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Universität Bern
Eva Schürch
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This handout provides an overview of active listening techniques, including paraphrasing and verbalizing emotional content. The document discusses steps to improve listening skills for effective interaction as well as exploring the theory and practice.
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Gesprächsführung, Interviewtechnik und Verhaltensbeobachtung I Tools I: Zuhören, Sprechregeln Dr. phil. Eva Schürch, Institut für Psychologie, Universität Bern 06.11.2023 GIV I A-Frage zu Feedback Rückmeldungen sind explizite Aussagen über die Art und Weise, wie eine Person __________ wird und was d...
Gesprächsführung, Interviewtechnik und Verhaltensbeobachtung I Tools I: Zuhören, Sprechregeln Dr. phil. Eva Schürch, Institut für Psychologie, Universität Bern 06.11.2023 GIV I A-Frage zu Feedback Rückmeldungen sind explizite Aussagen über die Art und Weise, wie eine Person __________ wird und was das bei anderen auslöst (Fuhr & Gremmler-Fuhr, 2004). Welches Wort gehört in die Lücke? A O verstanden B O überprüft C O wahrgenommen D O bewertet © Eva Schürch | 06. 11. 2023 2 Tools: was und wozu? > Zuhören > Sprechen > Fragen © Eva Schürch | 06. 11. 2023 3 Inhalt und Lernziele > Wie gelingt Zuhören? > Reminder: Zuhören mit 4 Ohren > Was bedeutet „aktiv Zuhören“? > Was hat Carl Rogers damit zu tun? > Wie wird „aktives Zuhören“ umgesetzt? > Wie spricht man richtig? © Eva Schürch | 06. 11. 2023 4 Schritte des erfolgreichen Zuhörens 1. Verbale und nonverbale Kommunikation der anderen Person wahrnehmen 2. Aufmerksam zuhören, um ein Maximum an Information zu gewinnen 3. Verbale Botschaft verstehen und aufnehmen 4. Bedeutung der begleitenden nonverbalen Elemente interpretieren 5. Gesagtes bewerten und gegebenenfalls Anteilnahme zeigen 6. Angemessen antworten bzw. reagieren © Eva Schürch | 06. 11. 2023 5 Prozesse des Zuhörens Aufpassen Verstehen Erinnern Antworten © Eva Schürch | 06. 11. 2023 Hargie, 2013 6 Mögliche Hindernisse beim Zuhören Zuhörphase Hindernisse Wahrnehmen externe Geräusche körperliche Beeinträchtigung Aufmerksamkeit schenken zu lange Botschaften ungenügende Sprechqualität Müdigkeit negative Einstellung gegenüber dem Sprecher Verstehen Geringe intellektuelle Fähigkeit selektives Zuhören Unfähigkeit zur Empathie Sprecher/Zuhörer mit unterschiedlichem Hintergrund Erinnern Grenzen des Gedächtnisspeichers © Eva Schürch | 06. 11. 2023 nach Hargie, 2013 7 4 Stufen des Zuhörens 1. „Ich verstehe“ – Zuhören 2. Aufnehmendes Zuhören 3. Umschreibendes Zuhören 4. Aktives Zuhören (Weisbach, 2003) © Eva Schürch | 06. 11. 2023 8 Aktives Zuhören Grundhaltung: Sich für den Gesprächspartner und für das, was ihn bewegt, interessieren und ihm dies auch zeigen. > Nonverbal > Verbal © Eva Schürch | 06. 11. 2023 9 (Crisand & Crisand, 2007) © Eva Schürch | 06. 11. 2023 10 Paraphrasieren > Definition: Den sachlichen Gehalt der Sprechaussage mit eigenen Worten wiederholen (Crisand & Crisand, 2007) © Eva Schürch | 06. 11. 2023 11 Paraphrasieren > Die Paraphrase bleibt auf der sachlich-informativen Ebene > Vorteil: — Verständigung wird sichergestellt — Sprecher bekommt Feedback — Möglichkeit, Missverständnisse sofort zu korrigieren > Nachteil: es benötigt viel Zeit © Eva Schürch | 06. 11. 2023 12 Verbalisieren > Definition: Den emotionalen Gehalt einer Sprechaussage mit eigenen Worten wiederholen. (Crisand & Crisand, 2007) © Eva Schürch | 06. 11. 2023 13 Verbalisieren > Die Verbalisierung wechselt auf die emotionale Ebene > Vorteile: - Gesprächspartner bekommt Gelegenheit, weiter über eigene Probleme nachzudenken - Lage wird emotionalisiert - Gesprächspartner öffnet sich > Nachteile: - Gesprächspartner wird seelisch „auseinandergenommen“ - Emotionen können überinterpretiert werden - Benötigt mehr Zeit © Eva Schürch | 06. 11. 2023 14 Beispiel für Paraphrasieren/Verbalisieren im Unternehmen (nach Gordon, 2005) Aussage eines Mitarbeiters Antwortmöglichkeit I (Vorgesetzter) Warum macht M. nur so viele Fehler? Sie steht augenblicklich Sie fragen sich, warum unter grossem Druck M. Fehler macht. = Fakten liefern =paraphrasieren Sie sind mit der Leistung von M. nicht zufrieden? = verbalisieren Ich weiss nicht so recht, ob ich das schaffen kann Ich bin sicher, dass Sie es können, wenn Sie es versuchen =beruhigen Sie haben Angst, es könnte Ihnen über den Kopf wachsen? =verbalisieren © Eva Schürch | 06. 11. 2023 Antwortmöglichkeit II (Vorgesetzter) Sie wissen nicht sicher, ob Sie es bewältigen können. =paraphrasieren Antwortmöglichkeit III (Vorgesetzter) 15 Beispiel für Paraphrasieren/ Verbalisieren in der Beratung (Grolimund, 2014) > Aussage: „Ich weiss gar nicht wo ich beginnen soll. Im Moment ist alles so schwierig: meine Tochter zieht im Herbst aus, mein Mann ist kaum zu Hause und wirkliche Freunde habe ich auch nicht.“ > Wiederholung: „Freunde sind auch nicht da.“ > Paraphrase: „Tochter und Mann haben kaum Zeit und an Freunde können Sie sich auch nicht wenden.“ > Verbalisierung: „Sie fühlen sich momentan sehr einsam.“ © Eva Schürch | 06. 11. 2023 16 > Aussage: „ Es sind vor allem diese unklaren Anweisungen vom Chef – die machen uns alle fertig. Dann macht man, so gut man kann und nachher ist wieder alles falsch; aber wenn man nachfragt, rastet er auch aus. Dann heisst es: Das habe ich doch erklärt, hör doch mal zu!“ Wiederholung: > Paraphrase: > Verbalisierung: > > Weitere Beispiele und Anleitung auf Ilias (freiwillige individuelle Übung) © Eva Schürch | 06. 11. 2023 17 Woher kommt aktives Zuhören? (ein Abstecher in die Psychologiegeschichte) Personenzentrierte Gesprächsführung > Therapieform geprägt von Carl Rogers (1902 – 1987) > Bildet Grundlage für viele Formen der Gesprächsführung in verschiedensten Beratungskontexten > Rogers als prägende Figur für Psychotherapie und darüber hinaus © Eva Schürch | 06. 11. 2023 18 Rogers Theorie der Therapie I Die Theorie der Therapie von Rogers beruht auf verschiedenen Grundkonzepten: > Aktualisierungstendenz - Angeborene Fähigkeit zur Selbsterhaltung - Äussere Einflüsse können Fähigkeit blockieren > Selbstkonzept - Vorstellungsgestalt aus Selbstwahrnehmung und Bezug zur Aussenwelt - wandelbar © Eva Schürch | 06. 11. 2023 19 Rogers Theorie der Therapie II > Erleben - innere, bewusste Prozesse > Inkongruenz - Erleben und Selbstkonzept stimmen nicht überein > Therapeutischer Prozess - Therapeutische Beziehung wird für Veränderungsprozesse genutzt > Therapeutische Basisvariablen - Kongruenz/Echtheit - Empathie/einfühlendes Verstehen - Akzeptanz/Wertschätzung © Eva Schürch | 06. 11. 2023 20 Kon en g ru z E th m pa ie A p ta e z k nz > > > Kongruenz: echt und authentisch, keine Fassade Empathie: tieferes verstehen, sich hinein versetzen können Akzeptanz: Respekt und Anerkennung, nicht Identifikation (aus Crisand & Crisand, 2007) © Eva Schürch | 06. 11. 2023 21 Drei Stufen der Gesprächsführung (aktiv Zuhören in der Therapie) Stufe 1: Das verständnisvolle Zuhören (Beziehungsebene) Der Berater zeigt - z.B. durch Gesten wie Kopfnicken, Blickkontakt, bestätigende Laute – die Bereitschaft, der Klientin zuzuhören und auf sie einzugehen (à Aufmerksamkeit zeigen). Er will der Klientin das Gefühl vermitteln, — dass sie verstanden wird — dass sie nicht bewertet, sondern akzeptierend angehört wird — dass der Berater an ihren Gedanken und Gefühlen interessiert ist © Eva Schürch | 06. 11. 2023 22 Drei Stufen der Gesprächsführung (aktiv Zuhören in der Therapie) Stufe 2: Das Paraphrasieren (inhaltliche Ebene) Die Beraterin wiederholt die Worte des Klienten in eigenen Worten. Der Klient kann dadurch — seine Gedanken und Gefühle noch deutlicher wahrnehmen und ausdrücken — überprüfen, ob die Beraterin ihn richtig verstanden hat © Eva Schürch | 06. 11. 2023 23 Drei Stufen der Gesprächsführung (aktiv Zuhören in der Therapie) Stufe 3: Das Verbalisieren (emotionale Ebene) Die Beraterin wiederholt nicht den gesamten Inhalt der einzelnen Gesprächspassagen, sondern sie konzentriert sich auf die Wahrnehmung damit zusammenhängender Gefühle, die die Klientin ausdrückt. Sie spiegelt der Klientin ihre Wahrnehmung vom emotionalen Erleben der Klientin (Gefühlsvermutungen). © Eva Schürch | 06. 11. 2023 24 Inadäquates Beispiel: Kollegin A vertraut sich Kollegin B an > A: Gestern war ich an einem Teamausflug unseres Kollegiums. Ich kann einfach mit kaum jemandem sprechen und komme mir total einsam vor. > B: (abwesend wirkend, Arme und Beine verschränkt): Das geht doch jedem mal so... > A: Ja, aber bei mir ist das immer so. > B: Immer – das ist bestimmt nicht immer so. > A: Leider doch. Ich fühl mich so schlecht dabei. > B: Solche Gefühle gehen zum Glück rasch vorbei. Mach dir nichts draus und kauf dir was Schönes, dann geht es dir sofort wieder gut. © Eva Schürch | 06. 11. 2023 25 Adäquates Beispiel > A: Gestern war ich an einem Teamausflug unseres Kollegiums. Ich kann einfach mit kaum jemandem sprechen und komme mir total einsam vor. Überlegen Sie sich, wie Sie als Kollege/Kollegin idealerweise reagieren würden: Verständnisvolles Zuhören > Paraphrasieren > Verbalisieren von Gefühlen > © Eva Schürch | 06. 11. 2023 26 Videobeispiel > Rogers in Aktion: Gespräch mit Gloria http://www.youtube.com/watch?v=m30jsZx_Ngs > Personenzentrierte Therapie: Demovideo — Anwendung der 3 Stufen der Gesprächsführung © Eva Schürch | 06. 11. 2023 27 Positive nonverbale Signale beim Zuhören > Lächeln > Blickkontakt > Passende paraverbale Signale > Nonverbales Spiegeln > Einnehmen einer aufmerksamen, zugewandten Sitzposition > Nicken mit dem Kopf > Keine Anzeichen von Ablenkung © Eva Schürch | 06. 11. 2023 28 Zusammenfassung aktives Zuhören Techniken Ziele 1. Paraphrasieren Überprüfen, ob ich die Sache verstanden habe 2. Verbalisieren: Hören, was nicht gesagt wurde In-Worte-Fassen und damit Überprüfen des “Zwischen den Zeilen”-Gesagten Zeigen, dass ich den anderen verstehen möchte 3. Klärende Fragen (ohne Schlussfolgerungen, Wertungen, Aufforderungen) Überprüfen/zeigen, dass ich die Sache verstehen möchte Dem Gesprächspartner durch Fragen helfen, den Problemhintergrund aufzuhellen/eigene Lösungen zu finden 4. Beim Gesprächspartner / bei der Gesprächspartnerin bleiben Mit Beiträgen/Geschichten aus dem eigenen Leben zurückhaltend sein Bei der Sache des Gesprächspartners sein, den eigenen “Senf” zurückhalten! 5. Empathie zeigen Die Empfindungen und Probleme des Gesprächspartners zu verstehen suchen © Eva Schürch | 06. 11. 2023 29 Active listening in initial interactions (Weger et al., 2014) > Forschungsfrage : Wie hilfreich ist aktives Zuhören im Erstkontakt im Vergleich mit anderen Techniken? > Methode: trainierte Interviewer:innen (N=10) führten Gespräche mit Studierenden (N=115) und nutzten je nach experimenteller Bedingung aktives Zuhören (UV1), gaben einfache Bestätigungen (UV2) oder Ratschläge (UV3). Interviewteilnehmer:innen beurteilten in einer Nachbefragung (AV) - wie gut sie sich verstanden fühlten - wie sozial attraktiv die Gesprächspartner:innen waren - wie zufrieden sie mit dem Gespräch waren © Eva Schürch | 06. 11. 2023 30 Active listening: Ergebnisse 22 WEGER ET AL. TABLE 3 Means and Standard Deviations for Dependent Variables Across Conditions Listening Response Condition Dependent Variable FUMS Social Attraction Com-Sat Simple Acknowledgement n = 37 Advice n = 41 Active Listening n = 37 Total n = 115 11.79a (7.47) 3.65a (.39) 3.27a (.44) 14.48b (9.07) 3.84b (.55) 3.68b (.53) 17.27c (7.14) 4.02b (.36) 3.81b (.42) 14.90 (7.14) 3.87 (.44) 3.59 (.47) Note. Means in rows that do not share subscripts differ at the p <.05 level with Scheffé correction. Standard deviations are in italics. FUMS = Feelings of Understanding/Misunderstanding Scale; Com-Sat = Communication Satisfaction. (7 = strong agreement; 1 = strong disagreement). Sample items include, “I was veryInteractions satisfied (Weger et al., 2014) Effectiveness of Active Listening in Initial with the conversation,” “The other person let me know that I was communicating effectively,” and © Eva Schürch | 06. 11. 2023 31 “Nothing was accomplished” (reverse coded). Previous research reports coefficient alphas ranging from.73 to.93 (Rubin, Palmgreen, & Sypher, 1994). Evidence exists for both the reliability (Hecht, 1978) and validity of the instrument (Newton & Burgoon, 1990; Spitzberg, 1991). Data gathered for this project also indicate that the measure meets conventional levels of reliability, Sprechen: verbale Sendefertigkeiten > Gerede vermeiden > Dinge klar und deutlich ansprechen > verständlich sprechen © Eva Schürch | 06. 11. 2023 32 Fertigkeiten in der Sprechrolle > Ich-Gebrauch bei: - Gefühlen - Wünschen - Einstellungen > konkrete Situationen ansprechen > konkretes Verhalten ansprechen > beim Thema bleiben © Eva Schürch | 06. 11. 2023 33 Ich-Aussagen > > > Standpunkt beziehen Verantwortung für den Inhalt übernehmen Subjektives Erleben - wie ich über etwas denke, wie es mir geht, wie ich etwas erlebe, was ich will > Verallgemeinerung: wir finden, niemand sollte, jeder denkt, es ist verständlich... > Ich-Aussagen bei: - Lob und Kritik bzw. Feedback - Metakommunikation (Hintermann, 2005) © Eva Schürch | 06. 11. 2023 34 Beispiele für Ich-Aussagen Aussagen in Du-Form Mögliche Formulierung in Ich-Form „Lügen Sie nicht“ „Ich will nicht, dass Sie die Dinge verdrehen / schwindeln“ „Widersprechen Sie mir nicht“ „Ich mag es nicht, wenn Sie mir widersprechen“ „Hören Sie auf auszuweichen“ „Ich brauche eine direkte Antwort“ Du-Aussagen können angriffig und verletzend sein © Eva Schürch | 06. 11. 2023 35 Fazit > Zuhören als vielschichtiger Prozess > Aktives Zuhören als Basis für Beratungsprozesse > Aktives Zuhören als notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für Therapieerfolg > Aktives Zuhören ist vielmehr Grundhaltung als Anwendung von Techniken (Rockenbauch et al., 2017) > Ich- Aussagen als wichtiges Instrument zur Gesprächsführung © Eva Schürch | 06. 11. 2023 36 Learningoutcomes > > > > > > > > > Sie wissen, welche Schritte erfolgreiches Zuhören beinhaltet Sie kennen die verschiedenen Prozesse des Zuhörens und die dazugehörigen Hindernisse Sie können Beispiele zu den Schritten, Prozessen und Hindernissen des Zuhörens zuordnen Sie kennen die 4 Stufen des Zuhörens und können Beispiele zuordnen Sie wissen wie aktives Zuhören funktioniert und können Beispiele zuordnen Sie kennen den Unterschied zwischen Wiederholen, Paraphrasieren und Verbalisieren Sie kennen und verstehen die Theorie von Rogers Sie kennen die Basisvariablen nach Rogers und können Beispiele zuordnen Sie kennen die wichtigsten Sprechregeln und wissen um die Bedeutung von Ich-Aussagen © Eva Schürch | 06. 11. 2023 37