Öffentliche Betriebswirtschaftslehre PDF
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Kommunale Hochschule für Verwaltung in Niedersachsen
2024
Thomas Barthel
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Summary
This book, "Öffentliche Betriebswirtschaftslehre," provides a systematic overview of economic issues in public administration. The 4th revised and expanded edition by Professor Dr. Thomas Barthel covers public enterprises and their management. The book aims to offer a thorough understanding of public administration and relevant business concepts. It's a standard textbook relevant to public administration in Germany, Austria, and Switzerland.
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Öffentliche Betriebswirtschaftslehre Systematische Darstellung und Besonderheiten von Prof. Dr. Thomas Barthel Kommunale Hochschule für Verwaltung in Niedersachsen...
Öffentliche Betriebswirtschaftslehre Systematische Darstellung und Besonderheiten von Prof. Dr. Thomas Barthel Kommunale Hochschule für Verwaltung in Niedersachsen unter Mitwirkung von Dr. Christina Barthel 4., überarbeitete und erweiterte Auflage 2024 4., überarbeitete und erweiterte Auflage 2024 Alle Rechte vorbehalten © Deutsche Gemeindeverlag GmbH, Stuttgart Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart Print: ISBN 978-3-555-02368-7 E-Book-Formate: pdf: ISBN 978-3-555-02369-4 epub: ISBN 978-3-555-02370-0 Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Ver- wendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Über- setzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung. Geleitwort zur vierten Auflage „Nichts ist beständiger als der Wandel“, hielt Heraklit von Ephesos bereits vor ca. 2.500 Jahren fest. Diese mittlerweile zur Redewendung mutierte Feststellung, welche ebenso abgegriffen wie wahr ist, charakterisiert auf treffliche Art und Weise gleichermaßen die Zeiten, in denen wir leben. Die Digitalisierung des Lebens und unserer Kommunikation, der Einsatz künstlicher Intelligenz, die Folgen des Klimawandels, die Transformation der Energiewende, gewaltige Migrationsbewegungen, demografische Ver- änderungen und eine globalisierte, eng vernetzte Welt stellen uns als Menschheit auf die Probe. In der Folge wird auch unser gewohntes Lebens- umfeld einem permanenten Stresstest unterzogen. Die Abstände zwischen Sprunginnovationen werden immer kürzer, Entwicklungen rasanter, Zeit- räume für Anpassungsprozesse dementsprechend reduziert. In der ganzen Umbruchszeit hat auch die 2023 zuletzt durchgeführte jährliche Bürgerbefragung des Deutschen Beamtenbundes (dbb) ergeben, dass das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates auf einem vorläu- figen Tiefpunkt angekommen ist. Nur noch 27 % der Befragten gehen da- von aus, dass der Staat in der Lage ist, seine Aufgaben zu erfüllen, 69 % halten den Staat hingegen für überfordert. Noch vor wenigen Jahren war in der gleichen Befragung das Verhältnis umgekehrt. Durch die Kombination von Frustration bei der Bevölkerung und un- ausweichlich notwendigem, vielschichtigem Änderungsbedarf kommt es erkennbar zu einem verstärkten Reformdruck, der Hand in Hand mit Digi- talisierung und künstlicher Intelligenz idealerweise in eine neue Reformbe- wegung münden müsste, die an viele Gedanken des New Public Manage- ments anknüpfen könnte. Im hier vorliegenden kompakten Lehrbuch über die „Öffentliche Be- triebswirtschaftslehre“ wird ein breiter Überblick über wirtschaftliche Fra- gestellungen der öffentlichen Hand, insbesondere jedoch über den Aufbau sowie die Steuerung öffentlicher Unternehmen gegeben. Ich bin Prof. Dr. Thomas Barthel daher ausgesprochen dankbar für diesen wichtigen Beitrag, der sowohl für die Lehre, aber auch für die Praxis wertvolle Impulse setzt. Den kommunalrechtlich relativ verbindlich verankerten Geboten eines wirtschaftlichen und sparsamen Handelns der Kommune ist im strategi- schen und operativen Tun Rechnung zu tragen. Dies umfasst im Fall von Investitionsentscheidungen vorgeschriebene Wirtschaftlichkeitsvergleiche V Geleitwort zur vierten Auflage für die unterschiedlichen Handlungsoptionen. Nur allzu oft wird bei anste- henden Investitionen eine vermeintliche Alternativlosigkeit postuliert, die sich bei näherem Hinsehen gelegentlich eher als Ausdruck von Mut- und Einfallslosigkeit herausstellt. Besonders lohnenswert und in der Praxis haushaltsrelevant ist ebenfalls die Auseinandersetzung mit den Beteiligungen der öffentlichen Hand. Viele Landkreise und Kommunen verfügen über ein relativ buntes Portfo- lio und halten Anteile an Unternehmen der Energiewirtschaft, Kranken- hausversorgung, des ÖPNV oder der gemeinwohlorientierten Finanzwirt- schaft, zu denen in jedem Fall in der Regel die regionalen Sparkassen zu zählen sind. Hier gilt es im Sinne der Bürgerinnen und Bürger den kom- munalen Einfluss geltend zu machen. Einerseits, um die am öffentlichen Interesse orientierten fachlichen Zielsetzungen der Unternehmen bestmög- lich zu erreichen. Andererseits sollten jedoch auch die Zuschüsse der öf- fentlichen Hand mindestens begrenzt werden, bestenfalls können gar Überschüsse aus dem unternehmerischen Handeln an den kommunalen Anteilseigner ausgeschüttet und damit für die Finanzierung öffentlicher Aufgaben verwendet werden. Um den vielfältigen Herausforderungen der „Öffentlichen Betriebswirt- schaftslehre“ im „Konzern Kommune“ begegnen zu können, braucht es ein entsprechendes Know-how in den Verwaltungen sowie ein Verständnis für die spezifischen Anforderungen öffentlicher Unternehmen. Das vorlie- gende Lehrbuch liefert hierfür das grundlegende Rüstzeug, das bei Bedarf – entsprechend der Literaturempfehlungen – weiter vertieft werden kann. Allen Leserinnen und Lesern der 4. Auflage wünsche ich eine erkennt- nisreiche Lektüre und dem Themenfeld „wirtschaftlichen Kompetenz der öffentlichen Hand“ weiterhin viel Aufmerksamkeit und Erfolg im Sinne der Bürgerinnen und Bürger. Marco Prietz Landrat des Landkreises Rotenburg (Wümme) Ab dem 1.10.2024 Präsident des Niedersächsischen Landkreistages (NLT) VI Vorwort zur vierten Auflage Wenn ich in meiner Zeit an der Oberstufe des Wirtschaftsgymnasiums ge- wusst hätte, dass mein Lehrbuch ein paar Jahrzehnte später in eben diesem „Wöhe“, den ich als Schüler in der 17. Auflage als Lehrbuch zur „Einfüh- rung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre“ vor mir liegen hatte, in der 28. Auflage in einer Fußnote als Fachliteratur für öffentlich-rechtliche Unternehmen aufgeführt werden würde, hätte ich das sicherlich nicht für möglich gehalten. Aber in der Zwischenzeit hat sich auch einiges getan. In Bezug auf das hier in der vierten Auflage vorliegende Lehrbuch kann beispielsweise festgehalten werden, dass die ersten drei Auflagen laut einer aktuellen Re- cherche im KVK (Karlsruher Virtueller Katalog) des KIT in über 100 Biblio- theken in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu finden sind. Dieses Lehrbuch kann daher erfreulicherweise wirklich zu den Standardlehrbü- chern der Öffentlichen Betriebswirtschaftslehre in Deutschland gezählt werden. Trotz eines zusätzlichen Nachdrucks im Sommer 2023 ist nach drei Jahren die 3. Auflage fast wieder ausverkauft, sodass es an der Zeit ist, eine neue Auflage herauszubringen. Auch in der 4. Auflage wurden erneut In- halte aktualisiert und erweitert. Dass so ein Buch immer in einem gewissen Baustellenmodus verbleiben wird, liegt in der Natur der Sache, weshalb auch weiterhin Verbesserungs- vorschläge bzw. Hinweise auf Korrekturbedarf dankbar zur Kenntnis ge- nommen werden. Bitte diese an [email protected] richten. Bes- ten Dank im Voraus. Außer mir, dem offiziell genannten Verfasser, haben auch andere Ak- teure ihre Expertise mit eingebracht, wofür ich sehr dankbar bin: Zunächst sei hervorgehoben, dass ein erfolgreiches Lehrbuch nicht ohne den Verlag zu denken ist: Herrn Rechtsanwalt Tobias Durst vom Kohl- hammer-Verlag sei auch dieses Mal für die konstruktive und hilfsbereite Zusammenarbeit gedankt. Außerdem lebt ein derartiges Lehrbuch auch von solchen, die positiv darüber schreiben; so darf ich Landrat Marco Prietz M. A., einem ehemaligen Masteranden von mir, für die Übernahme des Geleitworts danken. Daneben gilt selbstverständlich ein ganz besonderer Dank jenen, die in die unmittelbare Verwendung dieses Lehrbuchs an der Kommunalen Hochschule für Verwaltung in Niedersachsen (HSVN) invol- VII Vorwort zur vierten Auflage viert sind: Es sind zum einen diejenigen, die in meiner Professur für Ver- waltungswissenschaft Lehrveranstaltungen übernehmen, mich tatkräftig unterstützen und mir immer wieder konstruktives Feedback für das Lehr- buch geben: Frau Dipl.-Kauffrau Jutta Steinmetz, Frau Marina Romaschin M. Sc. und Herr Marcel Beumker B. A. seien hier ebenso genannt wie Herr Dipl.-Volkswirt Eike Lütjen, dem in diesem Fall mein besonderer Dank gilt, da er die zusätzlichen Berechnungen und Ausführungen zum Leverage- Effekt einem kontrollierenden Blick unterzogen hat. Nicht zu vergessen ist auch mein herzlicher Dank an meine vielen wissenschaftlichen Lehrbeauf- tragten sowie auch an die Studierenden, die mich auf Fehlerstellen hinwei- sen, die ihnen bei der Arbeit mit dem Buch auffallen. Last but not least sei hervorgehoben, dass es sich bei diesem Lehrbuch letztlich um ein reines Hobbyprodukt handelt, da die Arbeit daran außer- halb des Vollzeitlehrdeputats erbracht werden muss. Das würde nicht funk- tionieren, würde nicht meine Ehefrau, Dr. phil. Christina Barthel, mich darin sehr unterstützen sowie für meinen Part daran die nötigen Freiräume geben. Posthum gewidmet ist diese 4. Auflage meinem geschätzten Schwieger- vater Dipl.-Physiker Manfred von Torklus. Hannover, im März 2024 Thomas Barthel VIII Geleitwort zur dritten Auflage Betriebswirtschaftliche Fragestellungen spielen nicht nur in der Privatwirt- schaft eine entscheidende Rolle, sondern sie sind auch in der öffentlichen Verwaltung von großer Bedeutung. Vielfältige wirtschaftliche Entscheidun- gen sind auch hier zu treffen, etwa über die Bereitstellung von Infrastruktur wie Straßen und Schulen, über organisatorische Fragen wie der Rechtsform eines kommunalen Schwimmbades oder über die Ansiedlung von Unter- nehmen in einem Gewerbegebiet. Steuermittel können nur dann effizient verwendet werden, wenn die Entscheider über umfassende Kenntnisse der öffentlichen Verwaltung und über das notwendige betriebswirtschaftliche Handwerkszeug verfügen. Dabei reicht die simple Übertragung herkömmlicher betriebswirt- schaftlicher Erkenntnisse nicht aus, das Ziel einer wirtschaftlichen Mittel- verwendung zu erreichen – dazu sind sowohl die Aufgaben und Ziele der öffentlichen Verwaltung und der Privatwirtschaft zu unterschiedlich als auch die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen diese jeweils ihre Entscheidungen treffen. Vielmehr bedarf es einer ganz eigenen Öffentli- chen Betriebswirtschaftslehre, die die Methoden und Erkenntnisse der All- gemeinen Betriebswirtschaftslehre im Kontext der öffentlichen Verwaltung anwendet. Es ist das Verdienst von Thomas Barthel und seinem Lehrbuch, das nunmehr bereits in der dritten Auflage erscheint, diesen Transfer in fachlich stringenter Weise vorzunehmen. Den Studierenden der Kommunalen Hochschule für Verwaltung in Niedersachsen (HSVN), die für zukünftige Aufgaben in den Kommunalver- waltungen Niedersachsens ausgebildet werden, steht damit ein Lehrbuch zur Verfügung, das ihnen theoretisch fundiert und kompakt verwaltungs- wissenschaftliche Themen nahebringt. Dabei überzeugt das Lehrbuch durch seinen systematischen inhaltlichen Aufbau. Nach einem inhaltlich breit gefächerten Grundlagenkapitel wird in aller gebotenen Kürze das gesamte Spektrum öffentlicher Verwaltungsstrukturen erläutert, bevor zahl- reiche betriebswirtschaftliche Konzepte im Kontext der öffentlichen Ver- waltung vorgestellt werden. Ein Blick in das umfangreiche Stichwortver- zeichnis belegt, mit welcher enormen Themenbreite sich Thomas Barthel in seinem Lehrbuch befasst. Für sicherlich 2.500 Studierende der HSVN war das Lehrbuch von Tho- mas Barthel bereits ein wichtiger Begleiter auf dem Weg durch das Studium IX Geleitwort zur dritten Auflage der Verwaltungsbetriebswirtschaft bzw. der Allgemeinen Verwaltung. Mit seiner Themenvielfalt dürfte es aber nicht nur für Studierende der Verwal- tungswissenschaft, sondern auch für die Verwaltungspraxis ein wichtiges Grundlagenwerk sein. Ich wünsche der dritten Auflage des Buchs eine genauso erfolgreiche Aufnahme durch die Leserinnen und Leser, wie sie die beiden ersten Aufla- gen erfahren haben. Möge das Werk einen Beitrag dazu leisten, Studierende auf ihre Arbeit in den Kommunalverwaltungen fachlich solide vorzuberei- ten. Damit schafft das Buch einen Mehrwert, der weit über die reine Studi- enbegleitung hinausreicht. Prof. Dr. Michael Koop Präsident HSVN X Vorwort zur dritten Auflage Schon wieder ist eine Auflage vergriffen. Keine zwei Jahre nach Erscheinen der zweiten Auflage mit einer erhöhten Anzahl an gedruckten Exemplaren muss die dritte Auflage in Angriff genommen werden. Nicht zuletzt be- dingt durch Corona hat zusätzlich der Absatz der drei E-Book-Versionen deutlich angezogen, was in allem sehr Unerfreulichen ein kleiner Positiv- punkt ist. Äußerst erfreulich ist ebenso, dass das Lehrbuch mittlerweile in sehr vielen Universitäts- und Hochschulbibliotheken Deutschland Eingang gefunden hat. Selbst wenn die Änderungen in der dritten Auflage nicht an die umfas- senden Überarbeitungen für die zweite Auflage heranreichen, so sind doch auch diesmal Aktualisierungen, Spezifizierungen, Erweiterungen, Korrek- turen sowie Neustrukturierungen vorgenommen worden. Grundsätzlich ist ein solches Lehrbuchprojekt jedoch nie völlig abgeschlossen, weshalb Ver- besserungsvorschläge sehr gerne erwünscht sind und an die Mailadresse [email protected] gesendet werden können. Ein erfolgreiches Buch hat immer viele Beteiligte, der Autor ist dabei nur einer von vielen: Deswegen bedanke ich mich bei Herrn Rechtsanwalt Tobias Durst vom Kohlhammer-Verlag für die wiederum konstruktive und hilfsbereite Zusam- menarbeit sowie beim Hochschulpräsidenten der Kommunalen Hoch- schule für Verwaltung in Niedersachsen (HSVN) Herrn Prof. Dr. Michael Koop für die Übernahme eines Geleitworts. Daneben möchte ich mich auch diesmal bei meinen Kolleginnen und Kollegen an der Kommunalen Hochschule für Verwaltung in Niedersach- sen (HSVN) bedanken, die in meiner Professur für Verwaltungswissen- schaft Lehrveranstaltungen übernehmen: Frau Dipl.-Kauffrau Jutta Stein- metz und Frau Marina Romaschin M. Sc. sowie Herr Diplom-Volkswirt Eike Lütjen. Des Weiteren gilt auch mein Dank meinen wissenschaftlichen Lehrbeauftragten in der Professur für Verwaltungswissenschaft. Nicht zu vergessen gilt ein besonders herzlicher Dank meiner Ehefrau Dr. phil. Christina Barthel, die mich in allen drei Auflagen sehr unterstützt hat und seit der zweiten Auflage auch als Mitwirkende im Buch geführt wird. Sie gibt mir immer wieder die notwendigen beruflichen Freiräume über eine normale 40-Stunden-Woche hinaus, um überhaupt publizieren zu können. XI Vorwort zur dritten Auflage Widmen möchte ich die dritte Auflage meiner Schwiegermutter, die in allen Auflagen unermüdlich Korrektur gelesen hat. Hannover, im Februar 2021 Thomas Barthel XII Vorwort zur zweiten Auflage Schon zehn Monate nach Erscheinen war die erste Auflage fast vergriffen. Anlass genug, möglichst zügig eine zweite Auflage herauszubringen. Um eine optimalere Darbietung des Stoffs zu gewährleisten, sind einige Punkte verändert worden. So wurde die Gliederung vertieft, Fehler, die sich einge- schlichen hatten, korrigiert und selbstverständlich auch der Inhalt an die sich ständig verändernden Gegebenheiten angepasst. Dies geschah alles nicht zuletzt zu dem Zweck, so gut wie möglich als lehrveranstaltungsbegleitende und den Stoff punktuell vertiefende Lektüre zu dienen. Denn nach wie vor wird das Lehrbuch für Verwaltungswissen- schaft I an der Kommunalen Hochschule für Verwaltung in Hannover ein- gesetzt. Inhaltlich deckt es weiterhin das vom Autor verfasste und in der Akkreditierung verantwortete Modul Verwaltungswissenschaft I ab: Ausge- nommen davon ist allein der Bereich „Entscheidungen in der öffentlichen Verwaltung“, der seinen Niederschlag im Lehrbuch des Autors (et al.) zur Öffentlichen Entscheidungslehre findet (siehe Literaturverzeichnis). Nicht in diesem Buch vorhandene, aber dennoch wichtige Lehrinhalte für die Studiengänge der Öffentlichen Verwaltung im Bachelorstudium fin- den sich in anderen Modulen wieder und werden daher weiterhin an dieser Stelle nicht thematisiert. Zu einem Buch tragen immer viele bei. Ganz besonders wichtig ist der Verlag, weshalb ich mich wieder beim Kohlhammer Verlag und dort vor allem bei Herrn Rechtsanwalt Tobias Durst für die vertrauensvolle Zusam- menarbeit bedanken möchte. Daneben haben Kollegen an der Kommunalen Hochschule für Verwal- tung in Niedersachsen (HSVN) zum Gelingen beigetragen. Hervorheben möchte ich vor allem meine Kollegin in Verwaltungswissenschaft und der Leiterin der Finanzabteilung des NSI e. V. sowie Tax Compliance Officer Frau Dipl.-Kffr. Jutta Steinmetz sowie meinen Dozentenkollegen Herrn Dipl.-Volkswirt Eike Lütjen. Des Weiteren haben meine wissenschaftlichen Lehrbeauftragten der Verwaltungswissenschaft wertvolle Hinweise gege- ben. Stellvertretend nenne ich Herrn Oliver Steinmann M. A., der den Ab- schnitt zum Stiftungsrecht fachlich vertieft hat. Allen sage ich vielen Dank dafür. XIII Vorwort zur zweiten Auflage Was wäre eine solche Publikation ohne die Hintergrundarbeit des Korrek- turlesens durch die wissenschaftlichen Hilfskräfte? Mein Dank geht hier an Frau Daniela Polzin M. Ed. und Herrn Jan Philipp Bäßmann B. Sc. Last but not least gilt mein besonders herzlicher Dank auch meiner Ehe- frau Dr. phil. Christina Barthel, die tatkräftig an der zweiten Auflage mitge- wirkt hat. Ebenso danke ich meiner Schwiegermutter für das gewissenhafte Korrekturlesen und Vergleichen bzw. Korrigieren der Umbrüche. Da auch in der zweiten Auflage ein Lehrbuch nie so gut sein wird, dass es nichts mehr zu aktualisieren und verbessern gäbe, freue ich mich über Anmerkungen und konstruktive Kritik, die Sie mir einfach durch eine eMail an folgende Adresse zukommen lassen können: thomas.barthel@nsi- hsvn.de. Widmen möchte ich die zweite Auflage meiner geliebten Ehefrau Christina, die mich tagtäglich in meiner beruflichen Tätigkeit sehr unter- stützt und mir den „Rücken freihält“. Von Herzen vielen Dank dafür. Hannover, im April 2018 Thomas Barthel XIV Vorwort zur ersten Auflage Es gibt kaum Lehrbücher zur Öffentlichen Betriebswirtschaftslehre, die zum einen das breite Feld der Öffentlichen Betriebswirtschaftslehre wissen- schaftlich fundiert und gleichzeitig anwendungsbezogen abbilden und zum anderen vom Volumen und der Komplexität her für Studierende am Anfang ihres Studiums in einer wirklich begrenzten Zeit „studierbar“ sind. Mit diesem Buch soll genau dieser Ansatz verfolgt werden, indem beglei- tendes Lehrmaterial für das Selbststudium zu den Lehrveranstaltungen in der Verwaltungswissenschaft der Bachelorstudiengänge bereitgestellt wird. Da das Buch allerdings nicht den Anspruch einer inhaltlichen Vollständig- keit erhebt, sei zusätzlich auf die zitierte Literatur verwiesen. Dieses Lehrbuch wird an der Kommunalen Hochschule für Verwaltung in Hannover für Verwaltungswissenschaft I eingesetzt. Inhaltlich deckt es das vom Autor verfasste und in der Akkreditierung verantwortete Modul Verwaltungswissenschaft I ab, mit Ausnahme des Bereichs „Entscheidun- gen in der öffentlichen Verwaltung“. Diesbezüglich sei auf das Lehrbuch des Autors zur Öffentlichen Entscheidungslehre verwiesen (siehe Literatur- verzeichnis). Nicht in diesem Buch vorhandene, aber dennoch wichtige Lehrinhalte für die Studiengänge der Öffentlichen Verwaltung im Bachelor finden sich in anderen Modulen wieder und werden daher an dieser Stelle nicht the- matisiert. Das Lehrbuch Öffentliche Betriebswirtschaftslehre umschreibt Begriffe und Determinanten sowie die ökonomischen Rahmenbedingungen des Verwaltungshandelns. Im Rahmen der Betrachtung der öffentlichen Ver- waltung – insbesondere der kommunalen Verwaltung – werden Betriebsfor- men und Organisationsformen des Konzerns „Kommune“ erläutert. Daher empfiehlt sich der Einsatz dieses Lehrwerks an Universitäten, (dualen) Hochschulen, insbesondere an den Hochschulen für öffentliche Verwaltung in den Bachelorstudiengängen sowie an den Studieninstituten für den Angestelltenlehrgang II. An dieser Stelle möchte ich dem Kohlhammer Verlag bzw. vor allem Herrn Rechtsanwalt Tobias Durst für die sehr vertrauensvolle Zusammenar- beit danken. Als Inhaber der Professur für Verwaltungswissenschaft an der Kommu- nalen Hochschule für Verwaltung in Niedersachsen (HSVN) möchte ich XV Vorwort zur ersten Auflage mich auch zum einen bei der Hochschulleitung, insbesondere bei Herrn Hochschulpräsident Prof. Dr. rer. pol. Michael Koop, und zum anderen bei meiner Kollegin in Verwaltungswissenschaft und der Leiterin der Fi- nanzabteilung des NSI e. V. Frau Dipl.-Kffr. Jutta Steinmetz sowie bei mei- nen wissenschaftlichen Lehrbeauftragten der Verwaltungswissenschaft für die wertvollen Hinweise bedanken. Danke sagen möchte ich auch der wissenschaftlichen Hilfskraft Frau Daniela Polzin M. Ed. für ihre große administrative Unterstützung. Ein besonders herzlicher Dank gilt auch Frau Dr. phil. Christina von Torklus, die in den letzten Wochen vor Abgabe des Manuskripts beim Ver- lag unermüdlich Korrektur gelesen hat. Ein Lehrbuch wird nie so gut sein, dass es nichts mehr zu aktualisieren und verbessern gibt, vor allem wenn es sich um die erste Auflage handelt. Deshalb freue ich mich über Anmerkungen und konstruktive Kritik, die Sie mir einfach durch eine Mail an folgende Adresse zukommen lassen können: [email protected]. Möge das Buch zu einer effizienten und effektiven Konzernverwaltung sowie der Einhaltung der Haushaltsgrundsätze Wirtschaftlichkeit und Spar- samkeit in der öffentlichen Verwaltung in Deutschland auf allen Verwal- tungsebenen beitragen. Widmen möchte ich das Buch meiner Mutter Isolde Barthel und mei- nem leider bereits früh verstorbenen Vater Roland Barthel, denen ich bei- den sehr viel zu verdanken habe. Hannover, im April 2016 Thomas Barthel XVI Inhaltsverzeichnis Geleitwort zur vierten Auflage......................... V Vorwort zur vierten Auflage........................... VII Geleitwort zur dritten Auflage......................... IX Vorwort zur dritten Auflage........................... XI Vorwort zur zweiten Auflage........................... XIII Vorwort zur ersten Auflage............................ XV Abkürzungsverzeichnis............................... XXIII Einleitung.......................................... 1 1. Grundlagen der öffentlichen Verwaltung........ 3 1.1 Einführung................................ 3 1.1.1 Begriff................................... 3 1.1.2 Öffentliche Verwaltung im System der staatlichen Grundfunktionen........................... 5 1.1.3 Öffentliche Verwaltung aus volkswirtschaftlicher Sicht. 6 1.1.3.1 Volkswirtschaftliche Sektoren................... 6 1.1.3.1.1 Unternehmen.............................. 7 1.1.3.1.1.1 Erwerbswirtschaft........................... 7 1.1.3.1.1.2 Öffentliche Wirtschaft........................ 8 1.1.3.1.2 Öffentlicher Sektor ohne Erwerbscharakter......... 12 1.1.3.1.3 Organisationen ohne Erwerbscharakter............ 13 1.1.3.2 Abgrenzung von öffentlichen und privaten Aufgaben. 14 1.1.3.2.1 Theorie der öffentlichen Güter.................. 15 1.1.3.2.2 Externe Effekte............................. 18 1.1.3.2.3 Unerwünschte Markteffekte.................... 19 1.1.4 Öffentliche Verwaltung aus betriebswirtschaftlicher Sicht.................................... 20 1.2 Öffentliche Aufgaben als Grundlage des Verwaltungs- handelns.................................. 21 1.2.1 Begriff und Abgrenzung...................... 21 1.2.2 Bildung und Systematisierung.................. 22 1.2.2.1 Staatlicher Funktionenplan.................... 24 1.2.2.2 Kommunaler Aufgabengliederungsplan........... 25 XVII Inhaltsverzeichnis 1.2.2.3 Klassifizierung kommunaler Aufgaben............ 26 1.2.2.4 Produktorientierung......................... 30 1.3 Verwaltungsreformen im Überblick.............. 38 1.3.1 Reformziele............................... 41 1.3.2 Reformprojekte............................. 41 1.3.2.1 Gebietsreformen............................ 41 1.3.2.2 Funktionalreformen......................... 42 1.3.2.3 Funktionale Verwaltungsreformen............... 46 1.3.2.4 Reformen der inneren Verfassung der Gebietskörper- schaften.................................. 48 1.3.2.5 Reformen der Finanzverfassung................. 49 1.3.2.6 Reformen des öffentlichen Dienstrechts........... 50 1.3.2.7 Reformen der Gesetze und Verordnungen.......... 51 1.3.3 Veränderung des zukünftigen Verwaltungshandelns durch Digitalisierung........................ 52 2. Strukturen der öffentlichen Verwaltung......... 57 2.1 Einführung................................ 57 2.2 Originäre Verwaltungsträger.................... 59 2.2.1 Konzernbegriff in der Privatwirtschaft............ 61 2.2.2 Strukturen öffentlicher Konzerne................ 62 2.2.3 Unselbstständige Konzernbetriebe............... 65 2.2.3.1 Kommunalverwaltung........................ 66 2.2.3.2 Bundes- und Landesverwaltung................. 68 2.2.3.3 Dezentralisation und Zentralisation sowie Dekonzent- ration und Konzentration..................... 77 2.2.3.4 Aufgabenträgerschaft und Aufgabenverantwortung... 77 2.2.3.5 Rekommunalisierung........................ 79 2.2.4 Verselbstständigte Konzernbetriebe............... 82 2.2.4.1 Merkmale................................. 82 2.2.4.2 Öffentlich-rechtliche Formen................... 83 2.2.4.2.1 Eigenbetriebe in kommunalen Konzernen......... 83 2.2.4.2.2 Bundes- und Landesbetriebe in staatlichen Konzernen. 85 2.2.4.2.3 Anstalten................................. 86 2.2.4.2.3.1 Anstalten aufgrund eines speziellen Gesetzes........ 86 2.2.4.2.3.2 Kommunale Unternehmen in Form einer öffentlich- rechtlichen Anstalt.......................... 88 2.2.4.2.4 Zweckverbände............................. 92 2.2.4.2.5 Stiftung des öffentlichen Rechts................. 94 2.2.4.3 Privatrechtliche Formen....................... 98 2.2.4.3.1 Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)..... 99 XVIII Inhaltsverzeichnis 2.2.4.3.2 Gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH)................................. 100 2.2.4.3.3 GmbH und Co. KG......................... 101 2.2.4.3.4 Aktiengesellschaft (AG)....................... 101 2.2.4.3.5 Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA)......... 103 2.2.4.3.6 Genossenschaft............................. 103 2.2.4.3.7 Verein................................... 105 2.2.4.3.8 Rechtsfähige Stiftung des Privatrechts............. 106 2.2.4.3.9 Sonstige Formen............................ 109 2.3 Regionalverbände........................... 109 2.4 Öffentliche Verwaltung auf internationaler Ebene.... 118 2.5 Derivative Verwaltungsträger................... 119 2.5.1 Merkmale................................. 119 2.5.2 Öffentlich-rechtliche Formen................... 119 2.5.2.1 Personenkörperschaften....................... 119 2.5.2.2 Anstalten................................. 120 2.5.3 Beliehene................................. 120 2.6 Gründe für die Verselbstständigung von öffentlichen Verwaltungseinheiten........................ 121 3. Determinanten der öffentlichen Verwaltung...... 125 3.1 Rahmenbedingungen........................ 125 3.1.1 Wirtschaftlichkeit........................... 125 3.1.1.1 Begriff der Wirtschaftlichkeit im Haushaltsrecht..... 125 3.1.1.2 Einzelwirtschaftliche Wirtschaftlichkeit (Kostenwirt- schaftlichkeit).............................. 126 3.1.1.3 Volkswirtschaftliche Wirtschaftlichkeit............ 128 3.1.2 Abgrenzung des Wirtschaftlichkeitsbegriffs......... 129 3.1.2.1 Wirtschaftliche Betätigung (angemessene Gewinn- erzielung)................................. 129 3.1.2.2 Sparsamkeit............................... 130 3.1.2.3 Produktivität............................... 131 3.1.2.4 Rentabilität................................ 133 3.1.2.5 Leverage-Effekt............................. 136 3.1.2.6 Effektivität und Effizienz...................... 150 3.1.2.7 E-Konzepte................................ 153 3.1.2.7.1 3-E-Konzept............................... 153 3.1.2.7.2 5-E-Konzept............................... 154 3.1.2.8 Systemmodell im Public Management............ 155 3.1.2.9 Modell der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement...................... 155 3.2 Ziele.................................... 157 XIX Inhaltsverzeichnis 3.2.1 SMART-Regel.............................. 157 3.2.2 Zielgrößen................................ 158 3.2.3 Handlungsziele............................. 159 3.2.4 Zielbeziehungen............................ 162 3.2.4.1 Grundlagen............................... 162 3.2.4.2 Systemorientierung.......................... 163 3.2.5 Zielbildung im politisch-administrativen System..... 169 3.2.6 Performance-Indikatoren...................... 171 3.2.6.1 Outcome – Gesetzlich-politische Perspektive........ 175 3.2.6.2 Output – Finanzwirtschaftliche Perspektive......... 175 3.2.6.3 Impact – Stakeholder-Perspektive................ 177 3.2.6.4 Throughput – Interne Prozessperspektive.......... 178 3.2.6.5 Input – Lern- und Entwicklungsperspektive........ 178 3.2.7 Vergleichsmaßstäbe.......................... 180 Fazit.............................................. 183 Literaturverzeichnis................................... 185 Über den Autor...................................... 195 Stichwortverzeichnis.................................. 197 XX Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Wirtschaftssektoren............................ 7 Abb. 2 Güterspektrum................................ 17 Abb. 3 Klassifizierung kommunaler Aufgaben.............. 27 Abb. 4 Verbindlicher Produktrahmen für Niedersachsen 2021... 31 Abb. 5 Verwaltungsreformen........................... 38 Abb. 6 Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben............... 44 Abb. 7 Oberbegriffe nach NKomVG...................... 49 Abb. 8 Träger der öffentlichen Verwaltung................. 57 Abb. 9 Juristische Personen des öffentlichen Rechts als Träger öf- fentlicher Verwaltung........................... 58 Abb. 10 Aufbaustruktur der deutschen Verwaltungsgliederung... 61 Abb. 11 Grundstruktur öffentlicher Konzerne................ 63 Abb. 12 Konzern Stadt Mannheim........................ 65 Abb. 13 Dezernatsverteilungsplan Stadt Mannheim............ 67 Abb. 14 Makroorganisation der Staatsverwaltung............. 69 Abb. 15 Aufbau der niedersächsischen Landesverwaltung....... 72 Abb. 16 Typen regionaler Organisationen................... 111 Abb. 17 Typen von Regional Governance................... 112 Abb. 18 Bevölkerungsentwicklung in den anerkannten Metropol- regionen nach IKM............................ 113 Abb. 19 Metropolregionen nach IKM...................... 114 Abb. 20 Zusammenhang von Effizienz und Effektivität......... 151 Abb. 21 Beziehungen zwischen Effizienz und Effektivität....... 152 Abb. 22 3-E-Konzept.................................. 153 Abb. 23 5-E-Konzept.................................. 154 Abb. 24 Systemmodell im Public Management............... 155 Abb. 25 Leitfragen/Zielfelder nach KGSt................... 156 Abb. 26 Arten von Handlungszielen...................... 160 Abb. 27 Produkte und Leistungsziele...................... 161 Abb. 28 Zielbeziehungen.............................. 163 Abb. 29 Relevantes System für die Maßnahme „Erschließung eines Gewerbegebiets“.............................. 164 Abb. 30 Regelkreis mit positiver Rückkopplung.............. 166 XXI Abbildungsverzeichnis Abb. 31 Regelkreis mit negativer Rückkopplung.............. 167 Abb. 32 Du-Pont-System of Financial Control................ 173 Abb. 33 Output – Finanzwirtschaftliche Perspektive........... 177 Abb. 34 Impact – Stakeholder-Perspektive................... 178 Abb. 35 Throughput – Interne Prozessperspektive............. 178 Abb. 36 Input – Lern- und Entwicklungsperspektive........... 180 Abb. 37 Arten von Wirtschaftlichkeitsvergleichen............. 181 XXII Abkürzungsverzeichnis A Besoldungsgruppe(n) A Abb. Abbildung AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Union AG Aktiengesellschaft nach dem Aktiengesetz AktG Aktiengesetz AnstG Anstaltsgesetz Sachsen-Anhalt AnstVO Anstaltsverordnung Sachsen-Anhalt AöR Anstalt des öffentlichen Rechts Art. Artikel Aufl. Auflage BAT Bundesangestelltentarif BbgKVerf Kommunalverfassung des Landes Brandenburg BBR Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung BBSR Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung Bd. Band BGB Bürgerliches Gesetzbuch BHO Bundeshaushaltsordnung BMI Bundesinnenministerium bzw. beziehungsweise C Besoldungsgruppe(n) C (ehemals für die Wissenschaft) ca. circa Co. zusammen mit anderen DDR Deutsche Demokratische Republik d. h. das heißt Dipl.-Kffr. Diplom-Kauffrau DÖV Die Öffentliche Verwaltung Dr. Doktor DrittelbG Drittelbeteiligungsgesetz eG eingetragene Genossenschaft EiB Eigenbetrieb EigBetrVO Eigenbetriebsverordnung EigBGes Eigenbetriebsgesetz ERP Enterprise Resource Planning etc. et cetera EU Europäische Union XXIII Abkürzungsverzeichnis e. V. eingetragener Verein Ew. Einwohner f. folgende FAO Food and Agriculture Organization ff. fortfolgende FITKO Föderale IT-Kooperation GemO Gemeindeordnung GenG Genossenschaftsgesetz GG Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland ggf. gegebenenfalls gGmbH gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung GkG Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach GmbHG GmbHG Gesetz für Gesellschaften mit beschränkter Haftung GO Gemeindeordnung GoB Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung GoBD Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewah- rung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elekt- ronischer Form sowie zum Datenzugriff HdF Handbuch der Finanzwissenschaft HGB Handelsgesetzbuch HGO Hessische Gemeindeordnung HGrG Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (Haushaltsgrundsätzegesetz) Hrsg. Herausgeber hrsg. herausgegeben HSVN Kommunale Hochschule für Verwaltung in Niedersachsen HVB Hauptverwaltungsbeamter i. d. R. in der Regel i. e. S. im engeren Sinne IKM Initiativkreis Europäische Metropolregionen Deutschland ILO International Labour Organization InsO Insolvenzordnung ISO International Organization for Standardization IT Informationstechnik i. V. m. in Verbindung mit i. w. S. im weitesten Sinne JD Jahres-Durchschnitt Jg. Jahrgang KdU Kosten der Unterkunft KG Kommanditgesellschaft KGaA Kommanditgesellschaft auf Aktien KGSt Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanage- ment, Köln km² Quadratkilometer XXIV Abkürzungsverzeichnis KomHKVO Kommunalhaushalts- und -kassenverordnung KSM Kommunales Steuerungsmodell KSVG Kommunalselbstverwaltungsgesetz KU Kommunales Unternehmen LHO Landeshaushaltsordnung LOG Gesetze über die Organisation der Landesverwaltung LSA Land Sachsen-Anhalt LSKN Landesbetrieb für Statistik und Kommunikationstechnologie LSN Landesamt für Statistik Niedersachsen LStifG Stiftungswesen im Landesstiftungsgesetz LStN Landesamt für Steuern Niedersachsen LuftSiG Luftsicherheitsgesetz M. Ed. Master of Education Mio. Million(en) MitbestG Mitbestimmungsgesetz Nds. Niedersachsen Nds. AG Niedersächsisches Ausführungsgesetz NGO Niedersächsische Gemeindeordnung NKomVG Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz NKomZG Niedersächsisches Gesetz über kommunale Zusammenarbeit NLBL Niedersächsisches Landesamt für Bau und Liegenschaften NLT Niedersächsischer Landkreistag NLO Niedersächsische Landkreisordnung NPO Non-Profit-Organisation Nr. Nummer Nrn. Nummern NSI e. V. Niedersächsisches Studieninstitut für kommunale Verwal- tung e. V. NSM Neues Steuerungsmodell NSpG Niedersächsisches Sparkassengesetz NStifG Niedersächsisches Stiftungsgesetz OAU Organization of African Unity/Organisation für Afrikanische Einheit OECD Organization for Economic Co-operation and Development OFD Oberfinanzdirektion o. g. oben genannte/oben genannt OHG Offene Handelsgesellschaft o. J. ohne Jahr o. O. ohne Ort ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr o. S. ohne Seite o. V. ohne Verfasserangabe ÖVB Öffentliche(r) Verwaltungsbetrieb(e) phil. philosophiae pol. politicarum XXV Abkürzungsverzeichnis PPP Public-Private-Partnership Prof. Professor rer. rerum ROI Return On Investment S. Seite SächsGemO Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen SE Societas Europaea SGB Sozialgesetzbuch ThürKO Thüringer Gemeinde- und Landkreisordnung TÜV Technischer Überwachungs-Verein TVöD Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst u. a. unter anderem UG Unternehmergesellschaft UNASUR Unión de Naciones Suramericanas/Union Südamerikanischer Nationen UNO United Nations Organization USA United States of America Verf. Nds. niedersächsische Verfassung vgl. vergleiche VRRN Verband Region Rhein-Neckar W Besoldungsgruppe(n) W (W für die Wissenschaft) WiSt Wirtschaftswissenschaftliches Studium w. V. wirtschaftlicher Verein z. B. zum Beispiel z. T. zum Teil zzgl. zuzüglich XXVI Einleitung Das vorliegende Lehrbuch hat die Intention, „öffentliche Verwaltung“ da- zustellen, ohne dass der Leser oder die Leserin Verwaltungskenntnisse für das Verständnis mitbringen muss. Es kann dadurch nicht alle Besonderhei- ten und Eigenheiten der öffentlichen Verwaltung aufgreifen, sondern be- schränkt sich auf das Wesentliche. Für tiefer gehende Verwaltungsinhalte wird auf einschlägige Fachaufsätze, Dissertationen und Habilitationen ver- wiesen. Kapitel 1 beschäftigt sich mit den Grundlagen der öffentlichen Verwal- tung: In der Einführung wird zum einen die Verwaltung im System der staat- lichen Grundfunktionen und zum anderen die Verwaltung aus volks- wirtschaftlicher Sicht dargestellt. Dabei wird die Bedeutung der öffent- lichen Verwaltung innerhalb der volkswirtschaftlichen Sektoren aufgezeigt und auf die Theorie der öffentlichen Güter sowie auf externe Effekte und unerwünschte Markteffekte eingegangen. Am Ende wird die öffentliche Verwaltung aus betriebswirtschaftlicher Sicht charakteri- siert. Als nächstes werden die öffentlichen Aufgaben als Grundlage des Ver- waltungshandelns diskutiert. Nach einer Begriffsdefinition und Ab- grenzung werden die Grundzüge des staatlichen Funktionenplans und des kommunalen Aufgabengliederungsplans aufgezeigt, um die Zusam- menhänge zur Produktorientierung zu verdeutlichen. Zusätzlich wird eine Klassifizierung von kommunalen Aufgaben vorgenommen. Verwaltungsreformen sind danach Betrachtungsgegenstand, indem Re- formziele und Reformprojekte diskutiert und die Reformen voneinan- der unterschieden werden. Ein Ausblick, wie sich die öffentliche Verwaltung durch Digitalisierung in 10 bis 15 Jahren verändert haben wird, ist der Abschluss des Kapitels. Im Kapitel 2 werden die Strukturen der öffentlichen Verwaltung darge- stellt: Am Anfang des Kapitels werden detailliert die originären Verwaltungs- träger benannt. Dabei wird der Verwaltungsaufbau von Bund, Ländern und Kommunen beschrieben. Wichtige Begriffe, wie (De)Zentralisa- 1 tion und (De)Konzentration, Aufgabenträgerschaft und -verantwortung sowie Rekommunalisierung als Gegenbewegung, leiten zu den ver- selbstständigten Organisationseinheiten und ihren Merkmalen über. Mit Fokus auf die Leitungsgremien und -organe werden zum einen die öffentlich-rechtlichen Formen der Staatsebene und kommunalen Ebene diskutiert sowie zum anderen die privatrechtlichen Formen auf Eig- nung für den öffentlichen Sektor hin analysiert. Auf Regionalverbände und die öffentliche Verwaltung im internationa- len Bereich wird kurz eingegangen, um auch hier die Komplexität von Verwaltungsstrukturen darzulegen. Bei den derivativen Verwaltungsträgern werden die Merkmale charakte- risiert und die einzelnen Formen typisiert. Gründe der Verselbstständigung von öffentlichen Verwaltungseinheiten runden das Kapitel ab. Kapitel 3 setzt sich mit den Determinanten der öffentlichen Verwaltung auseinander: Das Kapitel hat einen öffentlich-betriebswirtschaftlichen Schwerpunkt, indem zu Beginn die einzelnen Formen der Wirtschaftlichkeit, Spar- samkeit, Produktivität und Rentabilität betrachtet werden. Darauf auf- bauend wird anhand von Beispielen der Leverage-Effekt erklärt und in seinen Chancen und Risiken bewertet. Als nächstes wird Effektivität von Effizienz abgegrenzt und es werden verschiedene E-Konzepte diskutiert. Abschließend wird zum einen das Systemmodell des Public Managements und zum anderen das Modell der KGSt vorgestellt. Abgeschlossen wird das Kapitel, indem Ziele, Zielbeziehungen und die Notwendigkeit der Systemorientierung erklärt werden und auf die Ziel- bildung im politisch-administrativen System eingegangen wird. Perfor- mance-Indikatoren und Vergleichsmaßstäbe werden am Ende des Kapi- tels definiert. Am Ende des gesamten Lehrbuchs steht ein kurzes Fazit, in dem aufgezeigt wird, warum es für komplexe Herausforderungen in der öffentlichen Ver- waltung keine einfachen Lösungen gibt. 2 1. Grundlagen der öffentlichen Verwaltung 1.1 Einführung 1.1.1 Begriff Begriffserklärungen, welche die Vielgestaltigkeit der öffentlichen Verwal- tung vollständig zu erfassen vermögen, liegen bislang nicht vor. Nach Blick- winkel und Erkenntnisinteressen werden stets nur bestimmte Dimensionen dieses Begriffs abgebildet. Insbesondere die Rechtswissenschaft hat sich auf- grund ihrer fachlichen Nähe zur öffentlichen Verwaltung mit Hilfe verwal- tungsrechtlicher Literatur um eine Definition bemüht. So unterscheidet Stober mit Blick auf die vielseitigen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung zwischen einem materiellen, organisatorischen und formellen Verwaltungsbegriff (vgl. Wolff, H. J., Bachof, O., Stober, R. und Kluth, W.: Verwaltungsrecht, S. 43 ff., § 3). Der materielle Verwaltungsbegriff umfasst „[…] eine mannigfaltige, d. h. zeitlich andauernde Besorgung mehrerer Angelegenheiten, und dass der Verwaltende (wie der Waltende) selbst handelnd beteiligt ist und nicht wie ein Richter als Unbeteiligter lediglich urteilt.“ (Wolff, H. J., Bachof, O., Stober, R. und Kluth, W.: Verwaltungsrecht, S. 45, § 3, 9). Als Definitions- kriterium beinhaltet der materielle Verwaltungsbegriff den spezifischen In- halt des öffentlichen Verwaltens. Materiell gesehen bedeutet inhaltliche Verwaltung die „eigentliche“ Verwaltungstätigkeit, d. h. alles außer dem, was Rechtsprechung i. e. S. nicht ist, bzw. dem, was weder Gesetzgebung oder Rechtsprechung, noch Regierungstätigkeit und militärische Verteidi- gung i. w. S. umfassen. Hier besteht die Problematik einer positiven Um- schreibung. Der organisatorische Verwaltungsbegriff umfasst „[…] die Gesamt- heit derjenigen Glieder und Organe der Europäischen Union sowie der inneren staatlichen Organisation, die in der Hauptsache zur öffentlichen Verwaltung im materiellen Sinne bestellt sind. Die Glieder und Organe 3 Grundlagen der öffentlichen Verwaltung [der EU] unterscheiden sich von den Organen der Gesetzgebung, der Regie- rung und der Rechtsprechung [der Bundesrepublik Deutschland], die aller- dings auch je ihre (öffentliche) Verwaltung haben“ (Wolff, H. J., Bachof, O., Stober, R. und Kluth, W.: Verwaltungsrecht, S. 49, § 3, 22). Der organisatori- sche Verwaltungsbegriff beinhaltet diese drei Organe nicht, da er lediglich die ihnen zugeordneten Verwaltungen mit einbezieht. Das heißt, dass die Organe der Gesetzgebung (Bundestag, Landtage) ihre Bundestags- bzw. Landtagsverwaltung haben, die Organe der Regierung (Bundesregierung, Landesregierung) ihre Bundesministerien bzw. Landesministerien und die Organe der Rechtsprechung ihre jeweiligen Justizverwaltungen. Der jewei- lige Verwaltungsapparat der drei genannten Organe ist also im organisatori- schen Verwaltungsbegriff enthalten. Ebenso die übrigen Verwaltungsorgane, wie z. B. der Hauptverwaltungsbeamte oder die Vertretung bzw. der Rat. In diesem Fall werden als Definitionskriterium die Subjekte („Wer“) öffentli- chen Verwaltens herangezogen. Also impliziert dieser Verwaltungsbegriff die Gesamtheit der Verwaltungsträger, der Verwaltungsorgane und sonstigen Verwaltungseinrichtungen, mit anderen Worten, die „Verwaltungsorganisa- tion“ als Gesamtheit. Der formelle Verwaltungsbegriff umfasst „[…] jene Tätigkeit, die von den in der Hauptsache zur Verwaltung im materiellen Sinne berufenen Organen eines Gemeinwesens wahrgenommen wird. Das gilt unabhängig davon, ob sie materiell verwaltend, regierend, gesetzgebend oder auch rechtsprechend ist“ (Wolff, H. J., Bachof, O., Stober, R. und Kluth, W.: Ver- waltungsrecht, S. 49, § 3, 23). Formell gesehen beinhaltet dieser Verwal- tungsbegriff die gesamte von den Verwaltungsbehörden (im organisatori- schen Sinn) ausgeübte Tätigkeit, ohne Rücksicht auf ihren materiellen Gehalt. Der formelle Verwaltungsbegriff ist damit inhaltlich weiter gefasst als der materielle Begriff, denn im materiellen Verwaltungsbegriff i. e. S. ist die Rechtsprechung nicht enthalten und der materielle Verwaltungsbegriff i. w. S. umfasst weder Gesetzgebung, Rechtsprechung, Regierungstätigkeit noch militärische Verteidigung. Der formelle Verwaltungsbegriff ist auch weiter als der organisatorische Begriff gefasst, denn dieser umfasst die drei Gewalten als Organ nicht. Die öffentliche Verwaltung soll nicht als abstraktes Verwaltungsgebilde dar- gestellt werden, sondern in Form ihrer realen Erscheinungsformen in Wirt- schaft und Verwaltung. Diese sind wiederum gegliedert in Organisations- einheiten, die mit sachlichen und personellen Ressourcen ausgestattet sind. Dazu wird im nächsten Abschnitt die öffentliche Verwaltung anhand ihrer Stellung und ihrer Abgrenzung im System der staatlichen Grundfunktio- nen bestimmt. Anschließend wird die Rolle der öffentlichen Verwaltung unter dem Aspekt der Eingliederung in den volkswirtschaftlichen Sektor thematisiert. Zum Abschluss werden die einzelnen Organisationseinheiten 4 Öffentliche Verwaltung im System der staatlichen Grundfunktionen der öffentlichen Verwaltung aus mikroökonomischer Sicht betrachtet, d. h. als ein System von Betrieben im betriebswirtschaftlichen Sinne. 1.1.2 Öffentliche Verwaltung im System der staatlichen Grundfunktionen Zur Wahrnehmung der staatlichen Grundfunktionen bzw. der Staatsgewal- ten Legislative, Exekutive und Judikative sind im Staatswesen der Bundesre- publik Deutschland komplexe organisatorische Gebilde personeller und sächlicher Mittel geschaffen worden. Im Bereich der Legislative sind dies die Parlamente (Bundestag, Bun- desrat und Landtage) mit den Ausschüssen und sonstigen politischen Gre- mien (Arbeitskreise, Fraktionen, Delegationen etc.). Ihre primäre Aufgabe ist die Gesetzgebung und darüber hinaus die Wahrnehmung weiterer wich- tiger Funktionen wie die Wahl des Regierungschefs, die Kontrolle der Exe- kutive sowie grundlegende Entscheidungen, z. B. über Auslandseinsätze der Bundeswehr durch den Bundestag. Zur Exekutive – der vollziehenden Gewalt – gehören die Bundesregierung und die Landesregierungen (d. h. die Guberna- tive) sowie die Dienststellen, Behörden und Einrichtungen der öffentlichen Verwal- tung (d. h. die Administrative) einschließlich der untersten Ebene der öffentlichen Verwaltung, den Kommunen mit ihren Kommunalverwal- tungen und ihren politischen Vertretungskörperschaften (Vertretung, Gemeinderat, Stadtrat, Stadtverordnetenversammlung etc.). Sowohl die Gubernative als auch die Administrative sind als Exekutive in ihrem operativen und dispositiven Handeln kooperativ miteinander ver- bunden, sodass von einer strukturellen und prozessualen Einheit gespro- chen werden kann. Diese Einheit wird begrifflich als „politisch-administra- tives System“ bezeichnet. Das exekutive System besteht somit aus einem zweistufigen Staatsauf- bau (Bund und Länder) sowie einem dreistufigen Verwaltungsaufbau (Bun- des-, Landes- und Kommunalverwaltung). Zur Judikative – der Rechtsprechung – gehören neben der für Zivil- und Strafsachen zuständigen Ordentlichen Gerichtsbarkeit: den Amtsgerichten, den Landgerichten und den Oberlandesgerichten auch die vier sogenannten Fachgerichtsbarkeiten: die Arbeitsgerichtsbarkeit, die Finanzgerichtsbarkeit, die Sozialgerichtsbarkeit und die Verwaltungsgerichtsbarkeit. 5 Grundlagen der öffentlichen Verwaltung Hinzu kommen die obersten Bundesgerichte: das Bundesverfassungsgericht, der Bundesgerichtshof, das Bundesarbeitsgericht, das Bundesverwaltungsgericht, das Bundessozialgericht und der Bundesfinanzhof. Der Schwerpunkt der öffentlichen Verwaltung liegt zwar auf der Exekutive, aber auch die Legislative und Judikative werden, z. T. mit erheblichen per- sonellen und sächlichen Ressourcen, gesteuert. Dies geschieht im Bereich der Legislative durch die Parlamentsverwal- tungen und bei der Judikative durch die Gerichtsverwaltungen, den Justizvollzug sowie insbesondere den ministeriellen Bereich der Justiz. Diese „Einbindung“ der Gerichtsbarkeit in die exekutiven Strukturen ist jedoch umstritten. So werden beispielsweise vom Justizminister initiierte, betriebswirtschaftlich ausgerichtete Reformmaßnahmen, die zu mehr Effi- zienz und Effektivität im Gerichtswesen beitragen sollen, von der Richter- schaft mit Verweis auf die in Art. 97 GG festgeschriebene richterliche Unab- hängigkeit weitgehend abgelehnt, zumindest aber mit Skepsis betrachtet. Die Ausübung der Dienstaufsicht durch den Justizminister und das Recht des Fachministers, den jährlichen Justizhaushalt aufzustellen und ins Parla- ment einzubringen, werden von der Richterschaft auch sehr kritisch ge- sehen. 1.1.3 Öffentliche Verwaltung aus volkswirtschaftlicher Sicht 1.1.3.1 Volkswirtschaftliche Sektoren Im volkswirtschaftlichen Rechnungswesen wird das ökonomische Gesche- hen eines Staats periodenbezogen dargestellt. Dies geschieht in aggregierter Form, indem alle wirtschaftenden Organisationseinheiten zu Sektoren zu- sammengefasst werden: Unternehmen, öffentlicher Sektor/Staat, private Organisationen ohne Erwerbscharakter und private Haushalte. In diesem System ist die öffentliche Verwaltung Bestandteil des öffentli- chen Sektors und gleichermaßen – wie die Wirtschaftseinheiten der ande- ren Sektoren – am Wirtschaftsleben beteiligt. Sie fragt Güter (Sachgüter und Dienstleistungen) für ihre Leistungserstellung nach, produziert Güter (Sachgüter und Dienstleistungen) für den individuellen und kollektiven Bedarf und entzieht den Wirtschaftssubjekten finanzielle Mittel in Form von Steuern und speziellen Leistungsentgelten. Die Tätigkeit dieses Sektors 6 Öffentliche Verwaltung aus volkswirtschaftlicher Sicht dient damit der Befriedigung fremder Bedürfnisse ebenso wie die der Un- ternehmen und der privaten Organisationen ohne Erwerbscharakter. Die privaten Haushalte dienen definitionsgemäß ausschließlich der De- ckung des eigenen Bedarfs. Sie werden im Folgenden nicht näher be- trachtet. Ein wesentliches Kriterium für eine Abgrenzung und Unterscheidung der Sektoren mit Fremdbedarfsdeckung sind die Oberziele, die sie mit ihrer Leistungserstellung und -abgabe verfolgen und dabei insbesondere die Art ihrer Zielgrößen (siehe nachfolgende Abbildung). Wirtschaftssektoren mit Fremdbedarfsdeckung öffentlicher Sektor private Organisationen Unternehmen ohne Erwerbscharakter ohne Erwerbscharakter öffentliche Erwerbswirtschaft Wirtschaft Ziele: Ziele: ausschließlich Ziele: Ziele: gesellschaftliche ökonomische Gemeinwohl/ ausschließlich (öffentlicher Zweck) Zielgrößen, höchstens gesellschaftliche und ökonomische insbesondere Kostendeckung Zielgrößen Zielgrößen Gewinn Abb. 1: Wirtschaftssektoren (eigene Abb. 2024) 1.1.3.1.1 Unternehmen 1.1.3.1.1.1 Erwerbswirtschaft Die Erwerbswirtschaft ist der erste Teilsektor der Unternehmen: Zu diesem Teilbereich innerhalb des Unternehmenssektors gehören alle Unternehmen bzw. Betriebe, die ausschließlich ökonomische Zielgrö- ßen verfolgen (Gewinn, Umsatz, Marktanteile etc.), wobei die Gewinn- erzielung die dominierende Stellung einnimmt. Diese Betriebe befin- den sich vollständig oder mehrheitlich in privater Hand und dienen primär dem Einkommenserwerb ihrer Eigentümer, weswegen sie als Erwerbswirtschaft bezeichnet werden. Dazu gehören die Unternehmen im Bereich der Automobilbranche (auch der Volkswagen Konzern, ob- wohl das Land Niedersachsen 20 % der Kapitalanteile hält), die privaten Großbanken, der Maschinenbau, die chemische und pharmazeutische Industrie etc. Außerdem gehören hierzu nicht nur die Großunterneh- 7 Grundlagen der öffentlichen Verwaltung men, sondern auch der Mittelstand bis hin zu den kleineren Hand- werksbetrieben. Zum erwerbswirtschaftlichen Sektor werden auch genossenschaftliche Betriebe wie zum Beispiel Einkaufs- und Absatzgenossenschaften, Ge- nossenschaftsbanken etc. gezählt. Diese Genossenschaften sollen nicht nur selbst Gewinne erzielen, sondern ebenso ihre Mitglieder bei deren Einkommenserwerb unterstützen, indem sie Leistungen für ihre Mit- glieder zu kostengünstigen Bedingungen bereitstellen. 1.1.3.1.1.2 Öffentliche Wirtschaft Die Öffentliche Wirtschaft ist der zweite Teilsektor der Unternehmen: Dieser Teilsektor umfasst alle Unternehmen bzw. Betriebe, die – so wie es im kommunalen Bereich bezeichnet wird – zur wirtschaftlichen Betä- tigung gehören. Charakteristisch für diese Art der Betätigung ist ein dualistisches Zielsystem. An erster Stelle haben sie einem öffentlichen Zweck bzw. Auftrag zu dienen. Soweit es die Zweckerfüllung zulässt, ist das nachgeordnete Ziel eine angemessene Gewinnerwirtschaftung. So heißt es in § 149 I NKomVG (gleichlautende Vorschriften sind auch in den Gemeindeordnungen und Kommunalverfassungen der übrigen Bundesländer vorhanden): „Unternehmen sollen einen Ertrag für den Haushalt der Kommunen erwirtschaften, soweit dies mit ihrer Aufgabe der Erfüllung des öffentlichen Zwecks in Einklang zu bringen ist.“ Solche Vorschriften – vergleichbar mit denen in Nds. –, welche die wirt- schaftliche Betätigung mit einer Gewinnerzielung verknüpfen, finden sich auch in folgenden Bundesländern: – Bayern: Art. 95 I GO Bayern (gemeindliche Unternehmen sind un- ter Beachtung betriebswirtschaftlicher Grundsätze zu führen), – Baden-Württemberg: § 102 III GO Baden-Württemberg (Ertrag für den Haushalt), – Brandenburg: § 91 I BbgKVerf (Absicht der Gewinnerzielung), – Hessen: § 121 VIII HGO (Überschuss für den Haushalt), – Mecklenburg-Vorpommern: § 75 I GO Mecklenburg-Vorpommern (Ertrag für den Haushalt), – Nordrhein-Westfalen: § 109 I GO Nordrhein-Westfalen (Ertrag für den Haushalt), – Rheinland-Pfalz: § 85 III GemO Rheinland-Pfalz (Überschuss für den Haushalt), – Saarland: § 116 I KSVG Saarland (Ertrag für den Haushalt), – Sachsen: § 94a IV SächsGemO (Ertrag für den Haushalt), – Sachsen-Anhalt: § 116 GO LSA (Gewinnerzielung) – Schleswig-Holstein: § 107 GO Schleswig-Holstein (marktübliche Verzinsung des Eigenkapitals) und 8 Öffentliche Verwaltung aus volkswirtschaftlicher Sicht – Thüringen: § 75 I, II ThürKO (Ertrag für den Haushalt – marktübli- che Verzinsung des Eigenkapitals mit zusätzlicher Rücklagenbil- dung). Nicht berücksichtigt sind die Verfassungen der Stadtstaaten Berlin, Bre- men und Hamburg. Eine Definition zur Höhe des angemessenen Gewinns bzw. des Ertrags für den Haushalt der Kommune enthält § 149 II NKomVG: „Die Erträge jedes Unternehmens sollen mindestens alle Aufwendungen einschließ- lich der marktüblichen Verzinsung des Eigenkapitals decken und Zu- führungen zum Eigenkapital (Rücklagen) ermöglichen, die zur Erhal- tung des Vermögens des Unternehmens sowie zu seiner technischen und wirtschaftlichen Fortentwicklung notwendig sind. Zu den Aufwen- dungen gehören auch 1. angemessene Abschreibungen, 2. die Steuern, 3. die Konzessionsabgabe, 4. die Zinsen für die zu Zwecken des Unternehmens aufgenommenen Schulden, 5. die marktübliche Verzinsung der von der Kommune zur Verfügung gestellten Betriebsmittel sowie 6. die angemessene Vergütung der Leistungen und Lieferungen von Unternehmen und Verwaltungszweigen der Kommune für das Un- ternehmen.“ Die Zuordnung der kommunalen Aufgaben zu den Kategorien der wirtschaftlichen und nicht-wirtschaftlichen Betätigung ist in den einzel- nen Bundesländern z. T. unterschiedlich geregelt. So gilt in Rheinland- Pfalz – im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern – die Einschrän- kung, dass nur Gewinne erwirtschaftet werden dürfen, wenn es sich bei der der wirtschaftlichen Betätigung zugrunde liegenden Aufgabe nicht um eine Pflichtaufgabe handelt. Da die Wasserversorgung in diesem Bundesland zu den gemeindlichen Pflichtaufgaben gehört, entfällt die Möglichkeit der Gewinnerzielung für diese Aufgabe. Für die Wasserver- sorgung gilt das Kostendeckungsprinzip des kommunalen Abgaben- rechts. Damit ist diese Regelung für die Einwohner und Unternehmen von Rheinland-Pfalz ein ökonomischer Vorteil, für die Kommunen hin- gegen ein wirtschaftlicher Nachteil, da dadurch keine angemessenen Gewinne durch die Wasserversorgung zur Refinanzierung des Haus- halts realisiert werden dürfen. Die Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Betätigung sind eng ge- fasst. So heißt es zum Beispiel im Kommunalrecht des Landes Nieder- sachsen (§ 136 I NKomVG): „Die Kommunen dürfen sich zur Erledigung ihrer Angelegenheiten wirtschaftlich betätigen. Sie dürfen Unternehmen nur errichten, über- nehmen oder wesentlich erweitern, wenn und soweit 9 Grundlagen der öffentlichen Verwaltung 1. der öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertigt, 2. die Unternehmen nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu a) der Leistungsfähigkeit der Kommunen und b) zum voraussichtlichen Bedarf stehen und 3. der öffentliche Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch ei- nen privaten Dritten erfüllt wird oder erfüllt werden kann. Satz 2 Nr. 3 gilt nicht für die wirtschaftliche Betätigung zum Zweck der Energieversorgung, der Wasserversorgung, des öffentlichen Personen- nahverkehrs sowie der Einrichtung und des Betriebs von Telekommuni- kationsnetzen einschließlich des Erbringens von Telekommunikations- dienstleistungen insbesondere für Breitbandtelekommunikation. Betätigungen nach Satz 3 sind durch einen öffentlichen Zweck gerecht- fertigt. Zur Erfüllung des öffentlichen Zwecks nach Satz 2 Nr. 1 darf die Kommune Betätigungen nach Satz 3 auf Gebiete anderer Kommunen erstrecken, wenn deren berechtigte Interessen gewahrt sind; Betätigun- gen zum Zweck der Wasserversorgung bedürfen des Einvernehmens der betroffenen Kommune. Bei gesetzlich liberalisierten Betätigungen gel- ten nur die Interessen als berechtigt, die nach den maßgeblichen Vor- schriften eine Einschränkung des Wettbewerbs zulassen. Wirtschaftliche Betätigungen der Kommune zur Erzeugung von Strom aus erneuerba- ren Energien zu dem in § 1 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes genann- ten Zweck sind abweichend von den Sätzen 1 bis 4 auch zulässig, wenn nur die Voraussetzungen des Satzes 2 Nr. 2 Buchst. a vorliegen. Für Be- tätigungen nach Satz 7 gelten die Sätze 5 und 6 entsprechend. Die Beschränkung nach Satz 2 Nr. 3 dient auch dem Schutz privater Dritter, die sich entsprechend wirtschaftlich betätigen oder betätigen wollen.“ Zusätzlich ist das Klagerecht für Private gegen die wirtschaftli- che Betätigung der Kommune abgeschafft worden (vgl. o. V.: Wirtschaft- liche Betätigung, S. 1). Damit hat die Landesregierung von Niedersachsen 2016 eine Neufas- sung von § 136 NKomVG in der Form vorgenommen, wie diese Norm bereits bis 2004 inhaltlich formuliert war, sodass die Gründung oder Übernahme eines wirtschaftlichen Unternehmens nur verboten wird, wenn ein Privater die mit der Unternehmenserrichtung verfolgte öffent- liche Aufgabe besser und wirtschaftlicher als ein kommunaler Träger erfüllen kann. Außerdem wurde die Versorgung mit Breitbandtelekommunikation als wirtschaftliche Betätigung erlaubt und eine Lockerung des Örtlichkeits- prinzips in der Energie- und Wasserversorgung, des ÖPNV und der Telekommunikation vorgenommen, wenn berechtigte Interessen ande- rer Kommunen gewahrt bleiben (vgl. Mohl, A.: Kabinettsbeschluss, o. S.). 10 Öffentliche Verwaltung aus volkswirtschaftlicher Sicht Kommunale Unternehmen müssen also nicht mehr besser und wirt- schaftlicher als private Unternehmen sein. Gleich gut zu sein, ist mit der Gesetzesänderung wieder ausreichend, um wirtschaftlicher Betätigung nachgehen zu dürfen. Diese Gesetzesänderung ist bei den Industrie- und Handwerkskammern sowie beim Steuerzahlerbund Niedersachsen nicht unumstritten, wird dagegen aber von den kommunalen Spitzen- verbänden Niedersachsens begrüßt (vgl. o. V.: Kammern, S. 1; o. V.: Kommunale Pleiten, S. 1). Welche öffentlichen Aufgaben zur wirtschaftlichen Betätigung gehören, ist in den Gemeindeordnungen/Kommunalverfassungen der Länder nicht explizit aufgeführt. Stattdessen findet sich dort eine Negativab- grenzung. So sind in § 136 III NKomVG alle Aufgaben genannt, die nicht zur wirtschaftlichen Betätigung gehören und somit nicht mit der Absicht einer angemessenen Gewinnerzielung erbracht werden dürfen. Dazu gehören z. B. – „Einrichtungen, zu denen die Kommune gesetzlich verpflichtet ist, – Einrichtungen des Unterrichts-, Erziehungs- und Bildungswesens, des Sports und der Erholung, des Gesundheits- und Sozialwesens, des Umweltschutzes sowie solche ähnlicher Art und – Einrichtungen, die als Hilfsbetriebe ausschließlich der Deckung des Eigenbedarfes der Kommune dienen.“ Wie aus der obigen Abgrenzung der wirtschaftlichen Betätigung ersicht- lich ist, gehört im kommunalen Bereich die Entsorgung zur nicht-wirt- schaftlichen Betätigung, dagegen stellt die Versorgung eine wirtschaftli- che Betätigung dar. Beispiele für Unternehmen bzw. Betriebe der öffentlichen Wirtschaft, im Folgenden als öffentliche Betriebe bezeichnet, sind im kommunalen und staatlichen Bereich: – Versorgungsunternehmen (Gas, Strom, Wasser, ÖPNV), die als Stadtwerke der Daseinsvorsorge dienen, – das öffentlich-rechtliche Kreditgewerbe (kommunale Sparkassen, Landesbanken, Spezialbanken auf Bundesebene wie z. B. die Kredit- anstalt für Wiederaufbau), – staatliche Lotto- und Toto-Gesellschaften etc. Diese öffentlichen Betriebe werden als Eigengesellschaften bezeichnet, sofern sie als Kapitalgesellschaft (AG, GmbH) geführt werden und sich das Kapital zu 100 % in der Hand eines öffentlichen Trägers befindet. Hier wird auch von einer Privatisierung im formellen Sinne gespro- chen. Sie stellen gemischtwirtschaftliche Betriebe dar, falls private An- teilseigner mit einer Minderheitsbeteiligung vorhanden sind, was z. T. bei Stadtwerken zutrifft. Wenn ein Privater beteiligt ist, wird dies auch eine Privatisierung im teilmateriellen Sinne genannt. 11 Grundlagen der öffentlichen Verwaltung Hervorgerufen durch die Finanznot der öffentlichen Haushalte, werden öffentliche Betriebe verstärkt von Eigengesellschaften in gemischtwirt- schaftliche Betriebe überführt oder gehen mehrheitlich bis vollständig in private Hand über (sogenannter Verkauf des „Tafelsilbers“). Die kon- troversen Diskussionen über solche Privatisierungen dauern an. Aber es gibt auch wiederum die Gegenbewegung der Privatisierung: Die Re- kommunalisierung oder Verstaatlichung von materiell (teil)privatisier- ten Ver- und Entsorgungsunternehmen (z. B. Berliner Wasserbetriebe, Thüga Holding GmbH und Co. KGaA). Die öffentliche Wirtschaft ist einem starken politischen und ökonomi- schen Druck ausgesetzt. So werden zum einen die Wettbewerbsverzer- rungen zwischen privaten und öffentlichen Anbietern kritisiert, was zu einer weitgehenden Liberalisierung der Strom- und Telekommunikati- onsmärkte durch die Erlasse der EU-Wettbewerbskommission geführt hat. Dadurch sind vornehmlich die Gebietsmonopole der Versorgungs- unternehmen entfallen. In diesen Zusammenhang gehört auch die Abschaffung der Gewährträ- gerhaftung (Vollhaftung des Landes- bzw. Kommunalhaushalts für Lan- desbanken bzw. Sparkassen) und der Anstaltslast (Pflicht der öffentli- chen Hand zur adäquaten Kapitalausstattung ihrer Bank) beim öffentlich-rechtlichen Kreditgewerbe. Von den öffentlichen Betrieben sind die sogenannten gemeinwirtschaft- lichen Betriebe abzugrenzen, die eine ähnlich gelagerte dualistische Zielsetzung verfolgen, sich aber vollständig in privater Hand befinden. Dazu gehören beispielsweise die früheren Gewerkschaftsunternehmen (Neue Heimat, Coop, Bank für Gemeinwirtschaft etc.). An die Stelle des öffentlichen Auftrags tritt die preisgünstige Bereitstellung verschie- dener Güter insbesondere für einkommensschwächere Schichten in der Arbeitnehmerschaft, so z. B. die Bereitstellung von Wohnraum, Kon- sumgütern, Finanzdienstleistungen etc. Ebenso wie bei den öffentli- chen Betrieben ist auch hier ein angemessener Gewinn zu erwirtschaf- ten. Diese Konzeption hat sich in der Praxis aus vielerlei Gründen als nicht überlebensfähig erwiesen, sodass dieser Bereich mittlerweile nur noch in rudimentären Formen existiert, z. B. gibt es im Wohnbereich viele Wohnungsbaugenossenschaften, etwa der Spar- und Bauverein eG und Heimkehr eG in Hannover und die Genossenschaftsbanken in Deutschland (z. B. Sparda-Banken). 1.1.3.1.2 Öffentlicher Sektor ohne Erwerbscharakter Der öffentliche Sektor ohne Erwerbscharakter lässt sich wie folgt charak- terisieren: Zu diesem Sektor gehören alle Organisationseinheiten, die für die Wahrnehmung der genannten staatlichen Grundfunktionen (Legisla- 12 Öffentliche Verwaltung aus volkswirtschaftlicher Sicht tive, Judikative, Exekutive) vorgehalten werden, und damit auch die ge- samte öffentliche Verwaltung als Teil der Exekutive. Das Verwaltungshandeln hat als oberstes Ziel ausschließlich für das Ge- meinwohl bzw. die allgemeine Wohlfahrt zu sorgen. Soweit ökonomi- sche Zielsetzungen verfolgt werden, geht es grundsätzlich nicht um Ge- winnerzielung, sondern um die Finanzierung der Produktion von Verwaltungsleistungen. Hier ist das gesamte Finanzierungsspektrum vorhanden: Von der Erhebung kostendeckender Leistungsentgelte bis hin zur vollständigen Finanzierung aus allgemeinen Deckungsmitteln (Steuern, allgemeine Abgaben und Zuweisungen etc.), d. h. der Bereit- stellung der Leistung zum Nulltarif: – Eine vollständige Finanzierung durch kostendeckende Leis- tungsentgelte existiert z. B. bei den kommunalen Entsorgungsbe- trieben (Abwasser-, Abfallbeseitigung etc.), aber auch bei staatlichen Verwaltungseinrichtungen (Kraftfahrtbundesamt, Staatliche Materi- alprüfungsämter etc.). – Eine Abgabe öffentlicher Leistungen zum Nulltarif wird angebo- ten. Der Nulltarif, d. h. keine Erhebung irgendwelcher Leistungsent- gelte, gilt z. B. für Schulen, Straßen, öffentliche Parks und Grünanla- gen, wobei diese vollständige Finanzierung aus allgemeinen Deckungsmitteln eine stark abnehmende Tendenz aufweist. – Zwischen kostendeckenden Leistungsentgelten und Nulltarif existiert eine Mischform, bei der die Leistungen aus beiden Berei- chen finanziert werden, wobei die Relationen zwischen Finanzie- rung aus nicht kostendeckenden Entgelten und allgemeinen De- ckungsmitteln sehr unterschiedlich sein können. Diese Art der Finanzierung gilt für Theater, Museen, öffentliche Bäder und Frei- zeiteinrichtungen etc. 1.1.3.1.3 Organisationen ohne Erwerbscharakter Der Sektor Organisationen ohne Erwerbscharakter lässt sich wie folgt beschreiben: Dies sind Einrichtungen mit ausschließlich wohltätigen und gesell- schaftlichen Zielsetzungen auf kulturellen, sozialen und ökologischen Gebieten. Ihre Hauptfinanzierungsquellen sind Mitgliedschaften und vorrangig Spenden (Fundraising). Diese Organisationen werden auch als Non-Profit-Organisationen (NPO) bezeichnet. Dazu gehören Kirchen, religiöse und weltanschau- liche Vereinigungen, karitative, kulturelle, wissenschaftliche Organisa- tionen, die überwiegend von Privathaushalten finanziert werden, und im Erziehungswesen tätige Organisationen, wie z. B. freie Wohlfahrts- pflege, politische Parteien, Gewerkschaften, Sportvereine, gesellige Vereine etc. 13 Grundlagen der öffentlichen Verwaltung 1.1.3.2 Abgrenzung von öffentlichen und privaten Aufgaben Die bereits zuvor erläuterten volkswirtschaftlichen Sektoren konzentrie- ren sich in erster Linie auf Aufgaben der Leistungserbringung mit dem Ziel der Realisierung ihrer Oberziele. Besonders bedeutsam sind vor allem solche Aufgaben, die innerhalb des öffentlichen Sektors erfüllt werden und somit dem Aufgabenkomplex der öffentlichen Verwaltung angehören. Auf welche der Aufgaben das zutrifft, gilt es herauszufinden, sodass sich die Frage stellt: Inwiefern können die unterschiedlichen Aufgaben aus dem Gesamtbestand ihren Arten nach als öffentliche Aufgaben bezeich- net werden? Für die Beantwortung ist es notwendig, dass Merkmale und Kriterien zur Abgrenzung der öffentlichen Aufgaben von den übrigen Auf- gaben festgelegt werden: Ein Merkmalskriterium ist das der Lebensnotwendigkeit. Dieses Krite- rium besagt, dass lebensnotwendige Aufgaben dem öffentlichen Sektor zugeordnet werden, während nicht lebensnotwendige den übrigen Sek- toren zukommen, insbesondere den privat- bzw. erwerbswirtschaftli- chen Institutionen und Unternehmen, den Privathaushalten oder auch den Organisationen ohne irgendeinen Erwerbscharakter. Realistisch ge- sehen ist es jedoch unmöglich, dieses Kriterium klar und eindeutig ab- zugrenzen. Gewiss obliegen die lebensnotwendigen Aufgaben, wie bei- spielsweise Entsorgungsdienstleistungen, Schulbildung oder die Gewährleistung der Sicherheit, einerseits dem öffentlichen Sektor. An- dererseits fallen Aufgaben, die gleichermaßen lebensnotwendig sind, wie etwa die Lebensmittelerzeugung und -versorgung, die Finanzwirt- schaft oder der Zahlungsverkehr, in die Zuständigkeitsbereiche voll- ständig oder weitestgehend privatwirtschaftlich handelnder Unterneh- men. Eine Eindeutigkeit und Ausschließlichkeit der Zuordnung kann jedoch auch so nicht gewährleistet werden, da zum Teil auch private Dienstleistungsbetriebe mit Entsorgungsmaßnahmen oder auch Sicher- heitsdienstleistungen betraut werden. Ein zweites – eher theoretisch ausgerichtetes – Merkmalskriterium der Abgrenzung liegt der Theorie des Marktversagens zugrunde und ist aus der Finanzwissenschaft hervorgegangen. Diesem Ansatz zufolge sind Eingriffe des Staats in denjenigen Bereichen notwendig, die einem Versagen des Markts unterliegen. Mit anderen Worten bedeutet dies, dass der Marktmechanismus in diesem Fall keine zufriedenstellenden Ergebnisse erbringt. Das ist in den Fällen naheliegend, – falls öffentliche Güter produziert werden, – falls in beträchtlichem Umfang externe Effekte entstehen und/oder – falls verzerrte Präferenzen und/oder unerwünschte Marktergeb- nisse vorliegen. Für öffentliche Güter sind der nicht rivalisierende Konsum sowie das fehlende Ausschlussprinzip bzw. die Optionslosigkeit, jemanden am 14 Öffentliche Verwaltung aus volkswirtschaftlicher Sicht Konsum nicht teilhaben zu lassen, kennzeichnend. Es betrifft u. a. die Leistungen im Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, Küs- tenschutzmaßnahmen oder die Verteidigung der Landesgrenzen, da diese Art von Leistungsproduktion jeder natürlichen und juristischen Person unweigerlich zugutekommt. Natürliche und juristische Perso- nen können aus solchen Produkten und Dienstleistungen einen Nutzen ziehen, unabhängig davon, ob sie dafür eine Gegenleistung erbringen oder nicht. Bei einem externen Effekt handelt es sich um die positive oder negative Auswirkung von Konsumenten- und Produktionsverhalten, bei dem die Beziehung zwischen Produzent bzw. Verursacher und Konsument bzw. Leidtragendem nicht über den Markt bzw. den Preis zustande kommt, d. h. eine eventuelle „Schieflage“ spiegelt sich nicht am Markt wider und kann infolgedessen auch nicht durch ihn ausgeglichen werden. Das gilt beispielsweise für die Minimierung der Seuchengefahr durch die kommunale Abwasserbeseitigung und Entsorgung. Von verzerrten Präferenzen ist die Rede, wenn Individuen als Konsu- menten den „wahren“ Nutzen eines Guts nicht wertschätzen können, sodass der eigentliche „Wert“ dieses Produkts in besonderer Weise ver- mittelt und gefördert werden muss. Davon betroffen ist u. a. der Besuch der Kindertagesstätte, die allgemeine Schulpflicht bis zu einem be- stimmten Lebensalter oder die Anwesenheitspflicht bei bestimmten Lehrveranstaltungen in der Hochschule. 1.1.3.2.1 Theorie der öffentlichen Güter Die Theorie der öffentlichen Güter konzentriert sich auf eine effiziente Ressourcenallokation im öffentlichen Sektor. Ihre Denkansätze sind für den öffentlichen Sektor so maßgeblich und zentral, wie die der Haushalts- und Produktionstheorie für den privaten Sektor (vgl. Musgrave, R. A., Mus- grave, P. B. und Kullmer, L. L.: Finanzen, S. 60): Letztere befasst sich mit der Erläuterung der Begrifflichkeiten von Allo- kation, Produktion und Distribution privater Güter. Allokation und Dis- tribution erfolgen über den Markt; produziert wird für den Markt. Private Güter sind zum einen gekennzeichnet durch die Wirksamkeit des Aus- schlussprinzips und zum anderen durch die Rivalität des Konsums: Die Wirksamkeit des Ausschlussprinzips besagt, dass ein Wirtschafts- subjekt A nur seinem Konsumwunsch nachgehen kann, wenn es bereit ist, einen Preis dafür zu bezahlen, während das Wirtschaftssubjekt B vom Konsum ausgeschlossen wird, weil es nicht zahlungswillig ist. Die Rivalität des Konsums bedeutet, dass nur A einen positiven und/ oder negativen Nutzen vollständig erhält, der aus dem Verbrauch oder auch Gebrauch des von ihm selbst, d. h. von A erworbenen Guts ent- steht, mit der Konsequenz, dass eine Internalisierung des Nutzens statt- findet. Weder profitiert B, noch wird ihm geschadet. 15 Grundlagen der öffentlichen Verwaltung Aus diesen Überlegungen heraus entsteht Folgendes: Die Nachfrager zah- len für jede Einheit des Guts den gleichen Preis, konsumieren jedoch in unterschiedlichen Mengen. Die bestmögliche Effizienz als optimale Marktlösung wird erreicht, wenn für jeden Konsumenten die Grenzkosten dem Grenznutzen entsprechen, was so viel bedeutet wie, dass jeder Konsu- ment sich folglich im Verbrauchsoptimum befindet (vgl. Hoyer, W. und Rettig, R.: Grundlagen, S. 43 ff.; Varian, H. R.: Mikroökonomie, S. 12 ff.; Sohmen, E.: Allokationstheorie, S. 73 f.). Ein Versagen des Marktmechanismus’ und somit des „Markts“ ist gege- ben, sofern auch nur eines der genannten Kriterien nicht gegeben ist: Wenn ein Konsument nicht ausgeschlossen werden kann, hat dies zur Folge, dass dieser das Gut ohne zu zahlen nutzt. Daher sind die Nach- frager ggf. nicht bereit, ihre (wahren) Präferenzen offen zu legen, weil sie bei einer großen Anzahl potenzieller Nutznießer nur einen gerin- gen Einfluss auf die bereitgestellte Menge haben. Eine Beteiligung an der Finanzierung durch die Nachfrager ist aus diesem Grund nicht ge- geben, weshalb eine effektive Nachfrage für das Gut nicht realisiert wird. Von einer Nicht-Rivalität des Konsums ist die Rede, wenn allen Kon- sumwilligen im Rahmen der Kapazitätsgrenze die gleichen Nutzungs- möglichkeiten ohne gegenseitige Behinderung zukommen. Da der Nut- zen nicht internalisiert wird, ist keine Zahlungsbereitschaft seitens der Nachfrager vorhanden. Weil die Grenzkosten innerhalb der Kapazitäts- grenze gleich Null sind, ist auch der Preis des Guts mit Null angesetzt. Ein häufiges Beispiel aus der Fachliteratur ist das der Brücke (vgl. Musgrave, R. A., Musgrave, P. B. und Kullmer, L. L.: Finanzen, S. 62). Nutzer A beeinträchtigt den Nutzer B solange nicht, wie die Brücke nicht überfüllt ist. Der Ausschluss eines Nutzers wäre ökonomisch nicht sinnvoll, obwohl er rein technisch möglich ist. Wenn weder das Ausschlussprinzip noch die Rivalität des Konsums zutref- fen, handelt es sich um rein öffentliche Güter. Die volkswirtschaftliche Theorie spricht von einer optimalen Versorgung mit öffentlichen Gütern, wenn die Summe der Grenznutzen und die Summe der Grenzkosten iden- tisch ist. Sowohl die sogenannten idealtypisch privaten als auch die idealty- pisch öffentlichen Güter können als theoretische Grenzfälle angesehen werden. In der Realität existieren normalerweise Mischgüter mit vornehm- lich privaten oder öffentlichen Merkmalen (Wittmann, W.: Öffentliche Fi- nanzen, S. 17). Für Mischgüter mit mehrheitlich öffentlichen Merkmalen ist außerdem die Zahl der potenziellen Nutzer von entscheidender Bedeu- tung. Meist handelt es sich dabei um lokale öffentliche Güter wie Park- und Grünanlagen oder Schwimmbäder. Die Bedingungen für ein Opti- mum, die für rein öffentliche Güter gelten, sind auch für lokale öffentliche Güter von Relevanz. 16 Öffentliche Verwaltung aus volkswirtschaftlicher Sicht Die nachfolgende Abb. verdeutlicht das zuvor diskutierte Güterspektrum: idealtypisch öffentliche Güter P E C C max Q B D Grad der B max Nichtausschließ- barkeit R Gruppengröße A A max Grad der Nichtrivalität 0 idealtypisch private Güter Abb. 2: Güterspektrum (vgl. Brümmerhoff, D.: Finanzwissenschaft, S. 112; Loehr, W. und Sandler, T.: Public Goods, S. 17) Folgende Buchstaben in der Abb. verdeutlichen das Güterspektrum bei- spielsweise wie folgt: P Nichtrivalität Max. Nichtausschließbarkeit Max. Gruppengröße Max. = idealtypisch öffentliche Güter 0 Nichtrivalität Min. Nichtausschließbarkeit Min. Gruppengröße Min. = idealtypisch private Güter A Nichtrivalität Max. Nichtausschließbarkeit Min. Gruppengröße Min. B Nichtrivalität Min. Nichtausschließbarkeit Min. Gruppengröße Max. C Nichtrivalität Min. Nichtausschließbarkeit Max. Gruppengröße Min. D Nichtrivalität Max. Nichtausschließbarkeit Min. Gruppengröße Max. E Nichtrivalität Min. Nichtausschließbarkeit Max. Gruppengröße Max. R Nichtrivalität beliebiger Wert. Nichtausschließbarkeit Min. Gruppengröße beliebiger Wert Nach dem Konzept der öffentlichen Güter ist bei Marktversagen durch die Nichtanwendbarkeit des Ausschlussprinzips und der Nicht-Rivalität des Konsums staatliches Handeln gefordert. Um optimale Lösungsansätze zu finden und umsetzen zu können, ist es für die öffentliche Verwaltung unabdingbar, die wahren Vorlieben der Bürger zu ergründen. Sofern diese wahren Bürgerpräferenzen für die öffentlichen Güter bekannt sind, kann der Staat die vom einzelnen Konsumenten zu zahlenden Steuern, Abga- ben oder Beiträge mit den Präferenzen, d. h. mit der Zahlungsbereit- schaft, aufeinander abstimmen. Auf diese Weise kann ein unbezahlter 17 Grundlagen der öffentlichen Verwaltung Konsum, auch bekannt als „free-rider“-Problem, eingedämmt oder gar vermieden werden. Sogenannte Enthüllungsmechanismen zur Ergründung der Präferen- zen sind u. a.: indirekte oder direkte Umfragen, Wahlverfahren (vgl. Brümmerhoff, D.: Finanzwissenschaft, S. 123 ff.), „voting on foot“, d. h. die Teilnahme an Entscheidungen für oder gegen etwas durch Hingehen, Weggehen oder Fernbleiben (vgl. Theurl, E.: Voting, S. 479 ff.) und Steuermechanismen (vgl. Varian, H. R.: Mikroökonomie, S. 264 ff.; Brümmerhoff, D.: Finanzwissenschaft, S. 104 ff.). Bei diesen Mechanis- men sind keine staatlichen Steuern gemeint, sondern es wird die Steue- rung als Instrument charakterisiert. Die vorgestellten Modelle sind teilweise jedoch eher formell als praktikabel ausgerichtet, da ihr praktischer Nutzen aufgrund der häufig eingeschränk- ten Umsetzungsmöglichkeiten durch restriktive Bedingungen stark einge- schränkt ist. Die Theorie der öffentlichen Güter unterstellt den Wirtschaftssubjekten eine bewusste Erkenntnis des Nutzens von öffentlichen Gütern. Daran lässt sich aber zweifeln, da ein Teil der öffentlichen Güter Präventivfunktionen besitzt und/oder unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird. „Die Präferen- zen für öffentliche Güter sind daher häufig nicht nur unbekannt, sondern bestehen überhaupt nicht, sind instabil, widersprüchlich, unreal, verschie- den verteilt oder in solchem Maße abstrahiert, dass sie den politischen Entscheidungsträgern nicht weiterhelfen“ (Brümmerhoff, D.: Finanzwis- senschaft, S. 113). 1.1.3.2.2 Externe Effekte Ein externer Effekt bezeichnet die positive oder negative Auswirkung von Konsumenten- und Produktionsverhalten, bei dem die Beziehung zwischen Produzent bzw. Verursacher und Konsument bzw. Leidtragendem nicht über den Markt bzw. den Preis zustande kommt, d. h. eine eventuelle „Schieflage“ spiegelt sich nicht am Markt wider und kann infolgedessen auch nicht durch ihn ausgeglichen werden. Externe Effekte können für den Empfänger daher positive oder nega- tive Auswirkungen haben, da es sich zum einen um erwünschte bzw. nützliche Wirkungen oder zum anderen um unerwünschte bzw. schädigende Wirkungen beim Empfänger handelt. Impfungen haben beispielsweise einen erheblichen positiven externen Ef- fekt während Passivrauchen oder Umweltverschmutzungen negative ex- terne Effekte hervorrufen. 18 Öffentliche Verwaltung aus volkswirtschaftlicher Sicht Sofern ein Gut ausschließlich externe Effekte bewirkt, ist von einem öf- fentlichen Gut die Rede. In diesem Zusammenhang wird kein privates Wirtschaftssubjekt gewillt sein, den Konsumenten ein solches Gut bereitzu- stellen. Wenn sich trotz nennenswerter externer Effekte eine gewisse Ent- geltlichkeit erzielen lässt, die aus einer individuell erbrachten Leistung er- folgt, werden auch private Dienstleister bzw. Wirtschaftsbetriebe bereit sein, hier als Produzenten und Anbieter auf dem Markt aktiv zu werden. Dies ist z. B. im Entsorgungsbereich der Fall, da es hier mittlerweile zahlrei- che Privatunternehmen gibt, die Entsorgungsdienstleistungen mit der Ab- sicht der Gewinnerzielung erbringen. 1.1.3.2.3 Unerwünschte Markteffekte Des Weiteren können unerwünschte Marktergebnisse bzw. Marktef- fekte ein Abgrenzungskriterium zusätzlich zur Existenz öffentlicher Güter und externer Effekte darstellen. Diese sind i. d. R. das Resultat irrationaler Konsumentscheidungen und von falschen bzw. fehlenden Informationen und/oder verzerrten Präferenzen (vgl. Musgrave, R. A., Musgrave, P. B. und Kullmer, L. L.: Finanzen, S. 100 ff.; Brümmerhoff, D.: Finanzwissenschaft, S. 113). Güter, deren Bereitstellung der Staat fördert oder auch behindert, wer- den als ‚meritorisch‘ bzw. ‚demeritorisch‘ bezeichnet (vgl. Musgrave, R. A., Musgrave, P. B. und Kullmer, L. L.: Finanzen, S. 100). Solche meritori- schen Güter sind beispielsweise Bildung, Gesundheit und Sozialversiche- rungswesen. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei demeritorischen Gü- tern um solche, deren Nutzen als gering angesehen wird, d. h. die mit einem negativen Nutzen bzw. Schaden verbunden werden, z. B. Rauschgift oder ähnliche Suchtmittel. Der Staat richtet seine Handlungsgrundlagen in diesem Fall nicht an den individuellen Präferenzen der Konsumenten aus, sondern er orientiert sich an den Präferenzen der politischen Entscheidungsträger. Letztere ge- hen davon aus, dass ihre Präferenzen denen der Konsumenten moralisch überlegen sind. Die Förderung oder auch die Behinderung der jeweiligen (de)meritori- schen Güter ist somit normativ abgesichert, da diesbezügliche Rechts- grundlagen vorhanden sind. Die Zuweisung von finanziellen Mitteln durch den Staat ist das Ergebnis von politischen Entscheidungsprozessen. Missbrauch kann aus Konsumentensicht nur verhindert werden, wenn Informationsmonopole unterbunden werden, eine Transparenz hinsichtlich der Einflussnahme politischer Entschei- dungsträger auf die Präferenzen der Konsumenten gegeben ist, die Struktur der Produktion und des Konsums meritorischer und deme- ritorischer Güter für die Konsumenten nachvollziehbar ist und eine Teilhabe der Konsumenten am politischen Entscheidungsprozessen und somit an den staatlichen Allokationsaktivitäten gewährleistet ist 19 Grundlagen der öffentlichen Verwaltung (vgl. Timm, H.: Allokationspolitik, S. 155 ff.). Nur so können die normative Theorie (de)meritorischer Güter und das individualistische Grundkonzept marktwirtschaftlicher Ordnung mitein- ander vereinbart werden (vgl. Gornas, J. und Beyer, W.: Betriebswirtschaft in der öffentlichen Verwaltung, S. 4 ff.). 1.1.4 Öffentliche Verwaltung aus betriebswirtschaftlicher Sicht Eine nach Institutionen ausgerichtete betriebswirtschaftliche Analyse der öffentlichen Verwaltung knüpft vor allem an den organisatorischen Ver- waltungsbegriff an. In der entscheidungsorientierten Sicht stehen hinge- gen die materiellen und formellen Dimensionen des Verwaltungshan- delns im Fokus. „Betriebswirtschaftliche Betrachtung“ bedeutet eine einzelwirtschaft- liche (mikroökonomische) Sichtweise, d. h. der Komplex der öffentlichen Verwaltung wird nicht in seiner Ganzheit analysiert. Vielmehr stehen die einzelnen Organisationseinheiten dieses Konstrukts, die öffentlichen Insti- tutionen, Behörden, Dienststellen etc., im Vordergrund. Genauer betrach- tet werden in diesem Zusammenhang nicht nur interne Strukturen und Prozesse, sondern auch ihre Umweltbeziehungen als Informationssysteme sowie ihre Funktionen als Leistungsempfänger und Leistungsanbieter. Das Handeln in diesen Organisationseinheiten steht unter dem Primat des Wirtschaftens, wie das auch in den Betrieben der anderen Sektoren der Volkswirtschaft – wegen der Knappheit der Ressourcen und der prinzipiel- len Unbegrenztheit der Bedürfnisse – der Fall ist. Dies geschieht unter dem Aspekt der ökonomischen Rationalität, d. h. der Wirtschaftlichkeit des Ver- waltungshandelns sowie unter Einsatz von Produktionsfaktoren und der Orientierung an Maßstäben der finanziellen Leistungsfähigkeit. Aufgrund dieses Sachverhalts werden in der Literatur die Organisationseinheiten der öffentlichen Verwaltung in betriebswirtschaftlicher Sicht als Öffentliche Verwaltungsbetriebe (ÖVB) bezeichnet. Damit wird auch das betriebswirtschaftliche Erkenntnisinteresse am Erfahrungsobjekt „öffentliche Verwaltung“ deutlich. Dieses Erkenntnisin- teresse richtet sich somit auf die wirtschaftende Dimension des Verwal- tungshandelns. Darüber hinaus ist die öffentliche Verwaltung Erfahrungs- objekt in anderen Wissenschaften, wie z. B. in der Politikwissenschaft, in den Sozialwissenschaften oder in der Rechtswissenschaft etc., dort jedoch mit anderen Erkenntnisinteressen. Diese Ausrichtung auf das wirtschaftende Verwaltungshandeln ist nicht gleichzusetzen mit einer isolierten Betrachtungsweise. Im Sinne eines wirt- schaftlichen Verwaltungshandelns ist es angebracht, die Zusammenhänge mit anderen Denkweisen (z. B. politischer Rationalität) zu berücksichtigen und auch die Kooperationen bzw. die Interdependenzen mit anderen Orga- nisationseinheiten, die staatliche Grundfunktionen erfüllen, miteinzube- ziehen. Dies gilt insbesondere für die vielschichtigen Beziehungen zwi- 20 Begriff und Abgrenzung schen den politischen Gremien/Leitungsorganen und den Öffentlichen Verwaltungsbetrieben (ÖVB). Erst eine umfassende Betrachtung von Politik und Verwaltung ermöglicht ein zutreffendes Gesamtbild des öffentlichen Handelns. 1.2 Öffentliche Aufgaben als Grundlage des Verwaltungshandelns 1.2.1 Begriff und Abgrenzung Im Mittelpunkt des wirtschaftenden Handelns der öffentlichen Verwaltung und ihrer Teileinheiten, den Öffentlichen Verwaltungsbetrieben (ÖVB), steht die Erfüllung öffentlicher Aufgaben, nicht als Selbstzweck, sondern als Mittel zur Realisierung der administrativen und politischen Handlungs- ziele. Dazu ist es notwendig, den Begriff und die Abgrenzung öffentlicher Aufgaben zu präzisieren. Die durchaus komplexen Tätigkeiten und Aufgaben der öffentlichen Verwaltung lassen sich letztlich mittels Abstraktion auf vier Tätigkeitsberei- che zurückführen und können deshalb den folgenden vier öffentlichen Aufgabenbereichen zugeordnet werden: der Planung (gesellschaftlichen und staatlichen Handelns) der Kontrolle und Strukturierung (individueller Handlungen bzw. Gruppenhandlungen) der Bewilligung und Vergabe (von Leistungen an Bedürftige) der Unterstützung (gesellschaftlicher Projekte) Die öffentlichen Aufgaben, teilweise auch öffentliche Angelegenheiten oder staatliche Aufgaben genannt, sind äußerst vielseitig: Bull