Sozialpolitik / Altersvorsorge PDF

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This presentation, dated November 28, 2023, discusses social policy and retirement planning from a Swiss perspective. Key topics include social objectives, efficiency, and the challenges of measuring and implementing social policies. It's focused on academic discussion.

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Sozialpolitik / Altersvorsorge Monika Bütler [email protected] @monikabuetler, @monikabuetler.bsky.social 28. November 2023 / UZH, Tobias Straumann Was ist überhaupt Sozialpolitik? • Definition Sozialpolitik (BSV): Bestrebungen und Massnahmen, welche darauf angelegt sind, die Nöte und Schwier...

Sozialpolitik / Altersvorsorge Monika Bütler [email protected] @monikabuetler, @monikabuetler.bsky.social 28. November 2023 / UZH, Tobias Straumann Was ist überhaupt Sozialpolitik? • Definition Sozialpolitik (BSV): Bestrebungen und Massnahmen, welche darauf angelegt sind, die Nöte und Schwierigkeiten von Einzelnen oder Gruppen zu verhüten, zu mildern oder zu beheben oder gezielt sozial benachteiligte Personengruppen zu unterstützen. • Ziele der Sozialpolitik: − soziale Gerechtigkeit (Verteilungsgerechtigkeit, Chancengleichheit) − soziale Sicherheit − sozialer Friede − Hebung d. Wohlstands & Ausweitung der Teilhabe daran. Zielkonflikt der Sozialpolitik Leistungen Sozialer Ausgleich Effizienz Anreize Finanzierung Effizienz  sozialer Ausgleich • Ausgangspunkt: • Anreize: Menschen reagieren auf Steuern und Transfers • Budgetbeschränkung: Leistungen kosten • Asymmetrische Informationen • Einkommensverteilung («Gerechtigkeit») beruht auf einem Werturteil • Verhaltensanpassungen (Arbeit, Sparen, Gesundheitsinvestitionen) => Verzerrungen • Keine eindeutig „richtige“ Sozialpolitik Anreize ändern das Verhalten – und beeinflussen den Ausgleich 3.5 Scheidungsraten 3 2.5 2 1.5 1 0.5 0 1980 1985 1990 1995 55-75 Quelle: Bütler (2016, Daten BfS) 2000 Total 2005 2010 Der klassische Zielkonflikt vernachlässigt nicht-finanzielle Ebene • Bemessung ist beeinflussbar • Steuern • Subventionen (KiTa, Krankenkasse) • Bedarf: Sozialhilfe & EL • Zugang zu vielen – im weiteren Sinne sozialpolitischen – Leistungen ist «rationiert» • Subventionierter Wohnraum • Subventionierte KiTaplätze • Mobilität • Information bei komplizierten Programmen • Politischer Prozess privilegiert Akademiker*innen Interessen Zielkonflikt der Sozialpolitik Leistungen Sozialer Ausgleich Effizienz Anreize Finanzierung Die Tücken der Bemessung • Zeit ist Geld: In der Regel basieren sozialpolitische Massnahmen auf dem Einkommen, aber • Einkommen ist keine exogene Grösse • Verfügbare Zeit als wichtige Komponente des Lebensstandards • Vernachlässigung des Lebenszyklus • Pech gehabt oder selber schuld: Optimale Sozialpolitik müsste davon abhängen, ob Bemessungsgrundlage beeinflusst werden kann oder nicht: • Kann: Eigenverantwortung der Individuen; «natural reward principle»; keine Kompensation • Kann nicht: Pechvögel sollten kompensiert werden: «compensation principle», same luck  same welfare Altersvorsorge ist Versicherung … allerdings eine eigenartige Gedankenexperiment: Was wäre, wenn die Rentenhöhe von der Lebenserwartung abhinge? 1310 Fr. 1170 Fr. 1000 Fr. 1210 Fr. 1570 Fr. Zugang: Zwischen Absicht & Realität • Kinderbetreuung: Akademikerkinder sind – bei gleicher Beschäftigung – rund 3 mal häufiger in Krippen als Arbeiterkinder. • Zugang zu Krippenplätzen • Oft keine Bindung der Subventionen an Beschäftigungsgrad • Verbilligter Wohnraum Ausländer*innen (und einkommensschwache Haushalte) sind untervertreten in subventionierten und genossenschaftlichen Wohnungen. • Höhere Bildung: Akademikerkinder studieren viel häufiger als Arbeiterkinder. • Mobilität (und sonstiger Public Service) deutlich häufiger von Gutverdienenden beansprucht Schweiz Bsp. Einkommensmobilität 15 Dänemark 18 Schweden 18 Norwegen 19 Kanada 22 Italien 25 USA 34 0 10 20 30 Rang-Rang Steigung Schweiz 13% Schweden 16% Italien 10% USA 8% 0% «American Dream» 40 5% 10% 15% «American Dream» Kennzahl Quelle: Chuard-Keller & Schmiedgen (2021): Switzer-Land of Opportunity: Intergenerational Income Mobility in the Land of Vocational Education 20% Hohe Einkommensmobilität – tiefe Bildungsmobilität Fam Wikeit das mit lowin come St 80% g VETLaudbann/ Ausbildung Wikeit yow mit das Fam Kind it income cymi/ Hochschul- Ausbildung Lenve mit uni Nur Lenre Abschluss Quelle: Chuard-Keller & Schmiedgen (2021): Switzer-Land of Opportunity: Intergenerational Income Mobility in the Land of Vocational Education Hohe Einkommensmobilität – tiefe Bildungsmobilität  Hohe Einkommensmobilität in der Schweiz  Bildungsweg hängt stark vom Einkommen der Eltern ab, Humankapital nicht  Tiefe Bildungsmobilität nicht unproblematisch Quelle: Chuard-Keller & Schmiedgen (2021): Switzer-Land of Opportunity: Intergenerational Income Mobility in the Land of Vocational Education Stärkung Zielgenauigkeit: leider kein • Anreize • Bemessungsgrundlagen überprüfen • Wandel: Lebensformen / Arbeitsmarkt • Manipulierbarkeit • Zeitdimension berücksichtigen • Zugang für Benachteiligte sichern • 0 Hürde ist nicht optimal • Gutscheine, Los statt Kriterien • Heikel: direkte Ansprache • Komplexität ist regressiv und ausschliessend => keep it simple Alterssicherung Quelle: Föllmi, Schmidt und Jäger (2019): ≪Demografischer Wandel und dessen Auswirkungen auf die Produktivität und das Wirtschaftswachstum≫. Grundlagen für die Wirtschaftspolitik Nr. 1. Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Bern. Online Befragung: Gruppe 1 Beitragssatz 80% 70% 60% Prozent 50% 40% 30% 20% 10% 0% Tief (14%) Quelle: Marteen von Rooij & Federica Teppa (2014) Mittel (16%) Hoch (18%) Online Befragung: Gruppe 2 Beitragssatz 80% 70% 60% Prozent 50% 40% 30% 20% 10% 0% Tief (14%) Mittel (16%) Hoch (18%) Online Befragung: Gruppe 3 Beitragssatz 80% 70% 60% Prozent 50% 40% 30% 20% 10% 0% Tief (14%) Mittel (16%) Hoch (18%) Drei Aufgaben der (Alters-)Vorsorge – staatlich und privat Versicherung gegen Lebensrisiken Schutz der Gesellschaft vor den anderen Schutz vor eigenen Planungsfehlern Vorsorge versichert Individuen gegen Folgen grosser Lebensrisiken (Tod, Krankheit, Erwerbslosigkeit) Weshalb nicht stärker privat versichern? - Gesellschaftlicher Grundkonsens => Existenzsicherung Verfassung - Grosse Risikounterschiede => kaum privaten Anbieter - Ausgleich / Umverteilung innerhalb einer Generation - Ausgleich zwischen Generationen Schon die Messung ist tückisch… Quelle: OECD Income Distribution Database, http://www.oecd.org/social/income-distribution-database.htm (July 2021 version). Vorsorge schützt die Gesellschaft vor finanziell leichtsinnigem Verhalten der anderen «Der Bundesrat will verhindern, dass Pensionierte ihr Pensionskassengeld verprassen und anschliessend der Allgemeinheit auf der Tasche liegen, indem sie Ergänzungsleistungen (EL) beziehen.» (NZZ, 13.11.15) Kapitalbezug - mit Nebenwirkungen • Garantierte Grundsicherung liegt rund 40% über der Maximalrente der 1. Säule. • Konsequenz: Kapitaloption kann individuell optimal sein, aber teuer für Allgemeinheit − Tiefes Alterskapital: Auszahlung immer optimal − sonst: Individuelle Abwägung zw möglichst hohem Geldwert der Leistungen (Auszahlung) und einem möglichst konstanten Konsumniveau (Verrentung) − Faktoren: Lebenserwartung, Familiensituation, Steuern, Risikobereitschaft, usw Nichtbeabsichtigte Folgen der Politik: Rückgriff auf EL Yaari (1965) + Steuern Quelle: Bütler, Peijnenburg & Staubli (2017) Wie im Lehrbuch: 19% Senkung des Umwandlungssatzes > Wie noch die Rente ist im ugl . zum Capital .3 5.5 .4 6 6.5 7 Conversion rate Fraction lump sum .5 .6 .7 7.5 .8 8 .9 - 2001 reagieren auf Anderung des umwandlungsQuelle: Bütler; Staubli, Zito (2013) A > - Lente 2002 2003 2004 Retirement by month Lump sum (T) CR (T) Lump sum (C) CR (C) 2005 Verhaltens«anomalien»: Standardoption gewinnt fast immer Lebensmittel Kleidung Industrie e Industrie d Industrie c Industrie b Industrie a Stadt Verkehr 0 Quelle: Bütler & Teppa (2007) 20 40 60 Rente Gemischt Kapital 80 100 Institutionelle Vorsorge schützt uns vor eigenen Planungsfehlern * Richard Thaler (& Cass Sunstein: Nudge (2008)) Die Qual der Wahl: Planungsfehler Teilprivatisierung schwedische Altersvorsorge 2000 456 Investitionsfonds 30% wählten Standard Option (obwohl aktiv (staatlich) davon abgeraten wurde) Und die anderen 70%? Riskanter / teuer / wenig diversifiziert macht haben quasi alles faisch ge kann was man falsch machen > - 4% (>> 0.2%) Contura Fond Quelle: Cronqvist and Thaler (2004) + 534% - 69% (bis 2003) Herausforderung Vorsorgewissen: «Big 3 Q» der Financial Literacy 1.Zins: Sie haben 100 Franken auf ihrem Sparkonto, der Zins beträgt 2%. Wie hoch sind ihre Ersparnisse nach 5 Jahren? a) weniger als, b) genau, c) mehr als 102 Fr. 2.Inflation: Der Zins auf dem Sparkonto ist 1%, die Inflation 2%. Wie viel können sie nach 1 Jahr mit ihren Ersparnissen kaufen? a) mehr als, b) gleichviel wie, c) weniger als heute 3.Risikodiversifikation: Ist die folgende Aussage richtig oder falsch? “Der Kauf von Aktien einer einzelnen Firma ergibt eine sicherere Rendite als ein Indexfond.” o Bei allen 3 Fragen: Weiss nicht / Verweigerung Quelle: Lusardi & Mitchell, 2008, 2011 Lücken in der Financial Literacy und Vorsorgeplanung (Wie) lässt sich die viel grössere Lücke bei den Frauen erklären? Quelle: Lusardi & Mitchell, 2008, 2011; Brown und Graf (2013) Lücken in der Financial Literacy und Vorsorgeplanung 1 Frauen9etrauen sich nicht . . 2 weniger Exposure bei ↳ Frauen betassen sich wenige Mit celd > - «weiss nicht» wenn man nur alleinstehende Frauen mitberechnet, gibt es kein Geschlecht unterschied Quelle: Lusardi & Mitchell, 2008, 2011; Brown und Graf (2013) Herausforderung Lebenserwartung: Aufgeschobene Rente Zahlenbeispiel: Zu erzielende monatliche Rente von 1500 (=> Existenzminimum zs mit AHV), Kapitalbedarf bei UWS 5.4% - Unmittelbare Rente ab 65: ca 330’000 CHF - Aufgeschobene Rente ab 80: ca 100’000 – 120’000 CHF (single life) Herausforderung Krisen: Mehr Nachfrage nach “sicheren” Werten Von Finanzkrise betroffene Sektoren Von Finanzkrise NICHT betroffene Sektoren Quelle: Bütler & Ramsden (2016) Herausforderung Ungleichheit: Altersvorsorge als Ausgleich?! Herausforderung Inflation: Sollen BV Renten indexiert werden? Quelle Graphik: KOF Analysen 2023(3) Herausforderung Inflation: Sollen BV Renten indexiert werden? Quelle Graphik: KOF Analysen 2023(3) - Inflationsversicherung muss im Kapitaldeckungsverfahren vorfinanziert werden: => UWS 20-25% tiefer - Noch grössere Komplexität im BVG (Ventil Inflationsanpassung entfällt) - Konsumprofile im Alter tendenziell abnehmend (Ausnahme Pflege) - Von Inflationsindexierung profitieren Menschen mit hoher Lebenserwartung => stärkere Umverteilung - Selbstversicherung in gewissem Grade möglich (+ indexierte AHV Rente) Herausforderung Arbeit im Alter Ältere sind genau so produktiv … … und profitieren kognitiv von der Arbeit Quellen: A. Boersch-Supan (2015); Rohwedder & Wise (Mental Retirement 2009) Herausforderung Rentenalter: Anker dominiert Anreize Quelle: Lalive, Magesan, Staubli (2023). How Social Security Reform Affects Retirement and Pension Claiming, American Economic Journal: Economic Policy, Herausforderung Rentenalter: Altersarbeitslosigkeit Employed B. Beschäftigt Unemployed C. Arbeitslos 0 0 0 10 5 10 20 Prozent 20 Prozent 30 Prozent 10 40 30 15 50 40 60 20 Retired A. In Pension 58 59 60 1940m9 61 Alter 1942m3 62 63 1943m12 64 58 59 60 1940m9 61 Alter 1942m3 62 63 64 58 1943m12 Source: Inderbitzin, Staubli, Zweimüller. American Economic Journal: Economic Policy, 8(1), 253-88, 2016 59 60 1940m9 61 Alter 1942m3 62 63 1943m12 64 Herausforderung Gender Pension Gap… Quelle: economist, May 31st 2019 … und Interdepenzen in der Familie Herausforderung: Finanzierung der Pflege im Alter 200000 180000 EL / Vermögen in CHF 160000 140000 120000 100000 80000 60000 40000 20000 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Quartal 12 13 14 15 16 17 18 19 Vermögen EL erst wenn Vermögen bei 0 Vermögen mit EL EL kumuliert wenn Vermögen bei 0 EL kumuliert wenn sobald wie möglich 20

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