Blut und Immunsystem PDF
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2020
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This document discusses blood and the immune system, including its functions, composition, and regulation. The text covers blood volume, components, and blood loss, as well as a section on blood types.
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12 Blut und Immunsystem Männer haben im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht ein...
12 Blut und Immunsystem Männer haben im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht ein größeres Blutvolumen als Frauen. Neben dem Geschlecht spielt auch das Alter eine Rolle. So verfügen: Frauen über ca. 60 ml Blut/kg Körpergewicht, 12.1 Blut Männer über ca. 70 ml Blut/kg Körpergewicht, Kleinkinder über ca. 85 ml Blut/kg Körpergewicht und 12.1.1 Aufgaben Neugeborene über ca. 90 ml Blut/kg Körpergewicht. Das Blut übernimmt im Körper 3 wesentliche Aufgaben: Transport: Über das Blut gelangen Atemgase (Sauerstoff Entspricht das Blutvolumen diesen Normalwerten, spricht und Kohlendioxid), Nährstoffe, Stoffwechselprodukte, man von einer Normovolämie. Ein vermindertes Blutvolu- Elektrolyte und Hormone an ihre Zielorte. Außerdem dient men in den Gefäßen wird als Hypovolämie bezeichnet. es dem Wärmetransport. Gründe hierfür können innere oder äußere Blutungen sein. Blutstillung: Blut besitzt die Fähigkeit zu gerinnen. So Auch ein größerer Flüssigkeitsverlust, z. B. bei Durchfall oder kann es die Gefäßwand bei kleineren Verletzungen ab- bei Einnahme von entwässernden Medikamenten, kommt dichten und den Blutverlust stoppen. als Ursache einer Hypovolämie infrage. Die Hypervolämie, Erregerabwehr: Einige Blutbestandteile sind gleichzeitig also ein erhöhtes Blutvolumen, tritt seltener auf. Sie entsteht Teil des Immunsystems. Sie sind in der Lage, Krankheits- im Rahmen einer Hyperhydratation (S. 274), z. B. durch Infu- erreger unschädlich zu machen, die in den Körper einge- sion einer zu großen Flüssigkeitsmenge. drungen sind. Patho Blutverluste Geringe Blutverluste, z. B. eine Blutspende von 500 ml, kann der 12.1.2 Blutvolumen Körper ohne Schwierigkeiten oder klinische Symptome ausgleichen. Problematisch wird es ab einem Verlust von ca. 30 % des Gesamt- Unter Blutvolumen versteht man die Gesamtmenge an Blut, die sich im Körper befindet. Sie beträgt bei einem Erwachse- volumens: Die Herzfrequenz steigt, der Blutdruck sinkt, die Urinaus- nen 6–8 % des Körpergewichts, d. h., bei einem Körper- scheidung nimmt ab. Der Patient ist blass, unruhig, schwitzt kalt und bekommt Angst, er kann auch das Bewusstsein verlieren. Diese gewicht von 70 kg besitzt man etwa 5 l Blut. Diese Werte gelten für Menschen mit einem normalen Fettanteil. Da durch den Blutverlust bedingte Kreislaufsituation wird als Volumen- Fettgewebe nur wenig durchblutet ist, liegt der Anteil des mangelschock oder hypovolämischer Schock bezeichnet. Blutes am Körpergewicht bei stark Übergewichtigen nied- riger. 310 I care Anatomie, Physiologie (ISBN 978-3-13-241820-2),© 2020. Thieme. All rights reserved. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Usage subject to terms and conditions of license. Stabkernige Neutrophile Segmentkernige rote Blutkörperchen Granulozyten Eosinophile Hyper- (Erythrozyten) segmentierte Basophile Monozyten/ Makrophagen weiße Blutkörperchen T-Lymphozyten Blutzellen (Leukozyten) Lymphozyten B-Lymphozyten Mastzellen NK-Zellen Blutplättchen Blutvolumen (Thrombozyten) dendritische Zellen 6–8 % des KG Wasser Albumin Aufbau Blutplasma Plasmaproteine Globuline Blutgerinnungs- und Elektrolyte Komplementfaktoren kernlos Erythrozyten 4 Globine Eisenatom Hämoglobin (Fe2+) 1 Hämgruppe Porphyrin kernhaltig Granulozyten Leukozyten NK-Zellen Granula Mastzellen Feinbau Monozyten Thrombozyten kernlos Hämoglobin Atemgase Carboanhydrase Nährstoffe Transport Stoffwechselprodukte Blut Elektrolyte Blutstillung Hormone und Gerinnung Funktionen Immunabwehr Erythrozyten 4–5,5 Mio./μl Blut Leukozyten 4 000–10 000/μl Blut Thrombozyten 150 000–350 000/μl Blut Zellzahlen Hämatokrit Frauen 42 % Männer 47 % AB0-System Rhesus-System Blutgruppen I care Anatomie, Physiologie (ISBN 978-3-13-241820-2),© 2020. Thieme. All rights reserved. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Usage subject to terms and conditions of license. l 12 Blut und Immunsystem Abb. 12.1 Die verschiedenen Bestandteile des Blutes. 12.1.3 Zusammensetzung des Blutes Das Blut besteht zu etwa 55 % aus Blutplasma und zu etwa Blut 45 % aus Blutzellen (▶ Abb. 12.1). Zu den Blutzellen gehören: 4,5 – 6 l die Erythrozyten (rote Blutkörperchen; das griechische Wasser (90 %) Wort „erythros“ bedeutet „rot“), Blutplasma die Leukozyten (weiße Blutkörperchen; das griechische Plasmaproteine (8 %) Wort „leukos“ bedeutet „weiß“) und 55 % Albumin (60 %) die Thrombozyten (Blutplättchen; das griechische Wort Globuline (40 %) „thrombos“ bedeutet „Klumpen, Pfropf“). Elektrolyte, Hormone, Zwischen den Leukozyten und den Erythro- und Thrombo- 45 % Blutzellen Nährstoffe u. a. (2 %) zyten bestehen 2 grundlegende Unterschiede: Die Leukozyten besitzen einen Zellkern und sind damit Erythrozyten (99 %) Zellen im engeren Sinne. Außerdem sind sie in der Lage, das 4 – 5 Mio./µl Blut Blutgefäß zu verlassen und ins Gewebe überzutreten. Die Erythrozyten und die Thrombozyten haben keinen Leukozyten (< 1 %) Zellkern und sind damit streng genommen keine echten Zel- 5 000 – 10 000/µl Blut len. Ihre Funktion kann man sich vorstellen wie die eines Briefumschlags: Sie bieten Stoffen, die nicht oder nur Thrombozyten (< 1 %) schlecht im Plasma transportiert werden können (z. B. Sau- 150 000 – 350 000/µl Blut erstoff oder einige Gerinnungsfaktoren), die Möglichkeit, ih- ren Zielort zu erreichen. Erythrozyten und Thrombozyten können das Blutgefäß im Normalfall nicht verlassen. Abb. 12.2 Bestimmung des Hämatokritwertes. Patho Bluttransfusionen Bei Transfusionen wird dem Patienten meist nur der Anteil des Blu- 100 % tes verabreicht, den er am dringendsten benötigt. Daher wird das 90 % 80 % Spenderblut unterschiedlich aufbereitet: 70 % Erythrozytenkonzentrat (EK): Aus dem gespendeten Blut wer- befüllen zentrifugieren 60 % den die Erythrozyten gewonnen und weiterverarbeitet. EKs wer- 50 % 47 % den meist bei einem Hb < 6 g/dl verabreicht. 40 % Fresh Frozen Plasma (FFP): Das schockgefrorene Plasma enthält 30 % keine zellulären Bestandteile, aber Gerinnungsfaktoren (S. 334). Es Buffy Coat 20 % 10 % wird v. a. bei Gerinnungsstörungen und akuten Blutungen gege- 0% ben. Humanalbumin: Es wird aus Plasmakonzentrat gewonnen, aus Blutröhrchen Hämatokritröhrchen Auswertung dem alle weiteren Bestandteile entfernt werden, bis nur noch Al- Zur Blutabnahme verwendet man ein EDTA-Röhrchen, um das bumin enthalten ist. Albumin ist ein Eiweißprodukt und wird bei Blut ungerinnbar zu machen. Das Hämatokritröhrchen wird mit Eiweißverlust verabreicht (z. B. bei großflächigen Verbrennungen). dem Blut gefüllt und zentrifugiert. Dadurch setzen sich die fes- Thrombozytenkonzentrat (TK): Thrombozyten werden aus dem ten Blutbestandteile ab. Das Röhrchen wird an eine Auswer- Plasma isoliert. Der Einsatz von TKs ist angezeigt bei einem aus- tungsschablone gelegt und der Hämatokritwert abgelesen. Die geprägten Mangel an Thrombozyten (Thrombozytopenie). Trennschicht zwischen dem Blutplasma und den abgesetzten Blutzellen (Buffy Coat) enthält Leukozyten und Blutplättchen. Blitzlicht Pflege Empfindliche Konserven Heute wird der Hämatokrit meist mithilfe vollautomatischer In den meisten Häusern sind die Pflegenden dafür verantwortlich, Analysegeräte und nicht mehr durch Zentrifugation bestimmt. dass die Blutkonserve vom Lieferdienst angenommen und kontrol- liert wird, ob es sich dabei tatsächlich um das laut Lieferschein be- stellte Blutprodukt handelt. Gerade Erythrozytenkonzentrate sind Tab. 12.1 Hämatokrit. sehr empfindlich, bei grober Behandlung können die Erythrozyten zerstört werden. Gehen Sie mit diesen Konserven deshalb besonders Normalwert* Referenzbereich* sorgsam um. Frauen 42 % (0,42) 37–47 % (0,37–0,47) Hämatokrit und Viskosität Der Anteil der Blutzellen am Blutvolumen wird als Hämatokrit (Hkt) bezeichnet Männer 47 % (0,47) 40–52 % (0,40–0,52) (▶ Abb. 12.2). Leukozyten und Thrombozyten machen zu- Neugeborene 60 % (0,60) 52–68 % (0,52–0,68) sammen nur ca. 1 % der Blutzellen aus, die Erythrozyten da- gegen etwa 99 %. Deshalb kann man den Hämatokrit mit Säuglinge älter 36 % (0,36) 31–40 % (0,31–0,40) dem Anteil der Erythrozyten am Blutvolumen gleichsetzen 3 Monate und Kinder (▶ Tab. 12.1). Der Hämatokrit hat Auswirkungen auf die * Ob der Hämatokrit in Prozent oder ohne Einheit (hier in Klammern) Fließfähigkeit des Blutes, sie nimmt mit steigendem Häma- angegeben wird, ist von Labor zu Labor unterschiedlich. tokrit immer mehr ab. Diese „Zähigkeit“ des Blutes wird als Die Referenzbereiche geben an, wie weit der gemessene Wert vom Viskosität bezeichnet. Normalwert abweichen darf, ohne als krankhaft zu gelten. 312 I care Anatomie, Physiologie (ISBN 978-3-13-241820-2),© 2020. Thieme. All rights reserved. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Usage subject to terms and conditions of license. Blut Patho Hämatokrit wasserlöslich sind (▶ Tab. 12.2), und ist hauptverantwort- Ein erniedrigter Hämatokrit-Wert kann ein Hinweis auf eine ver- lich für die Aufrechterhaltung des kolloidosmotischen minderte Bildung von Erythrozyten (Blutarmut, Anämie) sein, z. B. Drucks. Der kolloidosmotische Druck ist wichtig für die Mi- aufgrund von Eisenmangel. Beispielsweise kann auch eine Hyper- krozirkulation (S. 144), also den Flüssigkeitsaustausch im hydratation (S. 274) den Hämatokrit sinken lassen. Ein erhöhter Kapillargebiet. Darüber hinaus ist Albumin als Teil des Pro- Hämatokrit-Wert kann bei Flüssigkeitsmangel auftreten oder bei teinpuffers auch an der Regulation des Blut-pH-Wertes be- einer vermehrten Bildung von Erythrozyten (Polyglobulie), z. B. nach teiligt. Hierbei spielt allerdings das Hämoglobin der Erythro- längerem Aufenthalt in großen Höhen oder bei einer krankhaften zyten eine größere Rolle. Albumin kommt im Blutplasma in Erythrozyten-Neubildung im Knochenmark. einer Konzentration von 40–60 g/l vor. Zellzahlen Die Erythrozyten machen nicht nur volumen- Patho Albuminmangel mäßig den größten Anteil der Blutzellen aus, sondern auch Enthält das Blutplasma zu wenig Albumin, spricht man von einer hinsichtlich ihrer Zahl. Die Zellzahlen liegen beim Gesunden Hypoalbuminämie. Sie führt dazu, dass der kolloidosmotische pro Mikroliter (µl) Blut bei: Druck im Gefäß unter den Druck sinkt, der im Gewebe herrscht. Da- 4–5,5 Mio Erythrozyten, durch tritt vermehrt Wasser ins Gewebe über, und es bilden sich 4000–10 000 Leukozyten und Ödeme. Sammelt sich die Flüssigkeit in der Bauchhöhle, spricht 150 000–350 000 Thrombozyten. man von einem Aszites (S. 189). Ein Albuminmangel (Hypoalbumi- nämie) kann zum Beispiel bei Erkrankungen der Leber, bei Unter- ernährung oder bei großflächigen Verbrennungen entstehen. WISSEN TO GO Patho Plasmaexpander Aufgaben und Zusammensetzung des Blutes Genauso wie ein erniedrigter kolloidosmotischer Druck dazu führt, dass Flüssigkeit aus den Gefäßen austritt, sorgt ein erhöhter kolloi- Das Blut transportiert Atemgase, Nährstoffe, Stoffwech- dosmotischer Druck dafür, dass Flüssigkeit aus dem umliegenden Ge- selprodukte, Elektrolyte und Hormone zu den Zielorganen. webe in die Blutgefäße gezogen wird. Dieses Prinzip kann bei Flüssig- Mit seiner Fähigkeit zur Gerinnung verschließt es bei klei- keitsverlusten therapeutisch genutzt werden. Dazu wird dem Patien- neren Gefäßverletzungen die Wunde. Viele seiner Bestand- ten eine Lösung mit großmolekularen Verbindungen (Kolloide, z. B. teile sind außerdem an der Immunabwehr beteiligt. Hydroxyethylstärke, HES) infundiert. Die Kolloide erhöhen den osmo- Das Blutvolumen eines Erwachsenen beträgt 6–8 % des tischen Druck im Gefäß. Da sich durch die Flüssigkeit, die dadurch Körpergewichts (bei 70 kg also ca. 5 l). Das Blut besteht zu aus dem Gewebe in das Blutgefäß strömt, die Plasmamenge erhöht, 55 % aus Blutplasma und zu 45 % aus Blutzellen. Man un- werden solche Infusionsflüssigkeiten auch als Plasmaexpander be- terscheidet: zeichnet. Durch den Anstieg des Plasmavolumens stabilisiert sich der die roten Blutkörperchen (Erythrozyten): 4–5,5 Mio./µl Kreislauf. Bei Blutverlusten über 30 % sollten gleichzeitig Erythrozyten- Blut (ca. 99 % aller Blutzellen), konzentrate verabreicht werden, um den Verlust von roten Blutkör- die weißen Blutkörperchen (Leukozyten): 4000–10 000/ perchen auszugleichen und den Sauerstofftransport sicherzustellen. µl Blut, die Blutplättchen (Thrombozyten): 150 000–350 000/µl Globuline Sie kommen im Blutplasma in einer Konzentra- Blut. tion von 25–30 g/l vor und werden in 4 Gruppen eingeteilt: Der Anteil der Blutzellen am gesamten Blutvolumen ist der α1-Globuline, Hämatokrit (Hkt). Je höher der Hämatokrit, desto höher ist α2-Globuline, auch die Viskosität des Blutes, d. h., desto zäher fließt es. β-Globuline und γ-Globuline. Blutplasma Jede dieser Gruppen besteht wiederum aus mehreren ver- schiedenen Globulinen (▶ Tab. 12.2). Viele der α1-, α2- und Entfernt man die Blutzellen aus dem Blut, bleibt das Blut- β-Globuline sind wie Albumin Transportproteine, einige sind plasma übrig. Im Normalfall ist es klar und von goldgelber Teil des Blutgerinnungssystems. Auch die Globuline sind an Farbe. Seine Gesamtmenge liegt bei 2,5–3,0 l. der Aufrechterhaltung des kolloidosmotischen Drucks betei- Das Blutplasma besteht zu etwa 90 % aus Wasser, die rest- ligt, spielen dabei aber eine geringere Rolle als das Albumin. lichen 10 % sind feste Bestandteile, hauptsächlich Proteine Eine Sonderstellung nehmen die γ-Globuline (S. 349) ein: (ca. 8 %) und Elektrolyte (ca. 2 %) (▶ Abb. 12.1). In geringerer Sie werden auch als Immunglobuline (Ig) bezeichnet und Menge enthält das Blutplasma außerdem: Nährstoffe, sind als Antikörper Teil des Immunsystems. Sie werden Stoffwechselprodukte, nicht in der Leber gebildet, sondern von Plasmazellen, einer Hormone und Form der B-Lymphozyten. Die B-Lymphozyten gehören zu gelöste Atemgase. den Leukozyten. Plasmaproteine ! Merke 4 × 4-Regel Wenn Sie sich merken möchten, wie hoch der Anteil der einzelnen Die meisten Plasmaproteine werden in der Leber gebildet Globulin-Gruppen an den Plasmaproteinen ist, geht das mit der (S. 231). Den größten Anteil an den Plasmaproteinen (ca. 4 × 4-Regel ziemlich leicht: 60 %) macht das Albumin aus. Die nächstgrößere Gruppe (ca. α1-Globuline: 1 × 4 = 4 % 40 %) sind die Globuline. Plasmaproteine können aufgrund α2-Globuline: 2 × 4 = 8 % ihrer Größe die Blutgefäße nicht verlassen. β-Globuline: 3 × 4 = 12 % γ-Globuline: 4 × 4 = 16 % Albumin Es erfüllt im Blutplasma im Wesentlichen 2 Auf- Zusammen ergibt das den Anteil der Gesamtglobuline von 40 %. Üb- gaben. Es dient als Transportprotein für Stoffe, die nicht rig bleiben 60 % für die Albumine. 313 I care Anatomie, Physiologie (ISBN 978-3-13-241820-2),© 2020. Thieme. All rights reserved. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Usage subject to terms and conditions of license. BLUT Das Blutvolumen – die Gesamtmenge an Blut im Körper – macht bei einem Erwachsenen 6–8 % des Körpergewichts aus. Die genauen Werte sind abhängig von Geschlecht und Alter. 90 % Wasser 2 % Elektrolyte 2,5–3,0 l können aufgrund ihrer Größe 8 % Proteine die Blutgefäße nicht verlassen beim Erwachsenen 60 % 40 % 55 BLUTPLASMA % Albumin (40–60 g/l) dient als Transportprotein für nicht wasserlösliche Stoffe Globuline (25–30 g/l) werden in 4 Gruppen eingeteilt hauptverantwortlich für die unterschiedliche abzüglich der Gerinnungsfaktoren Aufrechterhaltung des Funktionen = Blutserum kolloidosmotischen Drucks WEISSE BLUTKÖRPERCHEN Menge: 4 000–10 000/μl Blut Hauptaufgabe: Immunabwehr Durchmesser: je nach Zelltyp besitzen einen Zellkern 6–20 μm sind in der Lage, das Blutgefäß Lebensdauer: je nach Zelltyp Stunden zu verlassen und ins Gewebe bis mehrere Jahre überzutreten 2% LEUKOZYTEN & THROMBOZYTEN (ca. 1 % aller Blutzellen) IM BLUT BLUTPLÄTTCHEN Menge: 150 000–350 000/μl Blut IM GEWEBE Durchmesser: 1–3 μm Lebensdauer: 8–10 Tage Hämatokrit (Hkt) = Aufgabe: Blutstillung Anteil der Blutzellen am Blutvolumen haben keinen Zellkern 43 % ERYTHROZYTEN dienen dem Transport bestimmter Stoffe (v.a. O2 bzw. Gerinnungsfaktoren) im Blut können das Blutgefäß im Normalfall nicht verlassen IM BLUT (ca. 99 % aller Blutzellen) ROTE BLUTKÖRPERCHEN Menge: 4–5,5 Mio/μl Blut Durchmesser: 7,5 μm Lebensdauer: ca. 120 Tage Hauptaufgabe: Transport von Atemgasen (O2 und CO2) I care Anatomie, Physiologie (ISBN 978-3-13-241820-2),© 2020. Thieme. All rights reserved. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Usage subject to terms and conditions of license. Die Blutgruppe hängt von bestimmten Oberflächenmerk- malen der Erythrozyten (Blutgruppenantigenen) ab. Blut der Blutgruppe 0 mit dem Merkmal rh– ist bei Transfusionen mit allen anderen Blutgruppen kompatibel. 4% Es gibt nur wenige Menschen dieser Blutgruppe. Sie sind AB/Rh+ als Spender sehr wichtig. 90 85 70 60 9% ml/kg ml/kg ml/kg ml/kg B/Rh+ 35 % 1% AB/rh— 0/Rh+ 2% B/rh— 6% 0/rh— 37 % A/Rh+ 6% α1-Globuline v.a. Transportproteine A/rh— einige sind Teil des Blutgerinnungssystems α2-Globuline β-Globuline auch als Immunglobuline (Ig) bezeichnet Weitere Plasmaproteine sind Faktoren des Komplement- sind als Antikörper Teil des Immunsystems systems (zählt zum Immunsystem) und diejenigen werden von Plasmazellen (einer Form der Gerinnungsfaktoren und Gerinnungshemmer, γ-Globuline B-Lymphozyten) gebildet die keine Globuline sind. Granulozyten Monozyten Makrophagen Lymphozyten Mastzellen dendritische Zellen Vom Knochenmark werden täglich rund 200 Milliarden Erythrozyten und 500 Milliarden Thrombozyten gebildet. Die Anzahl der gebildeten Leukozyten Sauerstofftransport: kann nicht genau beziffert werden. O2-Aufnahme ca. 200 ml O2/l Blut gebunden am Fe2+ des Hämoglobins 10 % gelöst im Blutplasma 20 % im Körper entstehen ca. 200 ml CO2/min gebunden an Hämoglobin (Aminosäurekette des Globins) 70 % werden von Erythrozyten CO2-Abatmung CO2- in Bikarbonat Transport umgewandelt im Blut I care Anatomie, Physiologie (ISBN 978-3-13-241820-2),© 2020. Thieme. All rights reserved. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Usage subject to terms and conditions of license. l 12 Blut und Immunsystem Tab. 12.2 Funktionen des Albumins und der Globuline. Für die Globuline sind nur einige Beispiele genannt. Plasmaprotein Funktionen Beispiele Albumin Transport u. a. Hormone (z. B. Schilddrüsen- und Steroidhor- – mone), Fettsäuren, Wirkstoffe von Medikamenten kolloidosmotischer Druck Flüssigkeitsaustausch im Kapillargebiet – Regulation des Blut-pH-Wertes Teil des Proteinpuffers – α1-Globuline Transport u. a. Fette und Hormone (z. B. Kortisol, Progesteron) Lipoprotein (HDL) (S. 230), Transcortin Blutgerinnung Gerinnungsfaktor Prothrombin (S. 335) α2-Globuline Transport freies Hämoglobin, Kupfer, Zink Haptoglobin, Coeruloplasmin Blutgerinnung Hemmung der Gerinnung, Fibrinolyse Antithrombin III (S. 336), Plasminogen (S. 336) β-Globuline Transport u. a. Fette und Eisen Lipoprotein (LDL) (S. 230), Transferrin (S. 330) Blutgerinnung Gerinnungsfaktor Fibrinogen (S. 335) Entzündungsmarker wird diagnostisch genutzt Akute-Phase-Proteine, C-reaktives Protein (S. 340) γ-Globuline Immunabwehr Antikörper IgG, IgA, IgM (▶ Tab. 12.10) Weitere Plasmaproteine Neben Albumin und den Globuli- nen befinden sich noch weitere Proteine im Blutplasma, al- WISSEN TO GO lerdings in wesentlich geringeren Mengen. Dazu gehören: die Faktoren des Komplementsystems (S. 340), das zum Immunsystem zählt, und Blutplasma diejenigen Gerinnungsfaktoren und Gerinnungshemmer Blut ohne Blutzellen wird als Blutplasma bezeichnet. Es (S. 334), die nicht zu den Globulinen zählen. besteht zu 90 % aus Wasser, zu ca. 8 % aus Plasmaprotei- nen und zu ca. 2 % aus Elektrolyten. Seine Gesamtmenge Entfernt man die Gerinnungsfaktoren aus dem Blutplasma, beträgt 2,5–3 l. bleibt das Blutserum zurück. Die Plasmaproteine setzen sich aus Albumin (60 %) und Globulinen (40 %) zusammen. Sie sind so groß, dass sie Elektrolyte die Gefäße nicht verlassen können, und sind hauptverant- Nach den Plasmaproteinen stellen die Elektrolyte (S. 275) wortlich für den kolloidosmotischen Druck. Außerdem die zweitgrößte Gruppe der festen Bestandteile des Blut- dienen sie Stoffen, die nicht wasserlösliche sind, als Trans- plasmas dar. Im Gegensatz zu den Plasmaproteinen können portproteine. Auch Bestandteile des Komplement- und die Elektrolyte aus dem Blutgefäß ins Interstitium übertre- des Gerinnungssystems zählen zu den Plasmaproteinen. ten und umgekehrt. Damit ist gewährleistet, dass im gesam- Sie machen aber nur einen geringen Anteil aus. Plasma ten Extrazellularraum – also in den Gefäßen und im Intersti- ohne Gerinnungsfaktoren wird als Blutserum bezeichnet. tium – nahezu dieselbe Elektrolytkonzentration herrscht. Die Globuline werden in 4 Gruppen unterteilt (α1-Glo- Die Bikarbonat-Ionen (HCO3–) des Blutplasmas bilden den buline, α2-Globuline, β-Globuline, γ-Globuline). Die γ-Glo- Bikarbonatpuffer und damit das wichtigste Puffersystem zur buline werden auch Immunglobuline (Ig) oder Antikör- Regulation des Blut-pH-Wertes (S. 277). Das Bikarbonat ent- per genannt und sind Teil des Immunsystems. steht größtenteils in den Erythrozyten, die es aus Kohlen- Bis auf die γ-Globuline, die von bestimmten Leukozyten dioxid bilden (▶ Abb. 12.5). Seine Konzentration wird über gebildet werden, werden die Plasmaproteine alle in der Le- die Niere und die Lunge geregelt. ber hergestellt. Diagnostik Blut liefert wichtige Informationen Blutuntersuchungen zählen bei den meisten Patienten zum diagnos- Erythrozyten tischen Standardprogramm. Und das aus gutem Grund: Das Plasma steht im Kapillargebiet in engem Austausch mit dem interstitiellen Aufgaben Wasser und dieses wiederum mit der intrazellulären Flüssigkeit. Stö- Die Hauptaufgabe der Erythrozyten ist der Transport der rungen von Organfunktionen führen deshalb häufig auch zu Verän- Atemgase (S. 184). Mit ihrem roten Blutfarbstoff (Hämoglo- derungen der Plasmazusammensetzung. Auch die Untersuchung bin) bilden sie außerdem den größten Teil des Proteinpuf- der Blutzellen und der Zellzahl kann aufschlussreich sein. Sie lässt fers des Blutes, des zweitwichtigsten Puffersystems bei der z. B. Rückschlüsse auf Infektionskrankheiten, Abbau- und Bildungs- Regulation des Blut-pH-Wertes. störungen der Blutzellen zu. Dennoch muss man die Ergebnisse der Blutuntersuchung immer im Zusammenhang mit dem Befinden und den klinischen Symptomen des Patienten beurteilen. 316 I care Anatomie, Physiologie (ISBN 978-3-13-241820-2),© 2020. Thieme. All rights reserved. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Usage subject to terms and conditions of license. Blut Form und Größe Aufbau Unter dem Mikroskop erscheinen die Erythrozyten rund Erythrozyten besitzen weder einen Zellkern noch Mitochon- und in der Mitte beiderseits eingedellt (bikonkave Form, drien oder weitere Zellorganellen. Daher sind sie für ihren ▶ Abb. 12.8). Diese Form nehmen sie aber nur in sehr lang- Energiegewinn auf die anaerobe Glykolyse (S. 30) angewie- sam fließendem oder stehendem Blut an. Da sie sich sehr sen, d. h., dass sie für ihr Überleben Glukose benötigen. Die leicht verformen lassen, ändern die Erythrozyten im flie- Lebensdauer eines Erythrozyten beträgt etwa 120 Tage. ßenden Blut ihre Form je nach Gefäßdurchmesser und Fließ- Wichtigster Bestandteil der Erythrozyten ist das Hämoglo- geschwindigkeit. In Blutgefäßen mit einem sehr geringen bin (roter Blutfarbstoff). Es ist Voraussetzung dafür, dass die Durchmesser verändern sie ihre Form so, dass sie es pro- Erythrozyten überhaupt Sauerstoff transportieren können. blemlos durchströmen können. In schnell fließendem Blut Für den Transport des Kohlendioxids (genauer dessen Um- haben die Erythrozyten eher ein stromlinienförmiges, leicht wandlung in Bikarbonat) enthalten die Erythrozyten ein En- dreieckiges Aussehen (▶ Abb. 12.3). Je langsamer das Blut zym, die Carboanhydrase. fließt, desto mehr nähern sie sich der bikonkaven Form. Bei Die Erythrozyten verfügen außerdem über ein Zytoske- einer sehr geringen Fließgeschwindigkeit besteht die Gefahr, lett, das mit der Zellmembran verbunden ist. In die Zell- dass sich die Erythrozyten zu Stapeln („Geldrollen“) zusam- membran sind neben Ionenkanälen auch Wasserkanäle ein- menlagern. gebaut, die Aquaporine. Patho Abweichende Erythrozytenformen Eine veränderte Form der Erythrozyten kann auch ein Hinweis auf WISSEN TO GO bestimmte Erkrankungen sein, z. B.: Kugelform (Sphärozyten): Sie tritt z. B. bei der erblichen Kugelzell- Erythrozyten anämie (hereditäre Sphärozytose) auf. Wegen einer Störung ihrer Membran nehmen die Erythrozyten eine kugelige Form an. Diese Die Erythrozyten transportieren die Atemgase vom Gewe- Form tritt auch bei einer hypotonen Umgebung oder am Lebens- be zur Lunge bzw. umgekehrt. Ihr Durchmesser beträgt ende der Erythrozyten auf. ca. 7,5 µm. Im stehenden Blut haben sie eine bikonkave Sichelzellen: Sie haben die Form einer Mondsichel und kommen Form, d. h., sie sind beidseitig eingedellt. Im fließenden bei der Sichelzellanämie vor. Grund ihrer abweichenden Form ist Blut nehmen sie je nach Fließgeschwindigkeit und Gefäß- ein verändertes Hämoglobin. durchmesser auch andere Formen an. Erythrozyten sind Stechapfelform (Echinozyten): Diese Form entsteht überwiegend kernlos. Ihre Lebensdauer liegt bei etwa 120 Tagen. unter Laborbedingungen. In hypertoner Umgebung schrumpfen die Erythrozyten und bilden dabei kleine Stacheln aus. Echinozyten sind nicht als Hinweis auf eine Erkrankung zu werten. Hämoglobin Der Name des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin (Hb) setzt Trotz ihrer Verformbarkeit kann man durchschnittliche sich aus 2 Teilen zusammen: „Häm“ und „Globin“. Bei den Werte für die Größe der Erythrozyten angeben: Globinen handelt es sich um Aminosäureketten, die um je Dicke: 2 μm und 1 Hämgruppe gefaltet sind. Jedes Hämoglobinmolekül be- Durchmesser: 7,5 μm. sitzt 4 Globine und damit auch 4 Hämgruppen (▶ Abb. 12.4). Jede Hämgruppe wiederum besteht aus einem zweiwertigen Entsprechen die Erythrozyten diesen Angaben, liegt eine Eisenatom (Fe2 + ) und einem Farbstoffmolekül (Porphyrin). Normozytose vor. Bei einem Durchmesser unter 6 μm spricht man von einer Mikrozytose, bei einem Durchmesser über 8 μm von einer Makrozytose. Abb. 12.4 Hämoglobin. Globin Abb. 12.3 Form der Erythrozyten. Paraboloidform bei hoher Fließgeschwindigkeit Hämgruppe Zusammenlagern (Geldrollen) bei niedriger Fließgeschwindig- keit Je nach Fließgeschwindigkeit ändern die Erythrozyten ihre Form. In schnell fließendem Blut nehmen sie die Paraboloidform an Jedes Hämoglobinmolekül besteht aus 4 Globinen und 4 Häm- (oben). Je langsamer das Blut fließt, desto mehr runden sie sich gruppen. Die Globine sind auf diesem Bild unterschiedlich ein- wieder ab. Bei sehr langsamem Blutfluss können sie sich geldrol- gefärbt, damit man sie besser erkennen kann. Aus: Koolman J, Röhm lenartig zusammenlagern (unten). Aus: Behrends JC et al.: Duale Reihe K-H: Taschenatlas Biochemie des Menschen. Thieme 2019. Physiologie. Thieme 2016. 317 I care Anatomie, Physiologie (ISBN 978-3-13-241820-2),© 2020. Thieme. All rights reserved. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Usage subject to terms and conditions of license. l 12 Blut und Immunsystem Patho Methämoglobin Patho Anämien Befindet sich in der Hämgruppe anstelle eines zweiwertigen Eisen- Liegt der Hämatokrit, die Erythrozytenzahl und/oder der Hämoglo- Ions ein dreiwertiges Eisen-Ion (Fe3 + ), spricht man von Methämo- bingehalt unterhalb des Normbereichs, spricht man von einer Anä- globin. Methämoglobin bindet ebenfalls Sauerstoff, gibt ihn aber mie (Blutarmut). Anzeichen für eine Anämie sind eine blasse Haut wesentlich schlechter wieder ab. Ein Methämoglobinanteil von bis und blasse Schleimhäute. Wegen des verminderten Sauerstofftrans- zu 15 % ist unbedenklich, bei einem höheren Methämoglobinanteil ports kommt es bei den Patienten außerdem zu Müdigkeit, Leis- kommt es zu einem Sauerstoffmangel. Ein Methämoglobingehalt tungsabfall und einem erhöhten Puls. Häufig treten auch Kopf- von über 70 % ist in der Regel tödlich. Methämoglobin entsteht nor- schmerzen, Schwindelgefühl und Ohrensausen auf. malerweise nur in geringen Mengen im Körper und wird durch ein Anämien können viele Ursachen haben. Um herauszufinden, um Enzym wieder in Hämoglobin umgewandelt. Erhöhte Werte beruhen welche Form der Anämie es sich handelt, werden u. a. die in meist auf Vergiftungen mit starken Oxidationsmitteln wie z. B. Ani- ▶ Tab. 12.3 genannten Werte bestimmt: linfarbstoffen, Nitroglycerin, Sulfonamiden, Chinin. Bei der hypochromen mikrozytären Anämie ist der Hb-Gehalt verringert und die Erythrozyten sind kleiner als gewöhnlich (MCH Das Eisen-Ion ist die Bindungsstelle für den Sauerstoff, wo- und MCV sind vermindert). Ihre Gesamtzahl ist unverändert. Die bei jedes Eisen-Ion 1 Sauerstoffmolekül binden kann. Ein häufigste Ursache dieser Anämieform ist ein Eisenmangel. Die Ei- Hämoglobinmolekül kann also maximal 4 Sauerstoffmole- senmangelanämie ist die häufigste Anämieform überhaupt. küle transportieren. Bei der normochromen normozytären Anämie ist die Erythrozy- Der Sauerstoff gelangt über Diffusion aus den Alveolen in tenzahl verringert, der Hb-Gehalt und die Größe des einzelnen Ery- die Erythrozyten, bindet dort an das Eisen-Ion und gelangt so throzyten sind dagegen im Normbereich (MCH und MCV sind unver- in die Kapillargebiete der Organe. Im arteriellen Blut sind im ändert). Ursachen können entweder ein Verlust an Erythrozyten Normalfall etwa 98 % der Bindungsstellen für Sauerstoff be- durch Blutungen oder verstärkten Erythrozytenabbau (Hämolyse) setzt, man spricht auch von einer Sauerstoffsättigung von 98 %. sein oder ihre verminderte Bildung (aplastische Anämie durch Zer- Da im Gewebe ein niedrigerer Sauerstoff-Partialdruck herrscht störung des Knochenmarks oder renale Anämie bei chronischer Nie- als im Blut, löst sich der Sauerstoff vom Eisen-Ion. Er verlässt renerkrankung mit verminderter EPO-Bildung). den Erythrozyten, gelangt ins Blut und tritt durch die Kapillar- Bei der hyperchromen makrozytären Anämie sind der Hb-Gehalt wand ins Gewebe über. Damit ist die Bindungsstelle des Hä- und die Größe des einzelnen Erythrozyten erhöht (MCH und MCV sind moglobins wieder frei. Insgesamt verbraucht der Körper aller- erhöht). Zugrunde liegt eine Bildungsstörung der Erythrozyten, weswe- dings nur ca. 25 % des transportierten Sauerstoffs, sodass die gen das unveränderte Hämoglobin auf weniger Zellen verteilt wird, die Sauerstoffsättigung im venösen Blut noch bei etwa 75 % liegt. dann größer sind. Ursache ist häufig ein Vitamin-B12- oder Folsäure- Welche Menge an Sauerstoff insgesamt im Blut an Hämo- mangel. Die vergrößerten Erythrozyten werden als Megalozyten be- globin gebunden ist, kann man leicht ausrechnen, wenn zeichnet, ihre Vorläuferzellen im Knochenmark als Megaloblasten. Diese man die beiden folgende Zahlen kennt: Form der Anämie wird deshalb auch megaloblastäre Anämie genannt. Das Blut enthält ca. 150 g Hämoglobin pro Liter. 1 g Hämoglobin kann 1,34 ml Sauerstoff binden (sog. Hüf- ner-Zahl). WISSEN TO GO Damit werden pro Liter Blut ca. 200 ml Sauerstoff transpor- Hämoglobin tiert. Bei einer Gesamtblutmenge von 5 l kann also rund 1 l Sauerstoff gebunden werden. Für den Sauerstofftransport ist der Sauerstoff im Erythrozy- Je nachdem, ob Sauerstoff gebunden ist oder nicht, ändert ten an den roten Blutfarbstoff (Hämoglobin, Hb) gebunden. das Hämoglobin seine Farbe: Wenn Sauerstoff an die Eisen- Ein Hämoglobinmolekül besteht aus 4 Untereinheiten, die Ionen gebunden ist, wirkt es hellrot, ist kein Sauerstoff ge- sich jeweils aus 1 Globin (Aminosäurekette) und 1 Häm- bunden, dunkelrot. gruppe zusammensetzen. Jede Hämgruppe enthält 1 Eisen- Ion (Fe2 + ), an das der Sauerstoff bindet. Wie viele dieser Bin- Diagnostik Erythrozytenindizes dungsstellen im arteriellen Blut durch ein Sauerstoffatom Außer dem Hämatokrit und der Erythrozytenzahl können beim roten besetzt sind, wird mit der Sauerstoffsättigung angegeben. Blutbild noch weitere Werte untersucht bzw. errechnet werden Deren Normalwert liegt bei 98 %, d. h., dass an nur 2 % der (▶ Tab. 12.3). Sie sind vor allem bei der Diagnostik der verschiede- Hämgruppen kein Sauerstoff gebunden ist. Die Sauerstoff- nen Arten der Anämie wichtig. sättigung im venösen Blut liegt bei ca. 75 %. Tab. 12.3 Wichtige Erythrozytenindizes. Parameter Bedeutung Normalwert* Bestimmung Verwendung Hb Hämoglobinkon- Gehalt an Hämoglobin Männer 13–18 g/dl photometrische Messung in Nachweis und Verlaufsbeurtei- zentration pro Volumeneinheit Frauen 11,7–16 g/dl einer EDTA-Vollblut-Probe lung von Anämien, Polyglobu- (meist Deziliter) Blut lien und Polyzythämien MCV mittleres korpus- durchschnittliches 80–100 fl Einteilung von Anämien nach Hämatokrit ½l=l kuläres Volumen Erythrozytenvolumen ¼ 6 Zellgröße (normo-, mikro- Erythrozytenzahl ð10 =μlÞ oder makrozytär) MCH mittlerer korpus- durchschnittlicher 26–34 pg Einteilung von Anämien nach Hämoglobin ½g=l kulärer Hämoglo- Hb-Gehalt eines ein- ¼ Hb-Gehalt (normochrom, bingehalt zelnen Erythrozyten Erythrozytenzahl ð1012 =μlÞ hypochrom, hyperchrom) * Die Angaben der Normalwerte sind nicht einheitlich. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Werte sind die vom jeweiligen Labor angegebenen Referenzwerte. 318 I care Anatomie, Physiologie (ISBN 978-3-13-241820-2),© 2020. Thieme. All rights reserved. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Usage subject to terms and conditions of license. Blut Carboanhydrase hilfe der Carboanhydrase – in Kohlendioxid um. Weil der Partialdruck von Kohlendioxid in den Kapillaren höher ist Während nahezu der gesamte Sauerstoff an Hämoglobin ge- als in den Alveolen, diffundiert das Kohlendioxid durch die bunden transportiert wird, ist das bei Kohlendioxid anders. Erythrozytenmembran, das Blutplasma und die Blut-Luft- Pro Minute entstehen im Körper in Ruhe etwa 200 ml Koh- Schranke in die Alveolen und wird abgeatmet. lendioxid. Davon werden nur rund 20 % an Hämoglobin ge- Genauso wie nur ein Teil des Sauerstoffs verbraucht wird, bunden, wobei das Kohlendioxid nicht an das Eisen-Ion, wird auch nur ein Teil des Bikarbonats wieder in Kohlen- sondern an die Aminosäureketten des Globins bindet. Hä- dioxid umgewandelt und abgeatmet. Der Rest bleibt im Plas- moglobin, das Kohlendioxid gebunden hat, wird als Carba- ma und bildet dort den Bikarbonatpuffer. minohämoglobin bezeichnet. Etwa 10 % des Kohlendioxids werden in gelöster Form im Blutplasma transportiert. Den weitaus größten Teil (ca. 70 %) wandeln die Erythrozyten in WISSEN TO GO Bikarbonat um, das sie anschließend teilweise ans Blut ab- geben. Das Enzym, das sie dafür benötigen, ist die Carboan- hydrase. Carboanhydrase Kohlendioxid entsteht bei der inneren Atmung (S. 162) als Auch beim Transport von Kohlendioxid spielen die Ery- Stoffwechselprodukt in den Zellen, die es an das Interstitium throzyten eine Rolle: CO2 gelangt aus dem Gewebe über abgeben. Von dort gelangt es über die Kapillarmembran zu- das Blutplasma in die Erythrozyten. Dort wandelt das En- nächst ins Blutplasma und anschließend durch die Erythro- zym Carboanhydrase das Kohlendioxid in Bikarbonat und zytenmembran in das Innere der roten Blutkörperchen. Hier Protonen um. Ein Großteil des Bikarbonats verlässt den trifft es auf die Carboanhydrase. Sie wandelt das Kohlen- Erythrozyten und gelangt ins Plasma, wo es Bestandteil dioxid in ein Bikarbonat- und ein Wasserstoff-Ion um, wobei des Bikarbonatpuffers ist. In den Lungenkapillaren tritt das als Zwischenstufe Kohlensäure entsteht (▶ Abb. 12.5). Der Bikarbonat wieder in die Erythrozyten über, wird von der Erythrozyt gibt etwa ⅔ des Bikarbonats ans Plasma ab. Das Carboanhydrase in Kohlendioxid zurückverwandelt und Wasserstoff-Ion bleibt im Erythrozyten, wo es durch das Hä- abgeatmet. moglobin abgepuffert wird. Auch das restliche Drittel des Bi- karbonats verbleibt im Erythrozyten. Im Kapillargebiet der Lunge nehmen die Erythrozyten Bi- Blutgruppensysteme karbonat aus dem Plasma auf und wandeln es – wieder mit- Welcher Blutgruppe man angehört, hängt davon ab, welche Strukturen auf der Oberfläche der Erythrozyten vorhanden Abb. 12.5 Transport von Kohlendioxid im Blut. sind. Bei diesen Strukturen kann es sich z. B. um Proteine oder Lipidverbindungen handeln. Sie werden als Blutgrup- Blutplasma Gewebe innere penantigene bezeichnet. Die unterschiedlichen Blutgrup- Atmung pensysteme nutzen diese Antigene für die Einteilung in ver- CO2 schiedene Blutgruppen. Die wichtigsten Blutgruppensyste- me sind das AB0- und das Rhesus-System. Die Blutgruppen Erythrozyt sind besonders bei Bluttransfusionen von Bedeutung, da bei Carboanhydrase nicht passenden Blutgruppen das Spender- und das Emp- H2O + CO2 fängerblut verklumpen können (Agglutination). H2CO3 Umwandlung AB0-System Bei diesem Blutgruppensystem liegen der Ein- in Bikarbonat teilung in die verschiedenen Blutgruppen bestimmte Glyko- H+ HCO3– (ca. 70 %) puffert lipide zugrunde, die in der Erythrozytenmembran verankert Hb sind. Glykolipide sind Verbindungen aus einem Lipid und CO2 CO2 einem Zuckerrest. Dieser Zuckerrest stellt das Antigen dar HCO3– frei im und bestimmt damit die Blutgruppe: Hb (ca. ⅔) Plasma Blutgruppe A: Bei den Erythrozyten von Menschen der (ca. 10 %) Blutgruppe A befindet sich das Antigen A auf der Oberflä- an Hämoglobin H+ + HCO3– che. gebunden Carboanhydrase Blutgruppe B: Bei den Erythrozyten von Menschen der (Carbamino- H2CO3 hämoglobin) Blutgruppe B befindet sich das Antigen B auf der Oberflä- (ca. 20 %) H2O CO2 che. Blutgruppe AB: Bei den Erythrozyten von Menschen der Rückumwandlung Blutgruppe AB befindet sich sowohl das Antigen A als auch in CO2 in den das Antigen B auf der Oberfläche. Lungenkapillaren Blutgruppe 0: Bei den Erythrozyten von Menschen der Lunge Blutgruppe 0 befindet sich weder das Antigen A noch das Antigen B auf der Oberfläche. Atemluft (äußere Atmung) Die Antigene als solche sind bei Bluttransfusionen weniger problematisch. Grund für die „Unverträglichkeit“ der Blut- Der überwiegende Teil des Kohlendioxids wird in den Erythrozy- gruppen sind vielmehr die Antikörper (S. 347), die gegen das ten in Bikarbonat umgewandelt. Vor der Abatmung über die jeweilige Antigen gerichtet sind. Dabei handelt es sich um Lunge erfolgt die Rückumwandlung in Kohlendioxid. Der freie Plasmaproteine (S. 313), genauer γ-Globuline Typ M (Immu- Transport im Plasma und die Bindung an Hämoglobin (Hb) ma- noglobulin M, kurz IgM). Sie werden in den ersten Lebens- chen nur einen geringen Teil des Kohlendioxidtransports aus. wochen gebildet (ohne dass dafür Kontakt mit Fremdblut 319 I care Anatomie, Physiologie (ISBN 978-3-13-241820-2),© 2020. Thieme. All rights reserved. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Usage subject to terms and conditions of license. l 12 Blut und Immunsystem Tab. 12.4 Eigenschaften der Blutgruppen. Blutgruppe Antigen Serum-Antikörper kann Erythrozyten kann Plasmaspende Häufigkeit der empfangen von empfangen von Blutgruppe A A Anti-B A und 0 A und AB 44 % B B Anti-A B und 0 B und AB 10 % AB A und B keine A, B, AB und 0 AB 4% 0 weder A noch B Anti-A und Anti-B nur 0 A, B, AB und 0 42 % Abb. 12.6 AB0-System. tion, weil die Antikörper des Spenderplasmas die Erythrozy- ten des Empfängers würden verklumpen lassen. Die Antikörper können die Plazentaschranke (S. 599) nicht durchdringen und sind deshalb während der Schwanger- schaft auch bei Eltern mit unterschiedlichen Blutgruppen unproblematisch. Welche Blutgruppen man bei Erythrozy- ten- und Plasmatransfusionen miteinander kombinieren kann, steht in ▶ Tab. 12.4. Patho Universalspender und -empfänger Anti-B- Anti-A- Im Zusammenhang mit Blutspenden und -transfusionen fallen häu- A-Antigen Antikörper Antikörper B-Antigen figer die Begriffe „Universalspender“ und „Universalempfänger“. Blutgruppe A Je nach Blutprodukt gehören diese Spender oder Empfänger unter- Blutgruppe B schiedlichen Blutgruppen an: Menschen mit der Blutgruppe 0 besitzen Erythrozyten ohne Oberflächenantigene. Deshalb sind sie: Universalspender für rote Blutkörperchen: Ihre Erythrozyten kön- nen bei Patienten aller Blutgruppen verwendet werden, weil sie nicht mit Blutgruppenantikörpern aus dem Patientenplasma reagieren. Universalempfänger für Blutplasma: Sie können das Plasma von Angehörigen aller Blutgruppen empfangen, weil ihre Erythro- zyten nicht mit den Blutgruppenantikörpern des Spenderplasmas reagieren. A-Antigen Anti-A- Anti-B- Bei Menschen mit der Blutgruppe AB kommen keine Blutgruppen- B-Antigen Antikörper Antikörper antigene im Plasma vor. Deshalb sind sie: Blutgruppe AB Blutgruppe 0 Universalspender für Blutplasma: Da es keine Blutgruppenanti- körper enthält, kann ihr Plasma bei Angehörigen aller Blutgruppen Die Oberflächenantigene A und B bestimmen, welche Blutgrup- verwendet werden. pe vorliegt. Antikörper werden automatisch gegen diejenigen Universalempfänger für rote Blutkörperchen: Sie können Ery- Antigene entwickelt, die nicht auf der Erythrozytenoberfläche throzyten aller Blutgruppen empfangen, da ihr Plasma keine Anti- vorhanden sind. körper enthält, die auf die Oberflächenantigene der Erythrozyten reagieren könnten. notwendig ist) und richten sich gegen das Antigen, das im Blut nicht vorkommt (▶ Abb. 12.6 und ▶ Tab. 12.4): Diagnostik Bedside-Test Menschen mit Blutgruppe A bilden Antikörper gegen das Der einfachste und schnellste Test zur Bestimmung der Blutgrup- Antigen B (Anti-B-Antikörper). pen ist der sogenannte Bedside-Test (▶ Abb. 12.7). Man verwendet Menschen mit Blutgruppe B bilden Antikörper gegen das dafür ein Kärtchen mit mehreren Vertiefungen. In den einzelnen Ver- Antigen A (Anti-A-Antikörper). tiefungen befinden sich Anti-A- und Anti-B-Test-Seren entsprechend Menschen mit Blutgruppe AB bilden keine Blutgruppen- der Blutgruppeneinteilung nach dem AB0-System. Einige Tropfen des antikörper. Patientenblutes werden nun in die Vertiefungen gegeben. Nach eini- Menschen mit Blutgruppe 0 bilden sowohl Anti-A- als ger Zeit kann dann eine Antigen-Antikörper-Reaktion abgelesen auch Anti-B-Antikörper. werden, die auf die Blutgruppe schließen lässt. Um Verwechslungen zu vermeiden, muss dieser Test auch direkt vor einer Blutspende mit Erhielte nun ein Angehöriger der Blutgruppe A eine Trans- dem Blut des Patienten durchgeführt werden, auch wenn dessen fusion mit Erythrozyten eines Spenders mit Blutgruppe B, Blutgruppe eigentlich bereits bekannt ist. Dann wird die Patienten- würden die Anti-B-Antikörper des Empfängers nach dem blutprobe mit der Angabe auf der Blutkonserve vergleichen, um si- Schlüssel-Schloss-Prinzip an die Antigene der Spender-Ery- cherzustellen, dass nicht versehentlich eine unpassende Konserve throzyten binden. Da ein Antikörper mehrere Antigen-Bin- verwendet wird. Denn wenn Spender- und Empfänger-Blutgruppe dungsstellen besitzt, würden die Spender-Erythrozyten ver- nicht zusammenpassen, kommt es zu einer Antigen-Antikörper- klumpen. Reaktion. Sie führt dazu, dass körperfremde und körpereigene rote Ähnlich verhält es sich mit Plasmaspenden: Empfinge ein Blutkörperchen verklumpen. Man bezeichnet dies auch als Aggluti- Patient mit Blutgruppe A Plasma eines Spenders mit Blut- nation. Diese Reaktion ist lebensbedrohlich. Der Bedside-Test heißt gruppe B, käme es ebenfalls zu einer Unverträglichkeitsreak- so, weil er am Bett des Patienten durchgeführt wird. 320 I care Anatomie, Physiologie (ISBN 978-3-13-241820-2),© 2020. Thieme. All rights reserved. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Usage subject to terms and conditions of license. Blut Abb. 12.7 Bedside-Test. Ergebnis Blut- gruppe Vertiefung mit Vertiefung mit →B Anti-A-Antikörpern Anti-B-Antikörpern Zugabe von Patientenblut Anti-A Anti-B →A Anti-A Anti-B Anti-A Anti-B Anti-A Anti-B →0 keine Verklumpung Anti-A Anti-B Verklumpung → AB Anti-A Anti-B Das Blut des Patienten wird mit Serum vermischt, das entweder Anti-A- oder Anti-B-Antikörper enthält. Eine Verklumpung zeigt an, welche Blutgruppen-Antigene im Patientenblut vorkommen. Verklumpt das Blut z. B. bei Zugabe des Serums mit Anti-B-Antikörpern, kommt im Patientenblut das Blutgruppenantigen B vor. Tab. 12.5 Vererbung der AB0-Blutgruppenmerkmale. A und B sind gegenüber 0 dominant. Allel der Mutter Allel des Vaters Genotyp Blutgruppe A A AA A A B AB AB A 0 A0 A B A AB AB B B BB B B 0 B0 B 0 A A0 A 0 B B0 B 0 0 00 0 Blitzlicht Pflege Transfusionsreaktion einzelnen Menschen zu. Welche Blutgruppe vorliegt, wird Trotz des vorgeschriebenen Bedside-Tests und anderer Maßnahmen, von den beiden Allelen (S. 85) des „Blutgruppengens“ be- die vor einer Bluttransfusion durchgeführt werden müssen, kommt stimmt. Dabei sind A und B dominant gegenüber 0 und un- es leider immer wieder zu einer Verwechslung von Blutkonserven. tereinander kodominant. Da man jeweils ein Allel vom Vater Achten Sie deshalb schon während der Transfusion bei den Patien- und eines von der Mutter erbt, bedeutet das, dass z. B. das ten v. a. auf Beschwerden wie Fieber, Schüttelfrost, Schwindel, Erbre- Kind einer Mutter mit den Allelen AB (also Blutgruppe AB) chen, Kopfschmerzen, Unruhe und Juckreiz. Manche Patienten kla- und eines Vaters mit den Allelen AA (also Blutgruppe A) nur gen auch über Hitzewallungen und Rückenschmerzen. Solche Symp- die Blutgruppe A (AA) oder AB haben kann. Hat das Kind da- tome können Hinweis auf eine Transfusionsreaktion sein – also eine gegen die Blutgruppe B (also entweder die Allelen BB oder Antigen-Antikörper-Reaktion zwischen Spender- und Empfängerblut B0) ist es sehr wahrscheinlich, dass es sich um einen ande- mit Agglutination. Eine schwere Transfusionsreaktion kann zu ren Vater handelt. Dieser müsste entweder die Blutgruppe B Schock, hämolytischer Anämie und akutem Nierenversagen führen. (BB oder B0) oder die Blutgruppe AB haben. Die möglichen Allel-Kombinationen und die Blutgruppen, die sich daraus Da bekannt ist, wie die Merkmale des AB0-Blutgruppensys- ergeben, sind in ▶ Tab. 12.5 aufgeführt. tems vererbt werden, lässt die Blutgruppenzugehörigkeit auch grobe Rückschlüsse auf die Verwandtschaft zwischen 321 I care Anatomie, Physiologie (ISBN 978-3-13-241820-2),© 2020. Thieme. All rights reserved. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Usage subject to terms and conditions of license. l 12 Blut und Immunsystem halb erst beim Zweitkontakt, bei dem dann die Antikörper bereits vorhanden sind. WISSEN TO GO Plazentagängigkeit: Die Rhesus-Antikörper durchdringen die Plazentaschranke, da sie kleiner sind als die AB0-Anti- AB0-Blutgruppensystem körper. Sie gehören zwar ebenfalls zu den γ-Globulinen, al- lerdings zum Typ G (Immunglobulin G, kurz IgG). Zu welcher Blutgruppe man gehört, hängt davon ab, ob auf der Erythrozytenmembran bestimmte Moleküle vor- handen sind oder nicht. Diese Moleküle werden als Blut- Patho Rhesus-Unverträglichkeit Bei einer Rh-negativen Mutter und einem Rh-positiven Vater besteht gruppenantigene bezeichnet. die Möglichkeit, dass das Kind ebenfalls Rh-positiv ist. Während der Beim AB0-System unterscheidet man anhand bestimm- Geburt gelangen Erythrozyten des Kindes in den mütterlichen Kreis- ter Blutgruppenantigene 4 Blutgruppen, wobei A und 0 lauf und lösen bei der Mutter die Bildung von Rhesus-Antikörpern die häufigsten Blutgruppen sind. Gegen die Blutgruppen- aus. Beim 1. Kind ist das unproblematisch, weil die Antikörperbil- antigene, die auf den Erythrozyten nicht vorhanden sind, dung erst nach der Geburt erfolgt. Kommt es allerdings zu einer bilden sich in den ersten Lebenswochen automatisch Anti- 2. Schwangerschaft mit einem Rh-positiven Kind, sind die Antikör- körper: Blutgruppe A: Die Erythrozyten tragen das Blutgruppen- per von Anfang an vorhanden. Sie gelangen über die Plazenta in das kindliche Blut und binden dort an die fetalen Erythrozyten. Die antigen A, im Plasma befinden sich Anti-B-Antikörper. Blutgruppe B: Die Erythrozyten tragen das Blutgruppen- so markierten Erythrozyten werden dann in der Milz des Kindes ab- gebaut. Werden mehr Erythrozyten abgebaut als gebildet, ent- antigen B, im Plasma befinden sich Anti-A-Antikörper. Blutgruppe AB: Die Erythrozyten tragen das Blutgrup- wickelt das Kind schon vor der Geburt eine Anämie (Anaemia neo- natorum). Durch den vermehrten Erythrozytenabbau fällt auch penantigen A und B, das Plasma enthält keine Blutgrup- mehr Bilirubin an, und nach der Geburt kommt es zur Neugebore- penantikörper. Blutgruppe 0: Die Erythrozyten tragen weder das Blut- nengelbsucht (Icterus neonatorum). Um die Gefährdung des 2. Kindes auszuschließen, werden betrof- gruppenantigen A noch B, im Plasma befinden sich Anti- fenen Müttern nach der Geburt ihres 1. Kindes Anti-D-Antikörper in- A- und Anti-B-Antikörper. travenös verabreicht. Diese binden an die Rhesus-Antigene der kind- Bei Blut- bzw. Plasmatransfusionen müssen die Blutgrup- lichen Erythrozyten im Blut der Mutter, sodass die Mutter keine eige- pen von Spender und Empfänger unbedingt so kombiniert nen Antikörper bildet. Antikörper und fetale Erythrozyten werden werden, dass die Blutgruppenantigene und die passenden schließlich abgebaut. Damit sind auch bei einer erneuten Schwan- Blutgruppenantikörper nicht aufeinandertreffen (wie es gerschaft keine Rhesus-Antikörper im Blut der Mutter vorhanden. beispielsweise bei einer Blutgruppe-A-Übertragung auf ei- nen Blutgruppe-B-Empfänger geschehen würde). Andern- falls würde das Blut verklumpen (Agglutination). WISSEN TO GO Rhesus-System Bei den Merkmalen, die dem Rhesus-System Rhesus-Blutgruppensystem zugrunde liegen, handelt es sich um verschiedene Protein- antigene auf der Oberfläche der Erythrozyten. Der Name Die Einteilung im Rhesus-Blutgruppensystem ist abhän- Rhesus-System rührt daher, dass die betreffenden Antigene gig davon, ob auf der Erythrozytenmembran das Anti- zuerst an Rhesus-Affen erforscht wurden. gen D ausgeprägt ist oder nicht. Ist das Antigen D vorhan- Das wichtigste Rhesus-Antigen ist das Antigen D (Rhesus- den, ist man Rhesus-positiv (Rh+), fehlt es, ist man Rhe- Faktor). Menschen, auf deren Erythrozytenmembran dieses sus-negativ (rh–). 85 % der Bevölkerung sind Rhesus-posi- Merkmal ausgeprägt ist, werden als Rhesus-positiv (Rh-posi- tiv. Rhesus-Antikörper werden nur von Rhesus-negativen tiv oder Rh+) bezeichnet, diejenigen, deren Erythrozyten das Menschen gebildet, und das auch nur dann, wenn ihr Blut Merkmal nicht besitzen, als Rhesus-negativ (Rh-negativ in Kontakt mit Rhesus-positivem Fremdblut kam (z. B. bei oder rh–). Der Rhesus-Faktor wird dominant vererbt und der Geburt eines Rhesus-positiven Kindes oder bei einer kommt bei ca. 85 % der Bevölkerung vor. Bei der Angabe des Bluttransfusion). Genotyps (S. 86) wird das Vorhanden- oder Nichtvorhan- densein des Merkmals durch Groß- bzw. Kleinschreibung ausgedrückt: