problemen jedoch an den einzelnen Anbie- ter verwiesen werden. Die Situation des Kunden war dabei insbesondere dadurch erschwert, dass er zum Teil den tatsächlichen Leistungserbringer gar nicht kannte und dessen Sitz sich oft im Ausland befand. Die Gerichte sahen eine Verantwortlichkeit des – gleichsam zwischen dem Leistungsträger und dem Kunden als alleiniger Akteur stehenden – Reiseveranstalters. Dieser stellte einerseits die Reise zusammen, schloss die Verträge mit den Leistungsträgern und beschrieb die Leistung der Leistungsträger gegenüber dem Kun- den und andererseits schloss er einen einheitlichen einzelnen Vertrag mit dem Kunden ab. Diese richterliche Entwicklung wurde am 04. Mai 1979 als eigener Vertragstyp in das BGB (Reisevertrag, § 651a BGB) eingefügt. Die erste Pauschalreiserichtlinie Das Pauschalreiserecht wurde dann im BGB in Umsetzung der EG-Pauschalreiserichtlinie (Richtlinie 90/314/EWG vom 13. Juni 1990) mit Wirkung ab dem 01. November 1994 refor- miert. Die entsprechenden Regelungen der EU-Richtlinie wurden sodann in §§ 651a–m 20 BGB übernommen. Beispielsweise wurde eine sogenannte Insolvenzabsicherung neu ein- geführt. Aufgrund der Pflicht des Reiseveranstalters zur Insolvenzabsicherung muss er Vorauszahlungen der Kunden gegen eine Insolvenz absichern und gleichzeitig eine Versi- cherung für den Fall vorsehen, dass beispielsweise aufgrund der Insolvenz des Reisever- anstalters eine Rückkehr notwendig wird. Diese Richtlinie sollte bereits den Binnenmarkt stärken und war „teilharmonisierend“, d. h., sie stellte Mindestanforderungen auf, die durch die Mitgliedstaaten indes zum Schutz der Verbraucher strenger gehandhabt werden konnten. Die zweite Pauschalreiserichtlinie Am 26. Juli 2007 beschloss die Europäische Kommission eine Überarbeitung der Richtli- nie. Die Reform des Pauschalreiserechts sollte der verstärkten Bedeutung digitaler Buchungswege und einer veränderten Nachfragelandschaft Rechnung tragen. Konse- quenz dieser langjährigen Reformbemühungen war die vollharmonisierende EU-Pau- schalreiserichtlinie, Richtlinie (EU) 2015/2302 vom 25. November 2015, die im Jahre 2017 in deutsches Recht überführt wurde (Drittes Gesetz zur Änderung reiserechtlicher Vor- schriften vom 17. Juli 2017, BGBl. 2017 I 2394). Das Gesetz findet Anwendung für alle Rei- sen, die ab dem 01. Juli 2018 gebucht wurden. An der Spitze der Regelungen steht die Klä- rung dessen, was eine Pauschalreise ist und die Abgrenzung einer solchen Pauschalreise von der bloßen Vermittlung von mehr als einer einzelnen Reiseleistung. Der entschei- dende Unterschied ist, dass der Pauschalreiseveranstalter für die Qualität der Leistungen während der Reise verantwortlich ist, während der Vermittler lediglich für die ordnungsge- mäße Vermittlungsleistung verantwortlich ist (er muss also dafür sorgen, dass ein Vertrag zustande kommt), nicht aber für die Qualität der von ihm vermittelten Reiseleistung. Ver- einfacht gesagt: Der Veranstalter trägt die Verantwortung dafür, dass das Zimmer ord- nungsgemäß gereinigt ist, während der Vermittler hierfür nicht die Verantwortung trägt, sondern nur dafür, dass der Gast überhaupt einen Vertrag mit dem Hotel erhält. MERKE Der Veranstalter ist für die Qualität der Reiseleistungen verantwortlich, der Ver- mittler lediglich für die ordnungsgemäße Vermittlung der Reiseleistungen. Einer der wesentlichen Kritikpunkte an der bisherigen Pauschalreiseregelung war, dass es nicht eindeutig vorhersehbar war, wann es überhaupt zu einer Pauschalreise kommen sollte und dass vielfach – insbesondere bei Online-Buchungen – durch eine geschickte Aufspaltung des Buchungsprozesses die Haftung des Reiseveranstalters ausgeschlossen werden konnte (Bergmann 2018, § 2, Rn. 9 ff.). Die Neuregelung hat sich daher bemüht, objektive Kriterien zu finden, bei denen eine Reiseveranstaltung vorliegt und Regelungen zu den verschiedenen Konstellationen einer Reisevermittlung zu treffen. 21 2.2 Die Pauschalreise Die Pauschalreise wird direkt zu Beginn des Gesetzes definiert (§ 651a BGB). Es ist die am stärksten regulierte Form der Darbietung einer Reise. § 651a BGB zeigt dies bereits durch die Überschrift „Vertragstypische Pflichten beim Pauschalreisevertrag“. Der Pauschalreise- vertrag wird zwischen dem Unternehmer und dem Reisenden geschlossen. Der Unterneh- mer ist dazu verpflichtet, die Pauschalreise zu verschaffen, der Reisende ist im Gegenzug Hauptpflichten dazu verpflichtet, den Reisepreis zu zahlen. Dies sind die Hauptpflichten der Vertragspar- Das sind die Pflichten, die teien des Pauschalreisevertrages. für das Austauschinte- resse wesentlich sind. In Umsetzung von Art. 3 Nr. 2 der EU-Pauschalreiserichtline definiert das Gesetz in § 651a Legaldefinition Abs. 2 BGB den Begriff der Pauschalreise (Legaldefinition). Hiernach liegt eine Pauschal- Das bedeutet, dass ein reise dann vor, wenn eine Gesamtheit von mindestens zwei verschiedenen Arten von Rei- Begriff, wie hier der der Pauschalreise, in einem seleistungen für den Zweck derselben Reise erbracht wird. Gesetz definiert ist. MERKE Voraussetzungen für das Vorliegen einer Pauschalreise: mindestens zwei verschiedene Arten von Reiseleistungen zum Zweck derselben Reise (einheitlicher Lebensvorgang) Pauschalreisen sind nach dem Gesetz (§ 651a Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB) auch Reisen, bei denen die Reiseleistungen auf Wunsch des Reisenden oder entsprechend seiner Auswahl zusam- Dynamic Packaging mengestellt werden. Diese Fälle sind typische Konstellationen des Dynamic Packaging. Das Dynamic Packaging Ebenfalls als Pauschalreise werden Fälle der „Glücksbox“ oder „Reise-Geschenkboxen“ bezeichnet eine Buchungsmöglichkeit, bei eingeordnet, § 651a Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BGB, bei denen der Reisende die Auswahl der konkre- der nicht frühzeitig ten Reiseleistung nach Vertragsschluss aus dem Angebot des Veranstalters trifft – faktisch zusammengestellte Pau- ein seltener Ausnahmefall (so auch Stenzel/Tonner 2018, § 3, Rn. 53). schalreisen aus Kontin- genten angeboten wer- den, sondern eine Entscheidend für das Vorliegen der Pauschalreise ist also die Kombination von mindes- Pauschalreise erst wäh- rend des Buchungsproz- tens zwei Reiseleistungen. Was aber sind Reiseleistungen? Auch dieser Begriff ist legal esses aus in Realtime definiert. abgefragten Verfügbarkei- ten generiert wird. Reiseleistungen sind Leistungen … … der Beherbergung (§ 651a Abs. 3 Nr. 1 BGB); der Beförderung (§ 651a Abs. 3 Nr. 2 BGB); der Vermietung von Kraftfahrzeugen oder Motorrädern für einen gewissen Zeitraum (§ 651a Abs. 3 Nr. 3 BGB); touristischer Art, die nicht Reiseleistungen i. S. d. §§ 651a Abs. 3 Nr. 1–3 BGB sind (§ 651a Abs. 3 Nr. 4 BGB). Eine Kombination aus Flug und Hotel, Hotel und Mietwagen, Flug und Mietwagen oder aus mehreren solchen Bestandteilen ist also ohne Weiteres eine Pauschalreise. 22 Keine Pauschalreise liegt vor, wenn zwei identische Arten von Reiseleistungen kombiniert werden. Selbst wenn also für dieselbe Reise mehrere Hotelbuchungen hintereinanderge- schaltet werden, handelt es sich nicht um eine Pauschalreise. Erforderlich ist immer, dass es sich um eine andere Art der Reiseleistung handelt. Abbildung 2: Beispiele für Kombinationsmöglichkeiten bei der Pauschalreise Quelle: erstellt im Auftrag der IU, 2023. Was gilt aber bei Nebenleistungen? Ist die Kabine auf einer Fähre von Genua nach Olbia eine Beherbergung, die mit einer Beförderung verbunden wird? Nein! Auch hier ist das Gesetz klar: § 651a Abs. 3 S. 2 BGB sagt, eine eigenständige Reiseleistung liegt nicht vor, wenn sie wesensmäßig Bestandteil einer anderen Leistung ist. Die Kabine auf der Fähre ist reiner Annex zur Beförderung und damit keine Reiseleistung (Deutscher Bundestag 2017, S. 67). Anders dagegen bei einer echten Kreuzfahrt: Hier hat die Kabine eine eigene Bedeu- tung, sodass bei einer Kreuzfahrt zwei Reiseleistungen (Beförderung und Unterbringung) kombiniert werden (EuGH 07. Oktober 2010, Rs C–585/08 und 144/09 – Pammer und Alpenhof). Dennoch verbleibt ein Maß an Unsicherheit bei der Beurteilung, ob eine Leis- tung „wesensmäßiger Bestandteil“ einer Reiseleistung ist oder eine eigene Reiseleistung darstellt. Hier hilft es nur, den konkreten Einzelfall zu prüfen und sich zu fragen: Könnte diese Leistung alleine, für sich, einen Marktwert haben und als eigene Reiseleistung Bestandteil einer Pauschalreise sein? Der bloße Eintritt in ein Hotelschwimmbad wird bei- spielsweise nur Annex sein (ErwGr 17 Richtlinie 2015/2302). Wird aber neben dem Eintritt auch ein Paket umfassender Behandlungen zur Verfügung gestellt oder ein Personal Trai- ner dem Gast stundenweise an die Seite gestellt, so wird es sich um mehr als einen Annex oder um einen wesensmäßigen Bestandteil handeln. 23 2.3 Arten von Reiseleistungen Beförderung Das Gesetz sieht vor, dass die Kategorien der Reiseleistung die typischen Bestandteile einer Pauschalreise abbilden. Die Reiseleistung der Beförderung von Personen – § 651a Abs. 3 Nr. 1 BGB – betrifft die Beförderung von Personen mit allen denkbaren Beförde- rungsmitteln (Deutscher Bundestag 2017, S. 66). Soweit eine Beförderungsleistung lediglich wesensmäßiger Bestandteil einer anderen Leistung ist, wie etwa ein Transfer oder eine Sightseeing-Tour, liegt keine eigenständige Beförderungsleistung vor (Deutscher Bundestag 2017, S. 66; ErwGr 17 zu Richtlinie 2015/2302). Es kommt auf den Einzelfall an, ob etwa auch die Inkludierung eines Nahver- kehrstickets oder der Zugriff auf andere Verkehrsmittel eine eigenständige Leistung dar- stellt. Es ist ohne Weiteres denkbar, dass etwa Bergbahnfahrten verbunden mit einer getrennten Übernachtung auf einem Berggasthof zu einer Pauschalreise führen. Auch eine durch eine Tourismusstelle angebotene Pauschalreise kann vorliegen, wenn neben der Karte für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs andere eigenständige Reise- leistungen erbracht werden (Bergmann 2018, § 2, Rn. 73). Beherbergung Die Reiseleistung der Beherbergung, § 651a Abs. 3 Nr. 2 BGB, umfasst die Reiseleistung der Unterbringung von Menschen, die nicht zu dauerhaften Wohnzwecken erfolgt. Fahrzeugvermietung Die Vermietung vierrädriger Kraftfahrzeuge und von Krafträdern, § 651a Abs. 3 Nr. 3 BGB, beinhaltet die Vermietung von Fahrzeugen, die eine bauartbedingte Höchstgeschwindig- keit von mehr als 25 km/h aufweisen (§ 3 Abs. 1 EG-FahrzeuggenehmigungsVO vom 03. Februar 2011, BGBL. 2011/126). Elektrofahrräder gehören also nicht hierzu. Während nach dem bislang geltenden Rechtsstand die Vermietung von Wohnmobilen als eine dem Pau- schalreiserecht aufgrund der Interessengleichheit unterfallende Leistung angesehen wurde, gilt dies nach dem neuen Recht nicht mehr. Für Wohnmobile kann allerdings eine Kombination vorliegen, wenn etwa neben der Vermietung des Kraftfahrzeugs (also des Wohnmobils) zugleich Eintrittskarten oder feste Plätze für Campingplätze zur Verfügung gestellt werden. Sonstige touristische Leistungen Schließlich besteht auch die Möglichkeit, dass eine touristische Leistung nach § 651a Abs. 3 Nr. 4 BGB konstitutiv für eine Pauschalreise ist. Die touristische Leistung ist in § 651a Abs. 3 Nr. 4 BGB erwähnt, aber nicht definiert. Es handelt sich um eine eigene Art der Rei- seleistung (Deutscher Bundestag 2017, S. 77). Die Pauschalreiserichtlinie nennt als Bei- spiele für touristische Leistungen Eintrittskarten für Konzerte, Sportveranstaltungen, Aus- flug- oder Themenparks, Führungen, Skipässe, die Vermietung von Sportausrüstung und/ oder Wellnessbehandlungen (ErwGr 18 der Richtlinie 2015/2302). Touristische Leistungen 24 sind keine Leistungen, die wesensmäßig Bestandteil einer anderen Reiseleistung sind. Der Eintritt in das Hotelschwimmbad, die Herausgabe einer Karte oder die Anmietung eines Navigationsgerätes bei der Anmietung eines Fahrzeuges sind also allenfalls Bestandteile einer anderen Reiseleistung, nicht aber eine eigene Reiseleistung. Entscheidend bei den touristischen Leistungen – anders als bei den klassischen Kategorien von Reiseleistungen – ist, dass nicht in jedem Fall eine Kombination aus einer Reiseleistung und einer touristi- schen Leistung zu einer Pauschalreise führt, sondern vielmehr diese Kombination nur unter bestimmten Voraussetzungen zum Angebot einer Pauschalreise führt. Die touristische Leistung muss – § 651a Abs. 4 BGB – entweder einen erheblichen Anteil am Gesamtwert der Zusammenstellung ausmachen und als wesentliches Merkmal der Zusammenstellung beworben werden oder ein solches darstellen. Außerdem muss sie vor Beginn der Erbringung der Reiseleistung ausgewählt und vereinbart worden sein. Welche Konsequenzen ergeben sich hieraus? Zum einen bestimmt das Gesetz, dass ein wesentli- cher Anteil dann vorliegt, wenn die touristische Leistung 25 % oder mehr des Gesamtwer- tes ausmacht. Das Gesetz spricht ausdrücklich davon, dass auf die touristische Leistung am Gesamtwert der Zusammenstellung weniger als 25 % des Gesamtwerts entfallen, § 651a Abs. 4 Satz 2 BGB. Hintergrund dieser Einschränkung ist, dass nicht jede Form von zusätzlicher Leistung bereits zur Annahme eines Pauschalreisevertrages führen soll. Außerdem wird klargestellt, dass die bloße Kombination verschiedener touristischer Leis- tungen nicht zu einer Pauschalreise führen kann (Bergmann 2018, § 2, Rn. 83). Des Weiteren wird aufgrund der Formulierung durch das Gesetz verdeutlicht, dass eine Pauschalreise nicht nachträglich entstehen kann, wenn zu einer Reiseleistung nach Antritt der Reise eine touristische Leistung hinzugebucht wird. Fälle, in denen beispielsweise ein Hotel (ein reiner Beherbergungsvertrag) gebucht wird und in denen dann nach Beginn des Hotelaufenthalts umfangreiche weitere Leistungen hinzugebucht werden, sind nicht als Pauschalreise zu beurteilen. Anders ist dies indes, wenn neben dem Hotelaufenthalt bereits bei der Buchung weitere Zusatzleistungen gebucht werden. Eine Wellnessbehand- lung, eine Eintrittskarte oder eine Führung wären solche touristischen Leistungen. Auf- grund der Wesentlichkeitsschwelle sind diese allerdings nur dann dazu geeignet, die Beherbergung zu einer Pauschalreise umzuqualifizieren, wenn der Wert dieser weiteren Leistungen 25 % oder mehr des Gesamtwertes der Zusammenstellung ausmacht. Leider ist derzeit nicht hinreichend durch das Gesetz geklärt, ob sich diese 25 % auf den gedach- ten Wert im Verhältnis zur anderen Reiseleistung (z. B. Übernachtung) beziehen und ob es auf die Kosten des Einkaufs durch den Reiseveranstalter oder das Hotel ankommt oder auf den am freien Markt zu erzielenden Wert. Dieser objektive Wertmaßstab ist dann aller- dings auch noch nicht ausreichend. Hinzukommen muss, dass entweder die weitere tou- ristische Leistung wesentlich ist oder als wesentlich beworben wird. Liegt der Schwer- punkt einer Hotelübernachtung also auf den mit der Hotelübernachtung verbundenen Eintrittskarten für ein Konzert, wird die Reise als Konzertreise beworben oder ist objektiv die touristische Leistung das Wesentliche, dann liegt eine solche Werbung oder Bedeu- tung vor – allerdings immer unter der Voraussetzung, dass die objektive Wertgrenze einge- halten wird. 25 Abbildung 3: Kombination von Reiseleistungen Quelle: erstellt im Auftrag der IU, 2023. 2.4 Keine Anwendbarkeit des Pauschalreiserechts In Ausnahmefällen kann es vorkommen, dass das Pauschalreiserecht keine Anwendung findet, obwohl alle vorgenannten Voraussetzungen vorliegen. Ausnahmen vom Pauschal- reiserecht werden gemäß § 651a Abs. 5 BGB für Reisen gemacht, die nur gelegentlich, nicht zum Zwecke der Gewinnerzielung und nur einem begrenzten Personenkreis angebo- ten werden. Dazu können beispielsweise Reisen von karitativen Einrichtungen oder Sport- vereinen zählen. Eine weitere Ausnahme von der Anwendung des Pauschalreiserechts wird bei Tagesreisen gemacht, deren Reisepreis 500 Euro nicht übersteigt. Unter den Begriff Tagesreisen fallen Reisen, die weniger als 24 Stunden dauern und keine Übernach- tung umfassen. Schließlich gilt das Pauschalreiserecht auch nicht für Verträge, die auf der Grundlage eines Rahmenvertrags für die Organisation von Geschäftsreisen mit einem Rei- senden, der Unternehmer ist, für dessen unternehmerische Zwecke geschlossen werden. 26 2.5 Verbundene Online- Buchungsverfahren Der Begriff „Verbundenes Online-Buchungsverfahren“ Nach § 651c BGB kann ein Unternehmer, der mittels eines verbundenen Online-Buchungs- verfahrens mit dem Reisenden einen Vertrag über eine Reiseleistung geschlossen oder sie ihm vermittelt hat, als Reiseveranstalter anzusehen sein. Ein solches verbundenes Online- Buchungsverfahren liegt dann vor, wenn die Reisenden nach der Buchung einer Reiseleis- tung beispielsweise über Links von einem Unternehmer zum nächsten weitergeleitet wer- den und beim „zweiten Unternehmer“ eine weitere Reiseleistung buchen (Deutscher Bundestag 2017, S. 69). Der „erste Unternehmer“ ist in diesen Fällen als Reiseveranstalter aller – auf den verschie- denen Websites – gebuchten Reiseleistungen einzuordnen, wenn die Voraussetzungen des § 651c Abs. 1 BGB vorliegen. Reiseleistungen, die über ein verbundenes Online-Buchungs- verfahren gebucht werden, können daher als Pauschalreise einzuordnen sein (auch „Click-Through-Buchung“ genannt). Click-Through-Buchung Diese liegt vor, wenn die Reisenden nach der Hintergrund der Einführung des § 651c BGB Buchung einer Reiseleis- tung beispielsweise über Links von einem Unter- Diese verbundenen Online-Buchungsverfahren waren einer der wesentlichen Gründe für nehmer zum nächsten die Reform des Pauschalreiserechts. Es sollte durch die gesetzgeberische Änderung klar- weitergeleitet werden gestellt werden, dass eine Aufspaltung eines einheitlichen Buchungsvorgangs auf ver- und dort innerhalb von 24 Stunden eine weitere Rei- schiedene Websites nicht zur Umgehung des Pauschalreiserechts führen kann. seleistung buchen – sofern bestimmte Daten Voraussetzungen für die Entstehung einer Pauschalreise nach § 651c BGB übermittelt werden. Voraussetzung für die Annahme einer Pauschalreise nach § 651c BGB ist es, dass ein Rei- sender auf einer Website eine Buchung für eine Reiseleistung vornimmt und danach inner- halb von 24 Stunden aufgrund einer Weiterleitung durch Links eine weitere Einzelreiseleis- tung erwirbt. Zusätzlich muss der erste Unternehmer dem zweiten Unternehmer die in § 651c Abs. 1 Nr. 2 BGB genannten Daten zum Kunden übermitteln. Es liegen also Fälle vor, in denen der Reisende auf einer Website eine Einzelreiseleistung direkt bucht oder ihm ein Vertrag über eine solche Einzelreiseleistung vermittelt wird und er im zweiten Schritt für den Zweck derselben Reise eine weitere Reiseleistung über die Website eines zweiten Unternehmers bucht. Damit es sich um eine Click-Through-Buchung handelt, ist des Weiteren erforderlich, dass der Name, die Zahlungsdaten und die E-Mail-Adresse des Reisenden von der ersten Web- site an die zweite Website übermittelt werden und der weitere Vertrag spätestens 24 Stun- den nach der Bestätigung des Vertrages über die erste Reiseleistung abgeschlossen wird. 27 In diesem Falle unterstellt das Gesetz, dass der erste Unternehmer als Reiseveranstalter beider Leistungen anzusehen ist. Er muss daher alle reisevertraglichen Pflichten für sämt- liche Reiseleistungen erfüllen. Die Voraussetzungen sind also: Datenübermittlung, Abschluss eines zweiten Vertrages innerhalb von 24 Stunden. Im Übrigen setzt die Anwendung des § 651c BGB ein Online-Buchungsverfahren voraus, bei dem direkt über die Website eine Reiseleistung gebucht werden kann. Handelt es sich lediglich um eine Online-Buchungsanfrage oder ein Anmeldeformular, nicht aber um eine online vorgenommene Buchung, scheidet die Anwendung des § 651c BGB aus (Bergmann 2018, § 2, Rn. 115). Abbildung 4: Click-Through-Buchung, 651c BGB Quelle: erstellt im Auftrag der IU, 2023. Informationspflichten bei § 651c BGB In Fällen von Click-Through-Buchungen treffen sowohl den ersten als auch den zweiten Unternehmer umfangreiche Informations- und Mitteilungspflichten. So bestimmt Art. 250 § 4 EGBGB, dass der erste Unternehmer den Reisenden anhand des entsprechenden, pas- senden Formblattes (Anlage 13) belehren muss. Darüber hinaus müssen sowohl der erste als auch der zweite Unternehmer dem Reisenden die wesentlichen Informationen zur jeweils gebuchten Reiseleistung entsprechend Art. 250 § 3 EGBGB vor Vertragsabschluss zukommen lassen. 28 Außerdem muss der zweite Unternehmer den ersten Unternehmer nach der Buchung der zweiten Reiseleistung auf seiner Website über den Vertragsabschluss informieren (Art. 250 § 8 Abs. 1 EGBGB). Dies ist erforderlich, um es dem ersten Unternehmer zu ermöglichen, die Informationspflichten gemäß Art. 250 § 6 Abs. 2 EGBGB zu erfüllen. Diese Pflichten sind schwierig umzusetzen und mit Unklarheiten verbunden. Tatsache ist aber, dass der Anwendungsbereich derartiger verbundener Online-Buchungsverfahren voraussichtlich minimal sein wird: Denn der Unternehmer hat es in der Hand, durch die Verzögerung des Buchungsprozesses um mehr als 24 Stunden oder dadurch, dass nicht der vollständige Datensatz aus Name, Zahlungsdaten und E-Mail-Adresse übertragen wird, die Anwendung dieser Regeln zu verhindern. 2.6 Abgrenzung: Vermittlung und Veranstaltung von Pauschalreisen Frühere Abgrenzung Bei Reisen unter Geltung des bisherigen Reiserechts war es immer wieder unklar, ob ein Unternehmer lediglich Leistungen mit anderen Unternehmern vermittelt, ob er als Pau- schalreiseveranstalter gegenüber dem Kunden für die Reiseleistungen haftet oder ob er als Reiseveranstalter gilt. Tendenziell wollen die Anbieter lediglich Vermittler sein und den Kunden an die Unternehmen verweisen, die die tatsächliche Leistung ausüben (Führich 2018, Kap. 4, Rn. 29). Die Abgrenzung zwischen Veranstaltung und Vermittlung ist nun in § 651b BGB geregelt. Zunächst stellt § 651b Abs. 1 Satz 1 BGB klar, dass – unabhängig von den Regelungen über die Reisevermittlung in § 651v und § 651w BGB – für die Vermittlung von Reiseleistungen die allgemeinen Vorschriften gelten. Es ist also ohne Weiteres möglich, weiterhin Reiseleis- tungen zu vermitteln, soweit die Voraussetzungen gegeben sind. Für den Reisenden ist es unter Geltung des bisherigen Rechts kaum erkennbar gewesen, ob er sich mit einem Reiseveranstalter auseinandersetzt oder ob es sich um einen Vermitt- ler handelt. Nach bisherigem Recht wurde die Abgrenzung danach vorgenommen, wer aus der Sicht eines durchschnittlichen Reisenden als Vertragspartei Reiseleistungen in eigener Verantwortung erbracht hat (BGHZ 61, 275, 279; Bergmann 2018, § 2, Rn. 129). Abgrenzung nach objektiven Kriterien Unter Abkehr von dieser subjektiven Sichtweise bestimmt das neue EU-Pauschalreise- recht nun, dass derjenige Unternehmer Reiseveranstalter ist, der objektiv einen Vertrag über eine Pauschalreise abschließt, unabhängig davon, ob er sich als Reiseveranstalter bezeichnet oder ob er aus Sicht des Kunden als Reiseveranstalter auftritt. Das Gesetz geht also davon aus, dass die Eigenschaft des Reiseveranstalters als Vertragspartner eines Pau- schalreisevertrages objektiv festgestellt werden kann. Diese objektiven Grundsätze finden sich in § 651b BGB. Der § 651b Abs. 1 Satz 2 BGB enthält den Grundsatz, dass es dem Unternehmer nicht gestattet ist, sich darauf zu berufen, nur Verträge mit Personen zu ver- 29 mitteln, welche die einzelnen Reiseleistungen ausführen sollen, wenn dem Reisenden mindestens zwei verschiedene Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise erbracht werden sollen und der Reisende die Reiseleistung in einer einzigen Vertriebs- stelle des Unternehmens im Rahmen desselben Buchungsvorgangs auswählt, bevor er der Zahlung zustimmt. Darüber hinaus regelt § 651b Abs. 1 Nr. 2, 3 BGB weitere Sonderfälle, in denen dem Unter- nehmer die Berufung auf die Vermittlung versperrt ist. Dies ist dann der Fall, wenn er Rei- seleistungen zu einem Gesamtpreis anbietet, zu verschaffen verspricht oder in Rechnung stellt oder wenn er die Reiseleistung unter der Bezeichnung Pauschalreise oder unter einer ähnlichen Bezeichnung bewirbt oder auf diese Weise zu verschaffen verspricht. Dementsprechend sind verschiedene Voraussetzungen zu prüfen, unter denen der Unter- nehmer sich nicht auf eine bloße Vermittlung berufen kann, sondern wie ein Veranstalter haftet. Dies bedeutet letztlich auch, dass ein tatsächlicher Vermittler, der den Vorausset- zungen des § 651b BGB nicht genügt, als Veranstalter haftet, auch wenn er tatsächlich objektiv nicht Veranstalter wäre, also z. B. keine Beschaffungsverträge mit den Leistungs- erbringern geschlossen hat, sondern lediglich Vermittlungsverträge. ZUSAMMENFASSUNG Pauschalreise: Kombination aus mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen zum Zweck derselben Reise. Reiseleistung: Personenbeförderung, Beherbergung, Fahrzeugver- mietung, sonstige touristische Leistung. Pauschalreisen bei touristischen Leistungen nur, wenn … ◦ … die Leistungen mehr als 25 % des Gesamtwertes der Kombina- tion ausmachen und ◦ wesentlich oder als wesentlich beworben werden. Pauschalreise auch bei Sonderformen wie Glücksbox-Reisen o. Ä. oder auch bei verbundenen Online-Buchungsverfahren Keine Anwendbarkeit des Pauschalreiserechts auf: ◦ Reisen, die nur gelegentlich, nicht zum Zwecke der Gewinnerzie- lung und nur einem begrenzten Personenkreis angeboten werden, ◦ Tagesreisen unter 500 Euro sowie ◦ Geschäftsreisen mit Rahmenvertrag. 30 LEKTION 3 DER ABSCHLUSS DES REISEVERTRAGES LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion wirst Du in der Lage sein, … – das Zustandekommen einer Pauschalreisevertrag zu erklären. – ein Angebot zu erkennen. – die Annahme des Vertragsangebots darzulegen. – das Zustandekommen von Reisen mehrerer Personen zu erläutern. – allgemeine Geschäftsbedingungen des Reiseveranstalters in den Vertrag einzubezie- hen. – die Pflichten der Vertragsparteien zu erklären. 3. DER ABSCHLUSS DES REISEVERTRAGES Einführung Verträge über Pauschalreisen können heute auf vielen verschiedenen Wegen abgeschlos- sen werden: traditionell in einem Reisebüro, per Telefon, per E-Mail oder über Online- Vertrag Buchungsstrecken. Der Vertrag regelt die Pflichten der Reiseveranstalter und Reisenden Hierbei müssen zumin- im konkreten Einzelfall. Er legt fest, welche Leistungen der Reiseveranstalter schuldet und dest zwei Willenserklä- rungen abgegeben wer- welche Zahlungen der Kunde im Gegenzug wann an den Veranstalter leisten muss. den, deren Inhalt sich deckt. Die erste Willenser- klärung lautet Angebot, 3.1 Angebot auf Abschluss eines die zeitlich zweite Annahme, §§ 145 ff. BGB. Pauschalreisevertrages Der Pauschalreisevertrag ist ein „normaler“ zivilrechtlicher Vertrag. Es finden daher die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen über Verträge Anwendung (§§ 145 ff. BGB). Typi- scherweise wird das Angebot auf Abschluss eines Pauschalreisevertrages durch den Rei- senden abgegeben. Prospekt oder Internetseite sind lediglich Darstellungen des Angebots durch den Reiseveranstalter und eine sogenannte Aufforderung zur Abgabe eines Ver- Invitatio ad offerendum tragsangebotes, eine invitatio ad offerendum (Führich 2018, Kap. 2, Rn. 39). Eine Aufforderung zur Abgabe eines Vertragsan- gebotes. Das deutsche Recht geht davon aus, dass Verträge nur dann einer besonderen Form bedürfen, wenn dies tatsächlich im Gesetz vorgeschrieben ist. Für den Pauschalreisever- trag findet sich eine solche Regelung nicht. Die Angebotserklärung durch den Kunden kann also auf vielerlei Arten erfolgen. Der Kunde wird typischerweise das Angebot auf Abschluss eines Pauschalreisevertrages mündlich machen, vermittelt durch ein Reisebüro, schriftlich, telefonisch oder durch Online-Buchungskanäle. Der Pauschalreisevertrag kommt erst dann zustande, wenn der Reiseveranstalter diese Erklärung – also das Angebot des Kunden – annimmt. An dieses Angebot ist der Kunde so lange gebunden, wie es nach den Umständen zu erwarten ist, § 151 BGB. Besonderheiten bei Online-Buchungen Die rechtlichen Gegebenheiten bei Online-Buchungen sind grundsätzlich nicht anders als im Offline-Bereich. Die Website ist ebenso wie der Katalog lediglich die Aufforderung an den Reisenden, ein Angebot auf Abschluss eines Reisevertrages abzugeben (BGH 2013, S. 23; Führich 2018, Kap. 2, Rn. 40). Dementsprechend sind auch die Erklärungen ähnlich: Der Reisende gibt das Angebot auf Abschluss eines Reisevertrages ab, indem er den entsprechenden Buchungsbutton betä- tigt. Hierbei ist erforderlich, dass eine eindeutige Bezeichnung der Buchungsschaltfläche 32 erfolgt, aus der der Reisende erkennen kann, dass er bei Betätigung der Fläche das Ange- bot auf Abschluss eines Reisevertrages macht und dass er damit zur Zahlung verpflichtet ist (sogenannte Button-Lösung, § 312j Abs. 4 BGB). Typischerweise werden die Anforde- rungen an solche Button-Lösungen dadurch umgesetzt, dass der Bestellbutton mit der Aufschrift „jetzt buchen“, „jetzt zahlungspflichtig buchen“, „zahlungspflichtig bestellen“ oder ähnlichen Begriffen belegt ist. Außerdem muss der Gast auch zunächst alle Informati- onen über seine Person und die Person der etwaigen Mitreisenden eingeben, bevor er den Antrag durch Bestätigung der entsprechenden Fläche absendet. Wichtig ist, dass eine Reihe von Anforderungen an sogenannte Fernabsatzverträge (§§ 312 ff. BGB) keine Anwendung auf Verträge über Pauschalreisen und über die Beförde- rung von Personen findet. Ein 14-tägiges Widerrufsrecht – wie es in einer Vielzahl von Fern- absatzbereichen bekannt ist – existiert daher beispielsweise bei Pauschalreiseverträgen nicht. Informationspflichten vor Vertragsabschluss Der Verbraucherschutz wird weitgehend über § 651a ff. BGB sichergestellt (Führich 2018, Kap. 2, Rn. 41). Unabhängig hiervon gelten die Regeln über die Informationspflichten, die Korrektur von Eingabefehlern, die Vertragsbestätigung und den Einbezug von allgemeinen Geschäftsbedingungen auch für den Bereich des Pauschalreiserechts, § 312i BGB. Vor Abgabe der verbindlichen Buchungserklärung sieht § 651d Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 250 § 1 EGBGB die Unterrichtung des Reisenden vor. Vielfältige Informationen müssen dem Reisenden klar, verständlich und in einer hervorgehobenen Weise mitgeteilt werden. 3.2 Annahmeerklärung Der Reisende erhält abschließend eine Reisebestätigung, § 651d Abs. 3 Satz 2 BGB in Ver- bindung mit Art. 250 § 6 EGBGB. Diese Reisebestätigung muss unverzüglich nach Vertrags- schluss erfolgen. Vertragsschluss ist typischerweise die Annahmeerklärung seitens des Reiseveranstalters. Diese Annahmeerklärung muss nicht ausdrücklich erklärt werden und auch nicht dem Reisenden zugehen. Der § 151 BGB sieht es als möglich vor, dass der Ver- trag zustande kommt, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt wird. Dies gilt dann, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet. Typisch ist also die Situation, in der der Reisever- anstalter entweder die Buchungsbestätigung nach der intern erklärten Annahme ver- schickt oder z. B. eine Rechnung. Im Online-Verkehr ist darauf zu achten, dass die nach fernabsatzrechtlichen Regelungen notwendige Bestätigung des Erhalts einer Buchungser- klärung (§ 312i Abs. 1 Nr. 3 BGB, Bestätigung des Zugangs der Bestellung auf elektron- ischem Weg) versendet wird, die noch keine Annahmeerklärung des Reiseveranstalters darstellt. 33 Der Inhalt der Reisebestätigung ist gesetzlich in Art. 250 § 6 EGBGB detailliert geregelt. Sie muss den Inhalt des Vertragsschlusses konkret wiedergeben und insbesondere Angaben zu Bestimmungsort und Reisedaten sowie Angaben zum Kundengeldabsicherer enthalten. In Einzelfällen ist es möglich, dass die Reisebestätigung von der Reiseanmeldung abweicht. Hierbei handelt es sich dann um ein neues Angebot des Veranstalters auf Abschluss eines Reisevertrages. Reagiert der Reisende nicht auf diese Reisebestätigung, kommt kein Vertrag zustande. Reagiert der Reisende, indem er den Reisepreis bezahlt bzw. die Anzahlung leistet, kommt ein neuer Vertrag zustande (Führich 2015, § 5, Rn. 70). Irrtümer bei Abgabe der Vertragserklärung Es besteht auch die Möglichkeit, dass sich der Reisende oder der Reiseveranstalter bei der Abgabe ihrer Erklärung irren. So ist es möglich, dass der Reiseveranstalter fehlerhafte Preise – sogenannte Error Fares – in das System einstellt. Wesentlich ist in solchen Fällen, dass sich der Reiseveranstalter – allerdings auch der Leistungserbringer, im Falle eines Erklärungsirrtum Individualvertrages – auf einen sogenannten Erklärungsirrtum berufen kann. Das BGB § 119 Abs. 1, 1. Alt. BGB sieht vor, dass derjenige, der eine Erklärung abgibt und sich über den Inhalt dieser Erklä- Unverzüglich rung geirrt hat oder der eine solche Erklärung gar nicht abgeben wollte, unverzüglich Dies bedeutet rechtlich diese Erklärung anfechten kann, sie also nicht gegen sich gelten lassen muss. Dies gilt ohne schuldhaftes Zögern, § 121 BGB. auch für den Bereich des Reiserechts. Nicht möglich ist es, dass der Reiseveranstalter oder der Leistungserbringer den Preis einseitig anpasst. Im Übrigen haften sowohl der Reisever- anstalter als auch der Vermittler nach § 651x BGB für von ihm technisch verschuldete Buchungsfehler. Sonderwünsche Immer wieder kommt es zu der Situation, dass der Reisende im Zuge der Abgabe des Antrags auf Abschluss eines Reisevertrages spezielle Wünsche äußert. Bei solchen Sonder- wünschen kommt es im Einzelnen auf die tatsächlichen Gegebenheiten an. Handelt es sich um einen „verbindlichen Sonderwunsch“, also eine Erklärung, dass das Angebot nur dann gelte, wenn der Sonderwunsch berücksichtigt werde, so muss der Reiseveranstalter diesen Sonderwunsch ausdrücklich ablehnen. Schweigt dagegen der Reiseveranstalter auf einen Sonderwunsch, so gilt dieser als vom Reiseveranstalter akzeptiert (Führich 2015, § 5, Rn. 72). Unverbindliche Sonderwünsche werden jedoch erst mit einer ausdrücklichen Bestätigung durch den Reiseveranstalter Vertragsbestandteil. Solche unverbindlichen Sonderwünsche liegen beispielsweise in den Fällen vor, in denen ein Kunde besondere Wünsche, wie ein ruhiges Zimmer, bei der Buchung angibt. Reisevermittler sind bei der Entgegennahme von Sonderwünschen im Rahmen der Buchung grundsätzlich als Vertreter des Reiseveranstalters tätig. Übermittlungsfehler gehen daher zu Lasten des Reiseveranstalters (Führich 2015, § 5, Rn. 72). Sie sind im Rah- men der Buchung nur zu Zusagen berechtigt, die nicht im offenen Widerspruch zu den Angaben der Reiseausschreibung des Veranstalters stehen (Führich 2018, Kap. 2, Rn. 43). Daher haftet der Reiseveranstalter nicht bei Zusagen des Vermittlers entgegen der Reise- ausschreibung. 34 Beispiel Ehepaar E sucht das Reisebüro von B auf. Es teilt B mit, dass es eine Reise nach Abu Dhabi anlässlich ihrer Silberhochzeit buchen möchte und dass es ihnen wichtig ist, ein Hotel mit All-inclusive-Service zu buchen. Dabei sollen alkoholische Getränke im All-inclusive-Ange- bot inkludiert sein, damit das anstehende Jubiläum gebührend gefeiert werden kann. B schlägt ein All-inclusive-Pauschalreiseangebot vor. In der Reiseausschreibung des Veran- stalters ist vermerkt, dass das All-inclusive-Paket Wasser, Kaffee, Tee und Softdrinks bein- haltet. Trotz dieser ausdrücklichen Angabe sichert B dem Ehepaar E zu, dass auch Bier und Wein inkludiert wären, woraufhin sie das Angebot buchen. In diesem Beispielsfall steht dem Ehepaar E kein Gewährleistungsanspruch gegen den Reiseveranstalter zu. Sie können jedoch B aus dem Reisevermittlungsvertrag auf Schadensersatz in Anspruch neh- men. 3.3 Buchung für Dritte Immer wieder kommt es auch zu Situationen, in denen nicht ein Reisender allein für sich eine Buchung vornimmt, sondern weitere Personen involviert sind. Hierbei haben sich inzwischen Grundregeln herausgebildet, die im Folgenden erläutert werden. Familie Bucht der Reisende für seine Familie, seinen Partner im Rahmen einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft oder in einer vergleichbaren Situation, kommt lediglich ein Vertrag zwischen dem Anmeldenden und dem Reiseveranstalter zustande. Die Mitglieder der Familie oder der Lebensgemeinschaft und Lebenspartnerschaft werden in den Schutzbe- reich des Vertrages einbezogen und sind gleichzeitig Anspruchsberechtigte, da der Pau- schalreisevertrag ein Vertrag zugunsten Dritter ist (BGH 2010, S. 2950; LG Frankfurt 2007a, S. 25; Führich 2018, Kap. 2, Rn. 49). Gruppenreisen Bei Gruppenreisen, wenn also beispielsweise ein Sportverein oder eine Tennismannschaft verreist und ein Mitglied der Gruppe die Reiseanmeldung vornimmt, liegt dagegen eine typische Stellvertretung vor. Bei dieser Stellvertretung liegen Reiseverträge zwischen Stellvertretung dem Veranstalter und jedem Reisenden vor (Führich 2018, Kap. 2, Rn. 50). Dies bedeutet § 164 BGB: Handeln im Namen und auf Rechnung auch, dass Ansprüche wegen einer mangelhaften Reiseleistung durch jeden geltend eines Dritten. gemacht werden können und müssen. Fraglich bleibt dabei die Anmeldung. Haftet also der Anmelder für die vertraglichen Ver- pflichtungen aller Reiseteilnehmer aus der Gruppe oder lediglich für seine eigene Ver- pflichtung? Eine automatische Haftung des Anmelders besteht nicht. Es muss also viel- mehr vertraglich vereinbart werden, dass der Anmelder für die Verpflichtungen aller Gruppenteilnehmer eintritt. Eine solche Anmeldehaftung kann nicht durch allgemeine Geschäftsbedingungen erreicht werden. Vielmehr bestimmt § 309 Nr. 11a BGB, dass die Haftung des Anmelders für die Verpflichtungen aller Teilnehmer der Gruppe nur dann 35 gegeben ist, wenn er eine solche Erklärung ausdrücklich und hervorgehoben in den allge- meinen Geschäftsbedingungen vorfindet und der Anmelder sie gesondert unterzeichnet. Dementsprechend findet sich auf Anmeldeformularen von Reiseveranstaltern typischer- weise der Zusatz, dass der Anmelder die Haftung für die Verpflichtungen aller Gruppenan- gehörigen übernimmt. Gleiches gilt auch im Rahmen von Online-Buchungen durch eine entsprechende Box zum Anklicken. Minderjährige Minderjährige Bei Buchungen von Minderjährigen sind die allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetz- Das sind Personen, die buchs über Vertragsschlüsse mit Minderjährigen anwendbar, §§ 104 ff. BGB. Bei einem das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Sie beschränkt Geschäftsfähigen ist der Vertrag wirksam, wenn er die vertragsmäßige Leis- sind bis zum 7. Lebens- tung aus Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung überlassen jahr geschäftsunfähig und wurden (§ 110 BGB) oder wenn der gesetzliche Vertreter eingewilligt (§ 107 BGB) oder den vom 7. bis zum 18. Lebensjahr beschränkt Vertrag genehmigt hat (§ 108 BGB). Fehlt es an einer Einwilligung oder Genehmigung geschäftsfähig. durch den gesetzlichen Vertreter und sind auch die verwendeten Mittel dem Minderjähri- gen nicht zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung überlassen worden, ist der Vertrag unwirksam. 3.4 Allgemeine Geschäftsbedingungen Im Reiserecht haben allgemeine Geschäftsbedingungen eine große Bedeutung. Nicht alle vertraglichen Einzelheiten werden durch Reiseveranstalter und Reisende ausgehandelt. Üblicherweise stellt der Reiseveranstalter allgemeine Geschäftsbedingungen, die soge- nannten allgemeinen Reisebedingungen (kurz „ARB“) auf, die einerseits ausfüllungsbe- dürftige rechtliche Dinge regeln sollen, und andererseits Rechte und Pflichten wechselsei- tig konkretisieren. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind in den §§ 305 ff. BGB geregelt. Da diese allgemei- nen Geschäftsbedingungen typischerweise nachteilig für Verbraucher sind, gibt es in den vorbenannten Paragrafen eine Vielzahl von Regelungen dazu, welchen Inhalt allgemeine Geschäftsbedingungen haben dürfen. Der Regelungsgehalt der Vorschriften in §§ 305 ff. BGB lässt sich kurz dahingehend zusammenfassen, dass sogenannte Klauselverbote mit und ohne Wertungsmöglichkeit (§§ 308, 309 BGB) vorliegen und darüber hinaus eine Generalklausel (§ 307 BGB) den Inhalt der AGBs regelt. Vertragliche Inhalte, die Gegen- stand einer Individualvereinbarung sein könnten, also zwischen den Parteien explizit aus- gehandelt werden, sind möglicherweise in den allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam. Im Rahmen eines Vertragsschlusses im Reiserecht stellt sich darüber hinaus die Frage, wie diese allgemeinen Geschäftsbedingungen einbezogen werden können. Der Begriff „einbe- zogen“ ist hier ein technischer Begriff, der sich aus § 305 Abs. 2 BGB ergibt. Hier werden die Voraussetzungen geregelt, die erfüllt sein müssen, damit ein Vertrag unter Geltung der allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart wird. Diese Voraussetzungen sind: 36 Hinweis vor Vertragsabschluss: Es muss vor Vertragsschluss einen Hinweis auf die Gel- tung der allgemeinen Geschäftsbedingungen geben; und zwar entweder in einem Pros- pekt, auf der Reiseanmeldung, mündlich, durch einen gut sichtbaren Aushang oder auf der Reisebestätigung, sofern der Vertrag ausnahmsweise erst nach Erhalt der Reisebes- tätigungsmail zustande kommt (Führich 2018, Kap. 2, Rn. 53). Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme: Der Reisende muss die Möglichkeit haben, vom Inhalt der allgemeinen Geschäftsbedingung in zumutbarer Art und Weise Kenntnis zu nehmen. Hierzu gehört etwa die Aushändigung der allgemeinen Geschäfts- bedingungen, die Überlassung eines Abdrucks im Katalog, die Möglichkeit des Downlo- ads vor Vertragsschluss oder die Übersendung (Führich 2018, Kap. 2, Rn. 53). Einverständnis: Schließlich muss der Reisende mit dem Inhalt und der Geltung der all- gemeinen Geschäftsbedingungen einverstanden sein. Ein solches Einverständnis kann auch konkludent und nicht nur durch Unterschrift erteilt werden (Führich 2018, Kap. 2, Rn. 53). Ausreichend für die Geltung der allgemeinen Geschäftsbedingungen ist es, wenn die allge- meinen Geschäftsbedingungen im Katalog abgedruckt sind, der Katalog dem Kunden tat- sächlich ausgehändigt wird und der Reisende aufgrund dieses Katalogs bucht (Führich 2018, Kap. 2, Rn. 54; BGH 2009, S. 1586; BGH 2007a, S. 2549). Bei Online-Buchungen müssen die AGB in der Buchungsstrecke dargestellt werden und der Kunde muss durch einen sogenannten „Zwangsklick“, also einen Klick, der für die Wei- terführung der Buchung erforderlich ist, sein Verständnis mit der Geltung der allgemeinen Geschäftsbedingungen dokumentieren. Überdies müssen die allgemeinen Geschäftsbe- dingungen abspeicherbar sein, § 312i Abs. 1 Nr. 4 BGB. Das Einverständnis mit der Geltung bedeutet nicht, dass der Reisende tatsächlich die allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Kenntnis genommen haben muss (Führich 2018, Kap. 2, Rn. 56). Wichtig ist noch, dass die allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zum Nachteil des Rei- senden von den zwingenden Vorschriften des Reiserechts abweichen dürfen, § 651y BGB. 3.5 Pflichten aus dem Reisevertrag im Allgemeinen Pflichten des Reiseveranstalters Das Pflichtenprogramm des Reiseveranstalters hängt in erheblichem Maße von den indivi- duellen Begebenheiten des einzelnen Reisevertrages ab. Einige Pflichten lassen sich jedoch verallgemeinern. Der Reiseveranstalter muss den Sorgfaltsmaßstab eines ordentli- chen Kaufmanns beachten. Er muss also weder übermäßig sorgfältig handeln, noch darf er unsorgfältig sein. Er muss sich an dem orientieren, das üblich ist. Hierzu gehört es, dass er die Reise plant und durchführt, die Leistungserbringer auswählt und überwacht, die Leistungsbeschreibungen zutreffend erteilt und erstellt und die Leistung ordnungsgemäß erbringt (Führich 2018, Kap. 2, Rn. 59). Da der Reiseveranstalter nicht alle Leistungen in eigener Person erbringt, sondern sich typischerweise Dritter, der sogenannten Leistungs- 37 erbringer, bedient, haftet er nach § 278 BGB für diese Dritten und für deren Verschulden wie für ein eigenes Verschulden. Er haftet also für alle Leistungen, die Teil der Pauschal- reise sind, gleichgültig ob er sie selbst oder durch Dritte erbringen lässt (Führich 2018, Kap. 2, Rn. 59; BGH 2007b, S. 1501). Der Reiseveranstalter schuldet auch hier weder eine besonders herausragende noch eine unterdurchschnittliche Leistung, sondern vielmehr das, was der durchschnittliche deutsche Reisende von einem ordentlichen Reiseveranstal- ter erwarten kann (Führich 2018, Kap. 2, Rn. 59; BGH 2002b, S. 3700). Der konkrete Inhalt dieser allgemeinen und abstrakt beschriebenen Pflichten ergibt sich zunächst aus dem Reiserecht, also aus den zwingenden §§ 651a–y BGB und Art. 250–253 EGBGB als äußerem Rahmenprogramm (Führich 2018, Kap. 2, Rn. 60). Außerdem gibt der Reisevertrag einschließlich der Reisebestätigung und der bei der Buchung gültigen Leistungsbeschreibung (Art. 250 § 5 und § 6 EGBGB) Auskunft über das Pflichtenprogramm. Individuelle schriftlich oder mündlich vereinbarte Zusatzleistungen (sogenannte Zusatzvereinbarungen) bestimmen ebenso das Pflichtenprogramm des Rei- senden wie der Charakter der Reise und die Üblichkeit in der Destination. Eine Abenteuer- Trekking-Tour bringt damit ein anderes Pflichtenprogramm mit sich als eine als Luxustrip gekennzeichnete Reise. Ebenso ist eine Reise in einem Entwicklungsland mit anderen Pflichten und einem anderen Leistungsniveau verbunden als eine Reise in Deutschland oder den USA. Abstrakt ergeben sich hieraus folgende Pflichten des Reiseveranstalters: Beförderung, ordnungsgemäße Planung und Koordination der gebuchten Leistungen, Unterkunft und Verpflegung entsprechend der Buchung und Zusatzleistungen, Beseitigung von Hindernissen, Beistandspflichten, § 651q BGB, Einhaltung des örtlichen Sicherheitsstandards (Führich 2018, Kap. 2, Rn. 61; BGH 2000, S. 1188). Pflichten des Reisenden Die wesentliche Pflicht des Reisenden ist die Bezahlung des Reisepreises, § 651a Abs. 1 Satz 2 BGB. Da es sich bei dem Pauschalreisevertrag um einen Werkvertrag handelt, ist der Reisepreis nach der gesetzlichen Regelung erst bei Reiseende fällig (§§ 641, 646, 320 BGB). Aber da es für den Reiseveranstalter wenig attraktiv ist, den Reisepreis vom Kunden erst nach Reiseende zu erhalten, entspricht es der üblichen Praxis, dass der Fälligkeitszeit- punkt durch vertragliche Vereinbarungen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen vor- verlagert wird (Führich 2018, Kap. 2, Rn. 62). Typischerweise wird vereinbart, dass der Rei- sepreis vor Reiseantritt zu zahlen ist. Eine reiserechtliche Besonderheit ist es, dass diese Vorauszahlung nur dann zulässig vereinbart werden kann (§ 651t BGB), wenn der Reisende vor der Anzahlung die Bestätigung einer Insolvenzversicherung des Reiseveranstalters erhält, den sogenannten Sicherungsschein (§ 651r BGB). Dieser Sicherungsschein ist die schriftliche oder in Textform gegebene Bestätigung der Reiseversicherung, dass der Veran- stalter sein Insolvenzrisiko abgesichert hat und damit dem Reisenden bei einer Nichtleis- tung der Reisepreis zurückerstattet wird und sein Rücktransport gesichert ist. 38 Normalerweise verlangt der Reiseveranstalter nicht die vollständige Zahlung des Reise- preises, sondern lediglich eine Anzahlung zum Zeitpunkt der Buchung. Die Anzahlungs- höhe ist gesetzlich nicht geregelt. Die Rechtsprechung hat indessen entschieden, dass nur ein verhältnismäßig geringer Betrag verlangt werden kann, dessen Höhe von individuellen Besonderheiten abhängt (Führich 2018, Kap. 2, Rn. 63). Jedenfalls ist eine Anzahlung in Höhe von 20 % des Reisepreises zulässig. Eine höhere Anzahlung ist dann möglich, wenn der Reiseveranstalter darlegen und beweisen kann, dass er für eine bestimmte Art von Rei- sen (z. B. eine Reise mit Low-Cost-Carriern in bestimmte Gebiete oder Reisen bei denen Hotels eine vollständige Vorauszahlung des Reisepreises verlangen) eine höhere Vorleis- tungsquote an seinen Leistungserbringer hat (Führich 2018, Kap. 2, Rn. 63). In jedem Fall ist die Höhe der Vorauszahlung durch den Reisenden durch den Betrag beschränkt, den der Reiseveranstalter an seine Leistungserbringer zu zahlen hat sowie im Falle einer Vorauszahlung der Provision zusätzlich die an den Reisevermittler zu zahlende Provisio- nen (BGH 2017, S. 3297). Der Reisepreis muss durch den Reiseveranstalter einschließlich der Steuer und aller zusätzlichen Gebühren, Entgelte und Kosten genau bezeichnet werden. Sollten sich die Kosten vor Vertragsschluss nicht individuell bestimmen lassen, müssen sich die Mehrkos- ten sowie die Zahlungsmodalitäten aus der Beschreibung des Reisepreises ergeben (Füh- rich 2018, Kap. 2, Rn. 64). Die Preisangabenverordnung stellt ebenfalls weitere Anforderungen an die Darstellung des Reisepreises hinsichtlich der Preisbildung/Preiswahrheit auf. Es ist ein Gesamtpreis einschließlich der Mehrwertsteuer und sonstiger obligatorischer Preisbestandteile unab- hängig von Rabatten anzugeben (Führich 2018, Kap. 2, Rn. 65). Serviceentgelte, weitere Zuschläge etc. müssen in den Reisepreis eingerechnet werden. Auch Flughafennebenleis- tungen müssen nicht zusätzlich aufgeführt, sondern in den beworbenen Preis inkludiert werden (BGH 2001, S. 1693; Führich 2018, Kap. 2, Rn. 66). Darüber hinaus treffen den Reisenden noch eine Reihe von Nebenpflichten, die sich als sogenannte Mitwirkungspflichten aus § 242 BGB und § 241 Abs. 2 BGB ergeben. Der Rei- sende muss etwa seine persönlichen Reisedokumente beschaffen. Er ist verpflichtet gesundheitspolizeiliche Formalitäten zu erledigen oder ein All-inklusive-Armband zu tra- gen, wenn im Katalog darauf hingewiesen wurde (Führich 2018, Kap. 2, Rn. 67). ZUSAMMENFASSUNG Der Pauschalreisevertrag bedarf zweier, mit Bezug aufeinander abgege- bener, Willenserklärungen: dem Antrag des Reisenden auf Abschluss des Reisevertrages und der Annahme durch den Veranstalter. Prospekt und Website sind keine Angebote des Reiseveranstalters, sondern Aufforde- rungen, ein Angebot abzugeben. Der Pauschalreisevertrag unterliegt keiner Formvorschrift. Die Annahme des Antrags durch den Reisenden muss innerhalb einer Frist erfolgen, die üblich ist (bei Pauschalreisebuchung über ein Reisebüro max. zwei 39 Wochen, bei Online-Buchungen deutlich kürzer). Das Gesetz verlangt, dass der Kunde unverzüglich nach Vertragsschluss eine schriftliche Bestätigung erhält, § 651d Abs. 3 BGB, Art. 250 § 6 EGBGB. Bei Abwei- chungen gilt die Reisebestätigung als neues Angebot. Vertragspartner des Reiseveranstalters ist entweder der Reisende selbst, bei Familienreisenden nur derjenige, der für die Familie die Buchung vornimmt und bei Gruppenreisen jeder einzelne Teilnehmer. Der Anmel- der haftet für die Verpflichtungen aller Teilnehmer nur, wenn er eine gesonderte Erklärung abgibt und diese unterschreibt oder anklickt. Allgemeine Geschäftsbedingungen werden in den Vertrag einbezogen, wenn auf diese hingewiesen wird, die Möglichkeit der Kenntnisnahme besteht und der Reisende mit ihrer Geltung ausdrücklich oder konklu- dent einverstanden ist. Die Hauptpflichten des Reiseveranstalters sind darin zu sehen, dass er die Reise planen und durch