Gerichtliche Sachverständige: JVEG-Überblick

Gerichtliche Sachverständige und ihre Besonderheiten

• Die Lerneinheit gibt einen Überblick über die Besonderheiten der Entschädigung und Kostenerstattung bei gerichtlich eingesetzten Sachverständigen.
• Grundlage ist das Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) und dessen Anwendung.
• Ein Unterschied zur Entschädigung und Kostenerstattung für private Gutachten wird deutlich gemacht.

Abgrenzung zwischen Privat- und Gerichtsgutachten

• Bei Privatgutachten besteht ein zivilrechtlicher Vertrag zwischen Gutachter und Auftraggeber, wobei die Vergütung frei vereinbart wird.
• Bei Gerichtsgutachten besteht keine vertragliche Bindung zum Gericht; es besteht ein öffentlich-rechtliches Auftragsverhältnis.
• Sachverständige im gerichtlichen Auftrag haben grundsätzlich eine Pflicht zur Gutachtenerstattung, wenn sie öffentlich bestellt wurden.
• Ziel ist es, den Gerichten stets eine ausreichende Anzahl an Sachverständigen zur Verfügung zu stellen.
• Die Stellung des Sachverständigen im Verfahren ist erheblich, da Richter oft auf Fachwissen angewiesen sind.
• Öffentlich bestellte Sachverständige verpflichten sich, für jedermann gegen angemessene Gebühr tätig zu werden.

Das Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG)

• Gerichtliche Gutachter erhalten eine "Entschädigung" statt leistungsgerechter Honorare. Honorare würden häufig die Sätze des JVEG übersteigen.
• Die Haftung gerichtlicher Gutachter ist eingeschränkt, da kein Vertrag mit dem Gericht besteht.
• Das JVEG ist dem öffentlichen Recht zugeordnet und folgt dem Prinzip der Über- und Unterordnung.
• Das JVEG ist in Paragraphen unterteilt und spiegelt das Verständnis der Rechtsprechung zur Entschädigung von Zeugen/Sachverständigen wider.
• Bei Übernahme einer Gutachtertätigkeit sollte man sich mit entsprechenden Unterlagen vertraut machen.

Wichtige Paragraphen im JVEG

• § 1 regelt den Geltungsbereich für Sachverständige, die von Gerichten, Staatsanwaltschaften oder Finanzbehörden herangezogen werden.
• Gemäß § 2 erlischt der Anspruch auf Vergütung/Entschädigung, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der beauftragenden Stelle geltend gemacht wird.
• Gemäß § 3 kann auf Antrag ein angemessener Vorschuss bewilligt werden, wenn erhebliche Fahrtkosten/Aufwendungen entstanden sind oder die Vergütung 1.000 Euro übersteigt.
• Gemäß § 4 wird die Vergütung/Entschädigung/Vorschuss durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt. Es wird auch geregelt, welches Gericht zuständig ist.
• § 4a regelt, dass bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör das Verfahren fortzuführen ist, wenn kein Rechtsmittel gegeben ist.
• § 4b regelt die Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften über elektronische Akten/Dokumente.
• § 4c regelt Belehrungen über statthafte Rechtsbehelfe.
• § 5 regelt den Ersatz von Fahrtkosten bis zur Höhe der Kosten für die erste Wagenklasse der Bahn. Zeugen erhalten 0,35 Euro pro Kilometer bei Nutzung eines Kfz, Sachverständige 0,42 Euro pro Kilometer.
• § 6 regelt die Entschädigung für Termine außerhalb der Wohngemeinde. Die Höhe bemisst sich nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr.5 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes.
• Gemäß § 7 werden sonstige Aufwendungen wie Kopien/Ablichtungen ersetzt, sofern sie notwendig waren.

Sachverständigenvergütung

• Nach § 8 erhält der Sachverständige ein Honorar für seine Leistungen, Fahrtkostenersatz, Entschädigung für Aufwand sowie Ersatz für sonstige Aufwendungen.
• Hier wird auch geregelt, dass das Honorar nach Stundensätzen berechnet wird.

Wegfall oder Beschränkung des Vergütungsanspruchs (§ 8a)

• Der Anspruch entfällt, wenn Umstände, die zur Ablehnung berechtigen, nicht unverzüglich angezeigt werden.
• Der Berechtigte erhält eine Vergütung nur insoweit, als seine Leistung bestimmungsgemäß verwertbar ist.
• Im Rahmen der Leistungserbringung grob fahrlässig oder vorsätzlich Gründe geschaffen hat, die einen Beteiligten zur Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit berechtigen

Honorargruppen (§ 9)

• In § 9 werden die einzelnen Honorargruppen Sachgebiete und die Höhe der Stundensätze für die das entsprechende Honorargruppe Sachgebiet aufgelistet.
• Die Honorargruppen Sachgebiete werden in der Anlage 1 zu § 9 genau unterschieden.

Sonderregelungen für bestimmte Sachverständige (§ 10)

• § 10 stellt eine Sonderregelung dar für Sachverständige, die Leichenschau und Obduktion, Befunde, Untersuchungen, Blutentnahmen oder Abstammungsgutachten machen.
• Sie erhalten einen Gebührensatz nach der Gebührenordnung für Ärzte und zwar in der Höhe des 1,3fachen Gebührensatzes.

Honorare für Übersetzungen (§ 11)

• Hier werden die Honorare für Übersetzungen geregelt.
• In der Regel werden 1,80 Euro für jeweils angefangene 55 Anschläge von schriftlichen Texten vergütet (Grundhonorar).
• Andernfalls beträgt das Honorar 1,95 Euro für jeweils angefangene 55 Anschläge (erhöhtes Honorar).

Ersatz für besondere Aufwendungen (§ 12)

• In § 12 wird ein Ersatz für besondere Aufwendungen geregelt.
• Grundsätzlich sollen die in den §§ 9 bis 11 geregelten Honorarsätze auch die üblichen Gemeinkosten und Aufwendungen mit abdecken. Ausgenommen davon sind lediglich:
  • Besondere Kosten für die Vorbereitung und Erstattung eines Gutachtens
  • Lichtbilder und Farbausdrucke
  • Eine Gebühr von 0,90 Euro je angefangene 1000 Anschläge bei schriftlichen Gutachten
  • Umsatzsteuer
  • Gemeinkosten für Hilfskräfte können mit einem Zuschlag von 15% abgegolten werden

Abweichende Vergütung (§ 13)

• Abweichende Vergütung - Wenn die Parteien mit dem Gericht eine von den Regelungen der JVEG abweichende Vergütung für den Sachverständigen bestimmt haben, so muss diese Vergütung dem Sachverständigen zugesprochen werden
• Voraussetzung: Von den Parteien muss ein ausreichender Betrag an die Staatskasse gezahlt worden ist.

Vereinbarungen über die Vergütung (§ 14)

• Nach §14 können mit Sachverständigen, die häufiger von Gerichten herangezogen werden, bestimmte Vereinbarungen über die Vergütung getroffen werden.
• Die Vergütung darf jedoch die Sätze der JVEG nicht überschreiten.

Entschädigung von Zeugen und Dritten (§§ 19 bis 23)

• Im gesamten Vorgehen bei der Entschädigung von gerichtlichen Sachverständigen nimmt der sachverständige Zeuge eine besondere Stellung ein.
• Er kann zu Prozessbeginn als Sachverständiger mit einem Privatgutachten beauftragt sein und im Verlaufe des Prozesses als sachverständiger Zeuge

Sachverständiger Zeuge

• Wer allerdings zunächst als Zeuge und dann im Zusammenhang mit bestimmten Wahrnehmungen als Sachverständiger vernommen wird, hat Anspruch auf eine einheitliche Entschädigung als Sachverständiger.

Rechtsgrundsatz

• Im allgemeinen aber gilt, dass ein rein privater Gutachter regelmäßig nur Zeuge sein kann und er erhält eine Zeugenentschädigung.
• Wird er allerdings als gerichtlicher Sachverständiger hinzugezogen, erhält er eine diesbezügliche Vergütung.
• Die Abgrenzung von Sachverständigen und Zeugen ist nicht immer einfach und richtet sich vor allem nach dem sachlichen Gehalt der Aussagen.
• Der Zeuge berichtet über Tatsachen und Zustände, der Sachverständige liefert Fachwissen zur Beurteilung der Tatsachen. Gibt der als Zeuge vernommene Fachmann ungefragt eine sachverständige Beurteilung ab, kann er keine Entschädigung als Sachverständiger erwarten.

Gerichtliche Festsetzung beantragen

• Privatgutachtern und anderen Fachleuten, die ihrer Ansicht nach zu Unrecht als Zeuge statt als Sachverständiger entschädigt werden, steht es frei, die gerichtliche Festsetzung durch Beschluss nach § 4 JVEG zu beantragen.

Kürzung und Verlust der Entschädigung

• Die Kürzung oder der Verlust der Entschädigung von gerichtlichen Sachverständigen drohen, wenn:
  • Auf der Basis von erkennbaren inhaltlichen Mängeln das Gutachten ganz oder teilweise nicht verwertbar ist
  • Das Gutachten nicht persönlich vom Sachverständigen erstattet wurde
  • Die Kosten für den Einsatz einer Hilfskraft höher sind als die für den gerichtlichen Sachverständigen
  • Der Sachverständige wegen Befangenheit abgelehnt wurde
  • Der Sachverständige das Gericht nicht darauf hingewiesen hat, dass die Kosten den Vorschussbetrag um mehr als 20-25% übersteigen
  • Der Zeitaufwand oder Stundensatz zu hoch angesetzt wurden
  • Die Frist der Rechnungslegung nicht beachtet wurde oder der Entschädigungsanspruch verjährt war
• Für den Sachverständigen kann auch der Fall eintreten, dass zu viel ausbezahlte Entschädigungen zurückverlangt werden.

Die Besonderheiten der mündlichen Gutachtenerstattung

• Für die mündliche Gutachtenerstattung gilt genau so wie für die bisher beschriebene schriftliche Erstattung von Gutachten durch Sachverständige das Justizvergütungs- und entschädigungsgesetz (JVEG) Achten, dass die mündliche Erläuterung eines zuvor schriftlich eingereichten Gutachtens einen neuen Auftag darstellt und so andere Stundensätze in Ansatz gebracht werden können.